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Archiv "Akute periphere Embolie" (23.06.1977)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST

Akute periphere Embolie

Als Embolie wird die Verschleppung von körpereigenem oder körperfremdem Material mit dem Blutstrom bezeichnet, die zum vollständigen oder teilweisen Verschluß einer oder mehrerer distaler Arterien führt. ln der Regel ist das verschleppte Material ein losgelöster Thrombus (Thromboembolie).

Andere körpereigene Zellgruppen (Tumorzellen, Fett) oder eingedrungene Fremdkörper (Splitter, Geschosse) sind selten. Ursprungsortdes verschleppten Thrombus ist meistens das Herz, insbesondere die Vorhöfe bei Vorhofflimmern. Embolisierung aus der Aorta, aus großen Arterien oder bei offenem Foramen ovale aus dem Venensystem tritt seltener auf. Häufigste Grundkrankheiten sind rheumatische Vitien, frische Myokardinfarkte, chronische koronare Herzerkrankung oder bakterielle Endokarditis.

Auslösende Ursachen können ein Wechsel von Vorhofflimmern zu Sinusrhythmus, eine Tachykardie, die Rekompensation einer schweren Herzinsuffizienz oder eine erhebliche Blutdruckschwankung sein.

Jeder Abschnitt des Arteriensystems kann von der Embolie betroffen sein, Prädilektionsstellen sind Gefäßaufteilungen und -abgänge. An den Extremitäten sind zu 80 Prozent die Arterien der unteren Extremitäten befallen mit der Häufung in der Reihenfolge: Femoralisgabel, lliakagabel, Popliteagabel, AortengabeL Das plötzliche Versiegen des Blutstromes führt in der Extremität zur lokalen Ischämie mit Zellschädigung, bei längerem Bestehen zum Zelltod mit Gangrän. Der Prozeß kann in jedem Stadium stehen bleiben, bei Ausbildung eines Kollateralkreislaufs tritt häufig spontane Besserung ein. Die Gefahr des Fortschreitans ist jedoch groß infolge Wachstums des Embolus durch Appositionsthromben und sekundäre Venenthrombosen.

Symptomatik

Die Symptome lassen sich an- hand der 5 "p" der angelsäch- sischen Literatur leicht mer- ken: pain = Schmerz, pallor

Blässe und Kälte, pulselass Pulslosigkeit, paresthesia Parästhesie und paralysis Lähmung.

Schmerz: Plötzlicher, peit- schenhiebartiger Schmerz zum Zeitpunkt und am Ort des Gefäßverschlusses. Nach eini- ger Zeit übergehend in dumpfe, quälende Schmerzen in der erkrankten Extremität.

Blässe und Kälte: Der befalle- ne Abschnitt der Extremität ist blaß und kalt mit meistens deutlicher Demarkierung handbreit unterhalb des Arte- rienverschlusses. Im späteren Stadium Übergang in livide, leichenfleckenartige Verfär- bungen auf der blassen Haut.

Pulslosigkeit: Fehlen des Pul- ses distal des Gefäßverschlus- ses ist das entscheidende dia- gnostische Merkmal.

Parästhesien und Lähmungen weisen als neurologische

Diagnose

Anamnese: Typischer Schmerz als häufigstes und auffallendstes Symptom, das exakte Festlegung des Zeit- punktes ermöglicht. Weiterhin Fragen nach: Herzrhythmus- störungen, bekannten Herz- klappenfehlern, Symptomen eines frischen Herzinfarktes oder der chronischen korona- ren Herzkrankheit, Sympto- men der Endokarditis.

Palpation des Arteriensystems an den typischen Punkten al- ler vier Extremitäten: Arteria subclavia, Arteria axillaris, Ar- teria brachialis, Arteria radia- lis, Arteria ulnaris, Arteria fe- moralis, Arteria poplitea, Arte- ria dorsalis pedis, Arteria ti- bialis posterior. Man suche nach zunächst symptomar- men weiteren Embolien!

Auskultation zur Suche nach Stenosegeräuschen über Ar- teria carotis, Arteria subclavia, Arteria brachialis, Aorta abdo- minalis, Arteria iliaca, Arteria femoralis.

Blutdruckmessung: Arterielle Hypertonie. Niedrige Blut-

Therapie

Primäres Behandlungsziel ist die Beseitigung des Strom- bahnhindernisses. Daher ..,.. rasche Einweisung in ein Krankenhaus, in dem die Möglichkeiten der Gefäßchir- urgie (Embolektomie) und konservativen Therapie (Fibri- nolyse) bestehen. Die zeitliche Grenze zur erfolgreichen The- rapie liegt heute bei etwa 48 Stunden.

Gute Therapieergebnisse beim Verschluß großer Gefäße bringt die sogenannte Spätly- se noch nach Tagen und Wochen.

..,.. Sofortmaßnahmen und Vorbereitungen zum Trans- port:

Lagerung: - Kleidung und Schuhe von betroffener Extre- mität entfernen, an den Armen auch Uhren, Armbänder und Ringe.

- Extremität in warme Decke locker einhüllen. Leicht ge- senkt und gut gepolstert lagern.

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

25

vom

23.

Juni 1977 1659

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Akute periphere Embolie

Symptomatik

Symptome auf eine ausge- dehnte Ischämie hin und mah- nen zur schnellstmöglichen Beseitigung des Strombahn- hindernisses.

Diagnose

druckwerte bei drohendem Kollaps oder Schock.

Auskultation des Herzens: Un- regelmäßige Herzaktion, Bra- dykardie, Tachykardie. Systo- lisches und/oder diastoli- sches Herzgeräusch, Mitral- öffnungston.

Auskultation der Lungen:

Stauungs-RG's bei Herzinsuf- fizienz. Pleurareiben bei gleichzeitiger Lungenem- bolie.

Untersuchung des Abdomens zur Erkennung gleichzeitiger abdominaler Gefäßverschlüs- se. Frage nach blutigem Urin, blutigem Stuhl oder Teerstuhl.

Wenn EKG möglich: Diagno- stik einer Herzrhythmusstö- rung. Zeichen eines frischen oder alten Herzinfarktes. Hin- weis auf pathologische Rechts- oder Linksherzbela- stung.

Therapie

Analgetika: 1 Amp. Fortral oder 1 Amp. Dolantin subku- tan. Keine i. m. Injektionen, da Gefahr der Hämatombildung bei anschließender Fibrinoly- se- und Antikoagulantienthe- rapie.

— Wenn möglich, besonders bei Blutdruckabfall oder dro- hendem Kollaps: Infusion mit 500 ml Makrodex, 40 Tropfen/

min.

Professor Dr. K. Caesar Medizinische Klinik Köln-Merheim

Lehrstuhl Innere Medizin II (Direktor: Prof. Dr.

W. Kaufmann)

der Universität zu Köln 5000 Köln

In der Reihe „Notfall im Bereitschaftsdienst"

sind 1976 folgende Beiträge veröffentlicht worden:

Perforierende Augenverletzungen Heft 19/1976, Seite 1279 f.

Nierenkolik

Heft 20/1976, Seite 1375 f.

Kardiogener Schock Heft 21/1976, Seite 1431 Verschluß

der Zentralarterie der Netzhaut

Heft 24/1976, Seite 1600 Der akute Hoden

Heft 27/1976, Seite 1817 f.

Ulkus-Perforation Heft 28/1976, Seite 1879 Die kardiovaskuläre Synkope Heft 29/1976, Seite 1939 ff.

Die akute gastrointestinale Blutung

Heft 30/1976, Seite 1974 Die Rektalblutung Heft 31/1976, Seite 2027 f.

Das akute Glaukom Heft 32/1976, Seite 2064 Verätzungen des Auges Heft 33/1976, Seite 2117 f.

Ertrinken

Heft 34/1976, Seite 2166 Ileus

Heft 35/1976, Seite 2210 Der Gichtanfall — Arthritis urica acuta

Heft 36/1976, Seite 2259 f.

Status asthmaticus Heft 37/1976, Seite 2307 f.

Anurie

Heft 38/1976, Seite 2371 f.

Stenosen der oberen Luftwege

Heft 39/1976, Seite 2435 f.

Paraphimose Priapismus Heft 40/1976, Seite 2502 Anaphylaktische Reaktionen (I)

Heft 41/1976, Seite 2557 f.

Anaphylaktische Reaktionen (II)

Heft 42/1976, Seite 2645 Lungenembolie

Heft 43/1976, Seite 2713 Blutungen aus Nase und Rachenraum Heft 44/1976, Seite 2791 Die regelmäßige Bradykardie Heft 45/1976, Seite 2857 Die unregelmäßige Bradykardie

Heft 46/1976, Seite 2933 Akute, spontane Hirnhautblutung

(Subarachnoidalblutung) Heft 47/1976, Seite 3019 Elektrounfall

Heft 48/1976, Seite 3099 Akute Pankreatitis Heft 49/1976, Seite 3169 f.

Digitalis-Intoxikation Heft 50/1976, Seite 3237 f.

Das Erysipel

Heft 51/1976, Seite 3295 f.

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Chronische Obstipation

Therapie, Präventivmaßnahmen und damit verbundene Risiken

II. Teil*)

Johann-Georg von Mikulicz-Radecki

Aus der Medizinischen Universitäts-Klinik (Ludolf-Krehi-Kiinik) Haideiberg

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. h. c. Gotthard Schettler)

Therapie

Die Ansprechbarkeit des intramura- len Plexus (Auerbach) kann durch Änderung des Darminhaltes gestei- gert werden, weshalb primär diäteti- sche Maßnahmen mit ballastreicher Kost (Frischgemüse, Obst, Kleie usw.), die wegen ihrer. Wasserbin- dungskapazität zu einer Volumen- vermehrung des Stuhles führt, ver- ordnet wird. Kalte Getränke können zusätzlich peristaltikanregend wir- ken, wie zum Beispiel frühmorgens nüchtern ein Glas kaltes Wasser (ga- strokolischer Reflex). An physikali- schen Maßnahmen empfehlen sich körperliche Bewegung, gymnasti- sches Training und hydrotherapeuti- sche Verordnungen (Tabelle 2). Bei schweren Formen von proktogener Obstipation helfen Klysmen oder Suppositorien von Wasser- oder Ölemulsionen. Erst wenn keine der diätetischen und physikalischen Me- thoden zum Ziel führt, sollte man eine medikamentöse Therapie über- legen, wobei möglichst mild wirken- de Abführmittel in kleinster Dosie- rung kurzfristig anzuwenden sind.

Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle noch einmal die Bedeu- tung der Darmflora hervorgehoben werden. Vieles spricht dafür, daß beim Vorliegen einer Obstipation die Darmflora eine biologisch ungünsti- gere Zusammensetzung hat. Der Versuch, durch Gabe von lebenden Bakterien die Darmflora

zu

beein- flussen, ist nicht neu (15)**). So ist

seit langem die Applikation von Coli- fer bekannt, das allerdings noch un- ter der irrigen Annahme entstand, daß die Colibakterien im gesunden Darm vorherrschen.

Auch mit der Verabfolgung eines Gemisches von gleichen Teilen Milchzucker und ungemahlenem Leinsamen ist sehr häufig die Abge- wöhnung eines Laxans und damit eine Stuhlnormalisierung möglich.

Während der Leinsamen durch Quellung und Schleimbildung wirkt, wird bei Milchzucker eine Wirkung über die Förderung der Bitiduskei- me vermutet, deren bevorzugtes Substrat er darstellt. ln der Förde- rung der physiologischen Bitidusflo- ra des Darmes bietet sich eine weite- re Möglichkeit an, die chronische Obstipation kausal zu behandeln und gleichzeitig von Laxantien zu entwöhnen. Ein gewisser Nachteil ist jedoch im Kalorienreichtum der bisher bekannten Präparate zu se- hen, was besonders Adipöse und Diabetiker trifft. Durch Milieuverän- derung und dementsprechende Be- einträchtigung der Bakterienflora kann auch mit der nicht resorbierba- ren Laktulose eine Obstipation er- folgreich therapiert werden.

Laxantien und Nebenwirkungen

Der Wirkungsmechanismus der ge- bräuchlichen Abführmittel besteht

Zur Fortbildtmg Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Tabelle .2: Ratiqnelle '

· handlung der ·· :ctupnlsc~en. ,

Obstipation · ;

....

Diätetische Maßnahmen

....

Physikalische Behandlung

....

Klysmen, Suppositorien

....

Medikamente

....

Hydro- und Psychothe-

rapie

einerseits in einer Vermehrung der Sekretion mit Stuhlverflüssigung, weiterhin in der Stimulation des neuromuskulären Apparates des Darmes. Die am meisten verwende- ten Laxantien sind in Tabelle 3 und 4, aufgeführt. Das rein dünndarm- wirksame Rizinusöl hat in einer Ap- plikationsgröße von 10 bis 30 ml kei- nerlei Nebenwirkungen und führt zu einer Darmentleerung nach 3 bis 4 Stunden. Die Hydrolysierung durch Lipase der Verdauungssäfte führt zur Freisatzung von Rizinolsäure und deren Wirksamkeit. Das Kalo- mel wirkt über eine Volumenzunah- me durch Hemmung der Rückre- sorption von Elektrolyten und damit auch von Wasser aus dem Darm. Als Folge einer akuten Dehydrierung können jedoch Thrombosen, Elek- trolytstörungen und bei gleichzeiti- ger Digitalistherapie Intoxikations- erscheinungen auftreten, weshalb dieses Laxans unter keinen Umstän- den mehr angewendet werden solL Die dünn- und dickdarmwirksamen Harzdrogen, auch Drastika genannt,. führen zu einer Schleimhautreizung, wobei häufiger Kolitiden beschrie- ben werden. Die Antrachinonglyko- side wirken durch Schleimhautirrita- tion lediglich im Bereich des Dick- darmes und sollten unsere besonde- re Beachtung finden, da sie in einer Vielzahl von Medikamenten in (Ta-

•) Teil I ist in Heft 24/77, Seite 1601 ff. veröf- fentlicht

.. ) Die in Klammern stehenden Zahlen bezie- . hen sich auf das Literaturverzeichnis des

Sonderdrucks

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

25

vom

23.

Juni 1977 1661

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Tabelle 4: Gebräuchliche Abführmitte

l

Gruppe Wirksubstanzen Handelspräparate milde, nur dickdarm-

wirksame Anthrach nonderivate

Aloe

Cascara sag rada Cortex frangulae Istizin

Fol. sennae

Fr. rhamni cathar- ticae

Rhizoma rhei

Agiolax Alaxo

Bekunis-Dragees und -Tee Daluwal Drixtabletten Dragees 19 Feigenpräparate Leopillen M-40-Dragees Nattermann-Tee Nedawürfel

Pasta Palm-Dragees und -Würfel

Pult'. stomachicus DRF

Tirgon Wiener Trank Dihydroxydiphenyl-

methan Kalomel

Phenolphthalein

Dulcolax

Pult'. Calomelani DRF

Agarol Darmol Istizin forte Obstinol Purgen mittelstarke, vorwie-

gend dickdarmwirk- same Chemikalien

stärkste, dünndarm- und dickdarmwirksa- me Drastika

Elaterin Crotonöl

Extr. colocynthidis Res. podophylli Tubera jalapae

Carter's little liver pills

Chologen Nr. 3 Pelilax

Pil. laxantes fortes DRF

Pil. laxantes DRF Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin

Obstipation

belle 4) unterschiedlicher Dosierung und Form enthalten sind: Folia sen- nae, Rhizoma Rhei, Cortex frangu- lae sowie Aloe liegen in Glykosid- form vor.

Nach Abspaltung des Zuckers ent- steht das Antrachinonderivat Emo- din; 6 bis 7 Stunden nach Einnahme kommt es dann zu einer Steigerung der Dickdarmperistaltik durch un- mittelbare Stimulation des Plexus myentericus. Ein Neuronenstimula- tionseffekt der Antrachinone ist pri- mär unbestritten, nach längerer Ein- nahme kann sich neben einer Mela-

nosis coli, wobei es sich um eine Ablagerung einer Kombination des Antrachinons oder seiner Abbaupro- dukte mit einem Abnutzungspig- ment in den Makrophagen der Mu- kosa handelt (16), auch zu patholo- gischen Veränderungen der argyro- philen Neuronen innerhalb der Darmwand bis hin zur Plexusschädi- gung mit Atrophie der muskulären Bestandteile kommen (Darstellung 3). Daher ist vor einer längeren Ein- nahme antrachinonhaltiger Laxan- tien auch unter den Aspekten einer möglichen Plexusschädigung zu warnen.

Das Auftreten einer Hypokaliämie ist bei den meisten Laxantien, die in den Wasser- und Elektrolythaushalt (Tabelle 5) der Darmwand eingrei- fen, bekannt. Dabei entwickelt sich der in Tabelle 6 dargestellte Circulus vitiosus: durch Zunahme des rena- len Kaliumverlustes entsteht über eine hypokaliämische Darmlähmung eine Verstärkung der Obstipation.

Unter den kardiovaskulären Sym- ptomen stehen Hypotonie, mäßige Tachykardie und eventuell Digitalis- intoxikationszeichen im Vorder- grund, da häufig bei älteren Patien- ten eine gleichzeitige Einnahme von

Tabelle 3: Wirkungsmecha- nismus verschiedener La- xantien

A. Durch Schleimhautirritation

• Dünndarmwirksam

—Oleum ricini

—Kalomel

O Dünn- u. dickdarmwirksam

—Harzdrogen

(;) Dickdarmwirksam

—Anthrachinon

—Phenolphthalein

B. Durch vermehrte Füllungsperi- staltik

• Salinische Abführmittel

—Natriumsulfat

—Magnesiumsulfat

€1

Füll- u. Quellstoffe

—Agar

—Methylzellulose Gleitmittel

—Paraffinöl

(5)

Laxantien und Digitalis beobachtet wird (17). Es entwickeln sich dann typische EKG-Veränderungen im Sinne einer Hypokalie mit T-Abfla- chung, ST -Senkung, präterminaler T-Negativität und in schweren Fällen TU-Verschmelzungswellen sowie ln- toxikationszeichen durch Digitalis infolge intrazellulären Kaliumman- gels (Tabelle 7).

Seit 1969 sind über 130 Fälle einer schweren Leberschädigung nach Einnahme eines Oxyphenisatin-hal- tigen Abführmittels mitgeteilt (18).

Die Schädigungen zeigten ein hepa- titisähnliches Bild. Dabei fanden sich im allgemeinen Unwohlsein, Abgeschlagenheit sowie leichte bis starke Erhöhung der Bilirubin- und Transaminasenwerte. Nach Anga- ben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft liegen jedoch Hinweise dafür vor, daß nicht nur Oxyphenisatin, sondern auch ande- re Laxantien, die zwei Phenole in ihrem Molekül enthalten, gleicharti- ge Schäden verursachen können. Es handelt sich dabei um: Diphesatin, Triacethyi-Diphenolisatin, Bisacodyl und Phenolphthalein. Durch ein- drucksvolle Expositionsversuche konnte die lebertoxische Wirkung obiger Substanzen nachgewiesen werden.

Der Pathomechanismus einer auf diese Weise ausgelösten Hepatitis ist noch völlig unklar. Eine immun- pathogenetische Hypothese, welche die Diphesatin-induzierte Hepatitis erklären könnte, ist zur Zeit im Ge- spräch. Dabei stellt man sich vor, daß unter dem Einfluß eines solchen Laxans beziehungsweise seiner Me- taboliten ein spezifisches Leberpro- tein freigesetzt wird, welches Anti- gencharakter gewinnt. Bei entspre- chender Disposition kann dann ein Autoimmunmechanismus von ver- zögertem Typ in Gang gesetzt wer- den, der sich histologisch durch eine Infiltration spezifisch sensibili- sierter Zellen im Pariportalfeld do- kumentiert. Dabei spielen sich zyto- toxische Vorgänge ab, die mögli- cherweise zu einem Komplement- verbrauch führen. Sie sind von einer ständigen Freisatzung von Leber- protein begleitet und führen damit

Tabelle 5: Häufigste gastro·

enterologlsche Ursachen el·

ner Hypokallämle

~ Erbrechen (z. B. Pylorus- Stenose)

~ Diarrhöe (z. B. Malabsorp- tion)

~ Dünndarmresektion

~ Villöses Adenom

~ Fisteln

~ Laxantienabusus

~ Succus liquiritiae

~ Diuretika, usw.

zur Selbstunterhaltung des Prozes- ses. Die klinische Beobachtung, daß der Prozeß nach Absetzen manch- mal nicht gleich zur Ruhe kommt, sondern längere Zeit persistieren

kann, könnte diese Annahme unter-

stützen. Auch das günstige Anspre- chen auf Steroide und Immunsup- pressiva scheint darauf hinzudeu- ten, daß bei der Laxantienhepatitis

Zur Fortbildllllg Aktuelle Medizin

Darstellung 3:

Plexus myentericus

· derMaus mit beginnender Destruktion der Dendriten nilich kontin'uierli- chef.

Gabevon Sennis-Sirup (B. Smitb, 1968)

Chronische Obstipation

L

-lt axantren .

Intestinaler K+Verlust

-lt .

Kaliummangel

H*rz- und Nierenschädigung Renaler K+

-lt

Verlust

Htpokaliämische Darmläh- . mung

S

-lt

tergerung

.

d es Laxantrenge-. brauchs

akutes K+

-lt

Mangei-Syndrom

(chronisch aggressiv) ein immunpa- thologischer Prozeß vorliegt (19).

Da Oxyphenisation beziehungswei- se Diphesatin sowie das Bisacodyl und das Phenolphthalein in einer Vielzahl gebräuchlicher Laxantien enthalten sind, muß eine risikolose- re Laxantientherapie immer wieder neu überdacht werden. Dabei wer- den sogenannte Naturstoffe wieder

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 25 vom 23. Juni 1977 1663

(6)

Zur$'ortbildrmg Aktuelle Medizin

Obstipation

in den Vordergrund der therapeuti- schen Bemühungen gestellt werden müssen, wobei man sich jedoch dar- über im klaren sein muß, daß auch diese naturgemäßen Therapeutika mit einem beträchtlichen Makel be- haftet sind: Jahrhundertelang war die Pflaume als natürliches, unge- fährliches Laxans bekannt, wobei primär ein gewisser Quellmechanis- mus und damit eine vermehrte Darmperistaltik die eigentliche Ursa- che zu sein schien, bis 1964 der Nachweis gelang, daß offensichtlich der laxierende Effekt der Pflaume in einem lsertinderivat zu sehen ist (6).

Das Phenolphthalein führt gelegent- lich zu Überempfindlichkeitsreaktio- nen mit Diarrhöen, Koliken und Ex- anthem. Entsprechend seiner Struk- turformel wirkt das Bisacodyl durch seine Abspaltung von Essigsäure ähnlich. Es verursacht möglicher- weise eine Hemmung der Wasserre- sorption und des Ionentransports in der Darmwand. Die Nebenwirkun- gen sind jedoch nicht so ausgeprägt wie beim Phenolphthalein, Elektro- lytveränderungen wie Hypokaliämie können jedoch auch unter Miß- brauch dieses Therapeutikums be- obachtet werden. Die Harzdrogen sollten wegen schwerer Nebenwir- kungen nicht mehr verordnet wer- den; sie führen über eine Entzün- dungsauslösung im Bereich des ge- samten Darmes zu einer vermehrten Schleimproduktion und zur Anre- gung der Darmmotorik (20). Neben schweren Ulzerationen sind nach ih- rer Anwendung toxische Anämien und Aborte beschrieben worden (21 ).

Die durch vermehrte Füllungsperi- staltik wirkenden Laxantien haben weit weniger Nebenwirkungen, wo- bei sich besonders 2:ellulosehaltige Stoffe bei ausreichender Flüssig- keitszufuhr bewährt haben. Hierzu gehören die Quellsubstanzen wie Zellulose, Agar-Agar und Pflanzen- schleime. Bei Intoxikationen oder bei sehr alten Patienten kann es bei ungenügender Wasserzufuhr in sel- tenen Fällen zum Phänomen der De- hydratation kommen, was mit ent- sprechenden therapeutischen Maß- nahmen jedoch gut wieder ausgegli- chen werden kann.

Zusammenfassung

Die Behandlung der chronischen Obstipation stellt heutzutage ein be- achtliches therapeutisches Problem dar, zumal diese Therapie als Prä- ventivmaßnahme bei unseren verän- derten Eß- und Lebensgewohnhei- ten immer mehr an Bedeutung ge- winnt und auch hinsichtiich der Zu- nahme der Dickdarmkrebse in der westlichen Weit von Bedeutung ist.

Keine Form der Obstipation sollte bagatellisiert werden, da sie führen- des Symptom einer malignen Darm- erkrankung sein kann. Vor eine ge- zielte Therapie gehört daher immer eine exakte Umgebungsdiagnostik zum möglichst sicheren Ausschluß einer organischen Ursache. Erst

Tabelle 7: Intrazellulärer

I<'

K+ -Mangel fördert die toxi-

sche Wirkung der Glykoside

I'~''''·

~ Vorhoftachykardie mit AV-Biock

~ AV-Biock II. Grades

~ Kompletter AV-Biock

~ Kammerextrasystolen (z. B. Bigeminus)

~ Kammertachykardie

~ Kammerflimmern

Tabelle 8: Nebenwirkungen bei chronischem Laxantien- -abusus

~ Gewöhnung

~ Enterokolitis

~ Plexusschädigung

~ Chronische Hepatitis

~ Hypokaliämie

dann ist die Diagnose einer habituel- len Obstipation erlaubt, und an- schließend ihre Behandlung mit diä- tetischen Maßnahmen, körperli- chem Training, Hydro- und Psycho- therapie sowie mit einer intermittie- renden Medikation von Laxantien mit möglichst geringen Nebenwir- kungen.

Nur in besonders hartnäckigen, the- rapieresistenten Fällen darfeine eh ir- urgische Therapie in Form einer Kolonresektion in Erwägung gezo- gen werden. Dabei soll man die durch vermehrte Füllungsperistaltik wirkenden (Tabelle 7) Laxantien be- vorzugen, da bei zahlreichen ande- ren Laxantien unangenehme Neben- wirkungen (chronische Hepatitis, Hypokaliämie, Zerstörungen im Be- reich des intestinalen Nervenschlau- ches (Tabelle 8) bekannt sind. Die Bedeutung der Laxantienmedika- tion bleibt weiterhin unbestritten be- stehen, da sie oft die Ultima ratio in der Beseitigung einer länger beste- henden Obstipation ist. Dann ist je- doch eine exakte Dosierung sowie eine regelmäßige Überwachung des Patienten erforderlich. Weiter muß die Laxantienbehandlung in Verbin- dung mit entsprechenden diäteti- schen Maßnahmen stehen. Hier scheinen sich, ähnlich wie bei den kardiavaskulären Erkrankungen, ein niedriger Kaloriengehalt, ein niedri- ger Gesamtfettgehalt sowie ein ge- ringer Anteil an gesättigten Fetten und Cholesterin am besten zu be- währen, da eine solche Diät unserer sitzenden Lebensweise wesentlich besser entspricht.

Literatur

Morson, 8.: Brit. Soc. Gastrol. 1971 - Burkitt, D., Walker, P., Painter, N.: Lancet 2 (1972) 1408 - Bockus, H. L: Gastroenterology, Vol 2 Phil- adelphia 1976 - Wynder, E. L.: Münch. med.

Wschr. 117 (1975) 1265 - Weitere Literatur beim Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med.

Johann-Georg von Mikulicz-Radecki Schwarzwald-KI in i k

Lichtentaler Allee 1 7570 Baden-Baden

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Richtiges, angepaßtes Verhalten, Schutzimpfungen und Chemopro- phylaxe machen heute — ohne zu- sätzliches Risiko — Reisen in tropi- sche und suptropische Gebiete und Aufenthalte in diesen Ländern möglich:

I. Richtiges Verhalten

Leichte, luftige Kleider, die der Transpiration nicht im Weg sind und zugleich vor Sonne schützen. Klei- der aus Baumwolle sind vorzuziehen (keine Freizeithemden mit Kunst- stoffzusatz oder aus Kunststoffen).

Sonnenhut. Sonnenbrille nicht ver- gessen!

Q Feste Schuhe, im Oberleder per- foriert oder geflochten (keine offe- nen Sandalen!). Nicht barfuß laufen!

4)

Reichliches, kochsalzhaltiges Frühstück (eventuell Kochsalzta- bletten, zum Beispiel als sogenannte

„Schwedentabletten"); keine schweren und belastenden Mahlzei- ten und kein Alkoholgenuß in der Mittagshitze.

Zu den Mahlzeiten Einnahme ei- nes säurehaltigen Fermentpräpara- tes und zusätzlich noch hohe Do- sen von Pankreasenzym-Präparaten.

Die letzteren sind heutzutage alle hinsichtlich der Lipaseaktivität stan- dardisiert, und gerade auf diese kommt es zum Beispiel bei den Oli- venöl-induzierten Unverträglichkei- ten an. Generell ist Vorsicht geboten beim Genuß fetter Mahlzeiten (Ham- melbraten, viel Olivenöl). Scharfe Würzung der Speisen, wie sie in südlichen Regionen bevorzugt wird, ist dagegen zu empfehlen, weil hier- durch die Magensaftsekretion er- höht wird (in heißen Zonen ist be- kanntlich die Sekretion von Magen- saft erniedrigt).

Die bei Klima- und Zeitwechsel ein- tretende, nach dem 45. Lebensjahr ohnehin nicht seltene Verdauungs- insuffizienz bedingt, daß unverdaute Nahrung in tiefere Darmabschnitte gerät und dort fault und gärt (= Dys- pepsie).

In der Hitze kein Eis oder eisge- kühlte Getränke einnehmen: Der

Magen kann vom Körper nicht iso- liert erwärmt werden, sondern die gesamte Körpertemperatur steigt an (Folge: Schweißausbruch, Mattig- keit).

Ausreichend Flüssigkeit aufneh- men (Kontrolle: Der Urin soll stets hell bleiben)!

O Keine ungekochten, offenen Ge- tränke, keinen Blattsalat und kein ungewaschenes Obst (Amöbenruhr, Wurminfektion und ähnliches) es- sen. Am besten Schälobst, Tee, Kaf- fee, Coca-Cola (Coke = gekocht).

Nordafrikanische Rotweine (verbrei- tet über ganz Afrika) sind nicht sel- ten mit Ricin gestoppt und können Anlaß zu schweren Durchfällen sein!

— Alkohol läßt die Hitze schlechter vertragen!

(;) In den ersten Tagen in den Tro- pen keine Sonnenbäder nehmen:

Schrittweise Akklimatisation! Son- nenschutz!

Niemals (!) in Süßwasser (Seen, Oasen, Flüsse) baden: Unter ande- rem Gefahr der Ansteckung an Bil- harziose! — Ausnahme: Swimming- pool eines guten Hotels. — Am Meer:

immer mindestens 3 Kilometer weit von Flußmündungen entfernt ba- den.

(D Wenn Sie sich unterwegs hinset- zen möchten, prüfen Sie zuvor ge- nau die Stelle: Am Rand von Gras- narben sitzen oft Skorpione.

Verhalten bei Reisen in tropische Länder

Helmut Stickt

Aus der Bayerischen Landesimpfanstalt (Direktor: Professor Dr. med. Helmut Stickt)

Einige Stichworte sollen dem behandelnden Arzt Anregungen für die Beratung seiner Patienten bei Reisen in heiße Klimazonen geben, so efWa über Nahrungsaufnahme und Kleidung, über die nötigen Impfun- gen und die notwendige Chemoprophylaxe. Auf einige wichtige Grundkrankheiten, die besondere gesundheitliche Probleme aufwer- fen können (Diabetes, Hyperthyreose, Nierensteinleiden, u. a.) wird eingegangen. Patienten mit speziellen Gesundheitsrisiken sollten sich zwei bis drei Monate vor Antritt der Reise ärztlich beraten lassen. Die Zusammenstellung einer kleinen Reiseapotheke soll durch die ab- schließenden Vorschläge erleichtert werden.

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 25 vom 23. Juni 1977 1665

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Tropenreisen

II. Schutzimpfungen

Schutzimpfungen können von der Weltgesundheitsorganisation ver- langt werden: Hierzu gehören für ei- nige wenige Länder noch die Pok- kenschutzimpfung, für Afrika zwi- schen den beiden Wendekreisen und im südamerikanischen Urwald die Gelbfieberimpfung.

Darüber hinaus können nationale Gesundheitsbehörden sowie be- stimmte Verkehrslinien für Ein- und Ausreisen beziehungsweise für die Benutzung der Verkehrsmittel auch dann die Pocken- und die Cholera- impfung verlangen, wenn sie nicht ausdrücklich von der Weltgesund- heitsorganisation (WHO) gefordert oder empfohlen wird.

Einige Länder verlangen für kurzen touristischen Aufenthalt keine Schutzimpfungen; bei längeren Auf- enthalten jedoch — in der Regel über 4 Monate — können bestimmte Imp- fungen gefordert werden.

Ein Obligatorium für die Pocken- impfung gibt es augenblicklich nur noch für Äthiopien und Somalia so- wie für Indien und Bangladesh.

Darüber hinaus kann — je nach der Tätigkeit im Gastlande — die Typhus- Schluckimpfung sowie die Gamma- globulinprophylaxe gegen die epi- demische Hepatitis empfehlenswert sein.

Über einen Impfschutz gegen den Wundstarrkrampf und gegen die Kinderlähmung sollte ohnehin bei uns jedermann verfügen: Ein Schutz gegen Wundstarrkrampf besteht, wenn die letzte Auffrischimpfung nicht länger als fünf (für Teilnehmer von Abenteuerreisen und Entwick- lungshelfer) beziehungsweise nicht länger als 10 Jahre (risikofreie Erho- lungs- und Badeurlaube, Senioren- reisen, Tagesausflüge vom Schiff aus und ähnliches) zurückliegt.

Die Schluckimpfung gegen Kinder- lähmung verleiht einen sicheren In- fektionsschutz über die Dauer von 7 bis 10 Jahren; Auffrischungen auch

nach dem 40. Lebensjahr sollten vor allem bei längerem und intensivem Kontakt mit der einheimischen Be- völkerung vorgenommen werden.

Pockenschutzimpfung

Soweit die Pockenschutzimpfung noch gefordert wird — soll sie im internationalen Reiseverkehr nicht älter als drei Jahre sein. Bei sehr langem Intervall von der letzten Pok- kenimpfung bis zur geplanten Wie- derimpfung kann die zu erwartende, starke Impfreaktion durch die simul- tane Verabreichung von 5 ml Gam- maglobulinen (zugleich Prophylaxe gegen die Hepatitisinfektion) miti- giert werden. Liegt die letzte Pok- kenimpfung wesentlich länger als 20 Jahre zurück, so muß bei neuerli- cher Impfung mit einem Reaktions- verlauf wie bei einer Erstimpfung gerechnet werden. (Mitigienung s. o.; Vakzine-Antigen-Booster).

Impfungen gegen Cholera

Die Impfung gegen Cholera wird von der Weltgesundheitsorganisation nicht mehr verlangt. Einige nationa- le Gesundheitsbehörden fordern sie dennoch. Darüber hinaus ist die Choleraschutzimpfung für alle dieje- nigen Reisenden vorteilhaft, die in Cholera-Endemiegebiete einreisen oder in fakultativen Epidemiegebie- ten sehr engen Kontakt mit Land und Bevölkerung über längere Zeit hin haben (Campingreisen, Ent- wicklungshelfer, Abenteuerreisen, Missionsdienst und ähnliches). Die Impfung gegen Cholera weist in der Regel eine Gültigkeit von 6 Monaten auf. Der erzielte Schutz ist bei nur einmaliger Impfinjektion kürzer und unzuverlässiger. Ein besserer Impf- schutz wird durch eine zweimalige subkutane Injektion des Impfstoffes in steigender Dosis (0,4 ml, 8 bis 14 Tage später: 1,0 ml) erzielt. Mit loka- len und allgemeinen leichten Unver- träglichkeitserscheinungen, die we- nige Stunden nach der Impfung einsetzen und manchmal bis zu 48 Stunden anhalten können, muß gerechnet werden. Sie prägen sich stärker aus, wenn innerhalb von 48 Stunden nach der Impfinjektion Al- kohol (auch in geringen Mengen!)

genossen wird. Auch Sonnenbaden und extreme körperliche Leistungen (zum Beispiel Leistungssport und ähnliches) beeinträchtigen die Ver- träglichkeit der Choleraimpfung. Da bei entsprechender Vörerkrankung und Veranlagung die Cholera- impfung eine Gallen- oder Nierenko- lik auslösen kann, ist bei solchen primär gefährdeten Patienten ein weiteres Aufteilen der Impfdosen auf drei (anstatt zwei) Injektionen mit re- duzierter Dosis im Abstand von je- weils 8 Tagen zu empfehlen (0,4 ml

+ 0,4 ml + 0,6 ml subkutan).

Impfung gegen Gelbfieber

Die Gelbfieberimpfung mit einer Do- sis von 0,5 ml des Gelbfieberimpf- stoffes s. c. oder i. m. wird fast aus- nahmslos gut vertragen. Gegenindi- kationen stellen die Eiereiweißüber- empfindlichkeit und jegliche medi- kamentelle oder physikalische Im- munsuppression dar. Kinder inner- halb der ersten sechs Lebensmona- te dürfen keine Gelbfieberimpfung erhalten. Vom siebten bis zum Ab- schluß des zwölften Lebensmonats sollen Kinder nur 0,1 ml des Impf- stoffes intrakutan injiziert bekom- men.

Die gleiche reduzierte, intrakutan zu applizierende Menge von 0,1 ml kann in der Schwangerschaft verab- folgt werden. Bei dieser Form der Gelbfieberimpfung sollte die norma- le Impfdosis bei erneuter Exposition nicht erst nach 10, sondern schon nach 3 Jahren verabfolgt werden.

Nach Möglichkeit sollen Schwange- re nicht gegen Gelbfieber geimpft werden, obwohl bisher noch keine teratogenen Wirkungen des Gelbfie- berimpfstoffes bekanntgeworden sind.

Wenn mehrere Impfungen für Rei- sen in warme Länder erforderlich sind, sollte mit der Gelbfieberimp- fung begonnen werden: 2 Wochen danach kann die Impfung gegen Pocken vorgenommen werden (frü- hester Termin ausnahmsweise 6 bis 8 Tage nach der Gelbfieberimp- fung). Wird die Pockenimpfung zu- erst durchgeführt, so sollte zur Gelbfieberimpfung eine Sperrfrist

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Tropenreisen

von 14 bis 21 Tagen eingehalten werden, gerechnet ab dem völligen Abklingen der Pockenimpfreaktion.

Die Gültigkeit der Gelbfieberimp- fung mit der vollen, subkutan ver- abreichten Dosis von 0,5 ml beträgt 10 Jahre; ihre Wirksamkeit dauert bei einem gesunden Menschen noch länger (wahrscheinlich lebens- länglich) an.

Hepatitisprophylaxe

Zur Hepatitisprophylaxe für 21 bis 28 Tage wird eine Gammaglobulindosis von 2 ml i. m. verabreicht. Die Gam- maglobuline sollten erst 4 bis 6 Tage vor dem geplanten Abreisetermin verabreicht werden. Für eine ange- strebte Schutzdauer von ca. 10 bis 12 Wochen beträgt die Gammaglo- bulindosis 5 ml.

Reihenfolge der Impfungen

Vorschlag:

1. Sitzung: Gelbfieberimpfung + 1.

Choleraimpfung (0,4 ml)

2. Sitzung: 8 bis 14 Tage später

— Pockenschutzimpfung + 2.

Choleraimpfung (1,0 ml)

3. Sitzung: 3 bis 4 Tage nach der Pockenimpfung (Inspektion der Impfstelle mit Kontrolle des Impfer- folges) Verabreichung von 5 ml Gammaglobulinen zur Mitigierung der Impfreaktion und gleichzeitigen Prophylaxe gegen Hepatitisinfektio- sa. Eventuell kann hier noch eine Tetanusauffrischung erfolgen. Oder:

4 bis 6 Tage vor Abreise: 2 ml oder 5 ml Gammaglobuline zur Hepatitis- prophylaxe (Dosis je nach der angestrebten Schutzdauer, siehe oben).

Dazwischen kann beliebig an drei jeweils aufeinanderfolgenden Tagen die Schluckimpfung gegen Typhus und Paratyphus (Typhoral) einge- nommen werden. Die Schluckimp- fung sollte spätestens 6 Tage vor der Abreise beziehungsweise vor der zu erwartenden Exposition abge- schlossen sein.

Mit den Impfungen sollte spätestens 3 Wochen — besser 5 Wochen! — vor dem Abreisetermin begonnen wer- den. Liegen bestimmte Grundkrank- heiten vor oder handelt es sich um ältere Patienten, so sollte bei Fern- reisen schon 6 bis 8 Wochen vor dem Abreisetermin der Arzt aufge- sucht werden: Dieser wird entschei- den, welche Impfungen notwendig sind, welche durchgeführt werden und wie die Durchführung der Imp- fung den Patienten am wenigsten gesundheitlich belastet.

III. Chemoprophylaxe

Die Malaria hat in den warmen und feuchten Zonen der Erde in den letz- ten Jahren — nicht zuletzt durch die von der Entwicklungshilfe finanzier- ten Bewässerungsprogramme — stark zugenommen. Mittel der Wahl zur Chemoprophylaxe gegen Mala-

ria ist Resochin:

Ein Erwachsener sollte 2 Wochen vor Ausreise während der gesamten Zeit der Exposition und noch 3 bis 5 Wochen nach Aufhören der Exposi- tion pro Woche 2 Resochin-Tablet- ten einnehmen. Es empfiehlt sich die Einnahme an einem bestimmten Wochentag, zum Beispiel sonntags, nach dem Mittagessen (nicht nüch- tern einnehmen, keine Einnahme zusammen mit Alkohol).

In einigen tropischen Ländern hat sich in den letzten Jahren die Reso- chin-resistente Malaria tropica stark ausgebreitet (zum Beispiel Westafri- ka). Hier muß die Chemoprophylaxe mit Resochin noch durch das Lang- zeitsulfonamid „Longum" (1 Tablet- te pro Woche) oder durch Daraprim (1 Tablette pro Woche) ergänzt werden.

Zusammenfassend ergibt sich hier für Erwachsene beispielsweise die Einnahme von 2 Tabletten Resochin, sonntags nach dem Mittagessen, und von 1 Tablette Daraprim, mitt- wochs zu beliebiger Zeit, zum Früh- stück oder zum Mittagessen.

Das Kombinationspräparat Fansidar (Roche, Basel) ist in der Bundesre-

publik Deutschland nicht zugelas- sen, im Ausland jedoch sehr ver- breitet.

Bei Exposition in Malariagebieten sollen außerdem nach Möglichkeit, Häufigkeit und Intensität der Infek- tion (Mückenstiche) durch ein In- sekt-Repellent (als Stift oder flüssig) erniedrigt werden. Auch Moskito- netze haben sich dort als nützlich erwiesen, wo in Hotels und Zelten keine Air-Conditioning installiert ist.

IV. Patienten

mit chronischen Krankheiten Der Arzt sollte seinen Patienten da- hingehend beraten, ob eine Reise in warme Zonen gesundheitlich mög- lich ist. Der Patient sollte seinerseits von seinem Arzt informiert werden, welche Belastungen ihm zugemutet werden können. Herz- und Kreis- laufkranken sollte zum Beispiel ab- geraten werden, an Hochgebirgs- wanderungen in Nepal oder in den Anden teilzunehmen.

Bei jedem Patienten in kritischer ge- sundheitlicher Situation muß der Arzt entscheiden, ob Fernreisen oder gar Abenteuerreisen und Safa- ris ohne besonderes gesundheitli- ches Risiko unternommen werden können. Es ist in einer Kurzmittei- lung nicht möglich, vollständig alle in Frage kommenden Erkrankungen aufzuzählen. Auf einige sei jedoch besonders hingewiesen:

Basedowsche Erkrankung: In warmen Klimazonen wird der Grundumsatz heraufgesetzt, und bei bestehender Hyperthyreose kann es zur Krise kommen. Gleiches gilt für Strumapatienten: Hier kann eine Anschwellung des Drüsengewebes in der Wärme zu einer Striktur der Trachea führen. Eine bereits beste- hende Einengung der Trachea muß daher vor der Reise ausgeschlossen werden.

Bei Diabetikern kann es durch Störung des Wasserhaushaltes durch Schwitzen zu Unter- oder Überdosierungserscheinungen >

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 25 vom 23. Juni 1977 1667

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Tropenreisen

kommen. Dies gilt besonders bei oraler antidiabetischer Regulation mit Tabletten, wenn Durchfallser- scheinungen vorliegen. Eine häufi- gere Kontrolle des Urins ist hier er- forderlich. Da nicht alle Arzneimittel überall auf der Weit erhältlich sind, sollen sich die betreffenden Patien- ten ausreichend mit Medikamenten und Teststreifen für die Reise ein- decken. Die Malariaprophylaxe be- einflußt die antidiabetische, medika- mentöse Einstellung nicht.

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Auch Asthmatikern sollte emp- fohlen werden, sich ausreichend mit den für sie wirksamen Medikamen- ten und mit einer eventuellen Notfallmedikation zu versehen. Die Mitnahme eventueller Fertig-Sprit- zen-Bestecke (Einwegspritzen) ist zu empfehlen (einschließlich Ein- wegnadeln und fertig verpackten Zellstoffstreifen mit Alkohol oder Desinfektionsmitteln).

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Patienten mit Anus praeternatu- ralis sollten vor Antritt von Flugrei- sen blähungshemmende Enzymprä- parate einnehmen (zum BeispielEn- zym-Lefax). Vor Antritt einer Flugrei- se sollte der Darm in diesen Fällen entleert werden.

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Herzkranke und Emphysematiker mit Insuffizienzerscheinungen soll- ten sich bei ihrem Arzt erkundigen, ob für sie der unvermeidliche Druck- abfall im Fahrgastraum von Flug- zeugen, der einer Höhe von 1200.bis 2000 Meter entspricht, nicht zu kriti- schen gesundheitlichen Störungen führen könnte. Sollte die Flugreise unvermeidlich sein und eine solche Gesundheitssituation vorliegen, so ist das Flugpersonal zu informieren und gegebenenfalls die im Flugzeug mögliche Zufuhr von Sauerstoff über Masken in Anspruch zu nehmen.

Patienten, die mit Antikoagulantien behandeltwerden, müssen bei even- tuellen interkurrenten Erkrankun- gen (Durchfallserkrankungen) daran denken, daß entweder Unter- oder Überdosierungserscheinungen bei der gewohnten Einnahme der in der Heimat festgesetzten Dosierung auf- treten können. Bei jeder Selbstmedi-

kation ist deshalb eine Überprüfung des Gerinnungsstatus erforderlich,- das heißt, es muß ein Arzt aufge- sucht werden. Die Konsulate und Botschaften verfügen über Vertrags- ärzte, beziehungsweise können die Patienten hinsichtlich einer notwen- digen ärztlichen Betreuung beraten.

Es ist vorteilhaft, besonders bei län- geren Auslandsaufenthalten, die In- formationen hierüber schon vor An- tritt der Reise einzuholen.

0

Nierensteinleidende sind ganz besonders auf ausreichende Flüs- sigkeitszufuhr hinzuweisen! Nieren- steine- und Koliken sind fakultati- ve Tropenkrankheiten! Geeignete Spasmolytika, zum Beispiel Dolo- Buscopan, sind mitzunehmen.

0

Epileptiker und Patienten mit hirnorganischen Anfallsleiden müs- sen sich vor Antritt der Reise ausrei- chend mit den für sie geeigneten Medikamenten versorgen. Nicht überall können die für sie wirksa- men Medikamente im Ausland bezo- gen werden. Auch hier muß bei star- kem Schwitzen oder beim Auftreten eventueller interkurrenter Erkran- kungen eine Unter- beziehungswei- se Überdosierung der Medikamente

vermieden werden. Die antikonvulsi-

ve Therapie wird durch die Malaria- prophylaxe nicht beeinflußt; BNS- Krämpfe der Kinder können durch die zusätzliche Resochin-Einnahme sogar gebessert werden.

Patienten mit hyperergischen Er- scheinungen bei Hydantoin-Einnah- me sind erhöht infektanfällig (Durchfälle, katarhalische Infekte, Stomatitiden und ähnliches).

Ci) Chronische Hautkrankheiten wie Psoriasis erfahren in heißen Zonen in der Regel eine leichte Besserung.

Entzündete und nässende Ekzeme können durch Insolation drastisch verschlechtert werden. Gleiches gilt für Hautpilzerkrankungen. Ausge- dehnter Soorbefall kann in feucht- heißen Klimazonen besonders bei Diabetikern und bei Patienten mit Hydantoineinnahme auftreten; ent- sprechende Fungistatika zur lokalen und systemischen Applikation sind in diesen Fällen, besonders bei län-

ger geplanten Tropenaufenthalten, vorsorglich mitzunehmen.

Vorschlag für eine kleine Reiseapotheke

Der vorliegende Vorschlag berück- sichtigt nicht individuelle Besonder- heiten und Bedürfnisse, wie sie bei chronischen Erkrankungen und be- stimmten Leiden vorliegen können.

Sie müssen vom Hausarzt gesondert verschrieben werden, und eine ent- sprechende Beratung hinsichtlich möglicher Unter- oder Überdosie- rungserscheinungen (zum Beispiel bei Diabetes oder Antikoagulantien- Therapie, siehe oben) ist unerläß- lich.

..,.. Zur Malariaprophylaxe: Resochin, Deraprim, Longum.

..,.. Phenacetin-freies Tagesanalgeti- kum

..,.. Als Schlafmittel: zum Beispiel Propenal-Tabletten, Mogadan-Ta- bletten, Staurodorm-Tabletten oder

ein leichtes meprobamathaltiges

Sedativum oder Valium 5. Schlafmit- tel nur ausnahmsweise einnehmen, zum Beispiel bei Störung des biolo- gischen, zirkadianen Rhythmus ..,.. lnsekt-Repellentien: als Stift oder als Lösung. Wirksamkeit bei starkem Schwitzen nicht länger als 2 Stunden. Sprays haben sich in den Tropen nicht bewährt. Oft erfol-

gen, trotzdes Auftragans von Repel-

lentien, dennoch Insektenstiche:

Hier haben sich zur Behandlung An- tiallergikum-Gelees bewährt ..,.. Antiallergika: Die Mitnahme ei- nes wirksamen Antiallergikums ist wegen der häufigen Nahrungsmit- telallergien, Stauballergien usw. zu empfehlen. Ärzten ist die Mitnahme von 1 oder 2 Ampullen Kalzium-Giu- konat mit entsprechendem Spritzen- besteck an zu raten

..,.. Papiertaschentücher

..,.. Kochsalztabletten: (Dosis: Nach stärkerem Schweißverlust morgens 2-3 g)

..,.. Antiinfektiös wirkende Mittel sol- len ein breites Spektrum besitzen und nicht temperaturempfindlich sein. Sie sollen nach Möglichkeit so-

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Tropenreisen

wohl die häufigen Infekte des Respi- rationstraktes wie auch des Magen- Darm-Traktes beherrschen helfen. Es empfiehlt sich hier Ampicillin oder Co Trimoxazol.

..,.. Sonnenschutz: zum Beispiel Contralum-Creme oder Schaum und ähnliches

..,.. RV-Feuchtigkeitscreme

..,.. Für den Magen-Darm-Trakt: zum Beispiel Carbo medicinalis, säure- haltige Magenfermentpräparate und orale Pankreasenzympräparate mit Lipase

..,.. Hansaplast, Sepso- oder Jodtink- tur; etwas Verbandswatte

..,.. Antiemetikum für Reisekrankheit ..,.. Damen: Mittel zur Monatshygie- ne nicht vergessen (in vielen Län- dern nicht unseren Ansprüchen an- gepaßt zu erhalten)

..,.. Patienten mit schweren Venener- krankungen sollten mindestens 2 Paar der leichten Stützstrümpfe mit- nehmen; es empfiehlt sich außer- dem in einem klimatisierten Raum mindestens eine Stunde lang die Füße hochzulegen

..,.. Evtl. schon vorhandene Fußpilz- infektionen können sich in den Tro- pen sehr verschlechtern und zu Wundsein führen: Daher ist von An- fang an die Fußpflege mit einem

pilzhemmenden Puder zu emp-

fehlen.

Literatur

Kessler, P. N.: Med. Ratgeber für Reisen in heiße Länder Verl. Goldmann-Medizin, Mün- chen 1970 - Lucas, A. 0., u. Gilles, H. M.:

Preventive Medicine for the Tropics, Eng I. Uni- vers. Press, London 1973- Mohring, 0.: Touri- stikmedizin. Verl. G. Thieme, Stuttgart 1971 - Rodenwaldt, E., u. Jusatz: Tropenhygiene (VI.

Aufl., 1966) Ferd. Enke-Verlag, Stuttgart - Stick!, H., u. Schmid, F.: .. lmpfprobleme··

Dtsch. Ärzte-Verlag. Köln 1975-Werner, G. T., u.

Stick!, H.: Tropenkrankheiten bei Auslandsrei- senden. Fortsch. Med. 93 (1975) 561-567

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Helmut Stick!

Landesimpfanstalt München Am Neudeck 1

8000 München 95

Ausschaltungsoperation bei therapieresistenter chronischer Pankreatitis

Die chronische Pankreatitis hat wie kaum ein anderes gastroenterologi- sches Krankheitsbild in den letzten Jahren eine konstante Zunahme er- fahren; die häufig therapieresisten- ten Schmerzen zwingen bei nicht wenigen Patienten zu einem aktiv chirurgischen Vorgehen. Da die Spätergebnisse von Drainageopera- tionen enttäuschend Wj:lren, ist man in jüngster Zeit immer mehr zu rese- zierenden Verfahren übergegangen, wobei die Linksresektion oder die Duodenopankreatektomie in 75 Pro- zent zwar gute Spätresultate liefer- ten, die Schmerzfreiheit jedoch durch einen lebenslangen Diabetes mellitus erkauft werden mußte.

Die Prognose der pankreasoperier- ten Patienten wurde vor allem bei chronischen Alkoholikern durch

diabetische Komplikationen (Hypo-

glykämie) wesentlich verschlechtert.

Durch eine transpapilläre Gangliga- tur läßt sich offensichtlich eine Atro- phie des exkretorischen Anteils der Bauchspeicheldrüse unter Erhal- tung des Inselzellapparates herbei- führen, die eine weitgehende Be- schwerdefreiheit garantiert. Das bis- lang bei sechs Patienten angewand- te Verfahren, das mit einer Antrekto- mie kombiniert wird, führte direkt nach der Operation zu sofortiger Schmerzfreiheit Entscheidend ist, daß der Verschluß des Ductus Wir- sungianus vollständig erfolgt, ein zusätzlicher Ductus Santorini mit Mündung in eine Papilla minor muß ebenfalls ligiert werden.

Die Ausschaltung der exokrinen Funktion als Behandlungskonzept der chronischen Pankreatitis, die auch in Kombination mit einer Whippiesehen Operation möglich ist, scheint, wenn sich die Ergebnis- se der Autoren an einem größeren Patientenkollektiv bestätigen lassen, ein neuer Weg in der Pankreaschir- urgie ·zu sein, der mit einem gerin- gen Aufwand und niedriger Opera- tionsletalität Schmerzfreiheit bringt, ohne den Patienten den Risiken ei-

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nes schwer einstellbaren Diabetes auszusetzen. Insbesondere bei den Patienten, bei denen mit einer Fort- führung des chronischen Alkohol- abusus zu rechnen ist, könnte die Legatur des Pankreasgangs eine wesentliche Verbesserung der Le- benserwartung bringen. R

Hoffman, E., Usmiani, J., Gebhardt, Ch.:

Die Ausschaltung der exokrinen Funktion des Pankreas als Behandlungskonzept der chroni- schen Pankreatitis

Dtsch. med. Wschr. 102 (1977) 392-395 Prof. Dr. med. E. Hoffmann

Chirurgische Abteilung des Krankenhauses SI. Josef 5600 Wuppertai-Eiberfeld

Antidiabetika

und Ausscheidung von Gallen-Kontrastmitteln

Hepatotrope Kontrastmittel werden zu einem hohen Prozentsatz im Blut an Albumine gebunden; nur ein ge- ringer Anteil bleibt ungebunden, ist ultrafiltrierbar und wird dann direkt über die Nieren ausgeschieden.

Die Serumalbumine verfügen nur über eine begrenzte Bindungskapa- zität, die heterotope Ausscheidung des ungebundenen Kontrastmittels steigt folglich mit der Dosis des inji- zierten Kontrastmittels an. Bei 50 Diabetikern, die Sulfonylharnstoffe erhielten, wurde der Prozentsatz des direkt über die Nieren ausgeschie- denen Kontrastmittelanteils be- stimmt. Der Nachweis im Harn er- folgte nach einem radiologischen Verfahren, die qualitative Auswer- tung mit dem Subtraktionsgerät Um eine Beeinflussung der Kontrastmit- telausscheidung durch den Diabetes auszuschließen, wurde zusätzlich eine Gruppe von 50 insulinbehan- delten Diabetikern untersucht.

Unter der Medikation mit den ge- nannten oralen Antidiabetika stieg der Prozentsatz der heterotopen Ausscheidung im Durchschnitt auf 55 Prozent an, die Folge war eine verminderte oder sogar fehlende Konstrastierung der Gallenwege.

Die hohe heterotope Ausscheidung über die Nieren wurde darauf zu- rückgeführt, daß die Sulfonylharn-

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 25 vom 23. Juni 1977 1669

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FÜR SIE GELESEN

stoffe die vorhandenen Bindungska- pazitäten der Albumine besetzen und damit eine Erhöhung des unge- bundenen Kontrastmittelanteils be- wirken. Pr

Klumair, J., Pflanzer, K.:

Der Einfluß oraler Antidiabetika (Sulfonylharn- stoffe) auf die Ausscheidung intravenöser Gal- lenkontrastmittel

Fortschr. Röntgenstr. 126 (1977) 66-69 Zentralröntgeninstitut des Krankenhauses der Stadt Wien-Lainz

Wolkersbergenstraße 1 A-1130 Wien

Computertomographie als Hilfsmittel zur Bestrahlungsplanung

Ein bisher nur unvollständig gelö- stes Problem der Strahlentherapie ist die genaue Lokalisation des Tu- mors bezüglich seiner Lage zur Kör- peroberfläche und zu den kritischen Nachbarorganen. Die Bestrahlu ngs- planung mit standardisierten Kör- perquerschnitten berücksichtigt die individuellen Verhältnisse nur be- dingt, sie ist somit unzureichend.

Computerganzkörpertomogra- phie bietet erstmals die Möglichkeit, von allen Körperregionen individuel- le, maßstabsgetreue Schichten an- zufertigen, die dann zusätzlich mit Hilfe eines Sicographen von Band in Farbe großformatig ausgedruckt werden können. Mit dieser Methode lassen sich Größe und Lagebezie- hung der Tumoren zu kritischen Nachbarorganen exakt bestimmen, ferner kann man durch Verlaufskon- trollen auch die Wirksamkeit der Strahlenbehandlung beurteilen. Die Autoren betonen jedoch, daß eine optimale Bestrahlungsplanung nur durch Kombination von Ganzkör- percomputertomographie mit der Ultraschalluntersuchung zu errei- chen ist; die Transversaltomogra- phie, als dritte Lokalisationsmetho- de, ist dagegen den beiden anderen Verfahren bezüglich Abbildungsge- nauigkeit und Detailerkennbarkeit unterlegen. Pr

Schnabel, K., Guillaume, R., Hermann, H. J., Schlegel, W., Zabel, H. J.:

Die Computerganzkörpertomographie als Hilfsmittel zur Bestrahlungsplanung

Strahlentherapie 153 (1977) 51-56 Institut für Nuklearmedizin, Deutsches Krebsforschungszentrum 6900 Heidelberg

Thrombosierungstherapie bei

ösophagusvarizenblutung

Die konservative oder operative The- rapie der ösophagusvarizenblutung zeichnet sich nach wie vor durch eine hohe Letalitätsrate aus, ein standardisiertes Vorgehen ist trotz ermutigender Teilaspekte nicht in Sicht; die Ergebnisse aller Bemü- hungen müssen nach wie vor als un- befriedigend eingestuft werden. Die von Lunderquist und Vang 1974 vor- geschlagene perkutane transhepati- sche Thrombosierung der Vena co- ronaria ventriculi stellt ein Verfahren dar, das bei inoperablen Patienten versucht werden kann, bei denen eine ösophagusvarizenblutung auf konservativem Wege nicht zum Still- stand gebracht werden kann. In Lo- kalanästhesie wird eine 15 Zentime- ter lange Teflonkanüle von der mitt- leren Axillarlinie aus in Richtung auf den vermuteten Leberhilus vorge- schoben.

Ist einer der Pfortaderäste anpunk- tiert, wird ein vorgeformter Katheter durch die Punktionskanüle in die Vena coronaria ventriculi unter Röntgenkontrolle vorgeschoben und eine Thrombosierung mit 50 bis 100 ml einer 50prozentigen Gluko- selösung sowie 300-600 I. H. U. Ein- heiten Thrombin versucht. Der Ein- griff wird bei liegender Senkstaken- Sonde vorgenommen, um die Kon- taktzeit der hypertonen Glukoselö- sung mit der Venenintima zu verlän- gern.

Bei sechs Patienten, alle mit bluten- den Ösophagusvarizen, wurde eine perkutane transhepatische Throm- bosierung versucht. Bei drei Patien- ten sistierte die Blutung, in drei Fäl- len stand die Blutung nur vorüber- gehend still. Als Komplikationen tra- ten ein Pleuraerguß und ein Häma- tothorax auf. Die perkutane transhe- patische Thrombosierung der Vena coronaria ventriculi bei der Ösopha- gusvarizenblutung ist in erster Linie dazu gedacht, Blutungen bei nicht operationsfähigem Patienten zu stil- len. Sie dient ferner zur Erzielung eines blutungsfreien Intervalls als

Voraussetzung für eine druckentla- stende Shuntoperation.

Günther, R., Kurtenbach, P., Georgi, M., Schmidt, H.-D., Farack, U.:

Perkutane transhepatische Thrombosierung der Vena coronaria ventriculi bei Osophagus- varizenblutung

Fortschr. Röntgenstr. 126 (1977) 6-10 Dr. med. R. Günther

Institut für Klinische Strahlenkunde der Universität

Langenbeckstraße 1, 6500 Mainz

Entzugssyndrome beim Neugeborenen nach intrauteriner Diazepamexposition

Diazepam ist ein in der Schwanger- schaft häufig verabreichtes Medika- ment, das bei Gabe in den letzten Schwangerschaftswochen und un- ter der Geburt beim Neugeborenen zur Hypothermie, Hyperbi lirubin- ämie, Saugschwäche, Hypotonie, Asphyxie und zu Atemdepression führen kann. Die Autoren berichten über drei Kinder, die nach einer in- trauterinen Exposition von Diaze- pam typische Entzugserscheinun- gen mit Tremor, Irritabilität, Hyper- aktivität, Hypertonie, Tachypnoe und heftigstem Saugen zeigten; ein Kind wies zudem eine mangelnde Gewichtszunahme auf sowie dünne Stühle und vereinzelt Erbrechen. Die ersten Symptome (Tremor) traten zwischen zweieinhalb und sechs Stunden post partum auf. Die Sym- ptomatik konnte durch Gaben von Phenobarbital kupiert werden. Die Autoren führen diese Entzugssym- ptomatik auf eine andere Pharmako- kinetik des Diazepams beim Neuge- borenen zurück: Die Halbwertzeit ist annähernd verdoppelt gegenüber älteren Kindern, es wird besonders im Fettgewebe gespeichert und durch die Leber verzögert abgebaut.

Sie weisen auf die Notwendigkeit hin, Neugeborene, deren Mütter Dia- zepam erhielten, auf Entzugssyn- drome hin zu überwachen. Dck

Rementerla, J. L., and Bhatt, K.: Withdrawal symptoms in neonates from intrauterine expo- sure to diazepam. The Journal of Pediatrics (1977) 123-126. Department of Pediatrics, Brooklyn Hospital, 121 DeKalb Ave, Brooklyn, N. Y. 11201

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die kardiovaskuläre Mortalität in der Bundesrepublik liegt etwa doppelt so hoch wie die für sämtliche mali- gnen Erkrankungen. Die beiden wichtigsten Manifestationen, Herz- infarkt und Apoplexie, die nicht nur Hauptursache der Sterblichkeit, sondern auch der Invalidität sind, werden durch den Risikofaktor Hy- pertonie wesentlich mitbestimmt.

Erhöhter Blutdruck ist einer der me- thodisch am leichtesten erfaßbaren kardiovaskulären Risikofaktoren.

Dennoch scheint über die Hälfte der Betroffenen (Gesamtzahl in der Bundesrepublik Deutschland etwa sechs Millionen) nichts von ihrer Er- krankung zu wissen. Andererseits werden selbst bei erhöht gemesse- nen Blutdruckwerten nicht immer die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen gezogen. In diesem Zusammenhang ist eine kürzlich erschienene Arbeit von Gutzwiller (1) und Kollegen in- teressant, aus der hervorgeht, daß vier Monate nach einer öffentlichen

Blutdruckkontrolluntersuchung (Schweiz) nur ein Drittel der Proban- den mit erhöhten Blutdruckwerten sich noch in regelmäßiger ärztlicher Kontrolle befand; ein weiteres Drittel konnte vom Hausarzt nicht als hy- perton bestätigt werden; die übrigen waren gar nicht erst zur Nachkon- trolle erschienen. Diese Arbeit zeigt erneut, daß die Berücksichtigung des Zusammenhanges von präventi- ver Entdeckung und kurativer Ver- sorgung für die Effektivität von prä- ventivmedizinischen Screen ingmaß- nahmen von größter Bedeutung ist.

Aufwendige Blutdruckmeßaktionen, die gleichsam „von außen" kom- men, haben offenbar eine verhält- nismäßig niedrige Erfolgsquote, wenn der Erfolg an der langfristigen und ausreichenden Senkung des Blutdruckes gemessen wird. Es liegt daher nahe, sich mit Strategien zu befassen, die sich vom ersten bis zum letzten Schritt in der Sprech- stunde des Hausarztes vollziehen.

Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung hat daher angeregt, auf freiwil- liger Grundlage im Rahmen der ge- setzlichen Krebsfrüherkennungsun- tersuchung auch Blutdruckmessun- gen durchzuführen. In der vorlie- genden Arbeit werden die Daten des IV. Quartals 1974 aus den Bereichen der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe ana- lysiert.

Methodik

Aufgrund der vom Gesetzgeber zum 1. Juli 1971 eingeführten Krebs- früherkennungsuntersuchung sind Frauen ab dem 30. und Männer ab dem 45. Lebensjahr teilnahmebe- rechtigt. Formulare mit Eintra- gungsfeldern für Blutdruckwerte standen zum IV. Quartal 1974 erst- mals zur Verfügung. Zur Auswer- tung kamen Angaben über Ge- schlecht, Alter, Krebsverdacht Ja/

Nein, Arztgruppe, Untersuchungs- datum, systolischen Blutdruck und diastolischen Blutdruck. 1,29 Pro- zent der Datensätze wurden als feh- lerhaft eliminiert. Von den verblei- benden 526 057 Datensätzen des IV.

Erhöhter Blutdruck ist einer der wichtigsten und zugleich am leichtesten erfaßbaren kardiovaskulären Risikofakto- ren. Dennoch scheint über die Hälfte der etwa sechs Millio- nen Hypertoniker in der Bun- desrepublik nichts von ihrer Erkrankung zu wissen. Seit 1974 werden im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherken- nungsuntersuchungen zu- sätzlich Blutdruckmessungen als freiwillige Maßnahme der Kassenärzte durchgeführt. Die Analyse der Meßergebnisse zeigt, daß die Mittelwerte zwar gegenüber Vergleichspopula- tionen erhöht erscheinen, je- doch wesentliche Verzer- rungseffekte nicht vorhanden sind. Diese Zusatzdiagnostik stellt daher bei Beachtung be- stimmter Empfehlungen eine Screeningkapazität dar zur Auffindung hypertoner Blut- druckregulationsstörungen.

Quartals enthalten 325 126 oder 62 Prozent Blutdruckwerte. Die Aufbe- reitung des Datenmaterials erfolgte im Rechenzentrum der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, die Pro- grammierung am Institut für Medizi- nische Dokumentation und Statistik der Universität Köln.

Ergebnisse

Die Beteiligung an der Krebsfrüher- kennungsuntersuchung ist für beide Geschlechter sehr unterschiedlich:

Im Jahr 1974 nahmen in der Bundes- republik 12,1 Prozent der männli- chen Wohnbevölkerung über 45 Jahren und 26,5 Prozent der weibli- chen Wohnbevölkerung über 30 Jahren an dieser Untersuchung teil.

Das entspricht 14,4 Prozent der an- spruchberechtigten Männer und 31,4 Prozent der anspruchberech- tigten Frauen*).

*) Nach dem Mikrozensus waren im April 1974 91,1 Prozent der Frauen und 88,3 Pro- zent der Männer Mitglieder der gesetzli- chen Krankenversicherung.

Früherkennung von Hypertonikern im Rahmen der gesetzlichen

Krebsfrüherkennungsuntersuchung

Ergebnisse der freiwilligen Blutdruckkontrollen durch Kassenärzte im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennungsmaßnahmen

Ulrich Laaser, Friedrich Wilhelm Schwartz, Alexander Schütt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 25 vom 23. Juni 1977

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Referenzen

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