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vom verleihen und verlegen – wie Bibliotheken und verlage kooperieren können

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vom v erleihen und verlegen – wie Bibliotheken und v erlage kooperieren können

Bericht von der 1. Fachkonferenz E-Books und Bibliotheken

Martina kuth

❱ „Vom Verleihen und Verlegen – Wie Bibliotheken und Verlage kooperie- ren können“, unter dieses Motto setzten die Akademie der Deutschen Medien und der E-Book-Anbieter Ci- ando ihre 1. Fachkonferenz E-Books und Bibliotheken. Vertreter aus Ver- lagen, Handel und Bibliotheken nah- men im Münchener Literaturhaus am 21. April 2015 zu den Strategi- en von Verlagen und Aggregatoren und der (Un-)Möglichkeit angemes- sener E-Book-Angebote in Öffentli- chen und Wissenschaftlichen Biblio- theken Stellung.

Bibliotheken als kunden

Der geschäftsführende Gesellschaf- ter des Mitveranstalters Ciando, Dr.

Werner-Christian Guggemos, mode- rierte die Tagung und bot einen ein- führenden Blick auf Bibliothekskun- den aus Vertriebssicht. Dabei wurde deutlich, dass die rund 250 Wissen- schaftlichen Bibliotheken der Hoch- schulen und Forschungseinrichtun- gen mit insgesamt 311 Mio. € star- ken Erwerbungsetats interessante- re Marktteilnehmer für viele Verla- ge und Händler sind als die mit nur einem Drittel dieses Budgets aus- gestatteten 7875 Öffentlichen Bi- bliotheken der unterschiedlichs- ten Träger. In Wissenschaftlichen Bibliotheken habe sich ein breites Spektrum von Vertriebs- und Lizenz- modellen mitsamt einer institutio- nellen Nutzer administration etab- liert. Die Ausleihe durch Angehöri- ge der Hochschulen oder Institute sei selbstverständlich. Elektronische Angebote seien in Bibliothekskata-

loge und Discovery Systeme integ- riert. Öffentliche Bibliotheken hinge- gen böten die Portale von Aggrega- toren zusätzlich zum eigenen OPAC an. E-Books würden in der Regel ti- telweise über Händler erworben, Pa- kete seien nicht üblich. Die Nutzung erfolge ausschließlich über ein per- sönliches Leserkonto und müsse vom Anbieter für verschiedene End- geräte wie Tablets und E-Book-Rea- der aufbereitet werden.

Über eine hohe Akzeptanz von E- Books berichtete der Leiter der Ab- teilung Bildungspolitik der Arbeiter- kammer Tirol mit Sitz in Innsbruck, Ernst Haunholter. Die Plattform des mitveranstaltenden Aggregators er- setzten effizient alle Zweigbibliothe- ken und die traditionellen Kofferbib- liotheken, mit denen Printbücher in entlegene Orte transportiert worden waren.

Das recht zur anschaffung und ausleihe von e-Books

Die Perspektiven nationaler Berufs- verbände brachten Sari Feldman (seit Juni 2015 amtierende Präsi- dentin der American Library Assoca- tion ALA), Ciara Eastell (Präsidentin der Society of Chief Librarians SCL in Großbritannien und Head of Lib- raries, Culture and Heritage of De- von County) und die Geschäftsfüh- rerin des deutschen Bibliotheksver- bandes DBV, Barbara Schleihagen, ein. Dabei zeigten sich deutliche Pa- rallelen: Alle drei Referentinnen be- zeichneten ein umfassendes elek- tronisches Bibliotheksangebot auch in Öffentlichen Bibliotheken als un- abdingbar und verwiesen auf erheb- liche Schwierigkeiten bei der Umset- zung. Diese seien im Wesentlichen von der teilweise ungeklärten recht- lichen Sonderstellung von E-Books Podiumsdiskussion zwischen Gunnar Siewert, Dr. Jonathan Beck, Dr. Werner- Christian Guggemos, Anita Kaltenbach und Barbara Schleihagen

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geprägt. Die Referentinnen stell- ten das gesondert zu vereinbaren- de Recht zur Ausleihe heraus, das von zahlreichen Verlagen verwei- gert werde.

Sari Feldman gab einen Einblick in die langwierigen Verhandlungen der ALA mit den fünf größten US-ame- rikanischen Verlagen. Dass diese letztlich den Public Libraries das Recht zur Anschaffung und Aus- leihe einer beschränkten Titelaus- wahl zugestanden hätten, sei nicht mehr als ein erster Teilerfolg. Das vitale Interesse der Bibliotheken sei der Zugang zu möglichst allen Quel- len jeglichen Formats und für jeden Nutzer. Erschwerend sei, dass wirt- schaftliche Interessen zunehmend Einfluss auf politische Strategien nähmen. Exemplarisch nannte sie die zentrale Verpflichtung, die Pri- vatsphäre der Nutzer zu wahren, die in Anbetracht des von den Anbie- tern geforderten Nutzungstrackings nicht gewährleistet sei. Gegenwär- tig bliebe den Bibliothekaren nicht mehr, als die Leser über diese Nut- zungsbedingungen aufzuklären.

Von der „Sieghart Review“ aus dem Jahr 2013 berichtete Ciara Eastell.

Dieses Arbeitsergebnis einer mit Vertretern von Autoren, Verlagen, Händlern und Bibliotheken besetz- ten Expertenkommission zur Annä- herung der unterschiedlichen Inte- ressen hebe die Gleichstellung von E- und Printmedien als besonders relevant hervor. Im Februar 2015 wurde eine auf diese Empfehlungen ausgerichtete einjährige Pilotphase in Public Libraries abgeschlossen, deren Auswertung zum Zeitpunkt der Tagung noch ausstand.

Barbara Schleihagen fokussier- te die kulturelle und bildungspoliti- sche Verantwortung von Bibliothe- ken und deren Einfluss auf den Pu- blikationsmarkt. Es sei davon aus- zugehen, dass sich die aktiv betrie- bene Leseförderung besonders der Öffentlichen Bibliotheken auch im Bereich der E-Medien positiv auf die

Absatzmöglichkeiten von Verlagen auswirke. Die gegenwärtige Stag- nation zwischen Verlagen und Bib- liotheken spiele den Interessen ge- winnorientierter Internetkonzerne in die Hände. Diese täuschten eine so- ziale und gerechte Teilhabe der Be- völkerung an Kultur und Wissen vor, die von öffentlich-rechtlich getra- genen Bibliotheken nachhaltig und zuverlässig gestaltet werden kön- ne. Sie appellierte an Verlage und Händler, gemeinsam mit den biblio- thekarischen Interessenverbänden weitere Angebotsformen insbeson- dere für Öffentliche Bibliotheken zu entwickeln und betonte die Bedeu- tung fairer Konditionen für Urheber, Verlage, Händler, Bibliotheken und Leser.

Heterogene Strategien der verlage

Mit Dr. Jonathan Beck, Geschäfts- führer von C. H. Beck, war der Ver-

treter eines Publikumsverlages ge- laden, während Dr. Niels Peter Tho- mas, seines Zeichens Executive Vi- ce President für die deutschspra- chige Sparte des Wissenschaftsver- lags Springer, und Dubravka Hinde- lang als Vertriebsleiterin der Sparte Fachbuch des Carl Hanser Verlages die Perspektiven der wissenschaftli- chen Verlage einbrachten.

Dr. Beck skizzierte einige Heraus-

forderungen des E-Book-Geschäfts eines anspruchsvollen Publikums- verlages. Der Verlag biete lediglich eine am Marktsegment ausgerich- tete Auswahl seiner Printwerke zu- sätzlich als E-Books an. Er räumte ein, dass der Schwerpunkt der bis- herigen Strategie auf dem Endkun- dengeschäft lag und verwies auf die Beck eLibrary, die das E-Book-Ange- bot mit der Erweiterung um zunächst etwa 420 Titel sowie mit neuen Li- zenzmodellen auch für In stitutionen interessant machen solle. In einem so jungen Markt müssten sich marktübliche Standards erst entwi- ckeln. Mit einem Appell, die Nutzer weiterhin an anspruchsvolle Litera- tur und validierte Sach- und Fachli- teratur heranzuführen, würdigte er die Arbeit von Bibliothekaren und forderte sie zum Dialog auf.

Dabei griff Dr. Beck eine Anmerkung von Dr. Guggemos auf, die seiner Einschätzung nach in ungerechtfer-

tigter Weise eine Entwicklungsver- zögerung des deutschen Publika- tionsmarktes von 2-3 Jahren zum US-Amerikanischen Markt unter- stelle. Dr. Beck bezeichnete die US- Amerikanischen Marktbedingungen als kaum mit den Deutschen ver- gleichbar. Deutschsprachige Ver- lage und Buchhändler agierten auf einem international hohen und ver- lässlichen Niveau, das mit Selbstbe-

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Sari Feldman gibt Einblicke in die Situation US-Ame- rikanischer Public Libraries

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wusstsein weiterentwickelt werden könne.

Dubravka Hindelang wies auf die starke Konkurrenzsituation zwi- schen Händlern und Verlagen als Direktvertreiber hin. Der Hanser- Verlag wickle den Vertrieb vor- zugsweise über Händler ab. Die- se verfügten traditionell über gute Kundenbeziehungen und hätten eine große Expertise entwickelt.

Sie konstatierte eine geringe Händlertreue der Bibliothekskun- den und machte das Preis-/Ser- vice-Paket als wesentliches Ent- scheidungskriterium für die Wahl des Lieferanten aus.

Dr. Thomas sprach einige Vorteile des Direktvertriebs an. Die traditi- onell enge Kooperation mit Wissen- schaftlichen Bibliotheken als einem bedeutenden Marktsegment füh- re zu einer kontinuierlichen Weiter- entwicklung der Angebotsformen.

Er hob die Bedeutung des Trackings über das Counter-System als wich- tigen Bestandteil der Wirkungsfor- schung hervor. Wie Dr. Beck ging Dr. Thomas explizit von einer Diver- sifikation der Erscheinungsformen aus, hielt aber die Ängste vor der

„Kannibalisierung“ des Printmark- tes für übertrieben. Er sprach sich für die rechtliche Gleichstellung von E-Books und Printbücher aus. Hier seien vor allem Verlage, Handel und Kunden in der Pflicht, zukunftsfähige Lösungen zu erarbeiten.

Podiumsdiskussion und offene roundtables

In einer Podiumsdiskussion mit Dr.

Beck und Frau Schleihagen nahmen sich der CEO der E-Book-Plattform bookrix, Gunnar Siebert, und Anita Kaltenbach als Leiterin der Stadt- bücherei Schweinfurt einem Argu- ment einiger Verlage gegen die Aus- leihe in Bibliotheken und den Wei- terverkauf „gebrauchter“ E-Books an: E-Books nutzten sich im Gegen- satz zu Printmedien nicht ab. Wäh- rend Siewert technische Möglichkei- ten zur Simulation einer Abnutzung aufwarf, bezog Kaltenbach sich auf die Absatzerwartungen der Verla- ge, die bis auf wenige Longseller im Laufe der Jahre auch ohne materiel- le Abnutzung sänken. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass Verlage, Händ- ler und Bibliotheken weitere sinnvol- le Modelle entwickeln können. Das von Verlagen kritisierte Beschaf- fungsmanagement über Verbünde bezeichnete sie als notwendige Ant- wort auf die Preispolitik der Verlage und den Kostendruck der Kommu- nen.

Im Rahmen der Diskussion rückte Siewert den Wunsch von Autoren als Urheber in den Mittelpunkt, wahrge- nommen und vor allem gelesen zu werden. Dazu gehörten nach seiner Interpretation zulässige volatile Ver- kaufspreise, solange sie bei allen An- bietern gleich seien.

In einer anschließenden offenen

Session gab die Rechtsanwältin Dr.

Ursula Feindor-Schmidt pointierte Einblicke in lizenzrechtliche Heraus- forderungen. Alternativ konnten sich die Teilnehmer über Angebote der Aggregatoren Ciando und Overdrive sowie die Self-Publishing-Plattform Bookrix informieren.

erheblicher entwicklungsbedarf vor allem für Öffentliche Bibliotheken

Unter Umständen sei die Intuition zahlreicher Verleger, die E-Leihe in Bibliotheken kannibalisiere den Ab- satz, fehlgeleitet, stellte Dr. Gugge- mos in seinem Abschlussstatement fest. Die Entwicklung weiterer Ge- schäftsmodelle in einem noch jun- gen Markt könne in enger Koope- ration zwischen Verlagen, Händlern und Bibliotheken erleichtert und ver- bessert werden – hier sehe er vor al- lem für Öffentliche Bibliotheken we- sentlichen Nachholbedarf. Dr. Gug- gemos kündigte die Fortsetzung der Fachkonferenz an. ❙

Martina kuth Dipl.-Bibl., MA LIS Konrad-Adenauer-Str. 30 61267 Neu-Anspach Martina.Kuth@web.de

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