Festbeträge
Verstoß gegen Verfassung
Pharmaverband protestiert gegen Festbetragsregelung.
D
er Bundesfachverband der Arznei- mittelhersteller (BAH) hält die Arz- neimittel-Festbeträge für „innovations- feindlich und standortpolitisch inak- zeptabel“. In einem Schreiben an die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Gudrun Schaich-Walch, kritisiert der Verband ei- ne „zugunsten der Krankenkassen aus- gabendämpfende Wirkung“ des Festbe- trags-Anpassungsgesetzes.Hochrechnungen gehen davon aus, dass sich das Einsparvolumen auf 750 statt auf 650 Millionen DM belaufen soll. Diese finanzielle Mehrbelastung sei für den BAH nicht akzeptabel, sagte BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Mark Seidscheck. Der Verband habe dem Festbetragskompro- miss nur unter der Prämisse zugestimmt, dass 650 Millionen DM die äußerste Grenze sind. Er erwarte, dass das politisch vereinbarte Einsparvolumen wieder hergestellt werde.
Der BAH machte zudem kartell- und verfassungsrechtli- che Bedenken geltend. Das Oberlandesgericht Düsseldorf habe eine mögliche EG-Kartellrechtswidrigkeit des Festset- zungsverfahrens dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof setzte in der vergangenen Woche das Verfahren über die Verfas- sungsmäßigkeit der Festbeträge aus und legte es dem EuGH mit der Begründung vor, dass EU-Recht betroffen sei.
Gesundheitsgesetze
Drei Entwürfe gebilligt
Regelungen zu Kassen- wahl, Festbeträgen und Wohnortprinzip getroffen
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it rot-grüner Mehrheit ha- ben am 6. Juli drei Gesetz- entwürfe von Bundesgesund- heitsministerin Ulla Schmidt den Bundestag passiert. Durch die Änderung des Kassen- wahlrechts können Versicher- te ab dem 1. Januar 2002 die Mitgliedschaft bei ihrer Kran- kenkasse mit einer Frist von sechs Wochen zum Monatsen- de kündigen. Ein Sonderkün- digungsrecht bei Beitragssatz-erhöhungen bleibt erhalten.
An ihre Wahlentscheidung sind die Mitglieder 18 Monate lang gebunden. Bislang galt für den Kassenwechsel der Kündi- gungsstichtag 30. September, der für dieses Jahr außer Kraft gesetzt wurde.
Ebenfalls angenommen hat der Bundestag das Gesetz zur Anpassung der Festbeträge.
Es sieht vor, dass die Festbe- träge für Arzneimittel bis zum Jahr 2003 per Verordnung festgesetzt werden können.
Die Erstattungsobergrenzen für Medikamente hatte bis- lang die Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen bestimmt. Das Gesetz sieht weiter vor, dass bis 2003 alle an der Arzneimittelversor- gung Beteiligten eine „staats- ferne Lösung“ erarbeiten.
Sollte eine solche nicht zu-
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ie Bundeszentrale für ge- sundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Deutsche Sportbund (DSB) haben er- ste Ergebnisse ihrer Kampag- ne „Kinder stark machen“vorgestellt. Wie eine Studie des Paderbor- ner Sportwissenschaft- lers Prof. Dr. Wolf Dietrich Brettschnei- der gezeigt hat, funk- tioniert die Suchtvor- beugung im Sportver- ein nicht von selbst.
DSB und BZgA bie- ten daher entspre- chende Fortbildungs- seminare an, die bisher von 6 000 Übungs- leitern und Multiplikatoren genutzt wurden.
Dr. med. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA, Köln, wies darauf hin, dass Ab- schreckungsstrategien heute nicht mehr ausreichten. Die Trainer müssten in die Lage versetzt werden, bei Kindern
und Jugendlichen auftreten- de Probleme zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Der Vorsitzende der Deut- schen Sportjugend, Hans-Jür-
gen Kütbach, betonte, dass Sportvereine keine sozialthe- rapeutischen Anstalten seien.
Vereine könnten die Gesell- schaft bei der „Heilung“ ihrer Fehlentwicklungen lediglich unterstützen. Die Erwartun- gen dürften nicht zu hoch ge- schraubt werden.
A K T U E L L
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A1852 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 28–29½½½½16. Juli 2001
Suchtprävention
Abschreckung reicht nicht
Kinder im Sportverein stark gegen Drogen machen
Mark Seidscheck
stande kommen, will man an den bisherigen Prinzipien an- knüpfen. Nach Berechnungen des Bundesgesundheitsmini- sterium belaufen sich die Ein- sparungen infolge der gesetz- lichen Änderung auf rund 750 Millionen DM.
Ein weiteres Gesetz sieht vor, bei der Vereinbarung von Honoraren für Ärzte und Zahnärzte verbindlich für alle Kassenarten das Wohnort- prinzip einzuführen. Danach vereinbaren die Verbände der Kassen die Gesamtvergü- tung jeweils regional mit allen Kassenärztlichen Vereinigun- gen (KV), in deren Zustän- digkeitsbereich Versicherte wohnen. Bisher gibt es das Wohnortprinzip nur bei den Verbänden der Ersatzkassen.
Die Orts-, Betriebs- und In- nungskrankenkassen verein- baren die Honorare zurzeit über ihre Landesverbände je-
weils mit der KV, in deren Re- gion die Kasse ihren Sitz hat.
„Mit unserem Gesetz zum Wohnortprinzip erreichen wir, dass das Geld dorthin fließt, wo die Menschen zu ihrer Ärztin oder ihrem Arzt ge- hen“, sagte Schmidt. Dies be- deute nicht nur eine gerechte- re Verteilung der Honorare zwischen Ost und West, son- dern auch eine patientenge- rechtere Versorgung.
Foto: BAH
Ulla Schmidt
Foto: SPD