Die angebliche Ära des Menophris
Von JüEGEN VON Beckebath, Münster
Die Angabe des spätantiken Mathematikers Theon^, nach der im
Jahr 1321 v. Chr.^ eine ,,Ära XTzh Msw(ppz(x>c," begonnen hätte, ist
schon oft besprochen worden. Gab sie doch zu der Hoffnung Anlaß,
daß mit ihrer Hilfe ein astronomisch fixierbares Datum der ägyptischen
Geschichte gewonnen werden könnte, da es sich nach dem Textzu¬
sammenhang nur um das alle 1460 Jahre einmal für vier Jahre statt¬
findende Zusammentreffen (Apokatastasis) des heliakischen Frühauf¬
gangs des Fixsterns Sirius (Hundsstern, ägyptisch Sothis) mit dem
ägyptischen Neujahrstag handeln konnte^. War mit Mev69pii; ein
Pharao gemeint — so wie Theon im gleichen Zusammenhang die Zeit
seit der Einführung des Alexandrinischen Kalenders als ,,Ära des
Augustus" bezeichnet — so ließe sich dessen Regierung damit datieren.
Die Erkenntnis, daß sich die Bewegung dieses Fixsterns gegenüber
derjenigen der Sonne im Lauf der Zeit allmählich verschiebt und sich
folghch überlieferte Sothisaufgänge nicht einfach durch zykhsches
Zurückrechnen von der sicher bezeugten Apokatastasis des 20. Juli 139
n. Chr. aus festlegen lassen*, sondern vielmehr astronomisch errechnet
werden müssen^, bedeutet dabei nur eine zeitlich geringfügige Korrek-
^ Theon lehrte in Alexandria um 380 n. Chr. ; er war der Vater der berühm¬
ten Hypatia. Es handelt sich hior um soine Abhandlung Hepl t^? roü Kuv6i;
c7rtToX?)i; \)iioSeb{\ia.ra. {Theon. Alex, in libros duos Magn. Construct. Comment.).
^ 1605 ägyptische Jahro (= 1604 julianische Jahre woniger 36 Tage)
vor dem Anfang der diokletianischen Ära (284 n.Chr.).
^ Ausführliohe Darstellung der Theorie des ägyptischen Kalenders und
der Sothisaufgänge bei L. Bobchabdt: Die Mittel zur zeitlichen Festlegung von Punkten der ägypt. Geschichte und ihre Anwendung. Kairo 1935, S. 10—35
und E. Hornung : Untersuchungen zur Chronologie und Geschichte des Neuen
Reiches. Wiesbaden 1964, S. 15—23. Die früher maßgebende Darlegung bei
Ed. Meybb: Aegyptische Chronologie. Berhn 1904. (Abh. d. Kgl. Preuß. Ak.
d. Wiss. 1904.) ist veraltet.
* An der zyklischen Rechnung hielten zuletzt nooh Ed. Meybb: Geschichte des Altertums. Bd. 11,1. Stuttgart 1928 und P. Cobnelhis in: AfO 17 (1956), S. 304—5, fest.
' Th. V. Oppolzeb in: Sitzungsber. Wiener Ak. d. Wiss., math.-phys.
Cl. 90.2 (1885); Bobchabdt: Die Anneden und die zeitliche Festlegung des
Alten Reiches der ägypt. Geschichte. Berlin 1917, S. 56—8; O. Neuoebaueb
in: AO 17 (1938), S. 169—95 und JNES 1 (1942), S. 396—403; Hobnung,
1. c. in N. 3.
tur: für das erste der vier Jahre, in denen das Wiedererscheinen der
Sothis auf den ägyptischen Neujahrstag fiel (nur dieses erste Jahr der
Tetraeteris kommt für den Beginn einer tatsächlichen oder fiktiven
Ara in Frage), ergibt sich unter der sehr wahrscheinhchen Annahme von
Memphis (29".9 nördl. Breite) als Ort der Beobachtung* bei einem
Sehungsbogen von 9''.5 das Jahr 1317 v. Chr., bei einem geringeren
Sehungsbogen eines der darauffolgenden Jahre'. Wichtiger ist die
daraus resultierende Feststellung, daß Theons Angabe jedenfaUs unzu-
trefi"end ist: entweder beruht sie auf rein theoretischer Zurückrechnung — dann ist sie geschichtlich wertlos — oder auf einer alten Überlieferung,
deren Berechnung korrigiert werden muß.
Man hat aUgemein das letztere angenommen. Die Schwierigkeit läge
demnach aUein in der Identifizierung des Menophris. Theoretisch wäre
die zuerst von Biot* aufgestellte und in neuerer Zeit von M. B. Row¬
ton* wieder aufgegriffene Vermutung nicht ausgeschlossen, daß es sich
dabei um den Namen der Stadt Memphis, ägyptisch Mn-nfr(w-Ppy) >
Menfe, handeln könnte^". Es gibt jedoch kein sachliches Argument für
eine solche Benennung, so daß diese Hypothese bereits von R. Lep-
sius^i als ganz unwahrscheinhch abgelehnt wurde.
Unter den in Betracht kommenden Königsnamen hat sich die Mehr¬
zahl der Ägyptologen seit Lepsius für Mrj-n-Pth entschieden. Diesen
Namen trug nicht nur der Nachfolger Ramses' IL, sondem er bildete
auch das Epitheton zum s;-Ä'-Namen der beiden Sethos. Sethos I. ist
unter den Genannten der einzige, der chronologisch etwa in die Zeit
der Apokatastasis von 1317 fr. gesetzt werden kann. Seine Gleich¬
setzung mit Menophris wurde zuerst von dem russischen Ägyptologen
V. Steuve vorgeschlagen^^. K. Sethe hat versucht, sie dmch inschrift¬
liche Zeugnisse aus der Regierung dieses Pharao zu untermauern^^.
• Memphis war damals Residenz. Bei Zugrundelegung von Theben (25°.75)
ergäben sieh um etwa 18 Jahre spätere Daten.
' O'.S Sehungsbogen dürfte damals das Maximum gewesen sein; das
Minimum lag etwa bei 8°, was als späteste Möglichkeit das Jahr 1311 ergibt.
' Recherches sur plusieurs points de l'astronomie igyptienne. Paris 1823, S. 181fF.
' Mesopotamian Chronology and the Era of Mennophres. In: Iraq 8 (1946), S. 94ff. (bes. S. 107). Ihm haben sich seinerzeit H. Stock in: Mitteilungen d. Dtsch. Orientges. 94 (1963), S. 79, und der Verf. dieser Zeilen, in: Tonis und Theben. Glückstadt 1951. (Ägyptolog. Forschg. 16.), S. 106, angeschlossen.
"Eine vollere Nebenform »Menöfri ist von G. Fbcht: Wortakzent und
Silbenstruktur. Glückstadt 1960. (Ägyptolog. Forschg. 21.), § 84, erschlossen worden.
" Die Chronologie der Aegypter. Berlin 1849, S. 167ff.
"Die Ära 'ano Mcv6<pp£&>; und die XIX. Dynastie Manethos. In: ZÄS 63 (1928), S. 45—50.
Die angebliche Ära des Menophris 7
Sethes nahezu allgemein akzeptierte Beweisführung ist von J. Cebny
mit überzeugenden Argumenten zurückgewiesen worden^*. Er hat
gezeigt, daß der Zusatz ,, Anfang der Ewigkeit, Empfangen von Unend¬
lichkeit" zum Datum auch bei anderen Herrschern zu belegen ist und
daher sicher keinen Hinweis auf ein astronomisches Ereignis enthält.
Das gleiche gilt auch für den Ausdruck whm-mswt ,, Wiederholung der
Schöpfung!''", ^jem Sethos den Anfang seiner Herrschaft gelegentlich
bezeichnen ließ: ,,Jahr 1 der whm-mswt des Königs Mn-mi't-R'" zwei¬
mal in den DarsteUungen des in seinem ersten Regierungsj ahr unter¬
nommenen Palästinafeldzugs am Tempel von Karnak, ,,Jahr 2 der
whm-mswt des Mn-miH-R'" im Datum des Kairener Ostrakons CG
257041*. Außerdem hat er ihn in den Herrinnennamen seiner könighchen
Titulatur aufgenommen {Nhtj whm-mswt shm-hpS dr-pdt-9). Er ist hierin
Ammenemes I., dem Begründer der XII. Dynastie, gefolgt, der sich
,, Horus, der die Schöpfung wiederholt" nannte. Auch später ist dieser
Begriff, der nach ägyptischer VorsteUung eigentlich für jede Thronbe¬
steigung gilt, noch einmal zur Bezeichnung des Anfangs einer neuen
Epoche, die mit der Begründung des thebanischen ,, Gottesstaates" im
19. Jahr des letzten Ramessiden begann, verwendet worden. Es kann
wohl kaum bezweifelt werden, daß auch Sethos I. seine Regierung als
einen derart epochemachenden Einschnitt betrachtete. Erst er hat die
,, Amarna-Zeit" endgültig liquidiert und — sieht man von der kurzen
Herrschaft seines Vaters ab, unter dem er wohl bereits die Regierung
leitete — die Ramessidenzeit begründet. Wir müssen daher Cebny
darin zustimmen, daß es nicht den geringsten Hinweis auf die Apo¬
katastasis von Sothisaufgang und ägyptischem Neujahr in zeitgenössi¬
schen Texten gibt, die, woUte man Sethe folgen, ja genau im Thron¬
besteigungsjahr Sethos' I. stattgefunden haben müßte.
Dennoch soUte sich aber auch nach Cebnys Meinung der Name eines
Pharao hinter dem Menophris des Theon verbergen. Daß es sich dabei
um das Epithet im Namen des Sethos handeln könnte, hält er mit
Recht für ausgeschlossen: Der König heißt bei Manetho Seö-ox;; sein
Beiname, der nur auf hieroglyphiscben Denkmälern begegnet, dürfte
" Sethos I. und die Erneuerung der Hundssternperiode. In: ZÄS 66 (1931),
S. 1—7; dazu J. Cebny in: ZÄS 65 (1930), S. 129—30. Auch für Hobnttng
(o. c, S. 61— 2) ist die ,, Identifizierung mit Mrj-n-Pth — Sethos I. immer noch die wahrscheinlichste".
Note on the Supposed Beginning of a Sothic Period under Sethes I. In :
JEA 47 (1961), S. 150—2.
1* Diese richtige Erklärung des sonst mit ,, Wiederholung der Geburt(en)"
oder „Renaissance" übersetzten Ausdrucks stanunt von G. Fecht in:
ZÄS 87 (1962), S. 26 mit N. 1.
Belege in den zitierten Aufsätzen von Sethe und Öebny.
damals kaum mehr bekannt gewesen sein. Aber auch Cernys Vor¬
schlag*', in Menophris den Thronnamen Ramses' L, Mn-phtj-R\ zu
erkennen, ist nicht weniger unwahrscheinhch. Dafür passen zwar zur
Not die Konsonanten, M-N-O-P**, nicht aber die Vokahsation Mev69pii;,
die eine betonte SUbe an zweiter SteUe aufweist, während Mn-phtj-R'
in später Aussprache etwa *Menpahtere' gelautet haben dürfte**.
Überdies güt natürhch auch für Ramses I. die FeststeUung, daß wir
aus seiner Zeit keinen Hinweis auf die Apokatastasis besitzen. Ja, es
erscheint fraglich, ob den Ägyptern des 14. vorchristl. Jahrhunderts die¬
ser Zusammenfall so bemerkenswert erschienen ist. Nach den Unter¬
suchungen von R. A. Parker^" ging das Erscheinen der Sothis dem
ersten Tag des im Kult verwendeten Mondkalenderjahres voraus, fiel
also nicht auf den Neujahrstag selbst, während es für den bürgerlichen
Kalender ohnehin irrelevant war. Besonders von astronomischer Seite
ist schon öfters betont worden, daß die sogenannte Sothisperiode erst
eine Erfindung der alexandrinischen Grelehrten war^*.
So wird auch Theon den Beginn dieser Sothisperiode lediglich durch
Zurückrechnen ermittelt und sie dann nach einem Herrscher benannt
haben, den er in einer griechisch geschriebenen ägyptischen Königshste
für die fraghche Zeit verzeichnet fand. Es liegt nahe, dabei an einen
Auszug aus Manethos Geschichtswerk zu denken. Dort finden wir nach
Ramses II. einen ' Aiie^jufie; {' Aiit^jucpd-ic,) oder 'AfievcocpaS-, der später nochmals als 'Ajxevcocpn; oder 'A[xsvci)9S-i<; erscheint. Nach den Unter¬
suchungen von Ed. Meyer, Helck und Hornung kann es als erwiesen
gelten, daß es sich dabei um den Pharao Merenptah handelt, dessen
Name wohl durch die Überlieferung der Osarsephos-Erzählung mit
'A(i,evt09(,? zusammengeworfen wurde, einem Namen, der seinerseits auf
Verwechslung von Jmn-htpw (eigenthch 'A[j,evW'8-7]?) mit Jmn-(m)-jpt
"Vorher bereits von C. Haigh in: ZÄS 9 (1871), S.73, Ä. Jahn in:
WZKM 10 (1896), S.88 —9, Ed. Meyeb: Aegypt. Chronologie, S. 68, und
P. Montet in : Comptes rendus de l'Acad. des Inscriptions et des Belies
Lettres 1937, S. 418—36, vermutet.
Ägyptisches h wird im Griechischen notorisch überhört. Dagegen dürfte das t der Dualendung -tj nicht fehlen. Für die nach Öebny häufige („often written") Schreibung ohne diese Endung kann ich keinen Beleg finden.
*' Für enttontes mn und betontes R' cf. Namen wie Mev/sp'O? (Mn-ki-R'), ixa phtj altkopt. nX2T6.
^° The Calendars of Ancient Egypt. Chicago 1950. (Studies in Ancient
Oriental Civihzation. 26.), Kap. III.
** F. K. Ginzel: Handbuch der mathemat. und techn. Chronologie. I.
Leipzig 1906, S. 193; O. Neugebaueb, o.e. in N. 5. Die gewöhnlich so
bezeichnete Periode von 1460 Jahren dient lediglich dem Vergleich des
ägyptischen mit dem juhanischen Kalender.
Die angebliche Ära des Menophris 9
beruhte^^. Eine Variante dieses Namens, bei der das (unrichtige) a
fehlte (also *Mevw98'L?), mag Theon in der ihm zur Verfügung stehenden
geschichthchen Literatur vorgefunden und zu „Menophris" verschrieben
haben. Daß er ihn falsch datierte, ist natürlich ein Irrtum, der auf
verderbte Überheferung der Regierungszahlen in der Königsliste (oder
einen Rechenfehler?) zurückzuführen ist. Durch ihn kam Merenptah,
der in Wirkhchkeit genau hundert Jahre später regierte, in die Zeit um
1321, so daß Theon seine Ara nach ihm benannte. Eine ägyptische
Überlieferung, nach der unter einem König Menophris eine neue Sothis¬
periode begonnen hätte, wird es jedenfalls kaum gegeben haben. Das
Datiun der Apokatastasis bleibt demnach für uns chronologisch be¬
deutungslos; es kann auch nicht zur Entscheidung der Frage herange¬
zogen werden, ob die 66-jährige Regierung Ramses' II. 1304 oder 1290
v.Chr. begonnen hat^^.
Ähnliche Vermengung findet sich in griechischer Überlieferung z.B.
auch bei den Königsnamen Sectucftpk; (Zj-n-Wsrt), Seacoyx'? bzw. SecoY-
5^(001? (S-S-n-q), SsatoxP'? (Nfr-ki-Zkr) und SEdtoai? (SEdtoi;, St(h)y).
" Zur astronomischen Festlegung cf. Pabkeb in: JNES 16 (1957), S. 39—
43. Zugunsten der späteren Möglichkeit sei hier nur angemerkt, daß die
jetzt von K. A. Kitchen in : The Third Intermediate Period in Egypt.
Warminster 1973 vorgeschlagene Datierung der XXI. Dynastie in 1069—945
selbst bei Annahme von Maximalzahlen für die Ramessidenzeit kaum mehr
einen früheren Ansatz erlaubt.
Subordination in some Colloquial Arabic Dialects
and Classical Arabic*
By Judith Rosbnhouse, Haifa
Up to now we have not found any real attempt to investigate the
various kinds of Direct Object Clauses (henceforth : DOC) both in the
written or "Classical" Arabic level and the level of the modem coUo-
qidal dialects. It is the object of this paper to study DOC and point out
what will seem to be the main features common to most of the investi¬
gated dialects, as well as outstanding differences, thus finding their
tendencies of development. Another interesting angle to study is the
relation of DOC in the dialects to the types known for Classical Arabic.
For this paper we shall use the "Classical" grammars by Recken¬
dobf, Wbight and Brockelmann (see ref. at the end) for Classical
Arabic, and various grammars and text-collections for the modern dia¬
lects we chose to study : these are the dialects of Iraq, Syria, Lebanon,
Israel (Palestine), Egypt, Morocco, Algeria, Malta and Mamitania
(although we have not found examples for the last three, to represent
some of the types). We thus get a general view of the Eastern and
Westem Arabic dialects (as far as we could see, the dialects in the Arab
peninsida do not show principal differences in relation to the stmctures
described here). We also used some tape-recording of Arabic-speaking
Jews from some Moroccan towns (these were made while working on the
thesis).
We intend to assume the following plan for the research : after a short
summary of the conventional opinions on DOC as viewed in Recken¬
doef's and Bbockelmann's works, we shall present om classification
of DOC types in Arabic with examples from the dialects. We shall also
compare the various subordinating conjunctions of DOC, those in Clas¬
sical Arabic and those in the dialects studied here ; finally we shall sum¬
marise the results.
* The author wishes to thank Professor H. Blanc of the Hebrew Univer¬
sity in Jerusalem for his encouragement and useful suggestions, and Profes¬
sor L. M. Davis of the University of Chioago, presently Visiting Professor at the Hebrew University in Jerusalem, for his valuable criticism and help¬
ful advice.