Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Ubungen zu Moderne Theoretischen Physik III¨ SS 2016
Prof. Dr. A. Shnirman Blatt 7
PD Dr. B. Narozhny, P. Schad L¨osungsvorschlag
1. Fermigas bei T = 0 (10+10=20 Punkte, schriftlich) Betrachten Sie ein Gas ausN punktf¨ormigen fermionischen Teilchen mit der Masse m und mit Spin1/2. Die fermionischen Teilchen befinden sich in einem Volumen V =L3 bei Temperatur T = 0.
UmkF (pF =~kF) undF als Funktion vonN undV zu erhalten, berechnen wirN(kF), was sich mit der Fermiverteilung nF(k) darstellen l¨asst als
N = 2X
k
nF(k), (1)
mit einem Faktor 2 aus der Spinentartung 2s+ 1 = 2.
Meistens kann die Summe in (1) durch ein Integral ersetzt werden, und zwar genau dann, wenn die typischen Impulse im System ktyp viel gr¨oßer sind als die Impulsquan- tisierung ∼ ∆k = 2πL. Bei Fermionen kann jeder Zustand nur einfach besetzt sein, die Gr¨oßenordnung der typischen Impulse ist kF. F¨ur N 1 Fermionen ist kF 2πL sicherlich erf¨ullt und wir k¨onnen schreiben
X
k
∆3k
∆3k· · ·= 1
∆3k X
k
∆3k· · ·= V (2π)3
Z
d3k . . . . (2)
Im Fermigas beiT = 0, im Grundzustand, sind alle Zust¨ande bis zu einem Grenzimpuls kF besetzt, die Fermifunktion wird zur Stufenfunktion. Mit (1) und (2):
N = 2 V (2π)3
Z
d3k nF(k)T= 2=0 4πV (2π)3
Z kF
0
k2dk = V
3π2kF3 (3) und mit der Dichte n=N/V:
pF =~kF =~ 3π2n1/3
. (4)
Das ist das Ergebnis f¨ur pF f¨ur beide Teilaufgaben. Die innere EnergieU ist U = 2X
k
knF(k) = 2V (2π)3
Z
d3k knF(k) (5) Die innere Energie bei T = 0 ist die Grundzustandsenergie.
(a) Nichtrelativistisch: Mit (4) ergibt sich f¨ur die Fermienergie F = p2F
2m = ~2
2m 3π2n2/3
(6)
Die Grundzustandsenergie ist U = 2V
(2π)3 Z
|k|<kF
d3k~2k2
2m =· · ·= ~2V 2mπ2
Z kF
0
dk k4 = ~2V kF5
10mπ2 (7)
Als Funktion von N und V ist das U = ~2(3π2N)5/3
10mπ2V2/3 = ~2 10m
35π4N5 V2
1/3
. (8)
Der Druck P ist
P = (3π2)2/3~2
5m n5/3. (9)
Bemerkung: Man kann die Grundzustandsenergie auch mit der Fermienergie und der Teilchenzahl ausdr¨ucken:
U = 3
5N F. (10)
F ist hier die einzige Energieskala (pro Teilchen), deshalb war zu erwarten dass U von der Ordnung N F ist.
(b) Relativistisch: Die Fermienergie ist hier
F =cpF =c~ 3π2n1/3
. (11)
Wir berechnen die innere Energie im Grundzustand Urel = 2V
(2π)3 Z
|k|<kF
d3k c~|k|= c~V π2
Z kF
0
dk k3 = c~V kF4
4π2 (12)
= c~ 4
34π2N4 V
1/3
(13) und den Druck
Prel= c~
4 3π2n41/3
(14) Man kann auch im relativistischen Fall die Grundzustandsenergie durch Fermiener- gie und Teilchenzahl ausdr¨ucken, der Vorfaktor ist aber etwas anders: Urel= 34N F.
2. Statistik idealer (Quanten-) Gase (10+10+10=30 Punkte, schriftlich) Betrachten Sie folgendes Szenario: N punktf¨ormige Teilchen sollen auf M entartete Zust¨ande der Energieverteilt werden. Die Anzahl der Zust¨andeM ¨ubernimmt hier die Rolle des Volumens. Wir definieren außerdem die Dichte n =N/M, um die Ergebnisse mit n auszudr¨ucken.
(a) klassische ununterschiedbare Teilchen: Jedes der N Teilchen kann jeden der M m¨oglichen Zust¨ande einnehmen, was insgesamt MN M¨oglichkeiten ergibt. Wegen der Ununterscheidbarkeit der Teilchen sind diejenigen Vielteichenzust¨ande, die per Teilchenpermutationen ineinander ¨uberf¨uhrt werden k¨onnen identisch. Damit die- se Zust¨ande nicht mehrfach gez¨ahlt werden teilen wir noch durch die Anzahl N!
m¨oglicher Permutationen (Gibbs-Faktor). Die Anzahl unterschiedlicher Vielteil- chenzust¨ande ist also
ΓM B(N, M) = MN
N! (15)
(Bem.: Wir haben hier keine R¨ucksicht darauf genommen, ob die Zust¨ande einfach oder mehrfach besetzt werden k¨onnen. Wenn man das korrekt ber¨ucksichtigt kommt man zur Fermi-Dirac- oder Bose-Einstein-Statistik, siehe unten. Deshalb liefert die hier verwendete Maxwell-Boltzmann-Statistik auch nur im Limes kleiner Dichte, N M, korrekte Ergebnisse.)
Die Gesamtenergie der Vielteilchenzust¨ande ist immerN und es gibt gerade ΓM B(N, M) Zust¨ande. Die kanonische Zustandssumme ist also
ZK = ΓM B(N, M)e−βN = MNe−βN
N! (16)
F¨ur die freie Energie F =−kBT lnZK verwenden wir die Stirlingformel F =−kBT ln
MNe−βN N!
=N(−kBT) +N kBT lnN
M (17)
Das chemische Potentialµ= ∂N∂F
T,M ergibt sich zu (mit der Dichte n=N/M) µ=+kBT ln N
M =+kBT lnn (18) Bem.: Das ist, wie erwartet, nur f¨ur Dichten n < 1 ein sinnvolles Ergebnis (dann ist lnn <0). Es istµ(T →0) = , und es gibt eine Nullstelle bei T = k−
Blnn. (b) Bosonen: Im Fall von Bosonen kann jeder Zustand maximalN-fach besetzt sein. Die
Anzahl der Zust¨ande kann auf verschiedenen Wegen erhalten werden.Am einfach- sten ist folgende Variante: die Anzahl der M¨oglichkeiten,N Bosonen inM Zust¨ande zu verteilen ist identisch zur Anzahl der M¨oglichkeiten,N identische B¨alle inM Bo- xen zu verteilen. Wir k¨onnen die M¨oglichkeiten wie folgt bildlich darstellen: Boxen (Zust¨ande) durch und B¨alle (Bosonen) durch •. Z. B.
••• •. . . (19)
Das erste Element muss eine Box (Zustand sein). Dann bleiben N +M −1 Ele- mente, die in irgendeiner Weise angeordnet werden m¨ussen. Allerdings sind die Anordnungen identisch, die durch Permutation von Boxen oder durch Permutati- on von B¨allen ineinander ¨uberf¨uhrt werden k¨onnen, wir m¨ussen deshalb durch die Anzahl m¨oglicher Permutationen N! und (M −1)! teilen. Damit
ΓB(N, M) = (N +M−1)!
N!(M −1)! (20)
Die kanonische Zustandssumme ist (alle Zust¨ande haben gleiche Energie ) ZK = ΓB(N, M)e−βN = (N +M−1)!e−βN
N!(M−1)! (21)
F¨ur die freie Energie F = −kBT lnZK verwenden wir die Stirlingformel, (und N, M 1)
F =−kBT ln
(N+M −1)!e−βN N!(M −1)!
=. . .
=N +kBT Nln N
N +M +kBT Mln M
N +M (22)
F¨ur das chemische Potential erhalten wir nach Rechnung µ=+kBT ln N
N +M =−kBT ln
1 + 1 n
(23) Der temperaturabh¨angige Term ist in jedem Fall negativ. F¨ur kleine Dichtenn 1 istN M, in dieser N¨aherung erh¨alt man das Maxwell-Boltzmann-Ergebnis (18), µ=kBT. Es ist wiederµ(T →0) =, die Nullstelle ist beiT = −
kBlnN+MN .
(c) Fermionen: Jeder Zustand kann maximal einfach besetzt werden, um alleN Fermio- nen auf die M Zust¨ande zu verteilen darf die Anzahl der Fermionen nicht gr¨oßer sein als die Anzahl der Zust¨ande: N ≤ M. Wir verteilen die Fermionen auf die Zust¨ande: f¨ur das erste Fermion sind alle M m¨oglich, f¨ur das zweite noch (M−1), f¨ur das N-te noch in (M −(N −1)):
M(M −1). . .(M −N + 1) = M!
(M −N)! (24)
Wir m¨ussen jetzt noch ber¨ucksichtigen, dass manche der damit erhaltenen M¨oglich- keiten identische Permutationen sind, d.h. es ist egal ob Zustand m im ersten oder imn-ten Schritt besetzt wird. Anhand von Beispielen kann man leicht ¨uberpr¨ufen, dass die Anzahl identischer Permutationen genau N! ist. Die gesamte Anzahl un- terschiedlicher Konfigurationen ist also
ΓF(N, M) = M!
N!(M−N)!). (25)
Die Zustandssumme ist
ZK = M!e−βN
N!(M −N)!) (26)
F¨ur die freie Energie erhalten wir mit der Stirlingformel (und N, M 1) F =−kBT lnZK =. . .
=N +kBT Nln N
M −N +kBT Mln M
N +M (27)
Wir berechnen noch das chemische Potential und vereinfachen µ=+kBTln N
M −N =−kBT ln 1
n −1
(28) Auch dieses Ergebnis kann f¨ur kleine Dichten mitµ=+kBTlnn gen¨aher werden.
3. Chemisches Potential eines zweidimensionalen Elektronengases
(25 Punkte, m¨undlich) 2D-Elektronengas aus N-Teilchen in einer Fl¨ache A. Die Energien sind k = ~2m2k2. Die Fermiverteilung ist
nF(k) = 1
eβ(k−µ)+ 1 (29)
Wir berechnen zun¨achst großkanonisch die Teilchenzahl N als Funktion von (T, A, µ):
(Elektronen: Spin s= 1/2) N = (2s+ 1)A
Z d2k
(2π)2 nF(k) = 2A Z ∞
0
kdk 2π
1 eβ(~2m2k2−µ)+ 1
(30) Substituiere
z =β
~2k2 2m −µ
, dz = ~2
mkBT k dk.
damit wird der Ausdruck oben zu
N = 2AmkBT 2π~2
Z ∞
− µ
kB T
dz
ez+ 1 . (31)
Das Integral k¨onnen wir mit der im Hinweis angegebenen Substitution berechnen:
ez =t −→
Z b
a
dz ez+ 1 =
Z tb
ta
dt t(t+ 1)
= Z tb
ta
dt 1
t − 1 t+ 1
= ln t t+ 1
tb
ta
= ln ez
ez+ 1
tb
ta
(32) Damit
N = 2AmkBT 2π~2 ln
ez ez+ 1
∞
− µ
kB T
= AmkBT π~2 ln
1 +e
µ kB T
(33) Wir l¨osen nach µauf:
µ(T) = kBT ln
e
π~2N mkB T A −1
. (34)
Um die Limites kBT F und kBT F zu diskutieren schreiben wirµ als Funktion vonF. Die FermienergieF k¨onnen wir aus dem Grenzwert F =µ(T →0) bestimmen (oder wie in Aufgabe 1 in 2 Dimensionen):
F = lim
T→0kBT ln
e π~
2N mkB T A −1
=. . . ⇒ F = π~2N
mA . (35) Einsetzen in (34) liefert die Form
µ(T) =kBT ln
ekB TF −1
. (36)
Bei der Nullstelle µ= 0 muss das Argument des Logarithmus gerade gleich 1 sein, die entsprechende Temperatur ist also
Tµ=0 = F
kBln 2 (37)
Wir diskutieren noch die Grenzf¨alle und skizzieren µ(T):
kBT F : ln
ekB TF −1
= F
kBT + ln
1−e−kB TF
≈ F
kBT −e−kB TF µ(T)≈F −kBT e−kB TF =F − O
e−kB TF
kBT F : ln
ekB TF −1
≈ln
"
F kBT + 1
2!
F kBT
2
+. . .
#
µ(T)≈ −kBT lnkBT F
4. Planckverteilung und Strahlungsdruck
(13 + 12 = 25 Punkte, m¨undlich) (a) Die Verteilungsfunktion der Photonen in pro Impuls ist gerade die Boseverteilung
mit µ= 0 und Energien =c~|k|. Also
nB(|k|) = 1
eβc~|k|−1, (38)
was auch als Planckverteilung bezeichnet wird. Wir berechnen zun¨achst die Pho- tonendichte n(T). Die zwei m¨oglichen Polarisationsrichtungen werden mit einem Faktor 2 ber¨ucksichtigt. Die Dichte ist
n(T) = 2
Z d3k
(2π)3nB(|k|) = 2
Z d3k (2π)3
1
eβc~|k|−1 = 1 π2
Z ∞
0
k2dk eβc~k−1
subs.
= kB3T3 π2~3c3
Z ∞
0
y2dy ey−1
note= kB3T3 π2~3c3
∞
X
n=1
Z ∞
0
dy y2exp(−ny)
= 2kB3T3 π2~3c3
∞
X
n=1
1
n3 (39) Mit dem zweiten Hinweis erhalten wir
n(T) = 2k3BT3
π2~3c3ζ(3) (40)
mit der ´Apery-Konstante ζ(3), dem Wert der Riemannschen ζ-Funktion bei 3.
Was ist die Zahl der Photonenn?, die pro Zeitintervall dt und pro Fl¨achenelement dSauf den schwarzen K¨orper auftreffen? Zun¨achst istn? ∝dtundn? ∝dS, der Pro- portionalit¨atsfaktor ist der Photonenfluss in z-Richtung, senkrecht zur Fl¨ache dS.
Photonen bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeitc, die Geschwindigkeiten verteilen sich isotrop in alle Raumrichtungen. Es k¨onnen nur Photonen auf den schwarzen K¨orper auftreffen, die eine positive Geschwindigkeitskomponente inz-Richtung ha- ben, vz >0. Wegen der Isotropie sind das gerade die H¨alfte der Photonen, Faktor 1/2. Die z-Komponent ist vz(Θ) =ccos Θ, f¨ur die mittlere (positive) Geschwindig- keit inz-Richtung ¯vz,> integrieren wir ¨uber die positiven Werte von cos Θ
¯ vz,> =
Z π/2
0
vz(Θ) sin ΘdΘ =− Z π/2
0
ccos Θd(cos Θ) =−c Z 0
1
ydy= c
2 (41) Der positive Anteil des Photonenflusses ist also 12 · 2c ·n(T) = c n(T4 ). Damit ergibt sich die gesuchte Anzahl der Photonen zu
n? = cn(T)
4 dSdt= dSdt 4
2k3BT3
π2~3c2ζ(3). (42) (b) Auch f¨ur den mittleren Impuls¨ubertrag ¯pgilt ¯p∝dSdt, der Proportionalit¨atsfaktor ist jetzt aber Photonenfluss mal Impuls, wobei ¨uber alle Impulse mit der Verteilung (38) integriert werden muss. Die Anzahl der Photonen mit Impulsbetrag im Intervall (k, k+dk) und Winkel (θ, θ+dθ) zwischen Impulsrichtung und z-Achse ist
2×2πk2dksinθdθ 1 (2π)3
1
eβc~k−1 (43)
Faktor 2 wegen Polarisationsrichtungen und 2π aus Winkelintegration. Die Ge- schwindigkeit der Photonen istvz(Θ) =ccos Θ, der Impuls¨ubertrag istpz =~kcosθ.
Der auf den schwarzen K¨orper ¨ubertragene Impulsδpz pro Fl¨achenelement dS und Zeitintervalldt ist also
δpz =dSdt Z π/2
0
dθ Z ∞
0
dk
4πk2sin Θ (2π)3(eβc~k−1)
×ccosθ×~kcosθ
= c~dS dt 2π2
Z π/2
0
sinθcos2θdθ
| {z }
=13
Z ∞
0
dk k3 eβc~k−1
| {z }
Hinw.
= kB T
c~
4 π4 15
(44)
Mit den Ergebnissen der Integrale erhalten wir δpz = 1
2 π2 45
(kBT)4
(~c)3 dSdt. (45)
Das ist gerade die H¨alfte des angegebenen Ergebnisses f¨ur den Strahlungsdruck (Dimensionen: Druck=Kraft/Fl¨ache= Impuls/(Zeit Fl¨ache))
P = π2 45
(kBT)4
(~c)3 . (46)
Die andere H¨alfte des Beitrags kommt von den Photonen, die vom schwarzen K¨orper emittiert werden. Diese wurden hier nicht ber¨ucksichtigt.