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Archiv "Jahrestagung der Fachgesellschaften für Hämatologie und Onkologie: Tumorbiologie zunehmend im Fokus" (09.11.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 45

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9. November 2012 A 2249 JAHRESTAGUNG DER FACHGESELLSCHAFTEN FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE

Tumorbiologie zunehmend im Fokus

Komplexe Aberrationen und multiple Subklonbildung sind bei hämatologischen Malignomen häufig prognostisch ungünstig. Die zyto- und molekulargenetische Charakterisierung könnte künftig die risikostratifizierte Therapie optimieren helfen.

D

ie Prognose von Patienten mit Malignomen ist wesent- lich von der Biologie des Tumors abhängig. Moderne molekulargene- tische Analysemethoden ermög - lichen es, genauer als noch vor einigen Jahren tumorrelevante ge- netische Veränderungen zu identifi- zieren. Die Tumorbiologie wird bei der Optimierung risikostratifizierter Behandlung durch genauere Dif - ferenzierung in prognostisch und

therapeutisch relevante Subgruppen künftig mehr Berücksichtigung fin- den. Bei der Jahrestagung der Deut - schen, Österreichischen und Schwei- zerischen Fachgesellschaften für Hämatologie und Onkologie in Stutt- gart haben Forscher am Beispiel der Leukämien deutlich gemacht, wel- che Bedeutung die Komplexität und Heterogenität der Neoplasien für die Prognose der Patienten haben.

So würden bei älteren Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) häufig komplexe zytogene-

tische Veränderungen in den mali- gnen Zellen gefunden, die für eine im Vergleich zur jüngeren Patien- tenpopulation schlechtere Progno- se mitverantwortlich seien, sagte der Hämatologe Prof. Ravi Majeti vom Stanford Cancer Institute in Stanford, USA. Dies sei einer der Gründe, warum die durchschnitt - lichen Fünfjahresüberlebensraten mit zunehmendem Alter sänken: Sie liegen bei 63 Prozent für AML-

Patienten bis 14 Jahre, bei 55 Pro- zent für die 15- bis 34-jährigen und nur noch bei 14 Prozent für Patien- ten, die bei Dia gnose 60 Jahre oder älter sind. Zu dieser höchsten Al- tersgruppe gehört etwa die Hälfte der AML-Patienten. Therapeuti- scher Standard ist eine Chemothe- rapie mit Cytarabin und einem An- thrazyklin, unter Umständen folgt eine Stammzelltransplantation. Die meisten Patienten sterben am pro- gredienten Verlauf nach einem Rückfall.

Die AML ist eine Krebserkran- kung mit einer dynamischen, klo- nalen Evolution. Schon die „Grün- der“-Klone unter den hämatopoeti- schen Stammzellen und multipo- tenten Progenitorzellen können Hunderte Mutationen aufweisen.

Die Klassifikation der Weltge- sundheitsorganisation unterscheidet nach den chromosomalen Aber - rationen prognostisch relevan- te Untergruppen auf Basis spezi-

fisch balancierter Translokationen.

Dazu gehören die Core-Binding- Factor(CBF)-AML mit Translo - kationen – t(8;21) –, die CBF-AML mit Inversion – inv(16) – und mit t(16;16), die akute Promyelozyten- leukämie – t(15;17) – und die AML mit Translokationen auf der Chromosomenbande 11q23. Bei Veränderungen im CBF-Gen ist die Prognose im Allgemeinen gut. Ak- tivierende Mutationen im FLT3- Tyrosinkinase-Gen, vor allem durch interne Tandemduplikation (ITD) Mutations-Cluster

bei einem Patienten mit akuter mye- loischer Leukämie.

Der im Rückfall do- minante Klon mit Cluster 5 hat sich aus Cluster 4 ent-

wickelt, aber 78 neue somatische Mutationen nach Probennahme am Tag 170 erworben.

GRAFIK

Klonale Evolution der akuten myeloischen Leukämie

Zelltyp Mutationen

normal AML „Gründerklon“- Cluster 1 primär dominantes Cluster 2

im Rückfall angereichertes Cluster 3 im Rückfall angereichertes Cluster 4

rückfallspezif. Cluster 5

HSCs: hämatopoetische Stammzellen

pathogene Mutationen Klonale Subgruppen bei initialer Diagnose

Tag 170 erster Rückfall

Grafik modifiziert nach: Nature 2012; 481: 506–10

M E D I Z I N R E P O R T

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9. November 2012 (FLT3-ITD[8;9]), und die partielle

Tandemduplikation (PTD) des Mixed-Lineage-Leukemia(MLL)- Gens in entarteten Zellen seien mit einer eher ungünstigen Prognose assoziiert, erläuterte Majeti.

Eine in diesem Jahr publizierte Studie (NEJM 2012; 366: 1079–89) mit 398 AML-Patienten (< 60 Jah- re) bestätige dies noch einmal: Der Studie zufolge haben auch Patien- ten mit Mutationen in den Genen ASXL1 und PHF6 ein schlechteres Gesamtüberleben bei Therapie mit hochdosiertem Daunorubicin oder einer Standarddosis des Anthrazy- klins, während die Gruppe der Pa- tienten mit Mutationen in den Genen CEBPA oder NPM1 ein intermedi- äres oder niedriges Risiko hatten (Dreijahresüberlebensraten zwischen 42 und 62 Prozent). Die Frage, wel- che molekulargenetischen Scree - ning untersuchungen zusätzlich zur Karyotypisierung für die Therapie- entscheidung relevant sind, wird derzeit diskutiert, darunter Tests auf FLT3-ITD und MLL-PTD (NEJM 2012; 366: 2321–2).

So weisen aktuelle Daten nach den Worten von Majeti darauf hin, dass schon die präleukämischen Stammzellen aus einer Population von Klonen bestehen können. Einer oder mehrere von ihnen überleben die initiale Therapie und akkumu- lieren weitere Mutationen. Es se- lektieren sich Subklone mit Überle- bensvorteil, proliferieren und lösen einen Rückfall aus. Der „Gründer- Klon“ ist unter Umständen beim Rückfall gar nicht mehr nachweis- bar. Er kann aber auch unter Zy - tostatikatherapie neue Mutationen erwerben und sich zu einem oder mehreren den Rückfall verursa- chenden Subklonen entwickeln.

Elimination der leukämischen Klone und Subklone als Ziel

Diese beiden Evolutionsmuster wer- den von Forschern aus den USA nach einem Vergleich der Genome von AML-Zellen des primären Ma- lignoms, nach Chemotherapie und beim ersten Rückfalls von acht Pa- tienten untermauert (Nature 2012;

481: 506–10; siehe Grafik). Unter den Mutationen waren auch Trans- versionen, wie sie für DNA-Schädi-

gungen durch Zytostatika typisch sind. „Aus diesen Erkenntnissen lassen sich nicht unmittelbar thera- peutische Konsequenzen ziehen“, sagte Majeti. Eine mögliche Fol- ge könne aber sein, dass künftig die Hochdosis-Chemotherapie mit Stammzelltransplantation schon frü- her im Krankheitsverlauf als bisher zu erwägen sei, um alle leukämi- schen und präleukämischen Klone und Subklone zu eliminieren. Denn Leukämiezellen können unter dem Selektionsdruck der Zytostatika maligner werden. Auch zyto- oder molekulargenetische Tests von pri- mären AML-Zellen mit dem Ziel, Klone zu entdecken, die mit einem erhöhten Rückfallrisiko assoziiert sind, könnten sinnvoll sein.

In diese Richtung könnten Da- ten zur prognostischen Bedeutung von zytogenetischen Subklonen bei AML gedeutet werden, die Dr. med.

Tilmann Bochtler und Prof. Dr.

med. Alwin Krämer von der Uni- versität Heidelberg für die Study Alliance Leukemia (SAL) vorstell- ten (Abstract V340). Bei der Analy- se berücksichtigt werden konnten Daten konventioneller Karyotypi- sierungen der Metaphasechromoso- men von 2 639 Patienten mit pri mä - rer AML aus zwei Studien der SAL.

Subklone wurden bei 420 der 2 639 Patienten gefunden (16 Prozent), bei abnormalem Karyotyp wa ren es 33 Prozent (420/1 266). Wäh rend die Häufigkeit einer Subklonbil- dung bei Niedrigrisiko-CBF-Leuk - ämien – t(8;21), inv(16) – bei circa 30 Prozent lag, fand man in zytoge- netischen Hochrisikogruppen mit komplex aberranten oder monoso- malen Karyo typen eine Subklonhäu- figkeit von knapp 70 Prozent. Waren zwei Klone vorhanden, so dominierte ein lineares Mutter-Tochter-Muster der klonalen Evolution, während bei multiplen Subklonen überwiegend verzweigte Stammbäume auftraten.

Subklonbildung war bei Nicht-CBF- Leukämien mit einem statistisch signi fikant schlechteren Zehnjahres- gesamtüberleben assoziiert.

Diese Ergebnis bestätigte sich in einer multivariaten Analyse. Sie er- gab außerdem, dass vor allem Patienten mit Subklonbildung sehr von einer allogenen Stammzell-

transplantation profitieren, die den prognostisch negativen Effekt einer Subklonbildung nahezu aufzuheben scheint.

Entwickelt sich aus einem mye- lodysplastischen Syndrom (MDS) eine sekundäre AML, so gibt es am Übergang mindestens einen Subklon, der Dutzende bis Hunderte neuer Mutationen erworben haben kann (NEJM 2012; 366: 1090–8; Dtsch Arztebl 2012; 109[29–30]: A 1493).

Intensität der Chemotherapie und Sekundär-AML assoziiert

Bei etwa jedem dritten Patienten mit MDS wird ein solcher Übergang in eine sAML diagnostiziert. Mole - kulargenetische Tests könnten die Differenzierung zwischen MDS und sAML objektivieren helfen. Die deutsche Hodgkin-Studien-Gruppe präsentierte Daten zur Assoziation zwischen der Behandlungsintensität von Patienten mit Hodgkin-Lym- phom und der Entwicklung von MDS und sAML (Abstract V36).

Daten von 11 952 Patienten in allen Stadien der Erkrankung (16–75 Jah- re) wurden eingeschlossen. Sie hat- ten zwischen 1993 und 2009 eine primäre Radiotherapie allein, Che- motherapie allein oder einer Kombi- nation erhalten. Nach median 72 Monaten hatte statistisch einer von hundert Patienten (0,9 Prozent) ein sMDS oder eine sAML, und zwar nach median 28,5 Monaten. Die ku- mulative Fünfjahresinzidenz unter- schied sich mit der Therapieintensi- tät: Nach mindestens vier Zyklen BEACOPP eskaliert betrug sie 1,5 Prozent im Vergleich zu 0,5 Prozent bei weniger Zyklen oder ohne BEACOPP. Nach Diagnose eines sMDS oder einer sAML betrug die Lebenserwartung nur noch median 7,3 Monate. Jün gere Patienten, die gut auf eine Induktionstherapie an- sprechen und mit allogener Stamm- zelltransplantation behandelt wer- den können, haben eine deutlich bessere Prognose, so die Autoren.

Eine Optimierung der risikostrati - fizierten frühen Behandlung des Hodgkin-Lymphoms sei ein Weg, um eine Übertherapie mit erhöhtem Risiko für diese sekundären Mali- gnome zu vermeiden.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

M E D I Z I N R E P O R T

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