Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras').
Von W. Caland.
XLII. Zum Vaitänasütra.
1. Zu 15. 2. Das von Garbe so herausgegebene Sütra: vnsaßä-
räntäpyüyanun nihnuvate, welclies er übersetzt: ,.nach dem mit
dem Rufe vamt schliessenden feierlichen Anfassen des Soma nehmen
(dio Priester) die Sühuhandlung vor", enthält keinen befriedigenden
Sinn. Der Herausgeber hat das handschriftlich überlieferte °äpy(i-
yana in fipyäyanän geändert; es ist aber unser Sütra vielmehr
so zu lesen und zu trennen : vasafkürCintä (sc. wpasad bhavati,
vgl. Lät}^ V, 6. 11: sruvenopasaddhome hüte vidyät saihsthifeti) \
äpyUyanain; nihnuvate, d.h.: „die Up.isad-Feier schliesst mitdem
Rufe va.yaf (Nachopfer u. s. w. giebt es also dabei nichtj ; dann
sollen wieder das Äpyäyana und das Nihnavana stattfinden.
2. Zu 15. 5. Unverständlich ist auch dieses Sütra: evam
aparähne gharmopasadau ; aparedyuli pürvaline ^jiarähne cn\q>a-
vasathye samäse; verfehlt ist auch Garbes i'bersetzuiig. Oifenbar
hat man statt sumäae bloss samäsah zu lesen, was nicht einm.al
eine Textänderung ist, da es so gut wie sicher ist. dass alle HSS.
thatsächlich so lesen ; das nächste Sütra fängt ja mit einem "\'okal
an und die Sütratrennung rührt wohl ausschliesslich vom Heraus¬
geber her. Die Stelle bedeutet demnach; ,Am Kachmittage finden
in gleicher Weise Pravargya und Upasad statt ; .im folgenden Tage
(finden beide statt) vormittags und nachmittags; am Pastentage
(d. h. am Tage, der dem eigentlichen Somaopfer unmittelbar voran¬
geht) hat Zusammenwerfung Platz", d. h. werden der Pravargya
und die Upasad des Vor- und Nachmittags beide zusammen anj
Vormittage verrichtet. Die Worte sind also zu trennen: evam
aparähne gharmopasadau \ aparedyuh pürvühne ''parähne ca !
aupavasathye samäsah, vgl. Ap. srs. XI, 5. 7: svo hhuta uttame
pravargyopasadau j)ratisamasyati\ Käty. VIII. 8. IG: prätar upa -
sadau samasya; Asv. IV, 8. 17: aupavasuihya uhliau pürvähne.
3. Zu 13. 17, 18; diese beiden Sütras: tad {<c. tänünaptram 1) Vgl. dieso Zeitsclirift 5G, 551.
äj;//ain) abhiinrsanti j 17 | anädhrstam asi/ anädhrsyam devänäm
OJO ''bhisasttpä anabhisastih \ anu me diksäm diksäpatir mam/atäm
anu tapas tapaspatih \ anjasä sati/am upagesam svite mä dha
iti diksälihgam diksitah | 18 sind anders aufzufassen als es Garbe
getban bat. Die beiden Sütras bilden einen Satz und besagen,
dass alle Rtvijas das Schmalz mit dem ersten Teile des Spruches
berühren sollen, dass aber nur der Opferherr auch den das Stich¬
wort diksä enthaltenden Teil desselben auszusprechen habe, ygl.
Läty. V, 6. 6 und besonders Äp. srs. X, 1. 2, 3: anädhrstam asiti
(TS. I, 2. 10. g) yajamänasaptadasä rtvijas tänünaptrarn. samava-
mr santi \ anu me dihsüm (TS. I, 2. 10. h) iti i/ajamänah.
4. Zu 11. 6 und 16. 5. Worauf sich die Worte somarüpäny
anudhyäi/et (11. 6) und havir upävahrta ityädi vaisvänaro 'gni-
stoma ityantäbhir yajilatanubhir puräpracaritor ägnidhrlye juhoti
(16. 5) beziehen, hat bis .jetzt niemand gesehen. Sie finden ihre
Erklärung im Präyaäcittasütra. Hier wird im dritten (bzw. elften,
wenn das Präyascittasütra als ein Anhang zum Vaitänasütra ge¬
rechnet wird) Adhyä^-a eine ausführliche Aufzählung der somarü-
jjäni gefunden . d. h. der Gestalten oder Gottheiten auf die der
Brabman jedesmal während der betrefi'enden Handlung seine Ge¬
danken zu richten hat. Hier findet sich thatsächlich auch die Vait.
16. 5 erwähnten Wörter: havir upävakrtah, särasvatah prätara-
nuvühe, ^tharväbhyuptah. prajäpatir vibhajyamane u. s. w. ; vaisva¬
devam trtii/asavanain, vais'vünaro ^gni.stomam u. s. w.
XLIII. Zum Apastamba s r a u t a s ü t r a.
1. XVII, 5. 8 ist zu lesen : ädityestakäbhir ghrtapindän.
2. XVII, 23. 6—8 sind, wenn ich nicht irre, .so abzuteilen:
adhvari/ave kah/ünlr daksinä dadäti yasyägnim cinoti \ 6 | yajnä -
yajhiyasya stotra ekayaprastutam bhavaty, atha namas te astu
md mä himsir iti dcäbhyäm agnim abhimrsya | 7 | ekädasa sa¬
tn isfayajüinsi juhoti j 8 , vgl. Baudh. X. 59: samänam Icarrnä
i/ajruiyajniyasya sfotrüd; yajnäyajTüyas7/a .stotra ekayäprastutam
bhavaty athägnim abhimrsati namas te astu mä mä hiihslr udno
dattodadhim bhinttcti dväbhyäm : samänam karma patnisamyäje-
bhyak; painih samyäjya j>räh etya dhruväm äpyäyyädhvarilcäni
samistayajriih.^i hutvä dasägnikäny upqjuhoti, vgl. dazu das Ma-
hägnisarvasva : yajiiäyajnlyastotre ekayä uttamayä stotrlyayä
aprastutam bhavati; uttamastolriyürambhät pürvam samcitam
agnim abhimrsati und TS. V, 4. 10. 2—3.
3. XVII, 20. 4 enthält zwei Sütras: pura.-itäd upasadäm
ügneyam asfäkapälam iti j>anca (sc. nirvapati, vgl. TS. V, 6. 5. 1)
caturas caturo u. s. w., vgl. XXIII, 11. 3.
4. XVIII, 13. 13. Gegen die Traditiou der Taittirlya-Schulen,
■wie mir scheint, und gegen die handschriftliche Überlieferung nimmt
Garbe an dieser Stelle pru.sväiiäm in seinen Te.\t auf. Wie ans
5 2*
TS. VII, 4. \^ prsväbhyah hervorgeht, ist pr.^vä, nicht pr]isva die
den TaittirTyas geläufige Wortform ^) ; prsva hat auch das Baudhä-
yanasütra. Etymologisch richtig ist natürlich nur die Schreibvreise
prusva. Ein Gegenstück zu diesen Nebenformen liefert das Käthaka,
■vfO es XIII. 10 (S. 192. 7) mtäprdam hiranyarn heisst gegenüber
astäprüd dhiraryyam der TaittirTyas (TS. III, 4. 1. 4).
5. XVIII, 14. 7. Ua die meisten HSS., wie auch das Brähmana
(TBr. I, 7. 6. 5) und das Baudhäyanasütra iidumbaram bieten , ist
dies wohl die richtige Lesart.
6. ib. 8 ist statt arikte zu lesen: änkte.
7. ib. 16. 5 ist wahrscheinlich janyo mitram statt janya-
mitram zu lesen ; so (Janyo m.) hat auch Hiranyakesin, vgl. Maitr.
Samh. IV, 4. 2 (S. 52, 9): yö jdnyo mitrnih sd naiyagrodhena.
8. ib. 16. 9 ist wohl wieder viq tate zu lesen, vgl. diese Zeit¬
schrift 56, 552.
9. XVIII, 19. 5 ist udbJiinnam statt des handschriftlichen
andhhinnam zu lesen.
10. XIX, 11. 5. Die Lesart von DE ist richtig: yajeteti,
vgl. TBr. III, 12. 5. 10.
11. XIX, 12. 14 ist zu lesen: trini cartunämany° statt trini
eatur nämäny°.
12. XIX, 12. 25 ist mit Q zu lesen: asamcarepaSünäm arka-
parnam udasyati; so haben auch Baudh. und Hir.
13. XIX, 14. 14 und 15 bilden ein Sütra; der Sprach lautet:
präcy ehi präcy ehlti präcl jusän.ä vetv äjyasya svähä, vgl. TBr.
III, 11. 9. 8.
14. XIX, 14. 20 ist mit PQS pratigraham in den Text auf¬
zunehmen, vgl. TBr. III, 12. 5. 5.
15. XIX, 15. 17. Der bisher überlieferte Namen der aus
TBr. III, 12. 3 und 4 bekannten Sprüche und Isti's lautet nicht
apädyä , sondern apäghü ; beide Lesarten sind in den HSS. des
Baudhäyana vertreten, und dass Säyana sie unter diesem Namen
gekannt hat, geht aus der von ihm mitgeteilten Etymologie hervor:
apahanyante svargapratibandhuh sarve ''pi yäbhir i.^tibhis tä
apäghäh (so ist zu lesen TBr. Vol. III. S. 833). Dieses Wort als
Namen eines Liedes ist uns schon aus dem Kausikasütra (36. 22,
82. 4, vgl. diese Zeitschrift 53, 697) bekannt. Das Wort apädya
ist somit ganz aus den Wörterbüchern zu entfernen.
16. XX, 22. 13—14 sind irrig abgeteilt. Das Richtige ist:
chagalah kalmä.9ah kikidlvir vidigaya iti te trayas tvästräk
pätnivate \ 13 | agneya aindrägna äsvinas te visälayüpa äla¬
bhante I 14 I
17. XX, 24. 10 ist zu leseu: näräyanena paräcänusainsatt
statt parä cänu°.
1) prusva scheint die Wertform der Manavas zu sein, vgl. Maitr. S. IV, 4. 1 (S. 51. 1), wo wahrscheinlich prusvänüm statt puspänäm zu lesen ist.
5 2*
18. XXI, 9. 2—3 sind wieder falsch getrennt; zu lesen ist:
nätra kas'cana kasinaicanojjahatäya vyäha \ 2 \ te ye bähyä drsi-
kavah syus te vibräyuh \ 3 | vgl. TS. VII, 3. 1. 1.
19. XXI, 15. 11, '23 und 16. 18. Die öfters nach der sub¬
jektiven Anschauung des Herausgebers angebrachte Trennung in
Sütras hat auch hier einen Pehler veranlasst. Garbe liest z. B.
die zuerst citierte Stelle : pr.^fhyarii sadaham samäse. Was er
sich dabei gedacht hat , ist dem Leser unersichtlich. Ohne Zweifel
ist zu lesen : evam vihitäms caturo 'bhiplavän upayanti priithyara
sadaham: sa mäsah: „das macht einen Monat*. Man beachte,
dass jedesmal der nächste Satz mit einem Vokal anfängt und ver¬
gleiche Sänkh. srs. XIII, 19. 8 und 15. Besonders deutlich ist in
ähnlichen Fällen Baudhäyana, z. B. : trayo 'bhiplaväh sadahä.-.
a.sfädasähäni; präyaniyärambhaniyau: täni viiiidatih; prsthyah
sadaho, 'bhijit, trayah par ahsämänah: sa mäsah: 3 x 6-)-2 -j-
6 4- 1 + 3 = 30. ■ ■
20. XXI, 20. 3. Ich bin weit davon entfernt, diese schwierigen
Strophen fehlerfrei machen zu können , glaube aber mit einem
Vorschlag zur Besserung Beifall zu finden. Es heisst u. a. nach
Garbes Text:
yadä bhaiigyasvinau vadata rta parnaica yo 'vadhih.
Man findet hier beinahe denselben Namen, den im Baudh. srs. (vgl.
meine Abh. über das rituelle Sütra des Baudhäyana, S. 21) der
König Rtuparna trägt; dort heisst er bhahgäsvina. Vermutlich
ist die fragliche Zeile so zu lesen:
yadä bliarigyasvinau vadata rtuparna-kayovadhl.
21. XXIII, 12. 14. Es ist mir rätselhaft, weshalb der Heraus¬
geber nicht das durch TS. VII. 2. 1. 3 als richtig erwiesene äsvatthi
O ' *-*
aufgenommen hat.
22. XXIII, 13. 4 ist nicht dasasatam, sondern {yadä) dasa
satam {kurvanti) zu lesen : „wenn die zehn Kühe sich bis hundert
Stück gemehrt haben."
23. XXIII, 14. 16 ist zu trennen: brahma nämeti.
24. Folgende Druckfehler sind noch zu berichtigen:
XVII, 12. 7 1. avakäm statt avakä.
XXIV, 6, 2 1. bhrguvad statt bhaguvad.
XXIV, 14. 13 1. ise statt mise.
XLIV. Zu Säükh äya na srautasütra XIV, 73, 2.
Das allgemein überlieferte vanistusava° , das Hillebrandt in
ranistusava geändert hat, ist ricbtig, man hat bloss die gewöhn¬
liche Korrektur von .^tu in sthu zu machen. Eine ausführliche
Beschreibung dieses Vanisthusava liegt jetzt in Baudh. srs. XXI,
9—10 vor.
Yerzeicliiiis der behandelten Stellen.
Apastamba srautasutra XVII, 5. 8 XLIII, 1.
XVII, 12. 7 ,24.
XVII, 23. 6-8 ,2.
XVII, 26. 4 ,3.
XVIII, 13. 13 ,4.
XVIII, 14. 7 , 5.
XVIII, 14. 8 , 6.
XVIII, 16. 5 , 7.
XVIII, 16. 9 , 8.
XVIII, 19. 5 , 9.
XIX, 11. 5 ,10.
XIX, 12. 14 „11.
XIX, 12. 25 ,12.
XIX, 14. 14, 15 , 13.
XIX, 14. 20 ,14.
XIX, 15. 17 „15.
XX, 22. 13, 14 „16.
XX, 24. 10 , 17.
XXI, 9. 2, 3 ,18.
XXI, 15. 11 ,19.
XXI, 15. 23 „19.
XXI, 16. 18 ,19.
XXI, 20. 3 , 20.
XXIII, 12. 14 „21.
XXIII, 13. 4 . ,22.
XXIII, 14. IG ,23.
XXIV, 6, 2 ,24.
, , , XXIV, 14. 13 „24.
Sänkhäyana srautasutra XIV, 73. 2 XLIV.
Vaitänasütra 13. 17, 18 . XLII, 3.
15-2 „ 1.
15. 5 „2.
11-6 ,4.
16. 5 „4.
Über den Zoroastrismus.
Von Friedrich v. Spiegel.
Zuerst die ürsprünglichkeit Indiens. Allerdings wissen wir
.ja. dass Indien früher von Indogermanen eingenommen worden sei
als unsere Geschichte beginnt. Die Ansicht aber, dass die Inder
Autochthonen seien, ist längst widerlegt ; von auswärts können sie
aber nur durch Persien nach Indien gekommen sein. Es ist darum
nicht notwendig, bei jedem religionstechnischen Ausdruck des
Eränischen anzunehmen , er sei aus Indien gekommen : er kaim in
Eran entstanden sein, eher als die Inder nach Indien kamen, denn
das Persische ist das ursprünglichste, nicht das Indische.
Zweitens : die altpersische Religion hat gar nichts mit Indien
zu thun. Die Perser haben dieselbe ursprünglich von Westen her,
ursprünglich aus Babylon, wahrscheinlich durch Vermittelung eines
anderen Volkes, erhalten. Ein Beweis dafür ist, dass wir anstatt
des Göttorgewimmels der alten indischen Religion einen Gott haben,
der Himmel und Erde geschaffen hat. Den Himmel hat or sich
vorbehalten, die Erde lässt er durch seinen nahen Verwandten, den
König, der aus dem Göttergeschlecht stammt, verwalten. Ahura-
Mazda und der König gehören deswegen zusammen. Ausserdem
werden noch fünf Götter genannt, es sind die vier Elemente, indem
das erste, das Lieht, in zwei Teile gespalten ist: das Lieht des
Tags und das Licht der Nacht. Der Unterschied von .\hura-Mazda
ist der, dass diese Götter erst von Ahura-Mazda geschaffen und
deswegen von ihm abhängig sind. Mehr als diese Götter gab es
in jener Zeit wohl nicht, man beschränkte sicb auf die Erde und
kümmerte sich um den Himmel nicht weiter. Die Aufgabe des
Königs war. dass dem Ahura alles das geleistet werde, worauf er
Anspruch habe, daneben aber auch für die Ausbreitung des Reiches
von Ahura-Mazda in der Welt zu sorgen, die man sich damals
wohl nicht viel grösser dachte als das persische Reieh. Die fünf
Götter dachte man als sehr wichtig und verehrungswürdig für die
Menschen, auf Ahura hatten sie keineu Einfiuss weiter, denn sie
waren ja von ihm geschaffen und abhängig so gut wie die Menschen.
Diese Religion erhielt sicb, so lange das altpersische Reich bestand.