Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Nachdem wir uns hier in der Neu- rochirurgischen Universitätsklinik Würzburg in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Nuklearmedizin (Leiter Prof. Dr. W. Börner) intensiv mit der Diagnostik und operativen Therapie zerebraler Zirkulationsstö- rungen befassen, haben wir mit be- sonderem Interesse den oben ge- nannten Artikel gelesen.
Die Arbeit befaßt sich zwar ausführ- lich, aber ausschließlich mit der Per- fusionsszintigraphie des Hirnes nach intravenöser Injektion von
99mTc, d. h. mit der schnellen Auf- zeichnung des zeitlichen Ablaufes der üblichen, seit langem ange- wandten Hirnszintigraphie. Mit die- ser Technik wird jedoch, wie auch der Autor betont, die zerebrale Zir- kulation und insbesondere die ent- scheidende regionale Hirndurchblu- tung nichtquantitativ erfaßt; die Me- thode der Perfusionsszintigraphie ergibt daher nur einen sehr groben Anhalt über die zerebrale Zirkulation und macht nur ausgeprägte Durch- blutungsstörungen deutlich. Damit ist der klinische Wert begrenzt und ergibt nur wenige Informationen, die über das hinausgehen, was durch andere Untersuchungsmethoden wie Dopplersonographie, CT, EEG nicht ohnehin schon bekannt ist. Wir setzen diese Methode daher kaum mehr ein. Inzwischen stehen jedoch neue, ebenfalls nuklearmedizinische Methoden zur nichtinvasiven, quan- titativen und regionalen Bestim- mung der zerebralen Durchblutung (nrCBF) zur Verfügung, deren Be- schreibung oder zumindest Erwäh- nung wir bei dem entsprechend ge- haltenen Titel der Arbeit vermißt ha- ben. Es handelt sich um Darstellun- gen der regionalen zerebralen Durchblutungsverteilung nach Inha- lation oder intravenöser Injektion (noch wesentlich weniger belasten- des Verfahren als die Perfusions-
AUSSPRACHE
szintigraphie) mit radioaktivem Xe- non ( 133Xe), die dank verbesser- ter Rechnerauswertungsprogramme die früheren Ungenauigkeiten weit- gehend verloren und die bisher ein- zig mögliche, quantitative zerebrale Hirndurchblutungsmessung mit in- traarterieller Xenoninjektion ersetzt haben. Wir wenden diese Methode seit über einem Jahr an; hiermit las- sen sich auch kleinere regionale Durchblutungsstörungen, insbeson- dere beim ischämischen Infarkt, je- doch auch wichtige Durchblutungs- störungen bei Hirntumoren und Schädel-Hirn-Traumen darstellen.
Die damit erhobenen Befunde sind genauer und von besserer Auflö- sung; so zeigen arteriovenöse Miß- bildungen in der Regel eine erhebli- che, andauernde lokale Zirkulations- erhöhung; beim akuten Subduralhä- matom ist die Durchblutung in der Akutphase in der Regel gesteigert, in der Phase des Ödems dagegen erniedrigt, beim chronischen Sub- duralhämatom (eine derartige Tren- nung wurde in Ihrer Arbeit nicht durchgeführt) ist sie dagegen über der betroffenen Hemisphäre vermin- dert. Beim ischämischen Infarkt zeigt sich in der Xenon-Zerebrogra- phie die regionale Störung sofort, das Ausmaß und der Verlauf der re- gionalen Durchblutungsstörung kann mit der nichtinvasiven Metho- de jederzeit dargestellt werden und entspricht ebenfalls im Gegensatz zu den Ergebnissen der Perfusions- szintigraphie recht gut dem klini- schen Längsschnitt. Bei Hirntumo- ren findet sich bei gut vaskularisier- ten, malignen Prozessen (Gliobla- stomen) eine allerdings unregelmä- ßige Perfusionssteigerung, bei we- nig teilungsaktiven Gliomen, ebenso (meist — aber nicht immer) bei Me- ningeomen dagegen eine regionale, oft sehr ausgeprägte Perfusionsmin- derung.
Kollagenose
plementablagerungen in den Gefä- ßen nachgewiesen werden. Diese Kriterien reichen jedoch nicht aus, eine Immunpathogenese der Krank- heitsbilder anzunehmen. Beobach- tungen bei einer Reihe von Patien- ten mit Panarteriitis nodosa lassen vermuten, daß zumindest in einigen Fällen Immunkomplexe eine patho- genetische Rolle bei der Entstehung der Gefäßläsionen spielen. Es konn- ten bei diesen Patienten eine HBs- Antigenämie, zirkulierende HBs- (Australia-Antigen-)Antikörperkom- plexe sowie entsprechende Immun- komplexablagerungen in den Gefä- ßen nachgewiesen werden. Die bei der Dermatomyositis und der Poly- myositis in Einzelfällen beschriebe- nen lmmunglobulinablagerungen in Muskelbiopsien sowie die bei die- sem Krankheitsbild nachgewiese- nen Antikörper gegen Myosin stellen bisher Einzelbefunde dar, die einer weiteren Bestätigung bedürfen.
Möglicherweise liegt hier auch eine Störung der zellulären Immunant- wort zugrunde, da durch Muskelho- mogenate stimulierbare Lymphozy- ten sowie zytotoxische Lymphozy- ten gegenüber Muskelzellen beob- achtet wurden.
Literatur
(1) Klemperer, P.: Amer. J. Path. 4 (1950) 505 — (2) Siegenthaler, W.: Verh. Dtsch. Ges. Inn.
Med. (1978) — (3) Opferkuch, W., und Schmidt, U.: Komplementsystem, in: Vorländer, K. 0.
(Hrsg.): Praxis der Immunologie, Thieme, Stuttgart (1976) 15 — (4) Germuth, F. G., und Rodriguez, E.: Immunopathology of the renal glomerulus, Little, Brown and Company, Bo- ston (1973) — (5) Rother, K.; Seelig, H. P.:
Niere, in: Vorländer, K. 0. (Hrsg.): Praxis der Immunologie, Thieme, Stuttgart (1976) 236 — Maini, R. N.: Immunology of the rheumatic diseases, E. Arnold, London (1977) — Nakamu- ra, R. M.: Immunopathology, Little, Brown and Co., Boston (1974) — Miescher, P.: Systemi- scher Lupus erythematodes, Verhdlg. Dtsch.
Ges. Inn. Med. 83 (1977) 1807 — Ricken, D. F.:
Progressive Sklerodermie und Dermatomyosi- tis, Verhdlg. Dtsch. Ges. Inn. Med. 83 (1977) 751
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med.
Hans Peter Seelig
Arzt für Laboratoriumsmedizin Kriegsstraße 99
7500 Karlsruhe
Nuklearmedizinische Hirndiagnostik bei zerebrovaskulären Erkrankungen
Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Helmut A. E. Schmidt in Heft 37/1980, Seite 2161 ff.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 6 vom 5. Februar 1981 235
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE
Somit möchten wir dem Schlußwort in der Zusammenfassung Ihres Arti- kels, nach dem der nuklearmedizini- schen Diagnostik bei zerebrovasku- lären Erkrankungen ein hoher Stel- lenwert zukommt, voll zustimmen, allerdings unter Einschluß der mo- dernen, quantitativen Methoden.
Zum mindesten die Xenon-Inhala- tions-Zerebrographie ist hier kli- nisch einfach möglich, wobei wir auf die noch wesentlich informations- reichere, jedoch technisch zu auf- wendige Positron-Emissions-Com- putertomographie (e-CT) gar nicht eingehen wollen. Die weitere Ent- wicklung der computertechnischen Auswertung läßt erwarten, daß in den nächsten beiden Jahren sogar eine dreidimensionale Darstellung der zerebralen Durchblutungssitua- tion entsprechend dem morphologi- schen Computertomogramm mög- lich sein wird (Tomomatic-System).
Vielleicht sollten Sie über diese er- weiterten Möglichkeiten quantitati- ver zerebraler Durchblutungsmes- sung, die ja für sehr viele zentralner- vöse Erkrankungen Bedeutung ha- ben, ebenfalls einmal ausführlicher im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT be- richten.
Literatur
(1) Brawanski, A.; Gaab, M.; Bockhorn, J.:
Nichtinvasive Messung der regionalen zere- bralen Durchblutung, im Druck — (2) Desh- mukh, V. D.; Meyer, J. S.: Noninvasive meas- urement of regional cerebral blood flow in man. New York — London: Spectrum (1978)
—(3) Jablonski, T.; Prohovnik, I.; Risberg, J.;
Stahl, K. E.; Maximilian, V. A.; Sabsay, E. V.:
Fourier analysis of 133-Xe Inhalation curves:
Accuracy and sensitivity, Acta Neurol. Scand., Suppl. 72 (1979) 216-217 — (4) Phelps, M. E.;
Hofmann, E. J.; Huang, S.; Kuhl, D. E.: eCAT: A new computerized tomographic imaging sys- tem for positron-emitting radio-pharmaceuti- cals, J. Nucl. Med. 19 (1978) 635-647 — (5) Risberg, J.: rCBF in neuropsychology and psychiatry, Brain and language 9 (1980) 8-31
Professor Dr. med. K.-A. Bushe Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der
Universität Würzburg Dr. med. M. Gaab Arzt für Neurochirurgie Hirnkreislauflabor der Neurochirurgischen Universitätsklinik
Josef-Schneider-Straße 11 8700 Würzburg
Schlußwort
Die Herren Bushe und Gaab haben zweifellos recht, daß mit der Xenon- Zerebrographie detailliertere Aussa- gen zu erhalten sind.
Wenn ich diese Methode nicht be- schrieben habe, so hat das vor allem zwei Gründe:
0 Übersichtsarbeiten im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT sollen alle — insbesondere auch niedergelassene
— Kollegen informieren.
Nach meinem Verständnis kann es nicht Sinn einer solchen Arbeit sein, wie bei einem Handbuchartikel sämtliche Möglichkeiten aufzuzei- gen, also auch Methoden zu be- schreiben, die nur in Speziallabors durchgeführt werden.
Vielmehr sind doch wohl Verfahren vorzustellen, die in jeder nuklearme- dizinischen Abteilung zur Routine gehören.
Ich halte es aus didaktischen Gründen nicht für richtig, in einem Fortbildungsreferat über Verfahren zur berichten, die noch nicht auf breiter Basis in die Routinediagno- stik eingeführt sind.
Nachdem bisher keine deutschspra- chige Publikation vorliegt, darf man annehmen, daß eine weite Verbrei- tung der Zerebrographie bisher nicht stattgefunden hat.
Diese Feststellung stellt selbstver- ständlich nicht den Wert des Verfah- rens in Frage. Sobald es zum dia- gnostischen Spektrum auch nicht spezialisierter Abteilungen gehört, wäre es sicher interessant, die Ärzte- schaft darüber zu informieren.
Professor Dr. med.
Helmut A. E. Schmidt
Chefarzt der Nuklearmedizinischen Klinik und Poliklinik
am Evangelischen Krankenhaus Bethesda zu Duisburg
Heerstraße 219 4100 Duisburg 1
Spielen mit Laser — nicht ungefährlich
Zu der Kongreß-Nachricht in Heft 40/1980, Seite 2352
In der obengenannten Nachricht wird im ersten Satz mitgeteilt, daß der Schwellenwert für Netzhaut- schäden bei 10 Milliwatt (mW) und 100 Millisekunden (msec) liege.
Dies widerspricht sowohl internatio- nalen Standards (zum Beispiel IEC- Dokument 76, Fifth Draft 1979, oder ANSI-Standard Z 136-1-1976), als auch eigenen Untersuchungen. Da- nach ist bei Expositionszeiten von 100 msec und Leistungen von 10 mW mit irreversiblen Netzhautschä- den zu rechnen, sofern der Laser- strahl von den brechenden Medien des Auges auf die Netzhaut fokus- siert wird.
Der in der Kongreßnachricht er- wähnte „Schwellenwert" ist auch deshalb irreführend, weil in den zur Zeit in der Bundesrepublik Deutsch- land gültigen Unfallverhütungsvor- schriften über Laserstrahlen (VBG 93) der gleiche Wert als Grenzwert für Ausnahmeregelungen genannt ist. Dieser Wert ist nach dem heuti- gen Wissensstand nicht mehr ge- rechtfertigt.
Eine Neufassung der Unfallverhü- tungsvorschrift, in der unter ande- rem dieser Punkt richtiggestellt wer- den wird, ist zur Zeit in Vorberei- tung.
Literatur
Birngruber, R.: Hillenkamp, F.; Gabel, V.-P.:
„Experimentelle und theoretische Untersu- chungen zur thermischen Schädigung des Augenhintergrundes durch Laserstrahlung", GSF-Bericht AO 251, November 1978
Dr. med. Reginald Birngruber Augenklinik der
Universität München Mathildenstraße 8 8000 München 2 236 Heft 6 vom 5. Februar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT