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Archiv "Solschenizyns gewaltiges Epos" (10.12.1986)

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Nehmen wir mal an, Sie machen so weiter

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

BUCHMAGAZIN

Solschenizyns gewaltiges Epos

Alexander Solschenizyn:

November sechzehn (27.

Oktober — 17. November), Das Rote Rad, Zweiter Knoten, Eine Erzählung in bestimmten Zeitausschnit- ten, Aus dem Russischen von Heddy Pross-Weerth, R. Piper Verlag, München/

Zürich, 1986, 1199 Seiten, Karten, Anmerkungen und Register, Nachbemerkung des Autors, Leinen, 78 DM Solschenizyn hat das unge- heure Wagnis unternom- men, das zentrale Ereignis seines russischen Volkes dieses Jahrhunderts, näm- lich die Revolution von 1917, in allen nur erdenk- lichen Aspekten darzustel- len. Auf dem schmalen Grat zwischen der eigent- lichen Historiographie ei- nerseits und der Funktion des „epischen Roman- ciers" andererseits, geht er ein Risiko ein, das in der Tat „unerhört" ist.

Projiziert sind acht Bände unter dem Obertitel „Das Rote Rad", wovon der zweite nun vorliegt (nach

„August vierzehn"); jeder davon ist auf im Schnitt über 1000 Seiten angelegt.

Vorgesehen ist nicht eine konstant-chronologische Schilderung, sondern eine achtfache „Schürzung" in

„Knoten", die jeweils — von 1914 an beginnend — ent- scheidende Situationen der Vorbereitung zur Revo- lution und den dann fol- genden Weiterungen ex- emplarisch herausgreifen wollen, dies in der jeweili- gen Raffung auf wenige Wochen der betroffenen Jahre.

Der „November sechzehn"

beschäftigt sich mit der Zeit vom 27. Oktober bis zum 17. November 1916; in diesen Wochen ist dem wachsamen und dem auch nur ahnenden russischen

Zeitgenossen klar gewor- den, daß die zaristischen Kriegsziele nicht zu ver- wirklichen sind; anderer- seits und insbesondere verfestigt sich im Bewußt- sein aller Beteiligten, daß das alte System nicht mehr auf Dauer haltbar ist — die Folgen zeichnen sich ab.

Soweit die grobe Skizzie- rung, die freilich die Ge- samtproblematik des Bu- ches bzw. des Gesamt- werks nur bruchstückhaft andeutet. Dies liegt u. a.

auch an der Systematik bzw. an der Unsystematik des Autors. Zum einen stellt er sich in die Tradi-

tion der „epischen" Erzähl- weise russischer Autoren (z. B. Tolstoi) und ver- knüpft das eigentlich histo- risch Darzustellende in teil- weise romanhafter Form mit dem Leben und dem Empfinden seiner handeln- den Personen, rein fiktiven oder auch der Historizität

3562 (68) Heft 50 vom 10. Dezember 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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angeglichenen. Anderer- seits ist er aber auch „Do- kumentalist" und streut im- mer wieder seitenlange echte Debattenprotokolle der verschiedensten Gre- mien ein, die Vorgänge der innerrussischen Politik wiedergeben und in ihrer Vielfalt auch den ausge-

sprochenen Historiker ver- wirren können. Zitatfetzen aus zeitgenössischen Pu- blikationen kommen hinzu, und das wird ergänzt durch mancherlei Randbemer- kungen.

Irgendwie im Gegensatz zu dem zunächst irritierenden

Einsatz der verschieden- sten literarischen Mittel stehen die letzten Seiten, und gerade sie können den Zugang zum Gesamtver- ständnis erleichtern: da werden nämlich akribisch kriegerische Stellungsplä- ne nachgezeichnet, wie auch nahezu sämtliche Na-

men und Begriffe erläutert werden. Ein nachträglicher Versuch der Ordnung — oder nicht eher der ver- deutlichende Hinweis dar- auf, daß das historische Chaos der Jahre 1914/17 nur ebenso chaotisch dar- zustellen ist, allenfalls mit einem Versuch der ordnen- den Retrospektive?

D

ann werden Sie sehen, wie schnell die Jahre vergehen können:

Die Tochter will studieren, der Jüngste unbedingt einen Compu- terkurs mitmachen, und Ihr Älte- ster braucht eine Starthilfe für seine erste Wohnung.

Schön, wenn man da ein paar Pfandbriefe oder Kommunalobli- gationen hat. Für diese Art der Vorsorge gibt es nämlich gleich drei gute Gründe:

Da sind zuallererst die hohen Zinsen. In der Regel die höchsten am Kapitalmarkt. Feste Zinsen, versteht sich. Jahr für Jahr.

Zweitens können Sie ruhig schla- fen, denn die strengen Vorschrif- ten des Hypothekenbankgesetzes und des öffentlichen Pfandbrief- gesetzes geben Ihnen Sicherheit.

Und zu guter Letzt: Wenn Sie das Geld ganz schnell brauchen, dann können Sie Ihre Pfandbriefe jederzeit zum Börsenkurs ver-

kaufen. Das erledigt Ihre Bank oder Sparkasse für Sie.

Pfandbriefe und Kommunalobli- gationen bringen also erstens gutes Geld, sind zweitens sicher und drittens auch noch praktisch.

Kein Wunder, sie sind Deutsch- lands meistgekaufte Wertpapiere.

Aber vielleicht wissen Sie das ja schon von Ihrem eigenen Vater.

Pfandbriefe und Kommunalobligationen.

Ein gutes Gefühl, wenn man sie hat.

Im ganzen: Der Leser wird sich mit dem „November sechzehn" nur mit Mühe befassen. Er wird aber, nachdem er sich den ho- hen Anspruch im Formalen hat gefallen lassen, von dem Buch gefangen wer- den und auf die Fortset- zung des Gesamtzyklus warten. Er wird dem Autor nachsehen, daß in einem Mammutwerk bei seiner Erstkonzeption nicht nur Glanzlichter zu bewundern sind, sondern auch die eine oder andere Talsohle zu überwinden ist (hoffen wir, daß Solschenizyn nicht nur zur Vollendung des Ge- samtwerks, sondern auch zu nachträglichen Straffun- gen befähigt sein wird).

Der zunächst gewonnene Leser ist über die Jahre hinaus gespannt, wie aus dem vorläufig noch zumin- dest zeitweilig vorhande- nen „Chaos" im geplanten Gesamtwerk eine gültige und auch im einzelnen durchschaubare Deutung entsteht. Dafür ist er auch bereit, leserische Strapa- zen auf sich zu nehmen und sich ihnen auf Jahre hinaus zu stellen. In dieser Zwischenstellung von teil- weise hoher Literatur, überfließender Dokumen- tation, glänzenden Erzähl- momenten und lästigen Überflüssigkeiten, über- greifenden und überzeu- genden Ansätzen neben wortreichen und nichtigen Exkursen, bleibt dieses Buch aber doch eines der wichtigsten, das ein muti- ger Verlag im Jahre 1986 veröffentlicht hat: ein

„Knoten" aus einer noch zu vollendenden Kette.

Rudolf Clade

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 50 vom 10. Dezember 1986 (69) 3563

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