BLÄK informiert
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Bayerisches Ärzteblatt 12/2015cen für gesundes Aufwachsen“ vor und fasste die Empfehlungen für gesundheitsbezogene Prävention bei Kindern und Jugendlichen zu- sammen. Sie verwies darauf, wie vielfältig die Ursachen für Krankheiten, Störungen und Be- einträchtigungen seien und dass man jeweils die Zusammenhänge berücksichtigen müsse.
So könnten beispielsweise Adipositas, erhöhter Medienkonsum und psychische Erkrankungen miteinander zusammenhängen. Wichtig sei, die Lebenssouveränität der Kinder und Jugendli- chen zu stärken, also sie zu befähigen, ihre Res- sourcen hinsichtlich Bildung und Gesundheit zu nutzen und mit Risiken bewusst umzugehen.
Im Umgang mit Menschen mit Behinderung forderte Permien einen Paradigmenwechsel.
„Hier müssen wir wegkommen von der bloßen Fürsorge für Behinderte, sondern ihnen mehr Selbstbestimmung ermöglichen“, appellierte sie. Auch rief sie zu mehr Kooperation in der Gesundheitsberichtserstattung auf und sprach sich für ein bundesweites Monitoring aus. Für notwendig hält sie auch die Einrichtung eines deutschlandweiten Registers, in dem Daten zur Kindesmisshandlung erfasst werden.
Nach den Impulsvorträgen hatten die 150 Teil- nehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, sich interaktiv in die Diskussion einzubringen. Am Nachmittag wurden einzelne Projekte zur Prä- vention und Gesundheitsförderung von Kin- dern und Jugendlichen vorgestellt.
Sophia Pelzer (BLÄK) hoch, von den Kindern mit Migrationshinter-
grund nähmen nur 70 Prozent die Vorsorge- untersuchungen wahr. Die sogenannte J1-Un- tersuchung, die für Kinder zwischen zwölf und 15 vorgesehen ist, werde kaum wahrgenom- men. Auffällig sei auch die Zahl der Kinder, die an einer Allergie leiden. Mit rund 300.000 Be- troffenen bei 1,7 Millionen Kindern in Bayern leide jedes fünfte Kind an einer Allergie. Beim Thema Impfen weise Bayern eine hohe Durch- impfungsrate auf. Lediglich die Masernimpfrate sei verbesserungswürdig. Während 95 Prozent der Kinder eine Erstimpfung haben, gingen je- doch nur rund 90 Prozent der Eltern mit ihren Kindern zur Zweitimpfung, was problematisch sei, so Wildner. Weiter machte er auf regiona- le Unterschiede hinsichtlich der Verordnung von Antibiotika aufmerksam. Denkbar sei eine Korrelation mit der Facharztdichte: je mehr Pädiater eine Region vorweise, umso weniger Antibiotika würden verordnet, weil hier diffe- renziertere Diagnosen durchgeführt würden.
Bezüglich des Konsums von Nikotin oder Alko- hol seien die Zahlen rückläufig. Sorge bereite- ten jedoch der Umgang mit der sogenannten E-Zigaretten oder synthetischen Drogen sowie neue nicht-stoffgebundene Süchte, wie zum Beispiel die Nutzung elektronischer Medien.
Dr. Hanna Permien, ehemals Deutsches Ju- gendinstitut München, präsentierte den 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesre- gierung, der jede Legislaturperiode neu aufge- legt wird. Sie stellte die Auszüge „mehr Chan-
Prävention in allen Lebenswelten
Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht be- einflusst das Gesundheitsbewusstsein und den jeweiligen Lebensstil von Kindern und Jugendli- chen. Künftig ginge es darum, sozial bedingte ge- sundheitliche Ungleichheit zu vermindern. Darauf verwiesen die Referentinnen und Referenten auf dem Fachtag der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V. (LZG) zur Prävention und Gesund- heitsförderung bei Kindern und Jugendlichen, der Anfang November in München stattfand.
Ministerialrat Professor Dr. Wolfgang Casel- mann, Leiter des Referats Medizinische Fach- angelegenheiten, Gesundheitsförderung und Prävention im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP), sprach über die Umsetzung des im Juni verabschie- deten Gesetzes zur Stärkung der Gesundheits- förderung und der Prävention (PrävG). Mit dem PrävG solle eine Verbesserung der Prävention in Lebenswelten wie Kindergarten, Schule und Familie umgesetzt und gesundheitsförderliche Strukturen gefördert werden. Die Bundeszen- trale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sei verpflichtet worden, Präventionsmaßnah- men in den jeweiligen Lebenswelten umzu- setzen. Caselmann stellte die Neuregelungen der nationalen Präventionsstrategie vor. So sei der Höchstzuschuss für ambulante Vor- sorgeleistungen vergrößert worden, künftig gebe es Präventionsempfehlungen für Kinder und Jugendliche und eine Fortentwicklung der Früherkennung. In Sachen Pflege würden Prä- ventionsleistungen in stationären Pflegeein- richtungen finanziell bezuschusst. Auch solle im Impfausweis ein Terminvorschlag für eine Auffrischungsimpfung vermerkt werden. Mit Blick auf das neue Jahr kündigte Caselmann an, die nationale Präventionsstrategie genau- er ausgestalten zu wollen. Handlungsfelder, Zuständigkeiten und die Mitwirkung weiterer Organisationen würden definiert.
Professor Dr. Manfred Wildner, Bayerisches Lan- desamt für Gesundheit und Lebensmittelsicher- heit (LGL), stellte den Gesundheitsbericht Bayern vor. „Jedes siebte Kind in Bayern ist armutsge- fährdet“, sagte er. Besonders Kinder von Allein- erziehenden und mit Migrationshintergrund seien von Armut betroffen. Positiv zu vermel- den sei eine geringe Säuglingssterblichkeit so- wie eine um 50 Prozent geringere Kindersterb- lichkeit als noch im Jahr 1998. Auch beim Punkt Vorsorgeuntersuchungen gebe es Positives zu vermelden. Mit 95 Prozent sei die Zahl der teil- nehmenden Kinder an Vorsorgeuntersuchungen
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten zahlreiche Vorträge zur Prävention und Gesundheitsförderung.