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Archiv "Augenschäden durch Carotinoid-Einnahme" (23.01.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

C

arotine beziehungsweise Carotinoide sind meist gel- be, gelbrote oder gelbbrau- ne, durch konjugierte Doppelbin- dungen charakterisierte Stoffe, die in zahlreichen Pflanzen vor- kommen und fast ubiquitär als Farbstoffe in Nahrungsmitteln, Arzneimitteln oder Kosmetika ver- wendet werden (1). Die lichtschüt- zende Wirkung der Carotinoide nach Ablagerung in der Haut ver- anlaßte Frau Mathews-Roth und Mitarbeiter 1970 (2), (3-Carotin zur Behandlung der erythropoeti- schen Protoporphyrie (EPP) ein- zusetzen. Diese Therapie ist bis heute die einzige Möglichkeit, Pa- tienten mit dieser Krankheit zu schützen (3).

Als einzige unerwünschte Neben- wirkung der Behandlung wurde bisher die Gelbfärbung der Haut angegeben (3). Durch die Anwen- dung des Carotinoids Canthaxan- thin (4,4'-Diketo-(3-Carotin) allein oder in Kombination mit (3-Carotin entsteht eine mehr bronzefarbene Hautfärbung, die die Patienten als angenehmer empfinden.

Diese durch Carotin entstehende Verfärbung der Haut, die auf den ersten Blick wie eine Sonnen- bräune aussieht, entspricht weit- gehend dem Schönheitsideal zahlreicher Zeitgenossen. Da die durch Licht induzierte Hautbräu- nung fast immer auch zu Haut- schäden führt und darüber hinaus

Ein Kollektiv von 24 Patien- ten, von denen 21 an ei- ner erythropoetischen Pro- toporphyrie litten, wurde ent- sprechend dem Vorschlag von Mathews-Roth und Mit- arbeitern (1970) mit Caroti- noiden behandelt. Bei 18 dieser Patienten wurden kri- stalline retinale Ablagerun- gen, bei 19 von 21 Patienten wurde eine verlängerte Dun- keladaptation festgestellt.

zeitaufwendig ist, war es ver- ständlich, daß Carotinoide alsbald von der kosmetischen Industrie als Hautbräunungs-Pillen angebo- ten wurden. Canthaxanthin er- freut sich in dieser Hinsicht in Kombination mit ß-Carotin oder allein (zum Beispiel Orobronze®) besonderer Beliebtheit. Die Bräu- nungsmittel wurden bisher ohne jede ärztliche Kontrolle vertrieben und von den Menschen einge- nommen, weil davon ausgegan- gen wurde, daß sie keine Gesund- heitsschäden auslösen. Diese An- nahme erscheint überdenkens- würdig, da kanadische Autoren kürzlich kristalline Ablagerungen in der Retina nach Einnahme von Canthaxanthin beobachtet haben (4, 5, 6). Dies veranlaßte uns, alle Patienten der Hautklinik, die unter Langzeittherapie mit Carotino- iden stehen, ophthalmologisch zu untersuchen.

Material und Methoden

Es wurden 24 Patienten unter- sucht, von denen 21 an einer EPP und je ein Patient an einer poly- morphen Lichtdermatose und ei- ner Vitiligo litten, während eine weitere Patientin Canthaxanthin aus kosmetischen Gründen zur Hautbräunung einnahm (Tabelle).

Die ophthalmologischen Untersu- chungen erstreckten sich auf die Untersuchung der vorderen Au- genabschnitte und des Fundus, auf die Bestimmung von Visus, Tension, Gesichtsfeld und Dun- keladaptation. Weiterhin wurden Fluoreszenzangiogramme, Elek- trookulo- und Elektroretino- gramme angefertigt.

Ergebnisse

Der auffälligste Befund waren reti- nale kristalline Einlagerungen, die bei 18 von 24 Patienten gefunden wurden und in den ausgeprägte- sten Fällen die Maculae ringför- mig umgaben (Abbildung).

Außer den in den inneren Netz- hautschichten liegenden retina- len Kristallen wurden in vier Fäl- len kleine Pigmentepitheldefekte im Fluoreszenzangiogramm ge- funden.

Die Dunkeladaptation war im Ver- gleich zu altersentsprechenden Normalpersonen verzögert, die nach 30 Minuten erreichte Emp- findlichkeit bei 19 von 21 unter- suchten Personen reduziert. Die Elektrookulogramme wiesen re- gelrechte Arden-Quotienten auf.

Die Standardelektroretinogramme (ERGs) zeigten bei drei Patienten mit stärkeren retinalen Kristallein- lagerungen reduzierte Amplitu- den. Die nach zehn Minuten Dun- keladaptation abgeleiteten ERGs zeigen eine im Vergleich zum Normmittelwert reduzierte Ge- samtamplitude, die sich aber nach 30 Minuten anscheinend wieder dem Normwert angleicht.

Augenschäden

durch Carotinoid-Einnahme

Ulrich Weber und Günter Goerz

Aus der Augenklinik

(Direktor: Professor Dr. Dr. h. c. Hans Pau) und der Hautklinik

(Direktor: Professor Dr. med. Gerd Plewig) der Universität Düsseldorf

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 4 vom 23. Januar 1985 (61) 181

(2)

Testparameter X S

Lebensalter der Patienten in Jahren Tagesdosis (in Milligramm)

Behandlungszeit (in Monaten pro Jahr) Behandlungsdauer (in Jahren)

Carotinoid-Gesamtdosis (in Gramm) Davon: ß-Carotin (in Gramm) Canthaxanthin (in Gramm)

37,2 ± 16,1 73,9 ± 16,0 7,4 ± 1,4 8,7 ± 3,7 147 ± 78

59 ± 28 88 ± 28 Diagnose, Behandlungszeitraum und Dosis

bei 24 behandelten Patienten

Diagnose n

Erythropoetische Protoporphyrie 21

Vitiligo 1

Polymorphe Lichtdermatose 1

Kosmetische Hautbräunung 1

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Carotinoide

Diskussion

Bei 75 Prozent unserer Patienten, die fast ausnahmslos über Jahre mit Phenoro® (15 Milligramm Can- thaxanthin plus 10 Milligramm Ca- rotin pro Kapsel) behandelt wor- den waren, fanden sich kristalline Einlagerungen. Als funktionelle Störung ließ sich eine verzögerte subjektive Dunkeladaptation nachweisen, die mit einem verän- derten Kurvenverlauf des Elektro- retinogrammes einherging. Auf- grund dieser Befunde muß nach längerer Einnahme einer thera- peutischen Dosis von Carotino- iden (ca. 75 bis 100 Milligramm pro Tag) mit entsprechenden kri- stallinen Ablagerungen in der Re- tina gerechnet werden. Die von uns erhobenen Befunde lassen bisher noch keine klare Korrela- tion zwischen applizierter Caroti- noid-Menge oder Alter der Patien- ten und ophthalmologischen Ver- änderungen zu.

Wenngleich, bis auf eine Patien- tin, alle bisher Untersuchten ein Mischpräparat erhielten, so muß in Anlehnung an Boudreault et al.

(6) angenommen werden, daß das darin enthaltene Canthaxanthin die Ursache der Augenverände- rungen ist. Unterstützt wird diese Annahme durch die Untersuchun- gen von Poh-Fitzpatrick und Bar- bera (7), die nach Langzeitthera- pie mit (3-Carotin keine kristalline Retinopathie entdeckten.

Wenn sich diese Veränderungen in den therapiefreien Wintermo- naten zurückbilden, wären sie der Auranthiasis cutis gleichzusetzen.

Es besteht nach unserer Auffas- sung kein Grund, die äußerst se- gensreiche Therapie bei der EPP aufzugeben, eventuell aber auf ei- ne Monotherapie mit (3-Carotin umzustellen.

Im Gegensatz dazu sollte die mo- dische, nur der Kosmetik dienen- de Hautbräunung mit Carotino- iden überdacht werden. Sie sollte nur unter ärztlicher, das heißt ophthalmologischer Kontrolle durchgeführt werden.

57jährige EPP-Pa- tientin, linkes Au- ge. Retinale Kri- stallbildung nach Carotinoideinnah- me. Bisher wur- den seit 1974 in den Sommermo- naten rund 69 Gramm ß-Carotin und 103,95 Gramm Cantha- xanthin einge- nommen. Der zentrale dunkele Punkt ist tech- nisch bedingt (Zeiss Weitwinkel- Kamera)

Literatur

(1) Goodwin, T. W.: The Comparative Bioche- mistry of the Carotenoids. Chapman & Hall, London (1952) (2) Mathews-Roth, M. M.; M.

A. Pathak; T. B. Fitzpatrick; L. C. Harber; E. H.

Kass: Beta-Carotene as a Photoprotective Agent in Erythropoietic Protoporphyria. New Engl. J. Med. 282 (1970) 1231-1234 — (3) Goerz, G.; H. Ippen: Carotinoid-Behandlung von Lichtdermatosen. Dtsch. Med. Wschr. 102 (1977), 1051-1055 — (4) Cortin, P.; G. Bou- dreault; L. A. Corriveau; Y. Tardif; A. Rous- seau; M. Malenfant: La maculopathie reliee ä la prise de canthaxanthine (Orobronze). Can.

J. Ophthalmol. 17 (1982) 42 — (5) Cortin, P.; L.

A. Corriveau; A. P. Rousseau; Y. Tardif; M. Ma- lenfant; G. Boudreault: Maculopathie en pail- lettes d'or. Can. J. Ophthalmol. 17 (1982) 103-107 — (6) Boudreault, G.; P. Cortin; L. A.

Corriveau; A. P. Rousseau; Y. Tardif; M. Malen- fant: La retinopathie ä la canthaxanthine: 1.

Etude clinique de 51 consommateurs. Can. J.

Ophthalmol. 18 (1983) 325-328 5 (7) Poh-Fitz- patrick, M. B.; L. G. Barbera: Absence of crys- talline retinopathy after longterm therapy with beta-carotene. J. Am. Acad. Dermatol. 11 (1984) 111-113

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Ulrich Weber Augenklinik der

Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 4000 Düsseldorf 1 182 (62) Heft 4 vom 23. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

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