Zur Chronologie der sogenannten — ^
„Ersten Zwischenzeit"
Von Hans Goedioke, Baltimore
,,Das Land dreht sich wie eine Töpferscheibe" — wer denkt nicht an
diesen bekannten und viel zitierten Satz aus den Klagen des weisen
'Ipw-wr", wenn vom Ende des Alten Reiches gesprochen wird? Die
düsteren Bilder, die 'Ipw-wr vor dem Pharao aufzeichnet, haben die
Vorstellung über das Ende des Alten Reiches, d. h. der Periode nach
der VI. Djmastie, weitgehend geprägt. Es ist allgemein akzeptierte An¬
.sicht, „daß das Land jener Zeit die schwersten Erschütterungen durch¬
lebte und mehr denn emmal völliger Anarchie preisgegeben war. Es
war das nicht anders möglich m emer Periode, in der die Autorität des
Königs zeitweise ganz ausgeschaltet war, in der endlose Bürgerkriege
das Land spalteten und zerrissen"^.
Es ist sicher sehr verlockend, die „Admonitions" als Zeitschilderung
zu werten, umsomehr als Inschriften dieser Zeit äußerst selten sind.
Gerade wegen der einseitigen Dokumentation müssen gewichtige Ein¬
wände gegen eine derartige Auswertung der ,, Admonitions" vorgebracht
werden. Sicherlich besitzt dieser Text einen historischen Kem^, doch
darf nicht übersehen werden, daß er vor allem ein Literaturwerk ist.
Daß in einem solchen kaum eine ,, objektive" Berichterstattung über
zeitgenössische Ereignisse erwartet werden kann, versteht sich von selbst.
Sind die ,, Admonitions" erst einmal als „Literaturwerk" erkannt, so
ergibt sich daraus, daß eine derartige literarische Komposition von
Haus aus mit einer im spezifischen Falle wegen des fragmentarischen
Erhaltungszustandes nicht weiter faßbaren Tendenz versehen gewesen
sein muß. Somit sind die „Admonitions" als Vertreter der ,, Politischen
Tendenzschrift" anzusprechen, einem literarischen Genre, das gerade
in der fraghchen Zeit zur Ausbildung kommt^ und das ferner durch die
neu gefundene „Erzählung von König Neferkare' vmd dem General"*,
1 Junkek-Delapoete, Völker des antiken Orients 76 f.
2 S. Hermann, Untersuchungen zm Überlieferungsgestalt Mittelägyp-
tisoher Literaturwerke 17 ff.
ä PosENEE, Littöratme et politique dans l'Egypte de la Xlle dynastie,
Paris 1956; S. Heemann, op. cit.
* Poseneb, Le conte doNeferkareet du general Sisene, EdE 11 (1957) 119£E.
16 ZDMG 112/2
der „Lekre des Königs Merikare*", der „Lehre des Königs Amenemhet"
und den „Weissagungen des Neferti" vertreten ist, wozu vermutlich
noch die ,, Klagen des Bauern" und der ,, Lebensmüde" zu zählen sind.
Alle diese Texte spiegeln die Zeit, in der sie entstanden, bzw. die, über
die sie aussagen, aber diese Aussage ist immer tendenziös. Damit aber
ist der Wert der ,, Admonitions" als Geschichtsquelle äußerst gering und
Ed. Meyee^ ist grundsätzlich zu folgen, wenn er bei der Untersuchung
der Endphase des Alten Reiches die ,, Admonitions" nicht heranzieht,
wenngleich auch er von deren Inhalt beeinflußt ist.
Die zeitgenössischen Quellen am Ende des Alten Reiches fließen
äußerst spärlich, insbesondere für die Zeit vor der kriegerischen Aus¬
einandersetzung zwischen den Thebanern der XI. Dynastie und den
Königen der X. Dynastie von Herakleopolis. Trotzdem geht es nicht an,
aus diesem Schweigen irgendwelche Schlüsse über die damaligen Zu¬
stände ex silentio zu ziehen; es sind in diesem Fall, wie auch sonst oft,
die Wechselfälle des Zufalls verantwortlich zu machen. Erst die Auf¬
findung der Friedhöfe jener Zeit, wo die Könige mit ihrem Hofstaat
begraben liegen, d. h. jener Kreis, in dem das eigentlich „politische"
Leben vor sich ging, kann unsere lückenhafte Materialkenntnis ver¬
bessern und damit zu einem Verständnis der betroffenen Periode führen.
Man denke zum Vergleich an die späteren Könige der XX. oder der
XXI. Djmastie, über deren Existenz wir ohne ihre Gräber kaum etwas
wüßten^.
Wegen des Mangels an zeitgenössischen Dokumenten sind die Angaben
der späteren Historiographen die wichtigste, wenn nicht die ausschheß-
hche Quelle für die Geschichte des ausgehenden Alten Reiches. Grund¬
sätzlich stehen uns drei derartige Hilfsmittel zur Verfügung :
1. der Turiner Königspapyrus
2. die abydenische Königsliste von Sethos Lund die davon abhängige
von Ramses II.
3. Manetho's Angaben.
Manetho, immer noch das Rückgrat unserer Gliederung des ägj^-
tischen Geschichtsablaufes, führt für die Periode vom Alten zum Mitt¬
leren Reich 6 Herrschergruppen, sog. Djmastien, an, die von ihm als
VI. bis XI. Dynastie gezählt werden. Darin sind auch die beiden Ab¬
grenzungen der Epoche eingeschlossen, die auf der einen Seite von
der VI. auf der anderen dmch die XI. Djmastie gebildet wird. In den
letzten 30 Jahren hat sich für diese Periode die Bezeichnung ,, Erste
5 Meyeb, Geschichte des Altertums I, 2 § 267.
^ Man denke dabei nm an die Bereicherung unserer Kenntnisse über
die XXI. Dynastie dmch die Auffindung der Königsgräber in Tanis.
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwisohenzeit" 241
Zwischenzeit" eingebürgert, nachdem bereits Ed. Meyeb rmd Junkeb
von einer ,, Übergangszeit"'' sprachen.
Eine Unterteilung in der geschaffenen Einheit läßt sich nach den
Residenzen der verschiedenen Dynastien durchführen, u. zw.
1. die Memphiten, d. h. die in Memphis residierenden Könige
2. die Herakleopoliten
3. die Thebaner (die eigentlich in Erment zu Hause sind).
Bei Manetho entsprechen den letzteren die XL, den Herakleopoliten
die IX. und X. Dynastie, wobei die Unterscheidung zwischen den
beiden Heraldeopolitendynastien in deren politischem Machtbereich
besteht, der im einen Fall ganz Ägypten umfaßt, im anderen aber mit
der aufstrebenden XI. Dynastie geteilt wird. Die Memphiten, d. h. die
Herrscher, bzw. Herrschergruppen, die die Residenz ihrer Vorgänger
beibehalten, finden wir bei Manetho auf die Dynastien VI bis VIII ver¬
teüt. Es sind diese memphitischen Herrschergruppen, die durch die
gleiche Residenz und die damit verbundene Fortführung der Traditionen
der Könige des Alten Reiches eine Einheit bilden, die uns im Folgenden
beschäftigen sollen. Unsere Aufgabe wird sich dabei darauf beschränken,
die von Manetho verwendeten Unterteilungen bei den memphitischen
Herrschem zu erhärten, bzw. die von dem griechischen Chronisten ge¬
nannten Herrschergruppen, die sogenannten Dynastien, in den älteren
ägyptischen Quellen abzugrenzen.
Über die VIII. Dynastie, die an den Anfang gestellt werden soll,
herrscht keine Übereinstimmung in der griechischen Tradition. Africanus
spricht von 27 Königen, Barbarus von 14 und Eusebius von 5 Königen.
Ed. Meyeb* versuchte daraus eine Zahlenangabe von 18 Königen zu
rekonstruieren, worin ihm aber außer Schaeff^ kaum einer der neueren
Historiker folgte. Grund dafür war vor allem die von SetheI" unter
dem Eindruck der Inschriftenfunde von Koptus postulierte „Koptus-
dynastie", wodurch die Möghchkeit eines in Memphis residierenden
Herrscherhauses in den Schatten gestellt wurde. Manetho's Angabe
über die memphitische Heimat der VIII. Dynastie wurde die Glaub¬
würdigkeit abgesprochen, bis vor einigen Jahren die Hypothese einer
koptischen Lokaldynastie zusammenbrach. Es war vor allem Hayes^^,
der die memphitische Residenz der in den Koptusinschriften genannten
Könige herausstellte. Auch die Hypothese einer abydenischen Loka-
' Meyeb, Geschichte des Altertums I, 2 § 268; Junker, op. cit. 75fi. Von
wem der mm allgemein gebräuchliche Ausdruck „Erste Zwischenzeit" stammt, konnte ich leider nicht feststellen, doch taucht er bereits 1934 in England auf.
8 Ed. Meyeb, Ägyptisehe Chronologie 166f.
» ScHABFF-MoOBXGAT, Ägypten imd Vorderasien im Altertum 61.
10 Sethe, Göttmger Gel.Anz. 1912, 719. " JEA 32 (1946) 21fr.
16»
dynastie^^ erwies sich genausowenig stichhaltig wie die einer Koptus-
dynastie^^. Wenngleich die dabei betroffenen Könige vornehndich in
Oberägypten nachgewiesen sind, lassen sie sich deswegen keineswegs
als oberägyptische Lokaldynasten ansprechen. Diese Namensnennungen
stammen von Königen, die, wie ihre Vorgänger im ganzen Alten Reich,
in Memphis residierten. Dadurch aber gewinnt Manetho's Angabe erneut
an Gewicht. Außer einer Summe der Könige, imd für diese verschiedene
Zahlen, erfahren wir aus den Manethonischen Epitomen nichts über
die VIII. Djmastie.
Läßt sich dieses Wenige mit ägyptischen Quellen in Einklang bringen
und wie ? Das längste Verzeichnis von Namen besitzen wir in der Ahnen¬
liste von Sethos I. in seinem Tempel in Abydos, welche auch von seinem
Sohn und Nachfolger Ramses IL, wenngleich in etwas geänderter
Gestalt, kopiert wurde. Beide Listen übergehen die zwei Heraldeopoliten¬
dynastien (IX. — X.), führen aber andererseits die Aufzählung der
VI. Dynastie in einer Ausführlichkeit fort, wie sie uns sonst nicht zur
Verfügung steht. Unter den letzten Königen vor Nb-hpt-R', der ersten
zur XI. Dynatie gehörigen Eintragung (Nr. 57), finden wir als 55. König
den Namen Nfr-ksw-Hr, den wir bestens aus den in Koptus gefundenen
Königserlässen kennen"^*. Dieser Herrscher gehört zweifelsohne der
VIII. Dynastie an^^, womit wir eine Verbindung zwischen Manetho und
der Abydosliste erstellt haben.
Zwei Plätze höher, an 53. Stelle, findet sich der Name ^0 ^ jy^i J>
gleichfalls durch zeitgenössische Inschriften nachgewiesen ist. Es ist dies
der zweite Name eines Königs, der daneben auch 'Ibj genannt ist und
dessen Pyramide in Saqqara gefunden wurde^*. Damit ist aber nicht
nur die Zugehörigkeit dieses Königs zur VIII. Dynastie erstellt, sondern
gleichzeitig auch eine Verbindung zum Turiner KönigspapjTus geschaffen,
wo wir den Namen 'Ib{j) in dem zur Kolumne IV gehörigen Fragment 43
erhalten haben. Die Placierung dieses Fragmentes ist durch papyro¬
logische Kriterien nicht gesichert. FaeinaI' stellte es direkt vor die
abschließende Summierung vor der IX. Dynastie in TV, 14. In seiner
Neubearbeitung geht Gaedinee^* von dieser Anordnung ab und be-
12 Stock, Die Erste Zwischenzeit Ägj'ptens 32ff.
" Siehe dazu Poseneu, BiOr 8 (1951) 167 f.
" Urk. I 295ff.; vgl. dazu Hayes, loc. cit. 5f.
» Siehe Hayes, loc. cit. 19ff.; Posenek, loo. cit. 166ff.
1« JÄQUIEB, La Pyramide d'Aba, Le Caire 1935.
1' Famna, II papiro dei re restamato 3 Iff.
1' Gardiner, The Royal Canon of Turin p. 16. Diese Anordnung bereits
bei Meyer, Nachträge zur ägyptischen Chronologie (Abh. d. kgl. Preuß.
Akad. d. Wiss. 1907) 23.
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwischenzeit" 243
gründet seinen Schritt damit, daß sowohl die Fasern des Papyrus als
auch die Zeilenanordnung gegen Fahina's Placierung sprechen, sowie
"on historical grounds Nitocris ought, we think, to come in the second
place after Phiops II, whose position in IV, 5 is fixed by the high regnal
year 90 + x". Dieses "second place after Phiops II" bringt Nitokris an den 7. Platz in der IV. Kolumne^».
Durch diese Anordnung kommt der auf demselben Fragment genannte
'Ibj in die 10. Zeile zu stehen, in der auch eine Angabe über eine Re¬
gierungsdauer von 2 Jahren, 1 Monat und 1 Tag erhalten ist. Nach der
Festlegung von 'Ibj in IV, 10 bleibt bis zur Aufsummierung in IV, 14
Platz für drei Eintragungen, was mit den Angaben der Abydosliste
übereinstimmt, wo nach Ks-h-r'-'Ibj (Nr. 53) drei weitere Könige, näm¬
lich Nfr-k!w-r\ Nfr-hw-hr und Nfr-ir-ks-r' genannt werden. Eine der¬
artige Verbindung der beiden Quellen unterstreicht nicht nur die Ein¬
heitlichkeit der Tradition, sondern gibt uns auch Anhaltspunkte für
die Regierungszeiten der letzten in Memphis residierenden Könige in die
Hand. Nach den Angaben des Turiner Papyrus betrug sie bei 'Ibj 2, bei
Nfr-ksw-r' 4, bei Nfr-ksw-hr 2 und bei Nfr-ir-ks-r^ 1 Jahr. Diese Daten
lassen sich wohl nicht weiter bestätigen, stehen aber auch in keinem
Widerspruch mit den wenigen erhaltenen zeitgenössischen Angaben;
unter diesen haben wir ein 1. Jahr für Nfr-ksw-hr belegt^", was sich mit
den im Turiner Papyrus genannten zwei Jahren gut vereinen läßt. Ein
weiteres in Koptus gefundenes königliches Edikt nennt ein 4. Jahr^^.
Von dem dekretierenden König kennen wir nur einen Teil des Horus¬
namens, der von Hayes^^ recht überzeugend zu H'-bsw ergänzt wurde.
Da nach den Einzelheiten des Erlasses dieser vor der Regierung von
Nfr-hw-hr angesetzt werden muß^^, andererseits aber kaum ein größerer
zeithcher Abstand von diesem angenommen werden kann, scheint eine
Identifizierung von Horus H'-bsw mit dem König Nfr-ksw-r' wenn schon
nicht naheliegend, so zumindest wahrscheinlich, eine Zusammenstellung,
wie sie auch Hayes vorgeschlagen hat^*. Auch hier besteht Überein-
" Es ist wohl nur ein Versehen, daß in Tafel II von Gaedinee's Publi¬
kation Nitokris in IV, 8 angegeben ist, was im Gegensatz zu Gaediner's
Anmerkung stebt.
2» „Jahr der Vereinigung der beiden Länder" Urk. I 299, 18.
21 Koptus h = Hayes, JEA 32 (1946) Ulf., pl. III A.
22 Hayes, loc. cit. 12f.
2" Adressat des Erlasses ist ein gewisser Smsj, den wir auch aus den
Dekreten des Nfr-ksw-hr kennen. Er führt bereits in dieser Inschrift den
Titel eines Ümj-r Sm' „Vorstehers von Oberägypten", in welchem Rang er
von Nfr-kiw-hr bestätigt wird (Koptus i).
2* Hayes, loc. cit. 20f. und JEA 34 (1948) 115f. Darüber hiaaus nimmt
Haybs für diesen König einen Thronnamen Wid-ki-r', was er aus einer
Stimmung mit den aus dem Turiner Königspapyrus ermittelten Angaben,
wo für Nfr-ksw-r' 4 Jahre und 2 Monate angegeben sind.
Somit läßt sich eine Gruppe von vier Herrschern sowohl in der
Abydoshste wie im Turiner Königspapyrus ausgliedern, die mit der
VIII. Dynastie von Manetho identifiziert werden kann. Stellen wir nun
dazu die Überlieferung bei Eusebius von den fünf Herrschern der
VIII. Dynastie, bzw. 14 bei Barbarus, so gewinnt auch die griechische
Quelle an Bedeutung.
In der Abydosliste findet sich vor der genannten Vierergruppe
(Nr. 53—56) eine deutliche Trennung, so daß in dieser Aufstellung die
Dynastengruppe über den erstellten Rahmen nicht hinausreichen kann.
Anders im Turiner Papyrus, der auch sonst der manethonischen Über¬
lieferung näher als die Abydosliste steht und von dem griechischen
Historiker in der vorliegenden oder einer ähnlichen Form benutzt
worden war. Dort findet sich in der Zeüe vor 'Ibj, i. e. IV, 9, eine Ein¬
tragung Q^^^J,wieGAEDiNEEjetztdenfrüher (^J^^ [^J gelesenen
Namen umschreibt, nachdem er auch eine Lesung erwogen
hatte^^. Zu diesem gibt es in der Abydosliste kein Gegenstück; anderer¬
seits ist die Eintragung von IV, 8 in der Abydosliste auch nachweisbar
und gehört dem letzten König einer anderen Herrschergruppe, wie noch
gezeigt werden soll. Damit hätten wir im Turiner Königspapyrus einen
fünften Namen herausgelöst, der der VIII. Dynastie zugerechnet werden
kann, womit eine Übereinstimmung zwischen der griechischen (Eusebius)
und ägyptischen Tradition hergestellt wäre.
Viel schwieriger ist die Lesung, bzw. Erklärung des eigenartig an¬
mutenden Namens Q '^^^-^J' Nicht nur, daß wir einen
solchen König in den Inschriften rücht nachweisen können, ist es auch
fraglich, ob eine solche Namensform Nfr für einen König überhaupt
möglich war. Darüber hinaus bleibt zusätzlich die Frage, wie das in der
Kartusche gelesene ,^-Zeichen aufzufassen wäre. Diese Momente lassen
Zweifel an dieser Eintragung im Turiner Königspapyrus aufkommen.
Dies umsomehr in Hinblick auf den Zusatz ^ nach der Kartusche in
der vorangehenden Zeile (IV, 8), da diese Hieroglyphe u. a. auch als nfr
gelesen wird^*. Dadmch besteht die Möglichkeit, daß der Zusatz in
Nennung dieses Namens in dem Erlaß des Horus Dmd-ih-tiwj ableitet
(Urk. I 306, 13), doch gehört dieser Erlaß bereits in die IX. Dynastie, wohin auch Wid-ks-r' zu datieren ist.
25 Siehe JEA 29 (1943) 52.
28 Wb. II 258; zu der Bezeichnung vgl. Fischee, OMRO 41 (1961) Iff.
Zur Chronologie der sogenaimten „Ersten Zwischenzeit" 245
sukzessiver Umformung zu einer selbständigen Eintragung in der
Königsliste wurde, ohne daß für einen derartigen König Nfr eine
historische Basis existierte. Damit aber kommen wir erneut zu vier
Herrschern für die VIII. Dynastie, die nach Ausweis des Turiner Königs¬
papyrus 9 Jahre regierten.
Haben wir somit auf der einen Seite die manethonische VIII. Dynastie
herausgelöst, so ist der nächste Schritt, die Herrscherliste der VI. Dy¬
nastie abzugrenzen. Manetho, nach der Überlieferung des Africanus,
nennt dafür sechs Könige, die auch namentlich aufgezählt werden,
wobei als letzter Name NiTtüxpt? steht. Die Identifizierung der bei
Manetho genannten Namen mit denen der Abydoshste bereitet keine
Schwierigkeiten, Zwischen Teti ('OS^oy];) und Pepi I. (Oto?) fehlt der
in der Abydosliste an 35. Stelle genannte Wsr-ks-r\ der im Turiner
Königspapyrus vermutlich in IV, 2 genannt war — jedoch ohne Re¬
gierungsangabe. Die Existenz dieses Herrschers ist durch zwei zeit¬
genössische Inschriften bestätigt^', so daß die an der Historizität von
WsT-h-r"- mehrfach geäußerten Zweifel unbegründet sind.
Am Ende der manethonischen Aufzählung der VI. Dynastie steht die
bekannte Nixwxpt?, die in allen Versionen der Überlieferung besonders
hervorgehoben wird. Trotz dieser Betonung der ,, Königin Nitokris" bei
Manetho ist deren Geschichthclikeit keineswegs so sicher, wie allgemein
angenommen wird. Wohl finden wir diese NiTcoxpi? als Nt-ikrt im Turiner
Königspapyrus, von wo vermutlich auch Manetho's Angabe stammt.
Dieses Nt-ikrt, wörtlich „treffliche Neith", ist formal wie inhaltlich klar
als Frauenbezeichnung zu erkennen. Nun sind aber im Turiner Königs¬
papyrus vor dem Namen die Reste des Königstitels erhalten,
der eine grundsätzhch männliche Qualifikation ist^'^. Daraus ergeben
sich a priori Zweifel an der Richtigkeit der Eintragung im Turiner
Königspapyrus. Stellen wir dazu die Abydoshste, die in ihren Angaben
die beste ist, so finden wir dort als 7. Nennung in der VI. Djmastie einen
König ^©"^LjJ- Die Ähnlichkeit im vermuthchen Lautbild vonNtr-h-r'- und Nt-ikrt ist so auffälhg, daß es schwer fällt, an einen Zufall zu denken.
Die eine wurde von Montet in Tanis gefunden (Douze annöes de fouilles
fig. 3) die unvollständige Kartusche ^0 1^ aber von ihm in Nj-wsr-r' ergänzt.
2'a Insbesondere bei Hatschepsut, dem einzig historisch gesicherten Fall
emer das Königtum ausübenden Frau, zeigt sich die Unvereinbarkeit des
Königstitels s:*!^ mit einem Frauennamen. Hatschepsut, die ganz als
^
König regierte, nennt sich nirgends *nswt-bjtj Hst-spswt; in Verbindung mit
dem Titel nswt-bjtj findet sich nur der Thronname Ki-mi't-r', nicht aber
ihr eigentlich weiblicher Name Hatschepsut.
Dazu kommt noch, daß der König Ntr-ks-r' durch eine zeitgenössische
Inschrift nachgewiesen ist^^, während ein Königsname Nt-ikrt nicht
vorkommt. Wohl kennen wir eine Königin Nt als Gattin von Pepi II.
in dessen späteren Jahren^*. Sie ist aber sicherlich nicht als König auf
den Thron gekommen, wie sich dies aus einem Königsdekret über ihren
Totenkult ergibt, das von einem Nachfolger von Pepi II. — sein Name
ist leider nicht feststellbar — erlassen wurde^". Darin wird Nt als
,, Königsmutter" bezeichnet und war zum Zeitpunkt des Erlasses ver¬
storben. Es besteht also weder Veranlassung noch Berechtigung, eine
direkte Verbindung zwischen der Königin Nt, der Gemahlin von Pepi IL,
und dem König Ntr-ki-r' zu suchen. So hat es den Anschein, daß vor
allem die lautliche Ähnlichkeit die Brücke zwischen Ntr-h-r'^ und
Nt-ikrt- NtTwxpii; bildet, eine Herrscherin dieses Namens aber nie auf
Ägyptens Thron saß, wie Manetho, vermutlich gestützt auf den Turiner
Königspapyrus, vorgibt.
Der manethonischen VI. Dynastie entsprechen somit die ersten
7 Könige der IV. Kolumne des Turiner Königspapyrus, bzw. die
Nennungen 34—40 der Abydosliste. Von diesen sieben Herrschern
lassen sich alle bis auf Mrnr' II.-'ntj-m-zs .f durch gleichzeitige In¬
schriften bestätigen; einen 'ntj-m-zs.f aber kennen wir als zs-nswt smsw
aus der späten Regierung von Pepi 11.^^ und es besteht kein Anlaß, an
der Identität dieses „Ältesten Königssohnes" mit dem König Mrnr' II.-
'ntj-m-zs.f zu zweifeln.
Wie bei der VIII. Dynastie besteht auch bei der VI. Dynastie grund¬
sätzliche Übereinstimmung zwischen den drei Quellen. Danach sind in
der VI. Dynastie 7 Könige anzunehmen, darunter der mit Pepi I. ver¬
mutlich gleichzeitige Wsr-ki-r', der bei Manetho übergangen ist. Die
Regierungszeiten dieser Herrscher sind fast alle im Turiner Königs¬
papyrus erhalten, wenngleich an deren Genauigkeit Zweifel nicht ganz
unberechtigt erscheinen, auch wenn diese nicht weiter erhärtbar sind^^.
28 Es handelt sich dabei um ein Kupfergerät, das in Saqqara gefunden
sein soll.
2' Vgl. dazu J^iQTOEB, Les femmes de Pepi II, Studies presented to
Griffith 9 ff.
ä° Urk. I 307; JÄQmEE, Les pyramides des reines Neit et Apouit 5, fig. 2.
Jeqoteb, op. eit. 55, fig. 32. Daneben kommt der Name aueh in dem
von Pepi II. für die Pyramide des Mykerinos erlassenen Dekret als Adressat vor, wo er Urk. I 277, 11 zu verbessem ist.
ä2 Dies gilt vor allem für die Regienmgszahl von über 90 Jahren für
Pepi IL, die sich bei Manetho wie auch im Tminer Königspapyrus findet,
während das höchste inscbriftlich nachgewiesene Datum
(JÄQUiEB, La Pyramide d'Oudjebten 18, fig. 17).
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwischenzeit" 247
In seiner Einteilung der ägyptischen Herrscher läßt Manetho auf die
VI. eine VII. Djniastie folgen, die er gleichfalls nach Memphis verweist.
In der Überlieferung bei Africanus wird von 70 Königen in 70 Tagen
gesprochen, während bei Eusebius 5 Könige mit 75 Tagen genannt
werden. Wegen der Unwahrscheinlichkeit einer derartigen Situation
wurde vor allem von Ed. MEYEE^^a und ihm folgend von fast allen
Historikern die Existenz einer VII. Dynastie grundsätzlich negiert und
die aus Manetho überlieferten Angaben „als Ausdruck des Bedürfnisses
angesehen, auch Umsturzmonate dynastisch zu betrachten. Kein König
konnte wohl bei der damaligen chaotischen Unruhe längere Zeit Au¬
torität für sich gewinnen"33. Daß diese Beurteilung weitgehend von den
düsteren Bildern des 'Ipw-wr beeinflußt ist, bedarf keiner weiteren Aus¬
führungen. Wie aber schon eingangs betont wurde, sind die ,, Admoni¬
tions" in erster Linie ein Literaturwerk, dessen historischer Kern nur
dann ausgewertet werden könnte, wenn sich eine auch nur einigermaßen
sichere Datierung erstellen ließe. Solange diese fehlt, bleibt der Text
für uns ausschließlich ein Literaturwerk, aus dem weder direkte noch
indirekte historische Schlüsse gezogen werden können. Wenngleich
Africanus bei seiner Überlieferung des Manetho im Allgemeinen verlä߬
lich ist, so kann bei der Angabe über die 70 Könige nur ein Überlieferungs¬
fehler vorliegen^*. Somit können wir uns unbeschwert von der grie¬
chischen Überlieferung den ägyptischen QueUen zuwenden. Es ist vor
allem die Abydoshste, wo wir zwischen den 7 Königen der VI. tmd
den 4 der VIII. Dynastie 12 Eintragungen (von Nr. 41—52) finden,
die grundsätzlich mit der von Manetho als VII. Dynastie bezeichneten
Herrschergruppe zusammenzubringen sind.
Bei den 12 Eintragungen fällt auf den ersten Blick auf, daß in sechs
Fällen die Kartusche nicht einen, sondern zwei Namen enthält, von
denen der zweite jeweils als „nicht-ägyptisch" angesprochen werden
kann. Daneben haben wir 6 Kartuschen, die nur einen Namen gut
ägyptischer Form enthalten. Es sind dies Mn-ks-r'- (Nr. 41), Nfr-ks-r" II.
(Nr. 42), Mr-n-hr (Nr. 46), Snfr-ks (Nr. 47), Nj-ks-r^ (Nr. 48), Nfr-ks-hr
(Nr. 50). Die Namensbildungen sind sehr uneinheithch, wobei besonders
die wiederholte Auslassung von Re' auffällt. Daraus irgendwelche
Schlüsse zu ziehen, ist bei unserer sonstigen Unkenntnis über diese Zeit
gefährlich und daher besser zu lassen.
Die Ablehnung, die die VII. Dynastie bei den Historikern fand,
entsprang einerseits einer wörtlichen Interpretation der durch Africanus
Ägyptische Chronologie 171; Gescbichte des Altertums I, 2 § 267.
33 Stock, Die Erste Zwischenzeit Ägyptens 28.
3< So auch Helck, Untersuchungen zu Manetho imd den ägyptischen
Königslisten (Unters. 18) 32.
überlieferten Angabe des Manetho, andererseits aber auch aus der Un¬
möglichkeit, die Namensangaben der Abydosliste durch zeitgenössische
Inschriften zu bestätigen. Nim lassen sich jetzt Nj-ki-r'- (Nr. 48) und
Snfr-ki (Nr. 47) durch zeitgenössische Inschriften aus Saqqara nach-
weisen^*. Die zweite ist besonders wichtig, da sie die Lesung des Königs¬
namens auf Snfr-ks festlegt und dadurch die angezweifelte Schreibung'*
in der Liste von Ramses II. bestätigt. Die an den Namen geknüpften
Spekulationen über eine Lesung *Nfr-ks-Mnw und den daraus gezogenen
Schlüssen über die Stellung des Min und die oberägyptische Herkunft
des Namensträgers^' brechen damit zusammen.
Von den anderen Namen dieser Reihe wTirde Mn-ks-r"^ von Newberry^^
auf einem stark verwitterten Block in der Grabanlage der Königin Nt
gelesen, welche Namensnennung, wie Helck^* vermutete, zu einer Be¬
zeichnung der Neith als Königsmutter dieses Mn-ks-r"^ in der Art
Xq ^uJiM AI T il 8^^°^* ^^^^^ "^^^^
Auch der an zweiter Stelle (Nr. 42) genannte Nfr-ki-r" II. läßt sich
zeitgenössisch nachweisen. Ein König dieses Namens wird auf der
Stele einer Königsmutter '^nh.s-n-Ppj genannt, deren Bruchstücke in
einem Magazinraum der Königin 'Ipwt gefunden wurden*". Von seinem
gleichnamigen Vorgänger (möglicherweise auch Vater) unterscheidet
sich dieser Nfr-ks-r' dadurch, daß seine Pyramidenanlage Dd-'nh, die
von Pepi II. aber Mn-'nh heißt. Von den 6 Einzelnamen lassen sich somit
vier durch gleichzeitige Inschriften bestätigen und nur die beiden mit
Horus zusammengesetzten Namen (Nr. 46 und 50) fehlen.
Während das Fehlen von zwei Namen in einer an sich schlecht doku¬
mentierten Periode nicht weiter auffallen muß, so verdient es doch
hervorgehoben zu werden, daß keiner der 6 „nicht-ägyptischen" Namen
für einen König nachweisbar ist oder damit zusammengesetzte Doppel¬
namen vorkommen. Für die Benennung von Privatpersonen lassen sich
die fraglichen Namen bis auf Hndw am Ende des Alten Reiches nach¬
weisen, wobei sie insbesondere in Achmlm vorkommen*^.
'5 Im ersten FaU handelt es sich um einen Block aus einer Türeinfassung, was auf ein größeres Bauwerk schließen läßt.
36 Sethe, Gött. Gel. Anz. 1912, 719; noch von Haybs, JEA 32 (1946) 23, 1,
Helck, op. cit. 30 aufrecht erhalten.
3' So neben Sethe vor aUem Stock, op. cit. 32, 35.
38 Nbwbebey, Queen Nitocris ofthe Sixth Dynasty, JEA 29 (1943) 51 ff.
39 Helck, op. cit. 30, Anm. 6.
Jequier, Les pyramides des reines Neit et Apouit 52ff., fig. 31.
*i Annais of Archeology and Anthropology, Liverpool, 4 (1912) 102,
104, III. Der häufigste Name ist Smij; aus den Koptusdelcreten kennen
wir einen Vezir und Vorsteher von Oberägypten dieses Namens aus der
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwischenzeit" 249
Den einzigen aus dieser Zeit sonst nicht nachweisbaren Namen,
nämlich Hndw, wollte Feankfoet*^ auf einem Siegelzylinder erkennen,
der im Delta gefunden sein soll, was zu weitreichenden Schlüssen über
eine Invasion von Asiaten in dieser Zeit Anlaß gab. Der fragliche Zylinder
stünde bei einer derartigen Datierung völlig isoliert, während es dazu
gute Parallelen am Ende des Mittleren Reiches, d. h. XIII. bzw. XIV.
Djmastie gibt*^, wo auch das Siegel mit der Nennung des Hndw ein¬
zureihen ist.
Auffällig ist die Bedeutung der 6 Namen, soweit sie erklärbar sind:
Snhsj „der Landfremde"**, Hndw ,,der Zugewanderte" (von hnd „be¬
treten"), Trrw < Trw vielleicht „der Rote" o. ä. von dem gerade in
Elephantine belegten Wort ir*^; 'nw, in der Mittleren Reichs Schreibung
ö V ,, der Umkehrer"**, wohl eine Reinterpretation des älteren
darf nicht übersehen werden, daß Zweifel bestehen, ob der Name Ppj ein
„ägyptisches" Wort ist. Bei dem häufigen Nbj^^ ist eine Erklärung
unsicher, doch haben wir den Namen in Zusammenhängen nachgewiesen,
die deutlich den „nicht-ägyptischen" Charakter beleuchten.
VIII. Dynastie (derselbe Mann vermutlich auch Hier. Pap. Berlin III 8),
sowie etwas früher ein „Großes Oberhaupt von Thuiis", (Davtes, Deir el
Gebrawi II pl. 5) der mit zweitem Namen D'w heißt.
Trotz des nicht besonders ordentlich geformten crzi-Zeichens (vgl. die
Photographie in Capajbt, Memphis 151 fig. 148) kann an der Lesung kein
Zweifel bestehen, wozu nooh die Häufigkeit des Namens kommt. Deshalb
ist eine Erklärung der Zeichen ^^^'^ als „der Gerechte, der Hirte" (Spiegel,
Soziale imd weltanschauliche Reformbewegungen im Alten Ägypten 45)
abzulehnen; vgl. dazu aueh Poseneb, BiOr 8 (1951) 169, note 7.
*2 JEA 13 (1926) 92, fig. 6.
*3 Petbie, Scarabs und Cylinders pl. XX.
** Wb. IV 470.
« Wb. V 386, llff.; Hier. Pap. Berlüi III 10. Die von Ebman (ZÄS 32
(1894) 128) vermutete Identifizierung mit dem am Anfang der Lehre des
Anii genannten ^ [j^*^^ ist zu unsicher, um in eine geschichtliche
Untersuchung aufgenommen zu werden. Vgl. aueh Volten, Studien zum
Weisheitsbuch des Antii 37 f.
^8 Ranke, Personennamen I 62, 9.
" Hier. Pap. Berlin III 6; 16. Die vorliegende Schreibung ist auch in
Saqqara belegt (ASAE 35 (1935) 149); der Namensträger ist eng mit dem
Totenkult von Pepi II. verbunden.
Ranke, Personennamen I 132, 11.
*9 Ranke, Personennamen I 187, 4—5; 192, 21—22. Als Bedeutung des
Namens könnte man an „Schwimmer" denken, was aber nicht befriedigt.
aus Elephantine*' . Bei dem scheinbar , ,ägyptischen' ' Ppj-snb*^
Wenden wir uns nun dem anderen Element der Doppelnamen zu, so
fällt dessen Gleichmäßigkeit auf. In vier von den sechs Fällen ist es
Nfr-ki-r' (Nr. 43, 45, 49, 51), emmal Dd-ki-r' (Nr. 44) und emmal 8nfr-ki (Nr. 52), wie wohl auch hier zu lesen ist. Eine derartige Einfallslosigkeit
bei der Namensgebung ist bei den Ägyptern sonst wirklich nicht an¬
zutreffen. Besonders fällt der ungewöhnliche Name Snfr-ks auf, den wir
hier in engster Nachbarschaft gleich zweimal treffen. Dieser Umstand
läßt fragen, ob diese auffälligen Doppelnamen überhaupt als Bezeichnung
eines Königs anzusehen sind. Wegen der Inkongruenz der Zusammen¬
setzungen, aber auch wegen der auffallenden Wiederholung von Snfr-ks,
möchte ich diese Doppelnamen dahingehend verstehen, daß auf diese
Weise Personen, u. zw. nicht-pharaonischer Stellung^, durch Nennung
des gleichzeitig regierenden ägyptischen Königs chronologisch fest¬
gelegt werden sollen. Mit anderen Worten, 'nw lebte zur Zeit, da Snfr-ki
den Thron innehatte usw.
Zwei Probleme bleiben bei einer derartigen Erklärung bestehen :
1. Die scheinbar willkürliche Einstreuung der Doppelnamen in die Liste
der Könige der VII. Dynastie. Wenngleich es schwerfällt, ohne
genauere Kenntnis der betroffenen Personen einen Grund dafür
anzugeben, so ist eine Erklärung vielleicht darin zu suchen, daß auf
diese Weise die Zeitspannen der betroffenen Personen bezeichnet
werden sollen, wobei die Stellung in der Liste deren Ende, der in der
Kartusche genannte ägyptische Königsname aber deren Anfang
angibt.
2. Die Nennung von Dd-ks-r'-Smsj (Nr. 44) zwischen Nfr-ks-r'-Nbj und
Nfr-ks-r'-Hndw. Das Problem besteht darin, daß Dd-ks-r' als Einzel¬
name in der Liste nicht vorkommt, wodurch der vorhin gegebenen
Erklärung der Doppelnamen widersprochen zu werden scheint. Dieser
scheinbare Widerspruch löst sich einfach durch die Annahme, daß
in der Eintragung Nr. 44 der Abydosliste zwei Elemente zusammen¬
gezogen sind : nämlich eine Einzelnennung von Dd-ks-r' und daneben
eine Doppelkartusche, die *(^0 J( ) ^ J ergänzen wäre. Bei der
Zusammenziehung wäre Nfr-ks-r' ausgefallen, dessen Erwähnung auch
nicht unbedingt notwendig, da durch die vorangehende und darauf
folgende Nennung von Nfr-ks-r' eine Spezifizierung in diesem Sinne
'o Auf die sich aus einer derartigen Ausgliedenmg der sechs Namen und
der durch sie bezeichneten Personen ergebenden Fragen karm hier nicht
weiter eingegangen werden, da durch sio auoh die Entwicklungen nach der
VIII. Dynastie betroffen werden.
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwisohenzeit" 251
bereits gegeben ist, wodurch sich das eigenartige l^^^J
erklärt.
Dieser Schritt bringt zwei Konsequenzen mit sich. Einerseits haben wir
dadurch eine Dreiergruppe von Doppelkartuschen, die alle mit Nfr-h-r'
zusammengesetzt sind und vermutlich mit Nfr-ki-r' — Pepj II. ver¬
bunden gehören. Die beiden späteren Doppelkartuschen mit Nfr-h-r'
(Nr. 49, 51) sind dann entsprechend mit Nfr-ki-r' II. (Abydos Nr. 42)
zusammenzubringen, während sich die letzte Doppeleintragung, wie
gesagt, auf Snfr-ki (Nr. 47) bezieht.
Andererseits folgt aus der obigen Emendierung, daß die Königsliste
der VII. Dynastie einen weiteren Namen enthielt, wodurch sich die
Gesamtzahl der dazugehörigen Könige auf sieben beläuft. Dieses Resultat
ist doch überraschend im Hinblick auf die Angabe bei Africanus, wobei
eine Veränderung von 7 auf 70 als Fehler in der Überlieferung leicht
lösbar erscheint.
Nachdem wir aus der Abydosliste die VII. Dynastie mit sieben
Königen herausgelöst haben und dieses Resultat sich mit der Angabe
bei Manetho durch eine vertretbare Emendierung vereinen läßt, bleibt
noch die Frage, wie sich unsere dritte Quelle, der Turiner Königspapyrus, dazu verhält.
Bei unserer früheren Untersuchung wurden bei der Festlegung der
VI. und VIII. Dynastie alle Namen der IV. Kolumne bis auf einen
bereits zugewiesen. Der verbleibende Name in IV, 8 ist Q \_\ \ ^ J ^ ^
der meist Nfr-ki gelesen und gern in Nfr-h-r' emendiert wird^i. Für ein
Nfr-ki wie auch für ein Nfr-ki-r' ist die Schreibung zumindest ungewöhn¬
lich, da für die Determinierung mit ^ kein direkter Anlaß ersichtlich
ist*2. Vergleichen wir aber Q \ ) I ^ J ^nt den an sich wesentlich aus¬
führlicheren Angaben der Abydoshste für die VII. Dynastie, so finden
wir dort einen König Nfr-h-hr (Nr. 50) als letzten Herrscher der Gruppe.
Mit diesem schiene eine Identifizierung von QLJ 1 ^ J ohne Schwierig¬
keiten möglich, wobei ^ hier allem Anschein nach dem ,, Horus" ent-
=1 Stock, Die Erste Zwischenzeit 29 f.; Helck, Untersuchungen zu
Manetho vmd den ägyptischen Königslisten 30; JEQmEB, Les pyramides des
reines Neit et Apouit 54; Hayes, The Soepter of Egypt I 136; vgl. auch
Dbioton-Vandier, L'Egypte 236.
^2 Die Setzimg des Zeichens ^ innerhalb der Kartuschen im Tmüier
Königspapyrus ist in einer Beihe von Fällen nicht erklärlich ; so in III, 6, 23;
IV 20; V 20; VII 7, 16, 20.
spricht^^". Die Aufzählung von Herrschern der VH. Djmastie im Turiner
Königspapyrus beschränkt sich somit auf den Namen des letzten Ver¬
treters dieser Herrschergruppe.
Vergleichen wir damit die sieben Namen der Abydosliste, so fehlen
im Vergleich damit 6 Nennungen. Die Verbindung von „Auslassung"**
und der Zahlenangabe ,,6" finden wir in der Aufsummierung der
IV. Kolumne anschließend an die VIII. DjTiastie in IV, 15. Dieses
,, Auslassung 6", einst als ,, Interregnum" erklärt**, wurde immer mit
der Anzahl der Jahre in Verbindung gebracht**, was aber nicht angeht.
Der Turiner Königspapjrrus enthält eine KönigsUste und keine Jahres¬
aufzählung, so daß sich eine ,, Auslassung" nur auf die Könige, nicht
aber auf einzelne Jahre beziehen kann ; entsprechend ist die vorliegende Angabe als „Auslassung von 6 (Königen)" zu verstehen. Diese „Lücke" in
der Vorlage des Turiner Papyrus fällt zwischen Nt-ikrt (IV, 7) und
^Jl ) 1.^^ (IV, 8) und entspricht grundsätzlich der VII. Dynastie bis
auf deren letzten König, der wiederum genannt ist. Berücksichtigen wir
diese ,, Auslassung", dann umfaßt die VII. Dynastie im Turiner Königs¬
papyrus genauso 7 Könige wie die Abydosliste und wie sie vermutlich
auch Manetho nannte. Die Regierungszeit dieser Herrschergruppe fest¬
zulegen, fehlen uns die Möglichkeiten, aber auch hier ist vielleicht eher
mit kurzen als mit langen Regierungszeiten zu rechnen, wenngleich dies
nur eine Vermutung sein kann.
Für den ersten Teil der sogenannten „Ersten Zwischenzeit", d. h. so¬
lange Memphis Residenz war, läßt sich die Aufeinanderfolge der Könige
lückenlos festlegen, wodurch ein fester Rahmen für eine weitere historische
Erfassung dieser Periode geschaffen ist. Dabei besteht völlige Überein¬
stimmung zwischen unseren drei Quellen, dem Turiner Königspapyrus,
der Abydosliste und den Epitomen aus Manetho, was nicht nur die
62a \^ie Verhältnis der beiden Namen zueinander ist, läßt sich nicht
mit Sicherheit sagen. Es könnte die Nennung von „Horus" in der Abydosliste auoh aus einer falschen Interpretation des „^.-Zeichens entstanden sein, wie auch umgekehrt, wobei vielleicht der ersten Möglichkeit der Vorzug zu geben ist, wie an anderer Stelle gezeigt werden soU.
Zu Jj\ dfi als technischer Ausdruck für die Bezeichnung von Lücken
^
m der Vorlage des Papyrus, siehe JEA 42 (1956) 50ff. imd Helck, op. oit. 14ff.
6* Vgl. BoRCHABDT, Die Annalen und zeitliehe Festlegung des Alten
Beiches der ägyptisehen Geschichte 44; Hayes, op. cit. 134ff.
55 So auch von Helck, op. cit. 90.
Zur Chronologie der sogenannten „Ersten Zwischenzeit" 253
Übersicht
TURINER KÖNIGSPAPYRUS ABYDOSLISTE MANETHO REKONSTRUIERTE KOXIGSLISTE
I 0 'OM-<i; VI.Dyn.(_»Ii;3 «
2 35 (oi[Pli)| (o-fp^:! *
3 38(0^/111)1 *l6;
(giliDCo^lö *
4 3- (o;^M««)\ ME{>ouao'j9',? (_oV *
5 38 (ottJ') ibieo'J/
(°ailöC°i^) *
n 30 (o,^^S.«:;( M£vi>£CT0U9L^ (o^^^il!:)
7 (r^:qi>*^) 40 Co 1 NLTCiJxptt; (^olu) *
41 (O ^1-^)1 70 KÖNIGE
VII. Dyn.(^Otüü^^
42C°i'^^ Coi^)l *
43 (oi'^Jflll )l
« Cot^=;>f) Cot^)l
4,(0t-^äX)
4fi(3.^— )
Ci^—) 47 C-*- ^>
Cüi^) *
48(otr}i
CoT?^) *
49(oiu'^^;j
8Civf,\)i SoCSvi^'^JI
C^t^^^ ♦
9 ci^E)i C4^Si!5fT>
52 (-H-t'U'^^ ^)
1« (IIJ Ul^ "3(oth'J 2' KÖNIGE
VIII. Dyn. (o'jl'u)!^/] jij) *
11 « (oi^/J (oi>f. }
*
12 -aivj cur/.)
*
13 ÖO (oS^M^ (oJS:^)
*
* zeitgenössisch nachgewiesen
erarbeiteten Ergebnisse stärkt, sondern auch zeigt, daß eine einheitliche
geschichtliche Tradition über die fragliche Periode bestand. Danach
setzte sich die VI. Dynastie aus 7 Herrschern zusammen, wobei Wsr-ks-r'
und Pepj I. gleichzeitig regierten; die VII. Dynastie hatte gleichfalls
7 Herrscher, während zur VIII. Djmastie 5, wahrscheinlicher sogar nur
4 Könige gehörten.
Mit der Erstellung der Königsfolge ist ein Schritt getan. Nach wie
vor problematisch bleibt die Chronologie dieser Periode, wobei die im
Turiner Papyrus (IV, 14—15) genaimten 181 Jahre 6 Monate 3 Tage
der VI. und VIII. Dynastie entsprechen, während 6 Könige der VII. Dy¬
nastie dabei ausgelassen sind. Diese waren einst in einer zweiten Auf¬
summierung berücksichtigt, die aber leider nicht erhalten ist**.
Bis zum Ende der VIII. Dynastie gab es eine lückenlose Kette von
Monarchen, die in Memphis residierten. Daß etliche von ihnen den
Thron nur kurze Zeit innehatten, ist noch lange kein schlüssiger Beweis
in irgendeine Richtung und 'Ipw-wr's Parabel vom Lande, das sich wie
eine Töpferscheibe dreht, muß für uns ein dichterisches Bild bleiben,
solange uns nicht mehr zeitgenössische Urkunden über die herrschenden
Zustände berichten und solange wir nicht in der Lage sind, die Schil¬
derung des 'Ipw-wr einigermaßen chronologisch einzuordnen.
*' Wenn die erhaltenen Spmen (vgl. Gabdiner, The royal canon of Tmin
16 ad IV 15) zu 100 imd nicht zu 200 gehören, wäre die Regierungszeit der
6 ausgelassenen Könige geringer als 20 Jahre.
Der ptolemäische Felsentempel in Elkab
Von Philippe Deechaik, Heusy-Verviers
Im Nordosten der Umfassungsmauer von Elkab befinden sich im
Osten der Nekropole mehrere, seit langer Zeit bekannte Baudenkmäler.
Unter ihnen ist der ptolemäische Felsentempel am wenigsten bearbeitet.
Seine Beschreibung ist am unvoUständigsten, obwohl er für einen so
kleinen Tempel sehr viele Inschriften enthält. Leider sind sie stark
beschädigt. Seit dem Besuch der ersten Archäologen zu Begmn des
19. Jahrhunderts, sind sie sogar teilweise verloren gegangen. Das be¬
deutet, daß die von mir beabsichtigte VeröfFentlichung sowohl auf meiner
eigenen Arbeit in Elkab in den Jahren 1954 und 1956 sowie auf den Auf¬
zeichnungen von Nestoe l'Hote, Hay, Wild und der preußischen
Expedition unter der Leitung von Lepsius beruht.
Trotz des schlechten Erhaltungszustands bin ich der Ansicht, daß die
Tempelreste es verdienen, veröflFentlicht zu werden. Obwohl der Name
der Nechbet mehrmals, vor allem außen, vorkommt, handelt es sich um
einen Empfangstempel für die Göttin, die in der Ferne war.
Hathor scheint sogar in Löwenform verehrt worden zu sein, denn im
hinteren TeU der Kapelle befinden sich noch die Reliefs zweier liegender
Löwengestalten, die an dieser Stelle nur die Gottheit darstellen körmen,
der das HeUigtum geweiht war. Wir haben es also mit einem HeUigtum
der Hathor Tefnut zu tun, deren Kult in Elkab von Jttnkee erschlossen
worden ist^.
Diese Erkenntnis läßt sich verhältmsmäßig leicht gewinnen, während
die dem HeUigtum eigene Theologie sehr vielschichtig ist. Sie stellt ein
örtHches Göttersystem dar, in das die verschiedenen Kulte, die nach¬
einander im Gebiete von Elkab Bedeutung erlangten, verschmolzen sind.
Als letzte nahm Nechbet von dem Tempel Besitz. Die Weihinschriften
an den Außenwänden, die bei der ptolemäischen WiederhersteUung des
Tempels angebracht wurden, sind ihr zugeeignet. Eine genaue Unter¬
suchung der Titelreihe der Nechbet beweist jedoch, daß sie den Tempel
usurpiert hat. Alle ihre Titel smd eigentlich Titel der Hathor, von der
geläufigen Reihe „Auge des Re, Himmelsherrscherin, Herrin der Götter,
die in Bugem wohnt" bis zur vollständigen Assimilierung in der Gestalt
der Nechbet-Hathor, der Herrin des Wüstentales".
1 Junker, Auszug, 86ff.
17 ZDMG 112/2