82 Erdkunde Band V
Deutschlands wurde die dringend benotigte ,Blutauf frischung* des Rates zur Folge haben und neuen An trieb zur Grundlagenforschung bringen, neben den
immer mehr vorherrschenden, praktisch-okonomisch
betonten Fragen der Fischerei (Zweckforschung), deren Bedeutung keinesfalls geleugnet werden soil, die aber leider Gottes eine Vorrangstellung einzunehmen ge denkt." ... Die Schriftleitung
Geographie in Japan
Die nach amerikanischem Muster umgeformten 200 Colleges und Universitaten, von denen insgesamt 75 staatlich sind, fuhren ausnahmslos geographische Vor lesungen. Mittelpunkte geographischer Forschung und Lehre sind aber an Zahl weit geringer, als man glau ben mochte. Hervorzuheben sind die Geographischen Lehrstabe folgender Hochschulen: Tokyo University, Tokyo Educational College, Ochanomizu Women's College, Kyoto University, Hiroshima University, Tohoku University und das Nara Women's College.
An Geographischen Zeitschriften sind zu nennen:
1. Chirigaku Hyoron (Geogr. Review of Japan), To kyo. Erscheint monatlich; japanisch mit fremdsprach
lichen Resumes. Fortsetzung der alten Zeitschrift.
2. Chigaku Zasshi (Journal of Geography), Tokyo.
Erscheinungsweise noch unregelmafiig. Fortsetzung
der alten Zeitschrift.
3. Shakai Chiri (Geogr. for Social Life), Tokyo. Er scheint monatlich; japanisch. Neugriindung 1947.
4. Shin Chiri (New Geography) Tokyo. Erscheint achtmal jahrlich; betont historisch. Neugriindung;
japanisch.
5. Jimbun Chiri (Human Geography), Kyoto. Er scheint vierteljahrlich. Neugriindung; 1949. Seit dem 2. Jg. 1950 mit fremdsprachlichen Resumes.
6. Tohoku Chiri (Annals of the Tohoku Geogr. So ciety), Sendai. Erscheint vierteljahrlich. Japanisch, z. T. fremdsprachig. Neugriindung 1948.
7. The Bulletin of the Geographical Institute, Tokyo University. No. 1, 1950. japanisch.
M. Schwind Deutsches Hydrographisches lnstitut Hamburg
Jahresbericht Nr. 1 (1946), Hamburg 1947, 63 S., 12 Taf.
Jahresbericht Nr. 2 (1947), Hamburg 1948, 66 S., 13 Taf.
Jahresbericht Nr. 3 (1948), Hamburg 1949, 66 S., 12 Taf.
Das Deutsche Hydrographische lnstitut hat die den Nachkriegsverhaltnissen angepafken Aufgaben des
Marine-Observatoriums der Deutschen Seewarte und
der Nautischen Abteilung der Marine ubernommen.
Aus seinen Aufgaben ergibt sich eine Gliederung in 6 Abteilungen:
1. Veroffentlichungen: Nautische Handbiicher mit
Angaben iiber Kustenverhaltnisse, Fahrwasser, Hafen verkehr- und -vorschriften, meteorologische und oze
anographische Verhaltnisse. Alle Veranderungen des Fahrwassers werden wochentlich in den ?Nachrichten fiir Seefahrer" bekanntgegeben. Ferner gehoren zu den Aufgaben dieser Abteilung Warndienst, Funkdienst
und die Herausgabe von Leuchtfeuerverzeichnissen, Auswertung von Seehandbuchern (Stromversetzung
u. a.).
2. Seekartenwerk: Herstellung und Bench tigung
von etwa 400 Deutschen Seekarten.
3. Seevermessung (wozu 4 Vermessungsschiffe und 2 Wracksuchboote zur Verfiigung stehen): z. Z. vor wiegend Auslotung von Fahrwassern und Seegebieten,
die in den Kriegs- und Nachkriegsjahren nicht kon
trolliert werden konnten.
4. Meereskunde und Erdmagnetismus: Geologie
und Morphologie, Physik und Chemie des Meeres,
Eisdienst, Strdmungsbeobachtungen. U. a. wird auf
Vorschlag des Internationalen Hydrographischen
Bureaus in Monaco vom Deutschen Hydrographischen
Institut eine Weltkarte der Mifiweisung fiir 1953 ent worfen (Mafistab 1 : 28 Mill).
5. Astronomie: Gezeiten und Zeitdienst, Sturmflut warndienst, Herausgabe des Nautischen Jahrbuchs.
6. Die Abteilung fiir Nautische Technik befafk sich mit der Entwicklung und Priifung nautischer Instru
mente.
Bibliothek und Archiv sowie die Verwaltung bil den die ubrigen Abteilungen des Instituts.
Die Jahresberichte 1946 bis 1948 liegen vor und geben ein sehr gutes Bild der Entwicklung, Organi
sation und Einrichtung des Instituts. Die einzelnen Abteilungen berichten kurz iiber alle ausgefuhrten Arbeitsplane fiir die kommenden Jahre. In einem An
hang sind die amtlichen Veroffentlichungen des Insti tuts, die geplanten Veroffentlichungen (Karten und Biicher) sowie alle wissenschaftlichen Arbeiten, Vor
trage und Vorlesungen zusammengestellt. Mehrere
Kartenbeilagen geben eine Ubersicht iiber den Stand
der Kartenwerke und die regionalen Arbeitsbereiche.
R. Keller
TAGUNGEN UND KONGRESSE
Die Pflanzengeograpbie auf dem VII. Internationalen BotanikerkongrejS in Stockholm 1950.
Im Juli 1950 fand in Stockholm nach einer Pause von 15 Jahren seit dem 6. Kongrefi in Amsterdam der 7. Intern. Botanikerkongrefi statt. Bei der grofien Popularitat, die diese Wissenschaft im Lande Linnes
geniefit, und durch die jahrelange aufopfernde Zu sammenarbeit aller schwedischen Botaniker in den letzten Jahren nahm der Kongrefi einen glanzenden
Verlauf. Durch die Beteiligung von iiber 1600 Bota nikern aus aller Welt wurde er zu einem wirklichen Welttreffen der Botaniker aller Richtungen, auch der Pflanzengeographen. Die Sitzungen fiir die iiber 500 Vortrage waren auf 15 Sektionen verteilt, die die verschiedenen Zweige der allgemeinen, systematischen und angewandten Botanik umfafken, und fanden in den Tagen 12.?20. Juli statt. Dazu kam noch eine Palynologische Konferenz der Pollenforscher an den
Berkkte und kleine Mitteilungen 83
zwei vorhergehenden Tagen und eine grofie Zahl von Exkursionen in dem Zeitraum vom 27. 6. bis 9. 8. 1950 durch alle Teile Schwedens von Schonen und Gotland bis Lappland und zum Sylarna-Fjall.
Das Interesse der Geographie an dem Kongrefi be zieht sich in erster Linie auf die Arbeit der Sektion Pflanzengeographie, zu einem gewissen Teil auch auf experimentelle Ukologie, Forstbotanik, Taxonomie, und Phytopalaontologie. Fiir die Palynologenkonfe renz und die pflanzengeographische Sektion waren
vom Vorbereitungsausschufi deutsche Prasidenten ge
wahlt worden, F. Firbas fiir die Palynologie, der Un terzeichnete fiir die Pflanzengeographie. Als Kongrefi sprachen gal ten Englisch, Franzosisch und Deutsch, und
die drei Sprachen konnten zum Unterschied von an deren internationalen Kongressen der Nachkriegszeit auch praktiziert werden. Besonders stark waren aufier
Skandinavien und Finnland die Lander USA und Kanada, Grofibritannien, Frankreich, die Niederlan
de und die Schweiz vertreten. Selbst aus ganz fernen Landern, wie Neuseeland und den Hawaiischen Inseln, erschienen mehrkopflge Vertretungen, aus Israel allein waren 18 Teilnehmer gekommen. So war pflanzen -
geographisch wirklich eine weltumspannende Infor mation moglich, wie sie sich nur selten bieten diirfte.
Die Beteiligung von etwa 85 deutschen Botanikern aus der Bundesrepublik sowohl als auch aus der So wjetzone war wohl die grofke fiir einen internationa
len Kongrefi der Nachkriegszeit. Vollstandig fehlten
Vertreter der Lander Polen, Tschechoslowakei, Un garn und Rumanien, dagegen erschien mit Verspatung
eine achtkopfige russische Delegation unter Fiihrung
des bekannten Pflanzengeographen V. N. Sukatjew.
Sehr schwach war die Beteiligung der sudamerikani
schen Staaten, man horte nachtraglich, dafi manche Kongrefimitglieder nur bis Paris gekommen waren.
Die franzosischen Teilnehmer entwickelten eine be
sondere Aktivitat in Vorschlagen fiir die Bildung in ternationaler Kommissionen, fiir die biogeographische Klassifikation der Klimate, fiir die Vorbereitung einer
internationalen Vegetationskarte der Erde 1 : 1 Mill., fiir die Vereinheitlichung der pflanzensoziologisch geographischen Nomenklatur. Die beiden ersten Kom missionen, von denen die iiber die Weltkarte auch
bereits im Rahmen der Union Geographique Inter
nationale verankert ist, fanden den Beifall der Ver sammlung.
Die pflanzengeographische Sektion hatte ihr Pro
gramm im wesentlichen in 7 Punkte aufgeteilt: Tro pische Vegetation und Pflanzenverbreitung, Pflanzen
geographie der Arktis; Klima und Vegetation, Vege
tationseinheiten, Pflanzengeographische Kartogra phie, Klimatische und sekundare Graslandvegetation, Quartare Vegetation und Flora.
Fiir das Thema Trope nvegetation standen die hervorragendsten Fachleute der Tropenbotanik zur Verfiigung, die franzosischen und belgischen Afri kabotaniker H. Humbert (Madagaskar), A Aubrk ville und /. Trocbain (Westafrika), /. Lebrnn und W. Robyns (Kongo), die Englander A. St. Thomas
und P. E. Richards (der in seinem Vortrag die Tro pischen Regenwalder Siidamerikas, Afrikas und Asiens zugrunde legen konnte), A. Smith (Fiji), F. Rawitscher (Brasilien), F. Bharucha (Indien) u. a. Der junge
Schwede O. Hedberg berichtete auf Grund einer Reise 1948 von der Vegetationszonierung an 8 ostafrikani schen Gebirgen, ein wichtiger Beitrag von C. G. G. /.
van Steenis (Indonesien) wurde verlesen. Die Vortrage
wurden eingeleitet durch die Presidential Address von C. Troll ?Vergleich der Trop en vegetation der Alten und Neuen Welt", ein Versuch, die klimatischen Ve getationsgurtel der Tropen nach den Lebensformen und Vegetationsformen einheitlich zu charakterisieren und ihre klimaokologische Bindung mit einer zusam men mit W. Lauer erarbeiteten hygroklimatischen Gliederung Afrikas und Siidamerikas aufzuzeigen.
Das Thema ? D i e Pflanzenwelt der A r k t i s" wurde diesmal nur am Beispiel der Neuen Welt behandelt, und zwar durch Vortrage der Kana
dier N. Polunin (pflanzengeographische Gliederung der arktischen Zone), A. E. Porsild, J. Rousseau (Ve getationszonen Labradors) und M. Raymond, ferner durch eine vorzugliche Studie des Danen T. W. Bother
iiber Steppenvegetation in kontinentalen, trockensten
Winkeln Westgrdnlands. Auf das Thema bezog sich aber auch der prachtvolle Verbreitungsatlas nordi
scher Pflanzen des Stockholmer Botanikers E. Hulten (Atlas of the distribution of vascular plants in NW.
Europe), der zum Kongrefi neu erschienen war. Die allgemeinen Teile dieses Atlas schliefien an das Werk des Verfassers iiber die Verbreitung und Quartarge
schichte der arktischen Flora (1937) an.
Fiir das Thema ?K 1 i m a und Vegetati b n" verwies .einleitend L. Emberger auf die Not wendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit fiir
eine biologisch brauchbare Klassifikation der Klimate.
C. Troll zeigte in dem Vortrag ?Thermoklimatische Vegetationstypen und das Vegetationsprofil der Erde" die Besonderheit der Hohenklimate der ver
schiedenen Breiten, vor allem der Tropen auf und belegte mit Hilfe der Lebensformen und der Verbrei
tung tropischer Gebirgspflanzen die Verwandtschaft der Klimate und Vegetationstypen der tropischen Hohenregionen mit den kiihlen Breiten der Siidhalb
kugel. Sehr wichtig war der Beitrag von van Steenis iiber die ?Hierarchie der okologischen Faktoren", wo mit er vor allem den Klimaxbegriff einer Kritik un
terzog und die Feststellung traf, dafi es keinen von edaphischen Faktoren losgelosten allgemeinen Klimax - begriff gibt, dafi auch Sumpf-, Auen- und Mangrove walder eine Klimax darstellen, und gipfelte in den
Satzen: "All climaxes are edaphic" und "All stable
vegetation types not influenced by man are climaxes".
Ein eigener Programmpunkt war der Frage nach der natiirlichen und kiinstlichen Be dingtheit der Graslandvegetation
gewidmet. Fiir die tropischen Savannen wurde sie aufgegriffen in den beiden Referaten von R, Ra witscher ?Climax and pseudoclimax vegetation in the
tropics" und C. Troll ?Savannentypen und das Problem
der Primarsavannen'\ Rawitscher machte auf Grund
der Ergebnisse des zentralafrikanischen Bodenkunde kongresses 1948 und seiner eigenen Messungen iiber den Wasserhaushalt der brasilischen Savannen mit Recht auf die grofie Veranderung aufmerksam, die die Boden der Tropen durch die systematische und dau
ernde Entwaldung erleiden, und auf die Ausbreitung,
84 Erdkunde Band V die die Graslandvegetation dadurch erfahrt, da sich
mit dem Boden auch seine Wasserfiihrung andert. Die Grenze zwischen Wald- und Savannenland sei nicht
so sehr durch das Klima als durch das fiir die Pflan zen verfiigbare Wasser bestimmt. Troll dagegen zeigte
an Hand verschiedenster Savannentypen Afrikas und
Siidamerikas, wie die Verteilung des offenen oder
von tropophilen Baumen bestandenen Graslandes und
immergriiner Geholze in den Feuchtsavannen von lokalen Standortsbedingungen des Bodenwassers
abhangig ist. Er unterschied Galeriewaldsavannen, Schluchtwaldsavannen, Termitenwaldsavannen, Ober schwemmungssavannen mit Bancowaldern und Isla Savannen. Die immergriinen Waldinseln aller Schat
tierungen beschranken sich auf scharf abgegrenzte
Standorte giinstigen Bodenwasserhaushalts (Auen, Schluchren, Dammufer, Termitenbauten usw.) und sind
nicht vom Grasbrand gefahrdet, wahrend die-offenen Flachen als ?Fire-Climax" bzw. ?Flood and Fire Cli max" zu bezeichnen sind. Weitere Beitrage iiber die
Graslander galten den Raoulia-Polsterfluren im Tus
sockgrasland Neuseelands (L. Moore), der Wald Steppen-Grenze im Nahen Orient (M. Zobary), den edaphisch bedingten Prarie-Inseln Louisianas
(C. A. Brown) usw.
Das Thema ^Pflanzengeographische
Kartographie" gab Veranlassung zu einer gan
zen Ausstellung von Vegetationskarten aller Mafistabe von 1 : 5000 (Gletschervorland alpiner Gletscher nach Friedl) bis zu dem Vorschlag einer Internationalen Vegetationskarte der Welt (H. Gaussen). Leider war
K. Huecky z. Z. Tucuman, verhindert teilzunehmen
und seine beiden Vegetationskarten 1 : 1 Mill, vorzu legen, namlich das 1944 erschienene Blatt Berlin und das jiingst fertiggestellte aus Nordwestargentinien.
Fiir die Schweiz konnte E. Schmid als ganz besondere Leistung seine fast vollendete Vegetationskarte des Landes 1 : 200 000 (4 Blatt) prasentieren. Im ubrigen
wurden vor allem Karten aus Frankreich (Camargue,
Braun-Blanquet) Nordafrika (L. Emberger) und Oster reich (H. Gams) gezeigt, wahrend R. Tiixen iiber den Stand der forstlich-soziologischen Kartierung in Deutschland in der forstbotanischen Sektion berichtete.
Die allgemein lebhaften Diskussionen erreichten ihren Hohepunkt bei dem Thema ?Vegetations
einheiten". Hier prallten die verschiedenen me
thodischen Bestrebungen, die schon in friiheren Jahren die Gemiiter erhitzt hatten, lebhaft aufeinander, dies
mal weniger durch den Gegensatz bestimmter pflan
zensoziologischer Schulen, als durch die prinzipielle Gegeniiberstellung der pflanzensoziologischen und pflanzengeographischen Zielsetzung und Klassifika
tion. Den Reigen der Vortrage eroffnete /. Braun Blanquet mit seinem glanzenden Referat ?Le classe
ment des unites vegetales". Er wiirdigte die verschie denen Moglichkeiten der Systembildung (nach physio gnomischen, okologischen, floristischen, chorologischen und genetisch-dynamischen Gesichtspunkten), um sein bekanntes pflanzensoziologisches System auf flori
stischer Grundlage und seine soziologische Nomenkla
tur zu vertreten. Das Thema wurde weiter behandelt
von R. Nordhagen (Norwegen), H. H. Allan (Neu seeland), E. Schmid (Schweiz), /. /. Barkman (Nieder
lande), M. Schwickerath (Deutschland), M. Guinocbet (Frankreich), H. Gams (Osterreich) und M. Meusel (Deutschland), von den beiden letzten unter Vor kehrung der Lebenformen (Wuchsformen) fiir die Vegetationsgliederung. Gegeniiber Braun-Blanquets
System schlug Meusel vor, die Vegetation starker im Zusammenhang mit dem Erdraum zu sehen und sie auch zu gliedern nach ihrer Anordnung in der Natur, von den kleinsten Synusien iiber das Gefiige der Ein zelgesellschaften und Gesellschaftskomplexe bis zu den
grofien klimatischen Zonierungen, also pflanzengeo
graphisch. Gegen die rein okologische" Gliederung wurde von W. Rothmaler darauf hingewiesen, dafi
die moderne Taxonomie die Trennung von Organi sations- und Anpassungsmerkmalen aufgegeben habe
und daher ein rein okologisches System nicht realisier bar sei, von E. Scbmid, dafi die floristische Methode
Braun-Blanquets im tropischen Regenwald versagen
miisse. Die geographische Methode ist nach C. Troll schon deshalb unentbehrlich, weil sie fiir die Darstel lung und weitere okologische Erforschung des Pflan zenkleides der Erde nicht entbehrt werden kann, da
es noch mindestens Jahrzehnte dauern wurde, bis wir
einen rohen Oberblick iiber die Pflanzenassoziationen der Erde erhalten konnen. Die Aussprache spitzte sich zu auf die Frage, welche Gliederung wohl als die natiirliche zu bezeichnen sei. C. Troll fafite die .Lage
im Anschlufi an seinen Vortrag iiber die Typen der
Savannen etwa folgendermafien zusammen: Fiir die Untersuchung der Vegetationsverhaltnisse eines Ge
bietes miissen pflanzentopographische, okologische und
floristische Arbeitsmethoden verbunden werden. Am
Anfang stent die'Einordnung des Vegetationsgefiiges in den Landschaftsaufbau, also die pflanzentopogra phische Betrachtung, die zu einer Ausscheidung und Abgrenzung der nebeneinander, bei gleichem Makro
klima vorkommenden edaphischen Varianten der Ve getation fiihrt. Es folgt die pflanzensoziologische Be
standesaufnahme der einzelnen Einheiten, das Stu
dium der Assoziationen. Dringend erwiinscht ist dar iiber hinaus die okologische Analyse der Wachstums bedingungen der einzelnen Einheiten (nach Bodenart,
Bodenprofll, Bodenwasser, Mikroklima usw.),moglichst messend und experimentell, notfalls auch auf dem
Wege des Vergleichs der wechselnden Standorte und ihrer Vegetation. Der allerletzte Akt ist die Gruppie
rung der Vegetationseinheiten. Geschieht sie in Form
eines floristisch-soziologischen Systems, so wird die
raumliche Gruppierung in der Natur fallen gelassen, indem z. B. die Sphagnum-Bulten und Narthecium Schlenken eines atlantischen Hochmoores in ganz ver schiedene Klassen auseinandergerissen, andere geogra
phisch und klimatisch weit getrennten Assoziationen aber in grofie systematische Nachbarschaft gebracht werden. Deshalb sei das System als kiinstlich zu be
zeichnen. Geschieht die Gruppierung aber nach der raumlich-standortlichen Anordnung so, dafi die ver gesellschafteten edaphischen Varianten eines klimati
schen Vegetationstyps zu einem Komplex von Asso ziationen und Formationen zusammengefafit werden,
so erhalten wir ein Vegetationsgefuge, das mit dem physiographischen Gefiige iibereinstimmt und als eine natiirliche Gruppierung bezeichnet werden mufi.
Berichte und kleine Mitteilungen 85
Leider beteiligte sich die russische Delega tion nicht an den allgemeinen Aussprachen der Sek tion. Der nachtraglich eingeschobene Vortrag von V. N. Sukatjew iiber die Vegetationsforschung in der
Sowjetunion war eine wichtige Erganzung. Er be richtete, dafi neben der bekannten Vegetationskarte ganz Sowjetrufilands 1 : 5 Mill. 1948 eine Vegetations karte des europaischen Rufilands 1 : 2,5 Mill, erschie
nen sei. Das ?russian concept" der Pflanzengeographie
sei die ?Biogeoc6nologie" und die ?Biogeoc6nose",
die in der Zusammenschau aller Naturerscheinungen,
Klima, Boden, Hydrologie und Lebewelt, bestehen.
Der 1943 gepragte Begriff ist aber keineswegs eine rein russische Erfindung, sondern steht mit der inter nationalen Forschung seit Mobius, der 1877 die Fio conosenlehre an der Kiiste Schleswig-Holsteins be griindet hat, in enger Beziehung. Die Biogeoconologie entspricht etwa der Landschaftsokologie der deutschen Geographic
Schliefilich war der Kongrefi auch noch ein beson
deres Treffen der europaischen Quartarbiologen. Un
abhangig von dem Programm der Palynologenkon ferenz, das vor allem der Methodik der Pollenfor
schung gewidmet war, war ein Thema der pflanzen geographischen Sektion der quartaren Vege
tation und Flora gewidmet. F. Firbas lieferte dazu mit seinem grofien Referat iiber die quartare Vegetationsentwicklung Mitteleuropas (s. d. Heft!) den
umfassendsten Beitrag, weitere K. Faegri (Norwegen),
/. Iversen (Danemark), H. Godwin (England), G. F.
Mitchell (Irland), F. Florschtitz und T. van der Ham men (Niederlande), W. Liidi (Schweiz), H. Gams
(Dsterreich) und F. Lona (Oberitalien).
Das Interesse vieler botanischer Pflanzengeographen
ging dahin, in Zukunft auch starker an den interna
tionalen Geographenkongressen teilzunehmen. Darauf
sollte beim Aufbau des Programms Riicksicht genom
men werden. Die Exkursionen vor dem Kon
grefi bewegten sich ausschliefilich in Siidschweden zur
Ausnutzun^ der Anreise aus dem Westen und Siiden.
Wahrend des Kongresses wurde einen ganzen Tag der Stadt und Umgebung Uppsalas mit den mustergiilti gen Instituten der Universitat und Landbauhochschule,
dem Linne-Museum und dem nahe gelegenen Linne'
schen Landgut Hammarby gewidmet, aufierdem fan
den mehrere Parallelexkursionen zum Stockholmer
Scharenhof bis zur maritimen Waldgrenze auf den
aufiersten Scharen statt. Die sieben grofien Exkursionen
im Anschlufi an den Kongrefi wandten sich nach Mittel- und Nordschweden, wobei sich zwei Gruppen mit etwa 150 Teilnehmern ausschliefilich in Schwe disch-Lappland mit Standquartier Abisko zum Stu dium der subalpinen und alpinen Vegetation des Nordens aufhielten, die von dort aus auch eine Dampferexkursion von Narvik in den Hintergrund
des Skjomen-Fjords ausfiihren konnten. Zwei weitere
Exkursionen, eine forstbotanische und eine moorkund
liche, fanden ebenfalls in Abisko ihren Abschlufi, wo fiir die ganze Zeit G. E. Du Rietz mit seinen Schiilern unermiidlich zur Fiihrung zur Verfiigung standen und die biologische Forschungsstation noch nie in ihrer Geschichte so grofien Besuch erlebt hatte.
Jedenfalls boten der Kongrefi selbst, die prachtvol len Exkursionen in nicht oder wenig beriihrte nordische Natur und dazwischen eingeschobene gesellschaftliche
Veranstaltungen, z. B. im Koniglichen Schlofi Drott ningholmen, im Konzerthaus, im Stockholmer Rat
haus, im Gustav Adolf saal des Schlosses Uppsala, reich lich Gelegenheit zu personlicher Bekanntschaft und
Annaherung, zu Gedankenaustausch und Anregungen
zwischen den Biologen und auch den Biogeographen aller Weltteile, wofiir Schweden und den schwedischen Gelehrten der herzliche Dank aller Teilnehmer und Nationen gezollt wurde. C. Troll
Die Tagung der Deutschen Quartdr-Vereinigung im Alpenvorland September 1950.
Im Zusammenhang mit der Centenarfeier der Bay erischen Geologischen Landesanstalt in Miinchen im September 1950 wurden vier Tagungen abgehalten, von der Deutschen Geologischen Gesellschaft, der
Deutschen Quartarvereinigung, der Palaontologischen
Gesellschaft und der Deutschen Bodenkundlichen Ge
sellschaft. Nach der ersten Tagung der Dt. Quartar
vereinigung 1948 in Hannover, die einen guten Uber blick iiber die heute im Vordergrund stehenden Fra
genkomplexe der Quartarforschung vermittelte (vgl.
/. Biidel ?Neue Wege der Eiszeitforschung", diese Zeitschrift III, 1949), sollten diesmal das Alpenvor
land und die klassischen Gebiete der Eiszeitgliederung zwischen Rifi, Giinz, Mindel und Wiirm den Hinter grund fiir den Austausch der Erkenntnisse der an der Eiszeitforschung beteiligten Wissensgebiete abgeben.
Vom 3. bis 5. 9. fand die grofie Exkursion nach dem schwabischen Alpenvorland (Iller-Rifiplatte und
Iller-Lechplatte) statt, wo die Fiihrung in den Han den von F. Weidenbach, H. Graul und /. Schaefer lag.
Die Tagung in Miinchen erstreckte sich iiber die Zeit vom 6. bis 8. 9. Es folgten am 9. 9. eine Exkursion in das Inn-Chiemseegebiet, wo /. Biidel die Periglazial morphologie auf dem Neukirchener Feld der Inn
Salzachplatte und E. Ebers die Kames-Aser-Landsehaft von Seeon zeigten, und am 10. 9. unter Fiihrung von
/. Knauer eine Exkursion in das alpine und rand alpine Gebiet des Isargletschers, wobei die Grundla gen fiir den geplanten Bau der grofien Sylvensteintal
sperre im Isarlangstal sudlich des Walchensees, die diluvialen Seeablagerungen im Becken von Mitten wald und zuletzt vom Unterzeichneten das Kochel seebecken und die interglaziale Serie von Grofiweil
Murnau demonstriert werden konnten. Eine beson
dere Note gab der Tagung die Teilnahme der fran zosischen Kollegen A. Cailleux und /. Trie art, die
die moderne sedimentanalytische Richtung der fran zosischen Quartarforschung verkorpern, und des Nie derlanders T. H. van ^lwde/-Wageningen (sediment
petrographische Schule von Edelmann).
P. Woldstedt stellte in seinem Einleitungsvortrag auf der gemeinsamen Sitzung der vier Gesellschaften als aktuelles Problem der Eiszeitforschung die eusta
tischen Meeresspiegelschwankungen als Kriterium fiir die allgemeinen Schwankungen der irdischen Verglet
scherungen heraus. R. Finsterwalder, der in den letzten
Jahren die wenigen lebenden Gletscher auf bayrischem
Boden photogrammetrisch vermessen hat, berichtete