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Von geheimen Botschaften, Grafen und reitenden Boten

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Academic year: 2021

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reitenden Boten

Prof. Hebisch und Prof. Sonntag Fakult¨ at f¨ ur Mathematik & Informatik

7. Juni 2008

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Folie 1

WILLKOMMEN ZUR JUNIORUNIVERSITAET IM JAHR DER MATHEMATIK

ZLOONRPPHQ CXU MXQLRUXQLYHUVLWDHW LP MDKU GHU PDWKHPDWLN

Graf Denkfried der Bed¨achtige und sein Bote

1 Caesar-Verschl¨ usselung

Liebe Kinder, liebe Eltern,

auch im Namen der Fakult¨at f¨ur Mathematik und Informatik m¨ochten wir Euch zur diesj¨ahrigen Junioruniversit¨at ganz herzlich willkommen heißen. Dies gilt be- sonders, da 2008 das Wissenschafts-Jahr der Mathematik ist. Aber eigentlich ist Mathematik nicht nur in diesem Jahr angesagt, sondern “immer und ¨uberall”, wie wir Euch mit unserer heutigen Vorlesung zeigen wollen. Dazu haben wir uns eine Geschichte “Von geheimen Botschaften, Grafen und reitenden Boten” aus- gedacht, die wir zwar frei erfunden haben, in der aber zumindest die Mathematik vollkommen richtig dargestellt ist.

Auf unserer ersten Folie sind auch gleich alle drei Dinge zu sehen. Vielleicht ha- ben ja einige von Euch den Geheimtext, der auch in der Zeitung stand, bereits selbst entschl¨usselt. Den anderen m¨ochte ich jetzt aber verraten, daß es genau der dar¨uber stehende Text ist.

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Nun kann ich ja viel behaupten, doch als Mathematiker muß man seine Behaup- tungen auch beweisen, und daher will ich Euch zeigen, wie beide Texte zusam- menh¨angen. Dazu muß ich allerdings ¨uber 2000 Jahre zur¨uckgehen, denn kein geringerer als der r¨omische Feldherr Gaius Julius Caesar (von Asterix und seinen Freunden meist etwas respektlos nur mit “Julius” angeredet) hat das hierbei be- nutzte Verschl¨usselungsverfahren erfunden.

Folie 2

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ DEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZABC WILLKOMMEN...

ZLOONRPPHQ...

Caesar ersetzte, wenn er eine Botschaft an seine Centurionen geheimhalten wollte, jeden Buchstaben im Text durch denjenigen, der drei Stellen sp¨ater im Alpha- bet steht, vermutlich weil sein Name mit dem dritten Buchstaben des Alphabets begann. F¨ur die drei letzten Buchstaben nahm er nat¨urlich die drei ersten, die dann ja noch frei waren.

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Folie 3

Augustus:

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ BCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZA WILLKOMMEN...

XJMMLPNNFO...

Atbasch:

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ ZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA WILLKOMMEN...

DROOPLNNVM...

Das klappte zur damaligen Zeit auch ganz gut, aber als Caesar ermordet wurde, war diese sogenannte Caesar-Verschl¨usselung ja allen seinen Offizieren bekannt und folglich nicht mehr sehr geheim. Daher sah sich sein Nachfolger, der legend¨are Kaiser Augustus, gezwungen, das Verfahren leicht abzuwandeln. Weil sein Name mit dem ersten Buchstaben des Alphabets begann, verschob er alle Buchstaben nur um 1. ( ¨Ubrigens k¨onnen wir uns leicht ¨uberlegen, daß es nur genau 25 m¨ogli- che Verschiebungen gibt. Es gibt daher nur 25 verschiedene Verschl¨usselungen dieser Art und die kann man zur Not alle durchprobieren, um eine Geheimbot- schaft zu “knacken”. Diese Geheimcodes sind also nicht wirklich sicher.)

J¨udische Gelehrte drehten nach dem biblischen Motto “die Letzten werden die Ersten sein” zum Zwecke der Geheimhaltung die Reihenfolge der Buchstaben im Alphabet einfach um. Wie man sofort sieht, werden bei diesem Verfahren im- mer genau zwei Buchstaben miteinander vertauscht und daher funktioniert die

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Entschl¨usselung genauso wie die Verschl¨usselung. Es gibt ¨ubrigens genau eine Verschiebung der Buchstaben, die ebenfalls diese Eigenschaft der Atbasch hat.

K¨onnt Ihr sie finden?

Leider sprachen sich diese einfachen Verfahren in den n¨achsten 1500 Jahren doch allgemein herum, und als im Jahr der Mathematik 1508 Graf Denkfried der Bed¨achtige seinen zahlreichen Getreuen geheime Botschaften mitteilen woll- te, konnte er nicht einfach alle Buchstaben um seine pers¨onliche Gl¨uckszahl 13 weiterschieben, sondern mußte sich etwas v¨ollig Neues ausdenken.

Wie die meisten Regierenden hatte er jedoch f¨ur das Denken seine Leute, in dem Fall seine Hofmathemagierin Theodora Remula Freiberga, von allen nur respekt- voll “Theorema” genannt.

Diese dachte dem Grafen auch sofort die L¨osung seines Problems herbei.

An dieser Stelle bitte ich die Erwachsenen mal kurz wegzuh¨oren. Ich werde Euch Kindern jetzt n¨amlich ein sicheres Verschl¨usselungsverfahren verraten, mit dem Ihr geheime Botschaften untereinander austauschen k¨onnt, ohne daß Eltern oder Lehrer eine Chance haben, diese Botschaften zu entschl¨usseln, selbst wenn ihnen zuf¨allig die Zettel in die H¨ande fallen sollten. Ihr k¨onnt Euch dann immer noch damit herausreden, daß es sich dabei um bedeutungsloses Gekritzel handelt.

Folie 4

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Theorema

Permutationsschl¨ussel:

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ KOPXACDIUZRVBFTMEYJNWGLQHS WILLKOMMEN...

LUVVRTBBAF...

26·25·24· · ·3·2·1 = 403 291 461 126 605 635 584 000 000 verschiedene Permutationsschl¨ussel!

Statt alle Buchstaben nur einfach um dieselbe Anzahl von Positionen im Alphabet zu verschieben, solle der Graf sie v¨ollig willk¨urlich durcheinanderw¨urfeln (oder

“permutieren” wie Caesar es in korrektem Latein ausgedr¨uckt h¨atte).

Dann h¨atte er statt der 25 n¨amlich die ungeheure Zahl von

26·25·24· · ·3·2·1 = 403 291 461 126 605 635 584 000 000

M¨oglichkeiten und die k¨onnten seine Gegner unm¨oglich durchprobieren. (Selbst unsere heutigen Hochleistungscomputer, die 1 Milliarde Schl¨ussel pro Sekunde untersuchen k¨onnen, brauchen f¨ur s¨amtliche Schl¨ussel eine Zeit, die so lang ist wie das Alter unseres Universums!)

Dies leuchtete sogar Graf Denkfried sofort ein. Da er aber auch, wie viele bedeu- tende Politiker, leicht vergeßlich war, und ein pers¨onlicher Codemanager (sprich PC) noch nicht erfunden, ¨außerte er Theorema gegen¨uber Bedenken ¨uber die Brauchbarkeit derartig langer und total willk¨urlicher Schl¨ussel. (Presseberichten zufolge soll er sogar ausgerufen haben: “Diese Mathemagie kann sich doch kein

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Schwein merken!” Woraufhin Theorema bei sich nur dachte: “Von einem Schwein habe ich das doch eigentlich auch gar nicht verlangt.”)

Aber auch f¨ur dieses kleine gr¨afliche Problem hatte sie nach kurzer Zeit eine praktikable L¨osung.

Folie 5

Karoline Christiane

KAROLINECHRISTIANE KAROLINECHST

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ KAROLINECHSTUVWXYZBDFGJMPQ WILLKOMMEN...

JCTTSWUULV...

Der Graf habe doch zwei T¨ochter und deren Namen, Karoline und Christiane, w¨urde er sicherlich niemals vergessen. Aus diesen Namen k¨onne er ein geheimes Schl¨usselwort bilden:

KAROLINECHRISTIANE

Man m¨usse nur das mehrfache Auftreten einzelner Buchstaben verhindern, indem man sie streiche:

KAROLINECHST

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Dann habe er den Anfang eines unvergeßlichen Permutationsschl¨ussels, den man durch einfaches Aufz¨ahlen der restlichen Buchstaben erg¨anzen k¨onne:

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ KAROLINECHSTUVWXYZBDFGJMPQ WILLKOMMEN...

JCTTSWUULV...

Jetzt d¨urfen die Eltern wieder zuh¨oren, aber ich muß Euch Kinder bitten, mal kurz wegzuh¨oren.

Wenn Sie, liebe Eltern, jetzt dar¨uber beunruhigt sind, daß Ihre Kinder nun in der Lage sind, ihre Geheimnisse wirklich vor Ihnen zu verbergen, so kann ich Ihnen versichern, daß ich gern bereit bin, bei der n¨achsten langen Nacht der Wissen- schaften, vielleicht zu mittern¨achtlicher Stunde, wenn die Kids alle schlafen, zu verraten, mit welcher Mathematik man selbst diese vermeintlich sicheren Codes knacken kann.

Jetzt d¨urfen aber wieder alle zuh¨oren.

Diesen Vorschlag von Theorema fand der Graf sehr “cool” und er schickte als- bald einen ihm ¨außerst ergebenen berittenen Boten los, der den neuen Schl¨ussel so schnell wie nur irgend m¨oglich, aber unter strengster Geheimhaltung, seinen zahlreichen Getreuen ¨uberbringen sollte.

Nun wiederum hatte allerdings der Bote ein Problem. Da die wirklich sehr zahl- reichen Getreuen in verschiedenen Straßen der Residenzstadt wohnten, mußte er nat¨urlich durch jede dieser Straßen einmal hindurchreiten. Wenn es aber be- sonders auf Eile ankam, durfte er auch keine Straße ¨uberfl¨ussigerweise zweimal benutzen. Wie also sollte er seinen Weg w¨ahlen?

Doch auch hierf¨ur fand Theorema eine L¨osung, indem sie sich ein St¨uck mathe- magisches Wissen von ihren Nachfolgern aus der Zukunft in ihre Zeit zur¨uckholte.

Wie ihre L¨osung aussah, wird Euch nun Prof. Sonntag erz¨ahlen.

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2 Euler-Touren

3 CD-Verschl¨ usselung

Nachdem das Versenden geheimer gr¨aflicher Botschaften auf diese Weise auch einen Sommer lang recht gut geklappt hatte, stellte sich mit dem Herbst ein anderes Problem ein. Graf Denkfried pflegte die Geheimbotschaften, wie seine anderen Erlasse auch, durch einen Herold ¨offentlich an der Rathaust¨ur anschlagen zu lassen. Diese ¨offentliche Bekanntmachung konnte er sich gefahrlos leisten, da dank des sicheren Verfahrens von Theorema nur seine Getreuen mit dem geheimen Schl¨ussel (und eventuell zuf¨allig vorbeikommene Mathemagier) im Stande waren, die Botschaften zu entschl¨usseln. Wenn es allerdings nun regnete, so kam es hin und wieder vor, daß ein einzelner Tropfen mehrere Buchstaben des Geheimtextes unkenntlich machte, denn wasserfeste Tinte war von den gr¨aflichen Alchimisten noch nicht erfunden worden. Da stand also beispielsweise (nat¨urlich nach der m¨uhevollen Entschl¨usselung)

Folie 14

WIRTREFFENUNSHEUTEUMMITTERNACHT HINTERDE????????RINGTALLELATERNENMIT

Das f¨uhrte dann dazu, daß zu mittern¨achtlicher Stunde zahlreiche vermummte Gestalten mit brennenden Laternen in der Hand ziellos durch die Hinterh¨ofe der H¨auser streiften, w¨ahrend der Graf ¨uber eine Stunde lang einsam und frierend hinter der Kirche wartete.

Als der daraufhin stark erk¨altete Graf dieses neue Problem Theorema schilderte, fand sie nach einigem Nachdenken auch hierf¨ur eine L¨osung, die ihre Kollegen

¨uber 450 Jahre sp¨ater benutzen sollten, um Musik auf CDs oder Filme auf DVDs zu brennen, ohne daß kleine Kratzer oder Staub die Daten unlesbar machen konn- ten.

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Folie 15

WILLKOMMENZURJUNIORUNIVERSITAETIMJAHRDERMATHEMATIK WILLK

OMMEN ZURJU NIORU NIVER SITAE TIMJA HRDER MATHE MATIK

WOZNNSTHMMIMUIIIIRAALMROVTMDTTLEJREAJEHIKNUUREAREK

Will man n¨amlich beispielsweise den Text unserer ersten Folie (oder den zugeh¨ori- gen Geheimtext)

WILLKOMMENZURJUNIORUNIVERSITAETIMJAHRDERMATHEMATIK auf einer CD abspeichern, so ordnet man ihn vorher zeilenweise in Bl¨ocke aufge- teilt an:

WILLK OMMEN ZURJU NIORU NIVER

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SITAE TIMJA HRDER MATHE MATIK

und speichert ihn spaltenweise hintereinander ab:

WOZNNSTHMMIMUIIIIRAALMROVTMDTTLEJREAJEHIKNUUREAREK Werden nun 10 aufeinander folgende Buchstaben durch einen Kratzer auf der CD unlesbar, so ergibt sich folgendes Bild, das den Text (wenn auch etwas m¨uhsam) immer noch erkennen l¨aßt:

Folie 16

WOZNNSTHMMIMUIIIIRAALMROVTMDTT**********KNUUREAREK WIL*K

OMM*N ZUR*U NIO*U NIV*R SIT*E TIM*A HRD*R MAT*E MAT*K

WIL*KOMM*NZUR*UNIO*UNIV*RSIT*ETIM*AHRD*RMAT*EMAT*K

Mit ein wenig mehr Mathematik, die ich jedoch in dieser Vorlesung nicht mehr erkl¨aren kann, ist der CD-Spieler aber in der Lage, automatisch die einzelnen fehlenden Zeichen richtig zu erg¨anzen, so daß wir von dem Kratzer beim Lesen der Nachricht (oder Abh¨oren der Musik) nichts bemerken.

Damit sind wir am Ende unserer Vorlesung angelangt. Wir haben dabei einen weiten Bogen gespannt von der 2000 Jahre alten Verschl¨usselungstechnik Cae- sars bis hin zur modernen Anwendung auf CDs und DVDs mit einem kurzen

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Abstecher in die sehr praktische Theorie der Graphen.

Falls ihr euch jetzt selbst einmal am Entschl¨usseln einer Geheimbotschaft ver- suchen wollt, geben wir euch die folgende Aufgabe mit. Wenn ihr das dabei be- nutzte Verfahren, das ¨ubrigens in dieser Vorlesung an einer Stelle erw¨ahnt wurde,

“knacken” k¨onnt, so schickt uns die Antwort (nicht per reitendem Boten sondern) auf einer Postkarte bis zum 11. Juli zu. Unter den richtigen Einsendungen werden wir einige Buchpreise verlosen.

Folie 17

MJRVGNHFRAQNPUGWNUEQREZNGURZNGVX

Viel Erfolg!

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