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Eltern müssen ihren Kindern etwas zutrauen

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32 phIakzente 4/2013

PHZH live | Forschung

Übertritt von der Primarschule in die Sekundarstufe

Eltern müssen ihren

Kindern etwas zutrauen

Der Übertritt von der Primarschule in die Sekundarstufe I ist ein einschneidendes Ereignis in der Schulbiografie von Schülerinnen und Schülern, er wirkt sich u.a. auf das Selbstvertrauen und die Lernfreude aus. Das zeigt die Studie «Transition» der PH Zürich und der Universität Zürich. Studienleiter Alex Buff schildert, wie Eltern und Lehrpersonen die Kinder in dieser Zeit unterstützen können. |

Das Gespräch führte Nora Heinicke

Alex Buff, was hat den Ausschlag für Ihre Studie gegeben?

Alex Buff: Uns interessierten vor allem folgende Fragen: Was spielt sich in der Zeit des Übertritts in den Familien ab?

Wie verhalten sich die Eltern? Wie neh­

men die Kinder das wahr und welchen Einfluss hat dies auf die Entwicklung des Selbstvertrauens und des emotiona­

len Befindens? Wir haben den Fokus bewusst auf die Familie und nicht auf die Schule gelegt, weil im deutschspra­

chigen Raum kaum Studien existieren, die im Zusammenhang mit dem Über­

tritt die Familie ins Zentrum stellen.

Das ist aber wichtig, da die grossen in­

ternationalen Vergleichsstudien wie et­

wa PISA wiederholt die zentrale Rolle des familiären Hintergrunds für den Lernerfolg der Kinder aufgezeigt haben.

Zudem ist in vielen Untersuchungen nachgewiesen worden, welche Bedeu­

tung das Selbstvertrauen für erfolgrei­

ches Lernen hat.

Wie sind Sie vorgegangen in der Untersu- chung?

Die Studie besteht aus zwei Teilen, die zeitlich parallel liefen: In einem ersten Teil wurden 400 Elternpaare und deren Kinder schriftlich befragt. Die insgesamt neun Befragungen fanden im Zeitraum

von ca. Mitte der 6. Klasse bis zum Be­

ginn der 8. Klasse statt. Im zweiten Teil haben wir mit zwanzig der Eltern­Kind­

Paare und den jeweiligen Klassenlehr­

personen Interviews geführt. Alle Be­

fragungen und Interviews waren zeit­

lich so gelegt, dass sie jeweils vor oder nach wichtigen Stationen im Übertritts­

verfahren lagen, z.B. vor oder nach Ma­

thematikprüfungen im Zeitraum vor dem Zuweisungsentscheid. Wir haben uns auf das Schulfach Mathematik kon­

zentriert, da es beim Übertritt eine gros­

se Rolle spielt.

Welches sind die wichtigsten Ergebnisse in dem Projekt?

Wir haben festgestellt, dass die Lern­

freude in der Zeit des Übertritts sinkt.

Und wir konnten zeigen, dass die Eltern

durch ihr Verhalten die Lernfreude ihrer Kinder beeinflussen. So wirkt sich elter­

liche Unterstützung – beispielweise im Sinne einer Ermunterung zu eigenstän­

digem Arbeiten und Problemlösen – po­

sitiv auf die Entwicklung des Selbstver­

trauens aus. Ein höheres Selbstvertrau­

en wirkt sich wiederum positiv auf die Entwicklung der Lernfreude aus. Umge­

kehrt wirkt es sich negativ auf die Lern­

freude aus, wenn Eltern ihren Kindern ungebeten helfen, beispielweise bei Prüfungsvorbereitungen oder Hausauf­

gaben.

Welche Gründe gibt es für diese Erkennt- nisse?

Durch Ermunterung zu eigenständigem Arbeiten und Problemlösen signalisie­

ren die Eltern, dass sie dem Kind etwas zutrauen. Durch ungebetene Hilfe zei­

gen sie eher, dass dies nicht der Fall ist.

Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie über ein Problem grübeln, es zu lösen versuchen und jemand kommt und sagt: «Komm ich zeige dir, so musst du das machen.» Was würden Sie denken?

Wahrscheinlich: «Der traut mir offen­

sichtlich nicht zu, dass ich es selber kann.» Mit der Zeit hinterlassen solche Schlussfolgerungen Spuren im Selbst­

vertrauen, es sinkt.

«Durch Ermunterungen zu eigenständigem Arbeiten signalisieren die Eltern, dass sie dem Kind etwas zutrauen.»

Alex Buff, Leiter der Transition-Studie

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phIakzente 4/2013 33

Foto: UZH, Institut für Erziehungswissenschaft

Was bedeuten die Resultate für Eltern und Lehrpersonen?

Einem Rückgang des Selbstvertrauens und Absinken der Lernfreude stehen El­

tern und Lehrpersonen nicht machtlos gegenüber. Durch die erwähnte elterli­

che Ermunterung zu eigenständigem Arbeiten und Problemlösen können sie diesen Entwicklungen entgegenwirken.

Ungebeten zu helfen sollten sie eher unterlassen – auch wenn das Angebot eigentlich gut gemeint ist. Eltern und Lehrpersonen sollten den Kindern, wenn immer möglich, signalisieren, dass sie ihnen etwas zutrauen. Vermie­

den werden sollten Verhaltensweisen oder Botschaften, welche den Kindern signalisieren, dass sie an den Möglich­

keiten der Kinder zweifeln, Probleme oder Aufgaben selber zu lösen.

Gab es auch Überraschungen bei den Er- gebnissen?

Wir planten die Studie vor einem klaren theoretischen Hintergrund und hatten daher auch relativ eindeutige Erwar­

tungen, welche Zusammenhänge sich zeigen sollten. Die bisherigen Resultate

entsprachen über weite Strecken unse­

ren Erwartungen. So gesehen waren sie (noch) nicht wirklich überraschend. Das mag für einige vielleicht nicht beson­

ders spektakulär klingen. Aber: Was theoretisch angenommen wird, muss noch lange nicht stimmen. Entschei­

dend ist, die Annahmen zeigen oder

«beweisen» zu können. Die Annahme alleine, sei sie auch noch so plausibel, reicht in unserem Verständnis von For­

schung nicht aus!

Was passiert nun mit den Ergebnissen?

Einige Ergebnisse wurden den beteilig­

ten Familien in einer Informationsbro­

schüre zugänglich gemacht. Und wir publizieren in wissenschaftlichen Zeit­

schriften. Ausserdem werden die Ergeb­

nisse in verschiedenen Veranstaltungen an der PH Zürich einem breiten Publi­

kum aus dem Bildungsbereich kommu­

niziert. Insbesondere im Rahmen des Moduls «Forschung und Entwicklung in der Ausbildung» können die Ergebnisse und Daten des Projekts auch in die Leh­

re einfliessen.

Alex Buff ist Forschungsgruppenleiter der For- schungsgruppe «Literalität, Motivation und Lernen» der PH Zürich. alex.buff@phzh.ch Nora Heinicke ist wissenschaftliche Mitarbeite- rin in der Abteilung Forschung und Entwick- lung der PH Zürich. nora.heinicke@phzh.ch Elterliche Unterstützung wirkt sich positiv auf die Entwicklung des Selbstvertrauens und die Lernfreude der Kinder aus.

Über das Projekt

Die Studie «Transition – Elterliche Unter - stützung und motivational-affektive Entwicklung beim Übertritt in die Sekundarstufe I» ist ein Kooperations- projekt der PH Zürich (Alex Buff, Ab teilung Forschung und Entwicklung, Forschungs- gruppe «Literalität, Motivation und Lernen») und der Universität Zürich (Lehrstuhl Kurt Reusser, Institut für Erziehungswissenschaft). Sie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt. Laufzeit: 1. Oktober 2008 bis 30. September 2013.

Weitere Informationen:

www.transition-study.ch

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