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Aus Sicht des Kantons Freiburg sind die lateinischen Eigenheiten ungenügend berücksichtigt | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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63 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 12-2014

Stellungnahme

Die erste Bemerkung zum Evaluations- system bezieht sich auf dessen Effizienz.

Alle Studien zeigen, dass die Führung der öffentlichen Arbeitsvermittlung eine Er- folgsgeschichte ist. Allerdings ist festzuhal- ten, dass der Akzent auf eine rasche Wie- dereingliederung gelegt wird.

Kann die öffentliche Arbeitsvermittlung noch besser werden? Diese Frage führt zur zweiten Bemerkung: Ja, das kann sie. Seit der Einführung der Wirkungsindikatoren im Jahr 2000 haben sich die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) verän- dert. Alle Kantone haben ihre Betreuung der Stellensuchenden revidiert, um einer- seits die Gleichbehandlung zu sichern und andererseits die Schwachpunkte im Prozess aufzudecken. Dies ist eine Präzisionsarbeit, denn nur die Gleichbehandlung – also die Sicherstellung, dass alle RAV-Beratenden gleich vorgehen – kann Verbesserungen hervorbringen. Die Folge dieses Verbesse- rungsprozesses ist, dass es von Jahr zu Jahr anspruchsvoller wird, das schweizerische Mittel zu erreichen.

Die dritte Bemerkung ergibt sich aus den zwei ersten: Die Indikatoren fördern den Wettbewerb zwischen den Kantonen. Vor noch nicht allzu langer Zeit publizierte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) je- weils eine Rangliste vom «besten» bis zum

«am wenigsten guten» Kanton. Dies führte wiederholt zu medialem Trommelfeuer und geharnischten Reaktionen jener Kantone, die am schlechtesten abschnitten. Letztere konnten sich oft nicht erklären, weshalb sie in der Bewertung abfielen. Auch die Zeit, als das Seco die «guten» Kantone finanzi- ell belohnte und ihnen gleichzeitig mit ei- ner Busse drohte, falls sie sich verschlech- tern sollten, ist noch nicht lange her. Dies waren alte Reflexe eines überholten New Public Management. Nach wie vor ist das Seco nicht in der Lage, die Ursachen für die Unterschiede stichhaltig zu erklären. Heute veröffentlicht das Amt regelmässig Studien zu den Indikatoren und schickt den Kanto- nen ein unverbindliches Ranking. Wir ver- muten, dass sich die Verantwortlichen der Arbeitsämter weniger am schweizerischen Mittel als an ähnlich abschneidenden Kan- tonen orientieren.

Ein perfektionierbares System

Ab dem 1. Januar 2015 werden zwei neue Indikatoren die zur Verfügung stehenden Instrumente ergänzen. Es ist nichts als ge- recht, auch jene Personen zu berücksichti- gen, die sich bei den RAV anmelden, aber noch keine Taggelder beziehen. Dieses Kri- terium entspricht voll und ganz dem Avig, gemäss dem das Vermeiden von Arbeits- losigkeit zu den Aufgaben der RAV gehört.

Legitim ist auch der Einbezug der Ausge- steuerten in die Evaluation. Denn diese kön- nen die Dienste der RAV in Anspruch neh- men, auch wenn sie keine Taggelder mehr beziehen.

Ein perfektes System? Nein, sondern ein perfektionierbares! Was die lateinischen Kantone verärgert, ist die Weigerung, die Mentalitätsunterschiede zur Deutschschweiz zu berücksichtigen. Am Beispiel des Kantons Freiburg sieht man es deutlich: Im deutsch- sprachigen Teil ist die Arbeitslosenquote tiefer. Dafür lassen sich zahlreiche Er- klärungen anführen; eine davon besteht jedoch in einer Abneigung der Deutsch- schweizer, staatliche Leistungen bei der Ar- beitssuche in Anspruch zu nehmen. Für das Seco kommt es nicht infrage, dieses Krite- rium zu berücksichtigen – auch nicht in den exogenen Faktoren, die jene Gegebenhei- ten korrigieren sollen, welche die Kantone nicht beeinflussen können. Die lateinischen Arbeitsämter weisen seit Jahren darauf hin, dass das unterschiedliche Verhältnis zum Staat, das in der lateinischen und der deut- schen Schweiz gepflegt wird, nicht in die exogenen Faktoren aufgenommen wurde.

Denn der Umstand, dass in der lateinischen Schweiz grössere Erwartungen an staatliche Leistungen gestellt werden, erschwert und verlängert tendenziell die Begleitung, die Motivation und die Kontrolle der Stellensu- chenden durch die RAV. Das Bundesgesetz ist für alle gleich: Entweder besteht ein An- spruch auf ALV-Leistungen, oder er besteht nicht. Die Gleichbehandlung leitet sich von diesem Recht ab und nicht vom Willen ei- ner Person, dieses in Anspruch zu nehmen

oder nicht.

Aus Sicht des Kantons Freiburg sind die lateinischen Eigenheiten ungenügend berücksichtigt

Die deutsche und die lateinische Schweiz teilen gemeinsame Werte. Diese finden sich in der Steuerung der Arbeitsämter wie- der, deren ökonometrisches Mo- dell von den Kantonen einhellig begrüsst wird. Der Röstigraben zeigt sich aber in Mentalitätsun- terschieden zwischen den beiden grossen Sprachregionen. Diese Situation ärgert die lateinischen Kantone. Seit 14 Jahren wird die öffentliche Arbeitsvermittlung zielorientiert anhand von vier Indikatoren gesteuert. Die Auf- gabe ist für alle dieselbe, näm- lich die Bestimmungen des Avig anzuwenden, um die Stellensu- chenden möglichst rasch und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Weshalb also nicht jene Faktoren gebührend berücksichtigen, welche die la- teinischen Kantone schlechter- stellen? Der Kanton Freiburg, in dem die Sprachregionen zusam- mentreffen, nimmt dazu Stel- lung.

Charles de Reyff Vorsteher des Amts für den Arbeitsmarkt des Kantons Freiburg

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