Für seine Fehler haften müsse aber letztlich der Arzt und nicht der Kran- kenhausträger, der die Arbeitsbedin- gungen zu verantworten habe.
Ulrich Smentkowski, Leiter der Geschäftsstelle der Gutachterkom- mission für ärztliche Behandlungsfeh- ler bei der Ärztekammer Nordrhein in Düsseldorf, bestätigte den Trend steigender Beschwerdezahlen bei vermeintlichen Behandlungsfehlern:
Auch die Zahl der Anträge an die Schlichtungskommission wächst. Den größten Teil der Anträge hält im langjährigen Durchschnitt die Chirur- gie mit 35 Prozent, darauf folgen mit großem Abstand Gynäkologie ein- schließlich Geburtshilfe, Orthopädie und Innere Medizin. In den 23 Jahren ihrer Arbeit hat die Kommission in rund einem Drittel der geprüften Fäl- le Behandlungsfehler festgestellt.
Meistens einigt man sich ohne Prozeß
Wenn die Gutachter ihre Arbeit abgeschlossen haben, ist es Sache des Patienten, seine Ansprüche gegen- über der Versicherung des Arztes durchzusetzen. Meist einigen die Par- teien sich außergerichtlich auf der Ba- sis des umfassenden Kommissionsbe- scheids; 1995 etwa kam es nur in rund zehn Prozent der Fälle zu einem Ge- richtsverfahren. Die Richter fällten ihre Entscheidung vorwiegend in Übereinstimmung mit der Kommissi- on, berichtete Smentkowski. „Abwei- chungen gab es nur in 0,65 Prozent der Fälle.“
Die alte „Krähentheorie“ – eine hackt der anderen kein Auge aus – und „Ärzte machen sich gegenseitig keine Schwierigkeiten“ sei durch die Gutachterkommission also überzeu- gend widerlegt. Als Beleg zitierte Smentkowski aus dem Schreiben ei- nes Rechtsanwalts, der eine durch Operation querschnittsgelähmte Pati- entin vertreten hatte: „Nachdem die zuletzt ergangene Entscheidung der Kommission an Klarheit nichts mehr zu wünschen übrigließ, hat . . . (der zu- ständige Versicherer) seine Ersatz- pflicht verbindlich eingeräumt. Dies konnte aufgrund der umsichtigen und objektiven Begutachtung erreicht werden.“ Alexandra Endres
A-2303
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 38, 18. September 1998 (23) iele niedergelassene Ärzte
wünschen sich ein alphabe- tisches Verzeichnis der im deutschen Sprachraum verwendeten Krankheitsbegriffe. Ein solcher Dia- gnosenthesaurus mit rund 27 800 Dia- gnosentexten liegt jetzt vor – als CD- ROM, herausgegeben vom Zentral- institut für die kassenärztliche Versor- gung (ZI). Der Thesaurus soll im Rahmen der Wissenschaftlichen Rei- he des ZI auch als
Buch erscheinen, sobald feststeht, ab wann die Kas- senärzte definitiv zur Verschlüsse- lung ihrer Dia- gnosen gesetzlich verpflichtet sind.
Das Buch wird zirka 53 000 Dia- gnosentexte ent- halten.
Das jetzt vor- liegende Ver- zeichnis geht auf einen Modellver- such in Sachsen- Anhalt und Nie-
dersachsen zurück, bei dem die Prak- tikabilität einer deutlich reduzierten Fassung der ICD-10 getestet worden war (Deutsches Ärzteblatt, Heft 46/1997)*.
Der Widerstand zahlreicher Kas- senärzte gegen die vom Gesetzgeber vorgesehene Verpflichtung zur Dia-
gnosenverschlüsselung nach der ICD- 10 hatte sich vor allem an der mangel- haften Übersichtlichkeit und der Viel- zahl der hierzulande nicht anzutref- fenden Diagnosen der Originalfas- sung entzündet.
Die Verpflichtung zur Dia- gnosenverschlüsselung ist nach wie vor ausgesetzt, interessierte Ärzte können jedoch auf freiwilliger Basis bereits jetzt verschlüsseln. Aus Sicht des Zentralin- stituts stellt der Diagnosenthe- saurus dafür ein praktikables In- strument dar,
„das sich am medizinischen Sprachgebrauch orientiert und dem Arzt die Sicherheit gibt, daß die Zuord- nung der Krank- heitsbegriffe zu den offiziellen Schlüsselnum- mern der ICD- 10 von medizini- schen Experten sachgerecht vorge- nommen worden ist“.
Zur Zeit hat das Zentralinstitut bereits mit rund 30 Softwarehäusern, die lizensierte Praxisverwaltungssy- steme vertreiben, eine Vereinbarung über die Nutzung des Diagnosenthe- saurus getroffen. Sie sieht die für den Arzt kostenlose Integration des The- saurus in die entsprechende Praxis- software vor. Auch Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen und Kranken- kassen sollen den Diagnosenthesau- rus nutzen können – allerdings nur ge- gen eine anteilige Erstattung der Ent-
wicklungskosten. JM
ICD-10-Codierung
Zentralinstitut legt einen Diagnosenthesaurus vor
Das Verzeichnis mit 27 800 Diagnosentexten gibt es derzeit nur auf CD-ROM. Eine Buchversion soll folgen.
V
Die CD-ROM-Version des Diagnosenthesaurus kann als al- phabetisches Verzeichnis der Krankheitsbegriffe dienen.
* Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Be- gleituntersuchung zum Modellversuch in Nie- dersachsen und Sachsen-Anhalt sind 1998 als Band 54 der Wissenschaftlichen Reihe des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versor- gung im Deutschen Ärzte-Verlag erschienen.
Der Titel des Buchs: „Erprobung der Diagno- senverschlüsselung mit der ICD-10 in der Pra- xis des niedergelassenen Arztes.“