V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3924. September 2004 AA2633
D
ie Ausstellung „Die Thraker – das Goldreich des Orpheus“ in Bonn präsentiert zurzeit Staunens- wertes aus Bulgarien. Am Vorabend des EU-Beitritts dieses Landes ist es geglückt, die Geschichte der Hochkul- tur der Thraker in optimaler Qualität und Fülle zu versam- meln. Aus 33 bulgarischen Museen und Sammlungen sind mehr als 2 900 Exponatehöchster künstlerischer Be- deutung zusammengetragen worden.
Mit dem umfassenden An- satz dieser Ausstellung, die thrakische Kultur darzustel- len, hebt sie sich von früheren ab, die ausschließlich auf die Gold- und Silberschätze fo- kussierten. Neue Erkenntnis- se zu Religion und Alltagsle- ben der Thraker werden dem Besucher vermittelt. Sie las-
sen erstmals eine vertiefende geistesgeschichtliche Ausein- andersetzung mit der Welt der Thraker zu, die in der An- tike immerhin das zweit- größte Volk waren und bei Homer, Herodot und Thukydides er- wähnt werden. Auch Orpheus und Sparta- cus waren Thraker.
Allerdings sahen die Griechen eher auf sie herab, eine Einstel- lung, die angesichts der Ausstellung nicht be- rechtigt erscheint. Ausge- hend von neolithischen Idolen, wird der zeitliche Bo- gen über das mykenische Thrakien zum römischen und frühchristlichen gespannt.
Die Ausstellung verdeutlicht für diesen ungeheuren Zeit- raum sofort eines: Die Thra- ker haben von Anfang an in regem kulturellen Austausch
mit sämtlichen bedeutenden Zivilisationen der Alten Welt gelebt. Besonders enge Ver- netzungen bestanden mit dem mykenischen Griechenland.
Auf diese Weise haben ver- schiedenartige Einflüsse der thrakischen Kultur ein einzig- artiges Gepräge verliehen.
Die hohe Qualität der Aus- stellungsgegenstände und de- ren sinnliche Ausstrahlung werden besonders deutlich bei den Gold- und Silber- schätzen sowie dem sensatio- nellen Freskenzyklus von Aleksandrovo.Aus den Gold- und Silberschätzen sind die spektakulärsten Funde, dar- unter die Goldschätze von Varna, Vavlcvitravn, Panagjuriste und Rogozen zu sehen. Dass diese Schätze in ihren besten Stücken und in großer Fülle dargeboten werden, ist sicher nicht das kleinste Verdienst dieser Ausstellung. Über-
haupt ruft die Virtuosität der Metallbearbeitung immer wieder das Erstaunen der Be- sucher hervor. Dies gilt neben den wundervollen Schmuck- stücken insbesondere für die Funde aus den Fürstengrä- bern, die kunstfertigen Pfer- degeschirre und die Bearbei- tung der Waffen. Das zweite herausragende Ereignis der Ausstellung ist die erstmalige Präsentation des im Jahre 2000 entdeckten Freskenzy- klus von Aleksandrovo.
Raumhohe Farbfotos, die die vielfältige Natur des heu- tigen Bulgarien beleuchten, runden die Ausstellung ab.
Als besondere Anziehungs- punkte erweisen sich dabei neben den archäologischen Stätten, mit denen Bulgarien förmlich übersät ist, und den Museen, die die gezeigten Kostbarkeiten beherbergen, die bulgarischen Klöster so- wie die byzantinischen Klein- ode an der historisch beson- ders wichtigen Schwarzmeer- küste. Dr. Ernst Wanner
Die Thraker
Spektakuläre Funde
Dem Besucher werden neue Erkenntnisse zu Religion und Alltagsleben des zweitgrößten
Volkes der Antike vermittelt.
„Die Thraker – das Goldreich des Orpheus“ in der Kunst- und Ausstellungs- halle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn ist noch bis zum 28. November zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis mittwochs 10 bis 21 Uhr, donnerstags bis sonntags 10 bis 19 Uhr. Eintritt 7 Euro. Weitere Hinweise zur Archäologie in Bulgarien vermittelt der für 3sat produzierte Fernsehfilm, der in der Aus- stellungshalle nonstop zu sehen ist. Der Katalog kann bereits jetzt als Stan- dardwerk über thrakische Kunst gelten (Verlag Philipp von Zabern, 25 Euro).
Feuilleton
Pegasus-Protome
Oben: Detail des Jagdfrieses aus der Hauptkammer von Alek- sandrovo
Deckel aus dem Schatzfund von Vavlcvitravn
Fotos:Katalog