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(1)

Die Verrechnung und Verwaltung von Steuern

im islamischen Ägypten'

Vorberioht nach den Papyri PER Inv. Ar. Pap. 5999

vmd P. Cair. BE Inv. no 1400

Von CoNSTANHK Leyebee, Kiel

Die von A. Grohmann bearbeiteten Papyri geben uns eine fast voll¬

kommene Ubersicht über die Besteuerung landwirtschaftlichen

Bodens und seiner Erzeugnisse, ferner erlangen wir erstmalig Kennt¬

nis über die interne und externe Steuerverrechnung und besonders die

interne Steuerverwaltung.

Neben manchen aufschlußreichen Steuerlisten sind besonders zwei

•Papyri hervorzuheben, die sowohl wegen ihres umfangreichen Inhalts

als auch wegen ihrer verwaltungstechnischen Seite von hohem wissen-

^ Verwendete Abkürzxmgen und Literaturnachweis.

APEL, A. Gbohmann, Arabic Papyri in the Egyptian Library, vol. I — IV

(Caüo 1934—1952).

APW, A. Gbohmann, Arabische Papyri aus der Sammlung Carl Wessely im

Orientalischen Institute {Orientälni üstav) zu Prag: Aroh. Or.X(1938),

S. 149—162, XI (1940), S. 242—289, XII (1941), S. 1—112, XIV

(1943), S. 161—260.

Arch. Or., Archiv Orientälni, Zeitschrift des Orientalischen Institutes Prag.

BAU, Ägyptische Urkunden aus den kgl. Museen zu Berlin, hg. v. d. Ge¬

neralverwaltung: Arabische Urkunden hg. v. L. Abel I, II, Berlin

1896—1900.

BIE, Bulletin de l'Institut d'figypte (Cairo).

P. Cair. Bfi, Papyri in der Ägyptischen Nationalbibliothek in Cairo.

PER, Papyri der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.

PERF, Papyrus Erzherzog Rainer. Führer durch die Ausstellung. Wien 1894.

P. Straßbg. Arab., Arabische Papyri in der Universitäts- und Landesbiblio¬

thek in Straßburg.

A. Gbohmann, Chrestomathie zur Arabischen Papyruskunde I, Einführung.

Kapitel Numismatik (im Druck).

Probleme der arabischen Papyrusforschung II, Aroh. Or. V (1933),

S. 273—283, VI (1933), S. 125—149, 377—396.

A. Chestee Johnson, Roman Egypt to the Reign of Diocletian. Baltimore

1936.

C. Leyebee, Studien zum Rechnungswesen der ardbischen Steuerämter, Arch.

Or. XII (1941), S. 85—112.

L. C. West und A. Ch. Johnson, Currency in Roman and Byzantine Egypt.

Princeton 1944.

(2)

Verwaltung von Steuern im islamisehen Ägypten 41

schaftlichen Wert sind. Der eine ist PER Inv. Är. Pap. 5999, zwar nur

ein Papyrusblatt in Großfolio, doch ergibt sich aus dem Inhalt des Verso

und Rekto ein klarer rechnungsmäßiger Zusammenhang, der darauf

schließen läßt, daß es sich um ein Steuerbuch handelt, in dem die

Steuerzahler der Domänen Kufür, Maisära und Qü? angeführt werden

und die Abrechnung mit diesen behufs Ermittelung des Steueraufkom¬

mens. Auf dem Rekto — der letzten Seite des Papjrrus-Buches — ist der

Rechnungsabschluß für die drei genarmten Domänen durchgeführt.

Der nächste Papyrus, P. Cair. B£ . Inv. no. 1400 — gefunden in Tebtynis 1916 — ist ein Steuerbuch, das uns erstmalig mit der internen Steuerver¬

rechnung vertraut macht und uns gleichzeitig in die Verwaltung der

Steuergelder einführt.

Wenn auch weitere zu erwartende Funde manche bestehende Lücke in

unserer Kenntnis von diesem Gebiete des Steuerwesens in arabischer

Zeit noch schließen mögen, ist das auf diesem Gebiete Erreichte doch als

grundlegend zu bezeichnen.

Das Steuerbuch von Tebtynis ist leider in keinem guten Erhaltungs¬

zustand. Als es Grohmann in einem Kistchen der Papjrrussammlung des

Ägyptischen Museums in Kairo fand — dieses Kistchen wurde 1939 in

die Ägyptische Staatsbibliothek übertragen — schien mit den zerris¬

senen, zerknitterten und gleichsam zu Fidibus zusammengefalteten Pa¬

pyrusblättern rücht viel anzufangen zu sein. In monatelanger mühsamer

Arbeit gelang es Grohmann, die Blätter, die teilweise aufeinanderklebten,

loszulösen, zu entfalten, zu glätten und einen im ganzen gut lesbaren

Text herzustellen, den er mir in Übersetzung zur Verfügung stellte.

Grohmann selbst hat über diesen so ziemlich wichtigsten Fund der arabi¬

schen Papyrusgeschichte eine vorläufige Mitteilung im Institut d'Egypte

1950 in Form eines Vortrages gemacht, der im Bulletin de l'Institut

d'Egypte veröffentlicht wurde, und auf den ich verweisen kann. Ich selbst

habe eingehende Forschungen über die Buchführung, die aus diesem imd

anderen Papyri erkennbar wird, angestellt, die ich in Form dieses Vorbe¬

richtes darlegen möchte. Eine endgültige Verwertung dieser Forschungen

ist in einem der Geschichte des arabischen Steuerwesens gewidmeten

Bande zu erwarten, der gemeinsam mit Prof. A. Grohmann als Beiband

seiner Arabic Papyri in the Egyptian Library vol. VII vorgesehen ist.

Grund und Boden wurden in Ägypten immer besteuert. Die Grund¬

steuer als Hauptsteuer bezog sich sowohl auf Äckerland (Saatland) wie

auf Gartenland. Die Höhe der Grundsteuer richtete sich nach dem Be¬

trage des Bodens: „der Ertrag von 213V2 in Berechnung von IIV4 von

allem, was er besäte"'. Das entspricht einem Steuersatze von '/a bis '4

1 P. Cair. B£ Inv. no. 597,.9.

(3)

42 Constantin Lbyebeb

Dinar per Faddän. Die Sätze waren aber weder für das Saatland noch

für das Gemüseland einheitlich und dürften regional bestimmt worden

sein. In APW no 45 fmden wir Sätze von 2, 3 und 4 Dinar per Fad¬

dän. Für Weizen z. B. sind in PER Inv. Ar. Pap. 6007 2V3 bis 4 Dinar

per Faddän angeführt.

Während die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für Saat- und

Gemüseland der Flächeninhalt des BodCns nach Faddän' gemessen war,

bildete für das Weideland die Stückzahl der Tiere die Bemessungsgrund¬

lage für die Weidesteuer. Der Steuersatz betrug V4+V8 oder'/4-I-V24

Dinar per Tier^. Doch war auch dieser Satz nicht einheitlich ; denn wir fin¬

den in PER Inv. Ar. Pap. 6011 auch ein Karat {^ki Dinar) per Tier berech¬

net, und ,, die Wächter der Armen" genossen außerdem eine Ermäßigung

auf diese Sätze: im selben Papyrus wurde dem Wächter ^/^q Dinar per Tier

vorgeschrieben. Gbohmann gibt Schwankungen von 1 bis IV2 Dinar an

und verweist auf BAU II, no 6* sowie auf PERF no 777. Die Wiesen¬

steuer war die Hälfte der Weidesteuer*. Weide- und Wiesensteuer waren

der Grundsteuer zugehörig. Eine weitere Steuereinnahme aus dem Boden

war die Palmensteuer ; sie wurde nach der Anzahl der Bäume berech¬

net und betrug V24+^/96 Dinar per Palme, d. h. IV4 Karat^.

Neben dem Boden wurden auch die Bodenprodukte besteuert. Eine

gedrängte Aufstellung für verschiedene Bodenprodukte, wie wir sie in

den Papyri finden, soll diese Angaben stützen.

Flachs 1/3 + V12. V2+V3+V12. IV2+V3+V24. 3V2 Dinar

(APW no42J„ 42-,„, 46^/3,46^,)

Luzerne 1, V3+V12. 'Is+'U, (APWno44][.,,46J„, i^l^)

Fenchel 2-3 Dinar per Faddän (APW no 45, pag. 3^^)

Zibollen V4 (APWno46'2)

Gel 12 per Faddän (APWno 45, pag. 4io)

Korn V2+V3+V24 Dmar (APW no 45, pag. 23,4)

Gerste 1-3 Dinar per Faddän (APWno 45, pag. 3^^^ 1,)

Die Erfassung der Bodenprodukte durch Grundsteuer und Wertab¬

gabe ist um 441 d. H. sichtlich soweit vorgeschritten, daß kaum irgend

etwas Wesentliches von dieser Besteuerung ausgenommen blieb*.

Eine Abgabe, die in den Papyri öfters begegnet, ist die Fischerei¬

abgabe. Sie war schon Inder römisch-griechischenZeitalseineArtLizenz¬

gebühr für die Berechtigung, in den Marschen und Gewässern zu fischen,

eingeführt worden. Die Festsetzung der Abgabehöhe dürfte auf Grund

^ Das Faddän entspricht nach den Forschungen der französischen Expe¬

dition von 1799 5929 m^. 2 cf. Beilage V in Arch. Or. XII, S. 108.

3 Aroh. Or.VI, S. 145. ^ Cf. Arch. Or. XII. Beilage I, III und S. 106.

6 Cf. PER Inv. Ar. Pap. 3147. « Cf. Aroh. Or. XII, S. 65.

(4)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägjrpten 43

eines Vertrages des Fischereipächters und des Staates abgeschlossen wor¬

den sein. Die Abgabe wird sich wohl nach dem Ertrage des Fischfanges

gerichtet haben; brauchbare Daten für die Bestimmung ihrer Höhe feh¬

len leiderzur Zeit noch. P. Cair. BE Inv. no 424 bringt unter anderem Be¬

träge zur Fischereiabgabe und zwar:

Zeile 3 V3+V24 Dinar Zeile 6 V2 Dinar

Zeile 4 V6+V48 Dinar Zeile 9 IV24 Dinar.

Aus diesen Beträgen — die vermutlich Ratenzahlungen darstellen —

läßt sich auf keinen einheitlichen Satz schließen. In PER Inv. Ar. Pap.

5999'' ist für die Domäne Kufür eine Fischereiabgabe von 8 Dinar, für

die Domäne Qüs eine solche von 12^/2 Dinar angeführt; diese Beträge ver¬

stehen sich für ein Steuerjahr. Die wichtigste Steuer, die zwar nicht zur

Bodensteuer gehört, aber zu ihr in einer Relation steht, ist die Kopf¬

steuer; die Beziehung ist nicht organisch zu verstehen, sondern ist

organisatorischer Natur. Aus ihr ergeben sich für das Land bedeu¬

tende Einnahmen. Sie entstand aus einer ursprünglich tributartigen Ab¬

gabe, die schon in der ptolemäisch-römischen Herrschaft bestand. Nur

Muslime waren von der Kopfsteuer befreit, die wir unter der arabischen

Herrschaft bereits als ordentliche Steuer finden. Ihre Höhe richtete sich

nach einem Erlasse 'Umars I nach den jeweUigen Vermögensverhältrüssen

des Steuerträgers und war nach drei Stufen abgestellt. Reiche zahlten

48 Dirham = 4 Dinar, Unbemittelte 24 Dirham = 2 Dinar, Arme

12 Dirham = 1 Dinar. Nach dieser Norm richtete sich die Rechtsschule des

Abü Haiüfa, Ibn Hanbal und Säfi'i, während jene des Mähk b. Anas nur

zwei Sätze annahm: 40 Dirham = 4 Dinar für Reiche imd 10 Dirham

= 1 Dinar für Arme. Diese Steuersätze galten allerdings vornehmlich für

Babylonien-'Iräq. InÄgypten ist die Kopfstcuerquote ursprünglich als

Tribut mit 2 Dinar festgesetzt. Die Papyri weisen aber einen doppelt so

hohen Satz auf wie den normativen'. Auch hier lassen die Eintragungen

drei Stufen erkennen: ll'/a Dirham, 5 Dirham und 2V2 Dirham.

Neben Steuern spielten in der Steuerverwaltung die Gebühren eine

wichtige Rolle; es waren dies Zuschläge zu den Steuern, die entweder

eine weitere Einnahme des Fiskus bedeuteten oder als eine Vergütung

für den Steuererheber von seiten des Fiskus gedacht sind.

Quittungsgebühr: Schon in der Ptolemäerzeit wurden Quittungen

in zweifacher Ausfertigung ausgestellt, und dieselbe Übung begegnet uns

auch in arabischer Zeit in Ägypten. Für jede Ausfertigung einer Quittung

war vom Quittungsempfänger eine bestimmte Gebühr zu zahlen. Dies

erklärt die doppelte Eintragung der Quittungsgebühr in PER Inv. Ar.

Pap. 5999'*' und zwar einmal im Texte, z. B. Zeile 9:,, Es zahlte Papnute

1 Cf. APW no 41.

(5)

44 CONSTAiJTIN LeYEKEK

Apollo für sich selbst '/ge", Zeile 19: ,,Es zahlte Pilatos Dorothe für sich selbst '/ge"- Ein andermal ist dafür eine eigene Rubrik, überschrieben mit ,, Quittungsgebühr", vorgesehen und jedesmal '/gj Dinar eingetragen'.

Die Quittungsgebühr in der Textkolumne bildet eine Eirmahme des Fis¬

kus für Quittungen, die er selbst dem Steuerzahler oder Steuererheber

ausstellte; die folgende Quittungsgebühr, vereinnahmt vom Steuer¬

erheber für Quittungen an den Steuerzahler, ist eine Verrechnungspost

zwischen Fiskus und Steuererheber. Uber die Ab quittierungen wurden

eigene Evidenzen geführt. APW no 47 bringt auf Rekto und Verso ein

Verzeichnis von Quittungen des Steuerjahres 440 d. H. beginnend mit :

,,(Z. 1) Verzeichnis (Z. 2) der Quittungen des Steuerjahres vierhundert¬

undvierzig (Z. 3), geschrieben von Abü Sa'id (Z. 4). Quittung 27'/3 (Z. 5),

deren Datum Freitag 14. Baremhät, 22. Sawwäl". Ähnliche Evidenzen

weist APW no 49 auf. Im Steuerbuche P. Cair. BE no 1400 aus Umm

al-Buraigät (Tebtynis) finden wir an mehreren Stellen die Bemerkung

,, Quittung" (z. B. A verso, B recto, verso, G verso, H recto, verso,

M recto). Schließlich sei noch auf PERF no 680 und P. Berol. 12787 ver¬

wiesen.

Die Quittungsgebühr war von 5 zu 5 Karat abgestuft und betrug von

1 bis 10 Karat '/12 Dinar, von 11 bis 15 Karat '/g Dinar, von 16 bis 20

Karat '/j Dinar, von 21 bis 30 Karat '/g Dinar.

Als nächste wichtige Post ist sarf zu nennen. Grohmann sagt in seinem

Artikel New discoveries in Arabic Papyri in BIE XXXII (1950), p. 6:

"Äar/is 10"discount", 2» "agio", 30"the rate of exchange." Cf. PERF no

640. 1 have myself —- still in APEL III, p. 156 — taken sarf as dis¬

count and translated the formula Vj % ibid, no 189

"without any discount or compensation". Synonimously in PERF

no 905 {i)j=-\ VJ "without any discount, deduction or

compensation" and in P. Straßbg. Arab. I, PERF no 888

jj^-^j "without any discount or deduction."

I thought (hasr) meant the deduction resulting from payment

in coins not fully corresponding to the standard-weight, an equi¬

valence to gahbada.

It is interesting that F. L0KKEGAARD in his recently published and most

valuable book Islamic Taxation, p. 159, shares this view and says: "the

taxpayers are liable to a loss following from the momentary value of

silver coinage in relation to gold currency, or from changes of the rate of

exchange. This agio {sarf) is added to the payment faUen due, and, of

course, it foUows the value of the dirham compared to that of the dinar."

^ Vgl. die betreffenden Zeilen desselben Papyrus.

(6)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 45

But there are several severe objections to this point of view. I" Ä11 coins

of the gold standard were taken over by the paymaster only according to

their real weight after being carefully weighed. There are many proofs

for this procedure, and there can hardly be any doubt about it. It was

simply the duty of the JikJI or Jug», the successor of the Greek

^uyoaTaTT]?, a kind of "mint warden" (cf. PERF no. 640). Therefore,

there could arise no question of any loss of money on the part of the

treasiu-y. II" If the payment was made in silver, the paymaster obviously

calculated the ration of exchange according to the quotation of the day,

and there was no reason at all to put any agio to the debit of the tax¬

payer. This would be justified only for payment of tax-arrears, if the

exchange rate between gold and silver had changed in the course of time.

Ill" (sarf) in PER Inv.Ar.Pap 5999 is reckoned at different rates

for various kinds of taxes : 9% for land-tax, 27°/ q for tax on meadows, and

SP/o for pasture-tax. Furthermore in various tax-accounts and lists, the

amount of sa?/oscillates between7i2 (2 carat), Yie (1 V2 carat), 1/24 (1 carat)

and Y28 of a dinar. To make the differences existing quite clear, I add

that in P. Cair B£ Inv. no 785 a total amount of 419 dinärs corresponds

to 1372 dinars of sarf; in APEL IV no 283 a total amount of 781/3 dinar

corresponds to almost the same amount: I2Y6+V48 dinärs (or approxi¬

mately a sixth) ; in APRL xii no. 11 line 14 a total amount of 9OY3+V8

dinars corresponds to a sarf of only Y3+V12+V48 dinar. It is, therefore,

quite impossible that sarf in all these cases has anything to do with

an agio."

Agio, Discont und Wechselkurs sind in ihrem Charakter so grund¬

verschieden voneinander, daß es undenkbar wäre, daß der Araber diese

Begriffe nicht auch in seinem Sprachschatz auseinandergehalten hätte.

Außerdem gibt es eine Reihe von Steuerlisten, in denen sarf überhaupt

nicht berechnet wurde, obgleich man eine solche Berechnung erwartet

hätte. Ferner stellen wir in den Listen fest, in welchen sarf berechnet ist,

daß sarf immer in einer Beziehung zu einer anderen Gebühr steht,

nämlich meist zu der Post wadä'i' (Abzüge). Der Steuererheber oder

Pächter war nämlich dem Fiskus für den terminmäßigen Eingang der

Steuer mit seiner Person und seinem Vermögen haftpflichtig. Für

diese Gutstehung wurde ihm eine Gebühr — eben das sarf — zuge¬

billigt, die in den Steuerlisten als Abzugspost erscheint und dem

Steuererheber oder Pächter gutgeschrieben, bzw. bei der Abrechnung

mit dem Fiskus berücksichtigt wurde. Die Sätze für sarf erscheinen be¬

tragsmäßig verschieden: in PER Inv. Ar. Pap. 5999'' finden wir einen

Satz von 9% für Grundsteuer, bei Wiesensteuer wurden — anscheinend

je nach Orten — 27 bis 31% sarf berechnet. In der Steuerliste PER Inv.

Ar. Pap. 3098 wird 1/24 Dinar (= 1 Karat) per Dinar errechnet, wir finden

(7)

46 Constantin Leyerer

aueh vereinzelt Sätze von '/j, '/jg Dinar (z. B. PERF 715 recto). Dem

einzelnen Steuerzahler wird auch 10% sarf mit einem Zuschlag von 5 zu

5 Karat berechnet (siehe unten Tabelle I).

In P. Cair. Bii Inv. no 1400 finden sich Sätze von 10%, d. h. bezogen auf denMitqälbetrag 1/24 Dinar + '/g Karat und 1/12 Dinar +1/3 Karat. Das

hier erwähnte sarf, verglichen mit jenem in PER Inv. Ar. Pap. 5999^,

läßt auf einen im allgemeinen gleichmäßigen Satz in der Berechnung

schließen. Der Grund hierfür mag in der Berechnungsgrundlage zu

suchen sein. In PER Inv. Ar. Pap. 5999'' ist nämlich sarf aus der Kopf¬

steuer errechnet, in P. Cair . B E Inv. no 1400 aber aus der Grundsteuer. Das¬

selbe güt für die Rubrik wada'i'- ,, Abzüge" ; diese smd in P. Can. BE Inv. no

1400 fast durchweg einheitlich und bewegen sich von '/48Dinar(= VaKa-

rat), 1/24 Dinar (1 Karat) bis '/12 Dinar (2 Karat). 'Wenngleich sar/in den bei¬

den genannten Steuerbücherfragmenten auf verschiedener Grundlage der

Berechnung ermittelt worden ist, ergibt sich doch eine auffallende

Gleichheit in der Anwendung des Satzes von 10%, der allerdings in

PER Inv. Ar. Pap. 5999'^ um einen stufenweisen Zuschlag ergänzt wird.

Es kann mit großer 'Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß der

Normalsatz für sarf von der Grundsteuer ausgehend 10% betrug, bei

Kopfsteuer derselbe Satz erhoben wurde, jedoch um einen stufenweise

erhöhten Betrag Gültigkeit besaß. Als Beweis für die Richtigkeit dieser

Annahme dienen die Angaben hinsichtlich der Domäne Qüs in PER Inv.

Ar. Pap. 5999'^. Die Summen in den einzelnen Abstufungen der Ru¬

briken auf Verso bilden einen festen Satz, der wohl, wie mit großer

Wahrscheinlichkeit vermutet werden darf, vom fiskalischen Standpunkte beabsichtigt war. Die ,,Gutstehungsgebühr" [sarf) — sie ist in diesem

Falle in erweitertem Sinne aufzufassen — betrug in der Jahresabrech¬

nung 27%; derselbe Satz, nur auf die einzelnen Posten aufgeteilt, ergibt

bei der Abrechnung der ,, Konti" für die einzelnen Steuerträger, wie die Nachprüfung erwiesen hat, dasselbe Rechnungsergebnis'.

Die Beziehung von sar/zu den ,, Abzügen" {wada'i') scheint eine rech¬

nungsmäßige Abhängigkeit gewesen zu sein. Im genannten Wiener

Papyrus PER Inv. Ar. Pap. 5999 werden 10% samt einem Zuschlage

von '/a + '/j + '/12 Dinar, abgestuft von 5 zu 5 Karat, errechnet, von

Beträgen ab 30 Karat aber wird kein Zuschlag mehr in Rechnung ge¬

stellt. P. Gair. BE Inv. no 1400 weist Sätze von '/^g, 1/24, '/12 Dinar, auf ; be¬

zogen auf die Gebühr sarf ist dies ein Verhältnis 7:3 (laut P. Cair. BE

Inv. no 1400 Blatt D verso). Die Post ,, Abzüge" stellt meiner Auffassung

nach eine Vergütung dar, die der Fiskus dem Steuererheber (Pächter) ge¬

währte für seine Auslagen bei der Steuererhebung, wie Fahrtauslagen bei

1 S. auch die Tabehe D.

(8)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 47

Fahrten über Land, Entlohnung für Schreibgeschäfte, der Hilfspersonen

bei der Erhebung der Steuer u. ä.

In West-Johnsons Werk wird eine Inkassogebühr — collection-

fee — erwähnt, die neben einer Quittungsgebühr im V. Jahrhundert er¬

hoben wurde zu Gunsten des Steuererhebers. Auch in der Gebühr

,, Abzüge" ist die ,, Inkassogebühr" in unseren arabischen Papyri, aller¬

dings indirekt, enthalten, nur wird unter diesem Titel mehr vergütet als

bloße Inkasso'.

Eine weitere Gebühr ist die unter dem Titel amir genannte ; sie hat

ihren Ursprung in einer Gepflogenheit des Statthalters, auf seinen Amts¬

reisen von der Bevölkerung der von ihm besuchten Orte eine Abgabe

für seine Verpflegung einzufordern, welche sich aber später in eine feste

Gebühr verwandelte, die die fiskalischen Oberbeamten bei Revisionen

der Grundsteuer dem Grundbesitzer verrechneten. Die Gebühr amir

wurde nach der Anzahl der Tiere, und zwar zu einem festen Satze von 4

Karat per 100 Tiere, berechnet, und zu diesem Satze wurde ein abgestufter Zuschlag erhoben.

Fester Satz 4 Karat per 100 Tiere und ein abgestufter Zuschlag

Dinar V24+V48 = 1^/2 Karat bis IV2 Dinar der Gebühr

Dinar '/g^ = 1 Karat von P/2 Dinar bis 2 Dinar der Gebühr

Dinar '/^g = 1/2 Karat, wenn die Gebühr mehr als 2 Dinar betrugt.

Im P. Cair. BE Inv. no 1400 erscheint eine Gebühr, deren Wortbedeu¬

tung zwar bekannt, die aber in ihrer Funktion als solche ganz unklar ist,

qita'. In der ursprünglichen Bedeutung versteht man darunter allge-

m^ ,,TeUstücke", im besonderen ,, Münzbruchstücke, Kleingeld", (bei R. Dozy, Supplement II, S. 371 "un piece de monnaie" besonders unter¬

gewichtiges Geld, "une piece de monnaie au dessus du titre, du poids").

Dieser Ausdruck kommt nach Geohmann auch in P. Cair. BE Inv. no

237 recto Zeile 5 vor. In P. Cair. BE Inv. no 1400 D verso ist qita' für alle

Posten berechnet und steht zu sarf und wadä'i' in der Relation 8:7:3.

Die Einzahlungen erfolgten alle zum Standardmünzfuße-mitqäl-

fuße, demnach kommt für qita' hier die Bedeutung "piece de monnaie

au dessous du titre, du poids" nicht in Betracht. Im Fragment C verso

und B recto ist das Verhältnis ebenfalls 8:7:3, in N recto finden wir

zweimal qita' eingetragen, und zwar 27'/(j, 26^/3 Karat. Qita' wurde dem¬

nach nicht wie sarf für j e d e Post berechnet, sondern nur vereinzelt ; viel¬

leicht dann, wenn die Differenz zwischen mitqäl und mursal mehr als

10% betrug.

^ L. C. West imd A. Ch. Johnson, Currency in Roman and Byzantine

Mgypt (Princeton 1944), S. 142, 144, 145, 154.

2 Cf. Arch. Or. XII (1941), S. 93.

(9)

48 Constantin Leyebeb

Sohematische Darstellung aus P. Cair. Bfi Inv. no 1400 Blatt D verso

Zeile St Mi Mu Qi Sa Wa Kar Verhält.

5 1 23 I8V3 2V3 21/3 1 23 8 7:3

15 1 23V2 I8V2+V3 2V3 21/3 1 231/2 8 7:3

17 1 23V2 I8V2+V3 2^3

2^3

21/3 1 231/2 8 7:3

19 1 24 191/3 21/3 1 24 8 7:3

21 1 24 19V3 2^3 21/3 1 24 8 7:3

9 1 15V3 111/3 2^3 21/3 1 8 8 7 : 3

1 2 461/2 361/e 51/3 4^3 2 23 8 7:3

11 2

46^3 391/3 51/3 4^3 2 23 8 7 : 3

13 2 46V3 38 51/3 4^3 2 23 8 7 : 3

3 3 66 53 51/3 4^3 2 22 8 7 : 3

7 10 238 178 26V3 231/3 10 238 8 7 : 3

Betrachten wir die Beträge für qita', so ist festzustellen, daß 1. die Beträge eine Zahl büden, die durch 8 teübar ist,

2. sie in einem festen Verhältnis zu sarf stehen und damit einer ge¬

wissen Gesetzmäßigkeit folgen.

Die in Blatt D verso ausgewiesenen Beträge haben eine Spanne von 8 bis

24 Karat, im einzelnen gesehen von 1/12 Dinar+^/g Karat über 1/6+^/24

Dinar+'/3 Karat bis ein Drittel Dinar, in B recto bis 1 Dinar. Damit ist

qita' das Charakteristikum einer Gebühr gegeben, die als Sonder ein¬

nähme dem Fiskus bei seiner Bargeldverwaltung zufiel; denn sie bildet

einen Teil der quotenmäßigen Aufteüung der Differenz, die sich aus dem

Unterschied zwischen mitqäl und mursal ergibt.

Die Steuern ghedern sich nach zwei Hauptgruppen :

1. Feste Steuern, d. h. jene, die im voraus veranschlagt wurden.

Hierzu gehörte als wichtigste die Kopfsteuer.

2. Lose Steuern, die je nach dem Ertrage veranschlagt wurden, wie

die Grundsteuer bei Gemüselandbau und Saatbau, die Palmensteuer, die

ölsteuer, die Weide- und Wiesensteuer, die Fischereiabgabe, sowie alle Er¬

tragssteuern aus Bodenprodukten wie Bohnen, Luzerne usw. Die Steuern

wurden jährlich vorgeschrieben. Die Voraussetzung für die Steuervor¬

schreibung bzw. -bemessung bildete eine genaue Evidenzhaltung der

Steuergrundlagen. Es mußten daher umfangreiche Personen- und Boden¬

kataster angelegt werden, wozu eigene Beamte beschäftigt waren. So bringt

APW no 31 eine Liste von Dattelpalmenbesitzern; einen Vermessungs¬

bericht finden wir in APW no 35, eine Liste von Grundeigentümern mit

den Ausmaßen des kultivierten Bodens enthält das Fragment APW no 24.

Die Steuer wurde in der arabischen Zeit in Ägypten vom Statthalter

dem Finanzlandesdirektor und von diesem durch seine Beamten der Be¬

völkerung durch Erlaß bekanntgegeben. Der Steuererheber (Pächter)

schrieb dann den Bewohnern seines Bezirkes die Steuern vor und setzte

(10)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 49

gleichzeitig die Zahlungstermine fest. Das Steuerjahr umfaßte einen Zeit¬

raum von zehn Monaten, doch waren die Zahlungstermine auf 12 Monate

verteilt. Im Gegensatz zum muhammedanischen Kalenderjahr, das mit

der Lunation des Muharram beginnt und mit Ende des Monats Du'l-Higga

schließt, war das koptische Jahr ein Sonnenjahr; der Unterschied be¬

trägt 11 V4 Tage. Erst der Fätimidenkalif al-'Aziz hat zur Regelung der

Steuererhebimg die solare Ära eingeführt, die mit dem 1. Muharram

366 d. H. = 1. Thot 693 der diokletianischen Ära, d. i. 29. August 976

n. Chr. begann, vgl. Arch. Or. XII, S. 84. Ebenda, vol. XI, S. 261, ist von

Geohmann auch eine Steuervorschreibung (APWno 20) veröffentlicht, aus

der zu ersehen ist, wer die Steuer vorschrieb. Die Steuer war in Teilz ah-

lungen bis zu sechs Raten zu entrichten, deren Termine ebenfalls genau

festgelegt waren. Einem aufschlußreichen Papyrus der Mailänder Samm¬

lung vom Jahre 731—734 n. Chr. ist zu entnehmen, wann die Zahlungs¬

termine der einzelnen Raten fielen. Der Papjrrus zeigt zugleich, daß diese

nicht immer eingehalten wurden, daß Mahnungen erfolgen mußten und

Zahlungsfristen bis zu 2 Jahren bewilligt wurden, um den Rest der Kopf¬

steuer hereinzubekommen'.

Nach römisch-byzantinischem Vorbilde ist die Steuer auch in der ara¬

bischen Zeit an Genossenschaften oder Einzelpersonen verpachtet wor- -— (

den. Diese Pachtgenossenschaften waren Steuererhebergenossenschaften,

deren Mitglieder dem gleichen Gewerbe oder der Landwirtschaft ange¬

hörten. Sie pachteten und erhoben die Steuer auch nur von artgleichen

Betrieben. So heißt es z. B. in einem Bruchstück einer Liste von Grund¬

steuerträgern: ,,Es hat bezahlt der Pechhändler Muhammad b. Yahyä

V4+V48, 3V6+V24 • • •" „Ma'add b. Ädam, 'Addäl, der (im Hause des)

Hakam (ist), hat die Grundsteuer vorgeschrieben"^.

Auch eigene fiskalische Beamte erhoben Steuern. Der Steuersatz ver¬

stand sich in Golddinar zum mitqäl-Puße. Die Zahlungen wurden

aber — nach den Eintragungen zu schließen — seltener in Gold, dafür

aber fast ausschließlich in Silber — gemünzten oder ungemünzten, so¬

wie TeUstücken, Dirham, Däniq —, bei kleineren Beträgen auch in Kupfer

(fils) geleistet. Hier handelt es sich um Zahlungen des Steuerträgers an

den Steuererheber oder gegebenenfalls unmittelbar an das Finanzamt

seines Kreises. Von den eben genannten sind jene Zahlungen zu unter¬

scheiden, die vom Steuererheber (bzw. Pächter) an das Kreisfinanzamt

oder unmittelbar an das zentrale Schatzamt in Alt-Cairo als einvernahmtes

Steueraufkommen geleistet wurden. Betrachten wir die einzelnen Ru¬

briken in PER Inv. Ar. Pap. 5999 v, so begegnen wir Unterteilungen des

Dinars bis zu '/gg (= '/^Karat); auch Karate, ganze sowohl als deren

1 Vgl. A. Gbohmann, Papiri della B. Universitä di Milano I (Firenze 1937),

S. 262—266. 2 APW no 20^.,.

4 ZDMG 103/1

(11)

50 Constantin Leyebeb

Teile, werden hier verbucht. Die Rubriken sind mit ,, Dinar" über¬

schrieben, d. h. alles ist auf den Goldstandard abgestellt, die äußerste rechte Rubrik (des arabischen Textes) ist mit „Silbergeld" (wariq) über¬

schrieben. In APW no SVg heißt es: ,,Was der Diener Karakü an

Münzteilstücken {qita') d. h. Silbergeld in Zahlung genommen hat"

ohne jede Angabe der Münzbenermung. Schließlich sei noch auf APW

no 15 verwiesen ; vorgeschrieben sind hier '/j +1/3 +'/24 Dinar + 1/3 Karat,

gezahlt wurden '/2+'/4+'/8 Dinar + 3 Karat in gangbarer Münze.

Aus diesen zusätzlichen Bemerkungen bei den Eintragungen kann ge¬

schlossen werden, daß der in den Steuerlisten vorgeschriebene Gold¬

steuerdinar demnach eine Verrechnungswährung war; sie war für

die Steuerverwaltung eine Wertkonstante gegenüber den labilen Münz¬

verhältnissen der damaligen Zeit. Wurden Goldzahlungen geleistet, dann

wurden diese mit ,, Goldgeld" eingetragen. Z. B. ,, Abu'l-Hurr, der Händ¬

ler von Bulgusüq Goldgeld 1, Hammäd aus Ahnäs Goldgeld 1"'. Nach

den Papyri zu schließen sind Goldzahlungen aber selten gewesen, sonst

wären sie nicht ausdrücklich in ihnen vermerkt worden ; wir müssen da¬

her annehmen, daß fast ausschließlich in Silbergeld gezahlt wurde.

Tatsächlich konnten ja Einheiten wie '/le, V48 oder'/es Dinar nicht in Gold

beglichen werden, da es nur Hälblinge, Triens und Viertelstücke in Gold

gab — es sei denn in Goldstaub oder kleinen Partikeln Gold —, hingegen

waren Münzstücke in Silber (Dirham und Därüq) bis zum kleinsten Ver¬

rechnungsbetrage vorhanden, und ergänzend trat hierzu noch die Kupfer¬

münze als Kleingeld. Zahlungen wurden also größtenteils in Silber geleistet,

in selteneren Fällen — vielleicht von Reichen — in Gold. Die arme Bevöl¬

kerung zahlte in Däniq, wie ein sehr beachtlicher Papyrus^ beweist, oder

in Kupfermünzen. Die Frage, wer für die Differenz aufzukommen hatte,

die sich aus den verschiedenwertigen Zahlungsmitteln ergab, ist schon unter

sarf teilweise behandelt worden und soll nur mehr eine Ergänzung er¬

fahren. Die Wertunterschiede ergaben sich 1. aus dem Standardwerte (mursal ), in welchem die Steuer vorgeschrieben wtude , und dem Nominal¬

werte (mitqäl), welcher bei der Zahlung geleistet wurde, 2. aus der

Unterwertigkeit der Münzen, hervorgerufen durch beschädigtes oder stark

abgenutztes Geld, das demnach nicht vollgewichtig = vollwertig, sondern

imtergewichtig war. In diesem Falle wurden die Münzen wie Gewichts¬

geld behandelt, gewogen und danach ihr Wert bestimmt. Wenn auch der

Steuererheber bestrebt war, nur vollgewichtiges = vollwertiges Geld als

Zahlung anzunehmen, so konnte er es doch nicht vermeiden, auch nicht

vollgewichtiges Geld in Empfang zu nehmen; jedenfalls wird er bei An¬

nahme von Steuergeldern darauf bedacht gewesen sein, die Differenz

1 APW no 37i9.; 2 PERF no 640.

(12)

Verwaltimg von Steuern im islamischen Ägypten 51

ZTvisehen dem Mitqälmünzfuß und dem eingegangenen Betrage möglichst

gering zu halten — mit anderen Worten, er war bestrebt, eine bestimmte

Unterschiedsgrenze nicht zu überschreiten, weil er sonst einen effektiven

Nachteil gehabt hätte; deim dem Fiskus gegenüber haftete er ja für den

vollen Eingang der Steuer zum Mitqälmünzfuße (Standardwerte).

Bisher wurde nur jene Steuerverwaltung behandelt, die sich zwischen

dem Steuererheber und Steuerträger ergab — wir wollen sie die externe

nennen; von dieser unterschied sich die interne, der Verkehr zwischen

dem Fiskus und den Steuererhebern einerseits und den Ämtern unter¬

einander.

Die Entdeckung des Steuerbuches P. Gair. BE Inv. no 1400, gefunden

in Tebtynis, gestattet nun erstmalig einen Einblick in die fiskalische

Steuerverwaltung und gibt uns besonders einen nahezu lückenlosen Auf¬

schluß über Bargeldverkehr und Verwaltung in diesen Ämtern.

Die Eintragungen der Steuererheber sind uns aus verschiedenen Bei¬

spielen bekannt, und es wird auf sie nur verwiesen ; die Verbuchungen der vom Steuerträger oder vom Steuererheber abgeführten Steuerbeträge

erfolgten immer nach Stückzahl und dem Mitqälgewichte, überdies wurde

noch eine buchmäßige Verrechnung des Unterschiedes vorgenommen, der

sich aus dem Standardwerte und dem abgeführten Betrage (Mitqälwerte)

ergab. Der genaue bücherliche Vorgang soll im nächsten Abschnitt be¬

schrieben werden.

Das Rechnungswesen bei den Steuerämtem der arabischen Zeit in

Ägypten gleicht jenem, das wir zur Zeit der Ptolemäer oder der Byzan¬

tiner in diesem Lande kennen gelernt haben; nach Form und Technik

gehört es somit der ersten Periode der Geschichte des Rechnungs¬

wesens an'.

Vergleichen wir die Buchführung der Steuererheber mit jener der

Finanzämter (Finanzkasse), werden wir im wesentlichen in Bezug auf

die Verrechnung von Geldern die gleiche Verrechnung feststellen, nur die

Form war ihren verschiedenen Zwecken angepaßt. Wir finden in den

Steuerlisten der Steuererheber neben dem Standardwerte immer den

Mitqälwert — Nominalwert — eingetragen und die Gebühren als Aus¬

gleichswert (PER Inv. Ar. Pap. 5999^). APW no 36, 37 verbucht gleich¬

falls den Nominalwert und Standardwert, nur eben in einer anderen Art

und Weise; das gleiche güt von APW no 45; ersterer ist überdies eben¬

falls ein klarer Beweis für die Behauptung, daß die Steuergelder bloß

1 Vgl. C. Lbverbb, Historische Entmcldung der Buchführung seit der

ersten Kenntnis bis zum XVII. Jahrhundert, Zeitschrift für Handelswissen¬

schaftliche Forschung Jahrgang XVI (1902) und Organisation des Rechnungs¬

wesens in Babylon, Zeitschrift für Handelsivissenschaft und Handelspraxis, Heft IV (1929).

(13)

52 Constantin Leyerer

gezählt wurden. Auch bei der übergeordneten Pinanzbehörde, dem

Schatzamte, wird die gleiche Verrechnungsweise geführt'.

Die Papyrusseite war rubriziert und die einzelnen Rubriken mit den

entsprechenden Texten überschrieben. Während in der byzantinischen

Zeit Eingang und Ausgang (auf Rekto bzw. Verso) getrennt geführt wur¬

den, finden wir diese Trennung in der arabischen Periode nicht mehr, hin¬

gegen wurden die Gebühren von den übrigen Steuern abgesondert ver¬

bucht und zwar immer auf der rechten Seite der Liste, auf der linken die

Steuern. Die Eintragungen der Beträge erfolgten in den bis zum XIII.

Jahrhundert üblichen griechischen Zahlenbuchstaben.

1. die Steuerevidenzrechnung und

2. die Steuerbuchung.

Die Steuerevidenzrechnung umfaßt alle jene Steuerlisten, welche die

Erfassung der Steuerträger, Bodenbesitzer, des Bodens, der Anbau¬

fläche u. ä. zur Aufgabe haben. Ferner jene Listen, welche die Vorschrei¬

bung der einzelnen Steuerarten betrafen, demnach steuertechnische

Zwecke erfüllten. Als Beispiel sei auf APW no 23 verwiesen, das Bruch¬

stück einer Liste von Grundsteuerträgern mit Angabe der Kulturgewächse

und Grundsteuerarten. Uber das Areal des kultivierten Bodens geben die

Eintragungen in APW no 24 Aufschluß. Ein Vermessungsbericht wieder

ist uns in APW no 35 erhalten.

Zur zweiten Gruppe gehören alle jene Steuerlisten, die eigentlich

verwaltungstechnischen Zwecken dienen, und hier müssen wir

wieder zwischen externer und interner Steuerverwaltungsrechnung un¬

terscheiden, also der Verrechnung der Steuererheber mit dem Steuer¬

träger und jener mit den Steuerämtern und dieser wiederum unterein¬

ander. Je nach der Art der Steuer diente die Steuerevidenz als Grund¬

lage für die Vorschreibung an die einzelnen Steuerträger. Die oben er¬

wähnten Papyri können auch hier zur Stütze des Gesagten herangezogen

werden. Neben täglichen Eintragungen, die sich ausschließlich auf

Steuereinzahlungen bezogen, wurden periodische Zusammenfas¬

sungengemacht: die Listen weisen wöchentliche, monatliche und

jährliche Zusammenfassungen auf; es sind dies Buchauszüge,

die der Steuererheber (Pächter) dem Finanzamt seines Bezirkes lieferte

und die KontroUzwecken dienten. Diese Kontrolle wurde in zweifacher

Weise ausgeübt :

1. durch Revision der Eintragungen beim Steuererheber von Seiten

eines höheren Beamten des Finanzamtes,

2. durch eine Kontrollbuchführung beim Finanzamte selbst, wozu die

periodischen Zusammenstellungen dienten. Letztlich gab es, wie wir dies

1 PERF no 761.

(14)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägjrpten 53

aus den griecliischen Aphroditopapyri zu Anfang des VIII. Jahrhunderts

n. Chr. ersehen, auch Kontrollen in der Hauptstadt Ägyptens, ja ge¬

legentlich sogar in der Reichsmetropole in Bagdäd. Die lokalen Revi¬

soren zeichneten die überprüften Posten entweder mit einem schiefen

Strich oder Doppelstrich oder einem Haken oder Kreuz, aber auch

andere Kontrollzeichen wie Kreise, ein dem griecliischen Theta ent¬

sprechendes Zeichen 0 und s kommen vor, in P. Cair. BE Inv. no 1400

auch //; letzterer Papyrus beweist zugleich, daß Revisionen nicht nur

bei den Ämtern vorgenommen wurden, sondern daß auch das lokale

Schatzhaus seinen Barbestand überprüfte, wozu auch noch PERF no 761

zu vergleichen ist.

Die Steuerlisten bzw. bücher waren in Form und Technik so über¬

sichtlich geführt, daß man wohl behaupten kann, daß das Niveau der

Steuerverrechnung jenem unserer Zeit durchaus nicht nachsteht. Neben

bloßen Bargeldverrechnungen (Kassaverrechnungen) kehren Registrie¬

rungen nach Steuerzahlern und Orten regelmäßig wieder; den Steuern

werden gesonderte eigene Konti gewidmet, aus denen dann Aufstellungen wie z. B. P. Berol. 15131 recto hergestellt wurden.

Um eine genaue Übersicht zu gewinnen, wurden nicht bloß Personen¬

listen angelegt, sondern auch Aufnahmen von Tierbeständen gemacht,

wie dies aus APW no 34 und PER P. IV/2 zu ersehen ist. Ein Buch¬

auszug macht uns mit der Verrechnung der Weide- und Wiesensteuer

auf Grund der Tierzahl bekannt aus dem Steuerbezirke der Kreis¬

metropole'. Manche Zusammenstellungen tragen den Charakter, den

wir heute in der Buchführung mit ,,journalisieren" bezeichnen würden,

z. B. PER Inv. Ar. Pap. 6008. Diese Zusammenstellungen sind Buch¬

auszüge, die von Abrechnungen wohl zu unterscheiden sind. Dienten

jene, wie bereits erwähnt, Kontrollzwecken, so bilden diese die

Rechnungsunterlage für die Geldabfuhr an die Finanzlokal- und

hauptkasse. Sie sind der Form und dem Inhalte nach so adjustiert wie

die Bücher der Kassaabteilung, an welche die Beträge abgeführt ^vurden

(siehe Beilagen aus dem Steuerbuche P. Cair. BE Inv. no 1400).

Dem Buchabschlusse in der Steuerverwaltung soll ein besonderer Ab¬

schnitt gewidmet werden; es ist das erstemal, daß uns aus der I. Periode

des Rechnimgswesens ein bücherlicher Abschluß in zusammenhängender

Form und vollendeter Technik geboten wird.

Als Unterlagen für den Jahresabschluß (Jahresbilanz) dienten die ver¬

schiedenen Zusammenstellungen, die am Jahresende gemacht wurden.

Auf der Rückseite von PER Inv. Ar. Pap. 5999 steht eine solche für den

Jahresabschluß verarbeitete Zusammenstellung nach Orten, Namen der

1 PER Inv. Ar. Pap. 6011.

(15)

54 CoNSTANTnsr Leyebeb

Steuerträger, ihrem Steueraufkommen sowie den verrechneten Ge¬

bühren; vermutlich der Domäne Qüs, wie dies die Berechnung der Ge¬

bühren nahelegt. Sie ist in elf Rubriken eingeteilt; die letzten vier sind

mit Grund-, Kopf-, Weide- und Wiesensteuer überschrieben. Ihnen geht

eine Kolumne betitelt ,,Rest" voran. Der Restbetrag büdet die Summen

der Steuern. Hierauf folgen die Gebühren, und zwar die Quittungsge¬

bühr, die Gutstehungsgebiüu-, die ,, Abzüge", und schließlich die Rubrik ,, Silbergeld". Nicht als solche gekermzeichnet bzw. überschrieben, doch

erkennbar ist die Rubrik ,,Gutstehungsgebühr" für die Kopfsteuer und

als nächste die ,, Quittungsgebühr" mit der Angabe der Steuerträger.

Die Summen der Rubriken ,, Gebühren" finden wir mit dem Betrage in

der Rubrik ,,Rest" zu einer Endsumme in der Rubrik ,, Silbergeld" ver¬

eint ; damit ist eine rechnungsmäßige Überprüfung der einzelnen Posten

ermöglicht.

Nach Beendigimg dieser Vorarbeiten für den Abschluß ging man zum

eigentlichen Bücherabschluß über. Dieser gliederte sich in zwei Teile:

im ersten Teile werden die Steuern nach den Steuerdistrikten (Domänen)

summarisch zusammengefaßt, begirmend mit der Grundsteuer: ,,Die ge¬

samte Grundsteuer in al-Kufür betrug also einschließlich der Gut-

stehungsgebühr in Berechnung von 90 Dinar für jedes Tausend Dinar,

da man gewöhnlich von den Grundpächtern (eine Abgabe) in Berechnung

eines Vierundzwanzigstel Dinars (per Dinar) erhebt, 1253'/2-|-'/3+'/24."

Dieser folgt durch Abzug des sarf die reine Grundsteuer: ,,in Berech¬

nung ... 1152Y2+V6"- Die Gemüselandsteuer mit ihrer Untergruppe, der

Wiesensteuer, die wiederum aufgegliedert ist in Weidesteuer, Kopfsteuer

und Palmensteuer, ist als nächste Hauptgruppe angefiüu-t. Die End¬

summen dieser angeführten Steuern wurden in der nächsten Steuergruppe

summenmäßig vereint. Sie bilden mit der zu errechnenden Gutstehungs-

gebühr — d. i. die Summe aller Posten, die auf Verso als Einzelposten

erscheinen — die Gesamtsumme des Steueraufkommens der einzelnen

Domänen. Im zweiten Teile des Abschlusses wiederholt sich dasselbe, nur

in einer anderen Ordnungsfolge. Die Steuern sind nach den zwei

Hauptgruppen, der Grundsteuer und Gemüselandsteuer, gegliedert ; ihre

Untergruppen und deren weitere Gliederungen nach Domänen ange¬

führt, geben die Endsumme der einzelnen Hauptgruppen. Diese Ab¬

schlußtechnik entspricht wenn auch nicht der Form, so doch dem

Wesen nach vollkommen der heutigen Bilanz. Dies beweist die sche¬

matische Darstellung inBeilagel, IL'

Um den Anforderungen eines so komplizierten Bargeldverkehrs bei den

Finanzkassen gerecht werden zu können, wurde die Buchführung dieser

1 Aroh. Or. XII (1941), Beilage VIII.

(16)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten S5

Abteilung zweckentsprechend eingerichtet. Für die eigentliche Bargeld¬

verrechnung waren die folgenden drei Rubriken vorgesehen: 1. ad-dähil

„der Eingang" oder aZ-mwrsaZ „das Eingesandte", 2. al-mitqäl ,, Mitqäl¬

wert" und 3. 'adad ,, Stückzahl". Als Regulierungsausgleichspost der

Wertunterschiede zwischen mitqäl und mursal waren auf der rechten

Seite der Liste folgende Rubriken vorgesehen: al-qita', sarf und al-

wadä'i' (siehe P. Cair. Bfi Inv. no 1400 Blatt D verso).

In manchen Listen ist der rechnungsmäßige Unterschied von mitqal

und mursal nur im Texte eingetragen und wurde darm wahrscheinlich

später auf die einzelnen Konti übertragen (ebenda Blatt B verso, E recto-

verso). Die Kassagebarung wurde einer periodischen Kontrolle unter¬

worfen, wozu wöchentliche bzw. monatliche Rechnungsabschlüsse

dienten. In Blatt F recto finden wir eine summarische Zusammenfas¬

sung von Geldern ,, verschiedener Leute", die aus einem Gelddarlehen

herrühren. Blatt K ist die Zusammenfassung des eingegangenen Bar¬

geldes nur nach Stücken, deren jede einzelne Post mit einem Kontroll¬

zeichen (/, X ) versehen ist.

Eine instruktive Aufstellung des Barbestandes und gleichzeitig ein

Beispiel für die interne Bargeldverwaltung bietet PERF no 761. Er be¬

handelt die Bestandsaufnahme von Bargeld im Kreisfinanzamte in al-

Usmünain und ist um 237 d. H. (851 n. Chr.) datiert. Die Aufnahme fand

in Gegenwart des al-'Alä b. Sä'id, Kreisfinanzdirektors des Statthalters 'Anbasa, statt. Das Geld wurde gezählt; da es offenbar in vier verschie¬

denen Behältrüssen aufbewahrt war, sind im Papyrus auch so viele ge¬

zählte Beträge angeführt: die Gesamtsumme betrug 912 Dinare — Stan¬

dard- Mitqälwert 974 —, die Dinare waren sämtlich voll gewichtig nach

dem Mitqälfuße, d. h. 1 Dinar war 24 Karat.'

Dieser Abschnitt soll der internen Steuerverwaltung und ihrem be¬

sonderen Zweige des Bargeldverkehrs und der Verwaltung gewidmet sein.

Wie schon erwähnt, vermittelt uns P. Cair. BE Inv. no 1400 zum ersten

Male in der Geschichte des Steuerwesens dieser Zeit einen Einblick in

■den so wichtigen Zweig der internen Finanzverwaltung, den Bargeld¬

verkehr.

Die komplizierte Geldgebarung bei den Finanzämtern hatte ihre Ur¬

sache in den damals herrschenden Geldverhältnissen. Das Geld dieser

Zeit gehörte der Übergangsperiode vom Gewichtsgelde zum dekla¬

ratorischen Gelde an. Das Gewichtsgeld hatte noch die gleiche

Zahlungsfunktion wie das deklaratorische Geld; d. h. es wurden

Barren (selten), Goldkörner, Goldstaub, Silberstücke und Barren neben

1 Cf. die Neuausgabe bei A. Gbohmann, From the World of Arabic Papyri

<Cah:o 1952), S. 136.

(17)

56 Constantin Leyeeee

Münzen als Zahlung genommen. Neben Goldmünzen waren besonders

Sübermünzen, dann Kupfer- und Bronzemünzen im Umlaufe ; sie hatten

die gleiche Zahlkraft wie die selteneren Goldmünzen. Der Münzfuß

war infolge der Verschiedenheit der Gewichte in den einzelnen Provinzen

(Städten) verschieden. Hierbei spielte das Verhältnis des Goldes zum

Süber keine Rolle, weil es stabil war.

Im privaten Zahlungsverkehr waren ausnahmslos Münzen, für kleinere

und kleinste Beträge Kupfer- und Bronzemünzen im Gebrauche. Es

kann wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß sich der private

Zahlungsverkehr in ähnlicher Weise abspielte wie heute; die Preise,

Markt- und Handelspreise, verstanden sich zum Nominalwerte — Mitqäl¬

werte, die Münzen wurden zugezählt. Bei Zahlungen an den Fiskus

hingegen — in unserem Falle sind es Steuerzahlungen — muß ausein¬

andergehalten werden: 1. die Zahlungen der Steuerschuldner und

2. die Abfuhr der eingenommenen Steuergelder an den Fiskus — an die

Finanzkasse. In den Steuerlisten begegnen wir fast ausschließlich Raten¬

zahlungen, wobei kleine und kleinste Steuerraten nichts Seltenes sind.

Die Bezahlung kleiner und kleinster Bruchteile des Dinars wurde — es

kann mit Sicherheit angenommen werden — in Kupfer- evtl. Bronze¬

münzen geleistet wie in der römisch-byzantinischen Epoche.

Die Araber haben die Verwaltung des Steuerwesens aus der römisch¬

byzantinischen Zeit fast unverändert übernommen. West-Johnson,

Currency in Roman und Byzantine Egypt S. 114,123, stellen ausdrücklich fest, daß alle Beträge unter einem Triens ('/g Solidus) in Kleingeld bezahlt

wurden, daß die kleinen Bruchteüe des Karats in Bronze zu einem vom

Staate festgesetzten Kurse beglichen wurden (S. 114, 123, 154, 163).

Das Gleiche kann für die arabische Zeit gelten, wo Beträge wie '/jj,

'/g, '/a Karat in Kupfermünzen zu 1, 2, 3, 4—6 fils gezahlt wurden.

Steuerzahlungen in größeren Beträgen erfolgten ausschließlich in

Silbermünzen, seltener auch in Silberbarren; nur die Reichen zahlten in

Goldmünzen, Goldkörnern oder Goldstaub. Auch bei Steuerzahlun¬

gen wurden die Münzen bloß gezählt, nur ungemünzte Metalle

(Gold- und Süberstücke bzw. -harren), abgenutzte Münzen, absichtlich

entwertete Münzen — durch Beschneiden, Zerbrechen u. ä. — wurden

wie Gewichtsgeld behandelt, daher gewogen und nach ihrem Gewichte

der Wert bestimmt.

Aus den Steuerlisten des Steuererhebers geht daher eindeutig hervor,

daß er das Geld bei Eimiahme der Steuerbeträge nicht wog, sondern bloß

zählte. PER Inv. Ar. Pap. 5999^, der die Kopfsteuer der Domäne Qüs ver¬

rechnet, hat 3 Hauptrubriken : die erste für die Kopfsteuer, eine zweite

mit ,,Rest" bezeichnet, die dritte Rubrik ist mit ,, Silbergeld" benannt, in

welcher die Gesamtsumme aller in der Liste verbuchten Werte erscheint.

(18)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 57

Die Beträge in der Rubrik Kopfsteuer und der „Rest" sind hier immer

gleichlautend — es sind Dinar = Standardwert —, während die in der

Rubrik Silbergeld verbuchte Summe den eingehobenen Steuerbetrag,

also den Nominalwert, vorstellt. Er ist das Äquivalent, das der

Steuerzahler für die zum Standardwerte vorgeschriebene Steuer er¬

legte. Sie setzt sich zusammen aus dem Standardwerte plus den Ge¬

bühren. Die Gebühren folgten einer bestimmten Gesetzmäßigkeit und

wurden in ihrer Gesamtheit zum Standardwerte zugeschlagen. In

einer Formel dargestellt: N = St+G.

Nun findet sich bei einzelnen Eintragungen der Steuererheber die Be¬

merkung ,, Manko"; die ,, Fehlbeträge" belaufen sich auf 1/48, V24 D, Vi2> ^8' ^/e Dinar d. h. '/j, 1, 2, 3, 4 Karat'. Der Vergleich mit der Zahlung läßt an der Annahme, es handle sich um ein ,, Gewichtsmanko", zweifeln.

Die errechneten Unterschiede schwanken von 4%—6%, in einem Falle

sogar bis 41%. Überlegt man, daß die Kopfsteuer — in APW no 43 han¬

delt es sich um Kopfsteuer — für Ägypten zur damaligen Zeit IP/2, 5

und 21/2 Dirham pro anno betrug, wobei das Manko l^/g, P/^, in einem

Falle sogar S'/g Dirham ausmachte, so ist schwer anzunehmen, daß dies

ein ,, Gewichtsmanko" vorstellen soll. Wir müssen diesen , .Fehlbetrag"

als ,, Restbetrag" = ,, Restschuld" auffassen.

Bei APW no 44, welcher Eintragungen über Inkasso von Grrmdsteuer

und Wertabgabe auf Bodenprodukte führt, liegt der Fall ähnlich. Zu

bemerken ist, daß es sich hier um Steuerzahler handelt, die der ärme¬

ren Schicht angehören. Auch hier sind ,, Fehlbeträge" von '/a+'/g,

31/3 Dirham und mehr festgestellt worden. Angenommen, das ,, Manko"

wäre wirklich ein ,,Gewichtsmaixko", dann müßte auch eine rechnungs¬

mäßige Durchführung desselben erfolgen, die bei der Abrechnung mit

dem Finanzamt ebenfalls zum Ausdrucke kommt. Weder in den Listen

noch in der Abrechnung der Steuererheber findet sich eine Post, welche

auf eine buchmäßige Verrechnung des ,, Mankos" hinweist. Trüge der

Steuererheber selbst die Differenz — was unwahrscheinhch ist—, dami

wäre die Bemerkung zwecklos. Wir können es somit nur mit einem Rest¬

betrage zu tun haben, d. h. mit einer Restschuld. Aus dem Texte von

APW no 43 geht dies eindeutig hervor. Das ,, Verzeichnis" enthält 1. die

erhobene Kopfsteuer (Z. 3) für das Jahr 441 und 2. ,,die als Rest ge¬

schuldete" aus dem vorangegangenen (Z. 4). Für APW no 44 kaim das¬

selbe angenommen werden.

Zu bestimmten Zeiten — wahrscheinlich wöchentlich — führten die

Steuererheber die Steuergelder an die Kasse des Finanzamtes ab. Hierzu

bedurfte es einer besonderen Verrechnung dieser Gelder, welche bei der

Abfuhr an die Finanzkasse vorgelegt werden mußte. Sie bestand dem

1 APW no 43, 44, 45.

(19)

58 COKSTANTIN LEYERER

Wesen nach in der Verrechnung (Umrechnung) des eingelieferten Geldes

in Gold-Dinar, also des nominellen Wertes in den Buchwert, der sich

in Gold-Dinar verstand (Standardwert), d. h. der Steuererheber errechnete

aus dem Nominalwerte (mitqäl) durch Abzug eines bestimmten Pro¬

zentsatzes' den Standardwert. In eine Formel gebracht St = N—G.

Der Unterschied, der sich zwischen dem eingezahlten Gelde und dem

Standardwerte ergab, wurde gleichfalls rechnungsmäßig in Evidenz ge¬

halten, um einen Wertausgleich zu schaffen. Schließlich wurde aus

dem Nominalwerte mit Hilfe des Mitqälfußes die Stückzahl — es ist

eine bücherliche Evidenzzahl — errechnet. Es war demnach bei der

Abfuhr der Steuergelder an die Finanzkasse kein Wägen der Münzen

notwendig, sondern ein bloßes Zählen.

Nun fällt bei diesem techmschen Verfahren folgendes auf: die ermit¬

telten Differenzen folgen einer gewissen Gesetzmäßigkeit und stehen in

einem bestimmten Verhältnis zueinander (8:7:3) bzw. 7:3 Pap. 1400,

8:10:1 in PER Inv. Ar. Pap. 5999"'. Daraus kaim geschlossen werden, daß

der nominelle Wert der Geldleistungen durch seinen Mitqälwert begrenzt

war. Diese Grenze dürfte 10% der ermittelten Differenz nicht über¬

schreiten. Dieser Wertunterschied wurde auf die Rubriken qita', sarf

und wada'i' oder auch nur auf sarf und wada'i' als Ausgleichspost im

obigen Verhältnisse verbucht. Die Feststellung der Stückzahl verfolgte

den Zweck der Kontrolle — sie ist der rechnungsmäßige Exponent aus

dem Nominalwerte und dem Münzfuße {mitqäl), mittels welchem die

Finanzkasse die Richtigkeit des Standards überprüfen konnte.

Vergleichen wir die beiden Papyri hinsichtlich der buchtechnischen

Eintragungen ihrer Beträge miteinander, ergibt sich folgende Schlu߬

folgerung für den Bargeldverkehr:

I. Ausgangspunkt für die Zahlung der Steuergelder ist der Standard¬

wert, für die Abfuhr der Nominalwert.

In beiden Fällen sind die Werte errechnet, bei der Zahlung durch

Zuschlag, bei der Abfuhr durch Abzug eines bestimmten Prozent¬

satzes. Dieser wird als Ausgleichswert in einem bestimmten Ver¬

hältnisse auf die Gebühren aufgeteilt. In PER Inv. Ar. Pap. 5999^

im Verhältnisse 8:10:1, in P. Cair. BE Inv. no 1400 im Verhältnisse

8:7:3 bzw. 7:3^.

1 Durch die Errechnung der Evidenzzahl koimte die Finanzkasse fest¬

eteilen, ob die Münzen dem Standardwerte entsprachen. War der Nominal¬

wert = dem Standardwert, ergab sich keine Differenz und keine Evidenzzahl

(P. Cair. Bfi Inv. no 1400 Blatt Kr Z. 9, 11).

2 Im 5. Jahrhundert n. Chr. finden wir bei Steuerzahlungen in den Listen die Ausdrücke äpi^xia. vojita^iaTa und iy6\xz'jci. vo[xt(T(j,aTa : ersterer Ausdruck

wurde als gezählte, letzterer als Effektivgewicht der Solidi-Dinare

(20)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 59

2. Die Zahlung bzw. Abfuhr der Steuergelder erfolgte in der gangbaren

Münze, sie wurden bloß zugezählt. Lediglich beschädigte Münzen

wurden wie Gewichtsgeld behandelt, d. h. gewogen.

3. Die Steuer wurde in Gold-Dinar vorgeschrieben, hingegen in gang¬

barer Kurantmünze bezahlt (vom Steuerzahler) bzw. abgeführt (vom

Steuererheber).

Steuererheber wie Finanzkasse führten in ihren Listen je zwei Ru¬

briken in Standardwährung, und zwar für die zu verrechnende

gedeutet. Nach West-Johnson S. 120 sind diese nur ein "bookkeeping

term", mn die Anzahl der Solidi zu bezeichnen, auf welche die einzelnen

Gebühren seitens des Steueramtes berechnet wurden.

Diese beiden Ausdrücke finden sich in den griechisch geschriebenen

Steuerbüchern der früharabischen Periode — VII. und VIII. Jahrhimdert

n. Chr. — wieder und bedeuten „vom Finanzamte für Steuer erhobener

Betrag" (ödpU>(i!.a vo[j.La[i.a-a) ; eyojiEva vo(xia|j.a-ra ,, an die Zentralstelle (Alt-Cairo) abgeführter Betrag". Der Wertunterschied zwischen beiden betrug 2 Karat per Solidus.

Das Verrechnungssystem der byzantinischen Zeit wurde noch durch die

verschiedenen ,, Standards" kompliziert: 1. der Goldarbeiterstandard xpuao- yoixo? cfTaS-fio? = 24 Kar. Gold; 2. der lokale Standard äTroXüxti) AlYUTt-rto) yap. ^uy. 'AXc5-; 3. der private Standard ISicoxixo? t^uyoi; imli der öffentliche Standard 8r]fi6aioi; C'Jyöi;. Auch hier bestand zwischen dem privaten Standard

und dem öffentlichen eine Wertdifferenz von 2 Karat, und zwar wurden vom

privaten Standard 2 Karat abgezogen, um den öffentlichen Standard zu

erhalten ; schlug man zum öffentlichen Standard ^/e Karat, erhielt man den

alexandrinischen Standard — kaiserlichen Standard. In einer Formel dar¬

gestellt :

Stp — 2 Kar. = Sto

Sto + Ve K = Sta oder

Stp — 2 K -f Ve K = Sta.

Untersuchen wir die so ausgezeichneten Feststellungen von L. C. West und

A. Gh. Johnson, finden wir, daß in allen von ihnen angeführten Fällen

zwischen der Steuerzahlung und -Vorschreibung der Goldwert differiert.

Der Grund hierfür liegt in den Gebühren, die sich bei der Zahlung und der

Abfuhr der Steuergelder verschieden auswirkten. Bei der Steuerzahlung

wurde der Steuerschuldner für die Gebühren vom Steuererheber belastet,

d.h. zu dem in Goldsolidi vorgeschriebenen Steuerbetrage wurden die

Gebühren zugeschlagen — der Steuerzahler hatte demnach den Brutto¬

betrag zu erlegen. Bei der Abfuhr an die Finanzkasse mußten die Gebühren

vom Bruttobetrage abgezogen werden, um den Nettowert der Steuern zu

erhalten, ixoy.c'^a. und „kaiserlicher Standard", ek 'AXs5' sind demnach m.

Ansicht nach gleichzusetzende Ausdrücke und bedeuten für die Verrechnung der in Goldsolidi-Dinaren vorgeschriebenen Steuer ipl&[iw., und iStcoxixö«; ist der private Standard, also der um die Gebühren vermehrte Goldsteuerbetrag.

Dem gleichen Vorgang begegnen wir in den von A. Gbohmann veröffent¬

lichten Steuerpapyri und in den beiden " Steuerbüchern PER Inv. Pap.

Ar. 5999 und Pap. Cair. Bfi Inv. no 1400. Cf. West-Johnson, Currency

S. 114,123, 128, 132, 133, 142, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 151, 154,155,163.

(21)

60 Constantin Leyebeb

Steuerkategorie und für die Verreciinung selbst. Beide Rubriken sind

in ihren Beträgen gleichlautend'.

Die gezahlten bzw. abgeführten Steuergelder finden wir in der Ru¬

brik Silbergeld (PER Inv. Ar. Pap. 5999^) bzw. mitqäl (P. Cair. BE

Inv. no 1400) eingetragen.

4. Der Unterschied zwischen dem Nominalwerte und dem Standard¬

werte ist als rechnungsmäßiger Ausgleichwert in den Gebühren¬

rubriken verbucht^ oder gesondert.

5. Die Buchungen in beiden Papyri tragen im wesentlichen den

gleichen Charakter, nur sind sie in der Gliederung verschieden,

was aus dem verschiedenen Zwecke, dem die Verbuchungen dienen,

zu erklären ist. t

Haben wir bisher das Steuerbuch von Tebtynis von der Seite des Bar¬

geldverkehrs betrachtet und damit einen Einblick in die Buchtechmk des

internen Bargeldverkehrs erhalten, so wollen wir aus dem interes¬

santen Buche nun endlich die Bargeldverwaltung kennen lernen; sie

wird uns aus dem Verhältnis der Konti zueinander vermittelt.

Aus den Titeln der Konti ergibt sich, daß 4 Listen und 4 Fragmente

nur Grundsteuer zum Inhalt haben^. In vier Blättern steht die Grund¬

steuer zu abwäb und musädara in Beziehung*.

Sieben Folios gelten nur der Geldgebarung, e recto-vcrso, K,n^ recto,

u recto, A recto. In vier Folios finden wir die Rubrik qisma — I recto-

verso, links und rechts, F recto-verso — in 6 Folios und 6 Fragmenten ist

die Verrechnung von qita',, sarf und wada'i'- festzustellen, und in einem

neben Grundsteuer {haräg) noch gallät verbucht (J verso und recto).

Aus der Art und Weise der Buchführung kann auf eine Zusammenge¬

hörigkeit der Blätter und Listen geschlossen werden insoferne, als diese

der Kassaabteilung eines Finanzamtes, eben des zu Tebtynis, zugehören.

Wenn eingangs auf den Unterschied der externen Steuerverwaltung ge¬

genüber der internen aufmerksam gemacht wurde, so tritt dieser in

diesem Verwaltungszweige, der Finanzkasse, besonders hervor. Tat¬

sächlich stellen wijjfest, daß dem Steuerbuche von Tebtynis jene Cha¬

rakteristik fehlt, die wir in den Listen der Steuererheber kennen gelernt

haben. Die Aufgabe der KassaabteUung beim Finanzamt war nicht ge¬

wesen, das Inkasso der Steuern zu besorgen, diese oblag dem Steuer¬

erheber (Steuerbeamten, Pächter), der ja auch die notwendigen Evidenzen 1 PER Inv. Ar. Pap. 5999^ Rubrik „Kopfsteuer" und „Rest", P. Cair.

BE Inv. no 1400 Rubrik „Grundsteuer" und mursal in Blatt A-, B^, F^,

Gr, Hr.

2 PER Inv. Ar. Pap. 5999^, P. Cair. Bfi Inv. no 1400 B^, Dv, Er.

' A verso, B recto, D verso, M verso, j verso, recto, I 1 -|- 2, a}, e^ verso.

^ B verso, H recto, G recto und verso.

(22)

Verwaltung von Steuern im islamischen Ägypten 61

führte. Die Kassa der Finanzbehörde— in diesem Falle sind die einzelnen

Listen zweifellos einer höheren Instanz der Finanzbehörde zugehörig —

hatte 1. die Aufgabe der Kontrolle, wie unter anderen PER Inv. Ar. Pap.

6008 recto beweist, und 2. oblag ihr neben der Übernahme der Steuer¬

gelder aus ihrem Bezirke deren Verwaltung. Sie bestand in der Bereit¬

stellung von Geldern für die staatlichen Bedürfnisse und in der Ver¬

waltung des Kapitals, welches in landwirtschaftlichen Unterneh¬

mungen angelegt war.

Schon in der Ptolemäer- und auch in der Römerzeit wurden in Ägypten

Getreidedarlehen, allerdings in natma, gewährt, da ja auch die Steuer¬

zahlungen insbesondere seitens der Landwirtschaft in natura geleistet

wurden (bei Grund-, Garten- und Gemüselandsteuer) ; erst später wurde

unter der römischen Herrschaft für diese Steuern die Leistung in Geld —

adaeratio — eingeführt. Diese Darlehen wurden in der Ptolemäerzeit von

den Banken, die meist Pächter der Steuern waren, gegeben. Nun haben

die Araber mit geringen Änderungen das frühere Steuersystem über¬

nommen, und es ist anzunehmen, daß auch sie das Darlehensgeschäft

übernahmen, dessen Führung dem Finanzamte oblag. Einen Beweis hie¬

für gibt uns der Papyrus Michaelides no 4 — ein Buchauszug — in dem

ein ,, Korndarlehen" verbucht ist, das offenbar Grundbesitzern gewährt

wurde. Der Papyrus stellt ein Blatt aus dem Tagebuch über Korn¬

darlehen vor. Rekto beginnt am Donnerstag dem 4. Epiphi, Verso mit

Montag 15. Epiphi und endet mit Mittwoch 17. Epiphi. Beide Seiten

sind jede für sich durch Bildung der Endsummen abgeschlossen (Wochen¬

abschluß). Die Zahlungen erfolgten mit 2 Ausnahmen (verso Z. 10 und 15)

unterwertig zum Standardmünzfuße. Während die übrigen Geldein¬

gänge eine Beziehung zum Korndarlehen haben, sind die Zahlungsein¬

gänge in Z. 16, 17 für andere Zwecke geleistet worden, die aus dem Texte

nicht ersichtlich sind. Die Vermutung stützt sich auf Z. 6, wo der Betrag von '/g in der Rubrik ,, Eingang" im Texte ausdrücklich für ,, Grund¬

steuer" vermerkt ist, während der Betrag in der Rubrik mitqäl sich

auf ,, Korndarlehen" und ,, Zuschuß" bezieht. Der Buchauszug dürfte

eine Abrechnung sein, die als Begleitpapier bei Abfuhr der Gelder an

das Finanzamt vorgelegt wurde. Diese Annahme wird gestützt durch die

Eintragung in Z. 7 recto, wo nur die Stückzahl und ihr Mitqälwert an¬

gegeben sind, die, wie aus dem Buchungstext zu ersehen ist, für die

Weidesteuer vereinnahmt wurden.

Untersuchen wir nun die Beziehung der Grundsteuer zu abwäb, mu¬

sädara, gallät und qisma im Steuerbuche aus Tebtynis. Der reinen Wort¬

bedeutung nach haben diese Ausdrücke mit Steuern an sich nichts zu

tun, nur abwäb kommt in Steuertexten öfters vor im Sinne von ,, Kate¬

gorien". Es ist aber festzuhalten, daß die Grundsteuer die Grundlage

(23)

62 Constantin Leyerek

— ja ich möchte sagen die Voraussetzung für Darlehensgeschäfte des

Finanzamtes gebildet hat und bildete.

Im Steuerbuch von Tebtynis Blatt B verso, H recto und G recto sind

abwäb und Grundsteuer im Betrage gleich, oder abwäb und musädara

wurde zur Grundsteuer addiert. Ich vermute stark, daß wir es mit einem

Darlehensgeschäft zu tun haben, in welchem abwäb das geliehene Ka¬

pital, musädara die Verzugszinsen bedeutet, d. h. die Grundsteuer

wurde dem Steuerzahler für eine gewisse Zeit (vertragsmäßig) gestundet

und als Darlehen überlassen. In der Rubrik abwäb erscheint demnach

die kapitalisierte Grundsteuer. Bei der Rückzahlung konnten zwei

Fälle eintreten: a) der Steuerzahler-Darlehensnehmer zahlte nicht nur

seine Grundsteuer, sondern beglich auch sein Darlehen einschließlich der

Zinsen, z. B. auf Blatt B verso Z. 14: 'U[mar?] b. Isma'il: dl-'adad 3,

al-mitqäl ^^ji+^U+'^Ui+^k Karat, al-mursal ^'^k+^U+^U Karat, al-

haräg l^/3+'/24+^/6 Karat, al-ahwäb '/2+Vi2+Vs Karat, al-musädara

Ve+^/s+^/e Karat. — Diese Eintragung ist in folgender Weise zu erklä¬

ren: 'Umar b. Isma'il hatte ein Darlehen von '/g+'/ia Dinar /g Karat

und eine Steuerschuld von l^/g+'/24 Dinar +'/6 Karat; er bezahlte durch

Mlnä al-Mattäl Darlehen und Grundsteuer sowie Zinsen von '/e+'/g

Dinar -f'/g Karat. Die Summe der Rückzahlung betrug somit 2i/2-|-i/j2

Dinar Karat. Oder b) der Steuerzahler-Darlehensnehmer blieb die

Grundsteuer schuldig, beglich aber das Darlehen. So fehlt z. B. auf

Blatt H recto und G recto-verso die Rubrik al-mursal. Daraus geht her¬

vor, daß das Darlehen zum Standardmünzfuße bezahlt wurde,

während die Grundsteuer offen blieb; denn sonst müßte in der Rubrik

mitqäl die Summe beider Rubriken haräg und abwäb erscheinen.

Durch das Verrechnungsverfahren wird das, was über das Darlehen

gesagt wurde, nur bestätigt. Daß auf Blatt J recto-verso jeder rech¬

nungsmäßige Zusammenhang mit gallät fehlt, ist zwar zu bedauern, aber

nach dem Titel der Rubriken läßt auch hier gallät mit haräg eine Be¬

ziehung mit Wahrscheinlichkeit vermuten, und nach der Bedeutung des

Wortes gallät ,, Ernteprodukte, Geldablöse des abgestoßenen Getreide¬

darlehens" ist es sehr wahrscheinlich, daß auch hier ein Darlehensge¬

schäft zu Grunde liegt. Dieses Darlehen wurde in natura gewährt und

dem Darlehensnehmer als gallät in der Bewertung in Geld verrechnet.

Damit hätten wir es wahrscheinlich mit drei Arten von Darlehen zu

tun:

1. Korndarlehen, wie dies aus dem Papyrus Michaelides no 4 hervorgeht.

2. Darlehen durch Stundung der Grundsteuer für eine bestimmte Zeit.

Der gestundete Betrag bildet das Darlehen {abwäb = das geliehene

Kapital), wofür der Darlehensnehmer die Verzugszinsen (Zinsen) als-

(24)

p. Cair. BE Inv. no 1400 Blatt B Recto — rechte Seite

1 [al-qi]ta' a9-§arf [ al-wadä'i' al-'adad al-mitqäl al-mursal al-haräg al-baqäyä ]

16 17 20

29 [Das macht :]

V.+Vb V.+Vs+Vsc Ve+VsC

99 19 V«

3 2 2 50 [

3 21/3 +Vm 2 IV2+V3 [IV2+V4+V6+V48+V3C

IV2+V8 IV3+V»

IV2+V4 + P/3C]

IV«

p. Cair. BE Inv. no 1400 Blatt B Verso — Imke Seite

1 [ al-qita'

14 [V4]

16 V12+V3C

18 [

20 [ V24 ]

30 das [macht:] [ ] + Vs

P. Michaelides Nr. 4 Recto

as-§arf]

] V4,

Vl2[ + V3 C]

al-'adad 1 1 4 3

36 [

al-mitqäl V2+V3+V8+V3C V2+V3+V8+V48 3V2+V24+V48+V3C 2V2+V3+V24+V3C

al-miusal V2+V3+V48+V3C V2+V3+V24+V6C 31/3 +V12 +^/48 2V2+V12+V3C

al-haräg 73+V48+V3C V2+[V3]+V24+[V6]C 3V3 +V12 +^/48

IV3+V24+V.C SOVa+Vs+lV^]

al-abwäb V.

9f V2+V12+V3C

al-mu^ädara

V.+Ve+V.c

al-n

1. Im Namen Gottes, des Barmherzigen, Gütigen ! Pilotes b. Abraham, Donnerstag 2.

3. Durch 'iBarän b. 'Abd al-Karim für sich persönlich 4. durch as-Sa'idi für verschiedene Leute

5. für Muhammad b. Dahmän 41/3 -f 1/24+1/3 c imd für 'Udail b. Sälih 3V6+V24+V48+V3C

6. aus der ,, Geldhilfe" aus der Grundsteuer Vg

4 Epiphi al-'adad

Dinar

al-mitqäl Dinar

ad-dähil Dinar

at-taqwiya Dinar

az-ziyä[da]

Dinar

[al]-wa[dä'i']

Dinar 11

9

IOV48 7V2+V8+V3C

3V2+V4+V3C V8

4V3+V24+V48 7V6+V3C

V3+V48

V« —

P. Cair. BE no 1400 Blatt D verso

[ al-qita' a§-?arf al-wadä'i' al-'adad al-mitqäl al-miursal al-haräg ]

1. Durch Muhammad b. Mone fü[r sich persönlich]

3. diuch Ishäq und Sulaimän, die beiden Söhne des 'Abdalläh, für sich persönlich

6. durch Abü Sahl für Abü Bakr b. Härün

19. [diuoh N. N. aus Qam]nä 23.

V.+V24+V3C V3 V12+V3C V12+V3C

V6+V3C V«+V8 V12+V3C V12+V3C

[ ]

8 1/24

^/24

2 3 1 [1]

IV2+V3+V12+V48 2V2+V4 V2+V3+V8 1

llVial+VeC 2V0+V24 V2+V4+V3C [V31+V8+V3C

IV2+V8+V48 + V3C

2V3 V3+V24+V3C V2+V3C

P. Cair. BE Inv. no 1400 Blatt J recto F. Cair. BE Inv. no 1400 Blatt E recto

[al-'adad [Dinar

al-mitqäl Dinär

al-mursal] al-haräg

Dinar Dinär

al-gallät]

Dinä]r

al-baqäyä Dinär

1 2 3 4 6 6 7 Q0.

9 10 11

[Durch N. N. b. N. N. für N. N. b.

Ahjmad

[ ' ] V24+V48

[durch N. N. b. N. N. und N. N. für]

sich [persönjlich

V8+Vec [durch N. N. für] sich [persönlich]

V3 +V24 +V48 [durch N. N. b. N. N. für N. N. b. ...]

läh

V8+V48+V.C

[al-qita' a?-9arf al-wadä']i' al-'adad Dinar

al-mitq[äl Dinar

V2+V48

al-miu^al ]

Dinar

V3+V8

[V2+V6H-V12+V3C , V3+V8+V.C

2V3 V2+V3+V12

2V4+V48 V3+V8+V3O

(25)
(26)

PER Inv.Ar. Pap. 5999' Tabelle I Kufür

[12531/2 +V3+V24] - [IV3+V24] = 12521/2

1122/3 verrechnet von I2531/2 +1/3+1/21 97o

IV3+V24 = Vs Dinar von 127, 114V24

84+ 641/,+1/24 = 148V,+V24 +8

Qü9.

[8721/24] -[781/3+1/12] = 793V2+V8

Maisära

[2O61/2 +1/3] - [I81/2 +1/«] = 1881/, +1/^^

1 Im Pap.-Texte Zeile 7 steht irrtümlicher¬

weise 3573+1/8» vermutlich ein Schreib¬

fehler.

156V, +1/24 62V.

35V3+V24'

1561/,+1/24 971/2 +V3+V24

iiov, 321/2+1/12 21V.2

333i/i,+i/24 232V3+V24

60

I631/2+V3

921/12 70

9V2+V12 12

5791/3 +V2+V8

18 6891/2+1/3 +V8

641/s 12

16 271/s

2541/.

6261/2 +V3+V12

11521/2

880i/,2 23IV12+V2 22641/3

7931/2+1/8

2551/2 +V3+V12 601/2+1/12 lllOVs

1881/.+1/24

644i/,2 I82V2 +1/3+1/24 10151/,

t

CK5

<! O 3 CQet- sa>

g-CK a

>:

05CO

(27)

PER Inv. Ar. Pap. 5999 Tabelle II

Zeile Text

a) Grundsteuer

2 Kufür

14 Qüs

22 Maisära

2 Kufür

b) Wiesensteuer Kufür 7/36 Kopfsteuer 7/36 Weidesteuer 7/36 Palmensteuer

Qüs 17/38 Kopfsteuer 17/38 Weidesteuer 17/38 Palmensteuer

Maisära 3

25/40 Kopfsteuer

18/40 Bad

c) Gemüselandsteu Weidesteuer

Kufür 7/44 das in Abänüb 7/45 das in Kufür

3331/, 232^3 +V24

60

llOVe 32V2+V12 2IV12

67IV2+V3+V8 18

3SV3+V24 62Ve

1253V2+V3+V24 8721/24 2O61/2+1/3

12^3 23451/3+1/12 =7-

7iooo Sarf von der Grundsteuer

1141/24 Kufür Zl 2

781/3+1/12 Qüs Zl 14

I81/2+1/8 Maisära Zl 22

2111/12 Zl 32

6251/2+1/3+1/12

I631/2+1/3

5891/2+1/3+1/8 1379^3 +V24 "7-

Sarf von der Wiesensteuer 1921/e 1752

391/3+1/24 "/52

2311/2+1/12 Kufür Zl 11 387o

182i/2+i/3+i/24MaisäraZ128 31»/o 6O1/2+1/12 Qüs Z1 20 27»/„

4751/24 Zl 51

971/2+1/3 + V24 743

Referenzen

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