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3.1.1 Quellen des verwendeten Datensatzes

In der vorliegenden Arbeit wurde nur auf Substanzen, die schon in der Literatur als Klasse 1 beschrieben worden sind, zurückgegriffen. Im Vergleich zur Cramer-Klasse 1 beinhaltet die Cramer-Cramer-Klasse 2 zu wenige Elemente für statistische Auswertungen. In Cramer-Klasse 3 werden nicht nur die aufgrund ihrer Struktur als toxisch erkannten Substanzen eingeordnet, sondern auch alle bislang noch nicht zugeordneten Substanzen. Speziell im Lebensmittel- und Kosmetik-Bereich gibt es zudem viele Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs, für die keine tierexperimentellen Daten vorliegen, die aber aufgrund ihrer Struktur überwiegend der Cramer-Klasse 1 zuzuordnen wären. Die Daten zu den Cramer-Klasse 1 Substanzen aus unterschiedlichen Quellen der Literatur wurden zu einem Datensatz zusammengefasst (später Startgruppe genannt).

Aus einer Veröffentlichung von Munro et al. aus dem Jahre 1996 konnten 129 der ursprünglich 137 Substanzen übernommen werden. Die Identifikationsnummern von Munro et al. wurden beibehalten, wobei doppelte Einträge (die Nummern 8, 67, 68, 79, 117, 118, 121 und 122) nicht mit aufgenommen wurden.

Die Substanzen des Munro-Datensatzes umfassen zum größten Teil die Substanzklassen aliphatische Kohlenwasserstoffe, Alkohole, organische Ester, Säuren, Ether, einfache Aromaten, Phthalate, Aldehyde, Amine, Ketone sowie einige Azofarbstoffe aus dem Lebensmittelbereich.

Die NO(A)EL-Werte der Substanzen aus der Veröffentlichung von Munro et al. stammen aus subchronischen und chronischen Toxizitätsstudien und Reproduktionsstudien mit

oraler Applikation. Die unterschiedliche Studiendauer (subchronisch/chronisch) wurde mit einem Faktor von 3 berücksichtigt, und ein Intra/Interspezies-Faktor von 100 verwendet.

Aus einer Veröffentlichung von Blackburn et al. (2005) wurden 21 typische Kosmetikinhaltsstoffe, die als Cramer-Klasse 1 Substanzen beschrieben wurden, mit aufgenommen. Es handelte sich hierbei zum größten Teil um Farbstoffe, einfache und mehrwertige Alkohole, organische Ester und tensidische Verbindungen.

Die angegebenen tierexperimentellen Daten und angepassten NO(A)EL-Werte wurden ohne vorherige Validierung unverändert aus den Veröffentlichungen von Munro et al. und Blackburn et al. übernommen.

Weitere 26 Substanzen, die im EU-OSIRIS-Projekt als Cramer-Klasse 1 Substanzen charakterisiert worden sind, konnten in den Datensatz integriert werden. Damit wurden im Wesentlichen weitere Alkohole, organische Ester, Säuren, Ether, einfache Aromaten, Alkene und Ketone mit aufgenommen. Die tierexperimentellen Testdaten zu diesen Substanzen stammen aus der RepDose Datenbank des ITEM Instituts der Fraunhofer-Gesellschaft. Die NO(A)EL-Werte der verschiedenen Substanzen stammen aus subchronischen und chronischen oralen Toxizitätsstudien hoher Qualität (fast immer OECD und GLP konform). NO(A)EL-Werte aus chronischen Toxizitätsstudien wurden vorrangig herangezogen. Die verkürzte Studiendauer der subchronischen Studien wurde mit einem Faktor von 3 berücksichtigt. Wenn nur ein LO(A)EL-Wert zu Verfügung stand, ist mit einem Faktor von 3 zum NO(A)EL extrapoliert worden. Insgesamt kam höchstens ein zusätzlicher Faktor von 10 zum Einsatz. Für die Berücksichtigung der Intraspezies-und Interspezies-Unterschiede wurde aus Konsistenzgründen ein Sicherheitsfaktor von 100 gewählt. Diese Vorgehensweise entspricht die Festlegung der angepassten NO(A)EL-Werte in der Veröffentlichung von Blackburn et. al. (2005).

Somit konnte dann mit einem Anfangsdatensatz von insgesamt 176 Substanzen gestartet werden. Die Strukturen von 2 der 176 Substanzen des Anfangsdatensatzes konnten im Grafikinterface der OECD-Toolbox (s.u.) nicht abgebildet werden (Nr. 98 und 119), und somit konnten für diese zwei Stoffe im weiteren Verlauf auch keine Werte ermittelt werden. Sie wurden für die weitere Bearbeitung aus dem Datensatz entfernt. Eine Übersicht über die Anzahl der Substanzen in den verschiedenen Gruppen und Untergruppen ist in Abbildung 3-1 zu sehen. Einzelheiten zu den Gruppeneinteilungen werden in 3.1.3 – 3.2.4 erläutert. Eine Auflistung der 174 Substanzen der Startgruppe, mit Angaben zu den verwendeten NO(A)ELs und den zugrunde liegenden Studien und Quellenangaben, ist im Anhang II zu finden.

3 Methoden

Abb. 3-1 Übersicht der Anzahl der Substanzen in den verschiedenen Gruppen und Untergruppen.

3.1.2 OECD (Q)SAR Application Toolbox

Die OECD (Q)SAR Application Toolbox (Version 2.2, 2010), auch nur „OECD-Toolbox“ genannt, ist eine frei zugängliche Software, die in einem gemeinsamen Projekt der OECD und ECHA entwickelt worden ist.

(http://www.oecd.org/document/54/0,3746,en_2649_34379_42923638_1_1_1_1,00.html#

Download_qsar_application_toolbox.).

Die Toolbox ist eine Zusammenstellung von nicht-kommerziellen (Q)SAR-Modellen zur Vorhersage verschiedener Endpunkte, Mechanismus-basierten Modellen (z.B. DNA- und Protein-Binding) und Algorithmen zur Herausfilterung strukturell ähnlicher Moleküle. Als Eingabe wird nur die chemische Struktur benötigt.

Anfangsdatensatz

(Munro: 121, Blackburn: 21, EU-OSIRIS-Projekt: 26)

176 Substanzen

-2 Substanzen; nicht abbildbar in der OECD-Toolbox

Startgruppe: 174 Substanzen

Startgruppe:157 Substanzen

- 17 Substanzen; keine Daten zu AOT vorhanden

Cramer 1 nach„Cramer with extension“:113 Substanzen

Cramer 1 nach„Cramer with extension“: 116 Substanzen

Alle Metab. Cr I 72 Substanzen

Die OECD-Toolbox ermöglicht auch die Anwendung der Cramer-Regeln in einer konsistenten Art und Weise. Es sind zwei Modelle („Cramer original“ und „Cramer with extension“) implementiert. Das OECD-Toolbox Cramer Schema kann auf organische Moleküle, organische Salze und metallorganischen Substanzen angewendet werden, nicht aber auf Polymere, Oligomere und anorganische Substanzen.

Für diese Arbeit wurden die Modelle „Lebermetabolismus-Simulator“, „Cramer original“,

„Cramer with extension”, “Proteinbinding by OECD” und “Lipinski rule of five“

verwendet (Beschreibung der Modelle: siehe Abschnitte 3.1.3 und 3.2).

3.1.3 Überarbeitung des Datensatzes

Eine toxikologische Validierung der tierexperimentellen Daten wurde nicht vorgenommen. Diese Aufgabe wird zurzeit im Rahmen des EU SEURAT/COSMOS-Projektes von einer internationalen Expertengruppe des International Life Sciences Institute (ILSI) durchgeführt.

Die Cramer-Klassen-Zugehörigkeit der 176 Substanzen des Datensatzes wurde mit den Modellen „Cramer original“ und „Cramer with extension“ aus der OECD-Toolbox überprüft.

Das Modell „Cramer original“ der OECD-Toolbox baut auf 33 Regeln zur chemischen Struktur von Cramer et al. (1978) auf, und wurde vom Laboratory of Mathematical Chemistry an der Uni Burgas in Bulgarien entwickelt. Cramer et al. haben 1978 einen Entscheidungsbaum entwickelt, der Substanzen nach strukturellen Verdachtsmomenten in 3 Klassen einteilt: Cramer-Klasse 1; eher harmlose Substanzen, Cramer-Klasse 2;

intermediate Strukturen, Cramer-Klasse 3; Substanzen mit strukturellen Verdachtsmomenten (siehe auch Kapitel 2). Bei der Überarbeitung dieses Modells zum Modell „Cramer with extension“ wurden, zusätzlich zu den 33 Regeln von „Cramer original“, weitere Regeln implementiert. Diese sind im Wesentlichen:

Frage 40 / 41: Lässt natürliche Phosphate zu.

Frage 42: Identifiziert Benzol-ähnliche Substanzen und stuft diese in Klasse 3 ein.

Frage 43: Identifiziert einige nicht natürliche divalente Sulfatverbindungen und stuft diese in Klasse 3 ein.

Frage 44: Identifiziert alpha, beta-ungesättigte Carbonylverbindungen und stuft diese in Klasse 3 ein.

3 Methoden

Frage 1: Die hinterlegte Datenbank zur Erkennung von natürlichen Bestandteilen des menschlichen Körpers wurde von 67 auf über 400 im Vergleich zu

„Cramer original“ vergrößert.

(User Manual: Cramer rules with extensions, April 2009 von Curios-IT im Auftrag des JRC der EU)

Da das Modell „Cramer with extension“ eine Verfeinerung der Klassifizierungsregeln darstellt, wurde entschieden, nur mit den 116 Substanzen weiterzuarbeiten, die auch nach dem verbesserten Modell in Klasse 1 eingestuft wurden.