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Archiv "Symposium der Urologen in Brüssel: Der Arzt in Europa '93" (14.06.1990)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT KURZBERICHT

„Wissen Sie", sagte Siegbert Al- ber, der Vize-Präsident des Europäi- schen Parlaments, „ich kann das Wort ‚Binnenmarkt' schon nicht mehr hören. Europa ist mehr als nur ein gemeinsamer Markt."

Vielleicht waren es diese Worte, die gleich zu Beginn des Symposiums

„Der Arzt in Europa '93" den Teil- nehmern das Gefühl vermittelten:

Die Ärzteschaft ist nur ein relativ kleines Rad in der großen europäi- schen Maschinerie, muß sich aber beizeiten Gehör verschaffen.

Und genau das wollte der Be- rufsverband der Deutschen Urolo- gen, dessen Präsident, Dr. Klaus Schalkhäuser, zur Diskussion einge- laden hatte. In Brüssel ging es um die Frage: Was kommt auf die Ärzte- schaft zu, wenn 1993 die letzten Bar- rieren im Europa der Zwölf fallen?

Aus bundesdeutscher Sicht kon- zentrieren sich die vorherrschenden Ängste auf einen wachsenden Kon- kurrenzdruck durch den ungebrem- sten Zugang zum Medizinstudium.

Aber auch auf die Gefahr einer Qua- litätsminderung durch Standards in der ärztlichen Qualifikation, die sich bei weiterer Liberalisierung mögli- herweise am unteren Schnitt orien- tieren könnten.

Dr. Susanne Tiemann, die Präsi- dentin der Freien Berufe in der EG:

„Eine Einwanderungswelle wird es nicht geben, wohl aber Wanderungs- bewegungen bei weiter steigenden Arztzahlen." Die Freizügigkeit der Ärzte sei im übrigen bereits 1975 eingeführt worden.

Der Arztberuf könnte allerdings durch die europäische Entwicklung Gefahr laufen, „in das Gewerbe ab- zugleiten". Mehrfachniederlassun- gen, ja selbst europaweite Ketten- praxen seien denkbar, wenn man in Brüssel die Diskussionen um mögli- che Partnerschaftsformen verfolge.

Vor allem die Abteilung für Verbraucherschutz bei der EG habe

da sonderbare Vorstellungen — unter anderem über den freien Preiswett- bewerb. Susanne Tiemann. „Sollen die Patienten etwa künftig bei einem Arzt nach dem anderen Kostenvor- anschläge einholen?" Ein anderes Beispiel: die Haftungsfrage bei Dienstleistungen. Die Umkehr der Beweislast steht zur Debatte, was für die Ärzte heißen könnte: Der Arzt hätte im Einzelfall nachzuweisen, keinen Fehler gemacht zu haben.

Besonderheiten des ärztlichen Berufs

Von entscheidender Bedeutung sei es also, daß es den Ärzten gelingt, die Besonderheiten ihres Berufs- standes in Brüssel transparent zu machen. Von der EG-Kommission sei wenig zu erwarten. Kein Wunder, denn unter den 189 Mitgliedern des zuständigen Wirtschafts- und Sozial- ausschusses sind lediglich drei Ver- treter der Freien Berufe.

Die Ärzte selbst — so die Emp- fehlung der Präsidentin des Verban- des der Freien Berufe in der EG — sollten also den Boden für die we- sentlichen Rahmenbedingungen be- reiten — sowohl in den Fragen der Gebührenordnungen als auch für die notwendige Abgrenzung der Infor- mation gegenüber der_ Werbung.

Und schließlich: „Die Arzteschaft und niemand sonst muß das Thema der europäischen Gesundheitspolitik und der Weiterentwicklung des Ge- sundheitswesens besetzen." Was die ureigenen Belange der Ärzteschaft angeht, bestätigte Dr. Büscher, Mit- glied im Kabinett des deutschen EG- Kommissars Martin Bangemann, die Auffassung von Susanne Tiemann.

Büscher: „Die Kommission kann nicht alle Probleme lösen." Und, an die Ärzte gewandt: „Suchen Sie des- halb den Kontakt zu Ihren europäi-

schen Kollegen. Nur wenn Sie sich einigen, hat das Chancen in Brüssel.

Allerdings ist dies gerade aus bun- desdeutscher Sicht kein leichtes Un- terfangen. Zu sehr weichen nämlich die Gesundheitssysteme der beteilig- ten Länder voneinander ab. Dr.

Rainer Hess, Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, sagte es unmißverständlich:

„Unser System ist ein Unikat auf der ganzen Welt. Wenn es darum ginge, in Mehrheitsentscheidungen die Sy- steme anzugleichen, stünden wir ganz oben auf der Abschußliste."

Eine völlige Angleichung der Sy- steme sollte die deutsche Ärzte- schaft daher auf gar keinen Fall for- dern. Dies sei auch nicht notwendig, weil der Binnenmarkt im Grunde keine neuen Probleme schaffe — zu- mindest nicht für die kassenärztliche Versorgung. „Der Binnenmarkt", so Dr. Hess, „erfaßt nicht das nationale Sozialversicherungrecht."

Auch Hess befürchtet keine Ein- wanderungswelle von EG-Ärzten.

„Zur Zeit sind rund 2500 ausländi- sche Ärzte aus EG-Staaten in Deutschland tätig, etwa 500 davon in freier Praxis. Umgekehrt arbeiten circa 400 deutsche Arzte in England.

Dies ist im Grunde genommen nichts anderes als ein guter und begrüßens- werter Erfahrungsaustausch." Den- noch: Auch nach gut vierstündiger Diskussion blieb ein gewisses Unbe- hagen über die künftige Entwicklung zurück. Ein Unbehagen, das sich beispielsweise in der Forderung des Leiters der Europaabteilung im Bayerischen Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenhei- ten, Franz Gerstner, ausdrückte: „So viele europäische Regelungen wie nötig, so viele deutsche Regelungen wie möglich."

Die Standortbestimmung unter dem Leitgedanken „Der Arzt in Eu- ropa '93" hat ohne Zweifel die Kon- turen der europäischen Entwicklung deutlicher zutage treten lassen.

Gleichwohl blieben einige Fragen of- fen. „Die Antworten in Brüssel zu suchen", bemerkte abschließend der Ehrenpräsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen, Professor Dr. Knipper, mehrdeutig, „ist nicht nur originell, sondern durchaus mo- dellhaft . . ." JM

Symposium der Urologen in Brüssel

Der Arzt in Europa '93

Ein freier Beruf zwischen Angleichung und Abgrenzung

Dt. Ärztebl. 87, Heft 24, 14. Juni 1990 (25) A-1949

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