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Kopierschutz für Arzneimittel

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66 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2016 | www.diepta.de

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merikanische Gesund- heitsökonomen bezif- fern die Entwicklungs- kosten für neue Arznei- mittel auf bis zu zwei Milliarden Euro. Auch wenn diese Summe ein bisschen hoch gegriffen scheint, ist unstrittig, dass in jedem neuen Medikament ein hoher finanzieller Aufwand für die Entwicklung des Wirkstoffs und für die Erprobung steckt. Deshalb sind innovative Fir-

men darauf angewiesen, dass sie einen zeitlich befristeten Schutz vor Nachahmung erhalten, um die Aus- gaben durch Erträge wieder decken und neue Produkte entwickeln zu können. Hier kommt der gewerbli- che Rechtschutz ins Spiel, der unter anderem das Patentrecht umfasst.

Dieses verfolgt zwei Ziele: Zum einen belohnt es Patentinhaber durch ein befristetes und räumliche begrenztes Nutzungsmonopol. Diese

Zeit beträgt weltweit einheitlich 20 Jahre. Zum anderen erfüllt es eine wichtige Informationsfunktion und macht technische Erfindungen allge- mein zugänglich. Denn die Patent- schriften werden veröffentlicht und sind Anreiz für weitere Innovatio- nen. Ohne Patente würden viele For- schungsergebnisse möglichst lange geheim gehalten, damit Mitbewerber das Know how nicht einfach kopie- ren können Von dieser Transparenz durch das Patentrecht profitieren an- dere Forscher, Entwickler und Ver- braucher gleichermaßen.

Erfindung versus Entdeckung Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinde- rischen Tätigkeit beruhen und ge- werblich anwendbar sind. So steht es im Patentgesetz.

Die Begriffe „Erfindung“ und „Ent- deckung“ werden mitunter verwech- selt. „Entdeckt“ wird etwas Unbe- kanntes, was jedoch bereits existiert und lediglich aufgefunden wird. Als Beispiel sei die Röntgenstrahlung ge- nannt, die Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt wurde. Im Gegensatz dazu betrifft die „Erfindung“ etwas, was bisher nicht da gewesen, also neu (und nicht naheliegend) ist. In unse- rem Beispiel etwa ein (technisches) Verfahren beziehungsweise ein Ge- rät zur künstlichen Erzeugung von

© AndreyPopov / iStock / Thinkstock

Die Entwicklung neuer Arzneimittel ist teuer. Innovative Pharmafirmen sind auf Schutz vor Nachahmung angewiesen, um Entwicklungskosten amortisieren zu können. Gleichwohl ist nicht alles patentierbar.

Kopierschutz

für Arzneimittel

PRAXIS POLITIK

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2016 | www.diepta.de 67 Röntgenstrahlen; Radium selbst ist

nicht patentierbar. Eine Erfindung (im Sinne des Patentgesetzes) ist also eine angewandte Erkenntnis auf technischem Gebiet. „Neu“ im Sinne des Patentgesetzes bedeutet, dass die Erfindung nicht zum Stand der Technik gehört.

Ein Patent wird zudem nur für Erfin- dungen erteilt, die technisch auch nutzbar sind und einen wirtschaftli- chen Wert haben. Ausgeschlossen von einer Patenterteilung sind somit bloße Entdeckungen, nicht realisier- bare Ideen (z. B. ein Perpetuum mo- bile) und wissenschaftliche Theorien (selbst bahnbrechende wie etwa die Relativitätstheorie von Einstein).

Darüber hinaus sind aus sozial-ethi- schen Gründen medizinische Ver- fahren (z. B. neue OP-Techniken) nicht patentierbar (sehr wohl aber medizintechnische Geräte oder chir- urgische Instrumente).

Ein Patent ist im Übrigen keine Er- laubnis, die Erfindung auch tatsäch- lich zu nutzen. Das Recht zur Nut- zung einer Erfindung wird durch an- dere Gesetze geregelt, im Bereich der Medizin insbesondere durch das Arzneimittelgesetz.

Patentierbar an einem Arzneimittel ist neben dem neuen Wirkstoff grundsätzlich auch eine gegebenen- falls spezielle Rezeptur für das Fertig- arzneimittel, ein für die Herstellung des Wirkstoffs oder des Medika- mentes nötiges Verfahren oder die Anwendung des Medikamentes für bestimmte Indikationen. Entspre- chend unterscheidet man zwischen Stoffpatenten, Verfahrenspatenten und Anwendungspatenten. Auf die Einzelzubereitung von Arzneimit- teln in Apotheken aufgrund ärztli- cher Verordnung erstreckt sich die Patentwirkung jedoch nicht.

Schutzzertifikat und Unterla- genschutz Wenn ein neues Arznei- mittel nach vielen Jahren intensiver Forschung und Entwicklung endlich den Markt erreicht, sind von den ei- gentlich vorgesehenen 20 Jahren Pa- tentschutz in der Regel die meisten ungenutzt verstrichen. Denn der

Wirkstoff musste frühzeitig patent- rechtlich geschützt werden. Deshalb können Hersteller in der EU ein er- gänzendes Schutzzertifikat beantra- gen und das Nutzungsmonopol um maximal fünf Jahre verlängern. Mit dem Ziel die Datenlage für Kinder- arzneimittel zu verbessern gibt es zusätzlich sechs Monate für ent- sprechende pädiatrische Untersu- chungen. Durch Patentschutz und Schutzzertifikat bleiben einem Phar- mahersteller im europäischen Markt üblicherweise etwa zwölf Jahre Marktexklusivität. Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren Schutz vor Nachahmung, der im Arznei- mittelgesetz verankert ist: der soge- nannte Unterlagenschutz. Er be- wahrt eine Firma davor, dass ihre für die Zulassung eingereichten Unterla- gen von anderen Firmen bei Zulas- sungsanträgen für ihre Generika mitgenutzt werden können. Im Er- gebnis führt dies dazu, dass Nachah- merpräparate zu nicht mehr patent- geschützten Originalmedikamenten frühestens zehn Jahre nach der Zu- lassung für das Original auf den Markt kommen können.

Der kleine Bruder des Patents Der Weg zum Patent ist „steinig“

und teuer. Das Gebrauchsmuster, das sogenannte „kleine Patent“, kann insoweit eine „echte“ Alternative zum Patent sein. Denn technische Erfindungen, die neu sind, sich nicht aus dem Stand der Technik ergeben, ausführbar und gewerblich anwend- bar sind, können grundsätzlich auch als Gebrauchsmuster geschützt werden. Während ein Patent vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) nur nach Prüfung (rück- wirkend) erteilt werden kann, wird das Gebrauchsmuster lediglich in ein Register eingetragen. Es ist daher wesentlich kostengünstiger und schneller zu erlangen als der „große Bruder“. Dafür ist die Erfindung aber auch nur halb so lange ge- schützt, nämlich zehn Jahre und die tatsächliche Schutzfunktion zeigt sich erst, wenn ein Dritter die Lö- schung des Gebrauchmusters bean-

tragt, denn erst dann erfolgt eine umfassende Prüfung. Unliebsame Überraschungen sind dann nicht ausgeschlossen.

Parallelimport erlaubt Schutzfä- hig sind zudem Marken, um die Ur- heberschaft zu dokumentieren und sich von Dritten zu unterscheiden.

Allerdings kann sich ein Schutz- rechtsinhaber – egal ob es sich um ein Patent, ein Gebrauchsmuster oder eine Marke handelt – nicht mehr auf sein Schutzrecht berufen, sobald er die Ware verkauft hat.

Denn dann hat die Schutzregelung ihren Zweck erfüllt, nämlich Mono- polerlöse zu ermöglichen. Im Arz- neimittelbereich können deshalb Patent- und Markeninhaber den Pa- rallelimport nicht verhindern. Men- genmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wir- kung sind gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Mit dem Argument des freien Warenverkehrs kippte der Europäische Gerichtshof aktuell auch das Boni-Verbot für ausländische Versandapotheken und trat eine Diskussion über das Ver- bot des Versandhandels mit ver- schreibungspflichtigen Arzneimit- teln los. ■

Dr. Michael Binger, Hessisches Ministerium für Soziales und Integration

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