Haufe Praxisratgeber 01142
Schnelleinstieg Buchführung
Bearbeitet von Dr. Gerhard Fröhlich
7., überarbeitete Auflage 2012 2012. Taschenbuch. 234 S. Paperback ISBN 978 3 648 02442 3
Wirtschaft > Unternehmensfinanzen > Betriebliches Rechnungswesen Zu Inhaltsverzeichnis
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2 Bilanz, Konten und Geschftsflle
2.1 Die Bilanz im Mittelpunkt der Buchfìhrung
Mit den einfìhrenden Betrachtungen in den ersten Kapiteln haben wir die Voraussetzungen dafìr geschaffen, dass wir uns jetzt praktisch mit der Buch- fìhrung beschftigen.
Stellen Sie sich vor, Sie grìnden ein Unternehmen. Die Grçßenordnung erfor- dert doppelte Buchfìhrung (laut § 141 AO). Das Finanzamt verlangt eine Erçffnungsbilanz. Was schreiben Sie bloß hinein, wenn Sie noch keine mate- riellen Gegenst0nde wie Grundstìcke, Gebude, Maschinen usw. erworben haben? Gibt es eine Bilanz mit „Null“? Ganz abstrakt und hypothetisch kçnnte man von einer Bilanz mit Null dann sprechen, wenn jemand nur die Idee zu einem Unternehmensaufbau hat. Praktisch wird allerdings niemand eine solche Bilanz aufstellen. Ideen werden in der Umsetzung materialisiert und fìhren zu bewertbarem Vermçgen, das entweder mit Eigen- oder mit Fremdkapital finanziert wird. Insofern gibt es in der Praxis keine Bilanz mit einer Summe Null.
Sie werden mindestens ein Kontokorrentgeschftskonto bei einer Bank einge- richtet haben. Die Hçhe des Guthabens geht aus dem Kontoauszug hervor. Die andere Frage ist aber, wie Sie das Geld beschafft, Ihr Unternehmen also finanziert haben. Wenn es Ihnen gelungen ist, ohne Fremdkapital auszukom- men, kann Ihre Erçffnungsbilanz folgendermaßen aussehen, wobei alle Anga- ben in der Whrung EUR (Euro) erfolgten:
Bank 50.000,00 Eigenkapital 50.000,00
Glückstadt, den 01.01.200X Felix Schlau X steht fìr das Jahr der Unternehmensgrìndung
Htte Felix Schlau anstelle der vollen Eigenkapitalfinanzierung ein Darlehen aufgenommen, htte die rechte Seite, die Passiv-Seite der Bilanz, einen anderen Inhalt:
Ingenieurbüro Felix Schlau
Aktiva Bilanz zum 01.01.200X Passiva
Bank 50.000,00 35.000,00
Darlehen 15.000,00
50.000,00 50.000,00
Glückstadt, den 01.01.200X Felix Schlau Eigenkapital
X steht fìr das Jahr der Unternehmensgrìndung
Aus diesen ganz einfachen Darstellungen erkennen Sie ein wesentliches Grund- prinzip:
Leitsatz:
Jede Bilanz hat zwei Seiten.
Die linke Seite enthlt dieAktiva, die Positionen der rechten Seite werden alsPassivabezeichnet.
Jede Bilanz ist ausgeglichen – Aktiva und Passiva sind wertmßig immer gleich.
Fìr diesen Grundsatz gibt es gute Grìnde. Die oben dargestellten zwei Bilanzen zeigen, dass Sie nur einen Teil der Wahrheit ausweisen wìrden, wenn Sie es bei der Information belassen, dass Ihr Bankkonto ein Guthaben von 50.000 EUR ausweist. Ihre Geschftslage wird erst dann deutlich, wenn der Leser Ihrer Bilanz sieht, ob die 50.000 EUR von Ihnen als Unternehmer selbst aufgebracht wurden, oder ob ein Teil davon geborgt ist, also fremdes Kapital darstellt.
Einerseits hat ein Unternehmen bestimmte Vermçgenswerte im Besitz, es kann also aktivdarìber verfìgen. Das kçnnen Grundstìcke sein, Maschinen, Roh- stoffe, Außenstnde (Forderungen), Bargeld, Guthaben auf Girokonten. Ande- rerseits mìssen alle diese Vermçgenswerte finanziert sein – durch eigenes oder durch fremdes Kapital.
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Bilanz, Konten und GeschftsflleLeitsatz:
Die Darstellung der Vermçgenswerte – der Aktiva – einerseits und die Darstellung der Finanzierung – der Passiva – andererseits – das ist Aus- gangspunkt der doppelten Buchfìhrung.
Damit haben Sie den Schlìssel zum Verstndnis fìr das Prinzip der doppelten Buchfìhrung. Scherzbolde behaupten ja, sie sei doppelt, weil es eine Buch- fìhrung fìr das Finanzamt gibt und eine andere mit der Wahrheit – das ist natìrlich nicht so.
Sie werden erkannt haben, dass die Bilanz Gleichungen enthlt:
Aktiva = Eigenkapital + Fremdkapital Eigenkapital = Aktiva – Fremdkapital Fremdkapital = Aktiva – Eigenkapital
Selbst dann, wenn die Schulden noch so hoch sein sollten, gilt: Die Bilanz ist immer ausgeglichen. Als Mçchtegernkaufmann entlarvt sich jemand, der von einer nicht ausgeglichenen Bilanz spricht. So etwas gibt es nicht, das wissen Sie nun.
Wie kçnnen Sie sich die Begriffe „Aktiva“ und „Passiva“ erklren? Aktiva sind solche Vermçgensformen, die Sie als Unternehmer „aktiv“ einsetzen kçnnen, unabhngig davon, ob Sie diese selbst finanziert haben oder nicht. Die Passivseite zeigt die Finanzierung, also die Herkunft des Kapitals. Der Kapital- geber kann die Richtung der Geschftsttigkeit mitbestimmen, im Vergleich zum Geschftsfìhrer verkçrpert er aber dennoch die passive Seite.
Aussage der beiden Seiten der Bilanz
Aktiva Passiva
J Formen des Vermçgens.
J Wie wurde investiert?
J Wie wurden die Mittel eingesetzt?
J Herkunft, Quellen der Finanzierung.
J Wie wurde finanziert?
J Woher stammen die Mittel?
Die Bilanz im Mittelpunkt der Buchfìhrung
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Sie stoßen bei der Aufstellung Ihrer Bilanz vermutlich auf ein weiteres Problem, und das besonders dann, wenn Sie außer ìber Ihr Bankguthaben noch ìber weitere Vermçgensteile verfìgen. In welcher Detailliertheit mìssen Sie diese auffìhren – vielleicht gar einzeln nach Art, Menge und Wert? Glìcklicherweise ist das nicht der Fall. Sie kçnnen Gruppierungen vornehmen und bestimmte Bilanzpositionen bilden. Frìher war die Detailliertheit der Bilanz dem Kauf- mann ìberlassen – spter hatte sich eine Art allgemeiner, gesellschaftlicher
bereinkunft herausgebildet.
Jetzt wird auch das durch ein Gesetz geregelt. Es handelt sich um den § 266, Ziffer 2 des Handelsgesetzbuches (HGB). Die dort enthaltene Bilanzgliederung sollten Sie sich jetzt anschauen. Sie ist zwar nur fìr große und mittelgroße Kapitalgesellschaften vorgeschrieben. In der Praxis hat sich diese Gliederung aber auch fìr Personengesellschaften durchgesetzt, wobei hufig die Positio- nen noch weiter zusammengefasst werden. Sie sollten aber darauf achten, dass Ihre Bilanz durch eine zu starke Aggregation einzelner Positionen nicht ihren Aussagewert verliert.
Gliederung der Bilanz Aktivseite
A. Anlagevermçgen
I. Immaterielle Vermçgensgegenstnde:
J Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und hnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;
J Geschfts- oder Firmenwert;
J geleistete Anzahlungen;
II. Sachanlagen:
J Grundstìcke, grundstìcksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstìcken;
J technische Anlagen und Maschinen;
J andere Anlagen, Betriebs- und Geschftsausstattung;
J geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;
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Bilanz, Konten und GeschftsflleIII. Finanzanlagen:
J Anteile an verbundenen Unternehmen;
J Ausleihungen an verbundene Unternehmen;
J Beteiligungen;
J Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhltnis besteht;
J Wertpapiere des Anlagevermçgens;
J sonstige Ausleihungen.
B. Umlaufvermçgen I. Vorrte:
J Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe;
J unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;
J fertige Erzeugnisse und Waren;
J geleistete Anzahlungen;
II. Forderungen und sonstige Vermçgensgegenstnde:
J Forderungen aus Lieferungen und Leistungen;
J Forderungen gegen verbundene Unternehmen;
J Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhltnis besteht;
J sonstige Vermçgensgegenstnde;
III. Wertpapiere:
J Anteile an verbundenen Unternehmen;
J eigene Anteile;
J sonstige Wertpapiere;
IV. Schecks, Kassenbestand, Bundesbank- und Postgiroguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten.
C. Rechnungsabgrenzungsposten
Die Bilanz im Mittelpunkt der Buchfìhrung
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Gliederung der Bilanz Passivseite
A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital;
II. Kapitalrìcklage;
III.Gewinnrìcklagen:
J gesetzliche Rìcklagen;
J Rìcklage fìr eigene Anteile;
J satzungsmßige Rìcklagen;
J andere Gewinnrìcklagen;
IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;
V. Jahresìberschuss/Jahresfehlbetrag.
B. Rìckstellungen
J Rìckstellungen fìr Pensionen und hnliche Verpflichtungen;
J Steuerrìckstellungen;
J sonstige Rìckstellungen.
C. Verbindlichkeiten
J Anleihe davon konvertibel;
J Verbindlichkeiten gegenìber Kreditinstituten;
J erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen;
J Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;
J Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstel- lung eigener Wechsel;
J Verbindlichkeiten gegenìber verbundenen Unternehmen;
J Verbindlichkeiten gegenìber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungs- verhltnis besteht;
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Bilanz, Konten und GeschftsflleJ sonstige Verbindlichkeiten, davon aus Steuern,
J davon im Rahmen der sozialen Sicherheit.
D. Rechnungsabgrenzungsposten
Sie haben gesehen, dass selbst eine ganz einfache Bilanz wichtige Informatio- nen ìber ein Unternehmen liefert. Gemß § 242, Ziffer 1 HGB ist deshalb ein Unternehmer dazu verpflichtet, sie aufzustellen:
„Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und fìr den Schluss eines jeden Geschftsjahr es einen das Verhltnis seines Vermçgens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Erçffnungsbilanz, Bilanz) aufzustel- len.“
Bei genauer Betrachtung wird sich jetzt die Frage stellen, ob es ausreicht, dass nur einmal im Jahr eine Bilanz aufgestellt wird. Nehmen wir an, Sie prìfen Ende Juni, ob Sie sich an der Firma eines Geschftspartners beteiligen sollten, und Ihnen wird die Schlussbilanz des Vorjahres vorgelegt. Sie erkennen das Pro- blem: Jede Bilanz ist eine Momentaufnahme, eine Fotografie. Die Braut (die Firma), die geheiratet werden will, ist aber vielleicht lngst nicht mehr so hìbsch wie auf der Fotografie am Ende des vergangenen Jahres. Damit wird klar, dass die Buchfìhrung nicht nur daraus bestehen kann, zu bestimmten Zeitpunkten Bilanzen aufzustellen. Das Leben ist nicht statisch, sondern dyna- misch, es besteht aus stndiger Bewegung. Wie kann diese Bewegung des Geschftslebens dargestellt werden?
Bevor wir uns im ìbernchsten Kapitel eingehend damit befassen, wie von der statischen Bilanz zu einer dynamischen Darstellung der Geschftsttigkeit ìbergegangen werden kann, muss noch eine andere Frage beantwortet werden: Wo kommen die Angaben fìr die Bilanz her? Wie wird gesichert, dass diese Angaben stimmen, dass sie wahr sind? Sehen Sie dazu das nchste Kapitel.
Die Bilanz im Mittelpunkt der Buchfìhrung