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11. Mai 1985

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Wir sehen uns Pfingsten beim Deutschlandtreffen in Düsseldorf

UNABHÄNGIGE W O C H E N Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D

Jahrgang 36 — Folge 19 Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück.Gebühr bezahlt

11. Mai 1985

Landsmannschaft Ostpreußen e. V.

Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13

C5524C

Reagan-Besuch:

Geist des Friedens ^ und der Versöhnung

Mit Opportunismus gestaltet man keine Geschichte

H. W . — Er habe selten in seinem Leben so viele bewußt verbreitete Lügen und Desorien- tierungen erlebt, wie i n den letzten W o c h e n , bemerkte H e l m u t K o h l kürzlich in einem Krei- se v o n Pfarrern u n d Religionslehrern aus M a n n h e i m und Ludwigshafen, denen er schil- derte, wie und w a r u m es zu dem Vorschlag Bit- burg gekommen sei. „Was da geschieht — z. T.

auch aus amerikanischen Q u e l l e n —, wie man jetzt Personalakten durchstöbert, u m nur ir- gend etwas zu entdecken, das ist in höchstem Maße degoutant." M a n dürfe niemals ver- schweigen, was in deutschem N a m e n Schreck- liches geschehen sei, aber, so sagte der Bun- deskanzler, er lehne es — wie er schon in Israel und in den U S A z u m A u s d r u c k gebracht habe

— entschieden ab, daraus eine Kollektiv- schuld für alle Deutschen zu folgern. Eine Ver- leugnung der Tatsache, daß v o n den Deut- schen 40 Jahre versucht worden ist, aus der Geschichte zu lernen, könne dazu führen, N e o - Nazismus, Rassismus und Antisemitismus zu fördern.

Heute, da der Besuch des amerikanischen Präsidenten i n Bergen-Belsen und in Bitburg hinter uns liegt, werden, so jedenfalls darf man annehmen, die bewußt angeheizten Emotio- nen vor dem eindrucksvollen Ergebnis dieses Besuches nicht weiter bestehen können. D e n n die bewegende Gedenkstunde auf dem ehe- maligen Konzentrationslager i n Bergen-Bel- sen und das stille Verweilen auf dem Soldaten- friefhof in Bitburg sollten darlegen, daß, wie der amerikanische Präsident in seiner Ansprache hervorhob, aus der A s c h e des Zweiten W e l t - krieges die Hoffnung auf Versöhnung u n d Freiheit gewachsen ist. Ronald Reagan, der in Bergen-Belsen die Opfer einer totalen Diktatur ehrte, hob in seiner Ansprache in Bitburg her- vor, auch heute noch befinde sich ein großer Teil der W e l t in der Finsternis des Totalitaris- mus.

Es mag als ein positives Zeichen wachsen- den Verständnisses gewertet werden, daß — trotz weltweiten jüdischen Protestes — der 61 jährige israelische Botschafter in B o n n , Ben A r i , dessen Angehörige ebenfalls umgekom- men sind, dennoch an der offiziellen Zeremo- nie i n Bergen-Belsen teilnahm. Er glaube, so sagte der Botschafter, daß es richtig sei, e i n Zeichen zu setzen, u n d er fügte hinzu, er habe Vertrauen i n das neue Deutschland gewon- nen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist z u m Partner i m Lager der freien W e l t geworden und diesem Umstand wird in der Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen.

Die jungen deutschen Soldaten aber kön- nen nicht mit einer Kollektivschuld ge- brandmarkt sein, wenn sie mit ihren Kamera- den aus den Staaten des westlichen Bündnis- ses auf W a c h e stehen sollen für die Erhaltung der Freiheit.

Aus dem Inhalt

Seite

BdV: Ein gerechter Friede bleibt

das Ziel 2

Interview mit Bernhard Worms . . . 4 Ellingen ist einen Besuch wert 9 Vor 600 Jahren wurde Bischof-

stein gegründet »2 Wie der Westen Stalin den Weg

bereitete 24

So sind auch die klaren W o r t e des US-Präsi- denten ein Schritt auf dem W e g e der Aussöh- nung. Eine große britische Sonntagszeitung, die nach dem Motiv für diese Geste der Ver- söhnung fragt, kommt zu dem Schluß, es sei „an der Zeit, die Bundesrepublik von heute in W o r t und Tat v o m Tausendjährigen Reich Adolf Hitlers zu trennen".

„Am deutlichsten kann dies getan werden, wenn K o h l u n d Reagan Seite an Seite auf einem Soldatenfriedhof stehen."

Bei dem Reagan-Besuch in der Bundesrepu- blik Deutschland handelte es sich u m einen geschichtsträchtigen Vorgang. N a c h der wür- digen Gedenkstunde in Bergen-Belsen und der Bitburg-Visite wird man wohl bald einen kla- reren Blick dafür haben als vorher. D e m Präsi- denten und dem Bundeskanzler ist hoch anzu- rechnen, daß sie unbeirrt zu ihrer Entschei- dung gestanden und nicht dem Kleingeist des Opportunismus Priorität gegeben haben.

Auf dem Wege der Versöhnung: Bundeskanzler Helmut Kohl in Begleitung des früheren Jagd- fliegers und späteren Luftwaffeninspekteurs der Bundeswehr, General Johannes Steinhof, und US-Präsident Ronald Reagan mit dem amerikanischen General Matthew Ridgeway bei dem umstrittenen Besuch des Bitburger Soldatenfriedhofs Foto dpa

Wiedervereinigung:

Junge Menschen brauchen Vorbilder

Deutschlands Einheit als Friedensziel ist die Aufgabe von Generationen — Von Professor Emil Schlee

„Deutschlands Einheit in Freiheit ist der A u f t r a g auch an die nächste Generation. Der W i l l e u n d die Fähigkeit der nächsten Generation, die Überwin- dung der T e i l u n g z u m Inhalt freiheitlicher Politik z u m a c h e n u n d die Einheit des Vaterlandes als Erbe und A u f t r a g auf sich z u nehmen, werden über Deutschlands Zukunft entscheiden!"

(Der Ständige Rat der Ostdeutschen L a n d s m a n n - schaften auf seiner Tagung am 25. Februar 1978 in Berlin)

„Die N a t i o n hat ein Recht auf W a h r h e i t über sich selber. W i r werden nicht gestatten, daß die V e r g a n - genheit aus unseren Seelen gerissen wird. W i r w o l - len, daß unsere Jugend die volle W a h r h e i t über die

Frankreich:

Geschichte unserer N a t i o n erfährt... D i e Nation hat das Recht, diese W a h r h e i t v o n allen jenen zu erwarten, die für die Erziehung verantwortlich sind.

M a n kann die Zukunft nur auf d e m Fundament der W a h r h e i t aufbauen.

(Erzbischof W o i t y l a , der heutige Papst, 1978 i n einer Predigt i n Tschenstochau)

Es ist nicht wahr, daß die jungen Deutschen an der offenen deutschen Frage nicht interessiert sind; es ist vielmehr so, daß sie absolut desinformiert sind.

W e r d e n sie informiert, sind sie hochinteressiert.

Daher kann eine Tagung mit d e m T h e m a „Deutsch- landpolitik m i t Zukunft" nur unter Einbeziehung der jungen Generation erfolgversprechend i n die

Pessimistisches Deutschlandbild

Prof Dreyfus charakterisiert die Einstellung in der Bundesrepublik

Die Belebung der deutsch-französischen Freundschaft durch die jetzige Bundesregie- rung, vermittelt durch ein Bild der Eintracht bei den Gipfeltreffen, wird hierzulande als etwas Selbstverständliches zur Kenntnis ge- nommen. Daß der Nachbar Bundesrepublik bei einer unbestritten positiven Grundhaltung in der breiten Mehrheit der Bevölkerung i n Frankreich nicht ohne Sorgen betrachtet wird, zeigte vor kurzem ein Vortrag des französi- schen Professors Dreyfus über „Die deutsche Frage", den dieser vor etwa 500 Offizieren und Unteroffizieren der französischen A r m e e hielt und in dem er ein überraschend pessimisti- sches Bild der Entwicklung in der Bundesre- publik zeichnete. Der Vorgang ist um so be- achtlicher, als es sich bei Professor Dreyfus um einen anerkannten Deutschlandspezialisten (Direktor des Zentrums für deutschsprachige Studien der A k a d e m i e in Straßburg) handelt, der von der Bundesrepublik durch Verleihung des Bundesverdienstkreuzes ausgezeichnet wurde. Professor Dreyfus charakterisierte die Entwicklung in der Bundesrepublik wie folgt.

— Das deutsche Wirtschaftswachstum sta- gniert, diese Lage wird sich angesichts des Bevölkerungsrückganges noch verschär- fen,

— Pazifismus, Neutralismusbestrebungen und Wiedervereinigungsstreben nehmen zu und lassen erwarten, daß die Basis für ein westliches Bündnis immer schmaler wird,

— entsprechende Trends werden sich vor allem dann zeigen, wenn der linke Flügel der SPD und die Grünen die Oberhand ge- winnen.

— die Frage der Koalition mit den Grünen kann zu einer Spaltung der SPD führen und damit zu einer weiteren Radikalisierung der politischen Szene,

— das Desinteresse der Bundesdeutschen an Außen- und Sicherheitspolitik wächst,

— die Moskauer Destabilisierung gegen die Bundesrepublik trägt bereits Früchte.

Fazit: Bereits die Wahlresultate 1985 könn- ten zu einem Umschlag und zu einer Revision der deutschen Sicherheitspolitik führen.

Zukunft wirken. Junge M e n s c h e n wollen W a h r h e i t und Klarheit auch i n der Deutschlandpolitik.

W i r müssen uns vor A u g e n halten, daß 50 Prozent der Bevölkerung i n der Bundesrepublik Deutsch- land unter 30 Jahre alt u n d „Deutschland" weder persönlich noch i n Schule oder Hochschule u n d schon gar nicht durch die M e d i e n kennengelernt haben. Das gilt z u m Teil leider auch für die 4 0 — 50jährigen. N a c h einer Untersuchung des Gesamt- deutschen Instituts in Bonn aus d e m Jahre 1979 ist Deutschland als Völkerrechtssubjekt i n den Lehr- büchern der Schulen und i m Lehrangebot der U n i - versitäten und H o c h s c h u l e n nur noch zu 1,7 Prozent enthalten. W o h e r sollen Schüler und Studenten, Lehrer u n d Hochschullehrer, Eltern, Beamte und Politiker der jüngeren Jahrgänge überhaupt noch wissen, was Deutschland als Ganzes ist?

U m die Herausforderung und Verantwortung zu begreifen, mit der wir alle in der Deutschlandfrage konfrontiert sind, muß m a n zur Lage Deutschlands folgende sechs Punkte kennen:

1. D a s deutsche V o l k hat auch 40 Jahre nach Kriegsende keinen Friedensvertrag. A l l e i n deswegen ist die deutsche Frage noch absolut offen und ohne jede abschließende Regelung.

2. Deutschland ist nach A r t i k e l 53 und 107 der Charta der Vereinten Nationen neben anderen Staaten immer noch „Feindstaat", gegen den sei- tens der Siegermächte jederzeit den Vereinten Nationen entzogene Maßnahmen ergriffen wer- den können.

3. Über Deutschland als Ganzes bestimmen und entscheiden nicht wir Deutsche, sondern auf der Grundlage der alliierten Vorbehaltsrechte noch immer die Vier Mächte. In Deutschland ist noch alles auf Vorbehalt und Vorläufigkeit angelegt.

4. Keine Bundesregierung u n d kein Bundestag können über deutsche Gebiete oder Grenzen des nicht untergegangenen Deutschen Reiches verfügen — ob i m Osten oder Westen, ob i m N o r d e n oder Süden — und haben bisher auch nicht über deutsche Gebiete oder Grenzen ver- fügt.

5. A u c h die Ostverträge konnten über Deutsch- lands Zukunft nichts festschreiben oder festle- gen. Die Vorbehaltsrechte der Alliierten werden durch die Ostverträge nicht berührt. Eine ge- samtdeutsche Regierung wird durch die Ostver- träge nicht gebunden.

6. A k t e n und A r c h i v e des Deutschen Reiches sind

(2)

Politik £as £Xiprtuntnb!uti

11. M a i 1985 — Folge 19 — Seite 2

in ihren wichtigsten Teilen nicht in deutscher Hand, sondern lagern mit ungewisser Zukunft noch in Washingston, London und Paris sowie in Warschau, Leningrad und Moskau.

Mit vollem Recht fragt die junge Generation, wenn sie diese sechs Punkte erfährt, warum sie das alles nicht weiß, warum man ihr das alles nifht sagt!

Ohne das Kennen der Wahrheit kann es ihrerseits zu keinem Bekennen für Deutschland kommen.

Ein V o l k ist eine Abstammungs- und Kulturge- meinschaft, das zur Nation wird, wenn es den W i l - len zur staatlichen Gemeinschaft, den W i l l e n hat, in einem Staat gemeinsam zu leben. Die Frage, ob das deutsche V o l k noch eine Nation ist, ist die Frage nach dem Willen, in einem Staat vereint leben zu wollen. Die Zersetzung dieses Willens abzuwehren, den W i l l e n zur Wiedervereinigung, zur Einheit, zur staatlichen Einheit Deutschlands wieder zu festigen und zu stärken, in der jungen Generation zu wecken, ist aktueller und ständiger Auftrag aller Verant- wortlichen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Versäumnisse in der Vergangenheit sind erschüt- ternd und unübersehbar.

Die Aktualität der deutschen Frage in heutiger Zeit ist offenkundig. Das Interesse der jungen Deut- schen an der deutschen Frage und an der Wieder- vereinigung Deutschlands in West- und Mittel- deutschland wächst und liegt zur Zeit bei etwas über 70 Prozent. Dieser W u n s c h , über dessen Ver- wirklichung keine klaren Vorstellungen bestehen, muß durch Sachkunde und Bewußtseinsbildung konkrete Vorstellungen und Formen erhalten.

W a s muß geschehen, was muß erkannt und getan werden?

# Die jungen Menschen sind desinformiert. Sie brauchen Wahrheit und Klarheit.

# Die jungen Deutschen müssen verstehen ler- nen, daß die deutsche Frage keine Generations- frage, sondern eine Menschenrechts- und Frei- heitsfrage ist, die jeden Deutschen angeht, die mit einer freiheitlichen Zukunft der jungen Ge- neration zusammenhängt.

# Die Verstärkung des Geschichts-, Erdkunde- und Politikunterrichts an Schulen und darin die wahrheitsgemäße Darstellung der deutschen Frage ist ein Gebot der Stunde.

9 Die verfassungskonforme Darstellung Deutsch- lands in Lehrbüchern, Atlanten und Karten sowie in den Medien muß aus Staats- und völker- rechtlichen, aber auch aus politischen und mo- ralischen Gründen gefordert und durchgesetzt werden.

# Der politische Streit in der Deutschlandpolitik beruht meist auf Unkenntnis. A l l e Parteien tra- gen hier große Verantwortung, die Politiker müssen sich gewissenhafter mit der deutschen Frage befassen. Die junge Generation erwartet Gemeinsamkeit.

# Das Gespräch zwischen den Generationen über Deutschland muß mehr gesucht und gefördert werden.

# Landsmannschaften und Heimatbünde als Mannschaften ihrer Landschaften müssen den jungen Menschen mehr Gelegenheit zum Mit- machen und zum Gespräch bieten und die Ein- heit der Kultur der Deutschen ins Bewußtsein bringen.

# Das Verunglimpfen von Heimat, Volk, Nation, Vaterland, Staat, Recht, Einheit und Wieder- vereinigung in vielen Bereichen der Öffentlich- keit muß aufhören. Mehr Geschichtsbewußtsein normales Nationalbewußtsein müssen Platz greifen und der jungen Generation vorgelebt und begründet werden.

# Die Mittellage Deutschlands in Europa als Schicksallage, die Internationalist der deut- schen Frage, die Menschenrechte für alle, die Friedenssehnsucht der Menschen, das Recht als Kulturleistung der europäischen Völker, die Werte und Maßstäbe des menschlichen Lebens müssen jungen Menschen klar verdeutlicht werden.

Junge Menschen suchen Vorbilder, menschliche Größe, Wahrhaftigkeit, Liebe und Verständnis. Sie wollen gefordert werden. Ihnen die Wiederherstel- lung der Einheit Deutschlands als Friedensziel, als einem Teil freiheitlicher Europapolitik, als Verwirk- lichung der Menschenrechte und als gemeinsame Aufgabe der Generationen verständlich zu machen, ist eine große Aulgabe und politische Forderung, für die junge Menschen durchaus zugänglich sind.

Bonn:

Ein gerechter Friede bleibt das Ziel

Auf einer Großkundgebung gedachte der BdV des Kriegsendes vor 40 Jahren

päischen Völkern w i e a u c h mit der östlichen M i t einer Großkundgebung in der Bonner Beet-

hovenhalle, die v o n d e m V o r s i t z e n d e n des L a n - desverbandes N o r d r h e i n - W e s t f a l e n , H a r r y Poley, geleitet wurde, hat sich der Bund der V e r - triebenen unter d e m M o t t o „Treue z u D e u t s c h - land" in das weltweite G e d e n k e n an das Kriegs- ende vor 40 Jahren eingeschaltet. D i e geräumi- ge H a l l e konnte die Teilnehmer, A b o r d n u n g e n der G l i e d e r u n g e n der Verbände, k a u m fassen.

Schon zuvor mußte die Organisationsleitung die A n m e l d u n g e n stoppen. A u c h diese ostentative W i l l e n s k u n d g e b u n g zeugte v o n ungebroche- n e m politischem Überlebenswillen der Vertrie- benen, trotz des Rückschlages der weitgehend

die besser d a v o n g e k o m m e n war gegenüber den Flüchtlingen ist n o c h nicht vergessen.

W a r es ein Zufall oder A b s i c h t , daß das W D R - Fernsehen a m A b e n d der Bonner K u n d g e b u n g d u r c h Aufführung des dramatischen Erfolgs- stückes „Das A l t e L a n d " (der A u t o r K l a u s Pohl ist nachgeborener S o h n ostpreußischer V e r t r i e b e - ner) e n d l i c h a u c h e i n m a l v o n jener Leidenszeit, die T h e m a dieses Schauspiels ist, K u n d e gab?

Das ist nicht zuletzt, w i e auch d i e s m a l v o n maßgeblicher Seite zuerkannt wurde, der ebenso zielstrebigen w i e staatspolitisch verantwor- tungsbewußten L e i t u n g der V e r t r i e b e n e n z u d a n k e n . Das w u r d e i n der Beethovenhalle v o n

Historiker unter sich: „Ich h a b e e i n B u c h über N e r o g e s c h r i e b e n " Zeichnung Frank Hoffmann für ihre Sache verfehlten D e u t s c h l a n d - u n d Ost-

politik der 70er Jahre.

M i t Recht hat T h e o d o r v o n u n d z u Guttenberg, der große Patriot u n d F r e u n d der V e r t r i e b e n e n , i m Jahre 1971 an gleicher Stelle, damals, s c h o n v o m T o d e gezeichnet, e i n d r i n g l i c h gewarnt, die Gegner der V e r t r i e b e n e n in Politik u n d Öffent- lichkeit würden sich verrechnen, w e n n sie glaub- ten über deren Lebensrechte verfügen u n d sie politisch isolieren zu können. Das Bekenntnis, das A l f r e d Dregger i m Auftrage des Bundeskanz- lers u n d der Unionsparteien i n seiner großen Rede in der Beethovenhalle zu den A n l i e g e n der V e r t r i e b e n e n ablegte, z u ihrer „Treue z u Deutschland", w u r d e daher a u c h v o n d e n T e i l - n e h m e r n d u r c h einmütigen u n d nachhaltigen Beifall honoriert.

D i e S t i m m u n g der V e r s a m m l u n g war d u r c h die n u n schon seit W o c h e n anhaltende D i s k u s - sion über S i n n u n d F o r m des G e d e n k e n s an das Kriegsende u n d die nachfolgenden katastropha- len Ereignisse, d u r c h die pharisäische „Haltet- d e n - D i e b " - A g i t a t i o n v o n O s t e n her u n d die e i n - seitige i m m e r n o c h aus der Siegerperspektive gesehene Betrachtungsweise a u c h westlicher Kreise, vor a l l e m d u r c h die Bitburg-Kontroverse, tiefen E m o t i o n e n ausgesetzt. D i e Erinnerungen an die höllischen Ereignisse der ersten M o n a t e n a c h Kriegsende, das M o r d e n u n d Sterben der Greise, Frauen u n d K i n d e r i n Königsberg, die Er- rettung u n d der Untergang v o n T a u s e n d e n auf der Flucht übers M e e r , das E l e n d der Bewohner Breslaus in der Festungszeit, die heroische A b - wehr der Besatzung u n d ihre Abführung i n die Gefangenschaft auf Jahre hin, die Todesmärsche der Sudetendeutschen u n d der Jugoslawien- deutschen, s i n d wieder schmerzhaft gegenwär- tig. A u c h die Drangsale der Trecks u n d des Lager- lebens, die Hilfsbereitschaft, aber a u c h das harte W i d e r s t r e b e n der westdeutschen Bevölkerung,

d e n Gastrednern, vor a l l e m a u c h Präsident C z a j a , bescheinigt, der hier w i e unzählige M a l e während der 15 Jahre seiner Verbandsführung i n seiner A n s p r a c h e ebenso präzise wie a u c h k r i - tisch gegenüber F e h l d e u t u n g e n d e n politischen Standpunkt der V e r t r i e b e n e n klarlegte u n d i n seinen Ausführungenimmer w i e d e r d u r c h n a c h - haltigen Beifall unterbrochen w u r d e . W e n n aus Anlaß des G e d e n k e n s an K r i e g u n d Kriegsfolgen v o n O p f e r n die Rede ist, dann, so führte er aus, ist es Ehrensache, aller Opfer z u gedenken, a u c h der Opfer der V e r t r i e b e n e n , d a n n geht es nicht an, z u leugnen oder z u bagatellisieren, was i h n e n v o n Seiten der Besatzungsmächte widerfahren ist, d a n n müsse aber a u c h daran gedacht w e r d e n , wie sehr ihnen, vor a l l e m u n d zuerst v o n ameri- kanischer Seite, geholfen w o r d e n ist. In diesem Z u s a m m e n h a n g hob er a u c h die anhaltende u n d lebenswichtige Bedeutung des Deutschlandver- trages hervor, der vor 30 Jahren, a m 5. M a i 1955, in Kraft getreten ist u n d der als politische „Ge- schäftsgrundlage" die V e r p f l i c h t u n g a u c h der Verbündeten enthält, auf eine friedensvertragli- che Regelung der deutschen Frage h i n z u w i r k e n , die das G r u n d z i e l a u c h der V e r t r i e b e n e n ist. A m fernen H o r i z o n t sieht er mit ihnen durchaus Mög- lichkeiten einer Verständigung mit den osteuro-

Aussiedler:

V o r m a c h t auf der G r u n d l a g e v o n Freiheit u n d Recht i m wechselseitigen Interesse.

Höhepunkt der V e r a n s t a l t u n g w a r die große R e d e v o n A l f r e d Dregger. S c h o n i n der o b e n z i - tierten V e r a n s t a l t u n g v o n 1971 hatte s i c h dieser aufrechte, lautere u n d trotz gegnerischer Kritik stets unbeirrte U n i o n s p o l i t i k e r e b e n s o w i e da- mals G u t t e n b e r g i n der K r i t i k a n d e n Ostverträ- gen an die Seite der V e r t r i e b e n e n gestellt, da- mals n o c h als L a n d e s v o r s i t z e n d e r der hessischen C D U , w i e heute a u c h als V o r s i t z e n d e r der C D U / C S U - B u n d e s t a g s f r a k t i o n . D e r 8. M a i , so stellte er fest, ist „kein Schlußstrich unter die deutsche Frage". Er erinnerte an die Rechtsvor- behalte z u d e n Ostverträgen u n d a n die verfas- sungsrechtlich u n d völkerrechtlich eindeutige Tatsache, daß das D e u t s c h e R e i c h i n d e n G r e n - z e n v o n 1937 bis z u einer endgültigen friedens- vertraglichen R e g e l u n g als Völkerrechtssubjekt fortbestehe. D i e Ergebnisse des Krieges, so schloß er folgerichtig, seien z w a r nicht z u leug- nen, aber, u n d das h a b e er jüngst a u c h seinem sowjetischen Gesprächspartner S i m j a n i n , d e m Sekretär des Z e n t r a l k o m i t e e s der K P d S U , ge- sagt: „Ergebnisse b e d e u t e n n i c h t das Ende, son- d e r n d e n A u s g a n g s p u n k t v o n Politik." S i n n einer k o n s t r u k t i v e n O s t p o l i t i k des freien E u r o p a s u n d der mit d e n W e s t e u r o p ä e r n verbündeten ameri- k a n i s c h e n W e l t m a c h t k ö n n e es nicht sein, „die V e r g e w a l t i g u n g u n d T e i l u n g E u r o p a s z u legiti- m i e r e n . Ihr S i n n k a n n es n u r sein, die gewaltsame T e i l u n g D e u t s c h l a n d s u n d E u r o p a s i n e i n e m lan- gen u n d f r i e d l i c h e n Prozeß z u überwinden, an d e m unsere N a c h b a r n , aber a u c h d i e W e l t m ä c h - te beteiligt w e r d e n müssen", w e n n auf Dauer neues U n h e i l i n der W e l t v e r h i n d e r t w e r d e n solle. In dieser k a r d i n a l e n Frage d e c k e n sich, das war der E i n d r u c k der T e i l n e h m e r a n der K u n d - gebung, die A n s i c h t e n des überparteilichen V e r b a n d e s der V e r t r i e b e n e n m i t d e n e n der U n i - onsparteien. C l e m e n s J. N e u m a n n

Selbstbestimmung:

Kohl verteidigt unser Recht

'Bundeskanzler Helmut Kohl hat in einem Inter- view mit dem .Panorama-Programm" der BBC das Recht der Deutschen aui Selbstbestimmung vertei- digt. .Alle Völker dieser Welt haben das Recht auf Selbstbestimmung. Auch die Verbrechen der Hit- ler-Zeit haben dem deutschen Volk nicht dieses Recht genommen", sagte er.

Kohl verteidigte in dem Interview auch den Frei- kauf von DDR-Bewohnern und politischen Gefan- genen. .Solidarität in einem Volk ist wichtiger als Geld", sagte der Bundeskanzler. Kohl machte den Engländern außerdem die Bedeutung der Demar- kationslinie deutlich: .Stellen Sie sich einmal vor, mitten durch England wäre ein solcher Zaun gezo- gen", sagte er.

Der britische .Panorama"-Reporter fragte auch in Ost-Berlin nach den Freikäufen. Als er Ernst Brasch, ein Mitglied des Zentralkomitees der SED, auf das für die DDR heikle Thema ansprach, bestritt dieser, daß die DDR jemals Geld für die Freikäufe von Ge- fangenen erhalten habe.

Der Strom wird immer schwächer

Die Ausreise aus der UdSSR ist nahezu zum Erliegen gekommen

*X>ö Dfljraufonblatt

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Fast 60 000 Deutsche aus der D D R , aus den deut- schen Ostgebieten und den osteuropäischen Staa- ten kamen 1984 als Umsiedler in die Bundesre- publik Deutschland. Dies teilte jetzt das Bundes- ausgleichsamt mit, das i m Auftrag des Bundesmini- sters des Inneren die Statistiken über Aussiedler aus Osteuropa und Zuwanderer aus der D D R führt.

Die weitaus meisten, nämlich 40 974, kamen aus der D D R und Berlin (Ost). M i t 17 455 Personen standen die Aussiedler aus dem Gebiet der Volksrepublik Polen an zweiter Stelle. Allerdings muß bei dieser Zahl berücksichtigt werden, daß lediglich 3130 Deutsche aus Polen i m behördlichen A u s s i e d - lungsverfahren kamen, die restlichen 14 325 be- nutzten eine Besuchsreise in die Bundesrepublik, um dort zu bleiben. V o n den 17 455 aus Polen k o m - menden Deutschen waren 6842 in den polnischen Gebieten von 1937 zuhause gewesen, die übrigen stammten aus den deutschen Ostprovinzen, allein aus Oberschlesien kamen 7229.

A n dritter Stelle der aussiedelnden Länder stand die Sozialistische Republik Rumänien. 16 553 Deut- sche kamen 1984 aus diesem Land in die Bundesre- publik. Gemäßden Vereinbarungen zwischen Bonn

UdSSR waren mindestens 818 Rußland-Deutsche, die übrigen kamen aus d e m Baltikum, aus N o r d - Ostpreußen u n d dem M e m e l l a n d . Mindestens

100000 Rußland-Deutsche betreiben gegenwärtig bei sowjetischen Behörden das Ausreise-Verfah- ren.

M i t 963 Deutschen kamen 1984 erstmals aus der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik mehr Umsiedler in die Bundesrepublik als aus der UdSSR. A u s der Ungarischen Volksrepublik siedel- ten 286, aus Jugoslawien 190 und aus der Volksre- publik Bulgarien 19 Deutsche in die Bundesrepublik

u m- H. O. L.

Am Rande:

Amerikaner suchten SS-Kloster

R p i "1 6" ^1 5?8, Journalisten, die Präsident fZl w £ d e r B u n d e s' e p u b l i k Deutschland beglei- teten haben sich bei offiziellen Stellen in Bonn nach HLPK l s t e n? /, n e s -SS-Klosters" erkundigt. Der UnwSUnwissenheit offenbartp d^u u II u ? P J? • f f u n f r a g e'd i e e i n *r o ß es Maß an und Bukarest läuft die Aussiedlung der Siebenbür- aus: Bei dem v e r m e i n t e n ™ Q Q i i f - tf AH ger Sachsen und Banaler Schwaben verhältnismä- es sich um das Kloster des o i n I n ° c , ßig reibungs.os obwohl gelegentlich noch sianer" - P i a

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Schmiergelder verlangt werden. mit der Abkürzung SS" D i f ^ r S k . • £i So gut wie zum Erliegen gekommen ist dagegen ster auf dem rund zehn K i l n m t t o - ^ L ^ . die Aussiedlung von Deutschen aus der UdSSR. Die lernten H e l e n e n bPr 7 n n n L° N BL,TBURG ENT"

Sowjets gestatteten 1984 lediglich 913 Deutschen stergemeinschaft i m J a h S 1R ° < ? Q0 H A T T E P R I E /

die Aussiedlung in die Bundesrepublik; 1982 besonders der Seelsnrop Hi ö : > 9ße8r u n 1 d e t' d i e s i c h, waren es noch 2072. V o n den Aussiedlern aus der annimmt. 8 männlichen Jugend

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11. Mai 1985 - Folge 19 - Seite 3 t u s £ftpmi6mblQtl Zeitgeschehen

Roter Platz mit Kreml in Moskau: Die Führung der UdSSR bleibt weiterhin Lenins Theorien verhaftet

Gorbatschow und seine Widersprüche:

Foto A r c h i v

Der Weg zum Frieden in der Welt

V O N PROFESSOR Dr. O S K A R K L U G H A M B U R G — B E R L I N

N

ach seiner W a h l z u m sowjetischen Par- teichef hielt M i c h a i l Gorbatschow vor dem Zentralkomitee der K P d S U i n M o s k a u seine erste Rede. Sie hat für die weite- re Entwicklung grundsätzliche Bedeutung u n d soll deswegen hier in Ausschnitten wiederge- geben werden. Er sagte: „Die K P d S U ist ihrem W e s e n nach eine internationalistische Partei.

Die uns Gleichgesinnten i m A u s l a n d können sicher sein: Im Kampf u m Frieden und sozialen Fortschritt wird die Partei Lenins wie stets mit den brüderlichen kommunistischen und A r - beiterparteien sowie den revolutionär-demo- kratischen Parteien eng zusammenarbeiten und für die Einheit u n d das aktive Z u s a m - menwirken aller revolutionären Kräfte eintre- ten."

U n d weiter: „Genossen, die Lösung der vor uns stehenden schwierigen Aufgaben setzt die weitere Festigung der Partei und die Erhöhung ihrer organisierenden u n d lenkenden Rolle voraus. Die K P d S U wird auch weiterhin v o n dem leninschen Gedanken ausgehen, daß eine prinzipienfeste Politik die einzig richtige Politik ist. Diese kollektiv verarbeitete Politik wird konsequent u n d unbeirrt realisiert. Die Partei ist ja gerade jene Kraft, die fähig ist, die Interessen aller Klassen und sozialen G r u p - pen, aller N a t i o n e n u n d Völkerschaften des Landes zu berücksichtigen, sie zusammenzu- schließen u n d die Energie des V o l k e s für das gemeinsame W e r k des kommunistischen Aufbaus z u m o b i l i s i e r e n . . . "

Diese W o r t e sind ein eindeutiges Bekennt- nis Gorbatschows zu Lenin (1870—1924) und damit zur nach wie vor für i h n gültigen Idee und Strategie des W e l t k o m m u n i s m u s . Daher setzte Gorbatschow — a n die Adresse der N i c h t - K o m m u n i s t e n gerichtet — warnend fort: „Angesichts der komplizierten interna- tionalen Lage ist es wie nie zuvor wichtig, die Verteidigungsfähigkeit unserer Heimat auf einem Niveau zu halten, daß potentielle Aggres- soren genau wissen: E i n A n s c h l a g auf die S i - cherheit des Sowjetlandes und seiner V e r -

lations- und Konzentrationstheorie unter dem Blickpunkt der durch die Banken verkörper- ten, die Volkswirtschaften u n d Regierungen kontrollierenden Monopolmacht des Finanz- kapitals — allerdings mehr politisch-agitato- risch als wissenschaftlich — fortgeführt.

Durch die Erweiterung des Marxismus z u m

— nur bis zu einem gewissen Grade — wissen- schaftlich begründeten, revolutionären Mar- xismus-Leninismus hat sich Lenin zwar die höchste Autorität bei allen Kommunisten in der W e l t erworben. D o c h der Marxismus-Le- ninismus entbehrt eben der wissenschaftlich einwandfreien Fundierung, was auch Gorbat- schow und der übrigen „Führungselite" — wie so vielen anderen Menschen in der W e l t — bis heute entgangen ist.

V o n dieser Einsicht müßte eben auch die sowjetische Außenpolitik ausgehen. D o c h meint Gorbatschow diesbezüglich: „Auf dem Gebiet der Außenpolitik ist unser Kurs klar und konsequent. Das ist der Kurs des Friedens u n d des Fortschritts. Das erste Gebot für Partei und Staat ist es, die brüderliche Freundschaft mit unseren engsten Kampfgefährten u n d Verbündeten — den Ländern der großen sozia- listischen Gemeinschaft — zu hüten und all- seitig zu festigen. W i r werden alles v o n uns Abhängende tun, u m das Zusammenwirken mit den sozialistischen Staaten zu erweitern und die Rolle und den Einfluß des Sozialismus i m Weltgeschehen zu erhöhen. W i r möchten eine ernsthafte Verbesserung der Beziehun- gen zur Volksrepublik C h i n a und sind der A u f - fassung, daß dies bei Gegenseitigkeit durchaus möglich ist."

Diese Vorhaben könnten und müßten eben ohne die enorme Aufrüstung der Sowjetunion und ihrer Satelliten versucht werden. A b e r ihre außenpolitische Praxis sieht anders aus, als sie aus d e n W o r t e n Gorbatschows ent- nommen werden soll.

Denn v o m Standpunkt der kommunisti- schen Völker aus gesehen, sind ihre wirtschaft- lichen Beziehungen zu den nicht-kommunisti-

Marxismus-Leninismus ohne wissenschaftliche Fundierung

bündeten, auf das friedliche Leben der sowje- tischen M e n s c h e n wird mit einem vernichten- den Gegenschlag beantwortet. Unsere r u h m - reichen Streitkräfte werden auch künftig über alles verfügen, was dazu notwendig i s t . . . "

W e n n Gorbatschow unterstellt, daß die Si- cherheit des Sowjetblocks und seiner M e n - schen durch andere Staaten gefährdet sein könnte, so ist diese Bemerkung lediglich als eine unbegründete Rechtfertigung des sowjet- russischen Imperialismus mit der ungeheuren Rüstung zu werten. D e n n kein nicht-kommu- nistischer Staat u n d keine entsprechende Staatengemeinschaft hat ein Interesse daran, einen Krieg gegen Sowjetrußland und seine Satelliten zu entfesseln u n d ihre Bevölkerun- gen zur A b k e h r v o m K o m m u n i s m u s zu über- reden oder gar zu zwingen.

Gegenüber der A b s i c h t der friedlichen A u s w e i t u n g des K o m m u n i s m u s zum atheisti- schen W e l t k o m m u n i s m u s kann daher nur die geistige Auseinandersetzung mit ihm infrage kommen. D e n n der Leninismus hat die marxi- stische materialistische oder ökonomische Geschichtsauffassung und die marxistische Wirtschaftslehre uneingeschränkt übernom- men. Er hat aber die marxistische A k k u m u -

schen Völkern nichts anderes als die materiel- le Untermauerung ihrer politischen und mili- tärischen Strategie an d e n verschiedenen Plätzen dieser Erde, auf den Meeren und auch i m W e l t r a u m . Korea, Laos, V i e t n a m : die stra- tegische Drehscheibe Südostasiens, ferner Malaysia, die Nordgrenze Indiens, der Kongo, Nordafrika, Angola, Kuba, Berlin, Mittelame- rika, Afghanistan sind die bisherigen Brenn- punkte, an denen mit kriegerischen oder takti- schen Mitteln gekämpft wurde oder noch ge- kämpft wird. In ihnen sind die Kommunisten zum Teil bis an die Grenze des Dritten W e l t - krieges gegangen.

A u c h werden die sowjetischen Waffenex- porte nach Nahost: Irak, Syrien und nach an- deren Entwicklungsländern immer größer.

Etwaige Rückzüge aus einzelnen Gebieten sind nur taktischer Natur, eine A r t Erholungs- pause bis z u m nächsten offensiven Schritt — gemäß dem Ausspruch Lenins, daß die G r u n d - frage der Revolution: die Macht und der Krieg, nur ein Teil des Ganzen, d. h. der kommunisti- schen Strategie, seien. Sie wechselt in diesem durch die Herstellung von Raketen, Erdsatelli- ten und Raumschiffen verstärkten Kampf nur, um über den Erd- und W e l t r a u m endgültig die

kommunistische Weltherrschaft begründen zu können. Die Nahziele sind lediglich Statio- nen auf dem W e g zu diesem Ziel: der athe- istisch-kommunistischen Weltgesellschaft.

N u r so ist vorläufig das „friedliche" Nebenein- ander v o n Staaten oder Machtblöcken m i t verschiedenen Ideologien und demgemäß die Entspannungspolitik auch seitens der Sowjet- union zu beurteilen. Sie wird z. Z. noch in der Hoffnung bestärkt, daß sich bis z u m Jahr 2000 die Zahl ihrer freiwilligen oder gewaltsam ein- bezogenen Anhänger mindestens u m das Doppelte, also auf 2,5 bis 3 Milliarden M e n - schen erhöhen wird.

Gorbatschow fuhr daher i n seiner eben auch für die übrige W e l t gültig sein sollenden Rede vor dem Zentral-Komitee fort: „Die Sowjet- union unterstützt immer den Kampf der Völ- ker für die Befreiung v o m kolonialen. Joch.

A u c h heute sind unsere Sympathien auf der Seite der Länder Asiens, Afrikas und Latein- amerikas, die den W e g der Festigung der U n - abhängigkeit und sozialen Erneuerung gehen.

Sie sind für uns Freunde und Partner i m Kampf für einen dauerhaften Frieden und für bessere, gerechte Beziehungen zwischen den Völkern."

Diese Bemerkungen Gorbatschows sind ef- fektiv ein Schlag ins Gesicht aller Afghanen, die alle wirklich friedliebende Völker v o m So-

gegenüberstehenden Kräften darüber, daß das Wettrüsten — vor allem bei nuklearen Waffen

— auf der Erde unverzüglich eingestellt und i m W e l t r a u m nicht zugelassen wird. Eine Verein- barung auf ehrlicher u n d gleichberechtigter Grundlage, ohne Versuche, die andere Seite .auszutricksen' und ihr die eigenen Bedingun- gen zu diktieren. Eine Vereinbarung, die allen hilft, dem ersehnten Ziel näher zu kommen, nämlich der vollständigen Vernichtung der Kernwaffen und ihrem Verbot für alle Zeiten, der völligen Beseitigung der Gefahr eines Kernwaffenkrieges."

In diesen Ansichten und in dieser Forderung liegt der entscheidende Widerspruch Gorbat- schows und der sowjetischen „Führungselite".

Sie wollen zwar keinen Krieg. A b e r sie wollen doch nach wie vor die Verbreitung^der Idee und die Verwirklichung des atheistischen Weltkommunismus nach Lenin'scfre^Art.TJie Voraussetzung hierfür wäre eben dTö wt^seff- schaftlich zwingende Fundierung des Marxis- mus-Leninismus. Sie liegt aber nicht vor!

Die unabhängige Wissenschaft geht nicht von Wunschträumen der sehr geringen sowje- tischen „Führungselite", sondern v o n der strengen Logik aus.

Die zwingende Grundlagenforschung*) gilt für alle Menschen auf dieser W e l t !

Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen der Supermächte

wjetjoch befreien möchten, aber wegen der Gefahr des Ausbruchs eines großen Krieges davon A b s t a n d nehmen müssen! Die W a h - rung der Menschenrechte wird also auch hier durch die Sowjetunion blockiert.

U n d wieder auf Lenin, der den Kapitalismus haßte, zurückkommend, sagte Gorbatschow weiter: „Was die Beziehungen zu den kapita- listischen Staaten betrifft... werden wir den L e n i n s c h e n Kurs des Friedens und der friedli- chen Koexistenz strikt verfolgen", das heißt entsprechend dessen Konzeption von der pro- letarischen Revolution als Beschleunigung des Selbstauflösungsprozesses des Kapitalismus und seit Stalin, Chruschtschow und Breschnew mit militärisch-imperialistischen Vorzeichen zum atheistischen Weltkommunismus.

In i h m wird den einzelnen Menschen die ihnen angeborene Freiheit wirtschaftlichen Erwägens und Handelns einfach abgespro- chen. Ja, die Freiheit des rein individuellen Wirtschaftens ist überhaupt nicht bekannt.

Daher ist der „neue vielseitig begabte k o m - munistische M e n s c h " ein Phantom i m irdi- schen „Güterparadies" des M a r x i s m u s - L e n i - nismus, in dem auch die Freiheit der Berufs- und Arbeitsplatzwahl nur bedingt zugelassen wird.

U n d betreffs des Wettrüstens meinte Gor- batschow: „Wir schätzen die Erfolge der inter- nationalen Entspannung, die in den 70er Jah- ren erzielt wurden, und sind bereit, an der Fort- führung des Prozesses der Herstellung friedli- cher u n d gegenseitig vorteilhafter Zusam- menarbeit zwischen den Staaten mitzuwirken, die auf Gleichberechtigung, gegenseitiger Achtung und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten b e r u h t . . . N o c h nie zuvor drohte der Menschheit eine so schreckliche Gefahr wie in unseren Tagen. Der einzig ver- nünftige A u s w e g aus der entstandenen Lage ist eine Vereinbarung zwischen den einander

Daher muß i n Ost und W e s t die Einsicht vermittelt werden, daß der Marxismus-Leni- nismus ein überholter Wunschtraum ist und daß diese A b k e h r von i h m von entscheidender Bedeutung für die Menschheit auf unserer i n - folge der Bevölkerungsvermehrung und der Entwicklung der Technik immer kleiner wer- denden Erde ist.

Dies ist die Voraussetzung für erfolgver- sprechende Verhandlungen der beiden S u - permächte mit ihren Verbündeten i m Hinter- grund in Genf und überhaupt. A l l e haben bis- her nur rüstungsmäßig gedacht und entspre- chend gehandelt. Das war und ist falsch! M a n muß zweigleisig vorgehen und bedenken:

1. D i e unabhängige Wissenschaft wird die Weltbevölkerung in friedlicher und allge- meinverständlicher Art zunehmend darüber aufklären, daß die Idee des atheistischen Weltkommunismus nicht gültig ist, er also nicht mehr als Ziel der Menschheit verfolgt werden kann und darf.

2. Unter diesem Gesichtspunkt muß das Wettrüsten auf der Erde wie auch i m W e l t - all vertraglich sofort eingestellt und bei- spielsweise die vollständige Vernichtung der chemischen Waffen auf allen Seiten vertraglich vereinbart werden.

Dieser W e g ist die Voraussetzung für die an Gorbatschow geforderte Abrüstung in Ost und West, N o r d und Süd und dann für die friedli- che Zusammenarbeit der Völker auf dieser Erde, i m W e l t r a u m und in der Tiefsee. Denn das Weltraumzeitalter mit bereits gewonne- nen und zu erwartenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, mit der erweiterten religiösen Ausstrahlung, mit umfassend rein politischen und gesellschaftspolitischen Folgerungen für die Menschheit hat begonnen!

*) Z u dieser Thematik siehe auch das Buch v o n Prof. Klug, „Die Grundlage der Wirtschaftswissen- schaft", R. Oldenburg-Verlag, München-Wien.

(4)

Politik !Ms Cfioraißrnbluii

11. M a i 1985 — Folge 19 — Seite 4

Zur NRW-Wahl:

„Vertriebene sind wichtige Zeitzeugen"

Ein Interview mit dem Spitzenkandidaten der C D U , Dr. Bernhard Worms

ner für Anregungen und für einen Gedanken- austausch in den deutschlandpolitischen Fra- gen oder sollte auf die Mitwirkung der Organi- sationen der Vertriebenen verzichtet wer- den?'

Dr. Worms: „Wie könnten wir auf die dan- kenswerterweise immer wieder angebotene Unterstützung der Landsmannschaften ver- zichten? Gerade die Zeitzeugen von Vertrei- bung und kommunistischer Willkürherrschaft können Aussagen über Freiheit und Unfreiheit überzeugender machen als alle anderen."

.Im Gegensatz zu der bisherigen Regelung

— ein Vertreter der Vertriebenen gehörte dem Programmbeirat an, — sind nach dem neuen WDR-Gesetzvom 12.März 1985dieVertriebe- nen von der Mitwirkung im Rundfunkrat aus- geschlossen. Gehören nach Ihrer Aulfassung die Vertriebenen nicht zu den relevanten ge- sellschaftlichen Gruppen, deren Berücksich- tigung die vom Bundesverfassungsgericht ge- forderte Ausgewogenheit des Programms des Westdeutschen Rundfunks erst garantiert?"

Dr. Worms: „Sie wissen, daß dieses Gesetz von der SPD gegen die Stimmen der C D U be- schlossen wurde. Der Ausschluß einer so wich- tigen Gruppe — wie sie Vertriebene u n d Flüchtlinge darstellen — von der Mitwirkung im W D R ist eine politische Torheit und zeigt, wie die SPD Demokratie praktiziert."

.Abweichend von der Praxis in anderen Bundesländern werden für die Themenkom- missionen zum Schülerwettbewerb ,Die Deut- schen und ihre östlichen Nachbarn' seit eini- gen Jahren sachkundige Vertreter des B undes der Vertriebenen nicht mehr hinzugezogen.

Die darauf beruhende Veränderung des Cha- rakters des Wettbewerbes 1983/84 hat nicht nur zuIrritationen, sondern auch zu einem Ab-

sinken der Teilnehmerzahl um zwei Drittel ge- führt. _ .

Sollte nicht wieder zu der bewährten Praxis zurückgekehrt werden, den Wettbewerb ge- meinsam mit dem Bund der Vertriebenen zu gestalten?"

Dr. Worms: „Auch diese SPD-Praxis zeigt, daß die S P D nicht die Zusammenarbeit mit den Vertriebenen will, sondern deren A b s o n - derung. Eine v o n mir geführte Landesregie- rung wird bei Schülerwettbewerben natürlich nicht auf die Mitarbeit solcher wichtigen Zeu- gen der Zeitgeschichte verzichten."

„So//ie die Politik der Landesregierung — soweit deren Zuständigkeitsbereich berührt

wird _ daran gebunden sein, daß die Verträ- ge von Moskau und Warschau eine friedens- vertragliche Regelung für Deutschland nicht vorwegnehmen und keine Rechtsgrundlage für die heute bestehenden Grenzen sind, weil die Bundesregierung mit Abschluß der Ver- träge über den territorialen Status Deutsch- lands nicht verfügen konnte und nicht verfügt hat, und daß die Gebiete ostwärts von Oder und Neiße nicht aus der Zugehörigkeit zu Deutschland entlassen und fremder Souve- ränität nicht endgültig unterstellt sind?"

Dr. Worms: „Für die C D U gibt es keine Zweifel: die deutsche Frage ist offen. Bundes- kanzler Helmut K o h l hat es klar gesagt, daß der Warschauer Vertrag eine Grundlinie unserer Ostpolitik z u sein hat. , W i r können jedoch nicht ohne jeden Friedensvertrag endgültige Regelungen treffen', sagte der Kanzler u n d er- gänzte : ,Ich kann das ganze Deutschland nicht binden.' (Die ZEIT v o m 1. 3. 1985)

Eine Landesregierung W o r m s wird — so- weit eine entsprechende Mitwirkung i m Bun- desrat erforderlich — nach dieser M a x i m e handeln."

Veranstaltungen:

Ostpreußen in der Bundeshauptstadt

Große Autorenlesung findet am 15. Mai im Bonn-Center statt

Mit Fernglas

und Lupe

Die Moskauer Propaganda stellt mit ihrer Hetze gegen uns Deutsche wieder einmal Re- korde auf. So schreibt der Bonner Korrespon- dent der .Iswestija" namens Bowkun am 23.

April über den deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg: „Für ihn gab es keinen Ehrenkodex, er plünderte, vergewaltigte, brandschatzte und tötete."

Das liegt ganz auf der Linie desneu errichte- ten Katyn-Gedenksteins in Warschau, um die eigenen Schandtaten anderen anzulasten. Of- fenbar möchte Moskau auf die gleiche Art von den berüchtigten Aufrufen eines II ja Ehren- burg an die Rote Armee ablenken. Beispiels- weise: .Tötet, tötet! Es gibt nichts, was an den Deutschen unschuldig ist, die Lebenden nicht und die Vngeborenen nicht! Folgt der Wei- sung des Genossen Stalin und zerstampft für immer das faschistische Tier in seiner Höhle.

Brecht mit Gewalt den Rassenhochmut der germanischen Frauen. Nehmt sie als rechtmä- ßige Beute. Tötet, Ihr tapferen, vorwärtsstür- menden Rotarmisten."

Die alten Propagandaplatten

Die Vorbereitungen zum Besuch von US- Präsident Ronald Reagan hatte Moskau wie- der zum Anlaß genommen, ununterbrochen die .Washingtoner und Bonner Militaristen und Revanchisten" der Aufrüstungs-Hysterie zu beschuldigen und gleichzeitig antideut- sche Ressentiments in westlichen Ländern mit allen alten Propagandaplatten wieder anzufachen. Natürlich kann das der Kreml nur tun, weil die Bonner Politiker gegen die dauernden Beschuldigungen von angeblich alleiniger deutscher Kriegsschuld und damit verbunden von deutscher Kollektivschuld schweigen, ja zuweilen der Moskauer Hetze die Stichworte liefern.

Welchen Ton sich dabei die Kreml-Abge- sandten sogar in Bonn herausnehmen, zeigte sich kürzlich unverhohlen und unwiderspro- chen, als beim Besuch einer Delegation des Obersten Sowjets der Sprecher, Simjanin, immer wieder behaupten konnte, .die deut- sche Frage ist nicht mehr offen". Moskau regi- striert sehr genau die Reaktion auf solche Testversuche und wertet sie sofort als Zustim- mung zur endgültigen Teilung Deutschlands.

„Disziplin und Ordnung"

Dabei sieht es wirtschaftlich in der Sowjet- union alles andere als gut aus. Wenn man die lange Philippika von KP-Chef Gorbatschow vor dem Partei-Zentralkomitee in den Mos- kauer Massenmedien vom 24. April nachliest, so bleibt kein Wirtschaftszweig von Vorwürfen der Disziplinlosigkeit, Trägheit, Saumselig- keit, Verschwendungssucht und Planerlül- lungs-Mogelei verschont. Der neue Parteichef kündigte für das nächste Zentralkomitee im Jahre 1986 .frische Kräfte" an. So werden — wie jetzt schon im Politbüro — vor allem Gor- batschow-Leute nachrücken. Ob sich bei der jetzigen Kampagne für .Disziplin und Ord- nung" viel ändern wird, bleibt abzuwarten.

Viele Sowjetbürger werden an das auch im Russischen bekannte Sprichwort denken:

.Neue Besen kehren gut."

Polen vor einer Katastrophe?

Bundeswirtschaftsminister Bangemann be- tonte kürzlich bei seinem Besuch in Warschau:

.Unser Vertrauen in die vernünftige, gute Wirtschaftsentwicklung in Polen ist ungebro- chen." Angesehene westliche Zeitungen den- ken da ganz anders. So brachte der Pariser.Fi- garo" am 25. April einen großen Artikel seines Warschauer Korrespondenten unter der Über- schrift: .Polen vor einer katastrophalen Zu- kunft?", wobei der Untertitel lautete: .Ein Be- richt der Akademie der Wissenschaften von Warschau kündigt das nahe Bevorstehen einer ,allgemeinennationalenKatastrophe' in den wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und humanitären Plänen an". Wörtlich: .Die Mitglieder des Komitees .Polen im Jahr 2000' zögern nicht zu sagen: .Tiefgreifende Verän- derungen müssen im Sozialismus geschehen, um Kräfte im Innern der Nation freizusetzen.' Die Beteiligung an der Führung muß zuneh- men, Reformen der Selbstverwaltung müssen entwickelt werden, es gibt keine andere Ret- tung."

Nun, es gibt die Aussicht auf neue große Kredite aus Bonn. Schon hat auch der West- Berliner Wirtschaftssenator Pieroth (CDU) .grünes Licht" aus Warschau für den Bau von Hotels an der pommerschen Ostseeküste durch westliche Firmen erhalten. Pieroth kam nach einem dortigen Ferienbesuch mit der umwerfenden Erkenntnis zurück: .Ich habe die Schönheit des Landes kennengelernt."

Martin Jenke

In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreich- sten Land der Bundesre- publik Deutschland, wird am 12. M a i ein neuer Landtag gewählt D a es in Nordrhein- Westfalen einen starken Bevölke- rungsanteil an Vertrie- benen gibt, unter denen sich tausende wahlbe- rechtigter Ostpreußen den, haben wir den Spit-

zenkandidaten der beiden großen Parteien SPD und C D U um die Beantwortung einiger Fragen gebeten, von denen w i r glauben, daß sie für die Vertriebenen in Nordrhein-Westfa- len von besonderem Interesse sind.

Da der Spitzenkandidat der SPD, Minister- präsident Johannes Rau, z u unserem Bedauern zu einem Interview keine Zeit fand, sind wir nur In der Lage, unser Gespräch mit dem Spitzenkandidaten der C D U , Dr. Bern- hard Worms, wiederzugeben. W i r fragten Dr.

Worms:

.Wie beurteilen Sie die Notwendigkeit und Möglichkeit, in Nordrhein-Westfalen beson- ders im Bildungsbereich die Überwindung der mehrfachen Teilung Deutschlands als vor- dringliches Ziel auch der Landespolitik als eine dem Deutschen gestellten Aulgabe der jungen Generation deutlich zu machen?"

Dr. W o r m s : „Der grundgesetzliche Auftrag, in freier Selbstbestimmung die Einheit u n d Freiheit Deutschlands zu vollenden, ist auch von der Landespolitik als ein vordringliches Ziel zu behandeln. Die Möglichkeiten stehen deshalb dafür gut, weil in letzter Zeit die junge Generation dafür interessiert u n d aufge- schlossen ist. Eine von der C D U geführte Lan- desregierung wird in Schule und Ausbildung diese Aufgabe bedeutend stärker durchsetzen und damit auch entsprechende Bemühungen der Eltern, die ebenfalls nötig sind, unterstüt- zen."

.Sollten die Bemühungen um die Vermitt- lung von Kenntnissen der Geschichte und des heutigen Zustandes Mittel- und Ostdeutsch- lands verstärkt werden oder halten Sie eine solche Wissensvermittlung für überflüssig?"

Dr. W o r m s : „Solche Kenntnisse sollten vor allem auch durch die Lehrer-Ausbildung we- sentlich verstärkt werden. Das W i s s e n u m Ost- und Mitteldeutschland kann z. B. durch entsprechende Themen bei Prüfungen u n d Promotionen vertieft werden."

.Sehen Sie im Bund der Vertriebenen und den Landsmannschalten willkommene Part-

in diesem Jahr werden es vierzig Jahre her sein, daß Ostpreußen i n einem Chaos unter- ging. Der Freie Deutsche Autorenverband Nordrhein-Westfalen u n d die Landsmann- schaft Ostpreußen veranstalten aus diesem Anlaß in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Bonn eine große Autorenlesung am 15. M a i u m 20 Uhr i m Kulturforum Bonn i m Bonn-Center, Bundeskanzlerplatz.

Diese Veranstaltung soll ihr Gewicht aus der Themengebung erhalten: Blut und Tränen —

vom Leiden der Menschen i m Krieg. Die Dis- kussion u m die Sinngebung dieses „Jubi- läums" führte den Veranstalter z u m eigentli- chen dieses Jahrestages: Kriege sind i n erster Linie menschliche, dann erst politische u n d militärische Katastrophen. Der Fall v o n Ost- preußen ist, wie der anderer Reichsteile i m Jahre 1945 ein Teil der großen Katastrophe. A n diesem Beispiel will der Freie Deutsche A u t o - renverband das Leid der Menschen literarisch aufzeigen.

Es werden lesen: Bundesminister a. D . Dr.

Erich Mende aus seiner Autobiografie „Das verdammte Gewissen", Professor Dr. Antonius John aus seinem noch unveröffentlichten Buch „Die Botschaft des Sperlings", Nikolaus Ehlert aus seiner Übersetzung von Aleksander Solschenizyns dramatischer Versdichtung

„Ostpreußische Nächte" u n d schließlich Oberst a. D . Reinhard Hauschild, der Landes- vorsitzende des F D A in Nordrhein-Westfalen, aus seinem Ostpreußen-Roman „Flammendes Haff".

Strauß: Gesamtdeutsche Regierung wäre nicht an Ostverträge gebunden

Der bayerische Ministerpräsident und C S U - Vorsitzende Dr. Franz Josef Strauß hat die C D U aufgefordert, die 1973 v o m Bundesver- fassungsgericht auf eine Klage Bayerns hin klargestellten Grundsätze zur Deutschland- und Ostpolitik „nicht immer wieder zur Dis- kussion zu stellen". Der stellvertretende Vor- sitzende der Unionsfraktion i m Deutschen Bundestag, Volker Rühe (CDU), habe die Ost- verträge in ihrer Bindungswirkung falsch aus- gelegt, sagte Strauß nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes in München.

So habe die Bundesrepublik Deutschland keine gemeinsame Grenze mit Polen. Käme es einmal zu einer gesamtdeutschen demokrati- schen Regierung, wäre diese an die Verträge nicht gebunden, sagte Strauß. Diese Grund- sätze müßten nicht jeden Tag bekräftigt wer- den. Die C D U sollte nicht Unruhe in Bereichen schaffen, die sich zur politischen Mitte beken- nen.

Ostkundewettbewerb:

Bayerns Kultusminister wehrt sich

Lehrergewerkschaft unterstellt „psychologische Kriegsvorbereitungen"

„Mit aller Entschiedenheit verwahre ich mich gegen Ihren Angriff, das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus und ich betrieben psychologische Kriegsvor- bereitung." So Kultusminister Professor Maier in einem Antwortschreiben an die Gewerk- schaft „Erziehung und Wissenschaft", die den diesjährigen Ostkundewettbewerb an Bay- erns Schulen heftig attackiert hatte. W i e all- jährlich, so waren die Schüler und Schülerin- nen i m Freistaat auch diesmal dazu aufgeru- fen, ihr Wissen über die Völker im Osten unter Beweis zu stellen, „Rußland/Sowjetunion — Staat und Völker" hieß das Thema, zu dem das Kultusministerium Arbeitshilfen herausgibt, die das Mißfallen der linken Lehrergewerk- schaft erregten. Maier sah sich gezwungen, seinen Kritikern schriftlich zu bescheinigen, daß ihr Vorgehen „mit den Grundsätzen intel- lektueller Redlichkeit nichts zu tun hat".

Dafür nur ein Beispiel: W i e der Kultusmini- ster mit Recht feststellt, ist es unbestritten und in ernsthaften historischen Darstellungen nachzulesen, daß der Einmarsch deutscher Truppen in die Sowjetunion in der Tat z u - nächst von vielen Völkern dieses Staates in der Hoffnung begrüßt wurde, befreit zu wer- den. Ausgerechnet das nahmen die Brief- schreiber der Gewerkschaft zum Anlaß, den

Ostkundewettbewerb in Verbindung mit dem unglücklichen Artikel v o n Thomas Finke in der Zeitschrift „Der Schlesier" zu bringen. So nahmen sie den unmittelbar auf die Schilde- rung des Einmarsches der deutschen Truppen in die UdSSR folgenden Satz in den Wettbe- werbsunterlagen bewußt oder unbewußt nicht zur Kenntnis. Dort heißt es nämlich wörtlich:

„Die Rassenpolitik Hitlers stieß aber bald jene ab, d i e . . . sich wiederum als Unterworfene und Menschen minderen Rechts sehen mußten."

Ostkunde zu betreiben heißt immer, sich mit Deutschlands Nachbarn — ob früher, ob heute — zu befassen. Bayern gehört z u den wenigen Bundesländern, die sich entspre- chend dem Grundgesetz und dem Karlsruher Urteil verpflichtet fühlen, der jungen Genera- tion ein ungeschminktes, aber möglichst u m - fassendes Geschichtsbild z u vermitteln. Der Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft"

scheint das nicht zu passen. Vielleicht ärgerte sie sich auch darüber, daß im Gegensatz zum vergangenen Jahr sich diesmal 36 845 Schüler

— das waren über sechstausend mehr als i m Vorjahr — am Ostkundewettbewerb beteilig- ten. Sie kamen diesmal aus 993, 1984 aus 856 Schulen. 1986 wird der Ostkundewettbewerb unter dem Thema „Völker im Karpatenbogen"

stehen. N . M.

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