M 015/2007 BVE 25. April 2007 BVE C Motion
0671 Bregulla-Schafroth, Thun (Grüne)
Weitere Unterschriften: 14 Eingereicht am: 22.01.2007
Förderung dezentraler Wärmekraftkoppelungsanlagen
Der Regierungsrat wird beauftragt, zur Förderung der Stromproduktion in dezentralen Wärmekraftkoppelungsanlagen das Energiegesetz des Kantons Bern (KEnG) wie folgt zu ändern:
Artikel 14 Abs. 1:
Die Elektrizitätswerke sind zur Abnahme von dezentral erzeugter Elektrizität, insbesondere solcher aus Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen verpflichtet.
2. Satz streichen
Sie vergüten dem Erzeuger für die gelieferte Elektrizität mindestens die Gestehungskosten für gleichwertige Elektrizität aus eigenen Anlagen unter Berücksichtigung der Leistung, der Lieferzeit und der Sicherheit.
(geltendes Recht)
(neu)
Die Einspeisevergütung richtet sich nach den Ansätzen für Strom aus erneuerbaren Produktionsanlagen gemäss eidgenössischem Recht.
Artikel 14 Abs. 2 streichen
Die Abnahmebedingungen werden vertraglich zwischen den Beteiligten geregelt. (geltendes Recht)
(neu)
Die Elektrizitätswerke bieten allen Verbrauchern in ihrem Versorgungsgebiet ein Anlagecontracting für Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen ab einer thermischen Leistung von 20 kW zu marktüblichen Bedingungen an.
Begründung
Neue Kraftwerke sollen sicher, nutzorientiert und CO2 neutral geplant und gebaut werden.
Die langfristige Energiewende wird einerseits durch effizienzsteigernde Massnahmen und andererseits durch Stromproduktion in Wärmekraftkoppelungsanlagen und mittels erneuerbarer Energie möglich.
Grundsätzlich sind nicht Gross-Gaskraftwerke zu fördern, sondern viele kleine dezentrale Kraftwerke. Deren Abwärme werden für Heizung und Warmwasser zu 100% genutzt, und die Produktion bleibt CO2 neutral. Dabei geht es nicht nur um Neubauten. Auch bestehende
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Heizungen in Wohn- und Gewerbebauten können ersetzt werden, in Mehrfamilienhäusern wie in Einfamilienhäusern.
Um den Verbrauchern eine sichere und zuverlässige Energieproduktion zu gewährleisten, sollen die Elektrizitätsunternehmen im Kanton dazu verpflichtet werden, ein attraktives Anlagecontracting anzubieten. Das heisst sie planen, finanzieren, realisieren und betreiben die Wärmekraftkoppelungsanlage der Verbraucher im Rahmen eines Vertrages.
Durch die dezentrale Stromproduktion wird die Versorgungssicherheit im Falle eines Betriebsausfalles grösser, es entfallen unnötig lange Transportwege sowie unsichere Auslandabhängigkeiten. Durch die regionale Einspeisung ins Netz, durch die Berücksichtigung einheimischer Energieträger (Holz, Sonne, Wind) würde das inländische Gewerbe gefördert, das Netz würde stabiler und es bräuchte keinen weiteren Ausbau der Übertragungsleitungen.
Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 25.01.2007
Antwort des Regierungsrates
Generelle Haltung zu den Wärmekraftkopplungsanlagen WKK und zur Begründung der Motion
Die dezentrale Stromerzeugung mit Wärmekraftkopplungsanlagen (WKK) hat den grossen Vorteil, dass die Primärenergie effizienter genutzt werden kann im Vergleich zu den frühe- ren zentralen, fossilen Gross-Kraftwerken. Bei letzteren entstand viel Abwärme mit hohen Temperaturen, welche meist nur wenig genutzt werden konnte. Die modernen Gaskraft- werke, so genannte Gas- und Dampfkraftwerke (GuD), nutzen die Primärenergie nun bes- ser, indem sie in einem mehrstufigen Prozess mit hohem Wirkungsgrad hochwertigen Strom erzeugen. Die noch verbleibende Restabwärme ist praktisch kaum mehr zu ver- werten. Mit dem erzeugten Strom können Wärmepumpen betrieben werden, was den Ge- samtwirkungsgrad weiter erhöht. Heute kann nicht generell gesagt werden, ob eine zent- rale oder dezentrale Energieversorgung sinnvoller ist; entscheidend ist, welches System im konkreten Einzelfall die Primärenergie effizienter ausnutzt.
Heizungen, welche Primärenergien wie Gas, Holz oder Öl konventionell verbrennen, um Wärme zu erzeugen, haben eine schlechte Energieausnutzung. Mit dem Einsatz einer Wärmekraftkopplung kann demgegenüber mit gleich viel Primärenergie doppelt so viel Wärme erzeugt werden. Es gibt heute zahlreiche und auch neue Systeme wie kleine Moto- ren, die mit Gas oder Pellets betrieben werden sowie Blockheizkraftwerke jeder Grösse.
Es muss sich in der Praxis zum Teil noch zeigen, welche dieser Systeme sich bewähren werden. Die Unterschiede bezüglich Energieausnutzung (inklusiver der Verluste bei der Energieübertragung) sind aus heutiger Sicht klein. Energiepolitisch ist es jedoch wichtig, dass solche Systeme überhaupt eingesetzt werden.
Die Auslandabhängigkeit der Energieversorgung kann durch WKK nur dann gemindert werden, wenn diese mit einheimischen Energien, d.h. mit Holz oder anderer Biomasse betrieben werden. WKK mit fossilen Energien sind höchstens als Übergangslösung sinn- voll und reduzieren die Auslandabhängigkeit nicht.
Contracting ist dort ein geeignetes Instrument, wo eine grosse, kommerziell und technisch kompetente Firma viele kleine Anlagen bauen und betreiben kann. Das ist effizienter, als wenn jede kleine Anlage individuell konzipiert und betrieben wird. Der Kanton befürwortet das Contracting sowohl aus Sicht der Betriebs- und damit der Versorgungssicherheit als auch aus Sicht des Umweltschutzes (Luftreinhaltung!)
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Zu den Forderungen der Motion Zu Art. 14 Abs. 1
Die von der Motionärin vorgeschlagene Formulierung zielt auf die Förderung aller dezen- tralen Wärmekraftkopplungsanlagen, unabhängig davon, ob die verwendete Primärenergie erneuerbar oder nicht erneuerbar ist.
Förderungswürdig sind aus Sicht des Regierungsrates aber nur diejenigen WKK, bei de- nen die Primärenergie aus erneuerbaren Quellen stammt. Diesem tatsächlich förderungs- würdigen Anliegen wird mit dem neuen, eidgenössischen Stromversorgungsgesetz und der damit verbundenen Revision des eidgenössischen Energiegesetzes Rechnung getra- gen. Beide Gesetze sind von den eidgenössischen Räten im März 2007 verabschiedet worden und sollen, wenn kein Referendum ergriffen wird, voraussichtlich im Laufe des Jahres 2008 in Kraft treten. Dass die Einspeisevergütung für erneuerbare Energie verbes- sert werden soll, ist auch auf Bundesebene unbestritten. Es ist daher unnötig, dass der Kanton Bern dazu auch noch eine eigene Regelung schafft. Mit Inkrafttreten des Strom- versorgungsgesetzes und des eidgenössischen Energiegesetzes wird Art. 14 Abs. 1 des kantonalen Energiegesetzes ohnehin nicht mehr anwendbar sein, weil das eidgenössische Recht dem kantonalen Recht vorgeht. Eine Änderung ist daher nicht nötig. Dem Anliegen der Motion wird also auf Bundesebene bereits Rechnung getragen.
Zu Art. 14 Abs. 2
Mit der vorgeschlagenen Formulierung von Art. 14 Abs. 2 würden die Elektrizitätswerke verpflichtet, jedem einzelnen Verbraucher bereits bei einer relativ geringen thermischen Leistung ein Anlagecontracting anzubieten. Diese Vorschrift ist unnötig. Einerseits werden die Regelungen des eidg. StromVG einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation der dezentralen Anlagen haben. Andererseits steht der vorgeschlagene Zwang für die Elektrizitätswerke zum Energiecontracting im Widerspruch zu den marktwirtschaftli- chen Grundsätzen der Energiepolitik des Regierungsrates. Bereits heute ist das Contrac- ting-Angebot auf dem freien Markt genügend gross und entwickelt sich laufend weiter. Das ist ein Hinweis, dass der Markt spielt.
Da das Anliegen der Motion von verschiedener Seite in der Vernehmlassung zur laufen- den Teilrevision des KEnG eingebracht wurde, kann im Rahmen der Diskussion zum KenG das Anliegen nochmals geprüft werden
Antrag: Annahme als Postulat.
An den Grossen Rat