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Archiv "Wie es mit den deutschen Studien weitergeht" (05.11.1999)

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such direkt vergleichbar“, sagt Klaus Cichutek, Leiter der Abteilung Mo- lekulare Biotechnologie am Paul- Ehrlich-Institut in Langen, das in Deutschland zusammen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel eine Rolle bei der Überwachung von Gentherapieversuchen spielt. Daß der Tod Gelsingers mit der Gentherapie tatsächlich ursächlich zusammenhängt, hält Cichutek bis zum Vorliegen end- gültiger Ergebnisse der Autopsie zwar für „Spekulation“. Denkbar sei aber, daß drei Faktoren zu dem akuten Le- berversagen führten:

1. Die Ärzte verwendeten ex- trem hohe Virusdosen.

2. Diese wurden direkt in die Blutbahn der Leber gespritzt.

3. Der Patient litt an einer Le- berkrankheit.

Die Kombination dieser Fakto- ren könne womöglich eine akute toxi- sche Immunreaktion in der Leber aus- gelöst haben. Daß Adenoviren als Genfähren nicht völlig harmlos sind, wissen die Mediziner spätestens seit Mitte der 90er Jahre. Damals wurde in Großbritannien schon einmal ein Gentherapieversuch gestoppt, weil ei- ne zu große Menge von Adenoviren bei einem Mukoviszidosepatienten ei- ne Lungenentzündung ausgelöst hat- te. „Danach entschied man, bei dieser Krankheit die Virusdosis bei Genthe- rapieversuchen zu reduzieren“, erläu- tert Cichutek: „Seither sind solche Fälle nicht mehr aufgetreten.“

Sollte sich bei der Autopsie be- stätigen, daß die Genfähren ursäch- lich für den Tod von Gelsinger mitver- antwortlich sind, müsse mit allen Be- teiligten sorgfältig geprüft werden, ob die Menge der verabreichten Adeno- viren bei einigen Gentherapieversu- chen auch in Deutschland möglicher- weise zu hoch ist, sagt Cichutek, des- sen Institut auf Drängen des Bundes- gesundheitsministeriums momentan die „notwendigen Maßnahmen nach

§ 62 Arzneimittelgesetz koordiniert“.

Die deutschen Gentherapeuten bilden sich derzeit selbst ihre Meinun- gen zu dem Vorfall in den USA. „Es ist klar, daß wir dem Fall genau nach- gehen werden, bevor wir hier in Frei- burg weitertherapieren“, sagt Ingo Runnebaum von der Universitäts- Frauenklinik in Freiburg. Der Medizi- ner leitet den deutschen Ableger ei-

nes internationalen Gentherapiever- suchs. Dort behandeln Ärzte derzeit Frauen mit Eierstockkrebs in einer Wirksamkeitsstudie der Phase II.

Toxische Immunreaktion

In Freiburg werden den Patien- tinnen laut Runnebaum zwar „ver- gleichbar hohe“ Dosen von Adenovi- ren als Taxi für ein tumorhemmendes Gen (p53-Gentherapie) injiziert, um das Wachstum verbliebener Krebs- metastasen nach einer Operation zu stoppen. „Bei uns ist aber der Zugang in den Körper ein völlig anderer“, so Runnebaum. Den Patientinnen werde der Virus-Vektor „nicht in die Blutge- fäße, sondern in die freie Bauchhöhle injiziert“. Bei insgesamt 53 bisher be- handelten Patientinnen seien dabei keinerlei gravierende Nebenwirkun- gen beobachtet worden. Runnebaum:

„Wir haben keinen Anlaß zu glauben, daß Adenoviren in der von uns verab- reichten Weise ähnlich gravierende Nebenwirkungen haben können.“

Auch der Münchner Genthera- peut Bernd Gänsbacher sieht derzeit

„keinerlei Grund“, Adenoviren im Rahmen deutscher Gentherapiestudi- en zu verdammen. „Es kommt – wie bei jedem Medikament – auf die Men- ge der Viren an“, erläutert das Mit- glied der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit am Robert Koch-Institut in Berlin. Die Genthe-

rapie habe bisher bei 3 000 behandel- ten Patienten ein „ausgezeichnetes Si- cherheitsprofil“ bewiesen. Trotzdem müsse der bedauerliche Todesfall „of- fen und ehrlich“ diskutiert werden, müssen alle „Fakten auf den Tisch“.

Auch Nelson A. Wivel, stellver- tretender Direktor am Institut für Gentherapie der Universität Pennsyl- vania, räumt ein, daß es bei „Forschun- gen an den Grenzen heutiger Medizin stets die Möglichkeit unerwarteter To- desfälle“ gibt. Die denkbaren Neben- wirkungen aufzuspüren sei aber gera- de der Grund für sorgfältige klinische Prüfungen am Menschen. Vorhersagen über die weitere Zukunft von Adeno- viren als Vehikel der Gentherapie lehnt Wivel vorerst ab: „Die FDA wird ihre endgültige Entscheidung treffen, wenn alle nötigen Daten auf dem Tisch liegen.“ Mit ersten Ergebnissen ist nicht vor Mitte November zu rechnen.

Am 9. Dezember müssen die Me- diziner aus Philadelphia dem Recom- binant Advisory Committee öffent- lich Rede und Antwort stehen, die in den USA eine Art Oberaufsicht über die ethischen Aspekte von Gen- therapieversuchen innehat. Dabei wird es auch um eine ethisch besonders heikle Frage gehen: War die Zeit für eine experimentelle Gentherapie bei Patienten wie Gelsinger überhaupt reif, wo er doch dank Diät und Medikamen- ten zum Zeitpunkt des therapeutischen Versuchs am Menschen „relativ ge- sund“ leben konnte? Volker Stollorz

A-2793

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 44, 5. November 1999 (25)

Wie es mit den deutschen Studien weitergeht

Derzeit in Deutschland laufende Prüfungen mit Adenovirus-Genfähren sollen trotz des in USA bekanntgewordenen Todesfalles nicht unterbrochen werden. Zu diesem Ergebnis gelangt ein Expertengremium, das sich auf Einladung der „Kom- mission Somatische Gentherapie“ der Bundesärztekammer, des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts am 28. Oktober in Köln getroffen hat. Teilnehmer waren die mit Adenoviren-Gen- fähren arbeitenden Leiter der klinischen Prüfungen, Behördenvertreter, medizini- sche Fachleute und Pharmaunternehmen. Das Gremium betonte, daß nur bei ei- ner von neun deutschen Prüfungen mit Adenovirus-Genfähren diese direkt in die Leber injiziert werden.

Außerdem seien die in Deutschland gemeldeten Studien nicht mit der US-Stu- die vergleichbar. Dennoch wird der Leiter der deutschen klinischen Prüfung, bei der Adenovirus-Vektoren direkt in die Leber verabreicht werden sollen, vor der Weiterführung der Untersuchung eine Änderung des Studiendesigns vorschlagen.

Die Leiter der derzeit laufenden Adenovirus-Vektorprüfungen werden jedoch aufgefordert, einen Bericht zur Einschätzung der medizinisch-ethischen Vertret- barkeit ihrer Studien an die zuständigen Ethikkommissionen der Länder und die

„Kommission Somatische Gentherapie“ abzugeben. Der Todesfall gab den Fach- leuten keinen Anlaß, die Gentherapie generell als gefährlich einzuschätzen. zyl

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