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Archiv "Posterausstellungen auf nationalen Fachkongressen – Bereicherung oder Farce?" (01.02.2008)

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W

ährend eines medizinischen Kongresses räu- men die Vorsitzenden der Posterausstellung stets einen zentralen Patz im Programm ein. Häufig finden die moderierten Posterbegehungen an den Haupttagen des Kongresses mittags statt. Diese Ver- anstaltungen konkurrieren lediglich mit den Satelli- tensymposien der Industrie. Im Kontrast zur herausra- genden Positionierung der Posterausstellung im Kon- gressprogramm ist das Interesse und die Teilnahme der Kongressbesucher an den Posterpräsentationen nationaler (und zum Teil auch internationaler) medizi- nischer Fachtagungen bisweilen eher gering. Wer pro- fitiert von der Posterausstellung? Wem nützt sie? Wie könnte man sie attraktiver gestalten? Sollte man sie überhaupt noch durchführen?

In der Literatur findet man bereits einige Arbeiten zu Teilaspekten der Posterausstellung nicht deutscher Fachkongresse: zum Prozess der Abstract-Auswahl verschiedener Tagungen (1–11), zu elektronischen Postern (12, 13) und zur Publikationsrate von Kon- gressbeiträgen (14–20). In weiteren Studien wurde die Motivation von Autoren zur Erstellung eines Posters beleuchtet (21), die Redundanz von Posterbeiträgen (22, 23) untersucht oder die Zeit, die Kongressteilneh- mer für das Studium eines Posters investieren (24).

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, exemplarisch die Posterausstellung eines deutschen Fachkongresses als Plattform zur Präsentation aktueller Forschungser- gebnisse hinsichtlich ihrer Akzeptanz und Wertigkeit systematisch und prospektiv darzustellen.

So wurden das Auswahlverfahren der Beiträge und der Posterpreise, der wissenschaftliche- und persönli- che Nutzen der Posterausstellung für die Autoren, Vorsitzenden und Besucher der Posterausstellung systematisch untersucht. Die Zahl der Teilnehmer an den einzelnen Posterbegehungen wurde dokumentiert und in Relation zur Zahl der jeweils dargebotenen Posterbeiträge gesetzt.

Material und Methodik

Die Posterausstellung einer Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechsel- erkrankungen (DGVS, 2002) wurde als wichtigster jährlicher nationaler Kongress dieses Fachgebietes für die Analyse ausgewählt. Die Posterausstellung des Kongresses wurde in Form von 38 Begehungen an 2 Tagen organisiert, die von je 2 Postervorsitzenden ge- ORIGINALARBEIT

Posterausstellungen auf nationalen

Fachkongressen – Bereicherung oder Farce?

Gabriele Salzl, Stefan Gölder, Antje Timmer, Jörg Marienhagen, Jürgen Schölmerich, Johannes Grossmann

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Die sogenannte Posterausstellung ist fester Bestandteil medizinischer Fachkongresse, findet aber oftmals wenig Beachtung. Ziel der vorliegenden Untersu- chung war daher, Organisationsform, Akzeptanz und Nutzen der Posterausstellung zu analysieren.

Methoden: Auf der Jahrestagung einer deutschen Fachge- sellschaft wurden 247 standardisierte Interviews mit Kon- gressteilnehmern, Posterautoren und Postervorsitzenden geführt. Zudem wurden die Besucherzahlen sämtlicher Posterbegehungen dokumentiert, der Posterauswahl- und Prämierungsprozess ausgewertet sowie nach Mehrfach- präsentationen der Posterbeiträge recherchiert.

Ergebnisse: Die Beteiligung an den Posterbegehungen war sehr gering. Dennoch wird der wissenschaftliche Gesamt- nutzen der Posterbegehung von jungen Autoren, aber auch von den Postervorsitzenden als hoch angesehen. Knapp ein Drittel (29,4 %) der Poster wurde bereits auf anderen Kongressen vorgestellt. Viele Kongressteilnehmer (55,4 %) sowie Posterautoren (49,1 %) würden neben der Posterbe- gehung die Möglichkeit zu Einzelgesprächen am Poster begrüßen.

Diskussion: Die Option eines Einzelgesprächs mit dem Posterautor würde neben der Begehung vermutlich die eher geringe Teilnahme der Kongressteilnehmer an Poster- ausstellungen steigern. Insbesondere für junge Wissen- schaftler und die Vorsitzenden der Posterbegehungen ist die Ausstellung von besonderem Wert.

Dtsch Arztebl 2008; 105(5): 78–83 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0078 Schlüsselwörter: Kongress, Posterausstellung, Abstract, Redundanz, Qualitätsmanagement

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Klinikum der Universität Regensburg, Universität Regensburg: Dr. med. Salzl, Dr. med. Gölder, PD Dr. med. Timmer, Prof. Dr. med. Schölmerich, PD Dr. med. Grossmann

Medizinische Klinik, Evangelisches Krankenhaus Bethesda, Mönchengladbach:

PD Dr. med. Grossmann

Frauenklinik des Klinikums Weiden in der Oberpfalz: Dr. med. Salzl III. Medizinische Klinik des Zentralklinikums Augsburg: Dr. med. Gölder Deutsches Cochrane Zentrum, Institut für Medizinische Biometrie und Informa- tik, Universitätsklinikum Freiburg: PD Dr. med. Timmer

Abteilung für Nuklearmedizin am Klinikum der Universität Regensburg: PD Dr.

med. Marienhagen

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leitet wurden. Dabei wurden durchschnittlich 10,1 Pos- ter (Spannweite: 8 bis 12) zu einer Begehung zusam- mengefasst. Insgesamt wurden 388 Poster gezeigt.

Für die 3 Personengruppen der Posterautoren, -vor- sitzenden und sonstigen Kongressteilnehmer wurden zum Zweck standardisierter Interviews verschiedene Fragebögen erstellt, mit denen anonymisierte Daten erhoben wurden. Dabei handelte es sich zum überwie- genden Teil um Multiple-Choice-Fragen.

Die Personen wurden an 3 Tagen durch zufälliges Herausgreifen – das heißt, von den Kongressteilneh- mern der jeweils 5. Passant, von den Postervorsitzen- den jeder 2. Vorsitzender und von den Posterautoren jeder 3. – auf dem Kongressgelände angesprochen und dort interviewt. Zudem wurden die Gruppen- größen der täglichen 19 Posterbegehungen jeweils zu Beginn der Posterbegehung ausgezählt.

Die Vorsitzenden der Selektionskomitees, die die auf der Tagung präsentierten Abstracts ausgewählt hatten, erhielten nach dem Kongress einen Fragebo- gen zugesandt, der Informationen über die Aufgaben und Arbeitsweise der Komitees erbringen sollte.

Über den Vergleich der 386 in der Zeitschrift für Gastroenterologie (25) verzeichneten Poster der DGVS- Tagung mit denen der Abstractbände der DDW 2002 (Digestive Disease Week) und der DGIM (Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin) 2002 wurde die Re- dundanz der Posterpräsentation in Bezug auf diese 3 Kongresse exemplarisch überprüft. Beiträge, die unter Nennung der gleichen Autoren und Schlagworte im Titel auch gleiche Methoden und entsprechende Fall- zahlen aufwiesen, wurden als Mehrfachpräsentatio- nen definiert.

Ergebnisse

Von insgesamt 2 100 Kongressbesuchern beteiligten sich 247 Personen (11,7 %) an der Befragung. Dabei wurden 122 Posterautoren, 26 Postervorsitzende und 99 weitere Kongressteilnehmer anhand der vorgefer- tigten Fragebögen durch zufälliges Herausgreifen in- terviewt.

In allen genannten Personengruppen war der Anteil der an einer Universitätsklinik Tätigen am höchsten:

Posterautoren 92,6 %, Postervorsitzende 80,8 %, Kongressteilnehmer 45,5 %. Der Großteil der 122 interviewten Posterautoren war männlich (73,8 %) und 45,9 % dieser Gruppe arbeiteten als Assistenzärz- te fast ausschließlich (92,6 %) an Universitätsklini- ken. Die Altersgruppe der unter 35-Jährigen ist bei den Autoren mit 59,0 % im Gegensatz zu den Poster- vorsitzenden (7,7 %) und anderen Kongressteilneh- mern (29,2 %) besonders stark vertreten.

Unter den Postervorsitzenden ist die Zahl der an ei- ner Universitätsklinik Tätigen hoch (80,8 %). In ihrer Funktion sind die Postervorsitzenden vor allem den Oberärzten (61,5 %) zuzurechnen. Der Anteil weibli- cher Postervorsitzender liegt bei etwa 4 % (n = 1).

Unter den Kongressteilnehmern, die weder als Autor noch als Vorsitzender fungieren, sind neben den uni- versitär Beschäftigten 14,1 % in einem Haus der Ma-

ximalversorgung, 24,2 % in anderen Kliniken ange- stellt und 12,1 % sind in einer Facharztpraxis nieder- gelassen.

Befragt nach der Kenntnis über den Auswahlpro- zess der Abstracts antworteten 54,1 % der interview- ten Posterautoren (n = 121) und 57,9 % der Kongress- teilnehmer (n = 98), dass ihnen dieser Prozess „unbe- kannt“ sei.

Als wichtigste Motive der Postererstellung wurden von den Posterautoren die Förderung der wissen- schaftlichen Reputation (94,2 %), die Repräsentation der jeweiligen Klinik (92,6 %), mögliche Anregungen für die Forschungsarbeit (88,5 %), gefolgt von neuen Kontakten (79,5 %) und Ansporn durch den Vorge- setzten (64,8 %) angegeben. Von etwas geringerem Gewicht waren die Ermöglichung der Kongressteil- nahme durch den Posterbeitrag (59,8 %) und der An- reiz eines Posterpreises (21,3 %).

Es zeigte sich weiterhin, dass 29,5 % der Poster laut anonymen Angaben der Autoren bereits auf ande- ren Kongressen vorgestellt wurden. Bei Prüfung der 386 Posterabstracts auf Redundanz zeigte sich, dass 78 Beiträge (20,2 %) bereits auf der DDW in den USA präsentiert wurden. Insgesamt liegt die Quote redun- danter Abstracts für die genannten 3 Kongresse bei 21,8 %.

Im Rahmen der Befragung der Kongressteilnehmer gaben 85,9 % an, die Posterausstellung besucht zu ha- ben. An einer Posterbegehung teilgenommen zu ha- ben, bestätigten 39,4 %.

Die Zahl der Beteiligungen an den einzelnen Poster- begehungen lag bei durchschnittlich 12,3 Perso- nen pro Gruppe, wobei im Durchschnitt 10,1 (Spann- weite 8–12) Poster pro Begehung präsentiert wurden

Durchschnittliche Besucher- und Posterzahlen der Begehungen einzelner Themenbereiche GRAFIK 1

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(Grafik 1). Insgesamt nahmen 467 Personen an den 38 Posterbegehungen teil.

In den Fragebögen wurde auch die Einschätzung des wissenschaftlichen Gesamtnutzens der Posterbe- gehung erfasst. Postervorsitzende ordnen den Nutzen höher ein als Posterautoren und Kongressteilnehmer.

So klassifizierten ihn die Postervorsitzenden zu 15,4 % als „sehr groß“, zu 42,3 % als „eher groß“, wo- hingegen dies nur 2,6 % beziehungsweise 30,8 % der Kongressteilnehmer taten oder 0 % beziehungsweise 24,4 % der Posterautoren (Grafik 2).

Ähnlich verhält es sich bei der Beurteilung der Wertigkeit der Diskussion während der Posterbege- hung (Grafik 3). Postervorsitzende (42,3 % „eher groß“, 15,4 % sehr groß, n = 26) ordnen die Wertig- keit höher ein als Kongressteilnehmer (33,3 % „eher groß“, 2,6 % „sehr groß“, n = 39) und Posterautoren (18,6 % „eher groß“, 1,2 % „sehr groß“, n = 86).

Stellt man die Erfahrung der Autoren mit der Postererstellung ihren Aussagen zur Wertigkeit der Diskussionsbeiträge und zum Gesamtnutzen der Be- gehung gegenüber, so bewertet der Teil der Befragten, der erst seit weniger als 3 Jahren Poster erstellt, die Posterdiskussion deutlich positiver als der Anteil der Kollegen, die schon seit Längerem Poster präsentie- ren (Grafik 4).

Die Gesamtzahl der Poster lag bei 388. Befragt nach der Zahl der zu präsentierenden Poster sprach sich ein Großteil der Befragten (73,2 %) für eine Bei- behaltung des derzeitigen Umfangs aus. Die übliche Zeitdauer von „5 bis 10 min“ pro Präsentation wurde von der Mehrheit der Befragten (53,1 %) ebenfalls als günstigste Zeitspanne bestätigt.

Auf die Frage nach dem bevorzugten System der Posterdiskussion gaben 91,3 % der Postervorsitzen- den an, die Posterbegehung zu bevorzugen und nicht die Variante, Einzelgespräche mit den Posterautoren zu führen (Grafik 5). Unter den Kongressteilnehmern befürworteten jedoch 55,4 %, unter den Posterautoren 49,1 % Einzelgespräche.

Die Rücklaufquote der an die 11 Vorsitzenden der Selektionskomitees versandten Fragebögen lag bei 100 %. 7 Vorsitzende der Selektionskommitees er- klärten, dass sie nicht von der DGVS darauf hinge- wiesen worden waren, die Abstracts auf Publikation der Daten hin zu kontrollieren. Auch hinsichtlich ei- ner Überprüfung, ob Daten bereits auf anderen Kon- gressen präsentiert worden waren, bestanden laut 9 Vorsitzenden der Selektionskomitees keine Vorgaben der Kongressleitung.

In die Entscheidung über die geeignete Präsentati- onsform für die Abstracts wurden 9 Vorsitzende nicht miteinbezogen (keine Angaben: 1 Vorsitzender). Von den Befragten gaben 7 der Vorsitzenden an, dass sie sich hierbei mehr Mitsprache gewünscht hätten.

Es zeigte sich, dass 68,3 % der Posterautoren und 65,7 % der Kongressteilnehmer der Prozess zur Fest- legung von Posterpreisträgern „nicht bekannt“ ist.

Aus jeder Postersitzung wurde von den jeweiligen Postervorsitzenden ein preiswürdiges Poster ausge- wählt. Auf einer Versammlung der Postervorsitzenden wurde die Vergabe der Posterpreise festgelegt.

Diskussion

Posterausstellungen sind ein fester Bestandteil medizini- scher Kongresse – selbst auf kleinen Tagungen mit weni- ger als 400 Teilnehmern gibt es regelhaft eine Poster- präsentation. Die Posterausstellungen und die moderier- ten Begehungen finden meist in der Mittagszeit der Kon- gresse statt, allenfalls in Konkurrenz zu den Verkösti- gungen der Industrie-Satellitensymposien. Zudem rufen die Kongresspräsidenten stets zum regen Besuch der Po- sterausstellung auf. Dennoch findet man zum Teil men- schenleere Reihen von Stellwänden. Man trifft einzelne Grüppchen von circa 10 Personen – die Begehungen, die sich von Poster zu Poster vorarbeiten, oftmals mit schwindender Teilnehmerzahl, je länger die Präsentation dauert. Immer wieder ist zu hören: „... das ist doch eine Farce, die Posterausstellung ...“.

Die Beobachtung einer geringen Besucherzahl be- stätigte sich bei der systematischen Datenerhebung.

So partizipierten pro Posterbegehungsgruppe durch- schnittlich 13,6 Teilnehmer am ersten beziehungswei- se 10,9 am zweiten Tag des Fachkongresses. Diese Zahlen umfassen sowohl die 2 Postervorsitzenden als auch die Autoren der durchschnittlich 10,2 Poster, die pro Begehung besprochen wurden. Insgesamt waren an beiden Tagen 467 Personen anwesend. Dies ent- spricht lediglich 22,2 % der registrierten Kongress- teilnehmer.

Erstaunlicherweise gaben jedoch 46,4 % der be- fragten Kongressteilnehmer an, die Posterbegehung wahrgenommen zu haben. Möglicherweise spielt für diese Angaben die Orientierung an gängige Normen und Erwartungen eine gewisse Rolle. Limitierend muss berücksichtigt werden, dass durch die Methode des „zufälligen Herausgreifens“ der Interviewpartner keine Repräsentativität der Gesamtheit der Gastroen- terologen oder gar der Ärzte im engeren Sinne gezeigt werden kann.

Bewertung des wissenschaftlichen Gesamtnutzens der Posterbegehung GRAFIK 2

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Auch die unterschiedliche Herkunft von Poster- autoren und Besuchern der Ausstellung könnte hierfür bedeutsam sein. Der Anteil der an Universitätsklini- ken beschäftigten Posterautoren lag bei 93 %. Hinge- gen gaben nur 45,5 % der Kongressteilnehmer an, in einer Universitätsklinik tätig zu sein. Möglicherweise hat der Großteil der Kongressbesucher andere Interes- sensschwerpunkte als eine von experimentellen Ar- beiten geprägte Posterausstellung.

Dennoch zeigte die Befragung der Posterautoren und Vorsitzenden weitere interessante Daten, die ei- nen Nutzen der Posterbegehung für diese Gruppe der Kongressteilnehmer dokumentiert. So sind 59 % der Posterautoren jünger als 35 Jahre und 45,9 % der Au- toren zählen zu den Assistenzärzten. Der Anteil der Assistenzärzte unter allen Kongressbesuchern belief sich auf nur 6 %. Es sind also vor allem überdurch- schnittlich viele junge Mediziner, und junge Natur- wissenschaftler, die mit der Erstellung eines Posters die Chance zur Präsentation ihrer Forschungsergeb- nisse nutzen. In der Tat fällt die Einschätzung der persönlichen und wissenschaftlichen Wertigkeit der Posterbegehung insbesondere bei den jüngeren Auto- ren überwiegend positiv aus – auch die Präsentation der Daten vor einem Vorsitzenden und einer kleinen Gruppe weiterer Experten desselben Forschungsge- bietes wird von den jungen Kollegen begrüßt – fast die Hälfte der Autoren befürwortet sogar das „steife“

System der formellen Begehung durch Vorsitzende.

Noch eindrucksvoller war diesbezüglich die Befra- gung der Vorsitzenden der Posterbegehung. Sie schät- zen die wissenschaftliche Wertigkeit ebenfalls positiv ein und möchten mit eindrucksvoller Mehrheit (91,3 %) nicht auf die Aufgabe des Vorsitzes einer Po- sterbegehung zugunsten von Einzelgesprächen ver- zichten. Der auch im Programm aufgeführte Vorsitz einer Posterbegehung ist für die betreffende Personen (meist Oberärzte der Universitätskliniken) eine „lieb gewonnene Ehre“ von vielleicht sogar „Karriere-för- derndem“ Nutzen.

Ein weiteres Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Analyse der Akzeptanz struktureller Eckpunk- te der Posterausstellung:

Die Datenerhebung zeigte, dass die Gesamtposter- zahl mit 388 Beiträgen für diesen Fachkongress mit über 1 000 Teilnehmern allgemeinen Zuspruch fand.

Bei der Beurteilung des Zeitrahmens wurde mehrheit- lich die übliche Zeitspanne von 5 bis 10 min pro Po- ster bestätigt. Die Zeitangaben der Kongressbesucher zum Eigenstudium einzelner Poster bewegen sich ebenfalls in diesem Zeitfenster: 94,1 % der befragten Kongressteilnehmer verbrachten 3 bis 9 min mit der eigenständigen Betrachtung eines Posters.

Einem Großteil aller Befragten war der Auswahl- prozess der Abstracts unbekannt. Selbst die Posterau- toren, die sich vermutlich intensiver mit der Abstract- Rezension auseinandersetzen, waren nur geringfügig besser informiert als die übrigen Kongressteilnehmer.

Die Befragung der Vorsitzenden der Selektionskomi- tees zeigte, dass diese mehr Mitspracherecht bei der

Festlegung der Präsentationsform von angenomme- nen Beiträgen begrüßen würden. Obwohl der Präsi- dent der DGVS laut Geschäftsordnung „im Benehmen mit der Auswahlkommission“ festlegt, „welche ange- nommenen Beiträge als Vorträge oder als Poster prä- sentiert werden“ (Geschäftsordnung der DGVS, Ab- satz II § 6), wurde ein Großteil der Befragten nicht in diese Entscheidung mit einbezogen. In der Tat er- scheint es sinnvoll und angemessen, dass die Selekti- onskomitee-Vorsitzenden, die sich bereits eingehend mit den Abstracts beschäftigt haben, die jeweils ge- eignete Präsentationsform für den Kongressbeitrag vorschlagen beziehungsweise festlegen. Andererseits ist es das Privileg aber auch die Verantwortung des je- weiligen Kongresspräsidenten – bei gleichwertigen Beiträgen – die Gestaltung der entsprechenden Vor- Beurteilung der Wertigkeit der Diskussion während der Begehung

GRAFIK 3

Einfluss der Erfahrung der Posterautoren auf die Beurteilung der Wertigkeit der Posterdiskussion GRAFIK 4

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tragsseminare im Sinne des allgemeinen Interesses der Kongressteilnehmer vorzunehmen.

Aufgrund ihrer Kenntnisse sollten die Rezensenten auch bei der Posterpreisvergabe maßgeblich beteiligt werden. Wie dem Programmheft der Tagung des Fol- gejahres entnommen werden konnte, erfolgte fortan der „Auswahlprozess (...) durch die gewählten Haupt- gutachter der einzelnen Selektionskomitees und die jeweiligen Vorsitzenden der Posterbegehung“ (25).

Eine Überprüfung, ob die Beiträge bereits auf ande- ren Kongressen präsentiert wurden, fand nicht syste- matisch statt. Laut Befragung der Autoren wurden je- doch 29,5 % der Poster schon auf anderen Tagungen vorgestellt. Dieser hohe Anteil konnte auch durch die eigene Überprüfung bestätigt werden: 21,8 % wurden für identisch befunden mit vormalig auf 2 anderen Ta- gungen präsentierten Abstracts.

Inwiefern die wiederholte Präsentation von bereits international gezeigten Daten auf Posterausstellungen von nationalen Kongressen mit offizieller Billigung künftig erfolgen darf, sollte in den Fachgesellschaften diskutiert werden. Offenbar nutzen junge Wissen- schaftler gerne die Gelegenheit zur Einübung der Prä- sentationen. Dies hilft möglicherweise, die Qualität der Präsentation deutscher Beiträge auf internationa- lem Parkett zu verbessern.

Resümee

Die systematische Analyse der Posterausstellung ei- nes nationalen deutschen Fachkongresses hat ergeben, dass diese für junge Wissenschaftler und die Vorsit- zenden keineswegs eine Farce sind. Für die meist uni- versitär tätigen jungen Forscher stellt die Posteraus- stellung eine Plattform dar, die es ihnen erlaubt, die eigenen Daten vor einem kleinen aber fachkundigen Publikum und den Vorsitzenden zu präsentieren – der

persönliche und fachliche Nutzen wird als hoch einge- schätzt. Für die Vorsitzenden ist die Posterbegehung ebenfalls eine beliebte und nützliche Plattform, die die Anerkennung im Forschungsfeld und in der Fach- gesellschaft dokumentiert. Die geringe Beteiligung des Großteils der Kongressbesucher an der Posteraus- stellung ist bedauerlich. Sie ist aber auch nachvoll- ziehbar, wenn man bedenkt, dass sich die Interessen der meist praktisch klinisch tätigen Kongressbesucher auf den universitär wissenschaftlich geprägten Poster- ausstellungen wenig wieder finden. Vielleicht eröffnet die Möglichkeit der Einzelgespräche am Poster mehr Klinikern, selektiv einzelne Posterbeiträge zu be- trachten und gleichzeitig ihre Unterstützung für die jungen Forscher der Fachgesellschaften zu zeigen.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 16. 4. 2007, revidierte Fassung angenommen: 24. 9. 2007

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Bewertung der Posterbegehung gegenüber Einzelgesprächen mit den Posterautoren

GRAFIK 5

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Anschrift für die Verfasser PD. Dr. med. Johannes Grossmann Medizinische Klinik

Evangelisches Krankenhaus Bethesda Ludwig-Weber-Straße 15

41061 Mönchengladbach E-Mail: Grossmann@bethesda-mg.de

SUMMARY P

Poosstteerr EExxhhiibbiittiioonnss aatt NNaattiioonnaall CCoonnffeerreenncceess:: EEdduuccaattiioonn oorr FFaarrccee??

Introduction: The so-called poster exhibition is an established ele- ment of medical meetings which often receives little attention. The aim of this study was to analyze the organization, acceptance and va- lue of poster exhibitions. Methods: Interview based study conducted during the annual meeting of a German specialist medical confer- ence. A total of 247 attendees, poster authors and „poster chair- persons“ were interviewed. Attendance at poster exhibitions was documented, the poster review and award process analyzed, and abstracts assessed for redundancy of presentation. Results: Partici- pation in poster exhibitions was very low. Despite this, their scientific value was esteemed high by young authors and the poster chair- persons. Almost a third (29.4%) of posters had been displayed at other meetings. Several attendees (55.4%) and poster presenters (49.1%) say they would welcome the opportunity for personal one-on-one discussion at the poster in addition to poster viewing.

Discussion: The option of additional personal discussion with the poster presenter may lead to an increase of the rather modest partici- pation of attendees at poster exhibitions. Poster exhibitions are of value in particular for young scientists and poster chairpersons.

Dtsch Arztebl 2008; 105(5): 78–83 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0078 Key words: congress, poster exhibition, abstract, redundance, quality management

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

@

Berichtigungen

In Heft 1–2 vom 7. Januar 2008 sind in 2 Artikeln Feh- ler aufgetreten.

In dem Beitrag „Kardiovaskuläre Risikofaktoren und Zeichen subklinischer Atherosklerose“ von Erbel et al.

ist die Literaturstelle 14 falsch.

Die korrekte Quelle lautet:

14. Hunold P, Vogt FM, Schmermund A et al.: Radiation exposure during cardiac CT: effective doses at multi-detector row CT and electron-beam CT. Radiology 2003; 226: 145–52.

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0083a

In der Kasuistik „Unklare obere Einflussstauung beim Mammakarzinom“ von Hasskarl und Koautoren ist die Bildunterschrift für die Abbildung 2 falsch.

Die richtige Legende heißt:

16-Zeilen-Computertomografie des Thorax. Appliziert wurden 70 mL jodhaltiges Kontrastmittel über einen rechtsseitigen antekubitalen Zugang. a) Der Thrombus kann als Kontrastmittelaussparung in der Vena cava superior gezeigt werden (weißer Pfeil).

b) Die koronare multiplanare Reformatierung zeigt die dilatierte Vena hemiazygos als Zeichen der venösen Stauung (weiße Pfeile).

DOI: 10.3238/arztebl.2008.0083b

Referenzen

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