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Zur Tradition der „Unwettersterne"

'V - / «^<_, 4 ^j-t/u Von Paul Kunitzsoh, Köln

Die astronomisch-astrologische Fachliteratur des Mittelalters umfaßt

in ihren lateinischen, altspanischen und byzantinischen Texten islamisch¬

arabischer Provenienz vor allem eine Auswahl bekannter Standardwerke

ebenso bekannter Standardautoren, die zum größten Teil bereits erkannt

und dank neuerer Hilfsmittel' auch relativ leicht zu identifizieren sind,

wenngleich die Erforschung und Edition der Einzeltexte in deu meisten

Fällen noch aussteht^.

Neben solchen Standardwerken finden sich iu den westlichen Hand¬

schriften gelegentlich kurze apokryphe Textstücke eingestreut, deren

Identität dunkel ist und die sich nur durch glückliche Zufallsfunde einer

bestimmten festen Tradition zuordnen lassen*.

Hier möchte ich einen derartigen kleineu Text vorstellen, dessen

byzantinisch-mittelgriechische Fassung seit längerem bekannt war* und

zu dem ich inzwischen auch einen westlich-lateinischen Traditionszweig

auffinden konnte. Beide diese Versionen gehen offensichtlich auf einen

arabischen Text zurück, der seinerseits wiederum auf einer vermutlich

antik-hellenistischen Tradition — eventuell mit persischer Zwischen-

1 Z.B. F.C. Carmody: Arabic Astronomical and Astrological Sciences in

Latin Translation. Berkeley — Los Angeles 1956 [of. jedoch Fn. 2!]; L.

Thorndike — P. Kibre: A Catalogue of Incipits of Mediaeval Scientific

Writings in Latin (Revised and Augmented Edition). London 1903. Für

mittelgriecbiscb-byzantinische Texte ist auf die 12 Bände des Catalogus

Codicum Astrologorum Graecorum. Brüssel 1898—1953 zu verweisen.

2 Mit dem Introductorium mains (= Kitäb al-mudhal al-kablr) von Abü

Ma'sar z. B. hat sich jüngst R. Lemay befaßt {Abu Ma'shar and Latin

Aristotelianism in the Twelfth Century. Beirut 1962). Seine Quelleniuiter-

suchungen (dort S. 379ff.) (srgaben gewisse Korrekturen an dem nieht immer

zuverlässigen Carmody, der sich zu stark auf häufig unzuverlässige veraltete

Katalogangaben stützt. Eine synoptisohe Edition in drei verschiedenen

Versionen wird angekündigt (Lemay S. 379).

3 Eine solohe Identifikation gelang z. B. kürzlich für den Uber hermetis de

stellis beibeniis, cf. P. Kunitzsch in: ZDMG 118 (1968), S. 62—74, und 120

(1970), S. 126—1.30.

< IIspl ä<TT£pcov TTOlouvTcov Tapa^tv . . . ; odiort Cat. Cod. Astrol. Graec. 4, S. 145 f.; dazu Varianten axis einer Petersburger (Leningrader) Handschrift ib. 12, S. 113; weitere Vorkommen sind erwähnt ib. 4, S. 33; 6. S. 34; 7, S. 23 und S. 75; 9,1 S. 56, S. 65 und S. 74; 9,2 S. 76.

(2)

Zur Tradition der „Unwettersterne" 109

stufe — beruhen dürfte. Von der anzunehmenden arabischen Fassung

war bisher noch keine Spur nachzuweisen. Docli ist zu hoffen, daß die

hier erfolgende Veröffentlichung der byzantiuisch-mittelgriechischen und

der westlich-lateinischen Fassungen dazu beiträgt, daß dann ein auf¬

merksamer Leser bei anderweitigen Handschrifteuforschungeu zufällig

auch einmal auf das entsprechende arabische Textstüek stoßen wird.

Eine systematische Suche wäre selbstverständlich angesichts der Situa¬

tion im arabischen Handschriftenwesen ein aussichtsloses Unternehmen.

Unser je nach Seitenformat und Schriftgröße nur ca. zwei bis sechs

Seiten umfassender kleiner Text besteht aus einem Kalendarium,

das für bestimmte angegebene Daten das Erscheinen eines Sterns

notiert, der für eine ebenfalls angegebene Anzahl von Tagen Unwetter,

Stürme und Regen erzeuge. Die Zahl dieser ,, Unwettersterne" schwankt

zwischen 24 uud 44. Jeder Uuwetterstern ist mit einem Namen be¬

zeichnet, aber diese angeblichen Stemnamen zeigen keinerlei Berührung

mit der üblichen uud hinlänglich bekannten antiken, arabischen und

lateinisch übersetzten Sternnomenklatur. Es scheint hier ein ähnlicher

Fall vorzuliegen wie bei den hermetischen „stellae beibeniae"^. Besonders

unter namengeschichtlichem Aspekt wäre daher die Auffindung des ver¬

muteten arabischen Originaltextes bedeutungsvoll.

Die bereits im Catal. Cod. Astrol. Graec. 4, S. 145f. veröffentlichte

mittelgriechische Fassung [im Folgenden bezeichnet als: G] enthält 24

Positionen, vou denen bei sechs der Sternname fortgelassen ist. Einige

der griechischen Handschriften, so auch die jener Edition zugrunde

liegende, geben in der Überschrift ausdrücklich au, der Text stamme von

einem ,, persischen Philosophen Zanati" (ZavaTY] u.a.). Dieser Name

ist innerhalb der Literatur arabischer Sprache tatsächlich belegt : es ist

ein Verfasser geomantischer Schriften, der Scheich Abü 'Abdallah az-

Zanäti, von dem ein geomantisches Werk 1265/66 ins Mittelgriechische

übersetzt wurde, das noch iu mehreren Handschriften erhalten ist. Eine

Reihe von mir durchgesehener geomantischer Schriften enthielt unser

,,Unwetterkalendarium" jedoch nicht". Es muß als fraglich angesehen

werden, ob die griechische Zuweisung des Kaleudariums au Zauati echt

ist. Uns kann sie zumindest als Hinweis darauf gelten, daß das Kalenda¬

rium zusammen mit den Texten, die in den Handschriften in seiner

Umgebung erscheinen, zu einem Konglomerat von Übersetzungen aus

dem Arabischen gehört (byzantinische Schriftsteller bezeichnen meist

das Orientalische schlechthin als ,, persisch"). In die gleiche Richtung

deuten auch die seltsamen Sternnamen, die sich nicht der überlieferten

griechischen Nomenklatur zuordnen lassen.

5 Cf. ZDMG 118 (1968), S. 69ff., und 120 (1970), S. 128ff.

8 Cf. P. Kunitzsoh in: Byzantinische Zeitschrift 60 (1967), S. 309—317.

(3)

110 Paul Kunitzsch

Auf eine analoge westeuropäische Tradition stieß ich an drei Stellen.

Hier wird zwar jeweils keine Quellenangahe gemacht, doch ergibt sich

die völlige Identität der Texte aus dem gleichen Aufbau und Inhalt sowie

der größtenteils einwandfrei erkennbaren Identität der Nomenklatur.

Das vorauszusetzende arabische Original scheint also keine außergewöhn¬

liche Rarität gewesen zu sein, wenn es sowohl im östlichen Raum wie

auch im Westen verbreitet war und oflFensichtlich soviel Bekanntschaft

oder gar Popularität genoß, daß os in beiden Bereichen sogar zu Über¬

setzungen, ins Mittelgriechische bzw. ins Lateinische, kam. Für Popula¬

rität scheint auch der dritte meiner westlichen Textzeugen zu sprechen,

der nämlich eine deutsche Bearbeitung der lateinischen Fassung darstellt !

Die drei Fundstellen aus der westlichen Tradition .sind folgende :

1. Bibliotheca Vaticana, ms. Ottob. 1826, fol. 64^ [im Folgenden bezeich¬

net als : V]' : De stellis fixis que mutant tempora et commotionem faciunt

in mari. Hier haben wir es nur mit einem Fragment unserer Über¬

lieferung zu tun. Oben auf der betreffenden Seite steht cin neunzeiliges

astrologisches Stück De Ouerris. Nach kurzem Abstand folgt darunter

unser Text, der iu sechs Zeilen nur die Monate März, April und Mai

(mit insgesamt sechs Sternen) umfaßt und danach abbricht. Die rest¬

lichen zwei Drittel der Seite sind leer (mir lag eine Fotokopie vor). In

der Überschrift, und ebenfalls noch einmal bei dem au erster Stelle

erwähnten Stern, wird das erzeugte Unwetter (hier: procella) auf das

Meer verlegt —■ vermutlich eine Abweichung, die sich im Verlaufe

der im Westen recht freizügigen Überlieferung irgendwann einge¬

schlichen haben mag.

2. Paris, ms Bibl. Nat. lat. 3660 A, fol. 51'— 52"' [im Folgenden bezeichnet

als: P]*: Dispositio Stellarum. Slellae suni in coelo XXVII quote

ascervduni, quarum duae faciunt in quo loco uisae, magnam tempestatem uel de uentis, uel de pluuia uel de niue uel de tonitru, uel de corruscam-

hria. Es folgt das vollständige Kalendarium, vou März bis Pebruar,

mit insgesamt 27 Sternen. In Daten und Namen besteht eine enge

Verwandtschaft zu V, dagegen ist der Textwortlaut selbst, wie auch

schon in der Überschrift, in frei abgewandelten eigenen Formulie¬

rungen gehalten. Der Schrift nach (von der Fotokopie her gcurteilt)

handelt es sich um ein sehr spätes Dokument.

3. Coburg, Landesbibliothek, ms Sehe. 18, ca. 1485, fol. OP— 93^ [im

Folgenden bezeichnet als: C]®: Hernach fielt gefchriben von etlichen

' Cf. L. Thorndike in: Isis 49 (1958), S. 36 mit Anm. 73.

' Cf. Thorndike-Kibre : Incipits [s. Fn. 1], col. 1528.

® Cf. F. G. Kaltwasser: Die Handschriften der Bibliothek des Gymnasium Casimirianum und der Scheres-Zieritz-Bibliothek. Coburg 1960, S. 200f.

(4)

Zur Tradition der „Unwettersterne" III

Sternen die wird vnd vngewitter machen jn jrm fcheine vnd kumpt

itzlicher auff feinen tag nach des rnams fcJtein zu Rechen. Deutsche

Version des vollständigen Kalendariums, beginnend mit Januar. Die

Gesamtzahl der Sterne ist auf 44 angewachsen, die Namen zeigen

stärkere Deformationen und sind schwerer mit den Formen von V

und P zu vergleichen. Neun Positionen scheinen, vou don Namen her

gesehen, Duplikate zu anderen Sternen der Urfassung darzustellen ;

und so dürfte die Verdoppelung des Gosamtumfanges wohl auf

Kosten einer sekundären Bearbeitung gehen ■—• ob schon im lateini¬

schen Text oder erst in der deutschen Bearbeitung selbst, können wir

nicht unterscheiden.

Der lateinischen Urfassung, d.h. also der eigentlichen Übersetzung,

scheint V am nächsten zu stehen. P, uud ganz besonders C, sind Beispiele

aus der späteren Überlieferung, die sich — ganz oflFenbar im Strome

einer recht breiten und wohl auch populären Tradition — ziemlich frei

gestaltete. Der sachliche Grundgehalt bleibt aber weiterhin bewahrt

und ist einwandfrei zu erkennen.

Im Folgenden gebe ich eine Übersicht über die Daten und Namen

nach sämtlichen Textzeugen. Die Tabelle zeigt, nach dem Datum für

das Erscheinen des jeweiligen Sterns, die Anzahl der Tage, für welche

er Unwetter hervorruft, die Quellenangabe (GVPC, mit jeweils beige¬

setzter laufender Nummer innerhalb des betreffenden Textes), sowie

den Namen des Sterns.

Datum Dauer

Monat Tag Tage Text Name Bemerkungen

8 3 Cn Serpe [=Pi]

9 3 G4 SapiT^e

9 3 Pl scusaphe

9 3 Vi sosafe

15 1 Cl2 Salprotro [Dupl. zu Cu]

15 1 P« tarphe

21 4 V2 garfe

22 3 Cl3 Thurpe [= P2]

25 1 G5 Tapap

25 2 Cl4 Trapfen [Dupl. zu C13]

(5)

112 Paul Kunitzsoh

Datum Dauer

Monat Tag Tage Text Name Bemerkungen

April

Mai

Juni

Juli

1 5 5 Gg SifilX beachtliche

5 5 Cl5 Smuli Einheitlich

5 5 P3 similiter [vomKopisten verkannt] keit von

5 5 V3 senile ■Daten u.

Namen in dieser . Gruppe !

19 3 G-j Bexls'!)!;

[Petrop. 9]

19 3 ^16 Querfin

20 3 P4 quarse

22 3 V4 guarse

1 7 Gs rap9a?

1 4 C17 Turpen

1 3 P5 Arpha

1 3 V5 Arsa

10 3 Pe crehil

12 4 Gg TefXTTsXtt; [var. FlaiXa?]

12 3 ^18 Equiell

21 3 Vb cireil

24 4 Cl9 Edell [Dupl. zu Cig]

I 8 3 Gio 'A[v]oXa)(jTai; [var. AuoX6CTTa(;]

8 3 P7 Suelle

9 3 C20 Saulle

17 7 C21 Saulem [Dupl. zu C^o]

21 1 Gil PaTtoiii; [var. TafiTto^j^]

[Petrop. 13]

23 1 Ps Neapra

24 1 C22 Achaim

24 2 ^23 Solam [Dupl. zu C^j]

5 1 G12 IlaTrXou^

5 1 P« Holde

5 1 C24 Beidem

(6)

Zur Tradition der „Unwettersterne" 113

Datum Dauer

Monat Tag Tage Text Name

Bemerkungen

8 1 Pio &eca

10 1 ^25 Debeett [Dupl. zu C24]

19 1 Gl3 [Name fehlt]

19 1 P

'-'26 Ebochi [Datum: XX., korr. in 19.]

August 1 1 PifOLC,

1 1 Pn tarse

2 2 C27 Tarpe

5 3 ^28 Innemine

13 3 ^29 Sadicett

14 2 Gis n iGzexjc, [var n lasi;]

14 2 P12 copisseuite

17 2 C30 Tibien

19 4 O3I Ebochill [Dupl. zu Cae]

26 diebus Pjg locabim

multis

27 4 G16 [Name fehlt]

27 3 C32 Lachabio

Sept. 7 7 Gj, 'AXcpapdc? [var. Tapet;]

9 1 C33 Iperchacietali

9 10 Pl4 Alfureali

12 9 C34 Ephatoel

22 3 Gfl8 [Name fehlt, var. Papaya]

22 3 Pl5 ebfaran et micade

29 3 C35 Elforacriina

Oktober 5 1 Gl9 Fapsö? [var. Pips;]

[Petrop. 3]

5 1 C36 Bachaboliach

8 1 P16 Bqctone

17 3 G20 [Name fehlt]

17 3 C37 Fatam

19 3 Pl7 Sareti

21 3 C38 Gaicho

8 ZDMG 122

(7)

114 Paul Kunitzsch

Datum Dauer

Monat Tag Tage Text Name Bemerkungen

Nov. 1 1 ^81 'PY)XTa(; [var. PtxTa?]

1 1 C39 Elbotham

2 1 P18 Elbuta

12 5 Gas [Name fehlt]

12 5 C40 Qu^rchem

12 5 Pl9 Octurie

16 1 C4I Ehedi [Dupl. zu

21 1 C'42 Elieudi

22 1 P20 Eltedi

Dez. 9 4 ^23 'EtoXac; [var. 'EdtXa?]

9 6 C43 Elecha

9 6 P2I electa

17 3 G24 [Name fehlt]

23 3 n Elethera

26 3 P22 Elcera

Januar 2 3 Cl Abnoxe

3 5 P23 Eldra

4 5 C2 Glira

4 5 Gl FajXTCivrj? [var. rafXTtLVOu]

17 7 P24 Ecaphe

20 3 G2 Aomn-qc,

[Petrop. 25]

22 6 Ca Te/atobell [Dupl. ?]

23 5 C4 Adra [= P23?]

30 8 Cb Enanem

30 3 P25 Sudele

Februar 9 4 G3 XapT)?

12 8 c« Gelbem

12 7 p^26 Sebim

17 3 C7 Giebi [Dupl. zu

18 2 Cg Agnen

20 3 Co Leembie

22 3 P27 Elzierben

24 1 Clo Carabi [Dupl. zu

(8)

Zur Tradition der „Unwettersterne" 115

Über den Charakter dieses eigenartigen Unwetterkalendariums läßt

sich nichts Positives aussagen. Es kann sich dabei jedenfalls um keinen

herkömmlichen astronomischen bzw. astrologischen Text handeln, da

die benutzten Gestirnnamen keiner bekannten Tradition angehören.

Auch ein Mondstationensystem kommt nicht iu -Betracht, einmal da die

Zahl der Nennungen in keinem Falle mit der Zahl der 28 Mondstatioueu

übereinstimmen würde, inid zweitens da auch hier die Namen keinerlei

Anklang an die hinreichend bekannten Mondstationennamen"' auf¬

weisen''. Ebenso wenig scheint eine Verbindung zu den diversen Systemen

von ,, verworfenen Tagen" und dies Aegyptiaci^^ zu bestehen; diese fallen

auf andere kalendarische Daten, und sie stehen vor allem auch nicht in

Abhängigkeit von gewissen — geschweige denn gar namentlich bezeich¬

neten — Sternen. Die Intervalle zwischen den einzelnen Daten sind

ungleichmäßig und ergeben keine erkennbare Periodizität.

*

Exkurs

In Thorndike-Kibee's Incipits (cf. Fn. 1), col. 1437, wh-d noch eiu

weiterer einschlägiger lateinischer Text aufgeführt, dessen Incipit lautet:

Sequuntur stelle fixe aerem turbantes in singulis mensibus^^. Es handelt

sich um eine Handschrift ,, Miscellanea astrologica" in Katowice, Biblio-

1° Für die arabischen Namen der Mondstationen cf. die Aufstellung bei P.

Kunitzsch: Arabische Sternnamen in Europa. Wiesbaden 1959, S. 55 f.

11 Einige Ausnahmen wären eventu(!ll in C aufzuspüren: z. B. C7 Oiebi

(evtl. ~al-gabha, 10. Station); Cjo Saulle und Cji Saulem klingen an aS-Sawla

(Station 19) an, jedoch gehört mindestens C20 zur ursprünglichen Uberlie¬

ferung (cf. P, Sueüe) und kann infolgedessen vom Prinzip her kein Mond¬

stationenname sein; C24 Beidem scheint an al-balda (Station 21) anzuklingen,

gehört jedoch ebenfalls zur m-sprünglichen Überlieferung (cf. P9 Holde);

endlich C39 Elbotham khngt sehr stark an die Latinisierungen des Namens der

2. Station (al-bu(ayn) an, gehört aber auch zum ursprünglichen Text (of. Pig

Elbuta). Diese — auch nur vereinzelten — Älinlichkeiten lassen jedenfalls auf kein System schließen und scheinen rein zufälhg zu sein.

12 Cf. G. Keil in: Sudhoffs Archiv f. d. Geschichte d. Medizinu. d. Natur¬

wissenschaften 41 (1957), S. 27—58.

13 Als Fundort ist dort ein Wiener Antiquariatskatalog von 1936 angegeben.

Nach ausführhchen Nachforschungen gelang es mir zu ermitteln, daß die

bewußte Handschrift seinerzeit nach Kattowitz verkauft wurde, und nach

weiteren Bemühungen konnte ich aus der nooh jetzt dort vorhandenen Hand¬

schrift Fotokopien der entsprechenden Blätter erhalten. In diesem Zusammen¬

hang möchte ich der Direktion der Biblioteka Alaska sowie auch Herrn Prof.

Dr. B. Olszewicz von der Polnischen Akademie der Wissenschaften füi- ihre

freundliche Hilfe besonders danken.

(9)

116 Paul Kunitzsch

teka Slaska, geschrieben ca. 1493 an der Universität Krakau; das in

Rede stehende Unwetterkalendarium nimmt darin die foha 146^—147"^

ein. Hier begegnen wir einem Kalendarium, das in seiner Anlage grund¬

sätzlich verschieden ist von dem oben beschriebenen Typus. In insgesamt

42 Positionen'^ werden von 17 verschiedenen Gestirnen Abend- und

Morgenauf- bzw. -Untergänge verzeichnet, die angeblich Wetterstörungen

hervorrufen. Die Sterne sind ebenfalls mit Namen bezeichnet, in denen

man auf Anhieb bekannte Benennungen aus der antik-abendländischen

Tradition erkennt : delphin, lira, pleyades, orion usw. Daneben erscheinen

so befremdliche Formen wie macalis, hiriphi usw., die orientalischen

Einfluß widerzuspiegeln scheinen. Ein Vergleich mit echten, rein antiken

Kalendarien'5 belehrt uns, daß der Kattowitzer lateinische Kalender

einer alten, auf griechische Quellen zurückgehenden Tradition angehört:

Aufbau, Inhalt, Daten und Namen sind weitgehend identisch. Es wirkt

freilich höchst seltsam, daß der Text einerseits die alten griechischen

Namen vollkommen originalgetreu schreibt und anwendet'*, andererseits

dagegen die abenteuerlichsten Wortgebilde aufweist". Diese ließen sich

teilweise (yces = Al'^, hiriphi = "Epicpoi) aus der mittelalterlichen Aus¬

sprache des Griechischen erklären, während die Entstehung anderer

(adictiron = 'ApxToüpo?, macalis = Draj^u?) rätselhaft bleibt. Weder die

griechische noch die lateinische Paläographie bietet hier Ansätze. Eine

arabische Zwischenstufe mag man aber auch nicht annehmen, da dann

wiederum die anderen griechischen Namen nicht iu so vorzüglichem

'* Die Sternangaben fallen auf folgende Daten: I 4. 6. 28 (zwei Angaben).

2.5; II 1. 25; III 18; IV 1. 18.24.26; V 6. 7. 19. 24; VI 2. 6. 28; VII 3.—.28.

25; VIII 28 (drei Angaben); IX 7. 4. 18; X 6. 7. 16. 23; XI 6. 13. 21. 28 (zwei Angaben ); XII 1. 10. 21.

15 Vgl. die edierten Texto in Cat. Cod. Astr. Graec. 9,1 S. 128—137; 11,2

S. 168—173 [Excerpta ex calendario Clodii]; 12, S. 109—112 [Tirepi xüv Xt]'

äoTEpcov (XTiXavwv TTfi öySirjq acpoLipac, . . .].

18 Auch hier gibt es gelegentlich Divergenzen: arctos steht teils für 'Aeto?, a Aql (I, 5; VI, 2; VII, 25), teils für 'Apxxoüpo?, a Boo (VI, 6; IX, 4; dieser

Stern heißt daneben einmal auch adictiron: II, 25); prothrios = Tlpoxücov, a

CMi, ist lateinisches Schreiberprodukt (sonst üblicherweise yiroc/ito»» u.a.);

lampades (I, 25) entspricht in den griechischen Kaiendarien ö Xaji-Trpo? cv xtö AtevTi u. ä. und bezeichnet demnach a Leo; ipos (III, 18) entspricht ö Xsy6.

(iEvo; "InnoQ, Identifikation unklar.

1' yces = Ml, <x Aur (V, 6. 24; IX, 7; XII, 21); hyftre = 'Oiaxöi;, Sagitta (VIII, 28); macalis = Sxa/u?, a Vir (IX, IS) ; zopherios = Sx£9avoi;, [a] CrB (X, 6; derselbe bei XI, 28: fachrinos); hiriphi = "Ept90t, i^if) Aur (X, 7;

derselbe Name bei XII, 10: herfa); andravis (XI, 28; wahrscheinlich = Orion, der freilich sonst richtiger yrion [VI, 28] bzw. orion [VII, 3] heißt). Diese

Identifikationen ergeben sich aus dem Tcxtvergleich mit den alten griechi¬

schen Kaiendarien. Ein Stern (iares; II, 1 — Abenduntergang) ist dort nicht vertreten und kann daher nicht erklärt werden.

(10)

Zur Tradition der „Unwettersterne" 117

Erhaltungszustand vorlägen. Die Geschichte des Kattowitzer Kalen¬

dariums bedarf also für sich weiterer Nachforschungen, wozu die Auffin¬

dung neuer Textzeugen eine der wichtigsten Voraussetzungen wäre. Mit

unserem ,, Unwetterkalendarium" des oben beschriebenen Typs hat es

jedenfalls nichts zu tun.

*

Mit dieser VeröfFentlichung soll nicht nur der ueuentdeckte westlich¬

lateinische Zweig der Tradition der Unwettersterne bekannt gemacht

werden. Es verbindet sieh damit vielmehr, wie bereits oben ausgespro¬

chen, auch der Zweck, die Aufmerksamkeit von Orientalisten, falls sie

sich mit einschlägigen Handschriften befassen, auf diesen Text hinzu¬

lenken, in der Hoffnung, daß so einmal durch glücklichen Zufall das

unscheinbare kleine versprengte Textstück in einer arabischen Quelle

aufgefunden wird. Damit wäre der Traditionskette dann ein weiteres,

und sehr wichtiges, Glied hinzugefügt, das freilich, wie zu vermuten ist,

für sich auch noch nicht den letzten Ausgangspunkt der gesamten Über¬

lieferung darstellt, die letztlich in hellenistisch-antike Zusammenhänge hinabreichen dürfte.

(11)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie

/«)/ I im Osmanischen Reich (Ende 16. Jahrhundert)

-t-

Von Klaus Röheboen, Gießen

1. Die Organisation der Finanzbürokratie

Die osmanische Finanzverwaltung im 16. und 17. Jahrhundert ist

deutlich in 2 Abteilungen geschieden: (1.) Beamte, die für die Steuer-

Fonds zuständig sind, die als Pfründen {hmar, zeamet, has) vergeben

werden. An ihrer Spitze steht der Defter emini. An Bedeutung treten

diese Pfründen-Vorsteher {timar defterdari) deutlich zurück' hinter

(2.) den Fiskus-Vorstehern {mal defterdari, hazine defterdari), verant¬

wortlich für das Einheben der Steuern von den Krongütern {has) und den

Regaheu^ des Sultans und für die Entlohnung der Sold-Empfänger in

Heer und Verwaltung. Nur diese Fiskus-Vorsteher sind Gegenstand

unserer Studie.

a) Fiskus-Vorsteher am Hof. Für das 15. und das frühe 16. Jahr¬

hundert ist nicht klar, wieviel Fiskus-Vorsteher {defterdär) es am Hof

gibt. Nach dem Historiker ÄlI gibt os um 930/1523—1524 nur einen

Fiskus-Vorsteher am Hof^. Schon 932/1526 erwähnt eiu anderer Chronist*

aber 2 Fiskus-Vorsteher, ab 1526 oder 946/1539 werden es 3^, von

' Vgl. für die Zweiteilimg der Finanzverwaltung : Fekete — Käldy-Nag y

754. Bei Ayn-i Ali (12aff.) sind die Pfründen der Provinz-Pfründen-Vor¬

steher nur halb so groß wic dio Pfründen der Fiskus-Vorsteher.

2 Kopfsteuer {cizye) der Christen, Bergwerke, Ölquellen, Salinen, Reis¬

felder, Fischerei, Seiden-Herstellung, Ersatz-Geld {bedel) für Fronden {avariz).

3 Kunh 116a. Ein zweiter Fiskus-Vorsteher, so heißt es dort, war in Aleppo (vom Hof dorthin versetzt ?).

^ ]VIatbak(?i 100b: Der Defterdär Mahmud ^^elebi bleibt am Hof, während der „Defterdär von Rumelien" mit dem Großvesir nach Ungarn zieht.

5 Das Jahr 1526 ist naoh Dilger 22 gegeben, der nur europäische Quellen

benutzt hat. In türkischen Quellen haben wir den ersten sicheren Hinweis

auf die Existenz von 3 Fiskus-Vorstehern am Hof in Anon. Esat 3363. Auf

fol. 23 a/b finden wir dort die Sitzordnung bei dem Boschneidungs-Fest für

die Prinzen im Jahr 946/1539. Bei dem Essen für die weltlichen Beamten

sitzen auf der hnken Seite an erster Stelle 3 Fi.skus-Vorstoher : hizane-i amire defterdari, ikinci defterdär, üfüncü defterdär. Viel weiter hinten in der Rang¬

folge sitzen bei diesem Essen: Rumiii kethüdasi, Rumiii defterdari, Anadolu kethüdasi, Anadolu defterdari. Hier werden also die Defterdars zusammen mit den Kethüdas erwähnt. Es sind also Provinz-Pfründen-Vorsteher {timar defter-

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