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dazu noch erfahren in der auf den Dichter Süra zurückgehenden Verbindung (von Kiinstprosa und Versen)?&#34

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(1)

Von Michael Hahn, Bonn

Die tibetischen Historiographen Bu ston und der wohl von ihm abhängige

Täranätha zitieren in ihren Berichten über das Leben Dharmaliirtis den

folgenden stolzen Ausspruch, mit dem der Philosoph die Frage eines Königs

Utphullapuspa nach seiner Person beantwortet haben soll :

, ,^Ver außer mir ist wohl allen anderen überlegen, der ich an Weisheit ein

Dignäga, an Reinheit der Sprache ein Candragomin bin; dazu noch

erfahren in der auf den Dichter Süra zurückgehenden Verbindung (von

Kiinstprosa und Versen)?"'

* Dieser Vortrag bringt im wesentlichen eine Zusammenfassung des 1. Ka¬

pitels der Emleitung zu meinem Buch ,,Candragomins Lokänandanätaka. Nach

dem tibetischen Tanjvir herausgegeben und übersetzt. Ein Beitrag zur klassi¬

schen indischen Schauspieldichtung", das demnächst in der Reihe „Asiatische Forschungen" erscheinen soll. Hinzugekommen sind noch einige Beobachtungen, die aus einer gründlicheren Beschäftigung mit dem Si?yalekha resultieren.

1 Vgl. Colleeted works of Bu-ston. Ed. by Lokesh Chandba. Pt. 24 (Ya), Chos

hbyun chen mo, Fol. 110a6:

äes rab can ni phyogs kyi glan po ste jj

candra go mi brjod pa rnam par dag jj

snan dnags dpah bo las byun sdeb sbyor mkhas //

me tog kun tu rgyas pa Ions spyod Idan jj

phyogs las rnam par rgyal ba na [Xyl. da] min su jj

Übersetzung von E. Obeemilleb, History of Buddhism, II. Part, S 154:

,,0 Utphullapuspa, thou who art endowed with great merit, say

"Who is victorious in all coimtries except me.

Who am possessed of perfect Wisdom (like) Dignäga,

Of purest speech like Candragomin,

And am skilful in the prosody that comes from the poet Qüra? !"

Vgl. Täranätha, rGya gar chos hbyun, ed. A. Schiefneb, St. Petersburg 1868,

S. 139. 18-20:

äes rab can ni phyogs kyi glan po ste //

candra go mi brjod pa rnam par dag //

snan dnags dpah bo las byun sdeb sbyor mkhas //

phyogs las rnam par rgyal ba na min su //

Übersetzung von A. Schibfnbb, Täranätha's Geschichte des Buddhismus, St.

Petersburg 1869, S. 181:

,,An Weisheit ein Dignäga, an Reinheit der Sprache ein Tschandragomin,

In der von dem Dichter Qüra stammenden Metrik erfahren, wer bin ich

anders als der Besieger aller Gegenden ?"

sdeb sbyor hat hier nicht die für die Übersetzimgsliteratur spezifische Bedeutung ,, Versmaß, Metrik" (skr. chandas, vgl. Mahävjuitpatti 1464), wie Schiefneb

(2)

Über den Logiker Dignäga braucht hier ebensowenig ein Wort verloren zu

werden wie über den Kunstdichter Äryaäüra, da deren Hauptwerke, auf die

sich ihr jeweiliger Ruhm gründet, weitgehend bekannt, wenn auch noch

nicht in allen Teilen völlig erschlossen sind. Zu Dignäga verweise ich auf die

grundlegende Monographie von Frauwallner* sowie auf Hattoris Buch

über Dignägas Wahrnehmungslehre* ; die noch erhaltenen Werke Äryasüras

- sei es auf Sanskrit, sei es auf Tibetisch - nennt Vaidya in seiner kurzen

Einleitung zu dem indischen Nachdruck des Textes der Jätakamälä*. Dage¬

gen ist der gegenwärtige Wissensstand über die Schriften des Candragomin,

des dritten von Dharmakirti als Vorbild genannten Autors, so niedrig, daß er

nicht ausreicht, um über die Berechtigung von Dharmakirtis Wertschätzung

urteilen zu können. Allein ein Teil von Candragomins Werk, seine gram¬

matischen Schriften, ist in jahrzehntelanger Arbeit von Bruno Liebich in

vorbildlicher Weise erschlossen worden ; doch dürfte die von Dharmakirti

gerühmte ,, Reinheit der Sprache" - genauer : völlig makellose Ausdruckswei¬

se - weniger auf dessen wissenschaftliche als vielmehr auf seine literarischen

ofera gemünzt sein. Deshalb soll im folgenden der Frage nachgegangen

werden, was außer seinem grammatischen System, das nach den Worten

Renous* eine in ihrer Art hervorragende Vereinfachung des panineischen

Systems bei gleichzeitiger Anreicherung mit Materialien aus dem Mahäbhä-

sya darstellt, noch in der einen oder anderen Form erhalten ist, und ob sich

aus ihnen die Nennung Candragomins in einem Atem mit Dignäga und

Äryaäüra rechtfertigen läßt. Die Besprechung der nichtgrammatischen Wer¬

ke Candragomins ist, wie man sehen wird, untrennbar mit der Frage

verbunden, ob es nur einen Candragomin gegeben hat und wann er bzw. sie

zeitlich anzusetzen sind.

(,, Metrik") und Obekmiller (,, prosody' ')schreiben, sondern es bezeichnet dem einheimischen tibetischen Sprachgebrauch gemäß ganz allgemein „literarische Komposition". Mir ist keine Stelle in der metrischen Literatur der Buddhisten

bekannt, an der Äryasüra die Schaffung der Versmaße zugeschrieben wird. Der

Ausdruck sdeb sbyor ,, Komposition" bezieht sich möglicherweise auf die Mi¬

schimg von Versen und Kunstprosa in ÄryaSüras Jätakamälä, einem frühen

Vorläufer des Campü-Stils.

2 Dignäga, sein Werk und seine Entwicklung. In: Wiener Zeitschrift für die

Kunde Süd- und Ostasiens III (1959), S. 83-164.

* Dignäga, On Perception . . . By Masaaki Hattori. Cambridge, Mass. 1968

(= Harvard Oriental Series. Vol. 47.)

* Jätakamälä by Ärya Süra. Ed. by P. L. Vaidya. Darbhanga 1959. (= Bud¬

dhist Sanskrit Texts No. 21.)

* La Durghatavrtti de Saranadeva. Ed. et trad, par Louis Renou. Paris 1940.

Vol. I. Fasc. I. S. 40:

,,La grammaire de Candragomin est en son genre un excellent traite, qui sim-

plifie Pänini tout en enrichissant les sütra de faits ömanant du Mahäbhä^ya. Le plan est neuf et Egalement simplifie."

I

(3)

Von den nichtgrammatischen Schriften Candragomins sind bisher zwei

publiziert worden: im Jahre 1889 legten Minäev den Sanskrittext des

Ölsyalekha, des „Briefes an den Freund"*, und Ivanovskij dessen kanoni¬

sche tibetische Übersetzung vor' ; vor fünf Jahren veröffentlichte Handueü-

KANDE als Anhang zu ihrer Edition von zwei Fassungen der Manicüda-

Legende eine Transliteration und Synopsis des nur auf tibetisch erhaltenen

Schauspiels Lokänanda*. Aus Gründen der Beweisführung muß ich zunächst

auf das Lokänandanätaka eingehen, wobei sich meine Ausführungen nicht

auf den von mir bei früherer Gelegenheit* kritisierten Text Handuetjkandes

stützen, sondern auf eine inzwischen erstellte eigene Neuedition und erstma¬

lige Übersetzung des Werks'*.

Da.s Lokänandanätaka dramatisiert die zur Zeit in vier verschiedenen

Texten vorliegende Manicüda-Legende in der Weise, daß in den ersten drei

Akten ausführlich geschildert wird, wie der Held des Schauspiels, der Prinz

und Bodhisattva Manicüda, seine künftige Frau Padmävati, die Ziehtochter

des Asketen Bhavabhüti, kennenlernt und sie in seine Heimatstadt Säketa

bringt. Im vierten Akt vollzieht der nunmehr verheiratete und zum Vater

eines Sohnes Padmottara gewordene Manicüda ein Nirargada-Opfer, bei dem

er jedem Bittsteller jeden Wunsch erfüllt. Unter den Bittstellern erscheint

der als Räksasa verkleidete Indra, dem Manicüda seinen Leib opfert.

Die von seiner Hochherzigkeit beeindruckte Göttin der Erde schenkt ihm

daraufhin Leib und Gesundheit zurück. Kaum genesen, erscheint ein Schüler

des Heiligen Marici und fordert in dessen Auftrag Padmävati und Padmotta¬

ra. Ungeachtet der allgemeinen Bestürzung übergibt Manicüda ihm Frau

und Sohn. Seines Lebensinhaltes beraubt, überträgt er dann die Regierungs¬

geschäfte seinem Premierminister Subähu und zieht mit seinem Freund, dem

Vidüsaka Gautama, in die Waldeinsamkeit. Im fünften Akt trifft er zufällig

auf die ohne sein Wissen ganz in seiner Nähe lebende Padmävati, die gerade

von wilden Waldbewohnern (Sabaras) aus Maricis Einsiedelei fortgeschleppt

worden ist, und befreit sie. Da sie auch weiterhin Marici gehört, schickt er die

Weinende zu ihm zurück. Währenddessen kommt ein Abgesandter des mit

Manicüda verfeindeten Königs Dusprasaha herbei, um von ihm dessen

wundertätiges Scheiteljuwel zu erbitten; er will dadurch die in seinem Reich

herrschende Pest vertreiben. Obwohl dies seinen sicheren Tod bedeutet, reißt

* Poslanie k uöeniku. In: Zapiski vostoönago otdelenija imperatorskago rusa¬

kago archeologiöeskago obs6estva. Tom IV (1889). S. 29-52.

' Xibotskij perevod ,,Poslanija k uöeniku". Ebd. S. 53-82.

* Ratna Handubukande, Manicüdävadäna. Being a translation and edition.

And Lokänanda. A transliteration and synopsis. London 1967 (= Sacred Books

of the Buddhists. Vol. XXIV.) (MA) S. 194-300.

* Some remarks concerning an edition of the Tibetan translation of the drama

Lokänanda by Candragomin. In: Indo-Iranian Journal XIII (1971), S. 104^112.

10 Vgl. die Fußnote zu Begiim dieses Aufsatzes.

(4)

sich Manicüda sein Scheiteljuwel selbst heraus und gibt es dem Abgesandten

Dusprasahas. So kann er nun auch nicht mehr seinen inzwischen von einer

Giftschlange gebissenen Sohn Padmottara retten. Durch die satyakriyä, daß

ihm keine seiner Wunschgewährungen trotz ihrer schrecklichen Konsequen¬

zen jemals leid getan habe, erhält er jedoch sein Scheiteljuwel auf wunderba¬

re Weise zurück und kehrt mit Prau und Sohn, beide von Marici freigegeben, naeh Säketa zurück.

Vor einer kurzen literarischen Würdigung des Schauspiels ist zunächst die

Frage der Verfasserschaft zu klären. Handubukande gelangt in der Einlei¬

tung zu ihrer Bearbeitung des Textes'* zu dem Ergebnis, daß der Verfasser

des Lokänanda im 7. Jh. nach Chr. lebte, während der gleichnamige Gram¬

matiker nicht später als im 5. Jh. gewirkt haben kann, so daß es sich also um

zwei verschiedene Autoren handeln muß. Nun läßt sich aber, worauf ich

bereits früher hingewiesen habe'*, aus dem Lokänanda selbst zeigen, daß der

Grammatiker und Schauspieldichter doch miteinander identisch sind. Im

Prolog des Lokänanda sagt Candragomin durch den Schauspieldirektor von

sich, daß er eine Grammatik verfaßt habe, die ,, knapp, völlig klar vmd

(trotzdem) vollständig" sei. Hierin lassen sich unschwer die drei Attribute

wiedererkennen, mit denen der Grammatiker sein System zu Beginn des

Vyäkaranasütra, der Vrtti'* und ebenso am Anfang des nur auf Tibetisch

erhaltenen Adhikärasamgraha'* charakterisiert, nämlich laghu, vispasta und

sarnpürna. Die Annahme einer nachträglichen Fälschung des Prologs ist

ebenso unbegründet wie die, es habe im Abstand von zwei Jahrhunderten

zwei Grammatiker gleichen Namens gegeben, die ihrem System jeweils

dieselbe Dreiergruppe von spezifischen Epitheta verliehen.

Die Konsequenz aus diesem auf ein einziges, aber ausreichendes Indiz

gestützten Identitätsnachweis des Dramatikers mit dem Grammatiker ist

die, daß eine der von Handubukande angegebenen Datierungen - 5. Jh. für

den Grammatiker, 7. Jh. für den Dramatiker - falsch sein muß. Nun ist die

Datierung des Grammatikers unanfechtbar, da sie sich auf drei von einander

unabhängige Indizien bzw. Indiziengruppen stützt, die alle auf dieselbe Zeit

weisen.

a) Kalhana setzt in seiner Räjatarangini die Wiederbelebung des Mahäbhä-

sya-Studiums durch Candragomin und andere Lehrer in eine Zeit, die

" MA, S. 194-208, besonders 203-7.

'2 IIJ XIII, S. 107-9.

'■' Cändba-Vväkabana. Die Grammatik des Candragomin. Hrsg. v. B. Lie¬

bich. Leipzig 1902 (= Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes. Bd. XI.

No. 4), S. 1. - Candra-Vrtti. Der Originalkommentar Candragomin's zu seinem

grammatischen Sütra. Hrsg. v.B. Liebich. Leipzig 1918 ( = AKM. Bd. XIV.), S. 1.

" Tibetan Tripitaka. No. 5771. - Vgl. auch Liebichs Bearbeitung des Adhi-

kärasarngraha in: Das Cändravyäkarana. Nachrichten der Gesellschaft der

Wissenschaften zu Göttingen. Phil.-hist. Kl. Heft 3. 1895. S. 16.

(5)

beträchtlich vor der des Mihiragula liegt, welcher zu Beginn des 6. Jh.

regierte'*.

b) Ebenfalls im Zusammenhang mit der Erneuerung des Mahäbhäsya-Stu-

diums in Nordindien wird Candragomin von dem Sprachphilosophen

Bhartrhari genannt. Als Bhartrharis Wirkungszeit haben Ramaswamy

Iyengar'*, Nakamuea" und Feauwallnee'* mit überzeugenden Grün¬

den den Zeitraum von 450 bis 500 bzw. 510 festgesetzt. Der Kontext der

betreffenden Stelle im Väkyapadiya (11489) charakterisiert Candragomin

als älter gegenüber Bhartrhari.

c) Schließlich hat Liebich'* auf die Stelle der Candravrtti, Candragomins

Autokommentar zu seinem Sütra**, hingewiesen, die ihn als Zeitgenossen

des Sieges eines Jät-Fürsten über die von Nordwesten her nach Indien

eindringenden Hunnen kennzeichnet. Ein derartig erfolgreicher Wider¬

stand wurde den Hunnen aber nur zu Beginn ihres Einfalls, etwa um 450

n.Chr., entgegengesetzt.

Alle drei Indizien weisen also unzweideutig auf das 5. Jh. als Lebenszeit

Candragomins.

16 Kalhana, Räjatarangini I 176:

Candräcäryädibhir labdhvä deäät tasmät tadägamam /

pravartitam Mahäbhäsyam svam ca vyäkaranam krtam //

Zu Mihiragula vgl. etwa The Cambridge History of India. Vol. I (Third Indian

Reprint) 1968, S. 496.

1* Kamaswamy Iyengar, Bhartrhari and Diiinäga. In: Journal of the Bom¬

bay Branch of the Royal Asiatic Society, New Series, Vol. 26 (1950), S. 147-9.

" Hajime Nakamura, Tibetan Citations of Bhartrhari's Verses and the

Problem of his Date. In: Studies in Indology and Buddhology. Presented in

Honour of Professor Susumu Yamaguchi on the Occasion of his Sixtieth Birth.

Kyoto 1955. S. 122-136.

18 Ebich Frauwallner, Landmarks in the history of Indian logic. In:

Wiener Zeitschrift für die Kunde Süd- und Ostasiens V (1961). S. 122-148; be¬

sonders 134-7.

19 Bbuno Liebich, K^iratarangini. Breslau 1930 (= Indische Forschungen.

Heft 8/9.). S. 264 ff.

Zur Erage der Authentizität der Candravrtti vgl. Robebt Bibw^;, Ist Candra¬

gomin der Verfasser der Candravrtti? In: Melanges d'indianisme ä la memoire

de Louis Renou. Paris 1968. S. 127-48. Birwe kommt nach einer sehr tief¬

schürfenden Analyse des Materials zu dem Ergebnis, daß allenfalls die Ab¬

schnitte V und VI von einem anderen Verfasser stammen könnten, während

die Abschnitte I-IV mit Sicherheit von Candragomin verfaßt wurden. Damit

bleibt die Beweiskraft der von Libbich ausgehobenen Stelle (vgl. die folgende

Anmerkung) für die Datierung Candragomins weiter unangefochten.

2" Candravrtti zu I, 2, 81: ajayaj Jarto Hünän. Candragomin illustriert mit

diesem Satz den Gebrauch des Imperfekts zur Bezeichnung von Ereignissen,

die der Sprecher zwar nicht selbst gesehen hat, die er aber hätte sehen köimen, da sie zu seinen Lebzeiten stattfanden.

(6)

Im Widerspruch zu dieser Datierung stehen nur zwei von LÄvi hervorge¬

hobene Stellen in I Chings Bericht über seine Indienreise*'. I Ching erwähnt

in ihm zweimal einen Gelehrten aus dem Osten Indiens mit dem Namen Yüe

kuan „Mond-Beamter" - zweifellos der Versuch einer chinesischen Wieder¬

gabe von Candragomin. An der ersten Stelle schreibt I Ching ihm die

Verfasserschaft eines in ganz Indien populären Schauspiels über die Werke

eines mildtätigen Prinzen zu ; an der zweiten zitiert cr einen Ausspruch dieses

Mannes und sagt weiter von ihm, daß er noch im Jahre 673 n. Chr. gelebt

habe, nämlich im Jahr von I Chings Ankunft in Indien.

Nun lassen sich in I Chings kultur- und literarhistorisch so wertvollem

Reisebericht eine Reihe kleinerer Fehler nachweisen, die durchaus nicht

immer I Ching selbst, sondern nicht selten seinen Informanten zur Last

gelegt werden müssen. Erwähnt sei hier als Beispiel für viele seine Datierung

Bhartrharis in das 7. Jh., die nach dem heutigen Forschungsstand unhaltbar

ist. Man darf daher den einen Satz I Chings, Candragomin habe noch gelebt,

als er, I Ching, nach Indien gekommen sei, nicht auf die Goldwaage legen,

und es scheint nicht ausgeschlossen zu sein, daß hier eine Verwechslung mit

dem tatsächlich im 7. Jh. wirkenden Candrakirti vorliegt.

Bei dieser Sachlage - der wenig zweifelhaften Datierung des Grammati¬

kers Candragomin und der ebenso wenig zweifelhaften Identifizierung mit

dem Schauspieldichter - sehe ich keine andere Möglichkeit, als das nicht

zuverlässige und von keiner anderen Quelle gestützte Zeugnis I Chings

endgültig von der Tafel der Argumente zu wischen und damit das Lokänan¬

da und seinen Verfasser in das 5. Jh. zu setzen.

Damit ist die indische Literatur um ein Werk bereichert, das aus verschie¬

denen Gründen in Zukunft mehr Beachtung verdienen dürfte als ihm bisher

zuteil geworden ist. Der ohnehin nur schmale Bestand indischer Schauspiele

aus frühklassischer Zeit wird durch das Lokänandanätaka um ein Werk aus

der unmittelbaren zeithchen Nähe Kälidäsas vermehrt, und die buddhisti¬

sche Sanskritliteratur erhält hiermit ihr ältestes vollständig bewahrtes Dra¬

ma zurück, das nunmehr als einziges Bindeglied zwischen den von Lüders

publizierten Fragmenten Asvaghosas und seiner Zeitgenossen und Harsade-

vas Nägänanda zu betrachten ist. Die Bezüge des Lokänanda zu Aävaghosa,

Kälidäsa und Harsadeva lassen sieh durch zahlreiche Einzelheiten belegen.

So ist die 18. Strophe des 2. Aktes im Lokänanda einer fast vollständig

erhaltenen Sälini-Strophe aus dem 9. Akt von Aävaghosas Säriputrapraka-

rana nachgebildet**, von welchem Stück auch die lehrhaften Züge im 2. Akt

des Lokänanda übernommen wurden.

*' Sylvain Lävi, La date de Candragomin. In: Bulletin de l'Fcole fran5aise d'Extreme-Orient III (1903), S. 38-53. Vgl. auch IIJ XIII, S. 105/6.

=* Vgl. Philologica Indica, Göttingen 1940, S. 200.

(7)

Die Nähe Kähdäsas ist vor allem in den dramatisch wirksamen Szenen

deutlich zu spüren ; die Luftreise von Säketa zum Gipfel des Hima vant hat

ebenso im Ahhijflänaäakuntalanätaka ihr Vorbild wie die herzergreifende

Abschiedsszene des Helden Manicüda von seiner Gemahlin Padmävati, als sie

mit Padmottara zur Einsiedelei Maricis aufbrechen soll. In diesem Zusam¬

menhang ist es bemerkenswert, daß sich auch in der Candravrtti zwei Zitate

aus den Werken Kälidäsas finden**; dies zeigt deutlich die Bewunderung

Candragomins für Kälidäsa.

Der klassische Rang des Lokänanda kommt u. a. auch dadurch zum

Ausdruck, daß Harsadeva es sich mehr als 150 Jahre später zum Vorbild für

sein Nägänanda nahm. Nicht nur der Titel und die (ursprünglich) dreistro-

phige Nändi wurden fast sklavisch nachgeahmt**, sondern die dem Nägänan¬

da zugrunde liegende Jimütavähana-Legende ist in ganz ähnlicher Weise auf

die einzelnen Akte verteilt**.

Das Lokänanda ist in erster Linie ein buddhistisches Propagandastück,

das die moralischen Tugenden (päramitä), vor allem die in der Selbstaufop¬

ferung gipfelnde Gebefreudigkeit (däna), preist. Eingestreut sind einige ele¬

mentare buddhistische Grundsätze wie etwa die Hinweise auf den unbestän¬

digen und leidvollen Charakter des menschlichen Lebens** und die Dharma-

theorie*'. Dem Dichter ist es jedoch gelungen, sein religiöses Ziel in einer

wenig aufdringlichen Weise mit den Anforderungen zu verbinden, die kon¬

ventionellerweise an ein Schauspiel der klassischen Sanskritlitcratur gestellt

werden. Die Zuschauer, vor allem die Gebildeten unter ihnen, werden nicht

nur erbaut, sondern auch in ästhetischer Hinsicht zufriedengestellt. Der

Aufbau der Handlung ist geschickt und klar, und noch aus der z. T.

imbeholfenen tibetischen Wiedergabe des verlorenen Sanskritoriginals geht

als ein wesentlicher Vorzug die Klarheit und Eleganz der sich sowohl

konventioneller als auch origineller Gedanken und Bilder bedienenden Spra¬

che hervor. Allein dieses nicht ohne Grund zu seiner Zeit vielgepriesene Werk

läßt also Dharmakirtis Wort von Candragomins makelloser Sprache als

berechtigt erscheinen.

23 ,,In der Vrtti zu 1,1, 120 und 1,2,64 werden, wie Chatterji [der indische

Herausgeber der Candravrtti] bemerkt hat, Zitate aus Kälidäsas RaghuvainSa

V. 34 (äSäsyam anyat punaruktabhüiam) und Kumärasainbhava II. 20 (vrtrasya

hantuh) gebracht." Birwe, a.a.O., S. 129 f., Anm. 3.

2* Michael Hahn, Ist ein Vers der Nändi in Harsadevas Drama Nägänanda

verlorengegangen? In: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens XIV (1970),

S. 39-45.

2s Die Akte I und II bringen die Liebesgeschichte von Jimütavähana und

Malayavati, III enthält eino eingosehobone Burleske, IV und V dramatisieren

den Kem der Legende.

*« Vgl. etwa II 8, 17.

2' Vgl. etwa II 10.

23 Or.-Tag 1973

(8)

Ein Werk erlaubt es nun, dieses Urteil an einem Sanskritoriginal zu über¬

prüfen, nämlich der vorhin schon erwähnte Sisyalekha. Zu der vor mehr als 80

Jahren vorgelegten Erstpublikation ist zu bemerken, daß es dringend gebo¬

ten erscheint, sie durch eine den heutigen Anforderungen und Möglichkeiten

entsprechende Neubearbeitung und erstmalige vollständige Übertragung in

eine europäische Sprache** zu ersetzen. Als Material hierzu stehen zur

Verfügung

a) eine nepalesische Handschrift aus dem 11. Jh. in der UniversitätsbibUo-

thek von Cambridge (C)** ;

b) eine aus dem Anfang des 19. Jh. stammende Abschrift von C**, die

MiNAEv zur Grundlage seiner Ausgabe machte (M); über den Verbleib

dieses Manuskripts (in Leningrad?) kann ich zur Zeit keine Angaben

machen ;

c) eine - vermutlich indirekt - ebenfalls auf C zurückgehende moderne

Abschrift in der Universitätsbibliothek von Tokyo (T)*' ;

d) die von Sarvajfiadeva und dPal brcegs raksi ta im 9. Jh. angefertigte

tibetische Übersetzung des Sisyalekha** (ÖLT) ;

Von den 115 Strophen dea Sanskrittextes hat Minaev nur 62 ins Russische übertragen: 19-63, 65-66, 88-90, 101, 105. 31 und 36 sind nur unvollständig

übersetzt. Stichproben zeigten, daß Minaevs Wiedergabe durchaus nicht immer

fehlerfrei ist - selbst bei korrektem Sanskrittext. - Ivanovskij hat schließlich

von den beiden nur auf tibetisch erhaltenen Strophen 64 und 71 nur die erste

ins Russische übersetzt.

2* Vgl. Cecil Bend all, Catalogue of the Buddhist Sanskrit Manuscripts in

the University Library, Cambridge. Cambridge 1883, S. 31 f. Add. 1161:

„Palm-leaf; 8 leaves, 8 lines, 12x2 in.; dated N. S. 204 (A.D. 1084)."

"> Vgl. MiNAEV, a.a.O., S. 34. Minaev hat M als Absclirift von C erkannt und

sich die Varianten von C gegenüber M von S. F. Oldenburg mitteilen lassen.

Dieser ist jedoch mit dem teilweise sehr schwer lesbaren Manuskript an vielen Stellen nicht fertig gewoi'den.

'' Vgl. Seiren Matsunami, A catalogue of the Sanskrit manuscripts. Tokyo

1965. S. 140. No. 389.

Herr Dr. Hans Ruelius, Göttingen, hat mir freundlicherweise seine eigene

Fotokopie dieses Manuskripts für meine Arbeit am Si^yalekha zur Verfügung

gestellt, wofür ich ihm auch an dieser Stelle herzlich danken möchte.

** Chone Tanjur, Abt. sprin yig, Band ne, Fol. 46bl-53a5

Derge Tanjur, Abt. sprin yig, Band ne, Fol. 46b3-53a6

Abt. jo bohi chos chun, Fol. 65b6-72ab

Narthang Tanjur, Abt. mdo hgrel. Band gi, Fol. 70b-78b*

mdo hgrel. Band ne, Fol. 286b-294b*

Peking Tanjur, Abt. mdo hgrel, Band gi, Fol. 81b4-89a3

Abt. mdo hgrel. Band ne, Fol. 290a4-298bl

(9)

e) die tibetische Übersetzung von Vairocanaraksitas Sisyalekhatippana**

(ÖLT);

f ) die tibetische Übersetzung von Prajfläkaramatis Sisyalekhavrtti** (ÖLV) ;

g) die Zitate aus dem Sisyalekha in der singhalesischen Sanskritliteratur**.

Bei einer sorgfältigen und kritischen Benutzung dieser genannten Quellen

und Hilfsmittel ist es möglich, eine beträchtliche Zahl von sinnentstellenden

Fehlern in dem vorliegenden Text zu verbessern und einige der Lücken, die

besonders am Anfang gehäuft auftreten, zu schließen.

Wie die drei genannten tibetischen Quellen (d-f) erweisen, besteht der

Öisyalekha aus 116 ausschließlich in anspruchsvollen Versmaßen der Kunst¬

dichtung** abgefaßten Strophen. Zwei von üinen - 64 und 71 - sind auf

Sanskrit nicht mehr erhalten, während sich in den drei Sanskritmanuskrip¬

ten eine interpoherte Strophe findet - zwischen 75 und 76 -, die sich bereits

durch ihr Metrum als unecht erweist.

Der Öisyalekha steht in der anscheinend von Nägärjuna (Suhrllekha)*' und

*■ Chone Tanjur, Abt. sprin yig,

Derge Tanjur, Abt. sprin yig,

Narthang Tanjur, Abt. mdo hgrel,

Peking Tanjur, Abt. mdo hgrel,

"* Chone Tanjur, Abt. sprin yig, Derge Tanjur, Abt. sprin yig,

Narthang Tanjur, Abt. mdo hgrel,

Peking Tanjur, Abt. mdo hgrel

* Diese Angaben verdanke ich der

Band ne, Fol. 112a7-121b7 Bandne, Fol. 112a7-121b7 Band he, Fol. 364b-374a*

Band he, Fol. 376b2-389a5 Band ne, Fol. 121b7-133a5 Bandne, Fol. 121b7-133a7 Band he, Fol. 374b-387a*

Band ne, Fol. 389a5-404b3

Freundlichkeit von Herm Dr. R. O.

Mbisezahl, Bonn-Beuel.

Die Kenntnis von der Existenz dieser Zitate verdanke ich einem münd¬

lichen Hinweis von Prof. Dr. Heinz Bechert, Göttingen. Ich hatte bisher

noch keine Gelegenheit, mir ein Bild von ihrem Umfang und von ihrer Qualität

zu machen.

S8 Die 114 erhaltenen Sanskritstrophen sind in folgenden Versmaßen abge¬

faßt:

A) Samavrtta

B) Ardhasamavrtta

Vasantatilakä Harini Sikharini Prthvi Mandäkräntä Praharsini Mälini

♦Manjubhäsini Puspitägrä

72 Strophen 8 Strophen 7 Strophen 5 Strophen 4 Strophen 3 Strophen 2 Strophen 11 Strophen 2 Strophen

Strophe 64 war wohl im Vasantatilakä-, Strophe 71 vermutlich wie 70 im Si-

kharini-Metrum abgefaßt. - Zu dem Ardhasamavrtta *Manjubhä§ini vgl. Mi-

CSAJEJ-. Hahn, Jnänaärimitras Vrttamälästuti, Wiesbaden 1971 (= Asiatische

Forschungen. Band 33), S. 216, Vers 131.

*' Tibetan Tripitaka No. 5682. Mit Auszügen aus Mahämatis Kommentar

Vyaktapadäsuhrllekhatikä (Tibetan Tripitaka No. 5690) ins Englische über-

(10)

Mätrceta (Mahäräjakaniskalekha)** begründeten Tradition buddhistischer Lehrbriefe*'. Candragomin übertrifft seine greifbaren Vorbilder durcli seinen eleganten Kävyastil, seine manchmal geradezu prägnante Ausdrucksweise*"

und durch seinen großen Bilderreichtum. Es fehlt dagegen - vermutlich

absichtlich - im Sisyalekha jede philosophische Tiefe, und ich vermag in

keiner einzigen Strophe einen Hinweis darauf zu finden, daß Candragomin in

ihm den Vijiiänaväda propagieren wollte, wie es Botto behauptet hat*'.

Die beiden nur auf tibetisch erhaltenen Kommentare, Vairocanaraksitas

Si.syalekhatippana, das mit seinen bloßen Worterklärungen nur von begrenz¬

tem Wert ist, und Prajfiäkaramatis tiefschürfende Sisyalekhavrtti, nennen

kurz Anlaß und Adressaten des Sisyalekha. Candragomin soll danach seinen

Brief an einen Königssohn Ratnakirti gerichtet haben, der zunächst in den

buddhistischen Orden eintrat, dann aber aus Liebe zu einer Königstochter

seine Gelübde brach**. In der Tat behandeln die Strophen 9-18 nachdrück-

sotzt von H. Wenzel, B6es pai phrin yig (,, Friendly Epistle"). In: Journal of the Pali Text Society 1886, S. 1-32.

3* Tibetan Tripitaka No. 5684. Herausgegeben und ins Englische übersetzt

von F. W. Thomas, Mätrceta and the Mahäräjakaniskalekha, Indian Antiquary

XXXII (1903), S. 345-60. Vgl. auch F. W. Thomas, Mätrceta's Mahäräjaka¬

niskalekha, Indian Antiquary XXXIII (1904), S. 31.

" Im Tanjur finden sich noch der

anonyme Äryävalokitoävarapresitabhiksuprakä^akumäralekha (No. 5681),

der Cittaratnaviäodhanakramanämalekha von Guhyajetäri (No. 5685),

der Gurulekha von *Äranyaka (No. 5686),

der Putralekha von Sajjana (No. 5687),

der Vimalaratnalekha von Dipamkara^rijnäna (No. 5688),

der Candraräjalekha von Jagata( ?)mitränanda (No. 5689) und

der Bod rje hbahs la brj'ahs pahi hphrin yig von Sans rgyas gsah ba (No. 5693).

*° Vgl. z. B. den letzten Stollen der dritten Strophe, in dem die altruistisch- mitleidige Gesinnung des Buddha in äußerst knapper Diktion charakterisiert wird :

yasyätmaduhkhasukham antaritam tad eva //

„für den persönliches Glück und Leid gerade davon getrennt sind." (D. h.

der Buddha empfindet nur bei fremdem Glück bzw. Leid selbst Glück bzw.

Leid.)

*' Storia dello Letteraturo d'Orionte. Diretta da Oscar Botto. Volume III,

Milano 1969, S. 119:

,,. . . un trattato denominate Sisyalekha (Lettera a un discepolo), in cui l'autore espone nollo stilo ricorcato kävya, i principi della scuola idoalistica doi Vijnäna- vädin".

*2 Vairocanarak?ita, Si§yalekhatippana :

zla bar grags pahi slob ma dpah bo rin chen grags pa ies bya ba blon pos rgyal srid

kyi don du khrid pa la / dpal candra go mihi iai sna nas kyi phrin yig Ijdis

hzlog go

,,Ein Schüler des Candra[gomin], ein Held (Prinz?) mit Namen Ratnakirti,

sollte durch diesen von Candragomin verfaßton Briof davon abgehalten werden,

von einem Minister in die Königsherrschaft eingesetzt zu werden."

(11)

lieh die Gefahren und Konsequenzen des Renegatentums, während die sich

daran anschließenden Verse das menschliche Leben in eindringlicher Weise

als eine einzige Folge leidvoller Erlebnisse malen und vor allem die Qualen

des Sünders in den Purgatorien der buddhistischen Höllen anschaulich

beschreiben. Leider lassen es die Kommentare offen, ob es Candragomin

gelang , Ratnakirti durch seinen Brief dem buddhistischen Glauben zurückzu¬

gewinnen.

Nachdem oben festgestellt wurde, daß der Grammatiker und der Schau-

spieldiehter Candragomin ein und dieselbe Person sind, ist nun die Frage zu

beantworten, ob ihm auch der Sisyalekha mit Sicherheit zugeschrieben

werden kann. Handubukande ist ihr bereits nachgegangen, wobei die

Ausgangsposition für sie durch die Theorie von den zwei Candragomins

komplizierter war. Sie hat darauf hingewiesen, daß sich zwei Strophen des

Sisyalekha (72 und 73 im Sanskrittext, 74 und 75 in der überlieferungs¬

treueren tibetischen Übersetzung) im 2. Akt des Lokänanda wiederfinden

(Strophe 14 und 15 nach ihrer, Strophe 19 und 20 nach meiner Zählung). Es

werden in ihnen wortspielartig einerseits die Ähnlichkeit, andererseits die

unterschiedlich große Gefährlichkeit von Gift (visa) und Sinnesgenüssen

(visaya) dargelegt. Handubukande hält dies trotz des offensichtlich glei¬

chen Wortlauts beider Strophenpaare nicht für hinreichend beweiskräftig,

Prajnäkaramati, Si§yalekhavrtti :

ran gi slob ma dge sion brtul iugs dor te / rgyal pohi hu mo dan hdod pa rten pa las slar zlog pahi phyir de la gdams pa sprins pahi (thog ma ston pa la bstod pa ni rgyu phun sum chogs pa gan gis ies chigs su bead pa geig go jj)

„Um seinen Schüler, der soin Mönchsgelübde gebrochen hatte und nun in Liebe

mit einer Königstochter verbunden war, wieder davon abzubringen, ließ or

ihm brieflieh [diese] Unterweisung zukommen. (Das Lob des Lehrers [Buddha]

an [ihrem] Anfang [zeigt zunächst] don ,vollkommenen Grund' [seiner Buddha¬

schaft] in der einen mit den Worten gan gis [im Tibetischen!] beginnenden

[ersten] Strophe [des Sisyalekha].)"

VgL hierzu die offenbar sekundären Berichte bei Bu ston und Täranätha.

Bu ston, a.a.O., Fol. 102b2-3:

dehi che slob ma rgyal rigs kyi dge sion iig bahs nas sdig pa sna chogs byed pa

iig byun nas de hdul bal^i don du slob ma la sprin ha . . . mjad de /

„At that time there was (in Nälanda) a pupil, a monk of tho K§atriya race who

had trespassed, and had committed many sinful deeds. In order to subdue (this

monk, Candragomin) wrote the Qisya-lekha." (Obbbmilleb, a.a.O., S. 133)

Täranätha, a.a.O., S. 122. 2-5:

slob ma la sprins pahi hphrin yig ni j rgyal pohi bu rin chen grags pa ces [!] bya ha rab tu byun ba bobs pa cig [\]la po ta la nas chon pa rnams la bskur has j de yan slob sprins mthon nas chos biin spyod par gyur to / ies grag go jj

,,Sein an den Schüler gerichtetes Sendschreiben soll er an den Königssohn Rat¬

nakirti, dessen Termin zum Eintritt in den geistlichen Stand gekommen war,

aus Potala, nachdem er es Kaufleuten übergeben hatte, gesandt und der Kö¬

nigssohn, nachdem er das Schreiben erblickt hatte, der Lehre gemäß zu wandeln

angefangen haben." (Schiefneb, a.a.O., S. 157 f.)

Arf ■

(12)

um den Sisyalekha dem Autor des Lokänanda zuzuschreiben, da dieser Vergleich in der indischen Literatur häufig vorkomme**.

Nun finden sich aber im Lokänanda nicht nur zwei, sondern insgesamt 9

vollständige Zitate aus dem Sisyalekha. Es entsprechen einander :

Lokänanda Sisyalekha

Handubukandes Meine Zählung Minaevs Zählung Meine Zählung

Zählung (= Tib.)

II 3 II 6 90 91

II 10 II 15 68 69

II 11 II 16 70 72

II 14 II 19 72 74

II 15 II 20 73 75

II 16 II 21 66 66

II 17 II 22 100 101

II 18 II 23 101 102

V 29 V 48 115 116

Diese 9 Strophen werde ich in einem Anhang zu diesem Aufsatz in extenso

vorlegen, da sie die editorischen Probleme des Lokänanda besonders deuthch

beleuchten.

Neben der stihstischen Ähnlichkeit von Diktion und Gedanken zwischen

Sisyalekha und Lokänanda, die sich nicht mit wenigen Worten umreißen

läßt, zeigen diese Eigenzitate zweifelsfrei, daß das Lokänanda aus der Hand

des Verfassers des Sisyalekha stammt. Der Kontext der betreifenden Stelle

im 2. Akt, in der sich 8 der 9 Strophen finden - der Vidüsaka versucht hier

mit aller Macht den nach Weltflucht strebenden Helden Manicüda zur Heirat

mit der Einsiedlertochter Padmävati und damit zu einem weltlichen Leben

zu bewegen, worauf Manicüda die genannten Strophen rezitiert - liegt es

nahe, daß die Entlehnung aus dem Sisyalekha und nicht aus dem Lokänanda

vorgenommen wurde. Der Dichter schuf eine Situation, in der er sich aus

sachhchen Gründen erlauben durfte, eine Reihe von moralisierenden Versen

aus einem eigenen Werk dieser Ärt zu zitieren. Hätte er dagegen umgekehrt

im Sisyalekha dorthin passende Strophen aus dem Lokänanda wiederholen

wollen, so ist nicht einzusehen, weshalb er sich nur an diese relativ dicht

aufeinanderfolgenden Verse des 2. Aktes erinnerte, und das in den übrigen

Akten enthaltene geeignete Material völlig außer acht ließ.

Die neunte im Lokänanda zitierte Strophe ist die Schlußstrophe des

Sisyalekha, in der Candragomin seinen Namen wortspielartig verwendet.

Diese von Selbstbewußtsein zeugende Nennung seines Namens ist übrigens

ein charakteristisches Kennzeichen unseres Autors, der im Lokänanda jeden

*» MÄ, S. 208.

(13)

Akt mit einer sich selbst verherrlichenden oder erwähnenden Strophe be¬

schließt, was eine für seine Zeit durchaus nicht übliche Paxis darstellt.

Damit können wir also feststellen, daß das Lokänanda nach den gram¬

matischen Schriften und auch nach dem Sisyalekha verfaßt wurde.

Eine Durchforstung des tibetischen Tanjurs brachte schließlich noch

weitere 55 Werke neben den grammatischen Schriften, dem Sisyalekha und

dem Lokänanda zutage, die einem Autor Candragomin bzw. Candra entwe¬

der namentlich zugeschrieben werden oder sich ihm mit Hilfe anderer

Kriterien zuordnen lassen**. Es handelt sich hierbei um 35 Sädhanas oder

sädhana-artige Werke (Beschwörungs- und Krankheitszauber) ; um 16 Sto-

tras oder stotra-ähnliche Werke; um einen Kommentar zur Mafijuärinä-

masarngiti ; um das Bodhisattvasamvaravimsaka, die ,,20 Strophen vom Ge¬

lübde der Bodhisattvaschaft" ; um den Nyäyasiddhyäloka, ein aus nur 19

Strophen bestehendes logisches Werk ; und schließlich um das Candragomi-

pranidhäna, das „Feierliche Gelübde des Candragomin".

Mit Ausnahme des 63seitigen Kommentars zur Mafijuärinämasamglti, der

vielleicht noch ein gründlicheres Studium verdiente, und zweier Sammelwer¬

ke von Sädhanas sind alle Texte nur von geringem Umfang, der zwischen

einer und sechs Blockdruckseiten variiert. Soweit ich das nach einer ersten

Lektüre zu beurteilen vermag, sind darunter keine literarischen Perlen mehr

zu finden. Lediglich vier der sechzehn Stotras fallen in formaler und inhaltli¬

cher Hinsicht nicht allzu sehr gegenüber dem Sisyalekha und dem Lokänan¬

da ab*^. Dabei muß offenbleiben, ob es sich in allen Fällen um den einen

bisher bekannten Candragomin handelt, ob nicht doch einige der Zuordnun¬

gen unkorrekt sind, ob nicht doch für einen Teil dieser meist unbedeutenden

Schriften ein Namensvetter verantwortlich ist.

** Wegen einor vollständigen Liste dieser Werke und ihrer Zuordnung zu

einem Autor verweise ich auf das 1. Kapitel der Einleitung zu meiner Lokä-

nanda-Ausgabe. Es sei hior en passant erwähnt, daß in dem 6. Band des New

Catalogus Catalogorum 20 der von mir aufgeführten Titol fehlen und daß dort

ebenfalls der Grammatiker von dem Verfasser des Lokänanda und des Sisya¬

lekha getrennt wird (New Catalogus Catologorum. Vol. VI. [By] K. Kunjunni

Raja. Madras 1971. S. 349-51).

Es sind dies Tibetan Tripitaka

No. 2028: Doäanästava (Sündonbokermtnis in 52 novmsilbigen Strophen)

No. 3534: Bhagavadäryamanjuärisädhisthänastuti

(14 neunzehnsilbige Strophen an Manjusri)

No. 3542: Manoharakalpanämalokanäthastotra (?)

(25 elfsdbige Strophen an Lokanätha, Titel nach dem Tibetischen anders,

etwa *Manohara-päpaghna-lokanäthastotra) No. 4489: Srimahätärästotra

(26 meist siebzehnsilbige Strophen an Tärä)

(14)

Als Fazit dieser notwendigerweise sehr gedrängten Übersicht können wir

festhalten, daß der im 5. Jh. lebende Grammatiker und Buddhist Candrago¬

min mit Sicherheit noch das Schauspiel Lokänanda und den Lehrbrief

Sisyalekha verfaßte. Beide Werke nehmen innerhalb ihrer Gattung einen

vorzüglichen Rang ein und verschafften ihrem Autor zu Recht unter den

buddhistischen Schriftstellern den Ruf eines ausgezeichneten Stilisten. Can¬

dragomin hat Anregungen von buddhistischen und nichtbuddhistischen

Autoren aufgenommen und ist seinerseits nicht ohne Nachahmer geblieben.

Im tibetischen Tanjur findet sich noch eine Reihe kleinerer Werke, die - falls sie alle ebenfalls von ihm stammen - kein weiteres Licht auf seine poetischen

Fähigkeiten werfen, sondern ihn allenfalls noch als Verfasser von Stotras und

kurzen Beschwörungs- und Krankheitszaubern ausweisen.

Anhang :

Die aus dem Sisyalekha übemommenen Strophen des Lokänanda (LNT).

1. Lokänanda II 6:

gan de[s] phyin ein hgro ba gan zig lan brgyar skyes gyur pa jj

bde ba gan de lan cig ma yin mnon du ma gyur med //

dpal mo gan de mjes pahi rria ma gyo zin dgod pa Itar jj

gan zig nm thob med ein slar yan de la de bzin chags jl

„Ein jeder [Mensch], der - [dort] hingelangt - in jeder erdenklichen

Existenzform [viele] hundert Male wiedergeboren wurde, ist jeden

denkbaren Glücks unzählige Male teilhaftig geworden ; obwohl er [da¬

bei] eine jede Glücksgöttin, von hübschen Yakschweifen umfächert

und lächelnd, erlangt hat, verlangt ein jeder gleichermaßen [immer

wieder] nach ihr."

Sisyalekha 91:

käsau gatir jagati yä Satado na yätä

kim tat sukharn yad asakrn na puränubhütam /

käs täh driyaS capalacämaracäruhäsäh

präptä na yäs tad api vardhata eva rägah / /

,,Was ist das für eine Existenzform, die [von einem] nicht [schon]

hundertmal in der Welt durchlaufen worden wäre ? Was ist das für ein

Glück, das man nicht [schon] viele Male zuvor genossen hätte? Was

sind das für Glücksgöttinnen, [umfächelt] von beweglichen Yak¬

schweifen und mit einem lieblichen Lächeln [auf den Lippen], die man

nicht [schon viele Male] erblickt (,crlangt') hätte? Trotzdem nimmt

das Verlangen [bei den Menschen] immer noch zu!"

(15)

Diese Strophe des LNT offenbart eine spezielle Schwäche des Tibetischen :

da das Relativpronomen mit dem Interrogativpronomen identisch ist,

können schlechterdings keine Relativsätze innerhalb von Fragesätzen

gebildet werden. Infolgedessen konnte die Strophe von der Konstruktion

her auch nicht adäquat wiedergegeben werden.

a) phyin ein entspricht gati (oder jagati'i), dessen nominale Natvu offen¬

sichthch nicht erkannt wurde.

b) purä fehlt in LNT; mnon du ist hier trotzdem wohl keine Verderbnis

für snon du, das purä wiedergeben könnte.

c) mjes pahi rna ma gehört natürlich zu häsa.

d) ma thob med ein Doppelte Negation statt der geforderten einfachen

Negation. Ist dies vielleicht durch mnon du ma gyur med im 2. Stollen

bewirkt worden ?

vardhate blieb unübersetzt.

de bzin entspricht eher *evam als dem eva des Sanskrittextes.

Die Übersetzer des Sisyalekha sind mit dieser Strophe entschieden besser

zurecht gekommen als die des Lokänanda :

hgro bar lan brgyar ma son hgro de gan zig yod jl

snon chad lan man ma myon bde de gan zig ni jj

rna yab dkar mjes Ita buhi dpal gan ma thob pa jj

de yan gan zig yod na hon kyan hdod, chags hphel jj

Durch die Umformung der Relativsätze in Attribute konnte die Kon¬

struktion der Vorlage genau beibehalten werden.

2. Lokänanda II 15:

ji Itar der ni dgah hgyur rah dgahi sa gzi rnams dan ni jj

mtho ris gangä rnams kyi* bskyod pas byan ba* gor mahi sten jj

gan zig dgah zin dgah bahi ri dags chogs rnams bsnen bkur iin jj

grogs *med* nags kyi nan du gnas gyur pa ni skal ba bzan jj

„Wie könnte dort [denn] Freude entstehen - an den Stätten des (himm-

hschen) Nandana-Haines und auf den Steinen, die durch das Anprallen

[der Wellen] der himmlischen Gahgä [blank-Jpoliert sind ? Das Wohnen

im Wald [hingegen], der von Scharen hochbeglückter Gazellen be¬

wohnt (,verehrt') wird und in dem es keine Freunde gibt, ist dagegen

segensreich."

Sisyalekha 69:

kirn sä ratir bhavati nandanabhümikäsu

divyänganäjaghanamrstaiilätaläsu j

yä mugdhamugdhahMriniganasevitäsu

nihsangacärusubhagäsu vanasthalisu jj

(16)

„Könnte denn etwa an den Plätzen des (himmlischen) Nandana-

Haines, in dem die Felsplatten von den Hinterbacken der himmlischen

Frauen blankgerieben sind, die Freude herrschen, die man in den von

überaus unschuldig-reizenden Gazellenscharen bewohnten, einsamen,

lieblichen und gesegneten Waldgegenden [empfindet] ?"

Die drei Sanskritmanuskripte des Sisyalekha lesen "jaghanaprsthM" . Ich

habe prstha nach dem LNT im mrsta geändert (s.u.), weil hierdurch Sinn

und Konstruktion verbessert werden. Der überlieferte Sanskrittext wäre

etwa folgendermaßen wiederzugeben: ,,. . . des himmlischen Nandana-

Haines, in dem die Felsplatten [so weich wie] die Hinterbacken [und]

Rücken (oder: die Rückseiten der Hinterbacken) der himmlischen Prau¬

en sind". SLT hilft bei dieser Frage nicht weiter, sondern gibt neue

Rätsel auf, da weder nam{s) bag als Äquivalent zu jaghana noch thel gyis

hbebs pa als Äquivalent zu prstha oder mrsta verständlich sind. SLT und

SLV gehen auf keinen der beiden Begriffe ein.

LNT II 15 weist eine Reihe schwerwiegender Fehler grammatischer

und lexikalischer Art auf und liefert im Grunde nur eine kaum durch¬

konstruierbare Interlinearversion. Die deutsche Wiedergabe, die er¬

staunlicherweise noch einen durchaus akzeptablen Sinn ergibt, war nur

durch die Kenntms der Sanskritvorlage möglich.

a) ji Itar der ni dgah hgyur = kirn sä ratir bhavati. Die Stellung des Prädi¬

kats vor der folgenden Lokalbestimmung verstößt gegen Syntax-

regehi des klassischen Tibetischen; sie kann daher lediglich als Sans¬

kritismus erklärt werden.

dan ni. Die Übersetzer haben das Attribut divyänganäjaghanamrsta-

silätaläsu nicht als solches erkannt und koordinieren es mit dem Be¬

zugswort.

b) miho ris gangä rnams divyänganä" wurde zu divyagangä" verlesen.

Dieser Fehler ist insofern nicht ganz und gar unsinnig, als der Nan-

dana-Hain nach den mythologischen Vorstellungen der Inder tat¬

sächlich an der himmlischen Gahgä - die dort Mandäkini heißt - liegt.

Ob hiermit wiederum das befremdende thel gyis hbebs pa in SLT -

etwa als Korruptel von dal gyis hbab pa (= mandäkini !) - irgend etwas

zu tun hat, vermag ich nicht zu entscheiden. Die „himmlischen Frau¬

en" sind zusätzlich durch SLT {lha mohi) und durch eine Glosse des

Sisyalekhatippana lha mo ni Ihahi chun ma zes bya baho ,, Göttin - das

ist die Gemahlin eines Gottes (oder: eine göttliche Frau)" abgesichert.

divyagangä kommt auch aus metrischen Erwägungen nicht für die Vor¬

lage in Frage; allenfalls könnte dort mandäkini gestanden haben.

bskyod pos So von mir dem Sinn zuhebe für bskyed pos {skyed jxis

CD) konjiziert. Die Vorlage dürfte in diesem Fall etwa calana - statt

jaghana - gelautet haben (oder gelesen worden sein). Das vom Sinn

(17)

her weit weniger befriedigende bskyed pas (zu übersetzen wäre dann

etwa: „auf Steinen, die durcli das Hervorbringen der himmlischen

Gahgä gereinigt waren") wäre allerdings noch leichter aus einer Vor¬

lage jaghana zu erklären, bei der man gha zu na verlas: janana.

byan ba So von mir für das in allen Drucken bezeugte byan sa kon¬

jiziert. byan ba , .gereinigt" (noch prägnanter wäre *byab pa* ,, abge¬

wischt", das allerdings in der Übersetzungsliteratur bisher nicht be¬

legt ist) weist nun ganz deutlich auf eine Vorlage mrsta hin, der ich

gegenüber dem überlieferten prstha den Vorzug gebe.

gor ma, von den Wörterbüchern als Respektswort für ,, Stein" be¬

zeichnet, gibt hier skr. Mlä wieder.

c) dgah zin dgah bahi Die Vorlage mugdhamugdha" wurde offenbar als

muditamudita" interpretiert.

d) grogs med Die vier Tanjurdrucke lesen grogs rfes (nes ?), was aber sinn¬

los und unkonstruierbar ist. Die Konjektur grogs med ,,ohne Freund"

ist dagegen eine durchaus mögliche Wiedergabe von nihsanga ,,ohne

Kontakt, Umgang, Gesellschaft". Trotzdem muß damit gerechnet

werden, daß nih- in nihsanga ganz mechanisch mit nes (pa), also im

Sinne von niyata, übersetzt wurde (,,in dem es sichere Freunde gibt"). -

Das gesamte Attribut nihsangacärusubhagäsu ist allerdings in syn¬

taktischer Hinsicht von den Übersetzern sehr frei behandelt worden.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

nags mthons ri dags dkyu bahi 6hogs kyis bsten byas pa jj

kun nas nams dgah bzan po de ni skyid pa gan j /

de ci dgah bahi nags 6hcU lha mohi nam bag du 11

thel gyis hbebs pahi rdo leb can la yod gyur tam / /

. Lokänanda II 16:

spoil bahi brag ri skye bos dben zin phun sum dhogs pahi gnas bzan na jj

phug yans ri dags rnams kyi spyod yul nags kyi ri mos yons su bskor jj

so gahi dus na bun ba rnams ni rna sgra snan par rab sgrogs Mn jj

lam zugs non mons me yan bdag cag rnams la byun mi hgyur zes sgrogs jj

,,Die riesigen Höhlen in dem menschenleeren und mit ausgezeichneten

Plätzen der Vollkommenheit versehenen Felsengebirge der Entsagung

(oder: der Entsagenden) sind von Gazellen bewohnt und von Wald¬

gürteln umsäumt; zur Sommerszeit lassen die Bienen [darin] ihr

pauken[ähnliches] zartes [Gesumm] ertönen, und [die Höhlen scheinen

ihrerseits] den Wanderern zu verkünden : .Nicht einmal das Feuer der

Befleckungen (kleia) wird uns zuteil!'"

(18)

Sisyalekha 72:

visäläh iailänäm viratajanasampätasubhagä

guhä gädhäbhogä haritavanalekhäparikaräh /

sarittiräsannä murajamadhurair nirjhararavair

na gamyäh kledägner vayam iti vadantiva palhikän //

„Die riesigen und überaus tiefen (gewölbten) Berghöhlen, gesegnet

durch das Auftreten entsagungsvoller Menschen, gegürtet mit grünen

Waldsäumen und den Flußufern nahegelegen, scheinen den Wanderern

mit ihren wie Tambourins zarten Wasserfallstimmen zuzurufen : ,Wir

sind für das Feuer der Befleckungen unerreichbar!'"

a) spoil bahi brag ri Lasen (oder verlasen) die Übersetzer *virägaiailänäm statt viiäläh iailänäm ? Oder ist yaris pahi brag ri zu konjizieren ?

phun sum dhogs pahi könnte sarnpäta entsprechen, das dann wie sarnpad,

[!] übersetzt wurde.

gnas bzan na Lasen die Übersetzer *supadä statt subhagä ?

b) yans entspricht wohl gädha, das hier wie gädha übersetzt wurde. Es

könnte theoretisch auch viiäläh aus dem ersten Stollen korrekt wieder¬

geben; dann bliebe jedoch die Herkunft von spon bahi ungeklärt.

ri dags harita ,,grün" wurde als harina ,, Gazelle" übersetzt \ spyod yul

muß auf äbhoga zurückgehen .

yons SU bskor parikaräh wurde korrekt verbalisiert.

c) so gahi dus na hun ba rnams In der Vorlage zu LNT II 16 scheint eine

Variante für sarittiräsannä vorgelegen zu haben.

nirjhara blieb unübersetzt.

Trotz der zahlreichen und schwerwiegenden Fehler im Detail bheb der

Sinn der Strophe im LNT noch einigermaßen gewahrt.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

ri sul yans par skye bo hun lon med pos rab bde ba jj

ner spyod rgya chen nags 6hal sno hkhruns phren bar sbrens jj

chu nogs hsüen pa phu chuhi rgyun sgra rna Itar snan pa yis jj

bdag cag üon mons yul ma yin zes mgron la sgrogs pa bzin jj

4. Lokänanda II 19:

yul ni dug bzin zos dam nid na mnar Idan zin j /

rnam par smin pa rah tu dha ba dug bzin yul j /

yul ni dug bzin bsrun bar mi nus rab gyohi iugs jj

iin tu rmons byed mun pa slug po dug bzin yul jj

,,Die Sinnesgenüsse sind ebenso wie Gift süß in dem Augenbhck, in

dem man sie zu sich nimmt; in ihrer Auswirkung (beim Verdauen)

sind sie dann beide überaus peinigend (heiß) ; beide besitzen eine un-

(19)

auf haltbare, ungestüme Auswirkung; beide [verursachen] sie die un¬

durchdringliche Finsternis der Verblendung (Ohnmacht)."

Öisyalekha 74:

äpätamätramadhurä visayä visam ca jj

ghorä vipäkakatukä visayä visam ca jj

mohändhakäragahanä visayä visam ca fj

durväravegacapcdä visayä visam ca jj

„Die Sinnesgenüsse sind ebenso wie Gift nur im ersten Augenbhck

[des Genusses] angenehm; beide sind sie schrecküch und peinigend in

ihrer Auswirkung (beim Verdauen); beiden ist die dichte Finsternis

der Verblendung (Ohnmacht) eigen; beide bringen einen durch ihre

schwer abzuwehrende Wirkung zum Zittern."

Der Doppelsinn der Strophe ist auch im LNT weitgehend gewahrt ge¬

blieben.

a) zos Lag den Übersetzern eine Variante *äsväda vor oder haben sie

lediglich äpäta frei (aber sinngemäß) wiedergegeben?

cd) Die Reihenfolge der beiden letzten Pädas ist gegenüber dem Sanskrit

vertauscht.

Das Kompositum durväravegacapalä ist nicht korrekt aufgelöst; die

tibetische Version entspricht einer Vorlage *durväracapalavegä.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

yul dan dug mchuns dan po(ry myon ba 6am na bde jj

yul dan dug mchuns rnam smin r6ub pas mi bzod pa lj

yul dan dug mchuns gti mug mun pas thibs por byed //

yul dan dug mdhuns iugs bzlog dkah zin gyo ba yin //

. Lokänanda II 20:

Jidod pahi dug dan duq ni gzal zin brtags gyur na jl

ran bzin mi mdhuns yul las dug ni mchog yin te jj

äug gis skye ba geig nid dug tu rab hgro zin jj

skye ba dpag med du yan yul dug rab tu hgro jj

,, Falls man das Gift der Geschlechtslust und [echtes] Gift [gegenein¬

ander] abwägend prüfte, so erwiese sich das Gift als das Bessere (d.h.

als das kleinere Übel) gegenüber den verschieden gearteten (gefähr¬

lichen) Sinnesgenüssen: durch Gift wird man nur während einer [ein¬

zigen] Existenz vergiftet, die Sinnesgenüsse hingegen vergiften einen

außerdem in unzähligen Wiedergeburten."

Öisyalekha 75:

kämam visarn ca visayäd ca nirüpyamänäh ■

sreyo visarn na visayä visamasvahhäväh /

(20)

ekatra janmani visam visatäm prayäti

janmäntare 'pi visayä visatäm prayänti jj

„[Wenn] man allerdings Gift und Sinnesgenüsse [genauer] betrachtet,

so erweist sich das Gift als das Bessere gegenüber den verschieden ge¬

arteten (gefährlichen) Sinnesgenüssen: Gift zeigt seine Gefährlichkeit

nur während einer [einzigen] Existenzform, während die Sinnesge¬

nüsse einen auch in der folgenden Existenz vergiften."

Auch der Sinn dieser Strophe wurde von den Übersetzern des Lokänanda

einwandfrei erfaßt und wiedergegeben.

a) Mod pahi dug dan dug ni Dies entspricht einer Vorlage *kämavisam ca

visam ca. Nun lesen die drei Sanskritmanuskripte des Sisyalekha kämä

visam (visai MT) ca visayäJ ca. Vermutlich haben die Übersetzer den

Beginn dieses unverständlichen Textes als kämavisam ca interpretiert

und dieses als eine Paraphrase von visaya gedeutet, so daß sie kon¬

sequenterweise das folgende visayäi ca zu visam ca verbessern mußten,

da ja nicht zweimal hintereinander die Sinnesgenüsse gemeint sein

konnten. In Wirklichkeit ist kämam (so von mir konjiziert) hier satz¬

einleitendes Adverb mit einschränkender Bedeutung. Wie aus der

Strophe hervorgeht, schränkt es die in der vorangehenden Strophe be¬

handelte Ähnlichkeit von visa und visaya wieder ein und weist auf

ihre ebenfalls vorhandene Verschiedenheit hin.

c) Läse man dug ni statt des überlieferten dug gis, so ergäbe sich eine voll¬

kommene Übereinstimmung mit dem Sanskrittext. Der Wechsel von

ni mit gi oder gis ist im LNT mehrfach zu belegen.

d) skye ba dpag med ,,[in] unmeßbaren Existenzen" ist eine freie Wieder¬

gabe von janmäntare, das offensichtlich als ,,in [jeder] anderen Exi¬

stenz" gedeutet wurde.

yul dug ist entweder in Analogie zum dritten Stollen als yul [gyis] dug

[tu] oder gemäß meinem oben gemachten Änpassungsvorschlag als

yul [ni] dug [tu] zu interpretieren. Der Sinn ist in beiden Fällen der¬

selbe.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

dug dan yul ni blo yis nes par brtags byas na H

nis na dug bia mi bzad ran bzin yul rnams min //

dug ni skye ba geig la dug tu hgyur bar zad jj

yul ni 6he rabs gzan lahan dug tu hgyur bar byed jj

6. Lokänanda II 21:

bya ba hdi ni s[p]an du de rin phyi[n] nas iol byed pa jj

de hdir skad cig yud dam hdas gyur skye bo rtog byed de jj

mi bzad gsin rje khros pa rgod ein yons su rtog pa yi jj

zur gyis Ita bas be con mdans kyan rab tu dmar bar byed //

(21)

jjWenn ein Menscli eine (.diese') [gleicli zu vollbringende] Tat auf

morgen [oder von] jetzt auf später verschiebt und den [rechten] Augen¬

bhck für sie hat verstreichen lassen, weil [er zulange darüber] nachge¬

dacht hat, dann lacht der unerträgliche zornige Todesgott auf und

färbt mit seinem prüfenden Seitenblick sogar den [sonst schwarzen]

Glanz seiner Keule rot."

Öisyalekha 66:

ävah käryam etad idam adya param muhürtäd

etat ksanäd iti janena vicintyamäne /

tiryagniriksanapiiangitakdladandah

danke hasaty asahanah kupitah krtäntah jj

,, ,Dics soll morgen getan werden, jenes heute; jenes nach einer Weile,

dieses sofort.' Wenn ein Mensch so überlegt, dann - so fürchte ich -

lacht der fürchterliche zornige Todesgott, dessen [ursprünglich]

schwarze Keule von seinen [grimmigen] Seitenblicken gerötet ist,

[über ihn]."

Wie der Vergleich zeigt, stellen die ersten beiden Stollen im LNT ledig¬

lich eine von groben Fehlern durchsetzte Interlinearversion dar. Es ent¬

sprechen einander bya ba und käryam, hdi ni und etat, s[p]an du und

ävah, de rin und adya, phyi[n] nas und param, dol byed pa und muhürtäd [!]

de und iyain (?), hdi[r^ und etat, skad cig und ksanäd, yud 6am (< cesl)

und iti (offensichtlich als jhatiti gedeutet!), skye bo und janena, rtog byed

de und vicintyamäne. Lediglich zu hdas gyur vermag ich kein Sanskrit¬

äquivalent anzugeben. Ob der tibetische Übersetzer seinem Text einen

verständlichen Sinn zu unterlegen beabsichtigte, erscheint fraglich.

Dennoch wurde eine Wiedergabe versucht, die sich so weit wie vertret¬

bar am Sinn der Vorlage orientierte.

In der zweiten Strophenhälfte (Stollen 3 und 4) wurde das eingescho¬

bene danke irrtümlich als Attribut zu tiryagniriksana gedeutet.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

hdi ni san bya hdi ni than cig hog tu bya jj

hdi ni dehu re bya zes skye bo sems pa. na jj gsin rje be con nag thog zur gyi blta ba yi jj

mig rca dmar khros ma rans gad mos re snam hdebs jj

. Tjokänanda II 22:

dud hgro rnams kyan gnas dan zas skom raii byun spyod ein rned par sia jj

gaii zig hdod rned din tu skom 6he chu rnams kyan ni hthun bar byed jj

gan zig gzan phan don du brdon hgrus rcom byed skyes bu de yKs) ni jj

ran gi gzi brjid kyis ni bde hdi ni skyes bu chen poho jj

(22)

„Selbst für Tiere sind ein Wohnort, Speise [und] Trank bei ihrem na¬

türlichen Wandel leicht zu erlangen; wenn [sie, die sonst stets] be¬

kommen, was immer sie wünschen, [einmal] sehr durstig sind, trinken

sie sogar Wasser. Ein Mensch, der seine Energien zum Nutzen irgend¬

welcher anderer [Menschen] einsetzt, verschafft [der Welt] durch seine

Herrlichkeit Glück: der ist ein großer Mensch."

Sisyalekha 101:

svayam ghäsagräsam padur api karoty eva sulabham

yadrcchalabdham vä pibati salilam gädhatrsitah /

parasyärtham kartum yad iha purum 'yarn prayatate

tad asya svam tejah sukham idam aho paurusam idam //

,, Sogar das Vieh frißt von allein das [von ihm] leicht zu findende Gras

oder es trinkt das zufällig vorhandene Wasser, wenn es von heftigem

Durst gepeinigt wird. Das [hingegen macht] die ganz eigene (spezifi¬

sche) Würde des Menschen aus, daß er [imstande ist], sich um das

Wohl anderer zu bemühen - ja, [allein] das ist [wahres] Glück, [allein]

das ist [wahre] Menschhchkeit!"

Auch bei dieser Strophe haben die beiden Übersetzer ihre anscheinend

korrekte Vorlage in einzelnen Wörtern und in der Konstruktion gründ¬

lich mißverstanden. Nur der Grundgedanke der Strophe blieb trotz der

vielen Fehler im Detail noch erhalten.

a) gnas dan zas skom entspricht ghäsagräsam, das offenbar zu *väsagrä-

sam (oder ähnlich) verlesen wurde, gräsa scheint als „Nahrung", tib.

zas skom ,, Speise [und] Trank", verstanden worden zu sein.

spyod ein Man las anscheinend *caraty (eva) statt karoty (eva).

b) gan zig hdod rned gibt yadrcchalabdham wieder.

yadrcchä wurde also wie yad-icchä übersetzt !

cd) Diese beiden Stollen lassen sich auch folgendermaßen übersetzen :

,,Daß der Mensch seine Energien zum Nutzen anderer einsetzt und

ihnen durch seine Würde (Majestät) Glück verschafft, das macht

[seine] menschliche Größe aus!"

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

din tu rned sia r&wa kham hgah Ita phyugs kyan ran nid za jj

din tu skom pas gduns pa chu zig rned na dgah mgur hthun / /

hdi na skyes bu gzan don byed par br6on pa gan yin pa jj

de Mihi brjid bag yin te de bde skyes buhi rdal de hphags jl

8. Lokänanda 11 23:

gan zig nai med rta mgyogs kyis bgrod ni mas snan bar byed jj

gaii zig khur grans med par nor Idan rtag tu hjig rten hjin jj

(23)

de ni nam yan ran don ma yin de yi ran bzin nid jj

chen po gan rnams hjig rten phan dan bde bahi ro geig ro dan Idan jj

,,Daß die Sonne, von schnellen nimmermüden Pferden gefahren,

seheint; daß die ,Schätzeträgerin' (Erde) beständig die Menschen

trägt, ohne ihre Last [je] zu zählen - das geschieht niemals zu deren

eigenem Nutzen, [sondern] es entspricht einfach ihrem innersten

Wesen; der Grundton im Charakter großer Menschen besteht darin,

daß sie nur am Nutzen und am Glück der Welt Gefallen finden."

Öisyalekha 102:

yad älokarn kurvan bhramati ravir adräntaturagah

sadä lokam dhatte yad aganitabhärä vasumati /

na sa svärthah kai cit prakrtir iyam *eväpi* mahatärn

yad ete lokänäm hitasukharasaikarasikäh jj

„Wenn die Sonne, von nimmermüden Pferden [gezogen], [am Himmel]

entlangzieht und dabei [den Menschen] Glanz spendet; wenn die

, Schätzeträgerin' (Erde) beständig die Menschen trägt, ohne [dabei]

ihre Last zu zählen, so liegt darin nicht der geringste Eigennutz,

[sondern] genau das ist eben das Wesen großer Menschen, daß das Ver¬

langen nach dem Nutzen und dem Glück für [andere] Menschen ihr

einziger Charakterzug ist."

Hier ist den Übersetzern - von einer kleinen Ausnahme abgesehen - eine

in Wortlaut, Konstruktion und Sinn einwandfreie Wiedergabe gelungen.

Lediglich die Funktion des yad zu Beginn des vierten Stollens wurde an¬

scheinend nicht genau erkannt. Der Schluß des dritten Stollens lautet in

den Sanskritmanuskripten iyam eva mahatäm. Es fehlt also eine lange

Silbe vor oder nach e(va). Während in der Vorlage zu LNT II 23 augen¬

scheinlich ebenfalls eva - tib. üid - stand, legen die drei tibetischen

Quellen zum Sisyalekha *evam (+ hi oder ^^t?) nahe: ÖLT: dehdra ste;

SLV : de hdra {zes bya ba ni ni ma dan sa dan mchuns paho) ; ÖLT : (ran

h£in) de hdra ba (ni ran gi no ho deho). Die Übersetzung müßte dann

lauten :

,,. . . sondern das Wesen großer Menschen ist so beschaffen, daß das

Verlangen nach dem Nutzen und dem Glück für [andere] Menschen

ihr einziger Charakterzug ist."

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

ai ma rlabs chen rta zon rgyu ba snan byed gan yin dan jj

khur la mi rdegs sa yis hjig rten hdegs pa gan yin te jl

ran don hgah med chen po rnams kyi ran bzin de hdra ste jj

de dag hjig rten phan dan bde bahi ro la geig tu gzol / / 24 Or.-Tag 1973

(24)

9. Lokänanda V 48:

hgro rnams dam chos hbyun zin rab tu sbyor bahi Uad mo chen por sog jj

legs spyod yon tan rnams kyis hchi bdag yid kyi sin rta hbras med iog fj

thub pahi skye bohi gtam gyis hbrel dhogs zi zin bdud rdihi char rnams

kyis II

bsil zin dge *bahi zla bahi snan bas rab tu hgro zin don byed iog //

„Möge den Lebewesen die lieilige (d.h. die buddhistische) Lehre zuteil

werden, und möge ihnen großer Eifer bei ihrer Ausübung entstehen!

Mögen durch die Tugenden eines guten Wandels die Wünsche des

Todesgottes ohne Frucht bleiben ! Möge der Mondglanz (der Glanz des

Candra[gomin]), der mit den Worten heiliger Menschen verbunden,

abgeklärt, durch den Nektarregen kühl und heilvoll ist, voranschrei¬

tend sein Ziel erreichen!"

Sisyalekha 116:

bhavatu jagatärn dharmämodah prabandhamahotsavah

suciragunitä mrtyor vandhyä bhavantu manorathah /

munijanakathägosthlbandhaih *samämrta*varsibhih

*M4irasubhagacandrälokah* prayätu krtärthatäm //

„Möge [durch das aus dem Verfassen des Sisyalekha gewonnene Ver¬

dienst] den Menschen die Freude am [Hören des] Dharma entstehen,

die [der bei] einem ununterbrochenen großen Fest [gleicht]; mögen

[dadurch] die lange Zeit hindurch immer stärker gewordenen Wünsche

des Todesgottes vergeblich sein ; möge [dadurch] der Glanz des Mondes

(des Candra[gomin]), der kühl und segensreich ist, weil er die Erzäh¬

lungen und Plaudereien heiliger Menschen fesselt (weil er die Erzäh¬

lungen und Worte heiliger Menschen [in seinen Dichtungen] zusam¬

mengestellt hat) und (dadurch) den Nektar der Abgeklärtheit herab¬

regnen läßt, sein Ziel erreichen!"

Die Übersetzung von LNT V 48 wurde wieder so weit wie möglich dem

Sanskrittext angepaßt. Ohne dessen Kenntnis wäre auch hier vom Tibe¬

tischen her eine abweichende Konstruktion und Interpretation möglich.

Die vier Tanjurdrucke lesen im vierten Stollen dge bas, was im Licht der

Vorlage jedoch nur eine Korruptel für das annähernd homophone dge

bahi sein kann.

b) legs spyod yon tan rnams kyis Hier hat die Vorlage vermutlich *suca-

ritagunair gelautet, was metrisch einwandfrei ist und in der Tat einen

mindestens ebenso guten Sinn ergibt wie die von SLT (Mn tu yun rin

goms pa) bestätigte Lesart suciragunitä der drei Sanskritmanuskripte.

Die Sanskritmanuskripte enthalten zwei fehlerhafte Partien, die sich mit

Hilfe der tibetischen Quellen leicht richtigstellen lassen. So lesen sie im

(25)

dritten Stollen das unsinnige samävrtavarsibhih statt des richtigen

äamämrtavarsihhih, und der Beginn des vierten Stollens lautet in ihnen

satatasiiirah subhagacandrälokah, was unmetrisch ist, da hier drei

kurze Silben zuviel sind. Ein Vergleich mit den tibetischen Quellen zeigt,

daß satata- dort keine Entsprechung hat. Es ist aus Strophe 112 hierher

geraten, wo der Dichter satataiiiirah als Attribut zu mahähradah ver¬

wendete.

Die tibetische Übersetzung dieser Sisyalekhastrophe lautet :

hgro ba chos kyi kun dgah hphel bahi dgah ston che bar dog jj

hchi bdag re ba iin tu yun rin goms pa don med iog jj

thub pahi skye bo gtam dhogs hphel bar zi ha bdud rdi yi jj

char gyis zla bahi snan ba rab bzans bsil has don byas iog jj

(26)

Von Oskar von Hinüber, Mainz Mit 9 Abbildungen

Die Frage nach der Gestalt eines nandyävarta-Syrahols scheint seit

langem geklärt. Bereits 1809 teilte H. T. Colebrooke' in seinen .Observations

on the sect of Jains' die Namen und Wappen (cihnüni) der Tirthamkaras mit.

Aranätha, der 18. Tirthamkara hat in der Tradition der Övetämbara* eine

Figur zum Wappen, die nandyävarta heißt, und die einem labyrinthartig

erweiterten svasHka gleicht (Abb. 1). Seit Colebrooke hat, soweit ich sehe,

niemand mehr versucht, eine andere Figur mit der Bezeichnung nandyävarta

in Verbindung zu bringen*.

V'v

[U rä

/ /

1

i\ Abb. 1

Verfolgt man nun die Darstellungen des nandyävartaSyvahoia zurück, so

endet die Suche bald bei den Miniaturen aus dem Kalpasütra, auf denen die

acht glückbringenden Zeichen, die astamangaläni, abgebildet sind*. Die

1 Asiatic Researches 9.1809.308.

2 Bei den Digambara ist Aranätha's cihna ein Fisch. Erklärt sich daraus die

Bedeutimg matsyabhede in den indischen Kosa ? (vgl. unten Anm. 40 zum

Sabdakalpadruma). K.R. Norman machte mich auf den Kommentar zu Therigä¬

thä 241, abgedruckt bei K. R. Norman, The Elder's Verses II Therigäthä, London

1971 p. 107, aufmerksam, wo nandiyavatta in der Erklärung zu udakecara

erscheint.

* Vgl. z. B. W. Kirfel, Symbolik des Hinduismus und Jainismus, Stuttgart

1959 p. 154.

* Im Text des Kalpasütra werden die a^famangaläni nicht genarmt. Ihre

Darstellung knüpft vielmehr an das Wort mangala zu Boginn des Textes an. : Vgl.

W. Hüttemann, Miniaturen zum Jinaoaritra, Baessler Arohiv 4.1914. 47-77, bes.

p. 50.

Abbildung

Figur zum Wappen, die nandyävarta heißt, und die einem labyrinthartig

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