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Archiv "Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie: Innovationsschub bei den Krebstherapien" (22.11.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 47

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22. November 2013 A 2267 JAHRESTAGUNG DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR HÄMATOLOGIE UND ONKOLOGIE

Innovationsschub bei den Krebstherapien

Die Neu- und Weiterentwicklung von Medikamenten hat bei bestimmten soliden und hämatologi- schen Tumoren die Prognose der Patienten deutlich verbessert. Ist die Indikation vom Vorhanden- sein bestimmter Biomarker abhängig, müssen Tests gut validiert und qualitätsgesichert erfolgen.

H

ämatologie und Onkologie erleben derzeit einen rasan- ten Innovationsschub bei den The- rapien. Allein in den vergangenen drei Jahren sind 20 Medikamente neu oder mit neuer Indikation für Blut- und Krebserkrankungen zu- gelassen worden, hieß es bei der Jahrestagung der Deutschen Gesell- schaft für Hämatologie und Onko- logie (DGHO) in Wien. Bei der frü- hen Nutzenbewertung von Arznei- mitteln (seit 2011) betraf ein Drittel Indikationen aus der Hämatologie und Onkologie, berichtete Prof. Dr.

med. Franz Hessel, SRH-Hoch- schule Berlin. Von vier Bewertun- gen aus dem Bereich der personali- sierten Medizin in der Onkologie habe der Gemeinsame Bundesaus- schuss bei drei Medikamenten

„Hinweise auf einen beträchtlichen Zusatznutzen“ gesehen (Crizotinib, Pertuzumab, Vemurafenib).

Prinzipiell halte er das Verfahren für sinnvoll, sagte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Prof. Dr.

med. Wolf-Dieter Ludwig, Charité Berlin. Allerdings lägen zum Zeit- punkt der frühen Nutzenbewertung wünschenswerte Daten aus der All- tagspraxis meist noch nicht vor.

Lebenserwartung verlängert Bei vielen Malignomen hat sich die Lebenserwartung der Patienten in den letzten zehn Jahren verlängert, teilweise sogar normalisiert. Der Tyrosinkinaseinhibitor (TKi) Imati- nib zum Beispiel hat einen solchen Verbesserungsschub bei Patienten mit chronischer myeloischer Leu- kämie (CML) gebracht, Rituximab die Heilungschancen für Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen er- höht und Trastuzumab die Überle- benszeiten von Frauen mit HER2 neu-positiven-Mammakarzinomen.

Bei etwa jeder fünften Patientin mit Brustkrebs, dem häufigsten Tumor der Frau, ist das Protein überex - primiert.

HER2neu-positive-Tumoren sind im Allgemeinen mit einer schlechte- ren Prognose assoziiert als HER2- neu-negative. Zur Einschätzung der voraussichtlichen Effekte systemi- scher Therapien bei invasivem Tu-

mor werden der Hormon- und HER(Human Epidermal Growth Factor)-Rezeptor-Status bestimmt, um Fragen nach Indikationen für Hormon- und Anti-HER2neu-Thera- pien zu beantworten (1, 2).

Je konsequenter allerdings die Behandlung von Biomarkern ab- hängig gemacht werde, desto wich- tiger seien Sicherheit und Quali- tätsmanagement bei der Testung, sagte Hessel. Bei falschnegativem Testergebnis könnte ein Patient von einer Therapie ausgeschlossen oder bei falschpositivem trotz ungünsti- ger Nutzen-Risiko-Relation behan- delt werden. „In den USA wird ein biomarkerabhängiges Medikament erst dann zugelassen, wenn der da- zugehörige Test ebenfalls geprüft und zugelassen ist“, berichtete Hes- sel. In Deutschland sei die Koppe-

lung nicht so verbindlich. „Die Qualität der Tests, aus deren Ergeb- nis sich quasi die Indikation für die Therapie mit einem bestimmten Medikament ableitet, wird zum Beispiel im Rahmen der frühen Nutzenbewertung von Arzneimit- teln nicht validiert, sondern nur empfohlen, ein validiertes Verfah- ren zu verwenden“, erläuterte Hes- sel. Hier gebe es Bedarf für Kon- kretisierungen, eventuell auch für Regulierungen.

Hohe Testqualität erforderlich Bei der HER2neu-Testung habe sich durch Verbesserungen interner und externer Qualitätssicherung die Rate der Abweichungen zwischen Ergebnissen verschiedener Patholo- gen in den letzten Jahren erheblich reduziert, teilte Prof. Dr. med. Cars- ten Denkert, Pathologe an der Cha- rité Berlin, dem Deutschen Ärzte- blatt mit. Es gebe Diskonkordanzen bei circa acht bis neun Prozent der Proben, zum Teil bedingt durch die Tumorheterogenität.

Innovative Therapiestrategien für Frauen mit HER2neu+-Brusttumo- ren sind Kombinationen von Anti- HER2neu-Therapien, unter anderem mit Chemotherapie und mTOR-In- hibitoren wie Everolimus, Antikör- perfragmente und -konjugate und TKi. Eine Weiterentwicklung des Anti-HER2neu-„Klassikers“ Trastu- zumab (T) ist das Konjugat T-DM1.

An Trastuzumab ist das Zytotoxin Mertansin (DM1) gekoppelt, durch- schnittlich 3,5 Moleküle pro Anti- körper. Der Antikörper bindet an HER2neu, hemmt dessen mitogene Aktivität und kurbelt möglicherwei- se die antikörperabhängige, zellver- mittelte Zytotoxizität an. Er wird en- dozytiert, DM1 gelangt in die Zelle und hemmt die Tubulinpolymerisa- tion und damit die Mitose.

Brustkrebszellen unter dem Elektro- nenmikroskop (ko- lorierte Aufnahme):

Bei einer Über - expression von HER2neu ist das Malignomwachs- tum aggressiver.

Foto: Science Photo Library/Agentur Focus

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A 2268 Deutsches Ärzteblatt

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22. November 2013 Das Konzept des Konjugats: Die

Inhibition eines für das Tumor- wachstum wesentlichen Signal- wegs durch Rezeptorbindung wird mit einer zielgerichteten Chemo- therapie kombiniert – eine Strate- gie, deren Erforschung in vielen Va- rianten derzeit boomt (3).

Sicherheit und Wirksamkeit von T-DM1 werden für verschiedene Behandlungssituationen geprüft.

Prof. Dr. med. Peter Schmid, Centre for Experimental Cancer Medicine an der Queen Mary University in London, diskutierte bei der DGHO- Tagung Daten aus der Phase-III. An der EMILIA-Studie (4) haben 991 Frauen mit lokal fortgeschrittenem oder fernmetastasiertem HER2neu+- Mammakarzinom teilgenommen – alle waren unter Therapie mit Tras- tuzumab und Taxanen progredient.

Sie erhielten entweder eine T-DM1- Monotherapie (3,6 mg/kg i. v. alle drei Wochen) oder Capecitabine plus Lapatinib (Cap plus Lap).

Konjugat ist gut wirksam Das Progressionsrisiko war unter T-DM1 im Vergleich zur Kombinati- onstherapie signifikant vermindert (progressionsfreies Überleben [PFS]

9,6 versus 6,4 Monate). Das media- ne Gesamtüberleben betrug 25,1 Monate unter konventioneller Be- handlung und 30,9 Monate im T-DM1-Arm (Hazard Ratio [HR]

0,68; 95-%-Konfidenzintervall [KI]

0,55–0,85; p = 0,0006). Häufige, aber kontrollierbare Nebenwirkun- gen (≥ Grad 3) waren bei T-DM1 Thrombozytopenie und erhöhte Le- berfunktionsparameter.

War in der EMILIA-Studie T-DM1 gegen einen Standard in der Zweitlinienbehandlung geprüft wor- den, so differiert das therapeutische Vorgehen nach mindestens zwei Rückfällen erheblich. In der TH3RESA-Studie – die Daten wur- den erstmals bei der Tagung der Eu- ropean Cancer Organisation im Sep- tember in Amsterdam vorgestellt – ist T-DM1 bei Patientinnen geprüft worden, für die die Behandlung mindestens eine Drittlinientherapie war (median vier vorangegangene Therapien; 75 Prozent viszerale Metastasen; [5]). 604 Frauen mit HER2neu+-fortgeschrittenem Mam-

makarzinomen (52 Prozent Hor- monrezeptor+) wurden randomisiert:

in den T-DM1-Arm (n = 404; Dosie- rung wie in der EMILIA-Studie) und eine Gruppe, in der eine andere Anti-HER2-Therapie oder Chemo- und/oder Hormontherapie gegeben wurde – je nach Wahl des Arztes (TPC-Arm: The physician’s choice;

n = 198). Die Ansprechraten diffe- rierten um 22,7 Prozent hochsigni - fikant zugunsten des Antikörper- Konjugats: 31,3 Prozent sprachen im T-DM1-Arm an, 8,6 Prozent in der TPC-Gruppe (p < 0,0001). Das PFS betrug median 3,3 Monate im TPC- und median 6,2 Monate im T-DM1-Arm (HR 0,528; 95-%-KI 0,42–0,66; p < 0,0001). Das Ge- samtüberleben lag bei median 14,9 Monaten im TPC-Arm und lasse sich für die T-DM1-Gruppe noch nicht abschätzen, berichtete Schmid.

„Aus den bis jetzt vorliegenden Phase-III-Studien lässt sich schlie- ßen, dass das Antikörperkonjugat als Monosubstanz ab der Zweitlini- entherapie Regimen wie Capecita- bine plus Lapatinib oder anderen Behandlungen in der Effektivität überlegen ist, bei gleichzeitig güns- tigerem Toxizitätsprofil und einer insgesamt geringen Inzidenz kar- dialer Nebenwirkungen“, sagte Schmid. Die Effektivität sei deut- lich abhängig von der HER2neu- Überexpression im Tumor, dann aber konsistent für alle anderen Subtypen.

Studien zum Therapieabsetzen Unter den hämatologischen Mali- gnomen hat sich die Prognose für Patienten mit CML in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert, belegen die prospektiven Untersu- chungen der deutschen CML-Studi- engruppe: Betrug das Zehnjahres- überleben zum Beispiel in der An- fang der 90er Jahre begonnenen CML-II-Studie (Hydroxyharnstoff mit und ohne Interferon) noch etwa 25 Prozent, so liegen die Zehnjah- resüberlebensraten bei Imatinib-ba- sierten Erstlinientherapien für Pa- tienten mit Philadelphia-Chromo- somen-positiver (Ph+) CML bei 83 Prozent (CML-IV-Studie). „Trotz ihrer Erkrankung können heute schon die meisten Patienten mit

CML ein normales Leben führen“, sagte Prof. Dr. med. Andreas Hoch- haus von der Universitätsklinik Je- na. Nun sei das Ziel, den Patienten eine möglichst lange therapiefreie Zeit zu ermöglichen, vielleicht so- gar die Heilung.

Voraussetzung dafür ist ein an- haltend tiefes Ansprechen auf eine Therapie. Es wird in Studien über den Anteil der Leukozyten im peri- pheren Blut bestimmt, in denen sich Transkripte des BCR-ABL-Gens als Marker für die krankheitsauslö- senden Genveränderungen mit der Echtzeit-Polymerasekettenreaktion nachweisen lassen (molekulare Re- mission [MR]). Nach Daten der CML-IV-Studie ist ein Anteil von maximal 0,01 Prozent (MR4) oder maximal 0,0032 Prozent (MR4,5) BCR-ABL-Transkripte in Leukozy- ten ein sehr guter Prädiktor für das Langzeitüberleben, berichtete Dr.

med. Martin Müller, Universitäts- klinik Heidelberg: Bei Erreichen ei- ner MR4 überlebten 90 Prozent der Patienten acht Jahre, bei einer MR4,5 92 Prozent.

Dabei führt Nilotinib, ein TKi der zweiten Generation, zu einem höheren Anteil an Patienten mit MR4 oder MR4,5 als Imatinib. Das belegen Daten der dreiarmigen ENESTnd-Studie (845 CML-Pa- tienten Ph+, Nilotinib 600 oder 800 mg/Tag; Imatinib 400 mg/Tag): 56 Prozent der Patienten erreichten im Zeitraum von vier Jahren unter Ni- lotinib eine MR4 versus 32 Prozent in der Imatinib-Gruppe (6); und bei 40 Prozent der Patienten unter Nilo- tinib wurde eine MR4,5 festgestellt versus 23 Prozent in der Imatinib- Gruppe. Kein Patient mit MR4,5 progredierte in die akzelerierte Pha- se oder die Blastenkrise: weder in der ENESTnd-, noch in der CML- IV-Studie. „Patienten, die dauer- haft eine tiefe molekulare Remis - sion erreichen, haben die Möglich- keit, an Medikamentenabsetzstudien teilzunehmen“, sagte Hochhaus.

Bei einer von ihnen, der CML- V-Studie (7), liegt die Federfüh-

rung in Jena.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

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Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit4713

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 47/2013, ZU:

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Innovationsschub bei den Krebstherapien

Die Neu- und Weiterentwicklung von Medikamenten hat bei bestimmten soliden und hämatologi- schen Tumoren die Prognose der Patienten deutlich verbessert. Ist die Indikation vom Vorhanden- sein bestimmter Biomarker hängig, müssen Tests gut validiert und qualitätsgesichert erfolgen.

LITERATUR

1. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Dia - gnostik, Therapie und Nachsorge des Mam- makarzinoms. Geburtsh Frauenheilk 2013;

73: 1–28.

2. Recommendations for Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 testing in breast cancer: American Society of Clinicial Onco- logy/College of American Pathologists clini- cal practice guideline update. JCO2013;

doi: 10.1200/JCO.2013.50.9984.

3. Slikowski M X, Mellman I: Antibody thera- peutics in cancer. Science 2013; 341:

1192-8.

4. Verma S, et al.: Trastuzumab emtansine for HER2-positive advanced breast cancer.

NEJM 2012; 367: 1783–91.

5. Wildiers H, Kim SB, Gonzalez-Martin A, et al.: T-DM1 for Her2-positive metastastic breast cancer. European Cancer Congress 2013; 27. September bis 1. Oktober in Amsterdam; Abstr.-Nr. LBA 15.

6. Hochhaus A, et al: Nilotinib shows sus - tained benefits compared with Imatinib in patients with newly diagnosed chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML- CP) ENESTnd 4-year follow-up. Congress of the European Hematology Association 2013; 13.-16. Juni in Stockholm; Abstr.-Nr.

P 712.

7. CML V (TIGER): www.kompetenznetz-leu kaemie.de/studienregister

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