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Moritz von Schwind (1804-1871) - Der gestiefelte Kater ; Wilhelm von Kaulbach (1805-1874) - Amor und Psyche, 1830er Jahre

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MORITZ VON SCHWIND (1804-1871)

DER GESTIEFELTE KATER

Münchener Bilderbogen Nr.48 München:Braun & Schneider 1850 Holzschnitt;42,6 x33,5 cm Bez. u.r.: „Schwind/1850“

Städel Museum, Frankfurt a. M., Inv.Nr. 24547 Literatur:Busch 1985, S.90-95; Kat. Karlsruhe 1996, Nr.311.

Schon für kleine Felder an der Decke des Tieck-Saales der Münchner Residenz hatte Schwind1833/34 Szenen ausLudwigTiecks .GestiefeltemKater' von 1797gewählt. Nun ist Ludwig Tiecks.Gestiefelter Kater' kein rei­

nes Märchen, sondern liefert die Aufführung eines solchen auf demTheater.Die Brechun­

gen, diedurcheine derartige Metaebene ent­ stehen,reflektieren Tiecks Vorbehalte gegen­ über dem zeitgenössischen Theater auf ro­ mantisch-ironische Weise.DieFrage ist, ob davonetwasin Schwinds höchst populärem Bilderbogen zu finden ist. Zweifellos hat das Ganzeeine leichtkomische Dimension schon dadurch,dass der Gestiefelte Kater -dieStie­

felträgter, um einen würdigen Eindruck zu schinden - dem Müllersohn mitallenMitteln zur Heiratmit der Prinzessinverhilftund da­ mit die Standesgrenzen aushebelt.Doch bei Schwind bleibt die Geschichte folgerichtig, so wiesiedem Publikum durchdieperraultsche Fassung geläufig war.Tieckdagegen springt voneiner Realitätsebene zuranderen, hemmt den Fortgang durch Assoziationen, Umge­

staltung destradierten Stoffes, zielt nicht auf dieLogik der Geschichte,legtvielmehr Wert auf literarischeFormen: Variation, Wiederho­ lung, Sprachrhythmusetc.DieFormträgtdie nicht stringenten Geschichtsteile- das ent­ spricht dem Prinzip derliterarischen Arabes­

ke. Aufgewisse Weise folgt Schwind dem, wennauchin gemäßigterForm.

Die Voraussetzungder Geschichte ist oben in Relieffeldern angesprochen, die Lektüre er­

folgt hiervon rechts nach links, die eigentli­

chen raffinierten Täuschungen durch den Ka­ ter finden sich im Hauptbild, das von oben nach unten und damit auchvonvornnach hinten zu lesen ist. Verschiedene Szenen der

Geschichtewerden auf einem Bildfeld ver­ schränkt, wasdie Zeit-und Ortslogikaufhebt, man sprichtvon kontinuierender Erzählhal­

tung. Wer dieGeschichte kennt, kann die ein­ zelnenSzenen entziffern. In der Ferne kommt diekönigliche Kutsche, der GestiefelteKater läuft vorweg, schwört mit Drohungen die dümmliche Landbevölkerung ein, immer nur zusagen, das Land gehöre dem Grafen. Mit großem Geschreimachtder Kater die Insas­

sen der Königskutschedanndarauf aufmerk­

sam, dass der vermeintliche Graf, niemand anderes alsder Müllersohn, beim Baden sei­

ner Kleider beraubtworden sei.Nunwird er vomKönig fein eingekleidet. Der Kater über­ listet den riesigen drohenden Popanz, lässt ihn vom Zauberer in eineMaus verwandeln, die ersofort frisst. Soist der Wegfrei -um es abzukürzen-fürden Müllersohn, seine Prin­ zessin zu freien.Der Kater, oh Wunder, wird schließlich gar Premierminister.

Man kann dies auch als Gesellschaftssatire le­

sen,und Schwind deutetdies immerhin an.

Denn in der Ferneoben links thront die Burg, während rechts eine Kapelle als Pendant an­

gebracht ist. Alles scheint sich zwischen staat­

licher undkirchlicher Ordnungzu bewegen, doch durch den Eingriffdes Katerswirddiese Ordnung auf den Kopf gestellt - zugegeben:

nur im Märchen.Der konservative Schwind, der reaktionär in der Revolution von 1848 nur Unheil undChaos gesehen und den Pöbel andenLaternenmast gewünscht hat, wird die Verhältnisse nicht wirklich in Frage gestellt haben. Dochdie arabeske Struktur -hier in Form von Mittelachsenbetonung, mäandrie­

renderEntwicklung der Geschichte, beides nurzurückhaltend verwendet- lässt in ihrer reflexiven Form letztlich immerhin Denk­ möglichkeiten zu. Dass Schwind einzelne Motive von OttoSpeckters Illustration zum .Gestiefelten Kater'übernimmt, zeigt, dass er sorgfältig die Tradition bedenkt (s. Busch 1985, S.92 undAbb. 31).DiearabeskenPrin­

zipien können - in Text wieBild- die ver­ schiedenstenAusprägungen finden. W. B.

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WILHELM VON KAULBACH (1805-1874)

AMOR UND PSYCHE, 1830ER JAHRE

Bleistift; 24 x 37,7 cm Privatbesitz Berlin

Literatur:Busch 2012, S. 133-141, 297-298, 337.

Die Zeichnung, dievor kurzem demCEuvre WilhelmvonKaulbachs hinzugefügt werden konnte,hat Vignettenform. Die Vignette, die sicheigentlich erst nach 1800 entwickelt hat, findet sich streng genommen als Dekoration einer Buchseite, zumeistamEnde eines Kapi­ tels. Zu ihrenCharakteristika gehört, dass sie nichtvon einerUmrahmungslinie gefasst ist, keinen einheitlichen Illusionsraum bezeich­

net, sondernalsfrei schwebendes, auf dieFlä­

che bezogenes Ornament, dem eine Basis fehlt, eineSeite ziert. Höchstverwandt zum Aufbauund der Struktur der, Amor und Psy- che'-Zeichnung ist beispielsweiseKaulbachs im HolzschnittgedruckteVignette zu Goe­

thes .Reineke Fuchs' in der Volksausgabevon 1857, der Entwurf stammt aus dem Anfang der 40er Jahren. In derVignette ist es ein Bär, der sich durch dieArme des Rankenorna­ ments kämpft, um an eine Honigwabe zu kommen, aufder,Amor undPsyche'-Zeich- nung,entsprechendfrontal aufder senkrech­ ten Mittelachse, ein Drache.

Kaulbach hat sichin den 1830er Jahrengleich mehrfach mitdem ,Amor und Psyche'-The- ma nach der Erzählung von Apuleius be­

schäftigt. 1829/30 in einemZyklus imTanz­ saal des Palais des Herzogs Max in München als Wanddekoration - die abgenommenen Fresken befinden sich heutein der Neuen Pi­

nakothek in München. 1835 entwarf Kaul­

bach einenweiterenZykluszumThema für den Musiksaal des Advokaten Georg von Dessauer in dessenHaus in der Königinstra­ ßeamEnglischenGarten in München in en- kaustischerManier. Während dererste Zyklus mit der Szene endet, in derAmor Psyche vom lähmendenSchlafbefreit - eine Szene, die in der Skulptur Canova andeutet und die Thor- valdsen explizitzeigt -, führt derzweite die Geschichte bis zur glücklichenVereinigung der beiden vor denGöttern fort, wie es Raffa­

el in der Farnesina getan hat. Bei Kaulbach ist

256 VI. TRAUM, MUSIK UND MÄRCHEN

Originalveröffentlichung in: Busch, Werner ; Maisak, Petra ; Weisheit, Sabine (Hrsgg.): Verwandlung der Welt : die romantische Arabeske, Petersberg 2013, S. 256-258

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120 48

^eranege^eben unb »erlegt von Jt. Brann unb 9* Ä^neiber in Ringen.

äWiinct>eiirr SBilOcrbogen. Nro. -iS.

C<bii«Ui'refJcnbru<f »on g.*>. «fmmtt in Sufll&urg-

KAT. NR. 115-122 257

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Amormit Vogelschwingenversehen, Psyche mit Schmetterlingsflügeln.Dies ist eigentlich nach Apuleius nur am Endeder Geschichte am Thron der Götter der Fall, doch die Bild­

traditionist hier nicht konsequent, so zeigt Thorvaldsenbei seiner Gruppe von1810, wo Amor Psychewiedererweckt, beidemitFlü­

geln.Der Grund: Schon dieantike florentini- sche Gruppe,einerömischeKopie des 2.Jahr­

hunderts n. Chr.in den Uffizien, zeigt beide stehend, geflügelt kurz vor dem Kuss. Damit ist nicht eine bestimmte SzenederGeschichte, wie bei Thorvaldsen, gemeint, sonderneine Verdichtung des Mythos im Moment der Er­

kenntnis der Liebe des Paares. Trotz derim Rücken der Gruppegeradezuversteckt ange­ brachten Attribute bei der berühmtenMar­

morgruppe von Canovavon1787-1793, die siein die Geschichtezurückbetten,ist auchbei Canova das wechselseitige Erkennen das ei­ gentliche Thema: So will esauch Kaulbach.

Das istauch insofern konsequent, alsdieach­

sensymmetrische Anordnung der Vignette mit ihren Hauptfiguren Handlung in der or­

namentalen Form stillstellt und die Gruppe damitaus der Geschichte heraushebt.Die Fra­ genach einem bestimmten Moment der Er­

zählungstellt sich nicht mehr. DieLiebe als solche ist Thema. Der Drache,demPsyche aus Strafe für ihre Neugierde vermählt werden sollte,kann sich ausder ihnfesselnden Form des Rankenornaments nicht befreien und das Zusammenfinden der Liebenden nicht ver­ hindern. Früchte undBlüten im symmetri­ schen Ornament feiern dieVermählung der beiden - wieder ist es das Ornament, das, wie in dereigentlichen Arabeske,denZusammen­

hangstiftet und die Geschichteaufeine höhe­

re Ebene hebt. W. B.

258 VI. TRAUM, MUSIK UND MÄRCHEN

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