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Machbarkeitsstudie: Erweiterung des TTC-Konzeptes mit Hilfe von experimentellen und in silico Daten

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Academic year: 2022

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mit Hilfe von experimentellen und in silico Daten

Abschlussarbeit

Postgradualstudium Toxikologie und Umweltschutz der Universität Leipzig

von

Dipl. Ing (FH) Kristin Hauge-Nilsen 12. Matrikel

Goch, 01. September 2012

(2)
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INHALTSVERZEICHNIS...1

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...3

1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG...5

2 GRUNDLAGEN ...6

2.1 Grundlagen und frühe Entwicklung des TTC-Konzeptes ...6

2.2 Einbeziehung der Cramer-Klassen ...7

2.3 Neuere Entwicklungen ...11

2.4 Gegenwärtige Akzeptanz des TTC-Konzeptes ...13

3 METHODEN...14

3.1 Quellen und Überarbeitung des Datensatzes ...14

3.1.1 Quellen des verwendeten Datensatzes ...14

3.1.2 OECD (Q)SAR Application Toolbox ...16

3.1.3 Überarbeitung des Datensatzes...17

3.2 Bildung von Cramer-Klasse 1 Untergruppen ...18

3.2.1 Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität ...18

3.2.2 Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer-Klasse 1 ...19

3.2.3 Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit ...19

3.2.4 Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteinen...20

3.3 Berechnung von Expositionsgrenzwerten ...21

3.4 Statistische Auswertung der NO(A)EL-Verteilungen ...22

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4 ERGEBNISSE... 23

4.1 Verbesserter Cramer-Klasse 1 Datensatz (Cramer with extension) ... 23

4.2 Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität... 26

4.3 Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer-Klasse 1... 27

4.4 Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit ... 28

4.5 Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteine... 29

4.6 Statistische Signifikanz der Ergebnisse... 30

5 ZUSAMMENFASSUNG, DISKUSSION UND AUSBLICK ... 31

5.1 Zusammenfassung ... 31

5.2 Diskussion und Ausblick ... 33

6. LITERATUR ... 35

7 TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS... 40

8 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ... 41

9 DANKSAGUNG... 41

10 ANHÄNGE ... 42

10.1 Anhang I: Cramer-Klasseneinstufungen gemäß Literaturangaben und nach Einstufungsvorgaben . 42 10.2 Anhang II: Details zu den Tierstudien der ausgewerteten Substanzen... 47

10.3 Anhang III: Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität... 57

10.4 Anhang IV: Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer-Klasse 1 ... 60

10.5 Anhang V: Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit... 62

10.6 Anhang VI: Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteine... 63

10.7 Anhang VII: Abhängigkeit der TTC- Werte vom statistischen Auswerteverfahren ... 64

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ACGIH American Conference of Governmental Industrial Hygeniests AOP Adverse Outcome Pathway

AOT Akute Orale Toxizität

BIBRA British Industrial Biological Research Association CAS Chemical Abstracts Service

COSMOS IntegratedIn Silico Models for the Prediction of Human Repeated Dose Toxicity of Cosmetics to Optimise Safety

CPDB Carcinogenic Potency Data Base

DB Datenbank

DSM Dutch States mines

ECETOC European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals ECHA European Chemicals Agency

EFSA European Food Safety Authority

ELINCS European List of Notified Chemical Substances EMA European Medicines Agency

EU Europäische Union

FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations FDRL Food and Drug Research Laboratories

FhG ITEM Frauenhofer Gesellschaft: Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin GESTIS Gefahrstoffinformationssystem der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung HPMC Committee on Herbal Medicinal Products/Preparations

HSDB Hazardous Substances Data Bank ID-Nr. Identifikationsnummer

IFREB Institute Francais de Recherches et Essaia Biologiques IUCLID International Uniform Chemical Information Database JECFA Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives JRC Joint Research Centre der Europäischen Union

LOAEL Lowest Observed Adverse Effect Level LOEL Lowest Observed Effect Level

LogPow Dekadischer Logarithmus des n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten Met. Metaboliten

MG Molekulargewicht

NCI U.S. National Cancer Institute

NIST National Institute of Standards and Technology, eine Behörde der U.S.

Commerce Department's Technology Administration NOAEL No Observed Adverse Effect Level

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OECD Organisation for Economic Cooperation and Development

OSIRIS European Food Safety Authority Optimized Strategies for Risk Assessment of Industrial Chemicals through Integration of Non-Test and Test Information PCB Polychlorierte Biphenyle

PCDF Polychlorierte Dibenzofurane PCPC Personal Care Products Council

(Q)SAR (Quantitative) Structure-Activity Relationship

REACH Registration, Evaluation, Authorization and Restriction of Chemicals RTECS Registry of Toxic Effects of Chemical Substances

SAF Safety Assessment Factor

SCCP Scientific Committee on Consumer Products

SCENIHR Scientific Committee for Emerging and Newly Identified Health Risks SCF EU Scientific Committee on Food

SCHER Scientific Committee on Health and Environmental Risks SDS Sicherheitsdatenblatt

SEURAT Safety Evaluation Ultimately Replacing Animal Testing SIAM OECD's SIDS Initial Assessment Meetings

SIDS OECD Screening Information Data Set S-IN Soluzioni Informatiche

TCDD Polychlorierte Dibenzodioxine TCDF Polychlorierte Dibenzofurane

TD50 Chronische Dosis, die bei 50% der Tiere ein Tumor auslöst.

Toxnet Databases on toxicology, hazardous chemicals, environmental health, and toxic releases of U.S. NLM

TTC Threshold of Toxicological Concern U.S. NLM United States National Library of Medicine U.S. FDA United States Food and Drug Administration WHO World Health Organization

WinStat Statistik-Add-In für Microsoft® Excel

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1 Einleitung und Zielsetzung

Die Risikobewertung von chemischen Stoffen ist eine umfassende und aufwändige Aufgabe, für die im Idealfall Testdaten zu vielen verschiedenen (öko)toxikologischen Endpunkten bereitstehen. Entsprechende Toxizitätsdaten wurden bislang normalerweise durch Tierversuche ermittelt und werden auch weiterhin, etwa im Rahmen von REACH im großen Ausmaß gefordert. Auf der anderen Seite ist speziell seit der Neufassung des Tierschutzgesetzes in den siebziger Jahren das Bewusstsein zum Thema "Vermeidung von Tierversuchen" immer weiter gewachsen. Eine Konsequenz daraus ist, dass in Bereichen wie zum Beispiel der Bewertung von Kosmetika und Kosmetikinhaltsstoffen bereits jetzt umfangreiche Tierversuchsverbote existieren, die (aller Voraussicht nach) 2013 zu einem generellen Verbot von Tierversuchen führen werden. Der Tierschutzgedanke und ökonomische Überlegungen haben die Entwicklung von alternativen Methoden wie in vitro Testmethoden mit Mikroorganismen oder Zellkulturen, in silico QSAR-Methoden,

„read-across“ sowie „weight of evidence“ Ansätze vorangetrieben. Im Zuge dieser Entwicklung ist auch das Threshold of Toxicological Concern (TTC)-Konzept entstanden und mehrfach verfeinert und weiterentwickelt worden.

Das TTC-Konzept ist ein Modell für die Risikobewertung von chemischen Substanzen mit einer sehr geringen Exposition, für die nur wenige oder keine toxikologische Daten vorliegen. Der TTC beschreibt einen generischen Schwellenwert, unterhalb dessen unabhängig vom Wirkprofil eine generelle toxikologische Unbedenklichkeit angenommen wird, auch wenn keine bzw. nur geringe stoffspezifische Informationen zur Toxikologie vorliegen.

Der Begriff "TTC-Ansatz", wie er in dieser Arbeit verwendet wird, bezieht sich nur auf systemische Wirkungen unter Ausschluss von genotoxischen oder lokalen Effekten (zur Behandlung genotoxischer Substanzen s. z.B. Cheesman et al. (1999) und Kroes et al.

(2000/2004)). Ein TTC-Wert ist lediglich als Surrogat für substanz-spezifische Informationen zu nutzen, wenn nur beschränkte oder gar keine Informationen zur Toxizität einer Substanz vorliegen und gleichzeitig die Exposition des Menschen sehr gering ist. Das TTC-Konzept kann nicht als vollwertiger Ersatz für eine auf spezifischen Testdaten basierende Grenzwertableitung dienen.

Nach dem weiterentwickelten TTC-Konzept nach Munro et al. (1996) kann eine "sichere"

Expositionshöhe für eine bislang noch nicht getestete Chemikalie aufgrund struktureller Übereinstimmungen mit Stoffen bereits bekannter Toxizität vorausgesagt werden.

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2 Grundlagen

Das Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, ob durch die Einbeziehung von weitergehenden Struktur-Wirkungs-Überlegungen und häufig bereits vorhandener experimenteller Grunddaten eine weitere Verfeinerung des TTC-Konzeptes für Substanzen der Cramer-Klasse 1 erzielt werden kann. Durch die Verknüpfung von Informationen, die für sich alleine genommen im Hinblick auf die Toxizität eines Stoffes weniger aussagekräftig sind, soll insgesamt die Aussagekraft des TTC Konzepts erhöht werden. Einbezogen wurden Substanzen, die in der Literatur als Cramer-Klasse 1 beschrieben worden sind. Ausgehend von diesem ursprünglichen Datenpool wurden nach verschiedenen Auswahlkriterien Untergruppen gebildet. Es sollte dann geprüft werden, ob die ausgewählten Kriterien die Ableitung von differenzierteren, im Idealfall höheren, Grenzwerten ermöglichen. Im Vergleich zu der Anwendung der ursprünglichen TTC- Grenzwerte würde die Bestimmung und Bestätigung von höheren Grenzwerten den Anwendungsbereich des TTC-Konzeptes erhöhen und damit die Einsparung von weiteren Tierversuchen erlauben.

2 Grundlagen

2.1 Grundlagen und frühe Entwicklung des TTC-Konzeptes

Die Grundidee des TTC-Konzeptes, dass es für die weitaus meisten Substanzen einen mithilfe statistischer Auswertungen ableitbaren Expositionsgrenzwert gibt, unterhalb dessen kein gesundheitliches Risiko mehr zu erwarten ist, ist schon in den 60iger Jahren entstanden. Einer der ersten großen Arbeiten zum Thema stammen von Frawley et al.

(1967). Frawley et al. haben NO(A)EL-Werte aus einer Datenbank chronischer Studien mit ca. 220 verschiedenen Chemikalien ausgewertet und für bislang nicht untersuchte Substanzen in Lebensmittelverpackungsmaterialien einen Grenzwert von 0,1 mg pro kg Lebensmittel vorgeschlagen (= 150 µg/Person/Tag bei angenommener Nahrungsaufnahme von 1,5 kg pro Tag) .

Das Konzept wurde in den 80iger Jahren maßgeblich von der US Food and Drug Administration (FDA) unter dem Namen „Threshold of Regulation“ für die Regulierung von Substanzen ohne strukturelle Verdachtsmomente für Genotoxizität in Lebensmittel- Verpackungsmaterialien weiterentwickelt. Zur Bestimmung eines Grenzwertes unter Einbeziehung kanzerogener Effekte haben Gold et al. (1989) Daten aus Kanzerogenitätsstudien der Carcinogenic Potency Database (CPDB) von 492 Substanzen ausgewertet. Ausgehend von den TD50-Werten der Substanzen und einer linearen

(9)

Extrapolation auf ein politisch akzeptiertes zusätzliches Krebserkrankungsrisiko von 1 zu einer Million konnte ein Grenzwert von 0,5 µg/kg Lebensmittel ermittelt werden. Dies entspricht einem Expositionsgrenzwert von 1,5 µg/Person/Tag, wenn angenommen wird, dass täglich 1500 g Nahrung und 1500 g Flüssigkeit aufgenommen werden und die zu bewertende Substanz in gleicher Konzentration in allen Lebensmitteln vorzufinden ist. Da dieser Grenzwert Endpunkte wie Punktmutationen oder Chromsomeneffekte nicht abdeckt, akzeptiert die FDA diesen Wert nicht für die Risikobewertung von bekannten Kanzerogenen oder Chemikalien mit strukturellen Verdachtsmomenten oder experimentellen Indizien für Gentoxizität (z.B. positiver Ames- Test).

Ebenfalls ausgehend von Kanzerogenitätsstudien in der CPDB haben Rulis et al. (1986, 1989) einen allgemeinen generischen Expositionsgrenzwert von 0,15 µg/Person/Tag vorgeschlagen. Dieser Grenzwert schließt auch Substanzen mit strukturellen Verdachtsmomenten für Genotoxizität mit ein. Im Laufe der Jahre ist die Studienzahl in der CPDB immer weiter aufgestockt worden und in Veröffentlichungen von Munro et al., (1990) und Cheesman et al. (1999) wurde der ursprünglichen Grenzwertes von 0,15 µg/Person/Tag bestätigt. Eine Exposition unterhalb dieses Grenzwertes würde selbst bei kanzerogenen Substanzen und einer lebenslangen Exposition nicht zu einem relevanten Gesundheitsrisiko führen, wenn man bestimmte sehr starke Kanzerogene ausnimmt.

2.2 Einbeziehung der Cramer-Klassen

Eine wichtige Weiterentwicklung des Konzeptes wurde von Munro et al. (1996) vorgeschlagen. Munro et al. nutzt den von Cramer et al. (1978) veröffentlichten Entscheidungsbaum zur Einteilung von Substanzen in 3 Toxizitätsklassen nach chemischen Strukturmerkmalen und damit assoziiertem Gefährdungspotential (siehe Tab.

2-1). In die Cramer-Klasse 1 gehören Stoffe mit geringer oraler Toxizität, in die Cramer- Klasse 3 Substanzen mit strukturellen Verdachtsmomenten für signifikante orale Toxizität, und in Cramer-Klasse 2 Intermediate zwischen Klasse 1 und 2.

Die meisten der 33 Fragen des Entscheidungsbaums betreffen chemische Strukturelemente. Weiterhin wird zwischen endogenen (toxikologisch nicht relevant in kleineren Mengen) und exogenen (potentiell toxischen) Stoffen unterschieden. Die Beantwortung einer Frage führt entweder zu einer weiteren Frage oder einer endgültigen Klassifizierung. Auf diese Weise wird der Entscheidungsbaum etwa in Verzweigungen von Heterocyclen, Terpenoiden, aliphatischen, aromatischen und alicyclischen

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2 Grundlagen

Cramer -Klasse

Substanzen

1 Einfache chemische Strukturen und Substanzen, die zu harmlosen oder physiologischen Substanzen metabolisiert werden (z.B. Glutaminsäure, Mannitol, Propylenglycol)

2 Substanzen mit fehlender Information zu Metabolismus, Pharmakologie oder toxischen Effekten, für die aber keine Hinweise auf besondere Toxizität vorliegen. Substanzen mit funktionellen Gruppen, die etwas reaktiver sind als die in Klasse 1 (z.B. Beta-Carotin, Maltol, Allyl-Verbindungen).

3 Substanzen mit erwarteter hoher Toxizität aufgrund von reaktiven funktionellen Gruppen (z.B. Nitrile, Nitro-Verbindungen, Chlorbenzol, p- Aminophenol)

Tab. 2-1 Beschreibung der Cramer-Klassen nach Munro et al. (1996).

Subchronische und chronische Toxizitätsstudien sowie Reproduktionstoxizitätsstudien von 613 Substanzen unterschiedlicher Strukturen wurden von Munro et al. (1996) ausgewertet. Für jede Cramer-Klasse wurde ein Expositionsgrenzwert ausgehend von den niedrigsten NOELs der sensitivsten Spezies, Geschlecht und Endpunkt ermittelt (siehe Tab. 2-2). Für die Berechnung der Grenzwerte wurde das 5. Perzentil der Verteilung der NOELs in jeder Cramer-Klasse ermittelt und durch einen Sicherheitsfaktor von 100 bzw.

300 (subchronische Studien) dividiert. Bei Expositionen unterhalb dieser Grenzwerte mit Substanzen bekannter Struktur aber unbekannter Toxizität kann davon ausgegangen werden, dass das Risiko für eine gesundheitliche Beeinträchtigung vernachlässigbar gering ist. Die drei Cramer-Klassen-Grenzwerte sind nur definiert für Substanzen ohne kanzerogenes Potential oder strukturelle Verdachtsmomente für Genotoxizität.

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Cramer- Klasse

5. Perzentil der Verteilung der NOELs (mg/kg/Tag)

Expositionsgrenzwert (mg/Person/Tag)

1 3,0 1,8

2 0,91 0,54

3 0,15 0,09

Tab. 2-2 Expositionsgrenzwerte der drei Cramer-Klassen (Munro et al., 1996).

Die für das TTC-Konzept genutzten Tierversuche und dazu gehörigen NO(A)EL-Werte stammen im Wesentlichen aus zwei Datenbanken zu systemischen Wirkungen nach oraler Exposition: dem sog. "Munro Datensatz" mit 613 Einzelstoffen (Munro et al., 1996) und der RepDose Datenbank des ITEM Instituts der Fraunhofer-Gesellschaft mit 578 Chemikalien (Bitsch et al., 2006; Escher et al., 2010). Da für die Berechnung der TTC- Werte immer die niedrigsten NO(A)EL-Werte für die jeweiligen Substanzen herangezogen wurden, wird das Konzept in vielen Quellen der Literatur als konservativ bezeichnet (Brassan et al., 2011 / EFSA, 2011). Ergebnisse aus der Auswertung einer öffentlich nicht zugänglichen Datenbank zur Neustoffanmeldung (ELINCS-Stoffe der Dangerous Substance Directive) mit 824 NOAEL-Werten hat durch die Berechnung von höheren Grenzwerten bestätigt, dass der ursprüngliche Ansatz konservativ ist (Kalkhof et al., 2012).

Im Laufe der Jahre sind immer wieder verschiedene Aspekte des Konzeptes kritisiert worden. Kritik wurde hauptsächlich an der Datengrundlage (es wurden gelegentlich auch wenig vertrauenswürdige Studienergebnisse herangezogen), den undifferenzierten Sicherheitsfaktoren (gleicher Wert z.B. für Teratogenitäts- und chronische Studien), der geringen Anzahl von Stoffen in Klasse 2 (28), sowie der erheblichen Überlappung der Toxizitätsbänder (s. Abb. 2-1) geäußert. Die Betrachtung der NOEL-Verteilungen zeigt, dass sich die Werte in allen Cramer-Klassen über 4 bis 5 Zehnerpotenzen erstrecken und nicht auf vorwiegend niedrige Werte für Cramer-Klasse 3 (toxisch) und hohe Werte in Cramer-Klasse 1 (nicht toxisch) beschränkt sind (Escher & Mangelsdorf, 2008). Weiterhin scheinen bei einigen Substanzen des Datensatzes die Cramer-Regeln nicht korrekt angewandt worden zu sein (s.a. Abschnitt 4.1).

(12)

2 Grundlagen

Abb. 2-1 Kumulative Verteilung der NOELs der 3 Cramer-Klassen (Munro et al., 1996).

Bezüglich der Cramer-Klassen selbst wurde angemerkt, dass die 33 Regeln die Vielfalt chemischer Strukturen nur unvollständig abbilden. Wird eine Struktur nicht identifiziert, bekommt sie automatisch die Klasse 3 (hohe Toxizität) zugewiesen. Diese 33 Struktur- Regeln sind in das Software-Modell, das „Cramer original“, implementiert worden. Durch die Einführung von weiteren Struktur-Regeln ist das überarbeitete und verbesserte Modell

„Cramer with extension“ entstanden (s. Abschnitt 3.1.3).

(13)

2.3 Neuere Entwicklungen

In späteren Arbeiten wurde das Konzept weiter verfeinert und Fragestellungen der Anwendbarkeit erörtert. Cheesman et al. (1999) haben einen Grenzwert von 15 µg/Person/Tag für Substanzen ohne strukturelle Verdachtsmomente und mit negativem Ames-Test vorgeschlagen. Für Substanzen, die zusätzlich noch einen LD50 > 1000 mg/kg vorweisen, stellten sie ein Expositionsgrenzwert von 45 µg/Person/Tag auf. Kroes et al.

haben in zwei Arbeiten von 2000 und 2004 eine Einteilung von kanzerogenen Substanzen in Gruppen verschiedener Potenz vorgenommen. Danach sollen zusätzlich zu den bekannten stark kanzerogenen Substanzen, wie Aflatoxin-ähnlichen Verbindungen, Azoxyverbindungen und TCDD, auch noch akkumulierende (z.B. Schwermetalle, TCDFs und PCBs), hormonell wirksame (z.B. Steroide) und sensibilisierende (Proteine) Substanzen vom TTC-Konzept ausgeschlossen werden.

Eine weitere Fragestellung war, ob außer der Kanzerogenität noch weitere Endpunkte nicht vom Cramer-Klasse 3 Grenzwert abgedeckt werden. Insbesondere die Endpunkte Neurotoxizität, Immunotoxizität und Entwicklungstoxizität wurden untersucht. Kroes et al. Haben festgestellt, dass nur der Endpunkt Neurotoxizität nicht durch den festgelegten Cramer-Klasse 3 Grenzwert abgedeckt wird. Es konnte gezeigt werden, dass dies nur auf die hohe toxische Potenz der Organophosphate zurückzuführen war. Deshalb wurde auch diese Substanzgruppe von der Cramer-Klasse 3 ausgeschlossen und für sie ein eigener Grenzwert von 18 µg/Person/Tag vorgeschlagen.

Durch die Weiterentwicklungen und Verfeinerungen des Konzeptes im Laufe der Jahre ist der ursprüngliche einfache Ansatz zunehmend komplexer geworden. Um die Anwendung des Konzeptes zu vereinfachen und das Konzept grafisch übersichtlich darzustellen, haben Kroes et al. (2004) einen Entscheidungsbaum entwickelt, der die neuen Erkentnisse berücksichtigt (siehe Abb. 2-2).

(14)

2 Grundlagen

Abb. 2-2 Entscheidungsbaum des TTC-Konzeptes (Kroes et al., 2004).

In den letzten Jahren haben sich weitere Arbeiten mit dem Thema der Anwendbarkeit des Konzeptes für verschiede Endpunkte und Expositionspfade beschäftigt.

Mehrere Arbeiten sind für flüchtige Substanzen und den inhalativen Expositionspfad zum Beispiel von Carthew et al. (2009), Grant et al. (2007) und Escher et al. (2010) veröffentlicht worden. Auch für die dermale Exposition und den Endpunkt Sensibilierung sind "Threshold of Sensitization Concern" (TSC)-Werte in Arbeiten von Keller et al.

(2009) und Safford et al. (2008) beschrieben worden. Bernauer et al. (2008) und Ravenzwaay et al. (2011) haben Daten aus Reproduktionsstudien ausgewertet und eigene Grenzwerte für die Endpunkte Fertilität, Entwicklungstoxizität und maternale Toxizität berechnet. Wichtig speziell für die Bewertung kosmetischer Inhaltsstoffe ist auch der Vorschlag von Kroes et al. (2007) zur Extrapolation generischer dermaler Expositionswerte ausgehend von den oralen TTC-Werten.

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2.4 Gegenwärtige Akzeptanz des TTC-Konzeptes

In der Draft Opinion der EFSA (2011) wird das TTC-Konzept als wissenschaftlich fundiertes Konzept für die Risikobewertung angesehen, solange seine zahlreichen Begrenzungen beachtet werden. Die Struktur der zu bewertende Substanz und die vorhandene Exposition müssen für die Anwendung des Konzeptes bekannt sein. Das Konzept sollte nicht bei hoch potenten Kanzerogenen, anorganischen Substanzen, Metallen, Proteinen, bioakkumulierenden Substanzen oder bei Substanzen mit starken lokalen Effekten eingesetzt werden. Die TTC-Grenzwerte: 0,15 µg/Person/Tag für Substanzen mit strukturellen Verdachtsmomenten für Genotoxizität, der Cramer-Klasse 1 Grenzwert von 1800 µg/Person/Tag, der Cramer-Klasse 3 Grenzwert von 90 µg/Person/Tag sowie der Grenzwert für Organophosphate von 18 µg/Person/Tag werden als ausreichend robust und konservativ angesehen. Der Grenzwert von 1,5 µg/Person/Tag für Substanzen ohne strukturelle Verdachtsmomente für Genotoxizität ist zwar historisch wichtig aber von geringem praktischem Nutzen. Da der Cramer-Klasse 2 Grenzwert von einer sehr geringen Anzahl Substanzen abgeleitet worden ist, wird empfohlen hierfür stellvertretend den Cramer-Klasse 3 Grenzwert heranzuziehen. Nach der Bewertung von EFSA sind Effekte auf Reproduktion und Entwicklung durch das TTC-Konzept abgedeckt. Für den dermalen Aufnahmeweg wird die Ermittlung von eigenen TTC-Werten ausgehend von Toxizitätsstudien zur dermalen Applikation empfohlen. Für die Festlegung von TTC-Werten für den inhalativen Aufnahmeweg sollte die zugrunde liegende Datenbasis, die Escher et al. (2010) genutzt haben, noch erweitert werden. EFSA schlägt auch vor, dass das geringere Körpergewicht von Kleinkindern und Babys mit in die Berechnung eingehen sollte (EFSA, 2011).

Auch SCCP/SCHER/SCENIHR haben eine Stellungnahme zum TTC-Konzept für die Anwendung bei der Bewertung von kosmetischen Inhaltsstoffen veröffentlicht (Juli 2012).

Das Konzept wird als wissenschaflich akzeptabel beschrieben, und für den Einsatz bei Einzelfallprüfungen in Kombination mit „Expert Judgement“ vorgeschlagen. Für eine routinemäßige Anwendung im Bereich Kosmetik ist danach aber noch eine Ausweitung der Datenbasis um einen größeren Anteil Kosmetikinhaltsstoffe notwendig.

Die internationale Akzeptanz des Konzeptes geht mittlerweile weit über die offiziell akzeptierte Anwendung in der Bewertung von Lebensmittel-Kontaktmaterialien durch die U.S. FDA hinaus. Beispiele sind die Bewertung von:

- Verunreinigungen und Geschmacksstoffen im Lebensmittelbereich (JECFA), - genotoxischen Verunreinigungen im Arzneimittelbereich

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2 Grundlagen

- Pestizidrückständen im Trinkwasser (Hennes et al., 2012).

Weiterhin ist das Konzept für die Risikobewertung von Substanzen im Niedrigdosisbereich in verschiedenen Bereichen vorgeschlagen worden. Beispiele sind die Bewertung von Industriechemikalien im Rahmen von REACH, die Bewertung von Lebensmittelzusatzstoffen und Lebensmittelverunreinigungen, Veterinärmedizin- Verunreinigungen in Fleischprodukten, Trinkwasserverunreinigungen sowie Inhaltsstoffe von Kosmetik- und Haushalts-Produkten (Nielsen et al., 2011).

3 Methoden

3.1 Quellen und Überarbeitung des Datensatzes

3.1.1 Quellen des verwendeten Datensatzes

In der vorliegenden Arbeit wurde nur auf Substanzen, die schon in der Literatur als Cramer-Klasse 1 beschrieben worden sind, zurückgegriffen. Im Vergleich zur Cramer- Klasse 1 beinhaltet die Cramer-Klasse 2 zu wenige Elemente für statistische Auswertungen. In Cramer-Klasse 3 werden nicht nur die aufgrund ihrer Struktur als toxisch erkannten Substanzen eingeordnet, sondern auch alle bislang noch nicht zugeordneten Substanzen. Speziell im Lebensmittel- und Kosmetik-Bereich gibt es zudem viele Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs, für die keine tierexperimentellen Daten vorliegen, die aber aufgrund ihrer Struktur überwiegend der Cramer-Klasse 1 zuzuordnen wären. Die Daten zu den Cramer-Klasse 1 Substanzen aus unterschiedlichen Quellen der Literatur wurden zu einem Datensatz zusammengefasst (später Startgruppe genannt).

Aus einer Veröffentlichung von Munro et al. aus dem Jahre 1996 konnten 129 der ursprünglich 137 Substanzen übernommen werden. Die Identifikationsnummern von Munro et al. wurden beibehalten, wobei doppelte Einträge (die Nummern 8, 67, 68, 79, 117, 118, 121 und 122) nicht mit aufgenommen wurden.

Die Substanzen des Munro-Datensatzes umfassen zum größten Teil die Substanzklassen aliphatische Kohlenwasserstoffe, Alkohole, organische Ester, Säuren, Ether, einfache Aromaten, Phthalate, Aldehyde, Amine, Ketone sowie einige Azofarbstoffe aus dem Lebensmittelbereich.

Die NO(A)EL-Werte der Substanzen aus der Veröffentlichung von Munro et al. stammen aus subchronischen und chronischen Toxizitätsstudien und Reproduktionsstudien mit

(17)

oraler Applikation. Die unterschiedliche Studiendauer (subchronisch/chronisch) wurde mit einem Faktor von 3 berücksichtigt, und ein Intra/Interspezies-Faktor von 100 verwendet.

Aus einer Veröffentlichung von Blackburn et al. (2005) wurden 21 typische Kosmetikinhaltsstoffe, die als Cramer-Klasse 1 Substanzen beschrieben wurden, mit aufgenommen. Es handelte sich hierbei zum größten Teil um Farbstoffe, einfache und mehrwertige Alkohole, organische Ester und tensidische Verbindungen.

Die angegebenen tierexperimentellen Daten und angepassten NO(A)EL-Werte wurden ohne vorherige Validierung unverändert aus den Veröffentlichungen von Munro et al. und Blackburn et al. übernommen.

Weitere 26 Substanzen, die im EU-OSIRIS-Projekt als Cramer-Klasse 1 Substanzen charakterisiert worden sind, konnten in den Datensatz integriert werden. Damit wurden im Wesentlichen weitere Alkohole, organische Ester, Säuren, Ether, einfache Aromaten, Alkene und Ketone mit aufgenommen. Die tierexperimentellen Testdaten zu diesen Substanzen stammen aus der RepDose Datenbank des ITEM Instituts der Fraunhofer- Gesellschaft. Die NO(A)EL-Werte der verschiedenen Substanzen stammen aus subchronischen und chronischen oralen Toxizitätsstudien hoher Qualität (fast immer OECD und GLP konform). NO(A)EL-Werte aus chronischen Toxizitätsstudien wurden vorrangig herangezogen. Die verkürzte Studiendauer der subchronischen Studien wurde mit einem Faktor von 3 berücksichtigt. Wenn nur ein LO(A)EL-Wert zu Verfügung stand, ist mit einem Faktor von 3 zum NO(A)EL extrapoliert worden. Insgesamt kam höchstens ein zusätzlicher Faktor von 10 zum Einsatz. Für die Berücksichtigung der Intraspezies- und Interspezies-Unterschiede wurde aus Konsistenzgründen ein Sicherheitsfaktor von 100 gewählt. Diese Vorgehensweise entspricht die Festlegung der angepassten NO(A)EL- Werte in der Veröffentlichung von Blackburn et. al. (2005).

Somit konnte dann mit einem Anfangsdatensatz von insgesamt 176 Substanzen gestartet werden. Die Strukturen von 2 der 176 Substanzen des Anfangsdatensatzes konnten im Grafikinterface der OECD-Toolbox (s.u.) nicht abgebildet werden (Nr. 98 und 119), und somit konnten für diese zwei Stoffe im weiteren Verlauf auch keine Werte ermittelt werden. Sie wurden für die weitere Bearbeitung aus dem Datensatz entfernt. Eine Übersicht über die Anzahl der Substanzen in den verschiedenen Gruppen und Untergruppen ist in Abbildung 3-1 zu sehen. Einzelheiten zu den Gruppeneinteilungen werden in 3.1.3 – 3.2.4 erläutert. Eine Auflistung der 174 Substanzen der Startgruppe, mit Angaben zu den verwendeten NO(A)ELs und den zugrunde liegenden Studien und Quellenangaben, ist im Anhang II zu finden.

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3 Methoden

Abb. 3-1 Übersicht der Anzahl der Substanzen in den verschiedenen Gruppen und Untergruppen.

3.1.2 OECD (Q)SAR Application Toolbox

Die OECD (Q)SAR Application Toolbox (Version 2.2, 2010), auch nur „OECD- Toolbox“ genannt, ist eine frei zugängliche Software, die in einem gemeinsamen Projekt der OECD und ECHA entwickelt worden ist.

(http://www.oecd.org/document/54/0,3746,en_2649_34379_42923638_1_1_1_1,00.html#

Download_qsar_application_toolbox.).

Die Toolbox ist eine Zusammenstellung von nicht-kommerziellen (Q)SAR-Modellen zur Vorhersage verschiedener Endpunkte, Mechanismus-basierten Modellen (z.B. DNA- und Protein-Binding) und Algorithmen zur Herausfilterung strukturell ähnlicher Moleküle. Als Eingabe wird nur die chemische Struktur benötigt.

Anfangsdatensatz

(Munro: 121, Blackburn: 21, EU-OSIRIS-Projekt: 26)

176 Substanzen

-2 Substanzen; nicht abbildbar in der OECD-Toolbox

Startgruppe: 174 Substanzen

Startgruppe:157 Substanzen

- 17 Substanzen; keine Daten zu AOT vorhanden

Cramer 1 nach„Cramer with extension“:113 Substanzen

Cramer 1 nach„Cramer with extension“: 116 Substanzen

LD50 > 2000 87 Substanzen

Keine Protein- Bindung 104 Substanzen

Alle Metab. Cr I 72 Substanzen

Keine Bioverfügbarkeit 18 Substanzen

Substanz + Metaboliten Keine Protein-Bindung

32 Substanzen

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Die OECD-Toolbox ermöglicht auch die Anwendung der Cramer-Regeln in einer konsistenten Art und Weise. Es sind zwei Modelle („Cramer original“ und „Cramer with extension“) implementiert. Das OECD-Toolbox Cramer Schema kann auf organische Moleküle, organische Salze und metallorganischen Substanzen angewendet werden, nicht aber auf Polymere, Oligomere und anorganische Substanzen.

Für diese Arbeit wurden die Modelle „Lebermetabolismus-Simulator“, „Cramer original“,

„Cramer with extension”, “Proteinbinding by OECD” und “Lipinski rule of five“

verwendet (Beschreibung der Modelle: siehe Abschnitte 3.1.3 und 3.2).

3.1.3 Überarbeitung des Datensatzes

Eine toxikologische Validierung der tierexperimentellen Daten wurde nicht vorgenommen. Diese Aufgabe wird zurzeit im Rahmen des EU SEURAT/COSMOS- Projektes von einer internationalen Expertengruppe des International Life Sciences Institute (ILSI) durchgeführt.

Die Cramer-Klassen-Zugehörigkeit der 176 Substanzen des Datensatzes wurde mit den Modellen „Cramer original“ und „Cramer with extension“ aus der OECD-Toolbox überprüft.

Das Modell „Cramer original“ der OECD-Toolbox baut auf 33 Regeln zur chemischen Struktur von Cramer et al. (1978) auf, und wurde vom Laboratory of Mathematical Chemistry an der Uni Burgas in Bulgarien entwickelt. Cramer et al. haben 1978 einen Entscheidungsbaum entwickelt, der Substanzen nach strukturellen Verdachtsmomenten in 3 Klassen einteilt: Cramer-Klasse 1; eher harmlose Substanzen, Cramer-Klasse 2;

intermediate Strukturen, Cramer-Klasse 3; Substanzen mit strukturellen Verdachtsmomenten (siehe auch Kapitel 2). Bei der Überarbeitung dieses Modells zum Modell „Cramer with extension“ wurden, zusätzlich zu den 33 Regeln von „Cramer original“, weitere Regeln implementiert. Diese sind im Wesentlichen:

Frage 40 / 41: Lässt natürliche Phosphate zu.

Frage 42: Identifiziert Benzol-ähnliche Substanzen und stuft diese in Klasse 3 ein.

Frage 43: Identifiziert einige nicht natürliche divalente Sulfatverbindungen und stuft diese in Klasse 3 ein.

Frage 44: Identifiziert alpha, beta-ungesättigte Carbonylverbindungen und stuft diese in Klasse 3 ein.

(20)

3 Methoden

Frage 1: Die hinterlegte Datenbank zur Erkennung von natürlichen Bestandteilen des menschlichen Körpers wurde von 67 auf über 400 im Vergleich zu

„Cramer original“ vergrößert.

(User Manual: Cramer rules with extensions, April 2009 von Curios-IT im Auftrag des JRC der EU)

Da das Modell „Cramer with extension“ eine Verfeinerung der Klassifizierungsregeln darstellt, wurde entschieden, nur mit den 116 Substanzen weiterzuarbeiten, die auch nach dem verbesserten Modell in Klasse 1 eingestuft wurden.

3.2 Bildung von Cramer-Klasse 1 Untergruppen

3.2.1 Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität

Die akute orale Toxizität (AOT) beschreibt die Fähigkeit einer Substanz nach einmaliger Aufnahme zu toxischen Effekten zu führen. Ermittelt wird in Tierversuchen der LD50- Wert (mittlere letale Dosis), der die Konzentration angibt, bei der rechnerisch 50% der Tiere versterben. LD50-Werte dienen häufig in der Praxis als erste grobe Orientierung bei der Festlegung von Dosisgruppen für Studien zur wiederholten Applikation. In erster Näherung kann man davon ausgehen, dass Substanzen, die eine hohe akute orale Toxizität aufweisen, auch bei chronischer Aufnahme toxisch wirken. So haben z.B. die meisten der mit R48 gekennzeichneten Stoffe (Gefahr ernster Gesundheitsschäden nach längerer Exposition) noch weitere Einstufungen im Bereich der akuten Toxizität (R20 – R28).

Dabei können unterschiedliche Zielorgane betroffen sein. Yamaguchi et al. (1996) berichteten über befriedigende Korrelationen bei Veränderungen der Leber (Korrelationskoeffizient 0,83) und hämatologischen Parametern (0,94), während die Abhängigkeit zwischen akuten und subakuten Niereneffekte nur schwach ausgeprägt zu sein scheint (Korrelationskoeffizient 0,49). Dazu kommt, dass bestimmte Endpunkte, wie z.B. Kanzerogenität, in keinem kausalen Zusammenhang mit der akuten Toxizität stehen.

Dennoch erscheint es plausibel anzunehmen, dass niedrige akute orale Toxizität ein Indiz für geringe Toxizität nach wiederholter Exposition darstellt. Ein weiteres Argument für die Bildung einer Untergruppe „Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität“

innerhalb der Cramer-Klasse 1 ist die vergleichsweise gute Datenverfügbarkeit.

Für 17 der 174 Substanzen der Startgruppe konnten dennoch keine Daten zur AOT gefunden werden. Diese Substanzen wurden bei der Bildung dieser Untergruppe aus der Startgruppe entfernt. Nach dem Modell „Cramer with extension“ gehörten 113 der 157 Substanzen zur Cramer-Klasse 1 (1. Auswahlschritt). Eine Untergruppe wurde von den Substanzen gebildet, die einen LD50-Wert > 2000 mg/kg hatten (2. Auswahlschritt). Es

(21)

schien nahe liegend die Konzentration von 2000 mg/kg für die Auswahl als Grenze zu wählen, da dies auch der Grenzwert für die Einstufung für akute orale Toxizität darstellt und auch Limit-Tests in die Bewertung mit einbezogen werden konnten.

Die Tierversuchdaten zur akuten oralen Toxizität wurden durch eine Recherche in den Datenbanken: ECHA-Stoffdatenbank, IUCLID, GESTIS, PCPC sowie durch Literaturrecherchen im Toxnet (U.S. National Library of Medicine) gefunden. Mit erster Priorität wurde nach Klimisch 1 oder 2 Studien in der ECHA Datenbank gesucht. Die niedrigsten LD50-Werte aus Studien mit Ratten und Mäusen wurden herangezogen.

3.2.2 Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer-Klasse 1 Bei der Aufnahme von Fremdstoffen in den menschlichen Körper sind es oft nicht die Substanzen selber, die zu den toxischen Effekten führen, sondern Metaboliten, die im Organismus erst entstehen (Giftung). Speziell die durch biochemische Stoffwechselvorgänge entstehenden Metaboliten in der Leber sind häufig entscheidend für schädliche Wirkungen einer Substanz auf den Organismus. Es wurde daher eine Untergruppe gebildet, welche die prognostizierten Metaboliten der Ausgangssubstanzen mitberücksichtigt.

Für die Vorhersage plausibler Metaboliten wurde das Modell Lebermetabolismus- Simulator (Tissue Metabolism Simulator = TIMES) der OECD-Toolbox benutzt. Dieses Modell wurde vom Laboratory of Mathematical Chemistry an der Universität Burgas entwickelt. Das Modell wurde aus einer Bibliothek bekannter Biotransformationen und abiotischer Reaktionen (Mekenyan, et al. 2004) abgeleitet. Die ermittelten Metaboliten wurden anschließend durch das Modell „Cramer with extension“ in den Cramer-Klassen 1, 2 oder 3 eingestuft.

3.2.3 Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit

Der Begriff Bioverfügbarkeit stammt aus der Pharmakologie. Er bezeichnet den prozentualen Anteil eines Wirkstoffs, der unverändert im systemischen Kreislauf zur Verfügung steht. Substanzen niedriger oraler Bioverfügbarkeit werden im Darm schlecht resorbiert und sind schlecht zellmembrangängig. Die Substanzen erreichen also nur zu einem geringen Anteil den Blutkreislauf und können nicht in Zellen eindringen. Somit werden die Substanzen nicht im ganzen Körper verteilt und können keine schädlichen

(22)

3 Methoden

Ein in der Pharmakologie häufig eingesetztes Modell zur Vorhersage der oralen Bioverfügbarkeit von Substanzen ist die „Lipinski rule of five“. Diese „Faustregel“ wurde zuerst von Lipinski et al. (1997) entwickelt und dann später von Ghosen et. al (1999) weiterentwickelt. Als gut bioverfügbar gelten Substanzen, die die folgenden Bedingungen erfüllen:

5 Donatoren von Wasserstoff-Brückenbindungen 10 Akzeptoren von Wasserstoff-Brückenbindungen MG: 160 – 480 g/mol

logPow: -0.4 bis +5.6

„Molar refractivity“ / Maß für die Polarisierbarkeit: 40 – 130 Gesamtanzahl der Atome: 20 – 70

In diese Untergruppe wurden Substanzen eingeordnet, die nach dem Modell: „Lipinski rule of five“ der OECD-Toolbox als nicht bioverfügbar gelten.

3.2.4 Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteine

Wenn elektrophile Substanzen vom menschlichen Organismus aufgenommen werden, können diese mit nukleophilen Zentren von Proteinen, wie z.B. Lysin- oder Cystein- Resten, reagieren. Diese Reaktionen mit körpereigenen Proteinen sind oft Ausgangspunkt von toxischen Effekten. Die kovalente Bindung an Proteine kann zur Änderung der Tertiärstruktur mit darauf folgendem Funktionsverlust führen, was im weiteren Verlauf zum Beispiel akut toxische, sensibilisierende oder neurotoxische Effekte hervorrufen kann.

Zur Vorhersage der Tendenz einer Substanz, Reaktionen mit Proteinen einzugehen, wurde das in der OECD-Toolbox implementierte Modell: „Protein binding by OECD“ von Enoch et al. (2012) eingesetzt. Dieses Modell teilt Proteinreaktionen nach mechanistischen Gesichtspunkten in die folgenden 6 Reaktionstypen ein: Acylierung, Michael Addition, Bildung Schiffscher Basen, nukleophile Substitutionsreaktionen (SN1 und SN2) und nukleophile Substitutionsreaktionen an Aromaten.

Das Modell wurde auf die Ausgangssubstanzen und auf alle mit dem Lebermetabolismus- Simulator vorhergesagten Metaboliten angewandt. In eine erste Untergruppe: „Keine Bindung an Proteine“ sind die Ausgangssubstanzen, die nach dem Modell keine Bindung mit Proteinen einhergehen, einsortiert worden. Eine zweite Untergruppe: „Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteine“ enthält solche Substanzen der ersten Untergruppe,

(23)

bei denen nicht nur die Ausgangsverbindungen, sondern zusätzlich auch deren Metaboliten nicht an Proteine binden.

3.3 Berechnung von Expositionsgrenzwerten

Das 5. Perzentil der NOEL-Werte in den jeweiligen Untergruppen wurde für die Berechnung der Expositionsgrenzwerte genutzt. Für die Berechnung von Perzentilen werden in der Literatur verschiedene Methoden/Algorithmen angegeben. Manche Software-Programme, wie auch Excel 2007, nutzen für die Berechnung von Perzentilen eine von NIST (National Institute of Standards and Technology) als alternativ genannte Methode. Diese Methode berechnet den Rang anders als die von NIST primär vorgeschlagene Methode, die von den meisten statistischen Programmen genutzt wird (NIST/SEMATECH e-Handbook of Statistical Methods, 2012).

Für das p´te Perzentil (Vp) von N Elementen sortiert nach Größe V1 V2 ….. VN gilt:

Berechnung des Rangs (n) im Excel (2007) (alternative Methode):

n = P (N – 1)/100 +1

Berechnung des Rangs (n) nach WinStat (primäre Methode):

n = P (N + 1)/100

Danach wird bei beiden Methoden gleichermaßen wie folgt weitergerechnet:

Für n = 1 Vp = V1

Für n = N Vp = VN

Für 1 < n < N Vp = Vk + d(Vk+1– Vk)

Dabei wird der Rang (n) in die integere Komponente k und in die dezimale Komponente d geteilt, so dass n = k+d.

n = der Rang N = Gesamtanzahl der Werte P = zu errechnendes Perzentil Vp = Perzentilwert

Vk = Wert an der k´ten Rangstelle V1 = Wert an der 1. Rangstelle Für die Berechnung der Perzentile für die Graphiken der Vergleiche der Startgruppe mit den Untergruppen wurde Excel (2007) und somit die alternative Methode angewandt, da

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3 Methoden

nach der von NIST als gebräuchlichste Methode genannt, berechnet. Die zwei unterschiedlichen Methoden zur Berechnung des Rangs führen zu leicht von einander abweichende Perzentilwerte (s.a. Anhang VII). Dabei sind die vom WinStat berechneten Perzentilwerte im Vergleich etwas niedriger als die berechneten Perzentilwerte von Excel 2007.

3.4 Statistische Auswertung der NO(A)EL-Verteilungen

Durch das Erstellen von Häufigkeitsdiagrammen und Prüfungen auf Normalverteilung mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test wurde klar, dass die NO(A)EL-Verteilung der Datenreihen aller betrachteten Gruppen keine Normalverteilung folgen. Ein Grund dafür ist, dass es sich aufgrund der Vorauswahl um Stoffe mit vergleichsweise hohen NO(A)EL-Werten handelt und dass bei (sub)chronischen Studien (Guideline-konform) eine Maximaldosis von 1000 mg/kg/d selten überschritten wird. Das stellt eine einseitige artifizielle Begrenzung des Datensatzes dar. Durch eine logarithmische Auftragung der NO(A)EL-Werte gegen die kumulative Verteilung konnten aber vergleichsweise symmetrische Kurvenverläufe erzielt werden, die auch eine visuell gute Vergleichbarkeit der Startgruppe mit den verschiedenen Untergruppen ermöglicht.

Eine Möglichkeit zur statistischen Überprüfung von nicht normal verteilten Daten ist der U (Mann-Whitney)-Test. Für die statistische Absicherung der berechneten Grenzwerte wurde mit dem U-Test getestet, ob die Werte der Untergruppen sich jeweils von der Startgruppe signifikant unterscheiden. Die nachfolgenden Erläuterungen zum U-Test wurden den Beschreibungen der Programmfunktionen in MS Excel und WinStat entnommen: „Der U-Test ist dem t-Test für unabhängige Stichproben ähnlich. Die Werte einer abhängigen Variablen werden durch eine zweite, unabhängige Variable in zwei Gruppen unterteilt. Dadurch entstehen wieder zwei Reihen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie unkorreliert sind. Es handelt sich hier um ein parameterfreies Verfahren, das daher keine bestimmte Verteilungsform (Normalverteilung der Variablen im t-Test) voraussetzt. Für die Bestimmung der Prüfgröße U werden alle Beobachtungswerte zunächst in einer Abfolge aufsteigend sortiert und ihre Plätze (Ränge) durchnummeriert, um danach jeweils die Rangmittel der einzelnen Gruppen zu erhalten.

Der U-Wert ergibt sich dann als die Anzahl der Inversionen (Umordnungen) der einzelnen Gruppenelemente, die von der Extremverteilung zu der beobachteten Verteilung führt. Als Prüfgröße verwendet man den kleineren der beiden Werte. Die Transformation auf Wahrscheinlichkeiten wird automatisch durchgeführt, indem der gefundene U-Wert in einen Abszissenwert Z einer entsprechenden Normalverteilung umgerechnet wird. Daraus ergeben sich die Signifikanzen P für die zweiseitige Fragestellung. Bei einem Signifikanz-

(25)

Wert P von < 0.05 kann davon ausgegangen werden, dass die zwei Gruppen sich signifikant voneinander unterscheiden“.

4 Ergebnisse

4.1 Verbesserter Cramer-Klasse 1 Datensatz (Cramer with extension)

Ca. ein Drittel der Substanzen, die in der Literatur ursprünglich der Cramer-Klasse 1 zugeordnet worden sind, wurden vom Modell „Cramer original“ der OECD Toolbox in die Cramer-Klassen 2 oder 3 eingestuft (siehe Anhang I: Cramer-Klasseneinstufungen gemäß Literaturangaben und nach Einstufungsvorgaben). Das Ausmaß der Abweichungen zwischen den Literaturangaben und der Einstufung mit dem Modell „Cramer original“ ist überraschend.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die o.g. strittigen Fälle durch eine manuelle Anwendung des originalen Cramer-Entscheidungsbaumes überprüft. In den meisten Fällen ergab sich eine Übereinstimmung der OECD Toolbox mit den originalen Cramer-Regeln. Nur in wenigen Fällen konnte keine eindeutige Entscheidung über die Richtigkeit der Einstufung getroffen werden.

Eine mögliche Erklärung ist, dass zur korrekten Handhabung des Cramer- Entscheidungsbaumes vertiefte Kenntnisse der organischen Chemie notwendig sind. Das macht die Anwendung ohne die Hilfe von automatisierten Einstufungsprogrammen, wie

„Cramer original“ oder „Cramer with extension“, schwierig und sehr zeitaufwendig.

Zusätzlich werden durch die 33 Regeln von Cramer (implementiert in „Cramer original“) bzw. 44 Regeln (implementiert in „Cramer with extension“) nur ein Teil der möglichen Strukturelemente in der organischen Chemie abgebildet. Unbekannte Funktionalitäten, auch strukturell unauffällige, werden automatisch in Klasse 3 eingruppiert. Ausnahmen sowohl extrem toxischer (s. Kap. 2.1 und 2.3) als auch unbedenklicher Verbindungen vom ursprünglichen Cramer-Auswahlmodus sind im Verlauf der TTC-Entwicklung immer wieder publiziert worden.

Der Cramer-Entscheidungsbaum sortiert in Frage 1 natürliche Bestandteile des menschlichen Körpers in Cramer-Klasse 1 ein. Bekannte natürliche Bestandteile von

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4 Ergebnisse

systemtechnisch als Smiles-Code in einem recherchierbaren File abgelegt. Da die Anzahl der separat hinterlegten Substanzen in der Datenbank des Modells „Cramer original“ noch sehr begrenzt ist, werden dort inzwischen bekannte Ausnahmen oft noch nicht erkannt. In diesen Fällen haben möglicherweise die Autoren der herangezogenen Veröffentlichungen für die Einstufung ihr chemisches und toxikologisches Wissen nach dem „Expert Judgement Prinzip“ eingesetzt.

Eine weitere Ursache der Unstimmigkeit ist der Umstand, dass die 33. originale Cramerregel, die sulfonierte Azoverbindungen in Klasse 1 einstuft, nicht im Modell

„Cramer original“, sondern erst im Modell „Cramer with extension“, richtig implementiert worden ist.

Auch vom Modell „Cramer with extension“ wurden ca. 1/3 der Substanzen, die in der Literatur als Cramer-Klasse 1 Substanzen beschrieben worden sind, in Klasse 2 oder 3 eingestuft. Dies war aufgrund der zusätzlichen Cramer-Regeln aber auch eher zu erwarten (siehe Abschnitt 3.1.3.).

Von den ursprünglich 174 Substanzen der Startgruppe konnten daher nur 116 Substanzen nach dem Modell „Cramer with extension“ auch der Klasse 1 zugeordnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der modifizierten Cramer-Klasse 1 Substanzen wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-1).

(27)

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Modifizierte Cramer-Klasse 1 Startgruppe

Abb. 4-1 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe (174 Cramer-Klasse 1 Substanzen nach Literaturangaben) und der 116 Cramer-Klasse-1- Substanzen nach dem Modell „Cramer with extension“.

Im Vergleich zur Startgruppe ist bei der Verteilung der NO(A)EL-Werte des modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatzes im unteren Bereich der Graphik eine Verschiebung in Richtung höherer NO(A)EL-Werte zu sehen. Diese Verschiebung kommt durch das Herausfiltern von toxischen Substanzen, die nach dem Modell „Cramer with extension“

den Klassen 2 und 3 zugeordnet wurden, zustande. Somit liegt auch der errechnete modifizierte Grenzwert als 5. Perzentil nach WinStat mit 46 µg/kg/Tag etwas höher als der berechnete Grenzwert der Startgruppe von 33 µg/kg/Tag. Für die Startgruppe liegt das 5. Perzentil nur unwesentlich höher als der ursprüngliche Cramer-Klasse 1 Grenzwert von Munro (30 µg/kg/Tag).

(28)

4 Ergebnisse

4.2 Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität

In diese Untergruppe sind Substanzen, die eine niedrige akute orale Toxizität in Tierversuchen aufweisen, eingeordnet worden. 87 der 113 Substanzen aus dem modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatz hatten einen LD50-Wert größer 2000 mg/kg, und 26 Substanzen hatten einen LD50-Wert unterhalb 2000 mg/kg. Für diese Gruppe konnte mit der im Abschnitt 3.3 beschriebenen Methode ein Expositionsgrenzwert von 69 µg/kg/Tag berechnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe:

„Substanzen niedriger AOT“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (Siehe Abb. 4-2).

0 20 40 60 80 100

0,010 0,100 1,000 10,000 100,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Startgruppe Substanzen niedrieger AOT

Abb. 4-2 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Substanzen niedriger AOT“.

Es ist erkennbar, dass sich im Vergleich zu der Startgruppe die Verteilung der NO(A)EL- Werte der Untergruppe: „Substanzen niedriger AOT“ über den gesamten Kurvenverlauf in Richtung höherer Werte im Diagramm verschoben hat. Einige Substanzen mit niedrigen NO(A)EL-Werten wurden durch diese Untergruppenbildung herausgefiltert.

(29)

4.3 Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer- Klasse 1

Es wurde eine Untergruppe von Substanzen, die nur Metaboliten haben, die auch nach ihrer Struktur zur Cramer-Klasse 1 gehören, gebildet. 72 der 116 Substanzen aus dem modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatz konnten in diese Untergruppe eingeordnet werden.

Für diese Gruppe konnte mit der im Abschnitt 3.3 beschriebenen Methode ein Expositionsgrenzwert von 49 µg/kg/Tag berechnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL- Werte der Untergruppe: „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-3).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1 Startgruppe

Abb. 4-3 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“.

Im Vergleich zur Startgruppe ist die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe

„Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ im unteren Bereich der Kurve in Richtung höherer

(30)

4 Ergebnisse

4.4 Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit

In diese Untergruppe wurden Substanzen eingeordnet, die nach dem Modell: „Lipinski rule of five“ der OECD-Toolbox als nicht bioverfügbar gelten. Diese Gruppe umfasste nur 18 Substanzen. Für diese Gruppe wurde von WinStat kein 5. Perzentil-Wert angegeben, da die Gruppe aus zu wenigen Werten besteht (< 20 Werte). Von Excel wurde dagegen ein 5.

Perzentil-Wert von 90 µg/kg/Tag berechnet. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe: „Geringe Bioverfügbarkeit“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-4).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

geringe Bioverfügbarkeit Startgruppe

Abb. 4-4 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Geringe Bioverfügbarkeit“.

Bei den relativ wenigen Substanzen, auf die das Konzept angewandt werden konnte, zeigte sich eine deutliche Tendenz hin zu höheren NO(A)EL-Werten. Die Eigenschaft Bioverfügbarkeit scheint dennoch nicht optimal für eine weitere Differenzierung von Cramer-Klasse 1 Substanzen geeignet zu sein, da fast alle (98 von 116) Substanzen der Klasse 1 nach der „Lipinski Rule of Five“ als bioverfügbar gelten. Um feststellen zu können, ob die Eigenschaft „geringe Bioverfügbarkeit“ tatsächlich zu einem differenzierteren Grenzwert führt, müsste der Ausgangsdatensatz vergrößert werden.

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4.5 Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an Proteine

In eine erste Untergruppe konnten (wiederum ausgehend von 116 Substanzen) 104 Substanzen einsortiert werden, die nach Vorhersage keine Bindung mit Proteinen einhergehen. Eine gewisse Reaktionsträgheit gegenüber Eiweißstrukturen scheint daher ein weit verbreitetes Merkmal innerhalb der Cramer-Klasse 1 zu sein. Für eine aus der ersten Untergruppe abgeleitete Unterkatergorie, bei der weder Ausgangsstoffe noch deren Metaboliten Proteinbindungen eingehen, konnten sich 32 Substanzen qualifizieren.

Für die erste dieser zwei Gruppen konnte mit WinStat ein Grenzwert von 49 µg/kg/Tag berechnet werden. Für die zweite Gruppe konnte ein Expositionsgrenzwert von 236 µg/kg/Tag bestimmt werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe:

„Substanzen + Metaboliten: Keine Proteinbindung“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-5).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Substanzen+Metaboliten: keine Proteinbindung Startgruppe

Abb. 4-5 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Substanzen+Metaboliten: keine Proteinbindung“.

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4 Ergebnisse

allem die Einbeziehung der vorhergesagten Metaboliten und deren „Bindungsfähigkeit an Proteine“ führt zu vielversprechenden Ergebnissen. Der für diese Gruppe berechnete Grenzwert von 236 µg/kg/Tag ist ca. achtmal höher als der ursprüngliche Cramer-Klasse 1 Grenzwert.

4.6 Statistische Signifikanz der Ergebnisse

Für die statistische Absicherung der berechneten Grenzwerte wurde mit dem U-Test getestet, ob die Werte der Untergruppen sich jeweils von der Startgruppe signifikant unterscheiden. Folgende Signifikanz-Werte (p < 0,05 => signifikanter Unterschied vorhanden) wurden im WinStat-Programm für die verschiedene Gruppen berechnet:

Untergruppe: „Geringe Bioverfügbarkeit“ p = 0,1962 Untergruppe: „Keine Bindung an Proteine“ p = 0,2647 Untergruppe: „Substanzen + Metaboliten: p = 0,0205

keine Proteinbindung“

Untergruppe: „Substanzen niedriger AOT“ p = 0,0003 Untergruppe: „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ p = 0,0093 Für die 3 Untergruppen: „Substanzen + Metaboliten: keine Proteinbindung“, „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ und „Substanzen niedriger AOT“ konnten p-Werte < 0.05 berechnet werden, was auf signifikante Unterschiede zu der Startgruppe hinweist. Die Unterschiede der letzten beiden Gruppen sind sogar hoch signifikant. Bei den Untergruppen „Geringe Bioverfügbarkeit“ und „Keine Bindung an Proteine“ konnten dagegen keine signifikanten Unterschiede zur Startgruppe festgestellt werden.

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5 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick

5.1 Zusammenfassung

Das TTC-Konzept ist ein Werkzeug der Risikobewertung, das für die Evaluierung von Substanzen mit niedrigen Expositionskonzentrationen und fehlenden Toxizitätsdaten entwickelt wurde. Über die Jahrezehnte hat sich das Konzept, ausgehend von einem einzelnen generischen Grenzwert, der alle existierende Substanzen mit einbezieht, weiterentwickelt und beinhaltet mittlerweile verschiedenen Grenzwerte für verschiedene Substanzklassen, Strukturklassen und Endpunkte.

Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, ob durch die Einbeziehung von weitergehenden Struktur-Wirkungs-Überlegungen und häufig bereits vorhandener toxikologischer Grunddaten eine weitere Verfeinerung des TTC-Konzeptes für Substanzen der Cramer- Klasse 1 erzielt werden kann. Es wurde überprüft, ob die Auswahl der Kriterien für die Ableitung von differenzierteren, im Idealfall höheren, Grenzwerten geeignet ist.

Ausgehend von einer Startgruppe von 176 Substanzen, die bereits zuvor in der Literatur als Cramer-Klasse 1 Strukturen beschrieben worden sind, wurde zuerst eine Überarbeitung des Datensatzes mit dem Modell „Cramer with extension“ durchgeführt.

Einige Substanzen mit niedrigen NO(A)EL-Werten, wie z.B. mehrere Phthalate, verschiedene Phenole und Aromaten, sind in diesem ersten Schritt auf Grund der verbesserten Strukturzuordnung aussortiert worden. Dadurch entstand ein erster modifizierter Cramer-Klasse 1 Datensatz von 116 Substanzen mit einem verbesserten Grenzwert von 46 µg/kg/Tag, der Ausgangspunkt für die Bildung von Untergruppen nach ausgewählten Kriterien war.

Bei der weiteren Bearbeitung in den Untergruppen schienen die Unterscheidungskriterien, dass die Ausgangssubstanzen keine kovalenten Bindungen mit Proteinen eingehen (49 µg/kg/Tag) oder dass deren Metaboliten ebenfalls zur Cramer-Klasse 1 gehören (49 µg/kg/Tag) nur eine geringe Auswirkung auf der Grenzwertbildung zu haben. Für die Substanzuntergruppe mit geringer akuter oraler Toxizität konnte ein etwas höherer Wert von 69 µg/kg/Tag bestimmt werden. Insgesamt ist aber auch bei diesem Ansatz die diskriminierende Wirkung als eher gering einzuschätzen. Die Anzahl der Substanzen, die nach der „Lipinski rule of five“ nicht bioverfügbar waren, war zu gering, als dass ein aussagekräftiges 5. Perzentil berechnet werden konnte (< 20 Werte). Um feststellen zu können, ob dieses Kriterium für eine weitere Untergruppenbildung im Rahmen des TTC- Konzeptes geeignet ist, müsste der NO(A)EL- Datensatz erweitert werden.

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5 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick

Im Gegensatz dazu hat die Einbeziehung der Metaboliten bei der Betrachtung der Proteinbindungsfähigkeit einen wesentlich Einfluss auf die Grenzwertbildung. Für diese Untergruppe, in der sich sowohl die Ausgangsssubstanzen als auch deren Metaboliten durch fehlende Reaktivität gegenüber Eiweißstrukturen auszeichnen, konnte ein Expositionsgrenzwert von 236 µg/kg/Tag ermittelt werden. Dieser Wert ist im Vergleich zum Grenzwert der Startgruppe und dem ursprünglichen Cramer-Klasse 1 Grenzwert ca.

achtmal höher. Hier zeichnet sich ein viel versprechender Ansatz ab, den es aber noch durch weitere Arbeiten mit einer erweiterten Datenbasis abzusichern gilt.

Abb. 6-1 Die berechneten TTC-Werte (5. Perzentile) der Startgruppe, des nach „Cramer with extension“ modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatzes sowie der im Text beschriebenen Untergruppen.

Bei allen fünf Untergruppen wurden speziell im unteren Bereich der kumulativen Verteilungskurven Substanzen mit niedrigen NO(A)EL-Werten ausgesondert, und in drei der Fälle (Untergruppen: „Niedrige AOT“, „Substanzen + Metaboliten: keine Protein- Bindung“, „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“) führte diese Auswahl nach dem U-Test zu statistisch signifikanten Unterschieden im Vergleich zur Startgruppe. Durch die zusätzlichen Auswahlkriterien konnte, aus dem ursprüngliche sehr inhomogenen Cramer- Klasse 1 Datensatzes, effektiv Substanzen mit relativ hoher Toxizität ausgefiltert werden.

Im Falle der Verifizierung der Ergebnisse könnten die in dieser Arbeit berechneten höheren Grenzwerte den Anwendungsbereich des TTC-Konzeptes erhöhen und damit die Einsparung weiterer Tierversuche erlauben.

LD50 > 2000 69µg/kg/Tag

Keine Protein-Bindung 49µg/kg/Tag

Alle Metab. Cr I 49µg/kg/Tag

Keine Bioverfügbarkeit -µg/kg/Tag Cramer I modifiziert

46µg/kg/Tag Startgruppe 33 µg/kg/Tag

Substanz + Metaboliten Keine Protein-Bindung

236µg/kg/Tag

(35)

5.2 Diskussion und Ausblick

Integrierte Teststrategien (ITS), die unter anderem in vitro und in silico Daten, Analogiebetrachtungen zu ähnlichen Substanzen und mechanistische Informationen für die Risikobewertung von Substanzen nutzen, werden heute durch das Bestreben Kosten und Tierleben zu sparen immer wichtiger. Ein aktuelles Konzept, das versucht, den mechanistischen Ablauf von toxischen Effekten in biologischen Systemen strukturiert darzustellen, ist das so genannte „Adverse Outcome Pathway“ (AOP) Modell.

Der AOP beschreibt die Prozesse, durch die auf molekularer Ebene eine Störung induziert wird (Molecular Initiating Event, MIE), sowie die damit verbundenen biologischen Folgereaktionen, die angefangen mit der (sub)zellulären Ebene über adverse Organeffekte schließlich den ganzen Organismus schädigen können.

Im in Abb. 5-1 dargestellten AOP stellt die kovalente Bindung einer Chemikalie (oder deren Metaboliten) an körpereigene Proteine eine Initialreaktion (MIE) dar. Ein LD50

Wert beschreibt dementsprechend eine „Auswirkung auf den Organismus“, während eine chemische Struktur (Cramer-Klasse), Metabolismus oder Bioverfügbarkeit auf der Ebene der chemischen Eigenschaften zu lokalisieren wären.

Abb. 5-1 Konzeptdiagramm des „Adverse Outcome Pathway“ (AOP) analog Ankley et al. (2010).

Tendenziell wird zukünftig vermehrt angestrebt werden, vor allem auf toxikologische Informationen vom Anfang des AOPs zurückzugreifen und ohne Versuchstiereinsatz auszukommen. Andererseits nimmt die Unsicherheit toxikologischer Vorhersagen zu, je

Chemische Eigen- schaften Struktur

Rezeptor /Ligand Interaktion DNA-Bindung

Protein- Bindung

Genaktivierung Protein- produktion Veränderte Signale Proteindepletion

Veränderte Physiologie Gestörte Homeostase

Veränderte Gewebebildu

ng oder Funktion

Lethalität Gestörte Entwicklung

Gestörte Reproduktion

Kreps

Struktur Aus- sterben

Nach- wuchs Toxin Interaktion mit

Makrom olekülen Zellantwort

Auswirkung auf Populationen

Initialisierende

Reaktion (MIE) „Adverse Outcome“

Metabolismus Bioverfüg-

barkeit

Auswirkung auf Organe

Auswirkung auf den Organismus

(36)

5 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick

In diesem Sinne eröffnet sich, durch Kombination von Erkenntnissen zur molekularen Struktur (Cramer-Klassen) mit Überlegungen zum Lebermetabolismus und zum Reaktionsmechanismus (Proteinbindung), die Möglichkeit die Aussagekraft des ursprünglichen TTC-Modells deutlich zu verbessern.

In der Literatur ist vorgeschlagen worden, dass speziell die herangezogenen Studien in der Munro-Datenbank, die immer noch die Basis der meisten NO(A)EL-Werte bilden, einer Validierung unterzogen werden sollten (Brassan et al., 2011). Im Rahmen des EU SEURAT/COSMOS-Projektes findet zur Zeit u.a. auch eine solche Validierung statt.

Auch die Cramer-Regeln zur Einstufung von Substanzen nach strukturellen Verdachtsmomenten könnten durch eine Überarbeitung wahrscheinlich verbessert werden.

Zumindest zum Teil ist dies mit der Implementierung von weiteren Regeln im Modell

„Cramer with extension“ bereits erfolgreich umgesetzt worden. Immer noch werden aber viele Moleküle von den Auswahlregeln nicht erfasst, und in Cramer-Klasse 3 eingestuft.

Durch die Validierung der Rohdaten und differenziertere Strukturregeln könnte eine bessere Datenbasis für weitere Arbeiten geschaffen werden.

Eine Ausweitung des Datensatzes durch Einbeziehung bislang nicht veröffentlichter Toxizitätsstudien, würde die Aussagekraft des TTC-Modells allgemein, wie auch jeder darauf aufbauenden Arbeit, erheblich erhöhen. Hier eröffnen sich durch die nunmehr öffentlich zugänglichen Studiendaten in der REACH Datenbank der ECHA neue Perspektiven für die Zukunft.

Es wäre vorstellbar, die hier beschriebenen Regeln zur Untergruppenbildung auch auf Cramer-Klasse 2 und 3 Substanzen anzuwenden, mit dem Ziel, diese ebenfalls in Unterkategorien mit spezifischeren TTC-Werten (höhere und niedrigere) aufzuspalten.

Eine Ausweitung der Vorgehensweise in dieser Arbeit auf andere Substanzinformationen, wie weitere in-silico Daten zu verschiedenen Endpunkten oderin vitro Testdaten, wie z. B Zytotoxizität, ist ebenfalls vorstellbar. Somit könnten möglicherweise weitere Auswahlkriterien mit einer guten Korrelation zu Substanztoxizität zur Bildung von neuen Untergruppen führen. Im Angesicht des Tierschutzgedankens wäre eine solche Weiterentwicklung des TTC-Konzeptes sehr wünschenswert und hilfreich.

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6. Literatur

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Referenzen

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