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Untersuchung der neuroprotektiven Wirkung von Valproat und des Einflusses von Rattensubstämmen auf die Konsequenzen eines elektrisch induzierten Status epilepticus

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Academic year: 2022

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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2011

© 2011 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen

Printed in Germany

ISBN 978-3-86345-0

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net 3 -2 8

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Untersuchung der neuroprotektiven Wirkung von Valproat und des Einflusses von Rattensubstämmen

auf die Konsequenzen eines elektrisch induzierten Status epilepticus

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Melanie Langer

Lüneburg

Hannover 2011

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. W. Löscher (Supervisor)

Prof. Dr. W. Baumgärtner, Ph.D. (Co-Supervisor) Prof. Dr. C. Fahlke (Co-Supervisor)

1. Gutachten: Prof. Dr. W. Löscher

(Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover)

Prof. Dr. W. Baumgärtner, Ph.D.

(Institut für Pathologie der

Tierärztlichen Hochschule Hannover)

Prof. Dr. C. Fahlke

(Institut für Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule Hannover)

2. Gutachten: Prof. Dr. A. Becker

(Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Bonn)

Datum der mündlichen Prüfung: 08.04.2011

Fördernde Institutionen: Georg-Christoph-Lichtenberg Promotionsstipendium Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur

von Bodelschwingh-Stipendium Gesellschaft für Epilepsieforschung e.V.

Diese Dissertation wurde angefertigt im Rahmen des Ph.D.-Programms „Systems Neuroscience“ des Zentrums für Systemische Neurowissenschaften (ZSN).

(7)

Für meine Eltern

(8)
(9)

1 EINLEITUNG... 1

2 LITERATURÜBERSICHT ... 4

2.1 Epilepsien... 4

2.1.1 Definition und Bedeutung ... 4

2.1.2 Temporallappenepilepsie (TLE)... 6

2.2 Tiermodelle für TLE ... 8

2.2.1 Elektrische Dauerstimulation der basolateralen Amygdala (BLA)... 10

2.3 Der Hippocampus ... 13

2.3.1 Anatomische Struktur und synaptische Verschaltung... 13

2.3.2 Bedeutung des Hippocampus bei Epilepsien ... 17

2.4 Neurodegeneration und Pharmakoresistenz... 19

2.5 Neuroprotektion... 23

2.5.1 Valproat ... 25

2.5.2 NS-1209 ... 28

2.6 Einfluss des Rattenstamms bzw. -substamms bei Epilepsie-modellen.. 30

3 ZUSAMMENFASSUNG UND ZIELSETZUNG... 32

4 MATERIAL UND METHODEN... 35

4.1 Neuroprotektion... 35

4.1.1 Versuchstiere... 35

4.1.2 Übersicht zum Versuchsablauf ... 36

4.1.3 Elektrodenimplantation in die rechte BLA ... 37

4.1.4 Elektrische Dauerstimulation ... 40

4.1.4.1 Allgemeines zum Dauerstimulationsregime... 40

4.1.4.2 Dauerstimulationsprotokoll und Statusabbruch ... 42

(10)

Inhaltsverzeichnis

4.1.5 Pharmakologische Behandlung der Tiere post-SE ... 43

4.1.5.1 Intravenöse Dauerinfusion... 45

4.1.6 Bestimmung der Valproat-Plasmakonzentration... 48

4.1.7 Video- und EEG-Überwachung... 49

4.1.8 Histologie... 50

4.1.8.1 Transkardiale Perfusion... 50

4.1.8.2 Gefrierschnitte ... 51

4.1.8.3 Nissl-Färbung ... 51

4.1.9 Immunhistologische Untersuchung verschiedener Neuronen- subpopulationen im Hippocampus ... 52

4.1.9.1 Antikörper ... 52

4.1.9.2 Farbreaktion (DAB-ABC-Methode) ... 52

4.1.9.3 Standardprotokoll ... 53

4.1.10 Auswertung... 54

4.1.10.1 Läsionen im Thioninschnitt ... 55

4.1.10.2 Bestimmung der Anzahl der parvalbumin- und somatostatin-positiven Neurone und Mooszellen im Hilus... 58

4.1.11 Statistik ... 58

4.2 Vergleich von Ratten verschiedener Züchter in dem elektrischen BLA- Modell für Temporallappenepilepsie ... 59

4.2.1 Versuchstiere... 59

4.2.2 Übersicht zum Versuchsablauf ... 60

4.2.3 Elektrodenimplantation in die BLA... 61

4.2.4 Elektrische Dauerstimulation ... 61

4.2.5 Video- und EEG-Überwachung... 62

4.2.6 Verhaltensversuche ... 62

4.2.6.1 Elevated Plus Maze... 63

4.2.6.2 Open Field ... 64

4.2.6.3 Hyperexzitabilitätstest... 64

4.2.7 Histologie... 66

(11)

4.2.7.2 Gefrierschnitte ... 66

4.2.7.3 Nissl-Färbung ... 66

4.2.8 Auswertung... 66

4.2.9 Statistik ... 67

5 ERGEBNISSE... 68

5.1 Neuroprotektion... 68

5.1.1 Statusinduktion durch BLA-Dauerstimulation ... 68

5.1.2 Pharmakologische SE-Beendigung ... 68

5.1.3 Pharmakologische Behandlung nach SE-Beendigung ... 69

5.1.3.1 Valproat ... 69

5.1.3.2 NS-1209 ... 71

5.1.4 Neurodegeneration nach SE und neuroprotektiver Behandlung... 72

5.1.4.1 Thionin... 73

5.1.4.2 Parvalbumin-positive Neurone... 84

5.1.4.3 Somatostatin-positive Neurone... 88

5.1.4.4 Mooszellen ... 92

5.1.4.5 Zusammenfassung der erzielten neuroprotektiven Effekte... 94

5.2 Züchtervergleich... 96

5.2.1 Statusinduktion durch BLA-Dauerstimulation ... 96

5.2.2 Überwachung auf spontane Anfälle ... 99

5.2.3 Verhaltensversuche ... 101

5.2.3.1 Elevated Plus Maze... 101

5.2.3.2 Open Field ... 104

5.2.3.3 Hyperexzitabilitätstest... 109

5.2.4 Neurodegeneration nach SE ... 111

6 DISKUSSION ... 114

6.1 Neuroprotektion... 114

6.1.1 Pharmakologische Behandlung im Anschluss an einen SE... 114

(12)

Inhaltsverzeichnis

6.1.1.1 Valproat ... 114

6.1.1.2 NS-1209 ... 116

6.1.2 Neurodegeneration nach Status epilepticus ... 117

6.1.3 Neuroprotektion durch Behandlung mit Valproat oder NS-1209... 120

6.2 Züchtervergleich... 124

6.2.1 Statusinduktion durch BLA-Dauerstimulation ... 125

6.2.2 Überwachung auf spontane Anfälle ... 126

6.2.3 Verhaltensversuche ... 127

6.2.3.1 Unterschiede im Explorations- und angst-assoziierten Verhalten und der Erregbarkeit von naiven Ratten verschiedener Züchter ... 127

6.2.3.2 Unterschiede im Explorations- und angst-assoziierten Verhalten und der Erregbarkeit von Ratten verschiedener Züchter nach einem SE... 129

6.2.4 Neurodegeneration nach SE ... 130

6.3 Ausblick... 131

7 ZUSAMMENFASSUNG ... 132

8 SUMMARY... 135

9 LITERATURVERZEICHNIS ... 138

10 ANHANG... 158

10.1 Übersicht über die Punkteverteilung für den Läsionsscore (Neuroprotektion) ... 158

10.2 Rohdaten der histologischen Auswertung für den Läsionsscore... 164

10.2.1 Scores und Neuronenanzahl im Hilus in der Thioninfärbung... 164

10.2.2 Neuronendichte pro mm² im Hilus in der Thioninfärbung... 171

10.3 Geräte und Verbrauchsmaterialien ... 178

(13)

10.3.2 Stereotaktische Operation und Antibiose... 178

10.3.3 Dauerstimulation und Überwachung... 178

10.3.4 Dauerinfusion... 179

10.3.5 Valproat-Analytik... 179

10.3.6 Verhaltensversuche ... 180

10.3.7 Histologie... 181

10.4 Puffer und Lösungen... 183

10.4.1 Perfusion und histologische Färbungen... 183

10.4.2 Valproat-Analytik... 185

10.5 Färbeprotokolle... 186

PUBLIKATIONEN ... 187

ERKLÄRUNG... 189

DANKSAGUNG ... 190

(14)

Abkürzungen

Abb. Abbildung

ABC Avidin-Biotin-Komplex

Ak Antikörper

AMPA α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionat Aqua dest. Aqua destillata

BLA basolaterale Amygdala BSA bovines Serumalbumin bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise

CA Cornu ammonis (Ammonshorn)

ca. circa

cm Zentimeter

DAB 3,3’Diaminobenzidin

EDTA Ethylendiamintetraessigsäure EEG Elektroenzephalogramm

g Gramm

GABA γ-Aminobuttersäure GluR Glutamatrezeptor

h Stunde

HPLC Hochdruckflüssigkeitschromatographie (engl. high pressure liquid chromatography)

HRP Meerrettichperoxidase (engl. horseradish peroxidase)

Hz Hertz

I.E. Internationale Einheiten

ILAE International League Against Epilepsy i.m. intramuskulär

i.p. intraperitoneal i.v. intravenös

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kg Kilogramm

M Molar

max. maximal

MEZ Mitteleuropäische Zeit mg Milligramm

min Minute mind. mindestens ml Milliliter mm Millimeter ms Millisekunde NaCl Natriumchlorid NMDA N-Methyl-D-Aspartat Nr. Nummer

PBS Phospat-gepufferte Kochsalzlösung

RT Raumtemperatur

sek Sekunde s.c. subcutan SE Status epilepticus

SEM Mittelwertfehler (engl. standard error of the mean) s.u. siehe unten

Tab. Tabelle

TBS TRIS-gepufferte Kochsalzlösung TLE Temporallappenepilepsie u.a. unter anderem

v.a. vor allem VPA Valproat µA Mikroampère µl Mikroliter µm Mikrometer XEM Xylolersatzmedium z.B. zum Beispiel

(16)
(17)

1 Einleitung

Das Krankheitsbild der Epilepsie, welches durch das Auftreten spontaner epileptischer Anfälle zentralen Ursprungs gekennzeichnet ist, stellt mit einer Prävalenz von etwa 1 % die häufigste chronische, neurologische Erkrankung des Menschen dar (HAUSER 1999). Auch unter Haustieren wie Hund und Katze sind Epilepsien weit verbreitet (LÖSCHER 2003). Eine häufige Form der Epilepsie bei Erwachsenen ist die Temporallappenepilepsie (TLE), die sich in komplex-fokalen Anfällen manifestiert. Hierbei hat die Anfallsaktivität ihren Ursprung im Temporallappen und in diesem besonders häufig in der Hippocampus-Formation. Ein Großteil (etwa 60–70 %) der von TLE betroffenen Patienten gilt als pharmakoresistent (LEPPIK 1992). Das bedeutet, dass eine Behandlung mit mindestens zwei verschiedenen Antiepileptika in der höchstmöglichen Dosierung über einen adäquaten Zeitraum keine nennenswerte Reduktion der Anfallshäufigkeit bewirken konnte (REGESTA u. TANGANELLI 1999). Oftmals besteht für diese Patienten die letzte Möglichkeit eine Besserung zu erzielen in der chirurgischen Entfernung des Hippocampus und angrenzender Hirnareale. Dieser Eingriff ist jedoch nur erfolgversprechend, wenn der Fokus des Anfallsgeschehens eindeutig identifiziert werden kann (FOLDVARY et al. 2001). Besonders gefährdet für die Entwicklung einer TLE sind Menschen, die einen starken, auf das Gehirn einwirkenden Insult, wie z.B. ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Status epilepticus (SE), erlitten haben. Bei ihnen ist das Risiko einer Epilepsieentstehung noch über Jahre nach dem Ereignis erhöht (CAVENESS et al. 1979). Im Durchschnitt vergehen 7,5 Jahre bis zum Auftreten der ersten Anfälle. Dieser anfallsfreie Zeitraum wird als Latenzperiode bezeichnet und ist durch eine große Variabilität unter den einzelnen Individuen gekennzeichnet (FRENCH et al. 1993). Es wird angenommen, dass während dieser Zeit stattfindende Prozesse zu biochemischen, anatomischen und physiologischen Veränderungen des geschädigten Hirngewebes führen, durch die es dann letztendlich zur Generierung spontaner epileptischer Anfälle kommt (WALKER et al. 2002). Diese Latenzperiode nach Hirninsulten stellt einen vielversprechenden Ansatzpunkt für ein Eingreifen in die Epilepsieentstehung, die sogenannte

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Einleitung

Epileptogenese, dar (JENSEN 2009). Unter anderem kommt es hierbei zur Degeneration von Neuronen in bestimmten Regionen des Hippocampus. Diese Veränderungen werden als Hippocampus-Sklerose bezeichnet und können bei 90 % der pharmakoresistenten TLE-Patienten gefunden werden (HAUSER 1999). In einem Rattenmodell für TLE konnte nachgewiesen werden, dass sich pharmakoresistente Tiere nicht nur durch das Nicht-Ansprechen auf eine Behandlung mit gängigen Antiepileptika, sondern auch durch das Vorliegen einer Hippocampus-Sklerose von den pharmakosensitiven Tieren unterschieden, bei denen keine Neurodegeneration im Hippocampus vorlag (VOLK et al. 2006; BETHMANN et al. 2008). Diese Ergebnisse deuten auf einen kausalen Zusammenhang zwischen der Degeneration von bestimmten Neuronen und Pharmakoresistenz hin (LÖSCHER u. BRANDT 2010). Im gleichen Modell war es möglich, die Ausbildung einer Hippocampus- Sklerose durch eine vierwöchige prophylaktische neuroprotektive Behandlung mit dem Antiepileptikum Valproat nach einem Hirninsult (SE) zu verhindern (BRANDT et al. 2006). Leider führte dies nicht zur Verhinderung der Entwicklung von spontanen epileptischen Anfällen. Eine Hoffnung besteht jedoch darin, dass über die Neuroprotektion eine Verbesserung der Langzeitprognose für den Patienten erreicht werden kann, indem durch den Eingriff in die Epileptogenese die epileptischen Anfälle seltener und weniger schwerwiegend auftreten und sich mit den gängigen Antiepileptika behandeln lassen. Auch eine Verhinderung oder Milderung der mit den häufigen Anfällen einhergehenden Defizite in Lern- und Gedächtnisleistungen würde eine Verbesserung der Lebensqualität des Patienten bedeuten.

Das Ziel dieser Arbeit war es, in einem Rattenmodell für TLE zu untersuchen, ob nach einem SE eine kürzere Behandlung mit Valproat den gleichen neuroprotektiven Effekt hat wie eine Behandlung über vier Wochen. Mit dem optimierten Behandlungsschema wäre es dann möglich, den Effekt der Neuroprotektion durch Valproat auf die Entwicklung einer Pharmakoresistenz zu untersuchen. Hierzu wurden verschiedene Behandlungsprotokolle mit unterschiedlichen Behandlungszeiträumen und Applikationsarten getestet. Zusätzlich zum Valproat wurde die neuroprotektive Wirkung von NS-1209 (8-methyl-5-(4-(N,N- dimethylsulfamoyl)phenyl)-6,7,8,9-tetrahydro-1H-pyrrolo[3,2-h]-iso-quinoline-2,3-

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dione-3-O-(4-hydroxybutyric acid-2-yl)oxim) untersucht, welches antagonistisch am AMPA-(α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionat)-Rezeptor, einer Untergruppe der Glutamat-Rezeptoren, wirkt. Anschließend sollten Ratten, bei denen durch eine solche Behandlung eine Neuroprotektion erreicht werden konnte, in pharmakoresistente Nonresponder und pharmakosensitive Responder aufgeteilt werden. Allerdings waren wir während der Durchführung dieser Versuche gezwungen, die Bezugsquelle der verwendeten Ratten zu wechseln. Auch schon vorher konnten Veränderungen bei den ursprünglich verwendeten Sprague-Dawley- Ratten beobachtet werden, die auf genetische Drift innerhalb dieses Stammes hinwiesen. Da in mehreren Studien bereits von Unterschieden bei Tieren eines Stammes, die von verschiedene Züchtern bezogen wurden, berichtet wurde (OLIFF et al. 1996; BUENO et al. 2003; REX et al. 2007) und diese Variationen auch das Ergebnis von Epilepsiemodellen beeinflussen können (PORTELLI et al. 2009), sollte vor der Fortführung der Versuche zur Pharmakoresistenz der Einfluss von Sublinien eines Rattenstamms von verschiedenen Züchtern auf die Konsequenzen eines elektrisch induzierten SE untersucht werden. Dadurch sollte herausgefunden werden, welcher Rattenstamm von welchem Züchter für die weitere Untersuchung der Fragestellung, ob es möglich ist, eine pharmakoresistente Epilepsie durch eine prophylaktische neuroprotektive Behandlung zu verhindern, zur Zeit am besten geeignet ist.

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Literaturübersicht

2 Literaturübersicht 2.1 Epilepsien

2.1.1 Definition und Bedeutung

Der altgriechischen Wortherkunft nach leitet sich der Begriff Epilepsie von epílēpsis, was Anfall oder Übergriff bedeutet, ab. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (International League Against Epilepsy, ILAE) definiert Epilepsie als eine Störung des Gehirns, die durch die andauernde Neigung epileptische Anfälle zu entwickeln und die neurobiologischen, kognitiven, psychologischen und sozialen Konsequenzen dieses Zustandes charakterisiert ist (R. S. FISHER et al. 2005). Ein epileptischer Anfall wird hierbei als das vorübergehende Auftreten von Signalen und Symptomen bezeichnet, die durch abnormale exzessive oder synchrone neuronale Aktivität im Gehirn hervorgerufen werden (R. S. FISHER et al. 2005). Klinisch äußert sich diese in Symptomen wie Zuckungen, Krämpfen und Stürzen. Es können jedoch auch Sinnessysteme betroffen sein, wodurch es zu Geruchsempfindungen oder visuellen Halluzinationen kommt. Während eines Anfalls kann es zum Verlust des Bewusstseins kommen. Auch das Sprachvermögen und Gedächtnisleistungen können vermindert sein (ELGER 2002). Nicht nur durch die spontan auftretenden Anfälle, sondern auch durch kognitive Störungen und psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angstzustände kommt es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Epilepsien stellen nach dem Schlaganfall die zweithäufigste neurologische Erkrankung überhaupt dar (BROWNE u. HOLMES 2001). Schätzungen zufolge sind weltweit etwa 50 Millionen Menschen von Epilepsie betroffen (DUNCAN et al. 2006).

Auch bei Haustieren treten Epilepsien auf. Am häufigsten sind Hunde betroffen, Katzen eher seltener (LÖSCHER 2003). In der Veterinärmedizin repräsentieren Epilepsien die wichtigste chronische, neurologische Erkrankung, welche pharmakologisch behandelt wird (LÖSCHER 2003).

Nach der Ätiologie der Anfälle können Epilepsien in drei Kategorien eingeteilt

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(auch als kryptogen bezeichnet). Die idiopathischen Epilepsien beginnen bereits im Kindesalter und haben vermutlich eine genetische Grundlage. Den symptomatischen Epilepsien liegt eine Erkrankung des zentralen Nervensystems zugrunde.

Typischerweise entstehen diese erst nach einem auf das Gehirn einwirkenden Insult.

Bei etwa 14–39 % der Fälle ist eine genaue Ursache für die Epilepsieentstehung auszumachen (BANERJEE et al. 2009). Bei den kryptogenen Epilepsien wird eine ursächliche Erkrankung des Gehirns angenommen, die jedoch zum Zeitpunkt der Diagnosestellung nicht identifiziert werden kann.

Bei den Anfällen selbst wird anhand der Veränderungen im Elektroenzephalogramm (EEG) zwischen fokalen (oder partiellen) sowie generalisierten Anfällen unterschieden. Bei fokalen Anfällen hat die Anfallsaktivität ihren Ursprung in einer bestimmten Region des Gehirns, dem sogenannten Fokus. Die epileptiformen Entladungen im EEG sind demnach örtlich begrenzt. Die Anfälle können einfach- fokal, das heißt, ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins oder komplex-fokal mit Bewusstseinsstörung auftreten. Auch eine sekundäre Generalisierung ist möglich.

Das bedeutet, dass die epileptische neuronale Aktivität sich ausgehend vom Fokus weiter ausbreitet, so dass letztendlich das gesamte Gehirn betroffen ist. Beim generalisierten Anfall sind von vornherein beide Großhirnhemisphären in das Anfallsgeschehen einbezogen (R. S. FISHER et al. 2005). Im EEG können hierbei über der gesamten Hirnrinde epileptische Entladungen abgeleitet werden. Während eines generalisierten Anfalls ist der Patient in der Regel stark im Bewusstsein gestört oder bewusstlos. Anhand der klinischen Symptomatik werden die generalisierten Anfälle in tonische, klonische, tonisch-klonische, myoklonische und atonische Anfälle eingeteilt, die die Auswirkungen auf die Skelettmuskulatur und Art der Krämpfe und Zuckungen beschreiben. Demgegenüber stehen die Absencen, die sich lediglich als kurze Bewusstseinspausen äußern und die mildeste Form von generalisierten Anfällen darstellen (WESTBROOK 2000).

Eine besondere Anfallsform stellt der Status epilepticus (SE) dar. Dieser bezeichnet einen besonders langen epileptischen Anfall oder eine Serie von Anfällen, zwischen denen das Bewusstsein nicht komplett wiedererlangt wird. Die Diagnose eines SE erfolgt entweder über die Dauer oder die Schwere des Krampfgeschehens. Dauert

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Literaturübersicht

ein Anfall länger als 30 Minuten oder kommt es über einen Zeitraum von 30 Minuten zum wiederholten Auftreten von Anfällen, zwischen denen das Bewusstsein nicht komplett wiedererlangt wird, spricht man von einem SE. Anders lautet die Definition bei einem tonisch-klonischen SE. Da hier eine früh einsetzende Behandlung lebensrettend sein kann, wird empfohlen, bereits eine mehr als fünf Minuten andauernde, generalisierte konvulsive Krampfaktivität als SE anzusehen (DUPONT u. CRESPEL 2009). Die jährliche Inzidenz eines SE liegt zwischen 10,3 und 41 pro 100.000 Einwohner. Die Mortalität variiert von 7,6 % bis hin zu 39 % (DUPONT u.

CRESPEL 2009). Das bedeutet, dass ein SE immer ein potentiell lebensgefährliches Ereignis darstellt, welches sofortiger notärztlicher Behandlung bedarf. Darüber hinaus konnten epidemiologische Studien zeigen, dass es bei bis zu 43 % der Patienten, die einen SE erlitten hatten, oftmals noch Jahre später zu der nachfolgenden Entwicklung einer Epilepsie kam (HESDORFFER et al. 1998).

2.1.2 Temporallappenepilepsie (TLE)

Die Temporallappenepilepsie (TLE) stellt die häufigste Epilepsieform des Menschen dar (ENGEL 2001). Hierbei kommt es zum Auftreten von komplex-fokalen Anfällen, die häufig auch sekundär generalisieren. Das Charakteristikum der TLE besteht darin, dass die Anfallsaktivität ihren Ursprung im Temporallappen des Gehirns hat.

Insgesamt beginnen 70–80 % der komplex-fokalen Anfälle im Temporallappen, insbesondere in Strukturen des limbischen Systems wie dem Hippocampus und der Amygdala (CHANG u. LOWENSTEIN 2003). Bemerkenswert ist, dass mit etwa 60–

70 % ein Großteil der TLE-Patienten nicht oder nur unzureichend auf eine Behandlung mit gängigen Antiepileptika anspricht (LEPPIK 1992). Das bedeutet, dass es trotz Behandlung weiterhin zum Auftreten von spontanen epileptischen Anfällen kommt. Man spricht hierbei auch von Pharmakoresistenz. Der Definition nach liegt eine Pharmakoresistenz vor, wenn eine Behandlung mit mindestens zwei verschiedenen Antiepileptika in der höchstmöglichen Dosierung über einen adäquaten Zeitraum keine nennenswerte Reduktion der Anfallshäufigkeit bewirkte (REGESTA u. TANGANELLI 1999). Für diese Patienten stellt die chirurgische Resektion des Fokus, das heißt insbesondere des Hippocampus und angrenzender

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erreichen. Etwa 44 % der Patienten werden nach einem solchen Eingriff sogar anfallsfrei (SCHMIDT u. STAVEM 2009). Allerdings ist der Großteil der Patienten auch nach der Operation auf die Einnahme von Antiepileptika zur Anfallsunterdrückung angewiesen (LÖSCHER u. SCHMIDT 2006).

Bei der anschließenden Untersuchung dieser Resektate kann sehr häufig eine besondere Form von Neurodegeneration im Hippocampus festgestellt werden. Diese sogenannte Hippocampus- oder Ammonshorn-Sklerose besteht in einem Verlust von Neuronen insbesondere in der CA1- und CA3-Region der Pyramidenzellschicht sowie im Hilus des Gyrus dentatus (MARGERISON u. CORSELLIS 1966). Doch auch in anderen Hirnregionen wie der Amygdala und dem entorhinalen Cortex konnten Neurodegenerationen nachgewiesen werden (YILMAZER-HANKE et al.

2000; SALMENPERÄ et al. 2001). Allerdings gibt es auch TLE-Patienten, bei denen keine Hippocampus-Sklerose vorliegt, was bedeutet, dass diese keine unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung einer TLE darstellt (BLÜMCKE et al. 1999).

Auffällig ist jedoch, dass sie bei 90 % der pharmakoresistenten TLE-Patienten gefunden werden kann (MATHERN et al. 1995).

Die TLE gehört zu den symptomatischen Epilepsien. Häufig liegt die Ursache für die Entwicklung einer TLE in einem erlittenen Hirninsult, wie z.B. einem Schädelhirntrauma, einem Schlaganfall oder auch einem SE. An dieses prädisponierende Ereignis schließt sich eine oftmals Jahre andauernde Latenzzeit an, bis es zum Auftreten des ersten Anfalls kommt. Dieses anfallsfreie Intervall lässt vermuten, dass es während dieser Zeit zu aktiven Veränderungen im Gehirn kommt, die schlussendlich zum Auftreten von epileptischen Anfällen führen. Heutzutage wird davon ausgegangen, dass eine Folge von graduierten biochemischen, anatomischen und physiologischen Veränderungen in der geschädigten Hirnregion und benachbarten Arealen die Ursache dafür ist, dass ein ehemals gesundes Gehirn zu einem Gehirn wird, welches regelmäßig spontane Anfälle generiert (WALKER et al.

2002). Diese Prozesse werden als Epileptogenese bezeichnet. Eine große Hoffnung der Forschung besteht darin, nach einem erlittenen Hirninsult in die Epileptogenese im Gehirn eingreifen zu können, um idealerweise das Auftreten von Anfällen zu verhindern. Es wurden einige klinische Studien durchgeführt, in denen untersucht

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Literaturübersicht

wurde, ob die Verabreichung eines Antiepileptikums nach einem Schädel-Hirn- Trauma die Entwicklung einer Epilepsie verhindern kann. Dabei wurden gängige Antiepileptika wie Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin und auch Valproat eingesetzt, mit denen jedoch bis jetzt kein wirklicher antiepileptogener Effekt erzielt werden konnte (TEMKIN 2009). Allerdings sind diese Medikamente dazu entwickelt worden, um die symptomtischen epileptische Anfälle zu unterdrücken und nicht, um in die ursächlichen Vorgänge der Epileptogenese einzugreifen. Es ist davon auszugehen, dass hierfür Medikamente mit einem anderen Wirkmechanismus erforderlich sind (WEAVER 2003). Und selbst wenn kein wirklicher antiepileptogener Effekt (das heißt die Verhinderung der Entwicklung von spontanen Anfällen nach einem Hirninsult) erzielt werden kann, so wäre die Modulierung der zu einer Epilepsie führenden Prozesse hin zu einer weniger schwerwiegend Form der Erkrankung ein alternatives Ziel. Denn durch diese sogenannte Krankheits- Modifizierung würde eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität der Patienten erreicht werden können (LÖSCHER u. BRANDT 2010). Um die an der Epileptogenese beteiligten Mechanismen genauer untersuchen zu können und dadurch Erkenntnisse zu gewinnen, wie diese verhindert oder moduliert werden können, sind geeignete Tiermodelle für die TLE erforderlich.

2.2 Tiermodelle für TLE

Es existiert eine Vielzahl von Tiermodellen für die Untersuchung der Mechanismen und Behandlungsmöglichkeiten von Epilepsien, für die in erster Linie Ratten und Mäuse verwendet werden. Es wird unterschieden zwischen akuten Anfallsmodellen und chronischen Epilepsiemodellen. Die akuten Modelle dienen vor allem der Untersuchung der antikonvulsiven Wirkung neuer Antiepileptika. Hierbei wird elektrisch oder chemisch ein epileptischer Anfall ausgelöst, das heißt ohne diesen Auslöser zeigen die Tiere auch keine Anfälle. Anders ist es bei den chronischen Modellen, bei denen es durch einen primären Insult nach einer Latenzzeit zur Entstehung einer Epilepsie kommt. Diese Modelle werden häufig zur Untersuchung symptomatischer Epilepsien eingesetzt. Es gibt jedoch auch genetische Rattenmodelle für die Untersuchung generalisierter Epilepsien wie z.B. Ratten mit

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spontanen Abscence-Anfällen oder Ratten, die genetisch bedingt epilepsieanfällig sind (genetically epilepsy prone rat, GEPR). Für die Untersuchung der pathophysiologischen Mechanismen der Epileptogenese und der Wirksamkeit von antiepileptogenen oder krankheits-modifizierenden Behandlungen sind jedoch nur zwei Arten von Modellen geeignet: Kindling und Post-SE-Modelle für TLE (STABLES et al. 2003). Bei den sogenannten Post-SE-Modellen für TLE kommt es nach einem SE als initiierenden Hirninsult zur Entwicklung von spontanen, epileptischen Anfällen (spontaneous recurrent seizures, SRS). Hierbei kann der SE elektrisch durch die Stimulation unterschiedlicher Hirnregionen oder chemisch durch die Applikation von Substanzen wie Pilocarpin oder Kainat ausgelöst werden. Diese sogenannten Chemokonvulsiva lösen epileptische Anfallsaktivität entweder durch die direkte Verstärkung der exzitatorischen Wirkung von Glutamat oder die Aktvierung des cholinergen Systems aus. Der Nachteil dieser chemischen SE-Modelle liegt insbesondere für Kainat in der neurotoxischen Wirkung, die später nicht von der durch den SE bedingten Wirkung auf die Neurone unterschieden werden kann.

Darüber hinaus eignen sich diese Modelle weniger für die Untersuchung der Auswirkung verschiedener Substanzen im Anschluss an einen SE, da sich zu diesem Zeitpunkt unter Umständen noch Reste des Chemokonvulsivums im Gehirn befinden, welche mit der Testsubstanz interagieren könnten. Auch sind Neurodegenerationen und Co-Morbiditäten in diesen Modellen sehr stark ausgeprägt und dadurch nicht mit den Gegebenheiten bei humanen TLE-Patienten vergleichbar (LÖSCHER u. BRANDT 2010). Neuroprotektive Effekte könnten durch die gravierenden Neuronenverluste verdeckt werden. In anderen Post-SE-Modellen, bei denen der SE z.B. durch elektrische Stimulation induziert wird, sind die Veränderungen moderater und spiegeln dadurch eher die Charakteristika einer TLE beim Menschen wieder. In der vorliegenden Arbeit wurde aus diesen Gründen ausschließlich ein elektrisches Post-SE-Modell verwendet, bei dem ein SE durch die elektrische Stimulation der basolateralen Amygdala (BLA) induziert wird. Auf dieses soll im Folgenden näher eingegangen werden.

(26)

Literaturübersicht

2.2.1 Elektrische Dauerstimulation der basolateralen Amygdala (BLA) Das elektrische Post-SE- oder auch BLA-Modell wurde aus dem Kindling-Modell entwickelt, welches erstmalig von Goddard beschrieben wurde (GODDARD et al.

1969). Beim Kindling werden durch die wiederholte, subkonvulsive Stimulation von Teilen des limbischen Systems mittels einer unilateralen Elektrode fokale epileptische Anfälle induziert, die bei wiederholter Stimulation an Dauer und Schwere zunehmen und auch sekundär generalisieren. Kindling (engl. to kindle = entzünden, entflammen) bezeichnet fortschreitende, epileptogene Prozesse, die durch die zumeist tägliche Stimulation der Ratten induziert werden, sowie den daraus resultierenden permanenten Zustand einer erhöhten Anfallsbereitschaft des Gehirns.

Bis zu einem bestimmten Punkt kommt es von Stimulation zu Stimulation zu einem Anstieg der Empfindlichkeit des Gehirns gegenüber dem elektrischen Stimulus.

Sobald dieser Punkt erreicht ist, spricht man von voll-gekindelten Tieren (MORIMOTO et al. 2004). Diese erniedrigte Reizschwelle für die Auslösung von Anfällen bleibt mindestens über Monate bestehen und scheint sogar permanent zu sein, was auf die Induktion von chronischen Hirnveränderungen durch das Kindling hinweist (MCINTYRE et al. 2002). Gekindelte Tiere zeigen keine spontanen Anfälle.

Es ist jedoch möglich, spontane Anfälle zu induzieren, wenn die Stimulationen über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden (BRANDT et al. 2004a). Das deutet darauf hin, dass die Schädigung des Gehirns durch den Kindling-Prozess zunächst nur partiell epileptogen ist. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass bei gekindelten Ratten keine neurodegenerativen Veränderungen des Hippocampus gefunden werden konnten (BRANDT et al. 2004a).

Beim Menschen treten spontane epileptische Anfälle im Rahmen einer TLE nach Ablauf einer Latenzzeit oftmals nach einem Schädelhirntrauma oder auch einem spontanen SE auf. Ein Tiermodell, welches diese Situation simuliert und bei dem es zur Entwicklung spontaner epileptischer Anfälle kommt, basiert auf der elektrischen Dauerstimulation der Amydala, wodurch ein SE ausgelöst wird. Erstmalig wurde diese Methode von McIntyre bei gekindelten Ratten beschrieben (MCINTYRE et al.

1982). Durch eine 60minütige Stimulation der Amygdala von voll-gekindelten Ratten

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fokaler, sich selbst aufrechterhaltender SE (self sustaining status epilepticus, SSSE) induziert werden, der über die Stimulation hinaus andauerte. In sich anschließenden histopathologischen Untersuchungen der Gehirne konnten erst Neurodegenerationen nachgewiesen werden, wenn der SE länger als vier Stunden dauerte. Es wurde nicht untersucht, ob die Tiere spontane Anfälle entwickelten. Ein modifiziertes Modell wurde im Jahre 2000 von NISSINEN et al. beschrieben (NISSINEN et al. 2000).

Durch eine 20–30minütige Stimulation der lateralen Amygdala mit 400 µA bei 60 Hz konnte bei naiven Ratten ein selbsterhaltender SE ausgelöst werden, der über 6 – 20 Stunden anhielt. Einige Wochen später konnten bei den Tieren wiederholt spontane Anfälle (SRS) detektiert werden. Neurodegeneration wurde im Hippocampus (insbesondere in der CA1-Region und im Hilus), in der Amygdala und in perikortikalen Bereichen nachgewiesen. Diese Art von Veränderungen ist vergleichbar mit der Hippocampus-Sklerose bei TLE-Patienten. Bei Ratten waren beide Hemisphären, d.h. auch die der Stimulationselektrode gegenüber liegende (=

contralaterale) Seite, betroffen. Für diese Arbeit wurde ein ähnliches, leicht modifiziertes Modell verwendet, bei dem ein SSSE durch die 25minütige Stimulation der basolateralen Amygdala (BLA) mit 700 µA ausgelöst wird (BRANDT et al.

2003a). Ob ein SE ausgelöst werden kann, ist abhängig vom verwendeten Rattenstamm, dem Geschlecht der Tiere und der Lokalisation der Stimulationselektrode. Der Typ des SE kann unterschieden werden in fokal, fokal mit vereinzelten generalisierten Anfällen und generalisiert (siehe Kapitel 4.1.4). Auch die Häufigkeit dieser Statustypen ist abhängig von den oben genannten Faktoren (BRANDT et al. 2003a). Die Wahrscheinlichkeit des späteren Auftretens epileptischer Anfälle wiederum wird entscheidend durch den SE-Typ beeinflusst. So entwickelten sich nur bei 33 % der Tiere mit einem fokalen SE nachfolgend spontane epileptische Anfälle. Dem gegenüber stehen mehr als 90 % der Tiere mit einem generalisierten SE bzw. einem fokalen SE mit generalisierten Anfällen (BRANDT et al. 2003a).

Darüber hinaus sollte die Dauer des SE mindestens vier Stunden betragen, um die Entstehung spontaner Anfälle zu gewährleisten. Die höchste SE-Induktionsrate mit geringer Mortalität konnte bei weiblichen Sprague-Dawley-Ratten erreicht werden.

Auch in diesem Modell kommt es zur bilateralen Neurodegeneration im Bereich des

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Literaturübersicht

Hippocampus und angrenzenden Bereichen, die jedoch bei Tieren mit fokalem SE im Vergleich zu solchen mit generalisiertem SE weniger ausgeprägt und regional umschrieben sind (BRANDT et al. 2003a). Wie in einigen anderen Epilepsiemodellen lassen sich auch in diesem Modell Tiere identifizieren, die nicht oder nur sehr schlecht auf die Behandlung mit einem Antiepileptikum wie z.B.

Phenobarbital reagieren (BRANDT et al. 2004b). Durch diese Unterscheidungsmöglichkeit der Ratten in pharmakosensitive Responder und pharmakoresistente Nonresponder, welche für mehrere chronische Epilepsiemodelle und verschiedene Medikamente gezeigt werden konnte, ist es möglich, auch im Tiermodell die Ursachen für die Entstehung von Pharmakoresistenz bei TLE zu untersuchen (LÖSCHER 2002a; BETHMANN et al. 2007).

Ursprünglich sollte in dieser Arbeit untersucht werden, welchen Einfluss der neuroprotektive Effekt von Valproat auf die Entwicklung einer pharmakoresistenten Epilepsie hat. Hierfür ist das BLA-Modell sehr gut geeignet, da das Ausmaß der Neurodegeneration nicht so gravierend ist wie z.B. beim Pilocarpin-Modell. Dadurch lassen sich neuroprotektive Effekte besser untersuchen. Da die Versuche insbesondere für die Selektion der Ratten in Responder und Nonresponder sich über einen längeren Zeitraum hinziehen, ist es auch von Vorteil, dass die Verhaltensveränderungen der Tiere nicht so schwerwiegend sind, wie bei dem Pilocarpin-Modell. Das Handling und die pharmakologische Behandlung der Tiere werden dadurch erleichtert und führen zu weniger Stress bei den Versuchstieren und den Experimentatoren. Durch die Selektion in Responder und Nonresponder kann untersucht werden, ob der neuroprotektive Effekt von Valproat einen Einfluss auf die Entwicklung einer pharmakoresistenten Epilepsie hat. Sollte dies der Fall sein, dann müsste es zu einer signifikanten Reduktion des regulär bei etwa 30 % liegenden Anteils von Nonrespondern kommen. In vorangegangenen Untersuchungen im gleichen Modell konnte festgestellt werden, dass die Ratten sich nicht nur durch ihre Reaktion auf eine antikonvulsive Behandlung, sondern auch durch das Vorhandensein von typischen Läsionen im Hippocampus voneinander unterscheiden (VOLK et al. 2006; BETHMANN et al. 2008). Während die Nonresponder typische Neurodegenerationen in dieser Region aufwiesen, fehlten solche Veränderungen bei

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den Respondern völlig. Der Hippocampus, in dem diese Läsionen beobachtet werden konnten, ist ein Teil des limbischen Systems, welches eine zentrale Rolle bei der TLE spielt. Aus diesem Grund soll der Hippocampus im Folgenden genauer beschrieben werden.

2.3 Der Hippocampus

2.3.1 Anatomische Struktur und synaptische Verschaltung

Der Hippocampus ist ein Teil des limbischen Systems und besteht aus mehreren Strukturen, die zusammengefasst auch als Hippocampusformation bezeichnet werden. Hierunter sind die temporalen Hirnwindungen des Gyrus dentatus, das Ammonshorn (Cornu ammonis), welches auch als Hippocampus proper bezeichnet wird, und die angrenzenden Kortexareale Subiculum, Prä- und Parasubiculum sowie der entorhinale Kortex zu verstehen (zur Übersicht siehe ANDERSON et al. 2007).

Abbildung 2.1: Darstellung eines Rattengehirns und der anatomischen Lage des Hippocampus (modifiziert nach PAXINOS 2004)

Die Längsachse der paarig angelegten Hippocampusformation verläuft innerhalb des Temporallappen von septal nach temporal (Abb. 2.1). Bei Betrachtung der Strukturen des Gyrus dentatus und des Cornu ammonis im Schnittpräparat entsteht der Eindruck von zwei ineinander greifenden „C“s. Phylogenetisch betrachtet werden

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Literaturübersicht

diese beiden Strukturen dem Archikortex zugerechnet. Charakteristisch ist ihr dreischichtiger Aufbau aus zellkörperhaltigen und faserführenden Regionen, der auch als Allokortex bezeichnet wird. Die Prinzipalzellschicht besteht aus den dicht gepackten Zellkörpern (Somata) der Neurone.

Abbildung 2.2: Darstellung der verschiedenen Regionen der rechten Hippocampusformation. CA = Cornu ammonis (Ammonshorn). Der Maßstabsbalken entspricht 500 µm.

Im Gyrus dentatus werden diese als Körnerzellen und im Cornu ammonis als Pyramidenzellen bezeichnet (Abb. 2.2). Nach außen wird die Körnerzellschicht des Gyrus dentatus von der weitgehend azellulären Molekularschicht umschlossen, in der sich die Dendriten der Körnerzellen befinden. Auf diesen Dendriten befinden sich synaptische Afferenzen des entorhinalen Kortex. Nach innen umschließt die Körnerzellschicht hufeisenförmig den Hilus. Dieser stellt eine polymorphe Schicht dar, die in geringer Dichte inhibitorische Interneurone und exzitatorische Mooszellen enthält. Die Mooszellen sind glutamaterg und innervieren Prinzipalzellen und Interneurone des ipsi- und auch des contralateralen Gyrus dentatus und Cornu ammonis (SCHARFMAN 1995). Die GABAergen Interneurone kontrollieren und synchronisieren die Aktivität der Prinzipalzellen. Die Grundstruktur des

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Pyramidenzellschicht anhand der Größe der Zellkörper (nach Lorente de Nó) in die Regionen CA1 bis CA3 aufgeteilt, wobei die dem Hilus am nächsten liegende CA3- Region die größten Pyramidenzellen enthält und noch weiter in CA3a-c unterteilt wird.

Den wichtigsten synaptischen Eingang erhält die Hippocampusformation in Form des Tractus perforans. Dieses Faserbündel stammt aus den oberflächlichen Schichten des entorhinalen Kortex und tritt in den Gyrus dentatus ein. Hier teilt sich ein Großteil der Fasern, so dass je eine Axonkollaterale zur oberen und eine zur unteren Molekularschicht zieht. Dort bilden die Axone synaptische Kontakte mit den stark verzweigten Dendriten der Körnerzellen. Die Axone der Körnerzellen wiederum ziehen unter Abgabe zahlreicher Kollateralen an Interneurone und Mooszellen als Moosfasern durch den Hilus zu den proximalen Dendriten der CA3-Pyramidenzellen.

Die Axone der CA3-Pyramidenzellen innervieren die apikalen und basalen Dendriten der CA1-Pyramidenzellen und werden auch als Schaffer’sche Kollateralen bezeichnet. Schlussendlich projizieren die Axone der CA1-Pyramidenzellen direkt oder zum Teil nach Umschaltung im Subiculum zu den tiefen Schichten des entorhinalen Kortex (Abb. 2.3).

Abbildung 2.3: Schematische Darstellung der neuronalen Verschaltung des linken Hippocampus. DG

= Gyrus dentatus, CA1 und CA3 = Regionen der Pyramidenszellschicht (CA = Cornu ammonis, Ammonshorn).

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Literaturübersicht

Die Besonderheit dieser, auch als trisynaptischer Schaltkreis bezeichneten, neuronalen Verschaltung liegt darin, dass die tiefen entorhinalen Schichten größtenteils zu denselben Kortexarealen projizieren, aus denen die oberflächlichen Schichten Signale erhalten haben. Ein neuronaler Impuls kann so nach dem Eintritt in den entorhinalen Kortex den gesamten hippocampalen Schaltkreis durchlaufen, wobei es zu einer Prozessierung der Information kommt, und zu seiner Ausgangsstruktur zurückkehren.

Die Regulierung dieses Schaltkreises erfolgt, wie bereits erwähnt, in erster Linie durch inhibitiorische Interneurone. Diese stellen eine sehr heterogene Zellpopulation dar und können anhand ihrer Morphologie und der Zellen, auf die sie einen inhibitorischen Einfluss haben, unterschieden werden. Eine andere Unterscheidungsmöglichkeit ergibt sich aus der unterschiedlichen Expression von verschiedenen Neuropeptiden wie Somatostatin, vasoaktives intestinales Peptid (VIP) und Cholezystokinin oder Calcium-bindenden Proteinen wie Parvalbumin und Calbindin, welche immunhistologisch nachgewiesen werden können. Eine Untergruppe von Interneuronen wird durch die Korbzellen gebildet, die nach ihrem korbförmigen Axonplexus benannt wurden. Immunhistologisch können Parvalbumin- und VIP- und/oder Cholezystokinin-positive Korbzellen unterschieden werden (FREUND 2003). Die Korbzellen des Gyrus dentatus liegen hauptsächlich im direkt an den Hilus grenzenden Randbereich der Körnerzellschicht und auch im Hilus selbst (KOSAKA et al. 1987). Die Innervation der Korbzellen erfolgt vor allem durch Moosfasern der Körnerzellen (SERESS et al. 2001). Die Korbzellen selbst bilden inhibitorische Synapsen mit den Körnerzellen, aber auch mit anderen Interneuronen (KATSUMARU et al. 1988).

Einen anderen Typ von Interneuronen stellen die Chandelierzellen dar, die in erster Linie Körnerzellen inhibieren. Aufgrund der Lokalisation ihrer Axonendigungen auf den Axonen der Körnerzellen werden sie auch axo-axonische Zellen genannt. Sie liegen außerhalb der Körnerzellschicht in der inneren Molekularschicht, sowie in der äußeren Körnerzellschicht und im Hilus.

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Eine weitere Population von Interneuronen findet sich im Bereich des Hilus. Diese Zellen inhibieren die Körnerzellen an ihren dendritischen Endigungen und zeichnen sich durch ihren Gehalt an Somatostatin aus (LERANTH et al. 1990).

2.3.2 Bedeutung des Hippocampus bei Epilepsien

Wie bereits erwähnt spielt der Hippocampus eine wichtige Rolle bei Epilepsien. Bei der TLE entstehen sogar 87 % der Anfälle im Hippocampus (SPENCER et al. 1990).

Von allen Hirnregionen besitzt der Hippocampus die niedrigste Schwelle für die Auslösung epileptischer Aktivität (GREEN 1964). Dies beruht zum einen auf den stark ausgeprägten rückläufigen Verbindungen der CA3-Pyramidenzellen, zum anderen auf dem für diese Zellen typischen intrinsischen Burstverhalten (MCCORMICK u. CONTRERAS 2001). Darüber hinaus liegen die Neurone des Hippocampus sehr dicht zusammen, wodurch auch nichtsynaptische Synchronisationsmechanismen als Ursache für eine erleichterte Entstehung und Ausbreitung epileptischer Aktivität in Betracht zu ziehen sind (JEFFERYS 1995).

Insbesondere die aktivitätsabhängige räumliche Verschiebung von Ionen kann einen großen Einfluss auf die abnorme Erregbarkeit von Neuronen haben (LUX et al.

1986).

Im Gegensatz zum Ammonshorn besitzt der Gyrus dentatus im nicht-epileptischen Gehirn eine relativ hohe Schwelle für die Auslösung von abnormer, epileptischer Erregung (LOTHMAN 1994). Das liegt einerseits an der starken inhibitorischen Kontrolle der Körnerzellen durch Interneurone und andererseits am Fehlen von rekurrenten exzitatorischen Kreisläufen. Zusätzlich spielen auch intrinsische Eigenschaften der Körnerzellen eine Rolle. Diese haben ein sehr negatives Ruhemembranpotenzial, reagieren auf wiederholte Stimulation mit Frequenzadaptation und zeigen nach einem Aktionspotential eine ausgeprägte Hyperpolarisation, wodurch die erneute Erregung der Zelle erschwert bzw. verzögert wird (SPRUSTON u. JOHNSTON 1992). Es wird vermutet, dass der Gyrus dentatus unter physiologischen Bedingungen aus diesen Gründen und durch seine Position als erstes Glied in der hippocampalen Verschaltungskette nachgeschaltete Areale wie die empfindliche CA3-Region vor einer Übererregung schützt (HEINEMANN et al. 1992).

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Literaturübersicht

Die Hyperexzitablität der Prinzipalzellen, welche im epileptischen Gehirn zu der Auslösung eines epileptischen Anfalls führt, kann prinzipiell durch einen verstärkten exzitatorischen oder aber einen verminderten inhibitorischen Einfluss auf diese Zellen bedingt sein. Diese Hypothese wird auch durch Substanzen gestützt, die durch die Verstärkung der GABA-Wirkung antikonvulsiv wirken. Hierzu gehören Benzodiazepine oder auch Antiepileptika wie Vigabatrin. Auf der anderen Seite wirken GABA-Antagonisten wie Bicucullin und Picrotoxin im Tiermodell prokonvulsiv.

Die Auslösung eines SE durch die Verstärkung der Glutamatwirkung mittels solcher Chemokonvulsiva wird sich bei den chemischen SE-Modellen zunutze gemacht (siehe Kapitel 2.2).

Die augenscheinlichste Veränderung, die häufig an reseziertem Hippocampusgewebe von pharmakoresistenten TLE-Patienten ermittelt werden kann, ist der Untergang bestimmter Subpopulationen von Neuronen. Diese Neuronenverluste sind am stärksten im Hilus des Gyrus dentatus und in den CA1- und CA3-Regionen des Ammonshorns ausgeprägt. Die Körnerzellen und die Pyramidenzellen der CA2-Region sind in der Regel weitestgehend erhalten (MARGERISON u. CORSELLIS 1966). Außerdem kann häufig ein aberrantes Aussprossen der Moosfasern (mossy fiber sprouting) ausgehend von den Körnerzellen beobachtet werden (SUTULA et al. 1989; PROPER et al. 2000). Hierbei sprossen die Axone der Körnerzellen in die supragranuläre Schicht des Gyrus dentatus und stellen synaptische Verbindungen mit den Dendriten der Körnerzellen her. Dadurch kommt es zur Entstehung neuer exzitatorischer Kreisläufe, wodurch die Erregbarkeit der Körnerzellen erhöht wird (DUDEK u. SUTULA 2007). Aufgrund der makroskopisch sichtbaren Verkleinerung des Hippocampus sowie der Verhärtung des Gewebes hat sich für diese Veränderungen der Begriff Hippocampus-Sklerose etabliert. Vergleichbare histologische Veränderung lassen sich auch bei Versuchstieren nach einem induzierten Status epilepticus finden (BRANDT et al.

2003a; ANDRE et al. 2007).

Im Gegensatz zu dem Untergang von Neuronen im Hippocampus kann auch eine aberrante Neurogenese von Körnerzellen innerhalb des Gyrus dentatus zu einer erhöhten Anfälligkeit für spontane, epileptische Aktivität beitragen (SCHARFMAN et

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al. 2003). Nach wiederholten Anfällen oder einem SE kommt es zu einer Verstärkung der lebenslang stattfindenden Proliferation von neuralen Stamm- bzw.

Progenitorzellen in der subgranulären Zone des Gyrus dentatus (NAKAGAWA et al.

2000). Diese Zellen entwickeln sich zu Körnerzellen und wandern zum Teil in den Hilus (PARENT 2002). Abgesehen von ihrer ektopischen Lage unterscheiden sich diese hilären Körnerzellen in ihrer dendritischen und synaptischen Struktur von normalen Körnerzellen (SHAPIRO et al. 2005; SHAPIRO u. RIBAK 2006). Zusätzlich zeigen sie häufig spontane epileptiforme Aktivität (SCHARFMAN et al. 2000).

Aufgrund dieser Eigenschaften wird angenommen, dass diese ektopischen Körnerzellen zu einem erniedrigten Schwellenwert für epileptische Aktivität im Hippocampus beitragen und dass sie die Entstehung von spontanen Anfällen erleichtern können (SCHARFMAN et al. 2003). Eine erhöhte Proliferationsrate von neuronalen Vorläuferzellen kann jedoch nur etwa zwei bis drei Wochen nach einem hirnschädigenden Insult beobachtet werden (NAKAGAWA et al. 2000). Sobald sich eine chronische Epilepsie entwickelt hat, kommt es sogar zu einer drastischen Reduktion der Neurogenese im Gyrus dentatus (HATTIANGADY et al. 2004;

PIRTTILÄ et al. 2005), was unter Umständen zu Störungen in Lern- und Gedächtnisleistungen beitragen kann. Allerdings konnte es bis jetzt noch nicht abschließend geklärt werden, welche dieser Veränderungen letztendlich essentiell für die Entwicklung spontaner Anfälle sind.

2.4 Neurodegeneration und Pharmakoresistenz

Durch einen SE oder andere hirnschädigende Einflüsse werden multiple Mechanismen in Gang gesetzt, die letztendlich zum Absterben bestimmter Neuronen führen. Eine Ursache hierfür besteht in der sogenannten Exzitotoxizität: Durch die unkontrollierte epileptische Aktivität der beteiligten Neuronen kommt es zur exzessiven Glutamatfreisetzung, wodurch postsynaptische N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptoren aktiviert werden und es zur Öffnung von Calcium-Kanälen kommt (VAN DEN POL et al. 1996). Der daraus resultierende massive Einstrom von Calcium führt zur Aktivierung von Proteasen, Phospholipasen und Stickstoffmonoxid- Synthetasen, zur Entstehung von freien Radikalen und letztendlich zur Beschädigung

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Literaturübersicht

von Zellmembranen, Strukturproteinen und wichtigen Enzymen, wodurch es nachfolgden zum nekrotischen Untergang der Zelle kommt. Darüber hinaus werden bei einem SE aber auch Mechanismen für den verzögerten (programmierten) Zelltod in Gang gesetzt (FUJIKAWA 2005). Besonders anfällig und am häufigsten von der Neurodegeneration betroffen sind die Pyramidenzellen der CA1- und CA3c-Region sowie die Neurone im Hilus des Gyrus dentatus. Dieser Verlust von Hilusneuronen lässt sich auch in den meisten Tiermodellen für TLE nachweisen (DUDEK u.

SUTULA 2007). Er umfasst sowohl exzitatorische Mooszellen als auch inhibitorische Interneurone (SLOVITER 1987).

Es existieren zwei kontrovers diskutierte Hypothesen, wie der Verlust von Hilusneuronen zu einer Übererregbarkeit der Körnerzellen des Gyrus dentatus führen kann, die wiederum eine erhöhte Anfallsneigung des Gehirns oder die Entwicklung von spontanen Anfällen erklären könnte. Eine Theorie basiert auf Untersuchungen, die nach einem SE neben der Reduktion von Somatostatin-positiven Interneuronen eine selektive Resistenz von Interneuronen des Korbzelltyps zeigen konnten (SLOVITER 1987). Die so genannte „dormant basket cell“-Theorie geht davon aus, dass der Verlust von Mooszellen zu einer Reduktion des exzitatorischen Einflusses auf die insult-resistenten inhibitorischen Korbzellen führt, wodurch diese in einen

„Schlafzustand“ versetzt werden. Durch den Wegfall des inhibitorischen Einflusses der Korbzellen kommt es zur Übererregbarkeit der Körnerzellen (SLOVITER 1987, 1991). Andere Studien kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass es nach einem SE neben einem Verlust von somatostatin-positiven Interneuronen zusätzlich auch zu dem Untergang von parvalbumin-positiven Korbzellen kommt (GORTER et al. 2001;

KOBAYASHI u. BUCKMASTER 2003). Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass nicht der Wegfall der exzitatorischen Innervation der Korbzellen, sondern eine Degeneration der inhibitorischen Interneurone (samt Korbzellen) zu einer reduzierten Inhibition der Körnerzellen führt, was letztlich in einer gesteigerten Exzitabilität dieser Zellen resultiert (RATZLIFF et al. 2004).

Allerdings konnte inzwischen in verschiedenen Untersuchungen gezeigt werden, dass das Vorliegen einer Neurodegeneration bei Ratten nicht für die Entstehung einer Epilepsie erforderlich ist. So konnte z.B. die hippocampale Neurodegeneration

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nach einem elektrisch ausgelösten SE durch eine vierwöchige Behandlung mit dem Antiepileptikum Valproat vollständig verhindert werden. Dennoch entwickelten die Tiere spontane epileptische Anfälle (BRANDT et al. 2006). Diese und andere Ergebnisse deuten darauf hin, dass neurodegenerative Prozesse nicht grundsätzlich an der Epileptogenese beteiligt sein müssen (NEHLIG 2007). So lassen sich auch nur bei 50–70 % der TLE-Patienten neurodegenerative Veränderungen im Hippocampus nachweisen (MARGERISON u. CORSELLIS 1966). Auch in Tiermodellen für TLE können mitunter einzelne Individuen beobachtet werden, die nach einem SE zwar spontane epileptische Anfälle entwickeln, bei denen der Hippocampus aber keine sichtbaren Veränderungen aufweist (BRANDT et al.

2003a). Dabei ist es natürlich nicht auszuschließen, dass der Untergang von Neuronensubpopulationen, der mit den gängigen Quantifizierungsmethoden nicht erfasst werden kann, als Auslöser für epileptische Anfälle fungiert.

Interessanterweise sind progressive, pharmakoresistente Verlaufsformen der TLE in hohem Maß mit dem Vorliegen einer Hippocampus-Sklerose assoziiert. So lässt sich bei 90 % der pharmakoresistenten TLE-Patienten, welche vor Beginn der Epilepsie einen initialen Hirninsult erlitten hatten, eine Hippocampus-Sklerose nachweisen (HAUSER 1999). Es ist der häufigste pathologische Befund bei TLE-Patienten, bei denen aufgrund einer Pharmakoresistenz eine Temporallappenresektion durchgeführt wurde (CASCINO 1995). Die gleichen Beobachtungen lassen sich auch in einem Tiermodell für pharmakoresistente TLE machen. So ist es in dem elektrischen Post-SE-Modell möglich, die epileptischen Ratten durch eine Behandlung mit Phenobarbital in Responder und Nonresponder aufzuteilen (BRANDT et al. 2004b). Das heißt, ein Teil der Tiere reagierte nicht auf die Behandlung mit Phenobarbital und zeigte weiterhin spontane Anfälle (Nonresponder), wohingegen bei dem anderen Teil eine signifikante Reduktion der Anfallshäufigkeit um mindestens 50 % erfolgte (Responder). In weiteren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Nonresponder eine deutliche Neurodegeneration im Hippocampus aufwiesen, wohingegen die Responder sich histologisch nicht von den Kontrolltieren unterschieden (VOLK et al. 2006). Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass das Vorliegen einer Hippocampus-Sklerose nicht

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Literaturübersicht

für das Entstehen von spontanen Anfällen erforderlich, eventuell aber ursächlich an der Pharmakoresistenz beteiligt ist.

Die genauen Ursachen bzw. Mechanismen der Pharmakoresistenz sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass es sich um einen multifaktoriellen Prozess handelt (REGESTA u. TANGANELLI 1999; KWAN u. BRODIE 2002). Es existieren verschiedene Hypothesen darüber, wodurch es zu der Entwicklung einer Pharmakoresistenz kommt (REGESTA u. TANGANELLI 1999; SCHMIDT u.

LÖSCHER 2005; REMY u. BECK 2006):

1. Die Transporter-Hypothese beschreibt die Überexpression von sogenannten Multidrug-Transportern an der Blut-Hirn-Schranke, welche die Antiepileptika wieder zurück in das Blut transportieren, wodurch im Hirngewebe kein ausreichender Substanz-Spiegel erreicht werden kann (LÖSCHER 2007a).

2. Die Target-Hypothese geht von genetisch bedingten oder erworbenen Veränderungen der Ziel-Strukturen für Antiepileptika aus, so dass das Medikament nicht mehr seine volle Wirkung entfalten kann (BECK 2007).

3. Bei der Netzwerk-Hypothese wird davon ausgegangen, dass sich bei pharmakoresistenten Patienten epileptische Netzwerke ausbilden, die sich strukturell und/oder funktionell von pharmakoresponsiven Patienten unterscheiden (REGESTA u. TANGANELLI 1999).

Die ätiologischen Ursachen für diese morphologischen Strukturveränderungen des neuronalen Gewebes oder der Ineffizienz einer pharmakologischen Behandlung von TLE-Patienten werden in drei mögliche Kategorien unterteilt (LÖSCHER u.

POTSCHKA 2005):

1. Genetische Ursachen, die zu Veränderungen der Ziel-Struktur oder des Metabolismus einer Substanz oder zu einer veränderten Expression von Mulitdrug-Transportern führen.

2. Krankheitsbezogene, sich entwickelnde Mechanismen, wie ein der Krankheit zugrunde liegender initialer Insult, neurodegenerative Veränderungen während der Latenzzeit oder während der Progression der Epilepsie unter der Behandlung mit Antiepileptika, die Ausbildung epileptischer Netzwerke oder

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Veränderungen der Aufnahme von Medikamenten in das Gehirn oder ihrer Zielstrukturen.

3. Arzneimittelbezogene Mechanismen, wie die Entwicklung einer funktionellen oder metabolischen Toleranz unter der Arzneimitteleinwirkung oder auch ineffektive Wirkmechanismen der eingesetzten Substanz.

Aufbauend auf die Ergebnisse von VOLK et al. (2006) und BRANDT et al. (2006) stellt sich die Frage, ob durch eine neuroprotektive Behandlung nach einem SE dahingehend in die Epileptogenese eingegriffen werden kann, dass sie zwar nicht verhindert, aber eventuell in die Richtung moduliert werden kann, dass zumindest die Entwicklung einer Pharmakoresistenz verhindert werden kann (LÖSCHER u.

BRANDT 2010). Eine vierwöchige Behandlung mit Valproat nach einem SE führte neben der Verhinderung der Neurodegeneration im Hippocampus zum Teil auch zur Verhinderung der bei epileptischen Ratten zu beobachtenden Verhaltensveränderungen (BRANDT et al. 2006). Falls nun durch eine Behandlung mit einer neuroprotektiven Substanz direkt nach einem hirnschädigenden Insult zwar nicht die Entwicklung einer Epilepsie, aber die Entstehung einer Pharmakoresistenz verhindert werden kann, so würde das einen erheblichen positiven Effekt auf die Lebensqualität der Patienten haben. Auch die negativen Auswirkungen von häufigen epileptischen Anfällen wie Defizite in Lern- und Gedächtnisleistungen würden sich so eventuell verhindern lassen.

2.5 Neuroprotektion

Die Wahl der neuroprotektiven Strategie hängt stark von den Mechanismen ab, die für die Entstehung der Neurodegeneration verantwortlich sind. Auch der Zeitraum, in dem sie auftreten, spielt eine wichtige Rolle.

Ganz am Anfang steht sicherlich die Begrenzung des inititalen Insults. Je länger ein SE andauert, desto mehr Schäden entstehen im neuronalen Gewebe und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient nicht auf die Behandlung mit Benzodiazepinen anspricht, weswegen ein SE so schnell wie möglich unterbrochen werden sollte (RAJASEKARAN et al. 2010). Auch im Tiermodell entwickeln sich abhängig von der Art der SE-Induktion Läsionen im Hippocampus erst nach 40 bis

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Literaturübersicht

60 Minuten kontinuierlicher epileptischer Aktivität (FUJIKAWA 1996; HENSHALL et al. 2000). In dem elektrischen BLA-Modell entwickelten mehr als 90 % der Ratten nach einem vierstündigen konvulsiven SE später spontane epileptische Anfälle, wohingegen die Epileptogenese durch den Abbruch des SE nach 90 Minuten vollkommen verhindert werden konnte (BRANDT et al. 2003a). Auch durch den Abbruch des SE nach zwei oder drei Stunden konnte der Anteil der Ratten, die später eine Epilepsie entwickelten, reduziert werden (PITKÄNEN et al. 2005).

Darüber hinaus war das Ausmaß der Neurodegeneration im Hippocampus geringer, und im Falle der Entwicklung von spontanen epileptischen Anfällen waren diese weniger schwer und frequent. Durch dieses Vorgehen ist es jedoch nicht möglich, echte Neuroprotektion nachzuweisen, da diese letztendlich nicht durch die applizierte Substanz, sondern durch die Modifizierung des initialen, schädigenden Insults (initial insult modification) bedingt ist. Um wahre neuroprotektive Effekte untersuchen zu können, ist es erforderlich, dass das potentielle Neuroprotektivum im Anschluss an einen Insult verabreicht wird, der ohne Behandlung bei allen Tieren zu Neurodegenerationen führen würde. Ein Großteil der Neurodegeneration nach einem Hirninsult wie einem SE entwickelt sich mit einer zeitlichen Verzögerung durch programmierte Formen von Zelltod (z.B. Apoptose), so dass eine pharmakologische Intervention nach dem Insult möglich ist. So konnte gezeigt werden, dass eine pharmakologische Behandlung im Anschluss an einen SE die normalerweise auftretende Neurodegeneration verhindern kann. Hierzu wurden z.B. der NMDA- Antagonist MK-801 oder das Antiepileptikum Valproat eingesetzt (BRANDT et al.

2003b; BRANDT et al. 2006). Wie bereits erwähnt, vermochte diese Behandlung jedoch nicht, die Entwicklung einer Epilepsie zu verhindern.

Es wurden viele weitere Behandlungsstrategien mit dem Ziel getestet, über eine Neuroprotektion eine Modifikation der Epileptogenese zu erreichen. Neben der Applikation von Antiepileptika gibt es vielfältige Ansätze wie beispielsweise die Einhaltung einer ketogenen Diät oder der Einsatz von neurotrophen Faktoren oder Antioxidantien (ACHARYA et al. 2008; SAMOILOVA et al. 2010). Auch verschiedene Hormone wie Östrogene oder Erythropoetin haben einen neuroprotektiven Effekt (HOFFMAN et al. 2006; NADAM et al. 2007). Inzwischen bietet auch die

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Transplantation von neuronalen Voläuferzellen interessante Ansätze, um entweder zu Grunde gegangene Neurone zu ersetzen oder durch die Sekretion von neurotrophen Faktoren einen positiven Einfluss auf das geschädigte Hirngewebe auszuüben (JING et al. 2009). Einen Überblick über die verschiedenen Methoden geben die folgenden Reviews: ACHARYA et al. (2008), LÖSCHER u. BRANDT (2010). In der vorliegenden Arbeit wurden das Antiepileptikum Valproat und ein AMPA-Antagonist (NS-1209) verwendet. Valproat hat den Vorteil, dass es eine seit langem zugelassene Substanz ist, deren neuroprotektive Potenz aber auch ihre Nebenwirkungen bekannt und abschätzbar sind. Außerdem hat es nicht nur einen sondern mehrere Wirkmechanismen, was eventuell bei der Suche nach einer krankheitsmodifizierenden Strategie von Vorteil sein kann (LÖSCHER u. BRANDT 2010).

NS-1209 wiederum ist eine neue Substanz mit einem völlig anderen Wirkmechanismus, die durch ihren Glutamat-Antagonismus an einem sehr frühen Punkt der Exzitotoxizität in die Vorgänge nach einem SE eingreift (ROGAWSKI 2006). Da sich zusätzlich Hinweise auf neuroprotektive Effekte ergaben, stellt diese Substanz eine interessante Alternative zu Valproat dar, deren Eigenschaften in dieser Arbeit näher untersucht werden sollten.

2.5.1 Valproat

Abbildung 2.4: Strukturformel von Valproat

Die chemische Bezeichnung von Valproat oder auch Valproinsäure lautet 2-Propyl- Pentansäure. Es besteht aus acht Kohlenstoffatomen und gehört zur Klasse der kurz- und verzweigtkettigen Fettsäuren. Die antikonvulsiven Eigenschaften dieser bereits 1882 erstmalig synthetisierten Substanz wurden 1962 zufällig entdeckt, als man sie als Lösungsmittel bei einem experimentellen Screening für neue

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Literaturübersicht

antiepileptische Wirkstoffe einsetzte (KRALL et al. 1978). Nach den ersten klinischen Versuchen im Jahr 1964 (CARRAZ et al. 1964) wurde 1976 das Natrium-Salz von Valproat erst in Frankreich und dann in über 100 Ländern weltweit für die Behandlung von Epilepsien zugelassen. Seitdem gehört es zu den am häufigsten eingesetzten Antiepileptika, was auch durch die vielfältigen Indikationsgebiete bedingt ist: Es gehört zu den Mitteln der ersten Wahl bei primär generalisierten Epilepsien und wird auch bei fokalen Anfällen (mit oder ohne sekundäre Generalisierung) und allen anderen Anfallsformen wie z.B. Abscencen oder der Behandlung eines SE eingesetzt, weswegen es auch als Breitspektrum- Antiepileptikum bezeichnet wird (PERUCCA 2002). Darüber hinaus hat Valproat auch bei vielen nicht-epileptischen Erkrankungen wie Migräne oder bipolaren Störungen positive Effekte (ROGAWSKI u. LÖSCHER 2004b). Für den Einsatz in der Tiermedizin eignet sich Valproat aufgrund seiner bei Hund und Katze mit 1,7 bzw.

4,9 Stunden recht kurzen Halbwertszeit eher weniger, da das Medikament in sehr kurzen Zeitabständen appliziert werden müsste, um ausreichende Plasmaspiegel aufrecht zu erhalten (LÖSCHER et al. 2006). Mitunter wird es jedoch auch beim Tier zur akuten Therapie eines SE eingesetzt.

Die genauen Wirkmechanismen von Valproat sind bis heute nicht vollständig geklärt (LÖSCHER 2002c; ROSENBERG 2007). Die verschiedenen Effekte von Valproat unterliegen keinem einzelnen Wirkmechanismus, sondern sind der Beeinflussung einer Vielzahl von neurochemischen und -physiologischen Vorgängen zuzuschreiben, wodurch sich wohl auch das breite Wirkungsspektrum erklärt. Es ist bekannt, dass Valproat durch Erhöhung der Synthese und des Umsatzes von GABA die inhibitorische Wirkung von GABA verstärkt, wodurch es antikonvulsiv wirkt.

Zusätzlich hat es einen modulierenden Einfluss auf spannungsabhängige Natriumkanäle und eventuell auch auf thalamische T-Typ Calciumkanäle sowie einen inhibierenden Effekt auf die glutamaterge Übertragung an NMDA-Rezeptoren (LÖSCHER 2002c; ROGAWSKI u. LÖSCHER 2004a). Die weiteren Effekte von Valproat werden durch verschiedene Einflüsse auf Signalwege innerhalb der Zelle sowie epigenetische Wirkungen durch die Blockade von Histon-Deacetylasen (HDACs) erklärt (JESSBERGER et al. 2007; ROSENBERG 2007).

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BOLANOS et al. (1998) untersuchten die Wirkung einer 40tägigen Behandlung mit Valproat im Anschluss an einen durch Kainat induzierten SE an juvenilen Ratten. Bei keinem der Tiere konnten danach epileptische Anfälle beobachtet werden. Das Ausmaß der Neurodegeneration im Hippocampus konnte reduziert und die Entwicklung von Verhaltensstörungen und Defiziten im Lernverhalten verhindert werden. Allerdings wurde die Video-Überwachung auf spontane Anfälle zu einem Zeitpunkt durchgeführt, an dem die Tiere noch unter dem Einfluss einer geringen Dosis von Valproat standen, so dass die Tatsache, dass keine spontanen Anfälle beobachtet werden konnten, eventuell auch auf die antikonvulsiven Eigenschaften von Valproat und nicht auf einen antiepileptogenen Effekt zurückzuführen ist. In einer späteren Studie von BRANDT et al. (2006) konnte in einem elektrischen Post-SE- Rattenmodell durch eine vierwöchige Behandlung mit Valproat im Anschluss an einen vierstündigen SE das Auftreten einer Neurodegeneration im Hippocampus und ein Großteil der Verhaltensveränderungen verhindert werden. Allerdings konnten die spontanen Anfälle nicht verhindert werden. Auch eine Reduktion der Schwere und Häufigkeit der Anfälle im Vergleich zu unbehandelten Ratten konnte nicht beobachtet werden. In einer klinischen Studie an Humanpatienten, die nach einem schweren Schädelhirntrauma über einen oder sechs Monate mit Valproat behandelt wurden, konnte ebenfalls kein antiepileptogener Effekt festgestellt werden (TEMKIN et al.

1999). Eine Studie von JESSBERGER et al. (2007) konnte jedoch zeigen, dass durch die Behandlung mit Valproat nach einem kainat-induzierten SE die abnorme Neurogenese im Gyrus dentatus, sowie ein Rückgang der kognitiven Fähigkeiten verhindert wurde. Diese Effekte werden in erster Linie der Inhibierung der HDACs und der Normalisierung der HDAC-abhängigen Genexpression des epileptischen Gewebes des Gyrus dentatus zugeschrieben (JESSBERGER et al. 2007). Ein neuroprotektiver Effekt von Valproat konnte in dieser Studie allerdings nicht beobachtet werden. Die Ursache hierfür könnte in dem verwendeten Kainat-Modell liegen, bei dem es durch die systemische Applikation von Kainat zu gravierenden Neuronenverlusten im Hippocampus kommt. Außerdem wurde der SE nicht abgebrochen und es wurde erst fünf Stunden nach Beginn des SE mit der Behandlung begonnen. Die Dosis von zweimal 150 mg/kg pro Tag war

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