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Thesen zur Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes

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für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspfl ege des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Zeitschrift der Fachhochschule

Ausgabe: Winter 2018

Thesen zur Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes

Notwendigkeit? Übel? Chance?

Prof. Dr. Holger Roll, FHöVPR M-V

Weiterentwicklung einer diversitätsorientierten und digitalisierten Lehre an der FHöVPR M-V –

Das Projekt E-Learning

Birke Sander, FHöVPR M-V

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Inhaltsverzeichnis

Thesen zur Forschung an den Hoch- schulen des öffentlichen Dienstes Weiterentwicklung einer diversitäts- orientierten und digitalisierten Lehre an der FHöVPR M-V – Das Projekt E-Learning

Interdisziplinäre Opferschutztagung – ein Tagungsbericht

Arbeits(zeit)modelle – Arbeitszeit ist Lebenszeit?!

4. Fachtagung der Jahresreihe „In Führung gehen“

„Erben und Vererben“

– eine gewinnbringende Lehrveran- staltung für alle Beteiligten Stärkung der Internationalisierung und Europafähigkeit

Zweite Fortbildungsreise nach Brüssel

Hochschulgesichter/-nachrichten Ausbildungsfahrt nach Prag Interview mit Stefan Nimke

Mitglied der Sportfördergruppe der Landespolizei M-V

Arbeitsbereich Hochschuldidaktik Veranstaltungen

Impressum

Seite 3

Seite 12

Seite 17

Seite 27

Seite 30

Seite 32 Seite 36 Seite 41

Seite 43 Seite 45 Seite 48 Seite 48

Dr. Marion Rauchert Liebe Leserin, lieber Leser,

unsere Arbeit in den zurück liegenden Monaten wurde maßgeblich durch den neuen Rekord-Einstellungsjahrgang geprägt. Fast 500 Nachwuchskräfte für den öffentlichen Dienst sind in diesem Jahr „an den Start gegangen“. Das sind noch einmal ca. 100 mehr als 2017.

Nicht zuletzt aufgrund der steigenden Zahlen erleben wir eine zunehmende Di- versität bei den Auszubildenden, Studierenden und auch bei den Fortbildungs- teilnehmenden. Es ist entsprechend herausfordernd, sowohl heterogene (Lern-) Gruppen zu bilden als auch die unterschiedlichen Bedürfnisse zur Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Anforderungen sowie in Bezug auf das Lernen selbst zu berücksichtigen.

Digitale Lehre bietet sich als ein vielversprechender und nachhaltig wirkender Lösungsansatz an, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Deshalb wurde an der FHöVPR M-V das Projekt „Weiterentwicklung einer diversitätsori- entierten und digitalisierten Lehre, Aufbau einer Lernplattform und Implemen- tation von E-Learning“ gestartet. Mehr darüber erfahren Sie auf den Seiten 12 bis 16.

Neben den aktuellen Herausforderungen dürfen jedoch strategische Überle- gungen nicht auf der Strecke bleiben. Dieser Thematik haben sich die Hochschu- len des öffentlichen Dienstes (HöD) im Rahmen eines Forschungsprojektes an- genommen. Unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stember von der Hochschule Harz wurde ein fundierter und systematischer Überblick über die Entwicklung, die aktuelle Situation sowie die zukünftigen Herausforderungen und Strategien der HöD erarbeitet. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört, dass sowohl seitens der Praxispartner als auch von den Hochschulen selbst ein deutlich steigender Bedarf an angewandter Forschung und wissenschaftlicher Praxisberatung ge- sehen wird. Die fachlichen und methodischen Kompetenzen der Hochschulen werden in diesen Bereichen angesichts der großen Herausforderungen für den öffentlichen Dienst – insbesondere wegen der demographischen Entwicklung sowie der umfassenden Digitalisierung der Lebens-, Lern- und Arbeitswelt - stär- ker denn je gebraucht. Wie unsere Hochschule hierfür gerüstet ist, lesen Sie in unserem zweiten Leitartikel auf den Seiten 3 bis 11.

Viele weitere Berichte über Tagungen, Veranstaltungen und unser Hochschulle- ben runden die zweite Ausgabe des „Backstein“ in diesem Jahr ab. Beispielswei- se thematisiert ein Beitrag die dritte interdisziplinäre Opferschutztagung an der FHöVPR M-V, bei der einmal mehr der Informationsaustausch und die Diskussion zwischen Vertreterinnen und Vertreten der verschiedenen beteiligten Fachdiszi- plinen im Fokus standen.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre unseres neuen „Backstein“ und vor allem eine schöne Weihnachtszeit sowie einen guten Start in ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr 2019!

Herzliche Grüße Ihre

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Thesen zur Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes

Notwendigkeit? Übel? Chance?

Mit diesem Beitrag soll versucht werden, thesenartig darzustellen, welche –

– – – – –

Voraussetzungen, Erfahrungen, Erfolgsfaktoren, Kompetenzen, Besonderheiten, Herausforderungen

für die Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes, insbesonde- re der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern1, bestehen.

Deutlich wird bei den nachfolgenden Thesen, dass auch Forschung möglich ist, wenn nicht alle Bedingungen gegeben sind. Es wäre denkbar, jede These für sich in einem gesonderten Beitrag zu beschreiben und Beispiele aus der Hochschul- praxis zu finden, wo genau der Aspekt von herausragender Bedeutung ist. Das soll an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen, sondern lediglich Einzelbeispiele mit Bezug zur FHöVPR M-V sollen die jeweilige These stützen.

1. Forschung an Hochschulen des öffentlichen Dienstes bedarf expliziter rechtlicher Grundlagen.

Betrachtet man rechtliche Rahmenbedingungen, so ist davon auszugehen, dass an der FHöVPR für Forschungsaktivitäten alle rechtlichen Voraussetzungen ge- geben sind.

Die FHöVPR wird als Hochschule des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Lan- deshochschulgesetz2 benannt (§ 1 Abs. 1 Ziff. 3 LHG M-V).

Die Aufgabenbeschreibung für Forschung wird im § 107 Abs. 1 LHG M-V für die Fachhochschule präzisiert und im § 107 Abs. 2 LHG M-V auf die gesonderte Re- gelung der Verwaltungsfachhochschullandesverordnung M-V3 verwiesen. Dort ist formuliert (§ 2 Abs. 4 FHöVPRLVO M-V), dass die „Die Fachhochschule … im Rahmen ihres Bildungsauftrags anwendungsbezogene Forschungs- und Ent- wicklungsaufgaben“ wahrnimmt.

Gem. §§ 19 und 20 FHöVPRLVO M-V leitet sich für Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten sowie Professorinnen und Professoren die Aufgabe ab: Sie

„nehmen die Aufgaben der Fachhochschule in Forschung, Lehre und Fortbildung nach Maßgabe der Ausgestaltung ihres jeweiligen Dienstverhältnisses selbstän- dig wahr“. Für die Lehrenden der FHöVPR M-V findet sich im § 2 Abs. 3 Ziff. a) der Regellehrverpflichtungssatzung4 der Passus, dass auf Antrag durch die Direkto-

Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg- Vorpommern = FHöVPR M-V

(Mecklenburg-Vorpommern, 2011) (Mecklenburg-Vorpommern, 2013)

(Satzung zur näheren Ausgestaltung der Regellehrverpflichtung an der Fachhochschule für öf- fentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern 2012)

1

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rin oder dem Direktor der FH eine Ermäßigung der Lehre für Forschungstätig- keiten gewährt werden kann.

Somit ist festzustellen, dass die FHöVPR über die rechtlichen Grundlagen verfügt, in deren Rahmen Forschungstätigkeiten aufgenommen werden können.

2. Forschung an Hochschulen des öffentlichen Dienstes bedarf entsprechender Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen beziehen sich u. a. auf die Bereiche:

Struktur und Organisation (Logistik intern)

Eine geeignete interne Organisationsstruktur, um Forschungsaufgaben wahr- nehmen zu können, bedarf einer Administration zur Koordinierung der For- schung innerhalb der Hochschule (z. B. eine Geschäftsstelle (zur Bearbeitung von Projektanträgen, Einwerben von Drittmitteln, zur Vorbereitung Koopera- tionsvereinbarungen usw.), ein Verantwortlicher für Forschungsaufgaben, die Etablierung von Forschungsinstituten5).

Von Vorteil ist, wenn eine Hochschule so strukturiert ist, dass mehrere Fach- bereiche Forschungsaufgaben wahrnehmen und eine interdisziplinäre Zu- sammenarbeit möglich ist.

Darüber hinaus spielt die Frage der finanziellen Mittel für Forschungszwecke eine Rolle. Ein Forschungsetat sollte im jeweiligen Hochschulhaushalt zur Verfügung stehen und Organisationsformen zur Akquise von Drittmitteln für Forschung und Wissenschaft sind zwingend notwendig.

Struktur und Organisation (Logistik extern),

Eine weitere Voraussetzung für Forschung an Hochschulen des öffentlichen Dienstes ist, dass diese in die Forschungslandschaft eingebracht werden. Das bedeutet, dass die jeweilige Hochschule nicht nur als Bildungs- und Studien- ort eine Außenwirkung erzielt, sondern eben auch als Wissenschaftsstandort und Serviceleister für anwendungs- und praxisbezogene Forschung wahrge- nommen wird. Das hat zur Folge, dass die Hochschule auch aktiv Forschungs- aufträge eruieren und Forschungsbedarfe feststellen muss.

Zeitliche Abläufe von Studium, Ausbildung und Fortbildung,

Die Studienzeiten müssen sich für die Lehrenden als forschungsförderlich darstellen (studienfreie Zeiten für die Lehrenden an den Hochschulen). Eine geeignete Struktur und Organisationsform der jeweiligen Hochschule (intern) sollte so gestaltet sein, dass neben der Hauptaufgabe der Lehre generell auch Forschungstätigkeit möglich ist.

Beispielhaft soll hier die Bestimmung der FHöVPR M-V benannt werden. Im

§ 2 Abs. 3 Ziff. a) der Regellehrverpflichtungssatzung6 wird der Direktor/die Direktorin befugt, die Lehrverpflichtung für Forschungszwecke zu ermäßi- gen für „Lehrende, soweit diese über eine vergleichbare wissenschaftliche Qualifikation verfügen, für Forschungstätigkeiten innerhalb von vier Jahren

So findet sich z. B. an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung, das mit Forschungsaufgaben betraut ist. (Hartman, 2018)

(Satzung zur näheren Ausgestaltung der Regellehrverpflichtung an der Fachhochschule für öf- fentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern 2012)

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eine Ermäßigung von bis zu 50 % der Jahresregellehrverpflichtung, soweit der Lehrbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird. Die Ermäßigung kann zeitlich zusammenhängend oder auch auf den Regelungszeitraum von vier Jahren verteilt werden.“

Personelle Voraussetzungen

Für die Hochschulen des öffentlichen Dienstes bedeutet dies, geeignetes wissenschaftliches Personal zu akquirieren. Hier befinden sie sich in direkter Konkurrenz zu Universitäten. Entsprechende strukturelle Voraussetzungen (Lehrstühle), mögliche Anreize, wie weitere wissenschaftliche Qualifikation z. B. hinsichtlich einer Promotion, würden sich als günstige Bedingungen erweisen. Hier wäre in den meisten Fällen eine Kooperation mit einer Uni- versität oder anderen Hochschule notwendig, die über das Promotionsrecht verfügen.

„Durch die Teilhabe des Lehrpersonals am Forschungsgeschehen wird ge- währleistet, dass in die Lehre die neuesten wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnisse einfließen. Zugleich bereichern Forschungsaktivitäten Lehre und Studium um zusätzliche Praxisbezüge und um interdisziplinäre Perspek- tiven.“7

Betrachtet man die Rahmenbedingungen an der FHöVPR M-V insgesamt, so ist zu konstatieren, dass diese nur ansatzweise gegeben sind. Insbesondere die Struktur und Organisation der Forschungsaktivitäten und z. T. die zeitlichen Ab- läufe der Ausbildung und des Studiums und der damit mögliche zur Verfügung stehende Zeitrahmen sind noch nicht darauf ausgerichtet auch größere For- schungsprojekte zu realisieren.

3. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte sich immer an Praxiserfordernissen orientieren

Entsprechend der spezifischen Aufgabenstellung von Hochschulen des öf- fentlichen Dienstes ist eine praxisbezogene Forschung der Bereich, in dem die Hochschulen wirken können. Vorteile bestehen darin, dass sie aufgrund ihrer spezifischen Aufgabenstellung (auch im Vergleich zu den Universitäten) einen Feldzugang haben, der für empirische Untersuchungen relevant sein kann.

Darüber hinaus bedeutet praxisbezogene Forschung, dass „Forschungsaufträge“

aus der Praxis eruiert werden. Die FHöVPR M-V wurde z. B. durch das Ministerium für Inneres und Europa in das Projekt zur Dunkelfelduntersuchung integriert. Die Polizeibehörden des Landes stützen und fördern die Untersuchungen zur Perso- nalführung/ Personalentwicklung. In Abhängigkeit von den jeweiligen fachlichen Schwerpunkten der Hochschule ist es somit möglich, spezifische Aufgabenstel- lungen der Praxis forschungsmäßig zu bearbeiten.

Ein anderer Aspekt soll diese These weiter stützen. Durch die Vergabe von The- men für Bachelor- oder Masterarbeiten durch die Praxis kann die Aufmerksamkeit der Behörden auf die jeweilige Hochschule gelenkt werden. Dazu führen auch öffentliche Verteidigungen dieser wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten und die Bereitstellung von bearbeitungsrelevanten Themen durch die Praxis. Positiv

(Bielfeldt und Pander 2018), S. 2

7

Prof. Dr. Holger Roll

Professor am Fachbereich Polizei an der

Fachhochschule für öffentliche

Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern

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ist hier einzuschätzen, dass die Behörden von Polizei und öffentlicher Verwaltung des Landes M-V Themen vorschlagen, deren Bearbeitung im Rahmen einer Ba- chelorarbeit für sie von Bedeutung sind.

Darüber hinaus bedeutet Forschung an der Fachhochschule für öffentliche Ver- waltung, Polizei und Rechtspflege auch, dass diese im Interesse der Bürger als auch der öffentlichen Hand gestaltet werden kann. Die Ergebnisse könnten so- fort landesweit in gerichtliche oder behördliche Verfahren integriert werden und machen die Entscheidungen effizienter.8

4. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte sich immer am Profil der jeweiligen FH orientieren und dieses in den Mittelpunkt stellen

Für die FHöVPR M-V bedeutet das, dass sich aus der Struktur der Fachhochschule Forschungsschwerpunkte ergeben.

So wären die Fachbereiche (Allgemeine Verwaltung, Polizei, Rechtspflege), der Kriminologische Forschungsdienst im Strafvollzug Mecklenburg-Vorpommern und das Institut für Fortbildung und Verwaltungsmodernisierung die Organisati- onseinheiten, die Forschungsaufgaben bewältigen können.

Im Zuge der Beschäftigung mit Forschungsaufgaben könnten in bestimmten Be- reichen „Kompetenzzentren“ entstehen, die neueste Erkenntnisse eruieren, sie für das Studium, die Aus- und Fortbildung aufarbeiten und in die Lehre einbrin- gen und umsetzen.

5. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte interdisziplinäre Forschung sein

Die Hochschulen des öffentlichen Dienstes verfügen im Regelfall über eng be- grenzte personelle und auch fachliche Ressourcen. Beschränkt man Forschungs- aufgaben auf einen einzelnen Bereich, so wird dieser damit „überfordert“. Dies kann sowohl die personelle, fachliche als auch die logistische Ebene (einschließ- lich der Rahmenbedingungen) betreffen. Aus diesem Grund macht es sich not- wendig, sich für Forschungsaufgaben zusammenzuschließen.

Die interdisziplinäre Aufgabenstellung zur Forschung bezieht sich intern auf Schnittstellen, z. B. der verschiedenen Fachbereiche oder anderer Institutionen der jeweiligen Hochschule. So wäre z. B. für die FHöVPR M-V ein möglicher Unter- suchungsgegenstand die Evaluation der Wirksamkeit der „Verwaltungsvorschrift betreffend das Überwachungskonzept für besonders rückfallgefährdete Sexual- und Gewaltstraftäter in Mecklenburg-Vorpommern „Für optimierte Kontrolle und Sicherheit“ (FOKUS).9 Involviert wären sämtliche Fachbereiche:

Vgl. (Bielfeldt und Pander 2018), S. 3 (Lorei und Hogrebe 2011)

8 9

– – –

Fachbereich Rechtspflege und der Kriminologische Forschungsdienst im Strafvollzug M-V: Anordnung der jeweiligen Maßnahme,

Fachbereich Allgemeine Verwaltung: Wiedereingliederung nach Haftentlas- sung in den Kommunen,

Fachbereich Polizei: Zuständigkeit für die Überwachung der Personen.

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Die Untersuchung derartiger Themen hätte den Vorteil, dass Fachlichkeit, Per- sonal, Logistik innerhalb der Hochschule konzentriert wären und somit auch die interdisziplinäre Aufgabenstellung effektiv bearbeitet werden könnte.

Interdisziplinarität der Fachgebiete der Forschungsthemen der Hochschulen des öffentlichen Dienstes besitzt aber noch eine zweite Perspektive. Anders als an vielen Universitäten sind aufgrund der Struktur viele Fachgebiete und Wissen- schaftsbereiche nicht vertreten. Somit muss die FHöVPR M-V bei spezifischen Themenbereichen mit anderen Hochschulen zusammenarbeiten und kooperie- ren. Im Projekt BIAS10 war es z. B. notwendig, die Kooperation mit der Hochschule Wismar für die spezifische Aufgabenstellung zur Entwicklung einer Datenbank einzugehen.

Dies könnten aber auch andere Bereiche (z. B. Psychologie, Soziologie, Rechts- medizin), die nicht an den Hochschulen vertreten sind, betreffen.

6. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte kooperative Forschung sein

Diese These würde sich unmittelbar aus der Interdisziplinarität der Forschung ableiten. Um zu forschen, bedarf es der Kooperationen verschiedener Einrich- tungen intern (innerhalb der Hochschule)11 und extern (mit verschiedenen Koo- perationspartnern).

Die interne Kooperation bezieht sich auf die Zusammenarbeit der Fachbereiche und Institutionen innerhalb der Fachhochschule12.

Die verschiedenen externen Kooperationspartner können wiederum Hochschu- len des öffentlichen Dienstes sein, die einen komplexen wissenschaftlichen Un- tersuchungsgegenstand gemeinsam mit unterschiedlichem Feldzugang bear- beiten. Dies können aber auch Hochschulen außerhalb des öffentlichen Sektors sein, deren Spezialwissen für Forschungszwecke benötigt wird. Für die FHöVPR M-V ist zu konstatieren, dass sehr gute Kooperationsbeziehungen in Forschung und Lehre mit den Universitäten in Rostock und Greifswald bestehen.

Kooperative Forschung mit anderen Institutionen hätte u. U. einen weiteren Ne- beneffekt.

Die FHöVPR M-V verfügt nicht über ein Promotionsrecht. Durch Zusammen- wirken mit Hochschulen, die darüber verfügen, bestände die Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Fachhochschule die Möglichkeit zur weiteren wissenschaftlichen Qualifikation erhalten (z. B. Promotion im Zusammenwirken mit Universitäten).

Andererseits kann die Kooperation z. B. in gemeinsamen Projekten auch dazu führen, dass wissenschaftlicher Nachwuchs für die FHöVPR M-V gewonnen wird.

Aber nicht nur das Zusammenwirken von Hochschulen und Universitäten unter- einander ist dieser These zuzuordnen, auch die Kooperation mit Praxisinstituti-

BIAS = Brandstifter-, Informations- und Analysesystem Die FHöVPR M-V führt seit 2006 eine For- schungsdatenbank zu Brandstiftungen. Es ist vorgesehen, den Datenbestand (mit einer neuen Datenbank) zu aktualisieren und den aktuellen Phänomenen der Brandstiftungen anzupassen.

Vgl. These: 5

Ein mögliches Projekt ist bereits unter Punkt 6 „Evaluation der Wirksamkeit der Verwaltungsvor- schrift betreffend das Überwachungskonzept für besonders rückfallgefährdete Sexual- und Ge- waltstraftäter in Mecklenburg-Vorpommern „Für optimierte Kontrolle und Sicherheit (FOKUS)“

beschrieben.

10

11 12

(8)

Vgl. dazu (Lorei und Hogrebe 2011)

13

onen kann von Bedeutung sein. So können die Hochschulen Forschungsaufgaben übernehmen, für die in der Praxis keine Kapazitäten vorhanden sind und deren eigentliche Aufgabe nicht in der Forschungstätigkeit liegt (z. B. an der FHöVPR M-V – Entwicklung und Erprobung von Verfahren und Instrumenten zur Perso- nalentwicklung in der Landespolizei M-V). Diese Kooperation hätte noch einen weiteren Vorteil, sie würde die Praxis einbeziehen und somit auch den Blick für die Wissenschaft/Theorie in der Praxis öffnen. Gemeinsam können dabei dann auch Erkenntnisse in Theorie und Praxis Erkenntnisse umgesetzt werden. Damit wäre auch eine weitere These, die hier nicht explizit betrachtet wird, verbunden:

Die Einheit von Lehre Forschung13.

7. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte studentische Forschung sein

Eine sehr wertvolle personelle Ressource der Forschung der Hochschulen des öffentlichen Dienstes sind die Studenten. Auch dieser Aspekt ist unter zweier- lei Blickwinkel zu betrachten. Zum einen unterstützen die Studenten mit ihrer Forschungstätigkeit im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten oder auch Projektbeteiligungen die Forschungstätigkeit der Hochschule. Insbesondere bei knappem wissenschaftlichem Personal ist das ein nicht zu unterschätzender Fak- tor. Die Qualität der Arbeiten ist oft von hohem Niveau und somit auch für die Außenwirkungen der Hochschulen von Bedeutung. Beispielhaft sollen hier drei studentische Arbeiten der FHöVPR M-V benannt werden, die in unterschied- lichen Bereichen prämiert wurden:

– Hahn, Josephine: „Mobilitätsverhalten von Sexualstraftätern in Mecklen- burg – Vorpommern“; Diplomarbeit 2006; Preis der Deutschen Gesell- schaft für Kriminalistik 2007;

©: Foto, DGfK, Böhle 2007

Abbildung 1: Preisübergabe an Josephine Hahn anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik (DGfK) 2007 durch (v.l.n.r.) Horst Clages (damaliger Vizepräsident der DGfK), Ingmar Weitemeier (damaliger Direktor des LKA M-V), Prof. Dr. Holger Roll (damaliger Präsident der DGfK)

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– Fedder, Eva-Maria: „Vergleich des Vernehmungsverlaufs bei offenen und geschlossenen Fragen“; Bachelorarbeit 2015; Zukunftspreis Polizeiarbeit 2016;

– Stein, Momo: „DNA der Pflanzen – eine neue Möglichkeit, um Straftaten aufzuklären“; Bachelorarbeit 2017; Förderpreis der Hochschulen für den öffentlichen Dienst in Kooperation mit dem dbb beamtenbund und ta- rifunion.

© http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/108531/3260522 (IM M-V, Ministerium für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpom- mern, Pressestelle, Michael Teich (2016)

Abbildung 2: Preisübergabe an Eva-Maria Fedder anlässlich des Europäischen Polizeikongresses 2016 in Berlin durch den Minister für Inneres und Europa M-V, Herrn Lorenz Caffier

Foto – © Renée Arnold (Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl)

Abbildung 3: Preisübergabe an die Preisträgerin Momo Stein durch(v.l.n.r.) Dr. Robert Klüsener (Rektor der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung), Prof. Paul Witt (Präsident der Rektorenkonferenz der Hochschulen für den öffent- lichen Dienst), Dr. Marion Rauchert (Direktorin der Fachhochschule) und Klaus Dauderstädt (dbb Bundesvorsitzender)

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Ein zweiter Aspekt soll ebenso hervorgehoben werden, Studenten, die forschen, sind für die spätere beruflich Tätigkeit bestens vorbereitet. Lorei und Hogre- be führen dazu aus: „Während Humboldt mündige Bürgerinnen und Bürger an- strebte, kann forschendes Lernen und Lehren analog mündige Beamtinnen und Beamten hervorbringen. Es ermöglicht weiterhin die Ausbildung einer umfas- senden sozialen Kompetenz sowie der Methodenkompetenz; insbesondere mit Arbeits- und Denksystematik sowie der Problemlösefähigkeit, welche die ent- scheidenden Eigenschaften in der modernen Arbeitswelt darstellen. Denn sozi- ale Kompetenz beschränkt sich nicht auf einige Kommunikations-, Stressbewälti- gungs- und Konflikttechniken, sondern bedeutet auch Umgang mit Komplexität und Uneindeutigkeit. Weiterhin erfordert sie Empathie und die Möglichkeit zum Perspektivenwechsel. All dies wird durch selbst forschendes Lernen gefördert.

Damit werden die Studierenden professionell auf eine kundenorientierte und so- zial komplexe Arbeitswelt vorbereitet. Dass dabei die Fachkompetenz nicht auf der Strecke bleibt, versteht sich von selbst, da durch Forschung die Aktualität der Lerninhalte sichergestellt ist. Selbstgesteuertes Lernen durch forschendes Ler- nen bedeutet effektiveres Lernen und legt die Basis für lebenslanges Lernen.“14

8. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes sollte Schwerpunktforschung sein

Hochschulen für den öffentlichen Dienst haben einen spezifischen Bildungs- auftrag und somit auch einen klar abgrenzbaren Gegenstandsbereich, der für wissenschaftliche Untersuchungen in Frage kommt. Es können nicht alle The- menbereiche bedient werden und es ist erforderlich, Themenschwerpunkte oder Projekte festzulegen, die bearbeitet werden können. Die Schwerpunktfestlegung wird durch einzelne Themen, die die Struktur der Hochschule, aber auch durch die Verfügbarkeit entsprechenden wissenschaftlichen Personals, bestimmt. An der FHöVPR M-V wären die inhaltlichen Forschungsschwerpunkte durch die Fachbereiche Allgemeine Verwaltung, Polizei und Rechtspflege bestimmt.

9. Forschung an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes muss Praxis und Wissenschaft verbinden

Diese ergibt sich aus der spezifischen Aufgabenstellung der Hochschulen. Neben der unter der 6. These benannten Kooperation hat die Verknüpfung Praxis und Wissenschaft noch einen anderen Vorteil. „Wenn Forschung die Inhalte verbes- sert und wichtige Kompetenzen der Studierenden ausbilden hilft, ist das ein Nut- zen für die Behörden, die optimal ausgebildete Absolventinnen und Absolventen der Fachhochschule und damit hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter erhalten. Daneben kann die Forschung an der Fachhochschule ähnlich einer Service-Dienststelle der Ansprechpartner für die Lösung von Aufgaben, Fragen und Problemen der Praxis sein. Was sie ja auch häufig ist. Forschung unterstützt Behörden aber auch dabei, ihre originären Aufgaben zu erfüllen, ihre Qualität weiterzuentwickeln, auf neue Entwicklungen rechtzeitig aufmerksam zu werden

(Lorei und Hogrebe 2011), S. 5

14

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und kompetent und professionell darauf zu reagieren.“15 Somit wird eine stets aktuelle Ausbildung gewährleistet und das macht die Absolventen zukunftsfähig.

Mit dem Ausbau der Forschung an der Fachhochschule für öffentliche Verwal- tung, Polizei und Rechtspflege Mecklenburg-Vorpommern kann die wissen- schaftliche Tätigkeit für den öffentlichen Sektor breiter aufgestellt und vor allem mit spezifisch regionalen Aufgaben- und Problemstellungen verknüpft werden.

Damit können aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis sofort ver- fügbar gemacht werden und sowohl in das Studium als auch in die Fortbildung eingebracht werden.

Angesichts des prognostizierten Mangels an Fachkräften im öffentlichen Sektor16 kann für Bewerber die Attraktivität des Studiums und der Ausbildung erhöht werden, wenn sich die FHöVPR M-V nach außen neben einem guten Bildungsan- gebot auch über wissenschaftliches Arbeiten und Forschungsaufgaben profilie- ren kann. Von Vorteil kann es sich hier auswirken, dass zum einen die Studenten mitwirken und zum anderen ein enger Praxisbezug (durch die spezifischen Auf- gaben der Hochschulen) gewährleistet werden kann.

Literaturverzeichnis

Bielfeldt, Sven, und Manfred Pander. Zukunftsperspektiven der Hochschule des öffentlichen Dienstes M-V. Entwurf Verordnung, Güstrow: FHöVPR M-V, 2018.

Bogumil, Jörg, und Werner Jann. Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag, 2005.

Lorei, C., und F. Hogrebe. „Von der Einheit von Lehre und Forschung.“ Spectrum, 02 2011: S. 4-6.

Detemple, Peter, Sandra Düsing, und Thorsten Schramm. Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst (Prognose und Handlungsstrategien bis 2030. Studie, Berlin: PWC, 2017.

„Satzung zur näheren Ausgestaltung der Regellehrverpflichtung an der Fach-

—. „Landesverordnung über die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Po-

schung. Berlin: Duncker & Humblot, 2002.

Sommermann, Karl-Peter, und Jan Ziekow. Perspektiven der Verwaltungsfor- Mecklenburg-Vorpommern, Land. „Gesetz über die Hochschulen des Landes

hochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Lan- des Mecklenburg-Vorpommern.“

Regellehrverpflichtungssatzung. Güstrow: FHöVPR M-V, 31. Dezember 2012.

Mecklenburg-Vorpommern.“ Landeshochschulgesetz - LHG M-V i.d.F. vom 25. Januar 2011; letzte berücksichtigte Änderung: §§ 4, 88, 104d geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Juli 2016 (GVOBl. M-V S. 550, 557).

Schwerin: Landesregierung, 2011.

lizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 08.

Januar.“ Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern.

Schwerin: Justizministerium Mecklneburg-Vorpommern, 16. Januar 2013.

(Lorei und Hogrebe 2011), S. 5

Vgl. (Detemple, Düsing und Schramm 2017), S. 8

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Herr B., Lehrender, steht an einem Pult und wischt mit dem Finger über ein groß- formatiges Tablet, während er mit der Lerngruppe vor sich kommuniziert. Am interaktiven e-Board hinter ihm ist ein virtueller Konferenzraum abgebildet. Wir befinden uns in einer Diskurswerkstatt, an der die anwesenden Lernenden und Absolventinnen sowie Absolventen des Studiengangs, die landesweit in der be- ruflichen Praxis aktiv sind, teilnehmen. Mittels digitaler Medientechnik entsteht über räumliche Grenzen hinweg die Möglichkeit eines lebendigen Austauschs.

Beide Gruppen diskutieren die berufliche Anwendung der mitunter sehr theore- tisch anmutenden Lerninhalte.

Die steigende Tendenz, E-Learning und neue Technologien in die Lehrgestal- tung zu integrieren, um u. a. die Verzahnung von Präsenz- und Praxisphasen der Auszubildenden und Studierenden zu optimieren, den heterogenen Lern- gruppen vielfältige und somit diversitätsorientierte Lernzugänge zu bieten sowie zukunftsorientiertes Lernen in einer digitalisierten Arbeitswelt zu ermöglichen (vgl. Bechmann, 2017), lässt sich in den Fachbereichen der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes M-V bereits seit ei- nigen Jahren verzeichnen. So werden z. B. im Fachbereich Polizei zur Fortbildung auch E-Learning-Formate einbezogen und in allen Fachbereichen der Einsatz von digitalen Medien und Lehr-/Lernmaterialien in der Lehre praktiziert. Lehrende nutzen bereits diverse digitale Optionen, Programme, Lernmaterialien und Tools zur aktivierenden Gestaltung des Unterrichts.

Da diese proaktive Entwicklung digitaler Lehre aller Fachbereiche den Einsatz eines zentralen und fachbereichsübergreifenden Lern-Management-Systems sinnvoll erscheinen ließ, wurden 2016/2017 in einem Vorprojekt die vorliegenden Bedarfe zu E-Learning und einem zu konzipierenden Lern-Management-System (LMS) in den drei Statusgruppen Auszubildende, Studierende und Lehrende aller Fachbereiche der FHöVPR M-V systematisch erhoben. Zeitgleich erfolgten Re- cherchen und Anwendungstests der an den Hochschulen des Landes Mecklen- burg-Vorpommern verwendeten Lern-Management-Systeme. Auf Grundlage der Befragungsergebnisse, Recherchen und Anwendungstests wurde im Jahr 2017 durch Herrn Matthias Held, Lehrender des Fachbereiches Polizei (Fachgruppe 6 - Polizeiliche Informationsverarbeitung), und Herrn Guido Witthuhn, Mitarbeiter der Stabsstelle Informations- und Kommunikationstechnik, unter fachlicher und technischer Beratung Herrn Ralf Helbigs, Leiter der Stabsstelle Informations- und Kommunikationstechnik, der Entwurf einer Lernplattform-Struktur entwickelt.

Um die Lernenden im Zeitalter der Digitalisierung bestmöglich auf zunehmend digitalisierte Arbeitsbereiche und Abläufe als auch kompetenzorientiertes Wis- sensmanagement (vgl. Sauter/ Scholz, 2015) und lebenslanges Lernen (vgl. Kul- tusministerkonferenz, 2016, 43ff.) bis hin zu hybrider Arbeitskultur und Digital Leadership (vgl. Ciesielski/ Schutz, 2016) vorzubereiten, erweitert die Fachhoch- schule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege M-V ihre Lehre mit E-Learning-Angeboten.

Weiterentwicklung einer diversitätsorientierten und digitalisierten Lehre an der FHöVPR M-V – Das Projekt E-Learning

Hochschuldidaktisches Fortbildungs- programm zu diversitätsorientierter und digitalisierter Lehre

Seit September 2017 nahmen insgesamt 102 Lehrende an den hochschuldidak- tischen Veranstaltungen der FHöVPR M-V teil, in denen Diversitätsthemen als auch die Heterogenität der Lerngruppen durchgängig Berücksichtigung finden.

Ungefähr die Hälfte aller Teilnehmenden nahm auch an mediendidaktischen Fortbil- dungen (u. a. e-Board-Schulungen, Lehr- videoerstellung, Rechtsfragen digitaler Lehre) teil. So waren es beispielsweise bei den e-Board-Schulungen:

E-Board-Schulung 1: 49 Teilnehmende E-Board-Schulung 2: 32 Teilnehmende

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Frau Dr. Marion Rauchert, Direktorin der FHöVPR M-V, erteilte im November 2017 einen Projektauftrag zur „Weiterentwicklung einer diversitätsorientierten und di- gitalisierten Lehre, Aufbau einer Lernplattform und Implementation von E-Lear- ning“. Die zentrale Steuerung dieses Projekts obliegt dem Arbeitsbereich Hoch- schuldidaktik des Instituts für Fortbildung und Verwaltungsmodernisierung, um Lehrenden sowohl hochschuldidaktische als auch spezifische E-didaktische Un- terstützung bei der Gestaltung ihrer digitalen Lehrformate zu bieten. Im Januar 2018 nahm die Projektgruppe ihre Arbeit auf. Sie besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der drei Fachbereiche, der Stabsstelle Informations- und Kommunika- tionstechnik sowie einem Projektgruppenmoderator und der Projektleitung. Die Projektgruppe widmet sich in zwei Fachgruppen („Lernplattform“ und „Digitale Lehre“) der schrittweisen Implementation digitaler Lehrformate und -settings an der FHöVPR M-V.

Projektziele und Projektphasen

Die Digitalisierung der Lehre ist zur Verbesserung der Lehr- qualität als neuer und zukunftsweisender Bereich der Hoch- schullehre im Sinne der E-Didaktik einzubeziehen, da E-Lear- ning-Formate neue Lehransätze erfordern und Lehrenden E-Kompetenz abfordern (vgl. Eichhorn et al. 2017). Hybrid- Formate aus E-Learning- und Präsenzphasen, wie z. B. das Konzept des Inverted Classroom-Model (vgl. Kenner/ Jahn, 2016), bieten der Fachhochschule Potenzial zur zielführenden Verzahnung von Ausbildungs-/Studien-/Präsenz- und Praxis- phasen über Blended Learning (vgl. Reinmann, 2003).

Wissen und Kompetenz können in derartigen Hybrid-For- maten kompetenz- und handlungsorientiert vermittelt sowie in der Praxis erprobt werden. Hierzu muss die Lernplattform implementiert, ihre Modulstruktur entwickelt und bei den Lehrenden etabliert werden. Begleitend zu der technischen Ermöglichung digitaler Lehre über die Nutzung der Lernplatt- form ist auch eine hochschuldidaktische Professionalisierung

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der Lehrenden in Hinblick auf Nutzungsmöglichkeiten der Lernplattform (Schu- lungen zum System) sowie der allgemeinen Hochschuldidaktik, insbesondere aber im Bereich der E-Didaktik durchzuführen. Das Projekt sieht folgende Projekt- phasen und -schritte vor:

Die langfristige Perspektive des Projekts nimmt hierbei nicht nur lediglich die eigentliche Hochschullehre in den Fokus, sondern ersieht bereits Einsatzbereiche für die Lernplattform und E-Didaktik in der sowohl internen als auch externen Personalentwicklung der Fachhochschule als auch im Bereich der Fortbildung. Da zu diesen Bereichen bereits erste Anfragen zum E-Learning aus Landesbehörden zu verzeichnen sind, sind entsprechende Bedarfe perspektivisch einzubeziehen.

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Erste Schritte

Im Februar erfolgte durch Herrn Sven Harder, Mediendidaktiker und wissenschaft- licher Mitarbeiter des Arbeitsbereiches Hochschuldidaktik, die Konzeption einer e-Board-Schulung als Einstiegs-Fortbildung der Lehrenden. Die Schulungen zum didaktischen Einsatz von e-Boards werden im Arbeitsbereich Hochschuldidaktik als Teil des hochschuldidaktischen Qualifizierungsprogramms durchgeführt. An der erstmaligen Durchführung des neu konzipierten hochschuldidaktischen Se- minars zur analogen und digitalen Lehr-Lern-Material-Erstellung nahmen bereits 16 Lehrende teil. Es ist angedacht, diese Veranstaltung, ebenso wie die e-Board- Schulungen, in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Im März stand für ei- nen Mitarbeitenden der Stabsstelle Informations- und Kommunikationstechnik sowie die Projektleitung überdies der Besuch der Bildungsmesse didacta zwecks Eruierung aktueller digitaler Lehr-Lern-Systeme, -Programme, -Methoden und transferabler Digitalisierungsansätze an. Derzeit werden das moodle-basierte Design der Lernplattform sowie die komplexe Synchronisation mit dem Hoch- schulinformations- und Datenbank-System der Fachhochschule (ANTRAGO-Sys- tem) konzipiert. Die gewonnenen Einblicke und Impulse fließen in die langfristige Ausrichtung der Digitalisierung der Lehre an der FHöVPR M-V ein.

In der Projektgruppe entstand die Idee, Good Practice-Beispiele der Lehre in den Fachbereichen zu sammeln, um allen Lehrenden der Hochschule einen Fundus an erprobten Lehrideen zur Verfügung zu stellen. Einige Good Practice-Lehr- ideen wurden bereits durch die Projektgruppenmitglieder in den Fachbereichen gesammelt sowie ein Format für die systematische Sammlung der Lehrideen und deren Präsentation entwickelt. In Form von online abrufbaren und zum Down- load zur Verfügung stehenden PDF-Dateien werden die Lehrideen allen Leh- renden fachübergreifende Anregungen bieten und die Lehrplanung erleichtern.

Lehrende aller Fachbereiche sind daher eingeladen, sich mit ihren Lehrideen und Lehrerfahrungen, nicht nur im Bereich der digitalen Lehre, sondern zu allen The- men der Lehrgestaltung, einzubringen.

Sie setzen einen didaktischen Ansatz, eine Methode oder ein spezifisches Vorge- hen ein, das bei Ihnen in der Lehrveranstaltung positiv wirksam wird? Nehmen Sie gern Kontakt zum Arbeitsbereich Hochschuldidaktik auf, Sie erhalten das Lehrideen-Formular und Unterstützung bei der Redaktion Ihrer Ideen. Wir bieten Ihnen darüber hinaus unsere hochschuldidaktische Beratung, Unterstützung und Qualifizierung. Wenden Sie sich gern an den Arbeitsbereich Hochschuldidaktik des Instituts für Fortbildung und Verwaltungsmodernisierung (Birke Sander, Tel.

03843-283-514, E-Mail: b.sander@fh-guestrow.de).

Mehr Informationen zum Projekt E-Learning, zur digitalen Lehre und zu den An- geboten des Arbeitsbereiches Hochschuldidaktik finden Sie unter:

www.fh-guestrow.de/fortbildung/fi/Hochschuldidaktik/

Birke Sander,

Leitung des Projekts E-Learning Arbeitsbereich Hochschuldidaktik

des Instituts für Fortbildung und Verwaltungs- modernisierung

an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Systematische Erfassung und Präsentation von Lehrideen

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Literatur

Bechmann, H. (2017). Neue Technologien im Hochschulbereich: Beobachtungen zur Bedeutung, Internationalität und Konsistenz der Trendstudie Horizon Report.

In: Bücker, D./ Dander, V./ Gumpert, A./ Hofhues, S./ Lucke, U./ Rau, F./ Rohland, H./ van Treeck, T. (Hrsg.): „Trendy, hip und cool“: Auf dem Weg zu einer inno- vativen Hochschule? Reihe Blickpunkt Hochschuldidaktik, Bd. 130. Bielefeld: W.

Bertelsmann Verlag, S. 45-53.

Ciesielski, M. A./ Schutz, T. (2016). Digitale Führung: Wie die neuen Technologien unsere Zusammenarbeit wertvoller machen. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.

Eichhorn, M./ Müller, R./ Tillmann, A. (2017). Entwicklung eines Kompetenzrasters zur Erfassung der ‚Digitalen Kompetenz‘ von Hochschullehrenden. In: Christoph Igel (Hrsg.), Bildungsräume. Proceedings der 25. Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW), Münster, New York 2017. S. 209-219. Ver- fügbar unter: http://www.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/67051940/gmw17_Di- gitale_Kompetenz_v04.pdf [zuletzt aufgerufen: 16.04.2018]

e-teaching.org (1) (Hrsg.) (2017): Inverted Classroom. Verfügbar unter: https://

www.e-teaching.org/lehrszenarien/vorlesung/inverted_classroom [zuletzt auf- gerufen: 16.04.2018]

e-teaching.org (2) (Hrsg.) (2017): Blended Learning. Verfügbar unter: https://

www.e-teaching.org/lehrszenarien/blended_learning [zuletzt aufgerufen:

16.04.2018]

Kenner, A./ Jahn, D. (2016). Flipped Classroom – Hochschullehre und Tutorien umgedreht gedacht. In: Eßer, A./ Kröpke, H./ Wittau, H. [Hrsg.]: Tutorienarbeit im Diskurs III - Qualifizierung für die Zukunft. Münster: WTM Verlag für wissen- schaftliche Texte und Medien, S. 35-58.

Kultusministerkonferenz (KMK) (Hrsg.) (2016). Bildung in der digitalen Welt. Stra- tegie der Kultusministerkonferenz.

Reinmann-Rothmeier, G. (2003). Didaktische Innovation durch Blended Learning.

Leitlinien anhand eines Beispiels aus der Hochschule. Bern: Huber.

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Sauter, W./ Scholz, C. (2015). Kompetenzorientiertes Wissensmanagement. Ge- steigerte Performance mit dem Erfahrungswissen aller Mitarbeiter. Wiesbaden:

Springer Gabler.

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Am 25.10.2018 wurde die dritte interdisziplinäre Opferschutztagung an der FHöVPR in Güstrow durchgeführt. Initiator war die Opferhilfe Rockstock e.V., die gemeinsam mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege und dem Ministerium für Inneres und Europa das Ziel verfolgte, die Interdisziplinarität des Opferschutzes durch Referenten aus unterschied- lichen Fachrichtungen zu betonen. Insbesondere Informationsgewinnung und Austausch der beteiligten Fakultäten standen im Fokus der Ausrichter. So wur- de der Fachtag in fünf thematische Abschnitte gegliedert. Zunächst erfolgte die Darstellung der Opferrechte, welche durch das 3. Opferrechtsreformgesetz neu normiert bzw. ergänzt wurde. Anschließend wurden die psychologischen und therapeutischen Aspekte erläutert. Die Funktion eines Opferschutzberaters bei der Polizei wurde ebenso wie die wesentlichen Ergebnisse der zweiten Dunkel- feldforschung in M-V dargestellt. Abschießend wurde die seit 2017 geschaffene Online-Opferberatung vorgestellt. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Simone Manß. Der Teilnehmerkreis setzte sich aus Vertretern der Justiz, der Polizei sowie der Opferberatung und Psychotherapie zusammen. Die 180 Teilnehmenden entsprachen damit der Zielgruppe und Konzeption der Opferschutztagung.

Nach der Begrüßung und thematischen Einführung durch die Direktorin der Fachhochschule Frau Dr. Rauchert wurden die Teilnehmenden durch den Leiter der Opferhilfe Rockstock e.V. Jochen Bruhn sowie eine Organisatorin der Veran- staltung, Frau Dr. Luscher, begrüßt. Die Moderatorin Frau Simone Manß begrüßte die Teilnehmenden und Herrn Dr. Garbe, den ehrenamtlichen Opferhilfeberater der Justiz. Dieser nutzte den Fachtag zur Vorstellung der neuen Funktion des Opferhilfeberaters der Justiz. Er war Richter und Abteilungsleiter beim Gene- ralstaatsanwalt in Rostock und nimmt nach seiner Pensionierung die Tätigkeit der Opferhilfe wahr. Ihm zur Seite stehen die Staatsanwältin Grimm sowie eine Bewährungshelferin. Sprechzeiten sind dienstags und donnerstags in Rostock, eine Hotline wurde eingerichtet. Sie sind zentrale Anlaufstelle für Opfer, da die- se häufig überfordert sind. Es sollen Gespräche geführt und Empfehlungen für Opferhilfeeinrichtungen gegeben werden. Er sieht seine Tätigkeit als Lotsenfunk- tion. Es sollen darüber hinaus Verfahrensabläufe sowie Entscheidungen der Poli- zei und der Staatsanwaltschaft/Gerichte erklärt werden. Damit soll Klarheit beim Opfer geschaffen werden.

Der erste Referent war Herr Dr. jur. Dipl.-Psych. Christoph Gebhardt, Vorsitzender Richter am OLG a.D., Sprecher des „Arbeitskreises der Opferhilfen in Deutsch- land“ (ado) zum Thema Opferschutz im Strafverfahren – wo stehen wir heute?

Die Opferschutznorm § 48 (3) StPO normiert, dass die Bedürfnisse jeden Opfers in den Blick genommen werden sollen. Eine besondere Bewertung der Opferbe- dürfnisse, also die Frage, ob z. B. eine Videovernehmung oder ein Ausschluss der Öffentlichkeit angezeigt ist. Der erweiterte Anspruch des Opfers auf Information über seine Rechte (§§ 406 i bis 406 k StPO). Gem. § 406 k StPO soll bekannt ge- geben werden, an welche Stellen sich die Verletzten wenden können und wer die Angebote gegebenenfalls übernimmt. Was fehlt im Strafprozess?

Wir haben sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland keine Legaldefinition des Opferbegriffs. Das österreichische Gesetzt schreibt „Opfer ist, wer Opfer sein

Interdisziplinäre Opferschutztagung – ein Tagungsbericht

Abbildung: Didaktische Konzeption der Opferschutztagung

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könnte“. Es fehlt in Deutschland eine Pflicht zur Durchführung richterlicher Vide- overnehmung im Ermittlungsverfahren. Österreich und die Schweiz haben eine solche gesetzliche Regelung, in Deutschland liegt es im Ermessen des Richters bzw. der Polizei. Die Kann-Bestimmung der Vorführung einer richterlichen Ver- nehmung in der Hauptverhandlung sollte eine Vorschrift werden, wenn das Op- fer dieses beantragt. Darüber hinaus wäre eine Verpflichtung aller Vernehmungs- personen (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht) zur Fortbildung wünschenswert und gut. Es gibt bisher keine derartige Regelung. Insbesondere für Staatsanwälte und Richter wäre es sinnvoll, rechtlich zulässig und faktisch nötig. Eine funktionie- rende Technik und drei Räume (ein Raum für Vernehmende, ein Raum für die übrige Verfahrensbeteiligten wie Beschuldigte/-r, Verteidiger, Staatsanwaltschaft sowie ein Technikraum) wären gut. Eine Beschränkung des Fragerechts bei besonders schutzbedürftigen Zeugen nach österreichischem Vorbild ist ebenfalls erstre- benswert. Dort heißt es sinngemäß „Ein Opfer muss Fragen nicht beantworten, die es für unzumutbar hält“. Bei Einstellungen nach dem Opportunitätsprinzip haben wir keine Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen, d. h., das geringwer- tigere Delikt wird eingestellt. Die Beschwerdemöglichkeit des § 172 StPO greift nur, wenn die Einstellung mangels an Beweisen erfolgt, nicht bei den sog. Op- portunitätseinstellungen. Die strafrechtlichen Regelungen zur Sexualdelinquenz wurden im November 2016 durch „Nein heißt Nein“ und die Neunormierung des

§ 177 StGB und § 184 i StGB ergänzt. Die Ausnutzung eines Angstmilieus reicht für die Tatbestandmäßigkeit des § 177 Abs. 5 StGB aus. Was fehlt im Strafrecht?

Die Verjährungsfristen für Sexualstraftaten sind ab 30. Lebensjahr 20 Jahre. Diese könnten noch weiter verlängert werden.

Fallbeispiel aus der Praxis: 2017 haben mehrere Täter einer jungen Frau „in den Schritt gegriffen“. Die Beschuldigten wurden vorläufig festgenommen und für vier Monate in Untersuchungshaft genommen. Bei der Begehung der Tat von mehreren gemeinschaftlich ist die Strafandrohung bis zu fünf Jahren Freiheits- strafe. Die Täter wurden zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Zu den Opfe- runterstützungsdiensten kann festgestellt werden, dass es in den Niederlanden sowie Schweden eine einheitliche Beratungslandschaft gibt. Das ist in Deutsch- land nicht der Fall. Wir haben den Weißen Ring sowie ein Netz feministischer Beratungsstellen. Darüber hinaus gibt es für Opfer spezieller Taten, z. B. Kindes- misshandlung, sexuelle Gewalt, häusliche Gewalt, konkrete Beratungsstellen. Mit dem 3. Opferrechtsreformgesetzt ist auf Forderung der EU die psychosoziale Prozessbegleitung eingeführt worden. Es muss überall psychosoziale Prozess- begleitung vorgehalten werden. Das Opfer wählt gem. § 406 g StPO einen Pro- zessbegleiter. Es handelt sich hier um eine schwache Ausgestaltung, da der Pro- zessbegleiter eine schwache prozessuale Stellung hat. Der Prozessbegleiter darf neben dem Opfer sitzen und Beistand leisten („Händchen halten“). Ansonsten bestehen keine Rechte im Strafprozess. Wir benötigen eine bundeseinheitliche professionelle Hilfe für alle Opfer sowie eine Evaluation und Weiterentwicklung der psychosozialen Prozessbegleitung. Die Bundesländer haben diese unter- schiedlich ausgestaltet. Darüber hinaus wäre es sehr wünschenswert, dass Zeug- nisverweigerungsrechte für Opferberater geschaffen werden, analog der Rege- lungen in Österreich und der Schweiz. Die europäische Opferschutzrichtlinie (Art.

28) regelt, dass über die Wahrung der Opferrechte in den Ländern zu berichten ist. Diese Opferberichte der Länder und des Bundes gibt es nicht, insoweit ist die EU-Rechtlinie nicht umgesetzt.

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Daran schloß Johannes Weisang, Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut, Mitglied des Vorstandes der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, Lehrthe- rapeut für Verhaltenstherapie, an.

Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern ein umfängliches Versorgungssystem für Menschen mit psychischen Erkrankungen, sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor.

Abbildung: Psychotherapeutische Versorgunglage in Meck- lenburg-Vorpommern

Meistens landet ein Opfer beim Hausarzt oder bei einem Therapeuten. Wir haben in M-V 220 niedergelassene Psychotherapeuten, sieben für Kinder und sieben die beides können. Die beste Versorgung besteht in Rostock, Schwerin und Greifswald. Im ländlichen Bereich ist die Versorgungslage nicht so gut. Es gibt drei verschiede Zugangswege in die ambulante Psychotherapie: die Psy- choanalyse, tiefenpsychologische Analyseverfahren und die Verhaltensthera- pie. Es handelt sich bei der Verhaltenstherapie um eine eigene Richtung, in der es nicht nur darum geht, Verhalten zu beeinflussen. Es werden Sprechstunden, Akutbehandlungen, Kurzzeittherapien, Probatorik sowie Landzeittherapien un- terschieden. Die Behandlungszeiten in der Langzeittherapie sind unterschied- lich und können in Einzelfällen auf bis zu 100 Stunden ausgeweitet werden. Die Neuerung der Psychotherapierichtlinie regelt seit April 2017, dass Psychothe- rapeuten zwei Stunden in der Woche für eine Sprechstunde freihalten müssen und in denen Akutbehandlung möglich ist, mit den Befugnissen von Kranken- haus-Einweisung, Krankentransport, Reha-Verordnung sowie Soziotherapie- Verordnung. Die durchschnittlichen Wartezeiten für ein psychotherapeutisches

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Erstgespräch betrugen im Jahr 2011 durchschnittlich 18 Wochen. Durch die Ein- führung der Sprechstunde und der Akutbehandlung hat sich die Zeit in 2018 auf 6,8 Wochen verbessert. Die Psychotherapeuten sehen die Patienten früher und können eine frühzeitige Diagnostik machen. Die Patienten haben einen An- sprechpartner, es gibt jedoch nicht mehr Therapeuten und die Kapazitäten ha- ben sich nicht verändert. Daher können auch in 2018 zwanzig Wochen vergehen, bis es zu einer Therapie kommt. Die Adressen der psychotherapeutischen Pra- xen befinden sich auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Meck- lenburg-Vorpommern. Die Sprechstunden werden in der Psychotherapeutischen Praxis nach Wahl vereinbart. Es besteht eine Vermittlungspflicht innerhalt von vier Wochen. Daneben gibt es in M-V die Traumaambulanzen, meistens an die Psychiatrie gekoppelt. Es geht um einen zeitnahen niederschwelligen Zugang.

Die Patienten werden stabilisiert und erste therapeutische Maßnahmen einge- leitet.

Postraumatische Belastungstörungen (PTBS) werden nach Vergewaltigungen bei ca. 50 % der Opfer diagnostiziert, zu 10 % nach Erleben eines Bahnsuizid und häufig nach sexuellem Missbrauch im Familienkontext. Trauma heißt seelische Verwundung (Tod eines Elternteils, Kündigung, Opfer einer Straftat pp.). Jeder niedergelassene Psychotherapeut kann Traumafolgestörungen behandeln. Es gibt auch unseriöse Anbieter, daher wurde das sog. Traumacurriculum geschaf- fen. Dieses sieht eine Fortbildung der Psychotherapeuten und deren Qualifizie- rung vor. Es ist durch die Ärztekammer zertifiziert und soll zur Orientierung im

„Traumadschungel“ beitragen. Das läuft seit drei Jahren und lt. aktuellem Stand sind elf Psychologische Psychotherapeuten und zwei Kinder- und Jugendlichen- psychotherapeuten qualifiziert.

Der Vortrag der Verfasserin (Prof. Dr. Rita Bley, FHöVPR Güstrow) zur zweiten Dunkelfeldbefragung in M-V, Vorstellung der Ergebnisse und erste Schlussfol- gerungen, stellt erste Ergebnisse zur zweiten Befragung der Bevölkerung in M-V zum relativen Dunkelfeld vor. Anfang 2018 wurde in Mecklenburg-Vorpommern eine Stichprobe von ca. 10.000 Einwohnern zu Viktimisierungsraten, Anzeige- verhalten, Sicherheitsgefühl und Kriminalitätsfurcht sowie der Zufriedenheit mit der Arbeit der Polizei befragt. Die Ziele der periodisch angelegten Dunkel- feldforschung sind in der Ergänzung der statistischen Daten im Hellfeld sowie der Ableitung von Schlussfolgerungen zu sehen. Es sollen verlässliche Daten zu Prävalenzen, zu Alter und Geschlecht der Opfer sowie deren Anzeigeverhalten generiert werden, um Interventions- und Präventionsansätze ableiten zu kön- nen. Ein weiteres Ziel ist damit auch die evidenzbasierte Polizeiarbeit. Die Be- fragung zur Erhellung des relativen Dunkelfelds in Mecklenburg Vorpommern wurde in 2018 zum zweiten Mal nach 2015 durchgeführt. Die Arbeitsgruppe un- ter der Leitung von KD Balschmiter verfolgte neben der Erhellung des relativen Dunkelfeldes das Ziel, den Fragebogen didaktisch zu modifizieren und damit zur Anwenderfreundlichkeit beizutragen sowie methodisch in Anlehnung an andere europäische Länder den sog. Methoden-Mix anzubieten. Es wurde eine Stichprobe von ca. 8.000 Befragten (Methodenmix) sowie ca. 2.000 Befragten als Kontrollgruppe (nur paper-pencil) gebildet. Die Befragten konnten fakultativ die paper-pencil-Variante wählen, den übersandten Papierfragebogen ausfüllen und zurücksenden sowie den Onlinefragebogen nutzen. Die Forscher erhofften sich

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eine höhere Teilnahmebereitschaft, insbesondere junger Menschen. Darüber hinaus sollen Menschen mit Migrationshintergrund, welche nicht der deutschen Schriftsprache mächtig sind, die Gelegenheit bekommen, den Fragebogen zu beantworten, daher wurde die Onlinevariante in den Sprachen deutsch, russisch und englisch angeboten. Die Befragung wurde durch eine Hotline begleitet. Der Rücklauf betrug insgesamt 40,2 %, 9 % wählten die Onlinevariante. Die Datenauf- bereitung erfolgte durch die Universität Greifswald, derzeit wird der Abschluss- bericht erstellt. Es handelt sich in diesem Artikel um erste Trendresultate bzw.

Ableitungen und Schlussfolgerungen zu einzelnen Deliktsbereichen. Inhaltlich wurden zunächst die Fragen zum Sicherheitsgefühl / zur Kriminalitätsfurcht ge- stellt, daran anschließend wurden die Viktimisierung in den Deliktsfeldern Raub, Diebstahl, Sachbeschädigung, Sexuelle Gewalt, Häusliche Gewalt, Betrug und Cybercrime sowie die Anzeige- bzw. Nichtanzeigegründe erfragt, gefolgt von der Zufriedenheit mit der Arbeit der Polizei sowie den demografischen Daten.

Zum Ende wurde ein freies Feld für Anregungen geschaffen. Jeder 5. Teilnehmer in M-V wurde in 2017 Opfer einer Straftat, die Prävalenzraten reichen von 0,3 % bei häuslicher Gewalt bis 8 % bei der Sachbeschädigung. Schwere Delikte wie Raub, Körperverletzung oder Sexualdelinquenz sind relativ selten. Insbesondere in den Deliktsbereichen Cybercrime, Diebstahl und Sachbeschädigung kam es zu Mehrfachviktimisierungen. Die Viktimisierungsraten sind im Vergleich zur er- sten Befragung in 2015 gesunken. Insgesamt lag die Viktimisierungsrate in 2017 bei 20 % und damit im Vergleich zur ersten Befragung vermindert. Deliktsspezi- fisch zeigt sich ein Rückgang beim Cybercrime auf 7,5 %. Beim Diebstahl wurde die Viktimiserungsrate halbiert (12,7 % in 2014 auf 6,4 % in 2017), ebenso zeigt sich der Trend beim Betrug (7,8 % in 2014 auf 4 % in 2017). Damit zeigt sich der im Hellfeld festgestellte Rückgang der Kriminalitätsrate auch im relativen Dunkelfeld. Die Daten lassen den Schluss zu, dass es sich bei der Verringerung der Delikte im Hellfeld nicht um eine Verdrängung ins Dunkelfeld handelt und damit um eine tatsächliche Kriminalitätsentwicklung. Die Viktimisierungsrate nach Alter und Geschlecht zeigt als Trendresultat, dass Männer häufiger Opfer von Straftaten werden als Frauen (57,9 % vs. 42,1 %). Jüngere sind mehr von Kriminalität betroffen, wobei es deliktsspezifische Unterschiede gibt. Opfer von Körperverletzung sind primär Männer im Alter von 22-39 Jahren, ca. die Hälfte der Opfer von Betrug sind über 50 Jahre alt. Die Viktimisierungsrate nach Alter und Geschlecht beim Cybercrime zeigt, dass grundsätzlich jedes Geschlecht und jedes Alter Opfer von Computerkriminalität geworden ist, wobei Männer im Alter von 30-59 Jahren leicht überrepräsentiert sind. Durchschnittlich wird jede vierte Tat angezeigt, die Anzeigebereitschaft ist gestiegen. Beim Betrug stiegt die An- zeigerate von 14,5 % (2014) auf 23,2 % in 2017. Und auch beim Deliktsfeld Raub wurde eine um 10 % erhöhte Anzeigebereitschaft festgestellt (30 % in 2014 zu 40 % in 2017). Bei den Körperverletzungsdelikten stiegt die Anzeigebereitschaft von 24 % (2014) auf 30 % (2017). Das Sicherheitsgefühl der Menschen in M-V hat sich verbessert. Kriminalitätsfurcht äußern sie insbesondere vor Internetbetrug, Sachbeschädigung und Raub. Als wahrgenommene Zeichen von Verwahrlosung wurden primär Müll auf Straßen u. Grünanlagen, unzureichende Straßenbeleuch- tung sowie Vandalismus, Graffiti etc. angegeben.

Zusammenfassend kann als Trendresultat festgestellt werden, dass die Viktimi- sierungsrate zurückgegangen ist und die Anzeigebereitschaft gestiegen ist. Die

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höchsten Prävalenzen wurden bei Cybercrime und Sachbeschädigungen festge- stellt. Beim Betrug an älteren Menschen war die Hälfte der Opfer über 50 Jahre alt. Als Schlussfolgerung für das Deliktsfeld Sachbeschädigung kann festgestellt werden, dass eine Heterogenität sowohl der Akteure als auch des Phänomens gegeben ist und damit im Rahmen der kommunalen Kriminalprävention die bes- ten Ansatzpunkte generiert werden können. Die beteiligten Akteure sollten sich vernetzen (ÖPNV, Graffitiwriter, öffentliche Verwaltung, soziale u. kulturelle Ar- beit, Privatunternehmen)1. Schäden von Vandalismus und Graffiti sollten mög- lichst frühzeitig beseitigt werden, Anreize für Beseitigung können zur Motivation beitragen. Eine konsequente Strafverfolgung sowie Restoritive Justice durch Tä- ter-Opfer-Ausgleich oder Schadenswiedergutmachung können hilfreich sein und zur Einsicht in das Unrecht der Tat beitragen. Darüber hinaus können Straftaten durch die Schaffung legaler Möglichkeiten für Graffiti verhindert werden. Die Konsequenzen für das Phänomen Cybercrime sind vielfältig, da sich dieses der- art heterogen zeigt (Phishing, Einsatz von Schadsoftware, Datendiebstahl durch social engineering, Digitale Erpressung, Infizierung des Computers, massenhafte Fernsteuerung von Computern pp.2), dass an dieser Stelle lediglich exemplarisch die technische Methoden (z. B. Entwicklung Analysetool SOCTA von Europol)3 sowie die Medienkompetenz durch Schulungen und Medienberichte unter Ein- bindung der Massenmedien angeführt werden. Die Bevölkerung sollte darüber aufgeklärt werden, dass jeder Computernutzer Opfer einer solchen Straftat wer- den kann und ein sensibler Umgang mit Daten und Skepsis jederzeit angebracht sind. Präventionsarbeit darf sich daher auch nicht nur auf Schulen konzentrieren.

Die Schlussfolgerung für Betrug an Älteren4 sind derart, dass potentielle Opfer gestärkt und aufklärt werden sollten. Darüber hinaus sollte deren Attraktivität und Erreichbarkeit für Täter reduziert werden, indem sie einerseits keine Wert- gegenstände zuhause haben (Verbleib des Tatertrags) bzw. die Schutzfaktoren erhöht werden (routine-activity-approach). Als Schutzfaktor kann die Präsenz wirksamer Guardians gefördert werden. Während jahrelang Bankenmitarbeiter geschult wurden, muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass dieser Präven- tionsansatz nur beim Enkeltrick wirksam ist und sich Betrüger zwischenzeitlich neu orientiert haben und mit anderen Betrugsmethoden (falscher Polizist pp.) agieren. Daher sollen als Guardians Personen aus dem Lebensumfeld der älteren Personen, wie z. B. Enkel, geschult werden und als Schutzfaktor fungieren.

Das Konzept der Online-Beratung wurde gemeinsam von Susanne Noa, Dipl.

Pädagogin Online-Beraterin (DGOB) der Opferhilfe Rostock und Frau Bannert von der Opferhilfe Sachsen e. V. vorgetragen. Es handelt sich um ein neues Bera- tungsangebot in der Arbeit der Opferhilfe.

Online-Beratung ist eine Form der Beratung, die mit Hilfe verschiedener Kommuni- kationsmittel, wie zum Beispiel Foren, Chats oder E-Mail über das Internet, angebo- ten und durchgeführt wird. Bei der Online-Beratung gibt es, wie auch bei der klas- sischen Beratung, Qualitätsmerkmale und professionelle Anforderungen die erfüllt

vgl. Müller, Kleele, Projekt Graffolution vgl. www.bka.de

vgl. Huber (2015): Cybercrime gegen Privatpersonen, S. 411 vgl. Görgen et al. (2012): Sicher leben im Alter, S. 21

1 2 3 4

Prof. Dr. Rita Bley Professorin am Fachbereich Polizei an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung,

Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern

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sein müssen, um eine angemessene, fachliche Beratung anbieten zu können. (vgl.

Heller 2002 und Döring 2010). Die Merkmale der Online-Beratung sind textbasierte, interpersonale oder Gruppenkommunikation, eine synchrone sowie asynchrone Kommunikation und sinnvolle Ergänzung der „Offlineberatung“ - kein Ersatz. Es besteht die Möglichkeit, die Beratungssituation zu jedem Zeitpunkt zu verlassen und damit eine niedrigere „Hemmschwelle“. Die Planbarkeit ist durch asynchrone Kommunikation und frei wählbare Zeitpunkte der Beratung ergeben. Das Opfer ist örtliche ungebunden. Die Freiwilligkeit ist ebenfalls ein wichtiges Merkmal der Online-Beratung. 66 % der Jugendliche nutzen die Online-Beratung, 44 % der deutschen Erwachsenen ebenfalls und auch Chats werden angeboten, ob- wohl die Online-Beratungen mehr nachgefragt werden. Online-Beratung ist in- ternetbasiert, d. h. ein internetfähiger Anschluss ist Voraussetzung und weitere Bedingung ist die Schulung der Berater. Obwohl es sich nicht um Face-to-face- Beratung handelt, wird es als Beratung von Mensch zu Mensch wahrgenommen.

Die Möglichkeiten und Grenzen sind in der Anonymität für die Klienten zusehen und die Online-Beratung gilt als Einstieg für Beratung immer dann, wenn ein Zu- gang zu Face-to-face-Beratung aufgrund des Mangels an Infrastruktur, persön- lichen Voraussetzungen (Alleinerziehende Mutter), Mobilität sowie finanzieller Ressourcen (Geld für Fahrscheine) nicht möglich ist. Das Internet ist jederzeit verfügbar und kostengünstig und jederzeit zugänglich. Es besteht eine Distanz zum Berater. Das schriftliche Fixieren von Anfragen und Problemen bewirkt im Prozess des Schreibens eine Mobilisierung von Selbsthilfekräften. Es erfolgt eine vorurteilsfreie Beratung (Status, Aussehen usw. bleiben unbekannt). Die Gren- zen sind darin zu sehen, dass Kontakte häufig einmalig sind. Nur Klienten mit Schreib- und Lesefertigkeiten (grammatikalische Fehler, Schreibfehler usw.) und Zugang zur Nutzung des Internets können diese Form der Opferberatung nutzen.

Die Tragfähigkeit der Beziehung und die Direktheit der Gefühle sind begrenzt.

Die Einschränkungen im methodischen Vorgehen sind derart, dass Kanalreduk- tion die Möglichkeit von Missverständnissen erhöht. Echtheit und Ernsthaftigkeit des Anliegens können in Frage gestellt werden. Fakeberatung ist problematisch, grundsätzlich wird jedoch von der Hilfsbedürftigkeit der Person ausgegangen.

Bei der Opferhilfe Sachsen e.V. handelt es sich um einen Verein acht Beratungs- stellen mit 17 Beraterinnen/Beratern. Finanziert wird die Online-Opferberatung durch das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Europa, Bußgelder und Spenden. Die konzeptionelle Phase der Onlineberatung begann im September 2012, die Weiterbildung der Mitarbeiter erfolgte im März 2013 und Online-Be- ratung wird seit Juni 2014 angeboten. Sie ist kostenlos, vertraulich und anonym.

Die Anzahl der Ratsuchenden ist von 2014 (25) auf 40 Beratungen in 2015 und 2016 angestiegen. Seit 2017 sind die Zahlen rückläufig, wahrscheinlich weil auch andere Opferberatungen eine Onlinemöglichkeit bieten. Das Geschlecht der Rat- suchenden ist zu ¾ weiblich. Im Querschnitt meldet sich überproportional oft die alleinstehende Frau Mitte Dreißig. Die Voraussetzungen für eine Online-Be- ratung sind qualifizierte Mitarbeiter, spezifische Software, SSL-Verschlüsselung sowie die Möglichkeit der externen Datenspeicherung. Es handelt sich um eine spezielle Beratungsform mit eigenem Setting.

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Blended Counseling bietet eine Mischform aus Offline- und Onlinekommuni- kation, die im Beratungsprozess Anteile der Online-Beratung und Anteile der Face-to-face-Beratung systematisch miteinander verbindet. Es ist ein zusätz- liches Angebot an z. B. diejenigen, die nicht mobil sind und daher nicht in die Face-to-face-Beratung kommen können.

Diejenigen, die nicht gut lesen und schreiben können, sind davon ausgeschlos- sen und werden eher in der Face-to-face-Beratung betreut. Es hat sich gezeigt, dass Hilfesuchende bereits am Anfang sehr ausführlich schreiben. Gerade die Flexibilität, d.h., wenn jetzt aktuell das Problem besteht, können die Gedanken/

Gefühle niedergeschreiben werden. Reflexivität setzt sowohl beim Ratsuchen- den als auch beim Berater ein. Online-Beratung sollte professionalisiert und in- stitutionalisiert werden. Der zeitliche Auswand der Beratung ist in etwa gleich.

Eine Vernetzung zwischen den Angeboten sollte angestrebt werden.

Fallbeispiel aus der Praxis

Frau, 30 Jahre, meldet sich online. Ihre Mutter wurde vor vielen Jahren von ihrem Bruder vergewaltigt. Die Klientin weiß es über Dritte. Es besteht 1,5 Monate On- line-Kontakt. Die Klientin kann nicht in die Beratung kommen, da sie im Schicht- dienst arbeitet, alleinerziehend ist und die Entfernung bis zur Beratungsstelle 70 km beträgt. Im Verlauf der Kommunikation wird die Reflexion beim Schreiben deutlich, die Klientin schreibt: „Macht es da denn Sinn, ihr zu sagen, dass ich es weiß??? Ich glaube nicht!!!

Die Klientin wird auf ihre Gefühle angesprochen: Wie fühlen Sie sich beim Lesen, wie fühlen Sie sich beim Schreiben. Eine weitere Technik ist Konfrontation und Zitation: „Aus Ihren Schilderungen lese ich heraus, dass Sie eine sehr stake und verantwortungsbewusste Frau sind. Das gleiche glaube ich auch von Ihrer Mutti und erlaube mir, hieraus eine These aufzustellen: Diese starke Ähnlichkeit macht es für Sie beide schwer. Sie schauen vorrangig auf die Andere. Das wurde für mich bei Ihren Worten deutlich „sie will immer, dass ich glücklich bin, aber ich wünsche mir, dass sie das auch für sich zulassen kann.“ Wann haben Sie das letzte Mal etwas für sich zulassen können?“ Nebensätze sollten beachtet werden: „Mei- ne letzte Frage für heute an Sie ist: Sie sprachen von eigenen Baustellen. Darf ich fragen, welche das sind? Es ist nicht die reine Neugier, vielmehr möchte ich wis- sen, ob ich etwas beachten muss.“ Wichtig ist, sich auf die Kommunikation und den Schreibstil des Klienten einzulassen. Schreibt der Klient z. B. mit Sie, dann wird auch so geantwortet, es gibt jedoch das sog. „Arbeits-Du“. Der Schreibstil sollte beachtet werden, z. B. Hervorhebungen „DICH“, „dich“ und es sollte eine Orientierung an der Wortwahl des Klienten „Mutti statt Mama“ erfolgen. Emoji haben auch in der Online-Beratung Platz und dienen der Auflockerung.

Frau Frese von der Polizeinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim konnte selbst nicht zugegen sein, stellte aber ihre Präsentation zur Verfügung. Die Umsetzung der Opferhilfe in ihrer Polizeiinspektion wurde vor zwei Jahren implementiert und sieht individuelle Beratungen der Opfer durch eine speziell ausgebildete Op- ferschutzbeauftragte vor.

„Opfer einer Straftat geworden zu sein, gehört für die meisten Menschen zu den negativ einschneidenden Ereignissen in ihrem Leben und ist mit hoher Emotio- nalität behaftet.

Abbildung

Abbildung  1:  Preisübergabe  an  Josephine  Hahn   anlässlich  der  Jahrestagung  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Kriminalistik  (DGfK) 2007 durch (v.l.n.r.)  Horst Clages  (damaliger Vizepräsident der DGfK),  Ingmar Weitemeier  (damaliger Direktor des
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