• Keine Ergebnisse gefunden

Untersuchung der Wirkung von Hypoxie auf das glutamaterge System als Tiermodell für die Ätiopathogenese der Schizophrenie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Untersuchung der Wirkung von Hypoxie auf das glutamaterge System als Tiermodell für die Ätiopathogenese der Schizophrenie"

Copied!
130
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Untersuchung der Wirkung von Hypoxie auf das glutamaterge System als Tiermodell für die Ätiopathogenese

der Schizophrenie

INAUGURALDISSERTATION

Zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Manfred Starke

aus Kalkar

Hannover 2002

(2)

1. Gutachter: Prof. Dr. U. Ebert

2. Gutachter: Prof. Dr. A. Tipold

Tag der mündlichen Prüfung: 22. November 2002

(3)
(4)
(5)

2. Literaturübersicht 10

2.1. Schizophrenie 10

2.1.1. Ätiologie 10

2.1.2. Klinik – Klassifikation 11

2.1.3. Pathophysiologie – Erklärungshypothesen 11

2.1.4. Neurobiologie 12

2.1.5. Alterspräferenz 12

2.2. Das glutamaterge System 13

2.2.1. Glutamat-Rezeptoren 13

2.2.2. NMDA-Rezeptor 13

2.2.2.1. Aufbau und Vorkommen 13

2.2.2.2. NMDA-Rezeptor-Antagonisten 15

2.2.3. AMPA-Rezeptor 16

2.3. GABA-Rezeptor 16

2.3.1. GABAA-Rezeptor 17

2.4. Hypoxie – Ischämie 17

2.4.1. Effekte von Hypoxie und Ischämie auf die Zelle 17 2.4.2. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das glutamaterge System 18 2.4.3. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das GABAerge System 19 2.4.4. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das Verhalten 20

2.5. Die Ratte als Tiermodell 20

2.6. Untersuchungsmethoden 21

2.6.1. Präpulsinhibition als Untersuchungsmethode für Verhaltensauffälligkeiten 21

2.6.2. In-Situ-Hybridisierung 22

2.6.3. Rezeptorautoradiographie 22

3. Eigene Untersuchungen 24

3.1. Material 24

3.1.1. Ratten 24

3.1.2. Geräte und Materialien 24

3.2. Methode 25

3.2.1. Versuche 25

3.2.1.1. Chronische Hypoxie (CH) 25

(6)

3.2.2.2. Herstellung der benötigten Lösungen und Materialien 28 3.2.2.3. Versuchsablauf bei der In-Situ-Hybridisierung 29

3.2.2.3.1. Dehydrierung der Schnitte 29

3.2.2.3.2. In vitro – Transkription (Sonde) 30

3.2.2.3.3. Fraktionierung und Quantifizierung 31

3.2.2.3.4. Acetylierung 31

3.2.2.3.5. Hybridisierung 31

3.2.2.3.6. Inkubation 31

3.2.2.3.7. Posthybridisierung 32

3.2.2.3.7.1. Waschen 32

3.2.2.3.7.2. Dehydrierung 32

3.2.2.3.7.3. Exposition 32

3.2.3. Rezeptorautoradiographie 33

3.2.3.1. Das Anfertigen der Schnitte 33

3.2.3.2. Herstellung der benötigten Lösungen und Materialien 33 3.2.3.3. Versuchsablauf beim NMDA-Rezeptor - Ligand [3H]-MK-801 33 3.2.3.4. Versuchsablauf beim AMPA-Rezeptor - Ligand [3H]-AMPA 35 3.2.3.5. Versuchsablauf beim GABA-Rezeptor - Ligand [3H]-Muscimol 37 3.2.3.6. Entwicklung der belichteten Röntgen-Folien (RAR) 38

3.2.3.6.1. Herstellung der Lösungen 38

3.2.3.6.2. Entwicklung 38

3.2.4. Auswertung der Röntgenfolien (ISH und RAR) 38

3.2.5. Statistische Auswertung der Daten 39

3.2.6. Präpulsinhibition – Untersuchungen 39

3.2.6.1. Apparatur zur Auslösung und Messung der Schreckreaktion 39

3.2.6.2. Ablauf des Testprogrammes 40

3.2.6.3. Versuchsablauf 40

3.2.6.4. Auswertbare Parameter 40

3.3. Ergebnisse 42

3.3.1. Ergebnisse der Rezeptorautoradiographie: Rezeptorbindung 42 3.3.1.1. Präfrontaler Cortex – Gyrus Cinguli – (Cg1/3) 42

3.3.1.2. Infralimbischer Präfrontaler Cortex – (IL) 44

3.3.1.3. Lateraler Präfrontaler Cortex - (Fr1/2) 46

3.3.1.4. Nucleus Accumbens – (AcbC) 48

3.3.1.5. Striatum – (CPu) 50

3.3.1.6. Hippocampus: CA1 – Region 52

3.3.1.7. Hippocampus: CA2 – Region 54

3.3.1.8. Hippocampus: CA3a – Region 56

3.3.1.9. Hippocampus: CA3c – Region 58

3.3.1.10. Hippocampus: DG - Region 60

(7)

3.3.2.1. Präfrontaler Cortex – (Cg1/3) 68 3.3.2.2. Präfrontaler Cortex – Infralimbischer Cortex – (IL) 70

3.3.2.3. Lateraler Präfrontaler Cortex – (Fr1/2) 72

3.3.2.4. Nucleus Accumbens – (AcbC) 74

3.3.2.5. Striatum – (CPu) 76

3.3.2.6. Hippocampus: CA1 – Region 78

3.3.2.7. Hippocampus: CA2 – Region 80

3.3.2.8. Hippocampus: CA3a – Region 82

3.3.2.9. Hippocampus: CA3c – Region 84

3.3.2.10. Hippocampus: DG – Region 86

3.3.3. Ergebnisse der Messung der Schreckreaktion 88

3.3.3.1. Motorische Aktivität 88

3.3.3.2. Schreckreaktion und Habituation, Habituation in Prozent 88

3.3.3.3. Präpulsinhibition 88

3.3.3.4. Schreckreizhemmung in Prozent 89

4. Diskussion 93

4.1. Rezeptorautoradiographie 93

4.1.1. Vorinkubation bei NMDA-Rezeptoren 93

4.1.2. Rezeptoren 93

4.2. In-Situ-Hybridisierung 96

4.3. Präpulsinhibition 98

4.4. Schlussfolgerung 99

5. Zusammenfassung 101

6. Summary 104

7. Anhang 106

7.1. Einzeltierverzeichnis 106

7.2. Abkürzungsverzeichnis 110

7.3. Bildteil 112

8. Literaturverzeichnis 115

(8)
(9)

1. Einleitung

Schizophrenie ist eine Erkrankung des Menschen, die in der Regel ab dem frühen Erwachsenenalter auftreten kann. Mit einer Prävalenz von bis zu 1% ist sie nicht die häufigste psychiatrische Erkrankung, ist aber aufgrund ihres meist schwerwiegenden Verlaufes aus medizinischen, ethischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedeutsam. Momentan kann die Schizophrenie nur mit begrenztem Erfolg und lediglich symptomatisch behandelt werden.

Ferner wird häufig ein erneutes Ausbrechen der Erkrankung beobachtet.

Derzeit wird an der Ursache der Schizophrenie weltweit geforscht. Viele Erkenntnisse wurden und werden gesammelt, aber ein großer Durchbruch steht noch aus. Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungsformen dieser Erkrankung und der komplexen Abläufe im Gehirn ist es schwer, Zusammenhänge zwischen molekularbiologischen Veränderungen und Verhaltensveränderungen darzustellen.

Eine genetische Beteiligung an der Ätiologie der Schizophrenie wurde bereits nachgewiesen.

Allerdings ist beispielsweise bei Zwillingsstudien lediglich eine 50%ige Konkordanz festgestellt worden. Es müssen folglich weitere Faktoren an der Entstehung der Schizophrenie beteiligt sein. Schwierige Umweltbedingungen, z.B. im sozialen Umfeld, als Kofaktoren zur Begünstigung der Schizophrenie, sind in den siebziger Jahren diskutiert und belegt worden.

Derzeit werden zudem sowohl eine virale Beteiligung als auch Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen von später an Schizophrenie erkrankten Patienten diskutiert.

Eine Hauptfolge von Schwangerschaftskomplikationen ist die Hypoxie bzw. die Ischämie.

Verschiedene Gehirnregionen, wie der Präfrontale Cortex, das Striatum und der Hippocampus, werden als besonders empfindlich für Sauerstoffmangel erachtet.

Obwohl bereits viele Arbeiten zur Auswirkung von Sauerstoffmangel auf das Gehirn vorliegen, fehlen noch Untersuchungen, die den direkten Zusammenhang zwischen molekularbiologischen Veränderungen und Verhaltensstörungen nach Hypoxie und Ischämie darstellen.

In dieser Arbeit soll diese Frage erstmalig in einem geeigneten experimentellen Tiermodell (Gehnehmigungsnummer 164/98, siehe auch S. 23) untersucht werden. Hierfür wurde der Zusammenhang zwischen Veränderungen an den Charakteristika von ionotropen Glutamat- und GABAA-Rezeptoren, zwei wichtigen Rezeptorklassen für die Neurotransmission im Gehirn, und Verhaltensauffälligkeiten bei adulten Ratten untersucht, die in den ersten Lebenstagen (vergleichbar dem noch ungeborenen humanen Fötus) eine Hypoxie und Ischämie erfahren hatten.

(10)

2. Literaturübersicht 2.1. Schizophrenie 2.1.1. Ätiologie

Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, die Menschen geschlechtsübergreifend, in nahezu allen Altersgruppen und regional unabhängig ereilen kann. Die Prävalenz von Schizophrenie wird mit ca. 1% angegeben (Häfner, 1995).

Schizophrenie ist zwar medikamentös behandelbar, es kommt jedoch häufig zu Rückfällen, und eine Erkrankung an Schizophrenie hat häufig überdauernde psychische und soziale Behinderungen zur Folge.

Die genaue Ätiologie der Schizophrenie ist noch immer ungeklärt (Henn, 1987). Schon seit dem frühen 20. Jahrhundert nimmt man eine genetische Disposition an (Günther-Genta et al., 1994). Aber auch weitere mögliche Ursachen werden diskutiert:

Ein Ansatz der Ätiogeneseforschung ist die Suche nach Zusammenhängen von Schizophrenie mit Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen. Häufiger werden in der Vorgeschichte schizophrener Patienten Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, wie beispielsweise Frühgeburt, Kaiserschnitt, verlängerte Geburtsdauer, Geburtsstillstände, gebärunfähige Kindslagen oder Asphyxie beschrieben (Parnas et al. 1982; McNeil, 1987; Lewis und Murray, 1987; Owen et al., 1988; O'Callaghan et al., 1992;) Gemeinsamer Faktor dieser Komplikationen ist die perinatale Hypoxie oder Ischämie mit der Folge einer Sauerstoffunterversorgung im Körper.

Stress der schwangeren Mutter hat Einfluß auf das dopaminerge System des Präfrontalen Cortex und erhöht dadurch die Summe der im Körper zirkulierenden Katecholamine. Während der Schwangerschaft kann diese Katecholaminausschüttung zu einer Vasokonstriktion in der Plazenta führen. Damit ist der Fötus Hypoxie ausgesetzt und kann so geschädigt werden (Brixey et al., 1993).

Auch andere Entwicklungsschäden des ungeborenen Kindes, vor allem des Gehirns, sind als ätiologische Ursachen der Schizophrenie in der Diskussion (DeLisi et al., 1987).

Außerdem werden von manchen Autoren auch erbliche Autoimmunerkrankungen als Ursache vermutet (De Lisi et al., 1987; Brixey et al., 1993). Man nimmt an, dass der Körper postnatal zirkulierende Antikörper produziert, die gegen hirnspezifische Proteine gerichtet sind und deshalb eine Gehirndysfunktion nach sich ziehen.

Berichte über eine mögliche Rolle von Viren in der Ätiopathogenese der Schizophrenie werden derzeit noch diskutiert. Vor allem die Borna-Virus-Infektion, aber auch der Befall mit Retroviren erweckt besonderes Interesse (Iwahashi et al., 1997; Yolken et al., 2000). Der genaue Zeitpunkt der möglichen Infektion ist noch umstritten; sowohl prä- als auch perinatale Infektionswege sind in Betracht zu ziehen. Lipska und Weinberger (2000) konnten bei Ratten mit pränataler Bornavirus-Infektion vor allem Schäden im Hippocampus und im Präfrontalen Cortex nachweisen.

Auch der Befall von Influenza-A2 Viren bei Schwangeren im fünften Monat ist eingehend untersucht worden. Eine jahreszeitliche Häufung der Geburtstermine bei Schizophrenen besteht zwar, (Adams et al., 1993) – die Geburtstermine von Schizophrenen liegen gehäuft im Herbst und im Frühjahr - aber ein Zusammenhang zu Influenza A2-Viren konnte bisher nicht hergestellt werden (Torrey, 1992).

Einig sind sich dabei viele Autoren, dass der Einfluß von Hypoxie und viralen Infektionen auf die Ätiologie der Schizophrenie dabei nicht die Rolle des genetischen Faktors beeinträchtigt. In

(11)

Wahrheit kann man sicher folgerichtig annehmen, dass sowohl genetische als auch Umweltfaktoren kombiniert zum Ausbruch dieser Krankheit führen (DeLisi et al., 1987; Brixey et al., 1993)

2.1.2. Klinik - Klassifikation

Es gibt bei der Schizophrenie zwei Formen von klinisch auffälligen Verhaltensveränderungen:

eine Positiv- und eine Negativ-Symptomatik.

Während sich die Positiv-Symptomatik durch eine produktiv psychotische Phase mit gesteigerter Aktivität, Wahn, Halluzinationen und Hypermotorik darstellt, zeichnet sich die Schizophrenie bei der schlecht behandelbaren Negativ-Symptomatik durch Antriebslosigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, sozialem Rückzug und Affektstörungen aus. Der Verlauf der Schizophrenie kann akut oder chronisch sein. Bei chronischer Schizophrenie werden Stillstände nach episodisch auftretenden akuten Schüben ebenso beschrieben wie Rückfälle nach langem Stillstand. Mit zunehmendem Alter wird die Wahrscheinlichkeit eines Auftretens der ersten Symptome der Erkrankung immer unwahrscheinlicher (Henn, 1987; Farber et al., 1995).

Obwohl seit einiger Zeit Antipsychotika zur Behandlung der akuten Positiv-Schizophrenie symptomatisch eingesetzt werden können, (z. B. Haloperidol oder Clozapin), ist mangels Kenntnis der Grundlagen eine ursächliche Therapie der Schizophrenie noch nicht in greifbarer Nähe (Häfner, 1995).

2.1.3. Pathophysiologie - Erklärungshypothesen

Der Neurotransmitter Dopamin scheint bei der Pathophysiologie der Schizophrenie eine entscheidende Rolle zu spielen, weil einige Hauptsymptome der Krankheit durch psychogene Stimulantien wie Amphetamin und Streß verschlimmert werden. Amphetamine und Streß bewirken beide eine Freisetzung von Dopamin bei Tieren (Brake et al., 1997). Es entstehen so Symptome, die denen der Positivsymptomatik der Schizophrenie gleichen.

Allerdings lässt sich durch dieses Modell die Negativsymptomatik nicht erklären. Ferner sprechen auch viele Patienten auf Dopaminantagonisten als Schizophrenie-Therapie nicht ausreichend an.

Die auf die Dopamin-Hypothese aufbauende Glutamathypothese der Schizophrenie wurde von Kim et al. (1980) begründet, aufbauend auf seine Befunde eines verminderten Glutamat- Spiegels im Liquor cerebrospinalis von Schizophrenie-Patienten, die jedoch nicht repliziert werden konnten.

Phencycldin (PCP), ursprünglich als Anästhetikum verwendet, ist heute vor allem als Droge („angel dust“) bekannt. PCP induziert einen psychotomimetischen Status, der der Schizophrenie sehr ähnelt. Im Gegensatz zur Amphetamin-induzierten Psychose, führt PCP zu positiven wie auch zu negativen Schizophrenie-ähnlichen Symptomen (Javitt und Zukin, 1991).

Mit der durch Phencyclidin induzierten Psychose hat die experimentelle Schizophrenie- Forschung also ein Modell zur Verfügung, welches genauer die klinische Pathophysiologie der Schizophrenie widerspiegelt als die dopaminerge Stimulation (Thornberg und Saklad, 1996).

PCP interagiert selektiv mit einer Bindungsstelle, die sich auf dem N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) Rezeptor befindet (Javitt und Zukin, 1991). Die Besetzung dieses Rezeptors durch PCP induziert eine nicht kompetitive Hemmung von NMDA-Rezeptor-vermittelter Neuro- transmission. Andere NMDA-Antagonisten, wie z. B. Ketamin, induzieren bei im Verhältnis zu ihrer Rezeptoraffinität vergleichbaren Dosierungen eben solche PCP-ähnlichen neurologischen

(12)

Verhaltenseffekte (Javitt und Zukin, 1991; Farber et al., 1995; Akbarian et al., 1996; Spandou et al., 1999).

Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine endogene Störung der NMDA-Rezeptor vermittelten Neurotransmission bzw. eine Störung des glutamatergen Systems im Gehirn zur Pathogenese der Schizophrenie beitragen könnte (Javitt und Zukin, 1991; Thornberg und Saklad, 1996).

2.1.4. Neurobiologie

Histopathologische Veränderungen im Gehirn von Schizophrenie-Patienten sind vor allem im limbischen System, im Dienzephalon und im Präfrontalen Cortex nachgewiesen worden (Weinberger, 1987). Viele Forscher haben aber auch eine Reduktion des Hippocampus- Volumens festgestellt (Stefanis et al., 1999; Weinberger, 1999). Diese Reduktion soll circa 4%

betragen. Je geringer das Hippocampus-Volumen, umso früher kommt es zum Krankheitsausbruch. Außerdem scheinen diese Hippocampus-Abnormalitäten in Schizophrenie-Patienten besonders mit der postiven Symptomatik der Psychose assoziiert zu sein (Stefanis et al., 1999). Der Hippocampus kann in das Ammonshorn und den Gyrus dentatus unterteilt werden. Der Anatom Rafael Lorente de No (1934) unterteilte das Hippocampus-Pyramidenzell-System in vier Untereinheiten, die noch heute so bezeichnet werden: Cornu amonis (CA) 1-4. Die CA4-Region ist auch als Hilus des Gyrus dentatus bekannt (Nauta und Feirtag, 1986; Isaacson, 1987; Schmidt-Kastner und Freund, 1991).

Weinberger (1999) konnte in der Region CA3-4 (Unterabteilungen des Ammonshorns) Änderungen bei Schizophrenie-Patienten feststellen: Die Expression von mRNA für verschiedene Untereinheiten von nicht-NMDA-Glutamat-Rezeptoren war gesunken.

Normalerweise steigt die Expression bei anderen psychischen Erkrankungen, wie z.B.

Alkoholismus oder Alzheimer.

Insgesamt sind aber die Daten über die normale Entwicklung, Zellbiologie und Funktion des Hippocampus beim Menschen noch lückenhaft, so dass Schlussfolgerungen aus Unter- suchungen zu pathologischen Vorgängen im Hippocampus von schizophrenen Patienten mit Vorsicht zu betrachten sind (Weinberger, 1999).

Makroskopische Erweiterungen der 3. und 4. Hirnventrikel sind bei schizophrenen Patienten mittels MRI nachgewiesen worden (Cannon et al., 1989; Suddath et al., 1990; McGrath und Murray, 1995; Schmitt et al., 2001). Die Patienten mit vergrößerten lateralen Ventrikeln zeigten vermehrt negative Symptome und frühen Ausbruch der Krankheit. Dabei muß man natürlich bedenken, dass die Patienten zum Teil unter Neuroleptika-Therapie standen und somit die Positiv-Symptomatik unterdrückt sein kann (Pearlson et al., 1985).

2.1.5. Alterspräferenz

Über das Durchschnittsalter beim erstmaligen Auftreten der Schizophrenie liegen unterschiedliche Zahlen vor: Häfner (1995) gibt die Altersgruppe der 20 – 30-Jährigen als besonders anfällig an, laut Henn (1987) liegt das Durchschnittsalter bei 15-25 Jahren, Farber et al. (1995) konnten ein Durchschnittsalter von 19,9 Jahren feststellen.

Die ersten Symptome können aber auch erst in viel späteren Jahren auftreten, besonders bei Frauen nach Beendigung des 40. Lebensjahres. Hierfür wird eine erhöhte Anfälligkeit von Frauen durch den Abfall der Östrogenkonzentration in den Wechseljahren angenommen (Riecher-Rössler und Hafner, 1993).

(13)

2.2. Das glutamaterge System 2.2.1. Glutamat-Rezeptoren

Der am häufigsten vorkommende kortikale Neurotransmitter ist Glutamat, gefolgt von GABA (McDonald und Johnston, 1990; Nakanishi, 1992; Carlsson et al., 1997;). Glutamat gilt außerdem als der am stärksten erregend wirkende Neurotransmitter (Cotman et al., 1987).

Im Gehirn existieren fünf verschiedene Subtypen von Glutamat-Rezeptoren, die alle durch Glutamat aktiviert werden und nach für den jeweiligen Subtyp spezifischen Liganden benannt sind (Kim et al., 1998).

Diese können in ionotrope Rezeptoren, N-Methyl-D-Aspartat (NMDA), 8-Amino-3-hydroxy- 5-methyl-4-isoxazole-4-proprionat (AMPA) und Kainat (KA) und in mehrere metabotrope Rezeptoren, z.B. L-2-amino-4-phosphonobuttersäure (L-AP4) oder 1S,3 R-trans-1-amino- cyclopethyl-1,3-dicarboxylate (trans-ACPD) unterteilt werden (McDonald und Johnston, 1990;

Nakanishi, 1992; Kim et al., 1998). Die ionotropen Rezeptoren sind mit einem Ionenkanal verbunden. Dieser Ionenkanal ermöglicht im aktivierten Zustand den Ein- und Ausstrom von Kationen aus der Zelle und führt somit zu extra- und intrazellulären Veränderungen. Bei den metabotropen Rezeptoren handelt es sich nicht um einen Kanal steuernden Rezeptor, sondern um einen Rezeptortyp, der an ein G-Protein gekoppelt ist. Bei diesen metabotropen Glutamatrezeptoren kann z.B. über die Phospholipase C ein spezielles Membranphospholipid gespalten werden (McDonald und Johnston, 1990).

Die Verteilung der Glutamat-Bindungsstellen im Gehirn des Menschen verändert sich im Laufe des Lebens eines Individuums: im fetalen Hirn ist das Verteilungsmuster der Glutamatrezeptoren weiter gestreut, und auch eine quantitative Vermehrung dieser Rezeptoren ist festzustellen (Barks et al., 1988). Die meisten Glutamatbindungsstellen im fetalen Hirn befinden sich im Hippocampus, Nucleus caudatus/Putamen, Globus pallidus, subthalamischen Nucleus und im reticulären Nucleus des Thalamus (Chaudieu et al., 1991). Eine maximale Expression der Rezeptoren konnten Chaudieu et al. (1991) am 7. bis 14. postnatalen Tag ausmachen. Gerade die Regionen mit hoher Glutamat-Rezeptor-Konzentration stehen im Verdacht, verwundbarer zu sein für neuronale Schädigungen durch Hypoxie oder Ischämie (Barks et al., 1988; Chaudieu et al., 1991). Carlsson et al. (1997) spekulieren sogar, dass ein glutamaterges Defizit ein wichtiger pathogenetischer Faktor zumindest in einigen Fällen der Schizophrenie ist.

2.2.2. NMDA-Rezeptor

2.2.2.1. Aufbau und Vorkommen

Der NMDA-Rezeptor ist einer von drei ionotropen Glutamat-Rezeptoren (Kim et al., 1998).

An diesem Rezeptor bindet NMDA, ein Analog von Glutamat (Brewer und Cotman, 1989).

Die wichtigste Funktion des NMDA-Rezeptors ist die Steuerung der GABAergen Neurone, um die tonische Hemmung beizubehalten (Farber et al., 1995).

Der NMDA-Rezeptor ist mit einem Ionenkanal verbunden, der Na+ und Ca++ - Ionen den Eintritt in die Zelle erlaubt (Espinoza und Parer, 1991). Dieser Rezeptor-Ionenkanal-Komplex spielt eine kritische Rolle in der neuronalen Entwicklung des Menschen, beim Lernen, Erinnern und bei der synaptischen Plastizität (Fritz et al., 1999a).

Man kann zwei Hauptfamilien von NMDA-Rezeptor-Untereinheiten unterscheiden: die sogenannte NR1 und die NR2 – Familie (Cull-Candy et al., 1998; Kim et al., 1998). Eine NR1- Untereinheit und zwei bis drei NR2-Untereinheiten bilden den funktionellen Rezeptor (Wafford et al., 1993; Cull-Candy et al., 1998; Kim et al., 1998).

(14)

Die NR1-Untereinheiten-Familie besteht aus acht funktionellen Isoformen und einer nicht- funktionellen Isoform. Alle diese Varianten entstehen aus einem Gen (Cull-Candy et al., 1998).

Die NR2-Untereinheiten-Familie besteht aus vier unterschiedlichen Formen: NR2A, NR2B, NR2C und NR2D. Alle diese Formen entstehen aus unterschiedlichen Genen (Cull-Candy et al., 1998). Von der NR2D-Untereinheit existieren zwei Varianten, wovon aber nur NR2D-2 exprimiert wird (Wenzel et al., 1996).

In neuesten Untersuchungen haben Sasaki et al. (2002) eine weitere Untereinheit des NMDA- Rezeptors charakterisieren können: NR3A. Diese Untereinheit scheint zu einem Abfall der Ca++-Permeabilität und Mg++-Sensitivität zu führen. Die Expression von NR3A ist bisher in Neuronen von Nagern nachgewiesen worden (Sasaki et al., 2002).

Die NR1-Untereinheit kodiert ein ca. 120 kDA großes Polypeptid, welches strukturelle Ähnlichkeit zu den Polypeptiden der AMPA- und KA-Rezeptoren von 22-26% aufweist (Moriyoshi et al., 1991; Kim et al., 1998). Die NR2-Untereinheiten bestehen aus größeren Polypeptiden (NR2A und NR2B mit z.B. ca. 165-170kDA). Sie sind zu 50-70% homolog zueinander, aber nur zu 15-20% identisch zu der NR1-Untereinheit. Die vier Spezies der NR2- Untereinheit kann man in zwei Gruppen einteilen: (A, B) und (C, D) (Kim et al., 1998).

Die NR1-Untereinheit scheint essentiell für die Funktion des Rezeptor-Kanal-Komplexes zu sein, wohingegen die verschiedenen NR2-Untereinheiten die Funktion des NMDA-Rezeptors potenzieren und modulieren (Sheng et al., 1994; Chen und Reiner, 1996; Kim et al., 1998).

Der NMDA-Rezeptor besteht aus folgenden Bindungsstellen (Nakanishi, 1992; Hoffman et al., 1994; Fritz et al., 1999a; Fritz et al., 1999b):

• Neurotransmitter-Bindungsregion mit Bindungsstellen für Agonisten (Glutamat) und kompetetive Antagonisten (CPP)

• regulatorische oder Co-Aktivator-Bindungsstelle (bindet Glycin)

• Ionen-Kanal (im offenen Zustand bindet er die NMDA-Kanalblocker PCP und MK-801, erlaubt Na+ und Ca++-Ionen den Eintritt in die Zelle)

• eine spannungsabhängige Mg++-Bindungsstelle

• inhibitorische Bindungsstelle (bindet Zn++)

• Polyamin-Bindungsstelle (bindet Spermin oder Spermidin)

Glycin ist für die Aktivierung des Rezeptors notwendig (Cotman et al., 1987). Auch der Kationen-Kanal des NMDA-Rezeptors ist durch Glycin und auch Glutamat positiv modulierbar (Sakurai et al., 1991). Die NR1-NR2B - Rezeptoren sind sensibler gegenüber der Aktivierung durch Glycin als zum Beispiel die NR1-NR2A - Rezeptoren (Zhong et al., 1996). Die Bindungsaffinität des Rezeptors gegenüber Glutamat und Glycin hängt mit der Zusammensetzung der verschiedenen Untereinheiten zusammen: so zum Beispiel hat der Rezeptor NR1-NR2B die höchste Bindungsaffinität zu Glutamat (Laurie und Seeburg, 1994).

Der NMDA-Rezeptor wird außerdem durch mikromolare Konzentrationen von Spermin, einem weiteren Polyamin, positiv moduliert. Liegt Spermin aber in höheren Konzentrationen vor, blockiert dieses den Rezeptor und den Ca++-Kanal (Ferchmin et al., 2000). Auch der Magnesium-Ionen-Spiegel der Zelle beeinflußt die Aktivierung des Rezeptors: bei sehr niedrigem Mg++-Gehalt der Zelle wird der NMDA-Rezeptor maximal aktiviert, durch hohe Mg++-Spiegel gehemmt (Fritz et al., 1999b).

NMDA-Kanäle sind schon sehr früh im Gehirn auf sich noch entwickelnden neokortikalen Neuronen nachweisbar (Lo Turco et al., 1991). Die NMDA-Rezeptor-Verteilung ist ähnlich wie die AMPA-Rezeptor-Verteilung. Beide Rezeptoren sind im gesamten Gehirn zu finden, vor allem aber im Telenzephalon. Auch die CA1-Region des Hippocampus enthält sowohl

(15)

beim Menschen als auch bei der Ratte hohe NMDA-Rezeptor-Konzentrationen (Cotman et al., 1987). Die Zahl der NMDA-Rezeptoren ist im jugendlichen Rattenhirn größer als bei erwachsenen Ratten. Im erwachsenen Rattenhirn findet man vermehrt Kainat-Rezeptoren (Hoffman et al., 1994).

Rekombinante NR1-NR2-Kanäle zeigen vergleichbare Ca++-Permeabilität, weisen aber deutliche Unterschiede im spannungs-abhängigen Mg++-Block auf (Monyer et al., 1994).

Die Expression der verschiedenen NMDA-Rezeptor-Untereinheiten ist für jede Ent- wicklungsstufe in jeder Hirnregion der Ratte unterschiedlich: im cerebralen Kortex und im Hippocampus (hier vor allem in CA1- und CA3-Pyramidenzellen) werden mRNAs, die NR2C und NR2D kodieren nur ganz früh in der Entwicklung beobachtet. Normalerweise sind hier nur NR2A- und NR2B-mRNAs zu finden (Monyer et al., 1994; Perez-Velazquez und Zhang, 1994). Die NR2D-mRNA nimmt während der postnatalen Entwicklung rapide ab (Wenzel et al., 1996). Der Peak in der Expression des Genes, welches NR1 kodiert, liegt hingegen beim 10. postnatalen Tag (PND10) und im frühen Erwachsenenalter der Ratte (Pujic et al., 1993).

Bei schizophrenen Human-Patienten hat man post mortem im Präfrontalen Cortex eine 53%ige Steigerung der Menge an NR2D-Untereinheit gefunden (Akbarian et al., 1996). Experimentelle Untersuchungen an Tiermodellen, wie und warum es zur Steigerung der Menge dieser speziellen NMDA-Rezeptor-Untereinheit gekommen ist, stehen noch aus.

2.2.2.2. NMDA-Rezeptor-Antagonisten

Die NMDA-Rezeptor-Antagonisten binden am Rezeptor an unterschiedlichen Stellen und können ihn so auf verschiedene Weise blockieren (Kornhuber et al., 1989; Fritz et al., 1999a).

Sie blockieren entweder direkt den Ionen-Kanal (PCP (Phencyclidin), MK-801 ((+)-5-methyl- 10,11-dihydro-5H-dibenzo[a,d]cyclohepten-5,10-imine maleate) und Ketamin) oder eine der regulatorischen Bindungsstellen des Rezeptors (CPP(3-(2-carboxypiperazin-4-yl)-1- phosphonic acid), ist Antagonist an der Glutamat-Bindungsstelle, D-Serin an der Glycin- Bindungsstelle) (Hoffmann et al., 1994; Farber et al., 1995; Fritz et al., 1999a; Spandou et al., 1999).

MK-801 (seit kurzem auch Dizolcipin genannt) ist ein nicht-kompetitiver Antagonist, der im Ionen-Kanal des NMDA-Rezeptors bindet. Interessanterweise kann MK-801 nur am offenen Kanal binden, also erst nach physiologischer Aktivierung des NMDA-Rezeptorkomplexes (Hoffman et al., 1994). Die MK-801-Bindung wird daher bei Anwesenheit von physiologischen Agonisten, Koagonisten oder Modulatoren, wie NMDA, Glycin, Spermin oder Spermidin verstärkt (Sakurai et al., 1991; Subramaniam und McGonigle, 1991). Sakurai et al. (1991) weisen in ihren Untersuchungen nach, dass MK-801 in der quantitativen Autoradiographie als hochaffiner und selektiver Ligand für den NMDA-Rezeptor-Komplex eingesetzt werden kann.

Die kompetitiven und die nicht-kompetitiven Antagonisten des NMDA-Rezeptors sind in der Lage, eine neuroprotektive Wirkung zu entfalten (Arias et al., 1999), besitzen aber dosisabhängig auch neurotoxische und psychomimetische Aktivitäten: so zum Beispiel können alle diese genannten Antagonisten bei "normalen" Individuen, das heißt gesunden Patienten, eine Psychose mit negativen und positiven Symptomen der Schizophrenie erzeugen (Farber et al., 1995; Akbarian et al., 1996; Spandou et al., 1999). Auch bei der Ratte hat man experimentelle Untersuchungen mit NMDA-Rezeptor-Antagonisten durchgeführt. Die neurotoxische Aktivität von MK-801 war bei dieser Spezies stark altersabhängig: je älter die Ratte, umso sensitiver war sie. Dieses altersabhängige Profil (Anfang der Empfindlichkeit im frühen Erwachsenenalter) bei der Ratte ist vergleichbar mit der gegenüber Ketamin induzierter Psychose oder Schizophrenie beim Menschen. Diese Befunde legten nahe, dass die NMDA-

(16)

Rezeptor-Hypofunktion (der Mechanismus, der der neurotoxischen und psychomimetischen Aktivität der NMDA-Antagonisten zugrunde liegt) auch eine Rolle in der Schizophrenie spielen könnte (Farber et al., 1995). Auch Olney und Farber (1995) nahmen bei der Schizophrenie eine Unterfunktion des NMDA-Rezeptors mit resultierender Zerstörung von Interneuronen mit den Folgen mangelnder hemmender Neurotransmission und Zunahme exzitatorischer Einflüsse an. Dies würde erst im frühen Erwachsenenalter, wenn entscheidende Neuronenschaltkreise reifen, zu Fehlfunktionen führen, durch die eine Schizophrenie mit typischen verzögerten Symptomen ausgelöst wird.

NMDA-Rezeptor-Antagonisten sind aber auch schon experimentell bei Ratten als neuro- protektive Drogen eingesetzt worden, vor allem in Situationen, wo Neuronen geschädigt werden aufgrund von exzessiver Aktivität der NMDA-Rezeptoren (Farber et al., 1995).

2.2.3. AMPA-Rezeptor

Der AMPA-Rezeptor gehört wie der NMDA-Rezeptor zu den ionotropen Glutamat- Rezeptoren. Er ist mit einem Ionenkanal verbunden, der Kationen den Eintritt in die Zelle erlaubt (Espinoza und Parer, 1991; Nakanishi, 1992).

Die Verteilung der AMPA-Rezeptoren ist mit der, der NMDA-Rezeptoren vergleichbar: in welcher Region des Gehirns auch immer sich NMDA-Rezeptoren befinden, sind auch AMPA- Rezeptoren nachzuweisen (Cotman et al., 1987).

Der AMPA-Rezeptor besitzt vier Glutamat-Rezeptor-Untereinheiten: GluR1 bis GluR4. Bei einem AMPA-Rezeptor mit GluR2-Untereinheiten kann bei Aktivierung wie bei NMDA- Rezeptoren, Ca++ in die Zelle strömen, ansonsten nicht (Gozal et al., 1999; Calabresi et al., 2000).

Die AMPA-Rezeptor vermittelte Neurotoxizität zeigt ihren Höhepunkt am 10. postnatalen Tag (Romijn et al., 1991). Durch extrazelluläre Azidose kann sie im Gegensatz zur NMDA- Rezeptor vermittelten Neurotoxizität ansteigen (McDonald et al., 1998).

AMPA-Antagonisten besitzen genauso wie NMDA-Antagonisten eine neuroprotektive Wirkung, die aber in verschiedenen Hirnregionen unterschiedlich ausgeprägt ist: So reduzieren AMPA-Rezeptor-Antagonisten experimentell an Zellkulturen nachweislich Neuronenschäden oder Neuronenverluste in der CA1-Region, wo NMDA-Antagonisten relativ unwirksam sind (McDonald et al., 1998).

2.3. GABA-Rezeptor

Im Gehirn besteht eine feinregulierte Balance zwischen dem exzitatorischen Glutamatsystem und dem inhibitorischen GABA-ergen System. GABA (γ-Amino-Buttersäure), der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter, bindet an 3 verschiedenen GABA-Rezeptoren im ZNS:

GABAA-, GABAB- und GABAC-Rezeptoren (Van Eden et al., 1989; Starke, 1996; Bormann, 2000).

Der GABAB-Rezeptor ist nicht nur postsynaptisch, sondern auch präsynaptisch zu finden. Er steht über einen G-Protein gekoppelten Mechanismus mit Ca++- und K+-Ionenkanälen in Verbindung (Watling, 1998).

Der GABAC-Rezeptor ist wie der GABAA-Rezeptor mit einem Chlorid-Ionophor gekoppelt.

Dieses moduliert die Öffnung von Ionenkanälen und damit den Chlorid-Ionenfluß. Bisher wurde er hauptsächlich in der Retina gefunden, man nimmt jedoch an, dass er auch in verschiedenen anderen Regionen des ZNS vorkommt (Watling, 1998).

(17)

2.3.1. GABAA-Rezeptor

Der GABAA-Rezeptor-Komplex ist eine pentamere Struktur, wobei fünf meist verschiedene Untereinheiten so angeordnet sind, dass ein Chloridkanal entsteht (Olsen und Tobin, 1990;

Cobas et al., 1991; Luhmann et al., 1993). Bisher wurden folgende Untereinheiten aus sieben Familien entdeckt: 6 α-, 4 β-, 3 γ-, 1 δ-, 1 ε-, 1 π- und 3 ρ-Untereinheiten (Barnard et al., 1998). Whiting (1999) konnte auch Hinweise auf eine zusätzliche θ-Untereinheit geben.

Demzufolge können theoretisch sehr viele GABAA-Rezeptoren mit unterschiedlichen Kombinationen von Untereinheiten vorkommen. Es wurden bisher jedoch nur 15 verschiedene Untertypen beschrieben, wobei der GABAA-Rezeptorkomplex aus zwei α-, zwei β- und einer weiteren Untereinheit zusammengesetzt ist (Cobas et al, 1991).

Durch Bindung des Neurotransmitters GABA an den GABAA-Rezeptor, wird der Ionenkanal geöffnet und die Chloridionen können in die Zelle einströmen (Segal, 1993).

Die Ontogenese der GABAergen Innervation ist wie die anderen Neurotransmittersysteme im Gehirn zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vollständig abgeschlossen. Der GABA-Gehalt im Gehirn von neugeborenen Ratten beträgt nur ungefähr 50% des Gehaltes von erwachsenen Ratten. Außerdem macht die Dichte der postsynaptischen GABAA-Rezeptoren bei acht Tage alten Ratten nur 25% derjenigen bei erwachsenen Tieren aus (Coyle und Enna, 1976).

Der GABAA-Rezeptor besitzt folgende Bindungsstellen für Neurotransmitter und pharmakologische Modulatoren (Rothe et al., 1988; Olsen und Tobin, 1990; Möhler, 1992):

GABA-Bindungsstelle

Benzodiazepin-Bindungsstelle

Pikrotoxin-Bindungsstelle

Barbiturat-Bindungsstelle

Weitere Bindungsstellen (hier binden unter anderem einige Steroidhormone)

Durch Bindung dieser Substanzen an den Rezeptor kann der durch GABA ausgelöste Chlorid- Ionenfluß moduliert werden, und damit auch die hemmende GABA-Wirkung verstärkt oder reduziert werden.

So verstärken z.B. volle Benzodiazepinagonisten die GABA-Wirkung durch Erhöhung der Öffnungsfrequenz des Chlorid-Ionenkanals (Günther et al., 1995). Pikrotoxin und Tetrazol- Derivate reduzieren direkt den GABA-induzierten Chlorid-Ionenfluß, indem der Eintritt von Chlorid-Ionen in den Ionenkanal verhindert wird (Möhler, 1992; Sieghart, 1992). Barbiturate verstärken die Wirkung von GABA durch Verlängerung der Öffnungszeit des Ionenkanals.

Auch Steroidhormone verstärken die Wirkung von GABA, allerdings durch die Verlängerung der Öffnungszeit des Ionenkanals (Sieghart, 1992).

2.4. Hypoxie - Ischämie

2.4.1. Effekte von Hypoxie und Ischämie auf die Zelle

Hypoxie wird als verminderte bis unzureichende Sauerstoffversorgung der Körpergewebe definiert. Unter Ischämie versteht man die Blutleere oder Minderdurchblutung eines Gewebes infolge unzureichender oder fehlender arterieller Blutzufuhr (Boss, 1993).

Ischämie setzt im allgemeinen größere Schäden im Gehirn als Hypoxie (Pearigen et al., 1996).

Zerebrale Hypoxie und Ischämie führen zu verschiedenen zellulären pathologischen Veränderungen und können so in neuronalem Tod enden (Hoffman et al., 1994).

Die Pathophysiologie der ischämischen Hirn-Läsion ist bis jetzt, auch beim Menschen, noch nicht vollständig verstanden. Nach der gegenwärtig vorherrschenden Hypothese führt eine ischämische Verletzung zur Veränderung des zellulären Energie-Metabolismus, zur

(18)

intrazellulären Ca++-Akkumulation und zur Freisetzung exzitatorischer Aminosäuren (Berger und Garnier, 2000). Auch Arias et al. (1999) und Toner und Stamford (1997) konnten zeigen, dass die extrazelluläre Konzenztration der Neurotransmitter, wie zum Beispiel Glutamat und Aspartat, nach Ischämie stark erhöht ist.

Ein zellulärer pathologischer Mechanismus, der mit ischämischer Neurodegeneration assoziiert ist, ist Exzitotoxizität. Darunter versteht man das Absterben der Neurone aufgrund zu massiver oder zu langer Einwirkung von exzitatorischen Neurotransmittern, wie zum Beispiel Glutamat oder Aspartat (Arias et al., 1999; Johnston et al., 2001; Vannucci et al., 2001) und der daraus resultierenden Erhöhung der intrazellulären Ca++-Konzentration. Diese Exzitotoxizität bei der Pathogenese der Zellzerstörung spielt im sich entwickelnden Hirn eine größere Rolle als im erwachsenen Hirn (Johnston et al., 2001).

Delivoria-Papadopoulos und Mishra (Mishra und Delivoria-Papadopoulos, 1999; Delivoria- Papadopoulos und Mishra, 2000) nehmen sogar an, dass der starke intrazelluläre Ca++-Anstieg zu einer Veränderung der Transkription spezifischer apoptotischer Gene führt, dies so Endonukleasen aktiviert und letztendlich zum programmierten Zelltod führt.

Durch Hypoxie können in der Zelle außerdem freie Radikale freigesetzt werden. Diese freien Radikale können unter anderem zur Membran-Lipid-Peroxidierung und letztendlich zur Zellmembran-Dysfunktion führen (Mishra und Delivoria-Papadopoulos, 1999). Eines der freien Radikale ist Stickstoffmonoxid (NO). NO+ ist die reduzierte Form des NO. NO hat neurotoxische Effekte. NO+ scheint dagegen neuroprotektive Effekte zu haben, in dem es den Redox-Zustand des NMDA-Rezeptor-Ionen-Kanals so verändert, dass sich der Kanal weniger öffnet und deshalb weniger Ca++-Ionen in die Zelle gelangen (Groenendaal et al., 1997).

Hypoxie und Ischämie führen gleichermaßen zu einer insuffizienten Adenosin 5'-Triphosphat- Produktion. Normalerweise wird bis zu 60% von diesem ATP genutzt, um das Ionen- Gleichgewicht in der Zelle zu halten, hauptsächlich indem Na+ aus der Zelle und K+ in die Zelle gepumpt wird. Eine Reduzierung des ATP aufgrund von Hypoxie führt also zu schweren Störungen des Ionen-Gleichgewichts. In dem Moment, wo Na+ physiologisch in die Zelle eintritt und K+ die Zelle verläßt, depolarisiert die Zellmembran und führt zu einem Spannungs- abhängigen Öffnen von Ca++-Kanälen und noch mehr Ca++-Einstrom in die Zelle (Espinoza und Parer, 1991; Mishra und Delivoria-Papadopoulos, 1999).

2.4.2. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das glutamaterge System

Die Topographie der durch Hypoxie oder Ischämie verursachten Schäden im Gehirn korrespondiert zur Verteilung der Glutamat-Rezeptoren (McDonald und Johnston, 1990). So sind zum Beispiel Hippocampus-Neurone besonders sensitiv gegenüber zerebralen Schäden durch Ischämie. Man nimmt an, dass dies auf die hohe Dichte an Glutamat-Rezeptoren im Hippocampus beruht (Barks et al., 1988; Zhao und Flavin, 2000; Liu et al., 2001). Innerhalb des Hippocampus sind die CA1-Zellen sensitiver gegenüber Zellschäden durch Hypoxie oder Ischämie als die CA3- oder DG-Region (Gyrus dentatus) des Hippocampus (Cheung et al., 2001).

Exzitatorische Aminosäuren spielen eine wichtige Rolle bei neuronalen Schäden des Hirns durch Hypoxie und Ischämie: Die Glutamat- und Aspartat-Konzentrationen im extrazellulären Raum des Gehirns steigen nach Hypoxie oder Ischämie an (Krajnc et al., 1996; Sebastião et al., 2001). Sowohl die alleinige in vivo als auch die in vitro Darreichung von Glutamat kann experimentell zum Neuronen-Tod in Bezirken des Gehirns mit einer höheren Dichte von Glutamat-Rezeptoren führen (Espinoza und Parer, 1991).

(19)

Die Hypoxie- bzw. Ischämie-bedingte Freisetzung von exzitatorischen Aminosäuren, aktiviert den NMDA-Rezeptor, und der intrazelluläre Spiegel von Na+ und Ca++-Ionen steigt an. Vor allem der Anstieg an Ca++-Ionen aktiviert wiederum Proteasen, Phospholipasen und Stickstoffmonoxidsynthetasen und führt damit zur Bildung freier Radikale und zum Zelltod (Toner und Stamford, 1997; Fritz et al., 1999a; Xie et al., 1999; Yoshioka et al., 2000).

Zerebrale Ischämie führt also zu Gewebeschädigung durch Überstimulation der neuronalen Glutamat-Rezeptoren. Aber auch Sauerstoffmangel-bedingte Membrandepolarisation führt zur passiven Öffnung des NMDA-Rezeptor-Ionen-Komplexes (Johnston et al., 2001; Vannucci et al., 2001). Das pathologische Geschehen steigert sich zu einer verlängerten Öffnung der NMDA-Rezeptor-Ionen-Kanäle und kulminiert in abnorm hohen intrazellulären Ca++-Spiegeln (Arias et al., 1999; Fritz et al., 1999a; Delivoria-Papdopoulos und Mishra, 2000).

Durch Gabe von NMDA-Rezeptor-Antagonisten vor den Insulten kann man die Hypoxie- oder Ischämie-induzierten neuronalen Schäden mindern. Diese Befunde konnten experimentell bei Ratten, neugeborenen Schweinen und Katzen nachgewiesen werden (Espinoza und Parer, 1991; Gilland et al., 1998; Fritz et al, 1999a; Spandou et al., 1999).

Zerebrale Hypoxie und Ischämie verändert den NMDA-Rezeptor auch in seiner grundsätzlichen Funktion, indem der Ionen-Kanal unspezifisch geöffnet wird (Hoffman et al., 1994). Wie und wo genau der Rezeptor durch den Sauerstoffmangel verändert wird, ist noch nicht genau bekannt: Fritz et al. (1999b) nehmen an, dass der Ionen-Kanal des NMDA- Rezeptors durch Hypoxie verändert wird. Simakajornboon et al. (2000) und Cheung et al.

(2001) geben an, dass die NR1-Untereinheit des Rezeptors bei Hypoxie verstärkt phosphoryliert vorliegt und somit die Funktion des NMDA-Rezeptors verändert ist.

Liu et al. (2001) konnten eine Abnahme der NR2A-Untereinheit nach Sauerstoffmangel des Gehirns nachweisen. Die außerdem nachgewiesene Phosphorylierung der NR2A-Untereinheit scheint ein wichtiger Weg, um den NMDA-Rezeptor zu regulieren.

Takagi et al. (1997) fanden ebenfalls eine Phosphorylierung der NR2-Untereinheiten: im Hippocampus liegen sowohl NR2A- als auch NR2B-Untereinheiten vermehrt phosphoryliert vor. Im Striatum und zerebralen Kortex hingegen, konnte nur eine vermehrte Phosphorylierung der NR2A-Untereinheit festgestellt werden. Diese Phosphorylierung potenziert die NMDA- Rezeptor-Aktivität.

Ischämie führt außerdem zu einer Abnahme der Expression der NR2A- und NR2B- Untereinheiten im Hippocampus 24 Stunden nach der Läsion (Zhang et al., 1997). Außerdem ist die Aktivität der AMPA- und der NMDA-Rezeptoren nach einem ischämischen Insult vermindert. Hsu et al. (1998) fanden diesen Abfall aber nur in der CA1- und DG-Region des Hippocampus relativ früh, das heißt 24 Stunden nach dem Insult, während sich die Expression dieser beiden Untereinheiten in der DG-Region des Hippocampus nach längerer Zeit wieder erholte.

Gottlieb und Matute (1997) konnten zwei Tage nach dem ischämischen Insult eine mikrogliale Reaktion im Hippocampus feststellen. Diese Reaktion hat ihren Höhepunkt am 4.-6. Tag nach dem Insult. Außerdem konnten sie zeigen, dass Astrozyten und Mikroglia vermehrt Proteine produzieren. NR2A/B-Untereinheiten werden auf Zellen exprimiert, die morphologische Ähnlichkeiten mit Astrozyten haben; und auch die NR1-Untereinheit steigt verstärkt an – zumindest zwischen dem 3. und 7. postischämischen Tag.

2.4.3. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das GABAerge System

Hypoxie stört auch das GABAerge System. Es konnten höhere Konzentrationen von GABA in der Zerebrospinalflüssigkeit nach Sauerstoffmangel nachgewiesen werden. GABA als

(20)

inhibitorischer Neurotransmitter hemmt die Dopamin-Neuronen. Wenn die GABA- Konzentration niedrig ist, dann steigt die Dopamin-Ausschüttung, und wenn die GABA- Konzentration ansteigt - wie nach Hypoxie oder Ischämie - dann fällt die Dopamin- Konzentration im Hirn ab (Brixey et al., 1993).

Hypoxie und Ischämie zerstören nachweislich GABAerge inhibitorische Interneurone (Romijn, 1989; Romijn et al., 1992). NMDA-Rezeptor-Blocker können diese Zellverluste nach Hypoxie vermindern (Romijn, 1989).

Die GABA-Rezeptoren reagieren unterschiedlich sensibel auf den Sauerstoffmangel. So zum Beispiel kann man Ischämie-induzierte Änderungen am GABAA-Rezeptor-Ionenkanal sehen, die zu einer Schmälerung der inhibitorischen Effekte führen (Luhman et al., 1993).

Außerdem haben Viapiano et al. (2001) gezeigt, dass die Bindungskapazität des Neurotransmitters GABA an den GABAA-Rezeptor nach Sauerstoffmangel des Gehirns um 30% fällt. Dieser Abfall der Bindungskapazität konnte bis zum 10. Tag nach der Hypoxie nachgewiesen werden, ist aber insgesamt reversibel (Viapiano et al., 2001).

2.4.4. Wirkung von Hypoxie und Ischämie auf das Verhalten

Hypoxie und Ischämie bei der Geburt scheint bei Ratten auch akute und langfristige Effekte auf das Verhalten zu haben:

Ratten mit Anoxie bei der Geburt waren hyperaktiver (Iuvone et al., 1996; Brake et al., 2000) und zeigten ein, wenn auch subtiles, Defizit beim Erwerb des räumlichen Lernens (Iuvone et al., 1996; Boksa et al., 1998).

Ein ischämischer Insult in neonatalen Ratten konnte außerdem längerfristige Defizite im gesamten Lernverhalten und im motorischen Verhalten des Tieres verursachen (Balduini et al., 2000).

Weiterhin zeigten adulte Ratten mit perinataler Hypoxie eine Überreaktion auf wiederkehrenden Stress (El-Khodor und Boksa, 2000), gleichzeitig aber auch ein reduziertes Angst-geleitetes Verhalten (Hoeger et al., 2000).

Hypoxie und Ischämie können anscheinend auch die chronobiologische Uhr von Ratten beeinflussen (Antier et al., 1998b).

2.5. Die Ratte als Tiermodell

Tier-Modelle sind wichtige Möglichkeiten, neue Theorien über Herkunft und Pathologie der Schizophrenie zu testen (Lipska und Weinberger, 2000). Da es keinen pathognomonischen Marker für das vielfältige Krankheitsbild der Schizophrenie gibt, muß man auf ein Tiermodell zurückgreifen, dass eine Konstellation von biologischen und Verhaltensphänomenen reproduziert, die bei der Schizophrenie relevant sind (Lipska und Weinberger, 2000).

Das Ratten-Modell zur Untersuchung von neonataler zerebraler Hypoxie und Ischämie kann als vergleichbares Modell für den Menschen herhalten (Antier et al., 1998a; Ota et al., 1998).

So ist zum Beispiel die Aminosäure-Sequenz der NR1-Untereinheit des NMDA-Rezeptors zu 99% identisch zwischen Ratte, Maus und Mensch (Nakanishi, 1992).

Der Ratten-Neocortex von 12-13 Tagen alten Ratten wird als vergleichbares Modell für das menschliche Hirn bei der Geburt angesehen, da Ratten zu einem frühen Zeitpunkt der Hirnentwicklung geboren werden (Romijn et al., 1991).

(21)

2.6. Untersuchungsmethoden

2.6.1. Präpulsinhibition als Untersuchungsmethode für Verhaltensauffälligkeiten

Die akustische Schreckreaktion (ASR) der Ratte wird durch plötzliche, intensive (> 85 dB SPL) Reize ausgelöst. Sie ist eine phylogenetisch alte, im Bereich der Säugetiere universell auftretende, motorische Antwort auf potentiell gefährliche Reize im Sinne einer willkürlichen, nicht unterdrückbaren, protektiven Reaktion. Sie besteht aus einer Kontraktion der Ganzkörpermuskulatur, vor allem aber der Kopf- und Nackenmuskeln. Über ihren biologischen Sinn wird noch spekuliert: zum einen schützt eine kontrahierte Muskulatur besser vor einem Biss oder Zugreifen mit Krallen, zum anderen wird durch eine erhöhte Muskelspannung die Latenz einer etwaig folgenden Flucht- oder Angriffsreaktion verbessert (Fendt und Fanselow, 1999).

Die ASR kann durch unterschwellige Reize, die 30 bis 500 ms vor dem Schreckreiz dargeboten werden und auch anderer Modalität sein können, gehemmt werden (Swerdlow et al., 1992). Dieses Phänomen wird Präpulsinhibition genannt (englisch: Prepulse Inhibition = PPI). Dem Phänomen der PPI liegt keine Konditionierung zugrunde. Schon bei der ersten Reflexauslösung ist es vorhanden. Die PPI kann als Modell zur Erforschung der Filter- Funktionen des Gehirns herangezogen werden. Während der Verarbeitung eines Reizes (hier des Präpulses) wird die Verarbeitung kurz danach eintreffender Reize (hier der Schreckreiz) abgeschwächt und so auch die motorische Reaktion reduziert (Swerdlow et al., 1992; Fendt et al., 2001; Meincke et al., 2001).

Dieser sensomotorische Filter dient dazu, die Verarbeitung eines Reizes vor Störungen durch anderer, gleichzeitig eintreffender Reize zu schützen und ist bei einigen psychiatrischen Erkrankungen, z.B. der Schizophrenie, der Parkinson Krankheit dem Tourette-Syndrom und der Huntington Krankheit, gestört (Swerdlow et al., 1992; Cadenhead et al., 1993; McDowd et al., 1993; Docherty und Grillon, 1995; Meincke et al., 2001). Dadurch könnte die Erforschung der neuronalen Grundlagen der Präpulsinhibition möglicherweise auch klinische Bedeutung für diese Erkrankung haben.

Ein PPI-Defizit spiegelt also kein spezielles psychopathologisches Symptom oder Syndrom wieder, sondern ist Ausdruck der Dysfunktion der die PPI regulierenden Hirnstrukturen. Die Beteiligung des anteromedialen Striatums wie auch des Hippocampus an der Regulation der PPI kann als gesichert gelten (Meincke et al., 2001; Swerdlow et al., 2001). Dem Nucleus Accumbens - als Bindeglied zwischen Frontalhirn und limbischen Strukturen - kommt große Bedeutung in der Kontrolle von Verhalten und Kognition zu. Im Nucleus Accumbens konvergieren glutamaterge Afferenzen aus Hippocampus, medialem Präfrontalen Cortex und Amygdala und dopaminerge aus dem ventralen tegmentalen Areal.

In der negativen Beeinflussung der PPI gelten derzeit Glutamat-Rezeptor-Antagonisten, 5-HT (Serotonin) Rezeptor-Agonisten und Dopamin(D2)-Rezeptor-Agonisten als maßgebend (Koch und Robbins, 2001). Dopaminagonisten wie Apomorphin und D-Amphetamin bewirken in systemischer Applikation eine Reduktion der PPI, die durch Dopaminrezeptor-Antagonisten reversibel ist.

Glutamat ist wichtiger Überträgerstoff kortikostriataler Verbindungen und spielt ebenfalls eine Rolle in der Regulation der PPI. So wurde ein PPI-Defizit nach systemischer Anwendung von NMDA-Antagonisten beobachtet, das sich nach Applikation von atypischen Neuroleptika wieder zurückbildete (Meincke et al., 2001).

Die PPI kann sowohl bei gesunden als auch bei neuropsychiatrisch erkrankten Menschen gemessen werden. In zahlreichen klinischen Fällen wird die PPI benutzt, um gestörte Gehirnfunktionen zu identifizieren und zu verstehen und um möglichst zielgerichtet therapieren

(22)

zu können. Darüber hinaus ist PPI ein spezies-übergreifendes Phänomen, das sehr gut auch in Versuchstieren (Ratten, Mäuse) gemessen werden kann. Es ist hierbei wichtig, dass viele Charakteristika der neuronalen Regulation der PPI, welche in Tierstudien entdeckt wurden, in Studien am Menschen bestätigt werden konnten. Ebenso finden sich aber auch Unterschiede zwischen den Spezies, z.B. Unterschiede in den Mustern neuronaler Regelkreise und der Substrate, welche die PPI regeln. Die sensorimotorische Regulation (gating) des Schreck- Reflexes durch PPI kann spezies-übergreifend ausgelöst werden. Zum Auslösen gleicher Reflexe können gleiche Stimuli benutzt werden (Olivier et al., 2001; Swerdlow et al., 2001).

Bei der Schizophrenie liegt es nahe, ein Defizit der PPI zu erwarten. Daher stellt die Messung der PPI, auch bei Ratten, ein gutes, erprobtes Mittel dar, um die Verhaltens-Veränderungen zu untersuchen und zu beurteilen.

2.6.2. In-Situ-Hybridisierung

Die In-Situ-Hybridisierung (ISH) ermöglicht ein Markieren von bestimmten, durch ihre Nucleotidsequenz definierten DNA- und RNA-Strängen direkt im Gewebe (in situ). Mit Hilfe eines Plasmids wird eine radioaktiv-markierte mRNA (Sonde) gebildet, die dem Gegenstück der gesuchten Nucleotidsequenz entspricht. Diese kann auf das zu untersuchende Gewebe aufgetragen werden und bindet dort mit der gesuchten Nucleotidsequenz. Schließlich können die markierten Bereiche im Gewebe z.B. mit Hilfe einer strahlungs-sensitiven Folie, optisch dargestellt werden (Ausubel et al., 1996).

Die ISH ist heutzutage die Methode der Wahl, um die Verteilung und Dichte bestimmter Nukleinsäuresequenzen in kleinen anatomischen Regionen oder Subregionen, z.B. des Gehirns zu studieren (Uhl, 1993). Sowohl DNA- als auch RNA-Sequenzen lassen sich direkt im Gewebe (in situ) nachweisen. Hierfür kann man Zellausstriche, Zellkulturen oder wie in dieser Arbeit, auf Objektträgern fixierte Gewebeschnitte verwenden. So lässt sich mit dieser Methode der Nachweis von mRNAs erbringen (Schafer et al., 1993).

2.6.3. Rezeptorautoradiographie

Die Rezeptorautoradiographie ist eine Methode zur radiologischen Markierung von Rezeptoren. Sie ermöglicht die Messung der Dichte und Lokalisation von Rezeptoren an unfixierten Schnitten, welche nach standardisierten Versuchsprotokollen (Zilles und Schleicher, 1995; Zilles et al., 1999) behandelt werden.

Dabei werden radioaktive Liganden an die entsprechenden Rezeptoren gebunden. Schließlich können diese gebundenen Liganden über Inkubation auf einer Röntgenfolie optisch dargestellt und quantifiziert werden. Nach der Auswertung der Folien kann nun eine quantitative Aussage über den Rezeptor gemacht werden.

Im Detail werden die unfixierten Gehirnschnitte in einer Magnesium- und Zink-freien Pufferlösung gereinigt. Es befinden sich im Ionenkanal des NMDA-Rezeptors Bindungsstellen sowohl für Magnesium- als auch für Zinkionen. Ein Vorhandensein solcher würde das Versuchsergebnis beeinflussen.

Bei der Hauptinkubation werden die Schnitte wieder in eine Pufferlösung mit radioaktiv markierten Liganden gestellt. So können diese für einen definierten Zeitraum an die Rezeptoren binden. Schließlich werden in mehreren Waschungen die nicht gebundenen Liganden ausgewaschen. Da auch eine unspezifische Bindung im Gewebe stattfindet, wird ein Kontrollpräparat angefertigt. Es wird ebenso in eine Pufferlösung mit markierten Liganden gestellt, aber zusätzlich wird ein Kompetititor in 1000 facher Menge mit hinzugefügt (McCoy und Richfield, 1996a; McCoy und Richfield, 1996b). Der Kompetititor verdrängt den Liganden

(23)

von den Rezeptoren. Schließlich entsteht hier ein Kontrollbild mit einer unspezifischen Bindung. Die unspezifische Bindung kann von der spezifischen subtrahiert werden. So kann die tatsächliche Rezeptordichte errechnet werden.

(24)

3. Eigene Untersuchungen 3.1. Material

3.1.1. Ratten

Für die Versuche wurden männliche Sprague Dawley Ratten verwendet. Das Alter der Tiere wird aus Tabelle 1 ersichtlich. Das Gehirn der Ratte ist sehr gut charakterisiert und ermöglicht dadurch eine präzise Beschreibung und Auswertung einzelner Gehirnregionen.

Die Ratten wurden im Tierhaus des Klinikum Mannheim für die Versuche gezüchtet. Die Firma Janvier (Frankreich) lieferte die Zuchttiere.

Die Tierversuche haben im Tierhaus des Klinikum Mannheim stattgefunden. Sie wurden durch das Regierungspräsidium Karlsruhe (Aktenzeichen 35-9185.81/164/98) unter der Nummer 164/98 genehmigt. Die molekularbiologischen Untersuchungen wurden im Labor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim durchgeführt. 123 männliche neugeborene Ratten gingen in die Versuche ein. Davon sind 24 Ratten noch während der laufenden Versuche gestorben: 21 Tiere sind von ihren Müttern nach der Operation getötet worden, 3 Tiere sind während der Operation verstorben, die Daten von 3 Tieren im PPI Versuch konnten nicht verwendet werden. Insgesamt wurden von den 11 Tage alten Ratten 40 Tiere molekularbiologisch untersucht; in den Verhaltensversuchen sind 56 Tiere bewertet worden.

Tabelle 1: Übersicht Versuchstiere

Versuch . Gesamt Vers.-Tag 11. Tag getötet PPI CH-V 25 Tiere 4.-8. 10 Tiere 15 Tiere CH-K 24 Tiere 4.-8. 10 Tiere 14 Tiere HI-V 22 Tiere 8. 10 Tiere 12 Tiere HI-K 25 Tiere 8. 10 Tiere 15 Tiere

(Vers.-Tag = Lebenstag, an welchem der Versuch stattgefunden hat; PPI = Präpulsinhibition, CH-V = chronische Hypoxie - Versuch; CH-K = chronische Hypoxie - Kontrolle; HI-V = Hypoxie / Ischämie - Versuch; HI-K = kombinierte Hypoxie/Ischämie – Kontrolle, siehe auch 3.2.1.)

3.1.2. Geräte und Materialien

Die für die Versuche nötigen Geräte und Materialien sind in der nachfolgenden Tabelle 2 aufgelistet.

Tabelle 2: Geräte und Reagenzien

Geräte und Materialien Hersteller / Firma [3H]-Micro-scales; 0,111-4,07kBq/mg Amersham, England AIS - Analytical Imaging Station Interfocus, Deutschland

Anexate® Roche, Schweiz

Antisedan® Pfizer, Deutschland

Autoradiographic[14C]Micro-Scales, Amersham, England

Dextransulfat Sigma-Aldrich, Deutschland

Diethylpyrocarbonat - DEPC Roth, Deutschland

Domitor® Pfizer, Deutschland

(25)

Dormicum® Roche, Schweiz

DTT - 1,4-Dthiothreit Sigma-Aldrich, Deutschland EDTA - Ethylenediaminetetraacetic acid Sigma-Aldrich, Deutschland

Formamid Merck, Deutschland

HCl RdH Laborchemikalien, Deutschland

Hostamox® Pfizer, Deutschland

Hyperfilm-[3H] Amersham, England

Illuminator, Model B ´95 Northern Light, USA

KCl Mallinckrodt Baker, Niederlande

KH2PO4 Mallinckrodt Baker, Niederlande

KSCN Mallinckrodt Baker, Niederlande

Kryostat Firma Laica CM 3000, Deutschland

Na2HPO4 Mallinckrodt Baker, Niederlande

Narcanti-vet® Janssen, Deutschland

NTP-Mix MBI Fermentas, Deutschland

Objektiv, Mikkor 55 mm Nikon, Deutschland

Paraformaldehyd Sigma-Aldrich, Deutschland

piezoelektrischen Akzelerometer Eigenbau Universität Tübingen, Deutschland

Polamivet® Intervet, Deutschland

Quick Spin Columns (G-50 Sephadex C.) Boehringer, Deutschland

RNase AWAY Molecular BioProducts inc., USA

RNase Inhibitor Roche, Schweiz

RNA – Polymerase MBI Fermentas, Deutschland

Röntgenentwickler Kodak, Deutschland

Röntgenfolie, BioMax MR Film Kodak, Deutschland

[35S] – UTP Perkin-Elmer, USA

Sauerstoffmeßgerät (GMH3690) Geisinger, Deutschland

Soundkarte Siggen, Deutschland

TEA Merck, Deutschland

Trocknungs-Perlen Roth, Deutschland

Vicryl-Faden 0,4 metric Johnson und Johnson, USA yeast RNA (Hefe RNA – t-RNA) Roche, Schweiz

3.2. Methode 3.2.1. Versuche

3.2.1.1. Chronische Hypoxie (CH)

25 Ratten im Alter von 4 Tagen wurden in Dreier- bis Fünfer-Gruppen in einen luftdicht abgeschlossenen Käfig gesperrt. Über fünf Tage, sechs Stunden je Tag, atmeten sie dort eine Gasmischung aus 11% Sauerstoff und 89% Stickstoff. Das Muttertier war im Käfig anwesend

(26)

und hatte freien Zugang zu Futter und Wasser. Ebenso konnten die Jungtiere jederzeit von ihrer Mutter gesäugt werden.

Die Kunststoff-Käfige waren 41 x 31 cm in der Grundfläche und 15 cm hoch. Der Gasfluß in den Versuchs-käfig betrug 5 Liter je Minute (+/- 0,5 L / min). Durch ein Einlaßventil wurde das Gasgemisch in den Käfig eingeleitet und durch ein Auslaßventil konnte das überflüssige Gas wieder entweichen. Für die Kontrolle des Sauerstoffgehaltes wurde ein Sauerstoff- Messgerät benutzt. Die Abweichung des Meßgerätes betrug +/- 0,1 %, die Genauigkeit der Gasmischbarkeit lag bei + 0,2 % bzw. - 0,3 %. Die Versuche fanden bei Raumtemperatur (ca.

21°C) statt.

26 Kontrolltiere wurden in einen ebensolchen Käfig gesperrt, unter gleichen Bedingungen und für denselben Zeitraum, allerdings war dieser mit normaler Raumluft belüftet.

Je 10 Versuchstiere und 10 Kontrolltiere wurden am elften postnatalen Tag getötet. Die anderen 15 Versuchs- und 16 Kontrolltiere nahmen am geplanten Verhaltensexperiment teil und werden erst am 90. Tag getötet.

3.2.1.2. Kombinierte Hypoxie/Ischämie (HI)

22 Ratten im Alter von acht Tagen wurden gewogen und entsprechend ihres Gewichtes (18-21 g) mit dem in Tab. 3 angegebenen Gemisch aus einer Mischspritze subkutan narkotisiert.

Tab. 3: Dosierungsanleitung zur Narkose (Angaben in mg/kg KGW):

Methadon 1,0 (Polamivet®)

Midazolam 2,0 (Dormicum®)

Medetomidin 0,15 (Domitor®)

Zur Antagonisierung:

Naloxon 0,12 (Narcanti-vet®)

Flumazenil 0,2 (Anexate®)

Atipamezol 0,75 (Antisedan®)

Die Ratte wurde jeweils auf ein Wärmekissen (39°C) gelegt und fixiert. Die Haut wurde ventral in der Mitte des Halses durch einen ca. 5 mm langen Scherenschlag eröffnet. Der Schnitt verlief laterolateral. Nach Freipräparieren wurden beiderseitig der Trachea unter dem Musculus sternocleidomastoideus die Arteria carotis communis sichtbar, die von dem Truncus vagosympaticus und der Vena jugularis interna isoliert werden. Die Arteria carotis communis wurde für eine Dauer von acht Minuten beidseits mit Aneurysmenklemmen abgeklemmt.

Während dieser acht Minuten lagen die Tiere in einem gasdicht abgeschlossenen Käfig, der mit einem Gasgemisch aus 8% Sauerstoff und 92% Stickstoff belüftet wurde. Nach einer Erholungsphase von 10 Minuten, während derer die Ratten Raumluft atmen konnten und die Aneurysmenklemmen gelöst wurden, wurde dieser Vorgang noch einmal wiederholt. Zum Versuchsende wurden die Klemmen gelöst und entfernt.

Die Wunde wurde vernäht (0,4 metric Vicryl) und die Ratten mit einem Antidot aus ihrer Narkose geweckt. Eine vorsorgliche Antibiose wurde mit Amoxicillin (Hostamox®, 13 mg/kg) subkutan gespritzt.

(27)

26 Kontrolltiere durchliefen das Versuchsschema ebenso, nur dass bei ihnen die Arteria carotis communis nicht abgeklemmt wurde. Die Operation wurde ansonsten genauso durchgeführt.

Auch in diesem Teil der Experimente wurden je 10 Versuchs- und 10 Kontrolltiere am 11.

postnatalen Tag getötet. Die anderen 12 Versuchs- und 16 Kontrolltiere wurden erst nach dem Verhaltensexperiment am neunzigsten Lebenstag getötet.

3.2.1.3. Töten der Ratten – Gehirnentnahme und Lagerung

Die Ratten wurden am 11. Lebenstag, beziehungsweise am 90. Lebenstag getötet. Die Ratten, welche am 90. Lebenstag getötet werden, hatten zuvor an den Verhaltensversuchen (siehe 3.2.6.) teilgenommen, welche am 85. Tag (± 4) stattfanden.

Zum schmerzlosen Töten wurden die Ratten erst in Äther narkotisiert und schließlich mit einer Guillotine dekapitiert. Das Fell wurde vom Kopf entfernt und die Schädeldecke wurde mit einer Knochenzange entfernt. Das Gehirn wurde entnommen und in flüssigem Stickstoff schockgefroren. Um Läsionen zu vermeiden, wurde das Gehirn in ein Behältnis mit Isopentan gelegt und dieses in den flüssigen Stickstoff gelegt, bis das Gehirn durchgefroren war. Das Gehirn wurde in Aluminiumfolie und in Parafilm verpackt und wurde stoßfest in Röhrchen in einem Gefrierfach bei -80°C gelagert.

3.2.2. In-Situ-Hybridisierung

3.2.2.1. Das Anfertigen der Schnitte

Je Gehirn wurden in drei verschiedenen Ebenen Schnitte in einer Schichtdicke von 20 µm für die In-Situ-Hybridisierung (ISH) mit dem Kryostat geschnitten. Diese Schnitte wurden auf bereits beschriftete Objektträger aufgezogen und mit 4%igem Paraformaldehyd 15 Minuten lang bei Raumtemperatur fixiert.

Aus folgenden Ebenen wurden Schnitte erstellt: Präfrontaler Cortex, Striatum und Hippocampus.

In diesen Regionen wurden folgende Bereiche ausgewertet (Paxinos und Watson, 1986):

• Präfrontaler Cortex: (3.70 mm rostral von Bregma), Region: 1. Fr1/2 = Frontaler Cortex;

2. Cg1/3 = Gyrus cinguli; 3. IL = Infralimbischer Cortex.

• Striatum: (0.70 mm rostral vom Bregma), Regionen: 1. CPu = Nucleus caudatus + Putamen = Striatum = Caudatus putamen; 2. AcbC = Nucleus Accumbens.

• Hippocampus (-3.60 mm caudal von Bregma), Regionen: CA1; CA2; CA3a; CA3c; DG = Hilus.

Bei der Auswertung wurden sowohl die rechte als auch die linke Gehirnhälfte gemessen und ausgewertet. Der Mittelwert hieraus ging in die Bewertung ein.

(28)

Abbildung 1: Ausgewertete Ebenen im Hippocampus ( -3.60 mm caudal von Bregma)

(Abb. nach Paxinos und Watson 1986)

3.2.2.2. Herstellung der benötigten Lösungen und Materialien Paraformaldehyd-Lösung 4%

PBS-Pufferstammlösung

Für 1000 ml einer 250 mM Lösung werden 36g Na2HPO4, 6g KH2PO4, 5g KCl und 200g 20%ige NaCl-Lösung in 600ml zweifach destilliertem Wasser gelöst. Wiederum mit zweifach destilliertem Wasser auf 1000ml ergänzen.

Zur Herstellung niedrig konzentrierterer Lösungen wird die Pufferstammlösung mit DEPC- Lösung entsprechend verdünnt.

10 g PAF (Paraformaldehyd) in 250 ml PBS lösen, Gemisch sofort auf 60°C auf Magnetheizplatte erhitzen, bis die Lösung sich aufklart (kann mit NaOH beschleunigt werden).

Lösung auf Eis kühlen; abfiltrieren; mit 5 M HCl auf pH 7 einstellen.

(29)

DEPC-Lösung

In 1 Liter zweifach destilliertes Wasser wird 1 ml Diethylpyrocarbonat (DEPC; dient der Deaktivierung von mRNAsen) - Konzentrat gegeben. Die Lösung wird autoklaviert.

Probenpuffer

Volumen Endonzentration

100% Formamid (unautoklaviert) 12,5 ml 50%

20 x SSC 2,5 ml 2 x

0,5 M EDTA 62,5µl 1,25mM

1,0 M TRIS pH 7,5 500 µl 20 mM

50 x Denhardt´s solution 500 µl 1x

50% Dextransulfat 5,0 ml 10%

10% SDS 250µl 0,1%

Mit DEPC-Lösung auf 25,0 ml auffüllen.

Die oben genannten Substanzen (nicht das Formamid) werden zusammen gemischt und auf 50°C erhitzt. Danach wird die Lösung autoklaviert. Nach dem Abkühlen wird das Formamid beigemischt. Die fertige Lösung kann bei –20°C im Gefrierfach gelagert werden. (Die Dextransulfat-Lösung kann in einer Menge von 2,5 g in 5,0 ml DEPC-Lösung bei 85°C gelöst und dann bei –20°C gelagert werden.)

Details und Standard-Abläufe sind dem Buch „Sambrook, Fritsch, Maniatis (1989): Molecular Cloning, A Laboratory manual“ entnommen.

20 x SSC-Stammlösung – (20mM)

3 M NaCl 175,32 g

0,3 M Na-Citrat 88,2 g

mit zweifach destilliertem Wasser auf 1000ml auffüllen.

pH 7,0 mit HCl einstellen.

3.2.2.3. Versuchsablauf bei der ISH

Die benutzten Gerätschaften wurden zuvor entweder im Autoklaven sterilisiert oder mit reinigenden bzw. RNAse deaktivierenden Reinigungsmitteln (RNase AWAY) behandelt.

3.2.2.3.1. Dehydrierung der Schnitte

Die auf Objektträgern aufgetragenen Schnitte wurden nacheinander mit einer Reihe von Lösungen nach folgendem Protokoll behandelt:

10 mM PBS 10 min

10 mM PBS 10 min

50% EtOH / DEPC 3 min 75% EtOH / DEPC 3 min 90% EtOH / DEPC 3 min 100% EtOH / DEPC 5 min 100% EtOH / DEPC 5 min Lufttrocknen lassen

(30)

Die Schnitte können so behandelt bis zu einem Jahr bei –20°C in luftdicht verschlossenen Behältnissen aufbewahrt werden.

3.2.2.3.2. In vitro – Transkription (Sonde)

Die Reagenzien wurden in der untenstehenden Reihenfolge in ein gekühltes (4°C) Eppendorf- Gefäß pipettiert.

Volumen Endkonzentration

1. Polymerase-Puffer, 4,0 µl

2. DTT (2,5M) 0,8 µl 0,1M

3. DEPC-Lösung 4,0 µl

4. NTP-Mix (10mM) 1,0 µl 0,5mM/Triphosphat

5. Plasmid (200ng/µl) 0,5 µl (100 ng) 5 ng / µl 6. RNAse Inhibitor, (40 U/µl) 1,0 µl 2 U / µl*

7. RNA – Polymerase (20 U/µl) 3,5 µl (70 U) 3,5 U / µl*

8 [35S] – UTP (40mCi/ml)** 5,0 µl (0,25 nmol) 200µCi

* soll auch während des Pipettierens gekühlt werden

** Vorsicht: radioaktiv

Die fertige Lösung wurde für 2 Stunden im Wasserbad bei 37°C inkubiert. Danach wurde die Lösung auf Eis gestellt und 50 µl DEPC-Lösung zugeben. Anschließend wurde das Gemisch homogenisiert.

Je untersuchter Untereinheit des NMDA-Rezeptors stand ein Plasmid zur Verfügung.

Es wurden jeweils zwei Stränge hergestellt: zum einen der Strang, welchen wir für die Auswertung benötigen (antisense-Strang - AS), zum anderen der Ursprungsstrang (sense – S), welcher als Kontrolle sowohl während der Herstellung, als auch bei der Auswertung dienen sollte. Je Plasmid wurde eine Probe mit einer T3- und eine Probe mit einer T7-RNA- Polymerase angesetzt.

Je nachdem welches Plasmid benutzt wird, wurden unterschiedliche Polymerasen zur Bildung des antisense-Stranges benutzt. Die genaue Aufteilung wird aus Tabelle 4 ersichtlich:

Tabelle 4: Polymerasen

NR1 NR2-A NR2-B NR2-C NR2-D

anti-sense T7 T7 T3 T7 T3

sense T3 T3 T7 T3 T7

Tabelle 5: Folgende Fragmente der Gesamt-Clone wurden benutzt:

Gene GeneBank Fragment-Position Fragment-Size

RNR1-3-a U08265 2202-2721 520 bp

RNR2A M91561 3774-4359 585 bp

RNR2B NM008171 4030-4444 415 bp

RNR2C M91562 2484-2862 378 bp

RNR2D L31611 2157-2667 510 bp

(31)

3.2.2.3.3. Fraktionierung und Quantifizierung

Aus den beiden Gefäßen (AS und S pro Rezeptor-Subtyp bzw. Plasmid) wurde je 1,0 µl Lösung in ein Szintillationsröhrchen (enthält Szintillationsflüssigkeit) gefüllt. Die restliche Lösung wurde auf Quick Spin Columns (G-50 Sephadex Columns) pipettiert und in einer Zentrifuge für vier Minuten bei 1100x-g (2400 Umdrehungen) zentrifugiert. Das Eluat wurde auf 200µl mit DEPC-Lösung aufgefüllt.

Hiervon wurden wiederum je 1 µl in zwei Szintillationsröhrchen gegeben. Die vier Röhrchen wurden in dem Szintillationsgerät gemessen.

Je 10 Schnitte wurden 107 CPM (counts per minute) benötigt.

Aus dem Ergebnis der Messung liess sich nun die Anzahl der Schnitte errechnen, welche mit dieser Probe inkubiert werden konnten.

3.2.2.3.4. Acetylierung

Zuerst wurde folgende Lösung durch Mischen der einzelnen Komponenten hergestellt:

250 ml DEPC-Lösung 1,25 g NaCl

3,3 ml TEA (Triethanolamin) 1 ml 5 M HCl (pH 8)

625 µl 100 % Essigsäureanhydrid (unmittelbar vor Benutzung beifügen)

Die Küvette sollte vorgekühlt sein. Die Schnitte wurden 10 min bei Raumtemperatur in die Lösung gestellt. Ein Rührfisch diente zur besseren Benetzung der Schnitte.

Die Schnitte wurden anschließend zweimal mit 10mM PBS-Puffer für je 10 min bei Raumtemperatur gespült und nach dem Protokoll aus Tab. 4 dehydriert. Schnitte anschließend an der Luft trocknen lassen.

3.2.2.3.5. Hybridisierung

Für die Hybridisierung wurde das Plasmid in einer Hybridisierungslösung verdünnt und die RNA durch Erhitzen aufgesplittet.

Die Lösung wurde wie folgt hergestellt:

900 µl Probenpuffer

100 µl Hefe RNA – t-RNA 40 µl 2,5 M DTT

1 x 107 cpm Plasmid-Probe

Komponenten zusammen in ein Eppendorf-Gefäß pipettieren und homogenisieren.

Die Probe wurde fünf Minuten lang bei 85°C im Wasserbad erhitzt (Aufsplitten der RNA).

Anschließend wurde die Probe zum Abkühlen ins Eisbad gestellt.

3.2.2.3.6. Inkubation

Jeder Objektträger wurde mit 100 µl der Plasmid-Probe beschichtet und mit einem Deckplättchen abgedeckt. Luftblasen unter dem Deckplättchen wurden hierbei vermieden.

Danach wurden alle Objektträger waagerecht in einer Box gelagert.

(32)

Ein mit einer Lösung aus 20mM SSC und 50 %igem Formamid getränktes Tuch wurde ebenfalls mit in die Box eingebracht. Die Schnitte in der Box wurden 10 Stunden bei 55°C inkubiert.

3.2.2.3.7. Posthybridisierung 3.2.2.3.7.1. Waschen

Der Waschvorgang diente dem Entfernen der Deckgläschen und dem Auswaschen der restlichen Proben.

Die Waschung sah wie folgt aus:

20 min 40mM SSC und anschließend die Deckgläser entfernen.

5 min 40mM SSC bei Raumtemperatur

5 min 20mM SSC

Zum Entfernen der nicht passenden, das heißt nicht gebunden vorliegenden RNA-Stränge, wurden im nächsten Schritt RNAsen beigegeben:

30 min 200 ml RNAse A in 200 ml 15mM SSC bei 37°C

10 min 20mM SSC Raumtemperatur

25 min 50% Formamid / 20mM SSC 55°C

10 min 20mM SSC 55°C

10 min 2mM SSC 55°C

5 min 2mM SSC Raumtemperatur

3.2.2.3.7.2.Dehydrierung

Tabelle 6: Der Dehydrier-Vorgang wurde wie folgt durchgeführt:

50% EtOH / DEPC 3 min 75% EtOH / DEPC 3 min 90% EtOH / DEPC 3 min 100% EtOH / DEPC 5 min 100% EtOH / DEPC 5 min

Die Schnitte wurden danach luftgetrocknet.

3.2.2.3.7.3.Exposition

Die Objektträger, wie auch ein [14C]-Standard-Streifen, (Autoradiographic[14C]Micro- Scales) wurden auf einem Karton festgeklebt. Darüber wurde eine Röntgenfolie gelegt und fünf Tage lang belichtet. Die Folie wurde für diesen Zeitraum in einer Röntgenkassette gelagert. Hiernach wurden die Filme in einem Röntgenentwickler entwickelt.

Die entwickelten Röntgenfilme wurden entsprechend gekennzeichnet, die abgebildeten Gehirne beschriftet und in Klarsichtfolien gelagert.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Unfall-, Energie- und Umweltkosten sind nicht inbegriffen und werden separat ausgewiesen.

Nach dieser Übersicht zum strukturellen und inhaltlichen Aufbau von E-Portfolio- unterstützten Lehrveranstaltungen geht der nachfolgende Abschnitt der Frage nach, inwieweit diese

Die Zwischenbewertung der NRP durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), welche auf Umfragen beim Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) und den kantonalen

„Ich, Christoph Lemke, versichere an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die vorgelegte Dissertation mit dem Thema: „Einfluss der

Die Lohndifferenz kann aber auch nicht direkt auf Diskriminierung zurückgeführt wer- den, da Männer durchschnittlich in höheren Positionen beschäftigt sind (siehe weiter unten)

Wenn für jede einzelne LK separat eine Kreuztabelle betreffend den Lohn von Frauen und Män- nern erstellt wird (nicht dargestellt), zeigt sich in keiner einzigen eine

Justizdokumente oder deren Inhalt auch in ausgedruckter Form - dürfen durch Mitarbeiter der LIT ohne Zustimmung des betroffenen Verfassers oder der betroffenen Verfasser nicht an

Terrorismusbekämpfung darf aber nicht auf Kosten der Flüchtlinge und unserer Flücht- lings- und Asylpolitik geschehen. Die Kommission zu Fragen der Migration und