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Verbesserter Cramer-Klasse 1 Datensatz (Cramer with extension)

Ca. ein Drittel der Substanzen, die in der Literatur ursprünglich der Cramer-Klasse 1 zugeordnet worden sind, wurden vom Modell „Cramer original“ der OECD Toolbox in die Cramer-Klassen 2 oder 3 eingestuft (siehe Anhang I: Cramer-Klasseneinstufungen gemäß Literaturangaben und nach Einstufungsvorgaben). Das Ausmaß der Abweichungen zwischen den Literaturangaben und der Einstufung mit dem Modell „Cramer original“ ist überraschend.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die o.g. strittigen Fälle durch eine manuelle Anwendung des originalen Cramer-Entscheidungsbaumes überprüft. In den meisten Fällen ergab sich eine Übereinstimmung der OECD Toolbox mit den originalen Cramer-Regeln. Nur in wenigen Fällen konnte keine eindeutige Entscheidung über die Richtigkeit der Einstufung getroffen werden.

Eine mögliche Erklärung ist, dass zur korrekten Handhabung des Cramer-Entscheidungsbaumes vertiefte Kenntnisse der organischen Chemie notwendig sind. Das macht die Anwendung ohne die Hilfe von automatisierten Einstufungsprogrammen, wie

„Cramer original“ oder „Cramer with extension“, schwierig und sehr zeitaufwendig.

Zusätzlich werden durch die 33 Regeln von Cramer (implementiert in „Cramer original“) bzw. 44 Regeln (implementiert in „Cramer with extension“) nur ein Teil der möglichen Strukturelemente in der organischen Chemie abgebildet. Unbekannte Funktionalitäten, auch strukturell unauffällige, werden automatisch in Klasse 3 eingruppiert. Ausnahmen sowohl extrem toxischer (s. Kap. 2.1 und 2.3) als auch unbedenklicher Verbindungen vom ursprünglichen Cramer-Auswahlmodus sind im Verlauf der TTC-Entwicklung immer wieder publiziert worden.

Der Cramer-Entscheidungsbaum sortiert in Frage 1 natürliche Bestandteile des menschlichen Körpers in Cramer-Klasse 1 ein. Bekannte natürliche Bestandteile von

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systemtechnisch als Smiles-Code in einem recherchierbaren File abgelegt. Da die Anzahl der separat hinterlegten Substanzen in der Datenbank des Modells „Cramer original“ noch sehr begrenzt ist, werden dort inzwischen bekannte Ausnahmen oft noch nicht erkannt. In diesen Fällen haben möglicherweise die Autoren der herangezogenen Veröffentlichungen für die Einstufung ihr chemisches und toxikologisches Wissen nach dem „Expert Judgement Prinzip“ eingesetzt.

Eine weitere Ursache der Unstimmigkeit ist der Umstand, dass die 33. originale Cramerregel, die sulfonierte Azoverbindungen in Klasse 1 einstuft, nicht im Modell

„Cramer original“, sondern erst im Modell „Cramer with extension“, richtig implementiert worden ist.

Auch vom Modell „Cramer with extension“ wurden ca. 1/3 der Substanzen, die in der Literatur als Cramer-Klasse 1 Substanzen beschrieben worden sind, in Klasse 2 oder 3 eingestuft. Dies war aufgrund der zusätzlichen Cramer-Regeln aber auch eher zu erwarten (siehe Abschnitt 3.1.3.).

Von den ursprünglich 174 Substanzen der Startgruppe konnten daher nur 116 Substanzen nach dem Modell „Cramer with extension“ auch der Klasse 1 zugeordnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der modifizierten Cramer-Klasse 1 Substanzen wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-1).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Modifizierte Cramer-Klasse 1 Startgruppe

Abb. 4-1 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe (174 Cramer-Klasse 1 Substanzen nach Literaturangaben) und der 116 Cramer-Klasse-1-Substanzen nach dem Modell „Cramer with extension“.

Im Vergleich zur Startgruppe ist bei der Verteilung der NO(A)EL-Werte des modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatzes im unteren Bereich der Graphik eine Verschiebung in Richtung höherer NO(A)EL-Werte zu sehen. Diese Verschiebung kommt durch das Herausfiltern von toxischen Substanzen, die nach dem Modell „Cramer with extension“

den Klassen 2 und 3 zugeordnet wurden, zustande. Somit liegt auch der errechnete modifizierte Grenzwert als 5. Perzentil nach WinStat mit 46 µg/kg/Tag etwas höher als der berechnete Grenzwert der Startgruppe von 33 µg/kg/Tag. Für die Startgruppe liegt das 5. Perzentil nur unwesentlich höher als der ursprüngliche Cramer-Klasse 1 Grenzwert von Munro (30 µg/kg/Tag).

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4.2 Untergruppe 1: Substanzen mit niedriger akuter oraler Toxizität

In diese Untergruppe sind Substanzen, die eine niedrige akute orale Toxizität in Tierversuchen aufweisen, eingeordnet worden. 87 der 113 Substanzen aus dem modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatz hatten einen LD50-Wert größer 2000 mg/kg, und 26 Substanzen hatten einen LD50-Wert unterhalb 2000 mg/kg. Für diese Gruppe konnte mit der im Abschnitt 3.3 beschriebenen Methode ein Expositionsgrenzwert von 69 µg/kg/Tag berechnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe:

„Substanzen niedriger AOT“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (Siehe Abb. 4-2).

0 20 40 60 80 100

0,010 0,100 1,000 10,000 100,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Startgruppe Substanzen niedrieger AOT

Abb. 4-2 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Substanzen niedriger AOT“.

Es ist erkennbar, dass sich im Vergleich zu der Startgruppe die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe: „Substanzen niedriger AOT“ über den gesamten Kurvenverlauf in Richtung höherer Werte im Diagramm verschoben hat. Einige Substanzen mit niedrigen NO(A)EL-Werten wurden durch diese Untergruppenbildung herausgefiltert.

4.3 Untergruppe 2: Substanzen und Metaboliten gehören zur Cramer-Klasse 1

Es wurde eine Untergruppe von Substanzen, die nur Metaboliten haben, die auch nach ihrer Struktur zur Cramer-Klasse 1 gehören, gebildet. 72 der 116 Substanzen aus dem modifizierten Cramer-Klasse 1 Datensatz konnten in diese Untergruppe eingeordnet werden.

Für diese Gruppe konnte mit der im Abschnitt 3.3 beschriebenen Methode ein Expositionsgrenzwert von 49 µg/kg/Tag berechnet werden. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe: „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-3).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1 Startgruppe

Abb. 4-3 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“.

Im Vergleich zur Startgruppe ist die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe

„Alle Metaboliten Cramer-Klasse 1“ im unteren Bereich der Kurve in Richtung höherer

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4.4 Untergruppe 3: Substanzen mit geringer Bioverfügbarkeit

In diese Untergruppe wurden Substanzen eingeordnet, die nach dem Modell: „Lipinski rule of five“ der OECD-Toolbox als nicht bioverfügbar gelten. Diese Gruppe umfasste nur 18 Substanzen. Für diese Gruppe wurde von WinStat kein 5. Perzentil-Wert angegeben, da die Gruppe aus zu wenigen Werten besteht (< 20 Werte). Von Excel wurde dagegen ein 5.

Perzentil-Wert von 90 µg/kg/Tag berechnet. Die Verteilung der NO(A)EL-Werte der Untergruppe: „Geringe Bioverfügbarkeit“ wurde mit der Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe verglichen (siehe Abb. 4-4).

0 20 40 60 80 100 120

0,001 0,010 0,100 1,000 10,000 100,000 1000,000

NO(A)EL/SAF in mg/kg/Tag

Kumulative Verteilung in %

geringe Bioverfügbarkeit Startgruppe

Abb. 4-4 Vergleich der kumulativen Verteilung der NO(A)EL-Werte der Startgruppe und der Untergruppe: „Geringe Bioverfügbarkeit“.

Bei den relativ wenigen Substanzen, auf die das Konzept angewandt werden konnte, zeigte sich eine deutliche Tendenz hin zu höheren NO(A)EL-Werten. Die Eigenschaft Bioverfügbarkeit scheint dennoch nicht optimal für eine weitere Differenzierung von Cramer-Klasse 1 Substanzen geeignet zu sein, da fast alle (98 von 116) Substanzen der Klasse 1 nach der „Lipinski Rule of Five“ als bioverfügbar gelten. Um feststellen zu können, ob die Eigenschaft „geringe Bioverfügbarkeit“ tatsächlich zu einem differenzierteren Grenzwert führt, müsste der Ausgangsdatensatz vergrößert werden.

4.5 Untergruppe 4: Substanzen und Metaboliten binden nicht an