Bericht und Meinung
AUS DEN BUNDESLÄNDERN
NIEDERSACHSEN
Kontroversen
um den öffentlichen Gesundheitsdienst
Nach einem Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion zur Reform des öffentlichen Gesundheitswe- sens ist beabsichtigt, daß sich die Gesundheitsämter künftig stärker in die Bereiche der Gesundheits- vorsorge und -hilfe einschalten.
Als neue Tätigkeitsfelder werden im einzelnen Müttervorsorge, ge- netische Beratung (insbesondere die Familienberatung) sowie ju- gendärztliche, sportärztliche und sozialpsychiatrische Dienste ge- nannt.
Neben der gesundheitlichen Auf- klärung und der Gesundheitser- ziehung im allgemeinen sollen die Amtsärzte auch die Betreuung von Geschwulst-, Lungen- und Ge- schlechtskranken übernehmen sowie die Beratung seelisch und geistig gefährdeter Mitbürger durchführen. Für die erste Aus- baustufe würden nach Angaben der SPD jährliche Mehrausgaben in Höhe von acht bis zehn Millio- nen DM entstehen.
Bei der ersten Lesung im Landtag lehnten Sprecher der Regierung und der CDU-Fraktion die SPD- Initiative entschieden ab. Sozial- minister Hermann Schnipkoweit befürchtet durch dieses Gesetz ein Mehr an Bürokratie und ein höheres Maß an Undurchschau- barkeit in den Gesundheitsdien- sten. Zum gegenwärtigen Zeit- punkt sei der öffentliche Gesund- heitsdienst weder personell noch organisatorisch in der Lage, die im Entwurf enthaltenen zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen. — Sprecher der Regierungspartei warfen der SPD vor, eine „sozialisierte Medi- zin" anzustreben und den öffentli- chen Gesundheitsdienst zu einer
„Super-Sozialstation" machen zu wollen.
Auch die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Nie-
dersachsen haben erhebliche Be- denken gegen diesen Entwurf an- gemeldet. Bereits in einer Anhö- rung im Februar äußerten sich die Körperschaften besorgt über die in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommenden systemver- ändernden Bestrebungen. Sollte der Entwurf verwirklicht werden, würden wichtige Grundsätze der freien Arztwahl und der Frei- beruflichkeit des Arztes gefähr- det.
Selbst wenn nunmehr in einigen Passagen die Abänderungsvor- schläge der gesetzlichen Körper- schaften berücksichtigt worden sind, habe sich an der generellen Zielsetzung und Substanz dieses Entwurfes nur wenig geändert, heißt es dazu in Hannover. DÄ-N
BERLIN
Bevölkerung
über Rheuma aufgeklärt
Die 3. Großveranstaltung für die Berliner Bevölkerung in der Reihe
„Gesundheit Deine Chance" hat wiederum viel Anklang gefunden.
Veranstalter waren unter anderen die Ärztekammer, der Gesund- heitssenator, Krankenkassen und Rheumaliga. Die Veranstaltung diente diesmal der Aufklärung über das „Thema: Rheuma". Trotz sommerlichen Wetters waren etwa 1500 Zuhörer der Einladung zu dem vormittäglichen Podiumsge- spräch in das Internationale Con- gress Centrum gefolgt. Unter Lei- tung des Medizin-Journalisten Ju- stin Westhoff stellten sechs Ärzte und ein Zahnarzt die biologischen Grundlagen der Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, die Grundzüge von Diagnostik und Therapie sowie die Möglich- keiten von Vor- und Nachsorge dar; außerdem berichtete eine von der Krankheit betroffene Frau über ihre Erfahrungen als Pa- tientin.
In die Darstellung wurden Fragen aus der Bevölkerung einbezogen,
die vor der Veranstaltung schrift- lich bei der Ärztekammer Berlin eingereicht worden waren. Auf diese Möglichkeit war in den vor- bereitenden Ankündigungen der Presse hingewiesen worden. Das Echo war allerdings erheblich schwächer als bei der vorange- gangenen Veranstaltung zum
„Thema: Krebs" (DÄ 1980, Seite 736), als die Krankenkassen ihrer üblichen Post Informationsblätter mit Frage-Coupons beigefügt hatten.
Die medizinische und zahnmedizi- nische Informierung der Laien hat- ten übernommen: als auswärtiger Gast Prof. Dr. Gunhild Faust-Tin- nefeldt, Zentrum für Rheumatolo- gie der Medizinischen Klinik in Schlangenbad, der Internist und Präsident des Landesverbandes Berlin der Deutschen Rheumaliga, Dr. Raimund Frankl, der Allge- meinarzt Dr. Herbert Göpel, der Zahnarzt Prof. Dr. Dr. Dieter Herr- mann, der Orthopäde Prof. Dr. Ge- org-Friedrich Hofmeister, der In- ternist Prof. Dr. Dr. Karl-Hermann Meyer zum Büschenfelde und der Kinderarzt Prof. Dr. Burghard Stück.
Zu Beginn des Podiumsgesprä- ches, das von dem Berliner Sena- tor für Gesundheit und Umwelt- schutz, Erich Pätzold, und dem Präsidenten der Ärztekammer Ber- lin,' Prof. Dr. Wilhelm Heim, eröff- net wurde, überreichte der stell- vertretende Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin, Direktor Günter Kiemann, dem Präsidenten des Landesver- bandes Berlin der Deutschen Rheumaliga, Dr. Raimund Frankl, im Auftrage des Vorstandes der AOK Berlin als Spende einen Scheck über 25 000 DM.
Die Veranstaltung bildete den Ab- schluß des 29. Deutschen Kon- gresses für ärztliche Fortbildung in Berlin. Sie wurde wiederum durch eine Ausstellung im Haupt- foyer des Internationalen Con- gress Centrum Berlin umrahmt, in der Besucher Gelegenheit hatten, ihre Gesundheit zu testen. JK
1840 Heft 30 vom 24. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT