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Vergleichende Untersuchungen von Pferden in zeitweiliger Anbindehaltung, Einzelboxenhaltung und Gruppenhaltung unter besonderer Berücksichtigung des Liegeverhaltens

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Academic year: 2022

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Vergleichende Untersuchungen von Pferden in zeitweiliger Anbindehaltung, Einzelboxenhaltung und Gruppenhaltung

unter besonderer Berücksichtigung des Liegeverhaltens

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung

des Grades einer Doktorin -Doctor medicinae veterinariae-

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Edith Wille aus Paderborn

Hannover 2010

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. K. Feige, Klinik für Pferde,

Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachterin(nen)/ Gutachter: - Prof. Dr. K. Feige

2. Gutachterin(nen)/ Gutachter: - Prof. Dr. Dr. J. Hartung

Tag der mündlichen Prüfung: 22.11.2010

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Meinen Eltern gewidmet

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1 Einleitung ... 9

2 Literaturübersicht ... 11

2.1 Verhalten ...11

2.1.1 Ruheverhalten... 12

2.1.2 Nahrungsaufnahmeverhalten ... 14

2.1.3 Bewegungsverhalten ... 15

2.1.4 Komfortverhalten ... 16

2.1.5 Sozialverhalten ... 17

2.2 Haltungssysteme ...17

2.2.1 Systematik der Haltungssysteme ... 17

2.2.2 Einzelhaltung ... 17

2.2.2.1 Anbindehaltung ... 18

2.2.2.2 Einzelbox ohne Auslauf... 21

2.2.2.3 Einzelbox mit Kleinauslauf ... 22

2.2.3 Gruppenhaltung ... 23

2.2.3.1 Einraum-Laufstall ... 24

2.2.3.2 Mehrraum-Laufstall ... 25

2.2.3.3 Offenlaufstall (Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf) ... 25

2.3 Häufigkeit der verschiedenen Haltungssysteme ...26

2.4 Rechtliche Normen der Pferdehaltung in Deutschland ...26

2.5 Haltungsbedingte Erkrankungen ...27

2.5.1 Erkrankungen des Bewegungsapparates ... 27

2.5.2 Erkrankungen des Atmungsapparates ... 28

2.5.3 Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes ... 29

2.5.4 Verhaltensstörungen ... 30

2.6 Wohlbefinden beim Pferd ...32

2.7 Videoaufzeichnungen zur Verhaltensbeobachtung ...34

2.8 ALT-Pedometer zur Messung von Bewegung und Liegezeiten ...35

2.9 Kortisolmetaboliten-Bestimmung zur Stressquantifizierung ...36

2.9.1 Stress ... 36

2.9.2 Kortisol ... 38

3 Material und Methodik ... 42

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3.1 Allgemeine Versuchsbedingungen ...42

3.1.1 Stallgebäude ... 42

3.1.2 Gruppenhaltung ... 43

3.1.3 Anbindehaltung ... 44

3.1.4 Einzelboxenhaltung ... 46

3.1.5 Paddock ... 47

3.1.6 Erfasste Pferde ... 48

3.1.6.1 Pferdedaten ... 48

3.1.6.2 Kennzeichnung ... 48

3.1.6.3 Gesundheitskontrolle ... 48

3.1.7 Tagesablauf und Fütterung ... 49

3.2 Erfassungsmethoden ...50

3.2.1 Verhaltensbeobachtungen mit Hilfe von Videoaufzeichnungen ... 50

3.2.1.1 Videotechnik ... 50

3.2.1.2 Digitalisierung und Auswertung der Videos ... 51

3.2.1.3 Einteilung der Verhaltensweisen in die Verhaltensgruppen Stehen, Liegen, Nahrungsaufnahme und sonstige Aktionen ... 52

3.2.1.4 In Funktionskreisen zusammengefasste Verhaltensweisen ... 52

3.2.2 Bestimmung von Bewegungsaktivität und Liegezeiten mit Hilfe von ALT-Pedometern .. 54

3.2.3 Stressquantifizierung mittels der Kortisolmetaboliten-Bestimmung ... 55

3.2.4 Versuchstagebuch ... 56

3.3 Versuchszeitraum ...56

3.4 Versuchsaufbau ...57

3.5 Statistische Auswertung ...58

4 Ergebnisse ... 59

4.1 Videoaufzeichnungen ...59

4.1.1 Zeitverteilung der Verhaltensweisen Stehen, Liegen, Nahrungsaufnahme und sonstige Aktionen ... 59

4.1.2 Betrachtung des Verhaltens nach Funktionskreisen ... 61

4.1.2.1 Ruheverhalten ... 61

4.1.2.2 Nahrungsaufnahmeverhalten ... 63

4.1.2.3 Bewegungsverhalten ... 65

4.1.2.4 Komfortverhalten ... 66

4.1.2.5 Sozialverhalten ... 67

4.1.2.6 Verhaltensstörung ... 68

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4.2 ALT-Pedometer ...69

4.2.1 Bewegungsaktivität ... 70

4.2.1.1 Bewegungsaktivität im Stall ... 70

4.2.1.2 Bewegungsaktivität im Paddock ... 74

4.2.2 Liegezeiten ... 75

4.3 Kortisolmetaboliten ...79

5 Diskussion ... 82

6 Zusammenfassung ... 106

7 Summary ... 109

8 Literaturverzeichnis ... 111

Danksagung ... 124

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1 Einleitung

Das domestizierte Pferd hat sich in seinen Verhaltensweisen und hinsichtlich seiner Anforderungen an die Lebensbedingungen gegenüber dem Wildpferd kaum verändert. Bis heute handelt es sich naturgemäß um ein hochspezialisiertes Lauf und Fluchttier, das neben guten Luftverhältnissen und Licht vor allem Bewegung und Sozialkontakte braucht. Aus physiologischer und ethologischer Sicht sollte dem arttypischen Verhalten durch die heutige Pferdehaltung Rechnung getragen werden.

Die Häufigkeit des Auftretens von Erkrankungen und Verhaltensstörungen, die zum Teil in einem direkten Zusammenhang mit der Haltung stehen, verdeutlicht, dass den Bedürfnissen der Tiere oft nur unzureichend entsprochen wird. Die Anbindehaltung von Pferden ist mit Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 10. März 2003 als eine den Anforderungen des Tierschutzgesetzes nicht entsprechende Haltung eingestuft worden. Bis spätestens zum 31. März 2004 mussten bestehende Ständerhaltungen in tiergerechte Haltungssysteme umgewandelt werden, d.h. es waren zumindest Boxen entsprechend der „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ (BMELV 1995) einzurichten.

Ausnahmen vom Anbindehaltungsverbot werden nur noch bei Turniereinsätzen oder tierärztlicher Behandlung zugelassen. Das pharmazeutische Unternehmen, in dem die vorliegende Untersuchung durchgeführt wurde, nutzt seine Pferde zur Herstellung bestimmter Seren, die auf rein technischem Wege bisher nicht erzeugt werden können. Der Großteil der 93 betriebseigenen Pferde ist heute noch in Anbindehaltung aufgestallt. Allen Pferden wird täglich gemeinsamer, mehrstündiger Auslauf in Paddocks gewährt. Die Pferde dienen zur Produktion von Serum und gelten somit als Nutztiere, die körperlich stark beansprucht werden. Die Anbindehaltung sichert jedem Pferd einen Platz zum Ausruhen und eine individuell bedarfsgerechte Futterration. Der tägliche Gemeinschaftsauslauf bietet die Möglichkeit, das Bewegungsbedürfnis zu stillen sowie Sozial- und Komfortverhalten auszuleben. Die folgende Studie soll einen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob die zeitweise Anbindehaltung in Verbindung mit dem täglichen Auslauf eine

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akzeptable Unterbringung für Pferde darstellt. Vergleichend wurde die Anbindehaltung der Aufstallung in der Einzelbox sowie der Haltung in Kleingruppen in der Gruppenbox gegenübergestellt. Mit Hilfe von Videoaufzeichnungen wurde das Verhalten der Pferde in den drei Haltungssystemen analysiert. Als primäres Beurteilungskriterium diente das Ruheverhalten, dessen Zeitdauer sowie die Häufigkeit der Einnahme der verschiedenen Liegepositionen erfasst wurden. Um Unterschiede im Bewegungsverhalten aufzudecken, wurde die Bewegungsaktivität durch Pedometer ermittelt, die zugleich die Liegedauer der Pferde aufzeichneten.

Zur Quantifizierung der Stressbelastung diente die Bestimmung von Kortisolmetaboliten im Kot.

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2 Literaturübersicht

Durch die Domestikation der Pferde, die im 4. Jahrtausend vor Christus begann, kam es zu quantitativen Änderungen des Verhaltens. Keine ursprüngliche Verhaltensweise, die sich im Laufe der Evolution entwickelt hat, ging jedoch verloren (BACHMANN 1998; ZEITLER-FEICHT 2008a). Somit entsprechen die grundlegenden Bedürfnisse unserer Hauspferde weitgehend denjenigen der Wildpferde (MARTEN u. SALEWSKI 1989; KILEY-WORTHINGTON 1993;

BACHMANN 1998).

2.1 Verhalten

Voraussetzung für eine artgerechte Pferdehaltung ist eine ausreichende Sachkenntnis des Halters über das arttypische Verhalten des Pferdes. Das Verhalten der Pferde lässt sich in der Form eines Ethogramms in einzelne Funktionskreise gliedern (ZEITLER-FEICHT 2008a):

1. Ruheverhalten

2. Nahrungsaufnahmeverhalten 3. Bewegungsverhalten

4. Komfortverhalten 5. Sozialverhalten

6. Ausscheide- und Markierverhalten 7. Spielverhalten

8. Neugier- und Erkundungsverhalten 9. Fortpflanzungsverhalten

10. Mutter-Kind-Verhalten

Die Bedürfnisse aus jedem einzelnen Funktionskreis müssen in der Haltung befriedigt werden können, ein optimal ausgestatteter Funktionskreis kann den Mangel eines anderen nicht ausgleichen (ZEITLER-FEICHT 2008a). Im Hinblick auf die Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit sollen hier nur die für die Untersuchungen wichtigsten Funktionskreise Ruhe-, Nahrungsaufnahme-,

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2.1.1 Ruheverhalten

Neben dem Fressen verbringen wild lebende Pferde die meiste Zeit des Tages mit Ruhen (SCHÄFER 1991). Beobachtungen an Carmargue-Pferden ergaben eine durchschnittliche tägliche Ruhezeit von 30% (DUNCAN 1980). SCHÄFER (1974) gibt eine sieben- bis neunstündige Ruhezeit bei erwachsenen Pferden an. Die Ruheperioden sind beim Pferd in mehrere kurze Intervalle über den Tag verteilt, durchschnittlich dauert eine Ruhephase etwa 20 Minuten (ZEITLER-FEICHT 2001b).

Eine deutliche Häufung der Ruhephasen beim erwachsenen Pferd findet sich zwischen Mitternacht und Morgengrauen (SCHÄFER 1974). Als Fluchttier muss das Pferd jederzeit auf eine Gefahr reagieren können, adulte Pferde verbringen daher etwa 80% ihrer Ruhezeit im Stehen, während Fohlen bis zu einem Alter von drei Monaten 70 - 80% und Jährlinge etwa 50% ihrer Ruhezeit im Liegen verbringen (BMELV 2009). Das Abliegen wird mit dem Aufsuchen eines geeigneten Liegeplatzes eingeleitet. Häufig wird der Boden olfaktorisch geprüft und mit einem Vorderhuf etwas aufgescharrt. Vor dem Abliegen erfolgen meist einige Drehbewegungen, bei denen die Extremitäten unter dem Körper versammelt werden.

Anschließend knicken die Gliedmaßen fast gleichzeitig ein, das Pferd lässt sich auf die Karpalgelenke nieder, um daraufhin zur Seite abzurollen. Beim Aufstehen streckt das Pferd zunächst die Vorderextremitäten nach vorne und zieht die Hinterbeine unter den Körper, um sich dann mit einem kräftigen Schub der Hinterhand aufzustemmen (SCHÄFER 1974). Beim Liegen wird zwischen zwei Positionen unterschieden. In Bauchlage liegt das Pferd auf der Sternalregion mit unter dem Körper versammelten Gliedmaßen, wobei der Kopf frei getragen oder mit dem Maul auf dem Boden aufgestützt wird. In Seitenlage liegt das Pferd mit Kopf, Hals und Körper flach auf der Seite. Das eine Vorderbein ist häufig leicht angewinkelt, während die Hinterbeine gewöhnlich ausgestreckt werden (SCHÄFER 1974). Die Seitenlage wird beim adulten Pferd selten länger als 30 Minuten gezeigt (ZEITLER- FEICHT 2008a). Das Ruheverhalten findet in drei Intensitätsgraden statt: Dösen, Schlummern und Tiefschlaf (SCHÄFER 1974). Das Dösen ist als ein Übergangszustand vom Wachsein zum Schlaf zu bezeichnen, die Muskulatur ist entspannt, das Pferd ist aber jederzeit reaktionsbereit. Beim Schlummern besteht

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ebenfalls noch eine hohe Weckbarkeit, während im Tiefschlaf keinerlei Sinneseindrücke mehr wahrgenommen werden und das Erwachen nur allmählich vor sich geht (SCHÄFER 1974). Neuere Untersuchungen mit Hilfe der Polysomnographie ergeben, dass der Tiefschlaf bei Pferden im Gegensatz zu früheren Erkenntnissen nicht nur im Liegen, sondern bevorzugt im Stehen erreicht wird. Das Erwachen aus diesem Schlafstadium dauert lange, jedoch befindet sich das Pferd bereits in einer fluchtfähigen Position (WÖHR 2008).

„Rapid-eye-movement“(REM)-Phasen sind kurze Schlafphasen, in denen die Muskulatur komplett relaxiert und die Tiere träumen. Sie sind durch schnelle Augenbewegungen und einen niedrigen Ausschlag im Elektrookulogramm (EOG) gekennzeichnet und ähneln damit der Schlafphase eins, in der eine schnelle Weckbarkeit besteht. REM-Phasen werden von Pferden nur im Liegen gezeigt. Diese Phasen sind wichtig zur physischen und psychischen Regeneration (WÖHR 2006).

In freier Wildbahn bevorzugen Pferde zum Liegen einen Ort mit guter Sicht ins Gelände, einige Tiere der Gruppe ruhen im Stehen, um jederzeit reaktionsbereit zu sein und die anderen Tiere warnen zu können. Eine vertraute Umgebung sowie der Kontakt zu Artgenossen werden auch bei der Stallhaltung benötigt, um das hohe Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen und ein Ablegen zu ermöglichen (SCHÄFER 1974). Zum Ruhen gruppieren sich die Pferde unter Einhaltung ihrer rangabhängigen Sozialabstände enger zusammen (ZEITLER-FEICHT 2008b). In den Leitlinien zur Pferdehaltung des BMELV (2009) wird eine ausreichend große Liegefläche gefordert, die allen Pferden gleichzeitig das Ruhen in Seitenlage ermöglicht (n = Anzahl der Pferde, Wh = Widerristhöhe): mindestens n x (2 x Wh)² im geschlossenen Laufstall, mindestens n x 3 x Wh² im Offenlaufstall. Untersuchungen von ZEITLER-FEICHT et al. (2002) in Offenlaufställen zeigten, dass bei zu klein bemessener Liegefläche ranghöhere Tiere mehr als doppelt bzw. dreimal solange in der Bauch- bzw. Seitenlage liegen als rangniedere. Wichtig ist weiterhin ein trockener, verformbarer Boden, die Liegezeiten auf feuchtem und hartem Boden sind deutlich verkürzt (SCHNITZER 1970). Wird diesen Anforderungen nicht entsprochen, legen sich insbesondere alte, kranke und rangniedere Tiere nicht mehr ab. Die Folge

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ist eine mögliche Beeinträchtigung der körperlichen Regeneration und der psychischen Erholung (ZEITLER-FEICHT 2008a).

2.1.2 Nahrungsaufnahmeverhalten

Frei lebende Pferde verbringen täglich 12 bis 18 Stunden mit der Nahrungsaufnahme (MEYER u. COENEN 2002). Unter natürlichen Bedingungen fressen Pferde gleichzeitig unter Einhaltung ihrer rangabhängigen Sozialabstände. Futterneid fehlt in der natürlichen Umgebung mit ausreichend Nahrung für alle Tiere fast vollständig (SCHÄFER 1974). Die Nahrungsaufnahme erfolgt in etwa 10 Mahlzeiten pro Tag, wobei eine bestimmte Futtermenge pro Mahlzeit nicht überschritten wird (SWEETING 1985; MEYER u. COENEN 2002; ZEITLER-FEICHT 2008b). Eine artgemäße Fütterung gibt Pferden die Möglichkeit, mindestens 12 Stunden am Tag rohfaserreiche Nahrung aufzunehmen (KILEY-WORTHINGTON 1993; BMELV 2009). Eine solche Fütterung bietet zudem Beschäftigung und hilft Übererregung abzubauen (ZEITLER-FEICHT 2008b). Wird dieser angeborenen Verhaltenskomponente nicht Rechnung getragen, kann es zu Verdauungsstörungen und zu Verhaltensproblemen kommen (ZEITLER-FEICHT 2008a). Um eine bedarfs- und verhaltensgerechte Versorgung jedes einzelnen Tieres zu ermöglichen, wird die synchrone Futteraufnahme für alle Pferde mit einem Fressplatz pro Tier gefordert (BMELV 2009). Beim Grasen tragen die Pferde den Kopf mehr als die Hälfte des Tages gesenkt (SCHÄFER 1991). Eine Vordergliedmaße wird weiter vorgestellt, damit der Kopf bis zum Boden reicht. Die bodennahe Fütterung entspricht der natürlichen Fresshaltung der Pferde (BMELV 2009), begünstigt die Ausbildung einer guten Rückenformation und Bauchmuskulatur und sorgt für optimalen Speichelfluss (SCHÄFER 1991; ZEITLER-FEICHT 2008b). Futterkrippen sollten eine natürliche Fresshaltung weitgehend ermöglichen, es wird eine Fressebene ausgehend von der Widerristhöhe multipliziert mit dem Faktor 0,3 empfohlen (BMELV 2009).

Pferde sind Saugtrinker, zur Wasseraufnahme aus natürlichen Gewässern halten sie den Kopf tief bei langgestrecktem Hals und saugen das Wasser mit den Lippen an (ZEITLER-FEICHT 2008a). In der freien Wildbahn wird die Tränke meist nur einmal täglich, spätestens jedoch jeden zweiten Tag aufgesucht (SCHÄFER 1991). Haben die Pferde ständigen Zugang zu Wasser, trinken sie im Allgemeinen mehrmals

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täglich kleine Mengen (AHLSWEDE 1991). Hygienisch einwandfreies Wasser muss Pferden grundsätzlich ständig zur Verfügung stehen, mindestens aber dreimal täglich bis zur Sättigung verabreicht werden (BMELV 2009). Bei Wassermangel kommt es zu einer Reduktion des Wassergehaltes im Darminhalt, die Ursache für eine Kolik werden kann (AHLSWEDE 1991). Tränken sollten die Wasseraufnahme in natürlicher Trinkhaltung möglich machen, der Wasserspiegel sollte daher nicht höher als der der Widerristhöhe multipliziert mit dem Faktor 0,3 liegen (BMELV 2009).

2.1.3 Bewegungsverhalten

Pferde leben in freier Wildbahn in Streifgebieten, die sich mit denen anderer Pferdegruppen zum Teil erheblich überschneiden können. Ein solcher Aktionsraum beinhaltet das Vorhandensein mehr oder weniger weit voneinander getrennt liegender, lebensnotwendiger Ressourcen (ZEITLER-FEICHT 2001b). Abhängig von der Futter- und Wasserverfügbarkeit und den klimatischen Verhältnissen bewegen sich frei lebende Pferde täglich etwa sechs bis 11 Kilometer fort (DUNCAN 1980;

ZEEB 1997). Neben dem Grasen im langsamen Schritt erfolgen auch die Wanderungen überwiegend in dieser Gangart (SCHÄFER 1991). Schnelle Gangarten sind demgegenüber selten und werden nur kurzfristig bei sozialen Auseinandersetzungen, im Spiel oder auf der Flucht gezeigt (BACHMANN 1998a).

Mit den Bewegungsabläufen der meisten Stallpferde verhält es sich hingegen umgekehrt: die Tiere stehen einen Großteil des Tages im Stall, die Bewegung ist auf eine Stunde pro Tag reduziert, erfolgt aber dafür in entsprechend schnellerer Gangart (ZEITLER-FEICHT 2001b). Das Pferd braucht für seine arttypische Entwicklung und Erhaltung häufige und über den Tag verteilte Bewegung, die ausschließliche Bewegung in Form von Arbeit wird diesem Bedarf nicht gerecht.

Daher ist dem Pferd in menschlicher Obhut täglich eine mehrstündige Bewegungsmöglichkeit in der Form von Freilauf anzubieten, die gegebenenfalls durch Training ergänzt werden kann (TVT 2005; BMELV 2009). Zudem ermöglicht die selbstbestimmte Bewegung dem Pferd sein Komfort- und Erkundungsverhalten und beim Gemeinschaftsauslauf auch sein Sozialverhalten auszuleben (BVET 2001).

Die heute nach wie vor am weitesten verbreitete Einzelboxenhaltung, bei der die

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verhaltensgerecht, fördert Erkrankungen des Bewegungsapparates, Verdauungsstörungen, Herz- und Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen und ist mitverantwortlich für Verhaltensprobleme (ZEITLER-FEICHT 2001b).

2.1.4 Komfortverhalten

Als Komfortverhalten betrachtet man in der Ethologie alle Verhaltensweisen, die der Körperpflege dienen. Es wird zwischen solitärer und sozialer Hautpflege unterschieden. Zur solitären Hautpflege gehören Verhaltensweisen, die vom Einzeltier für sich selbst ausgeführt werden (SCHÄFER 1991). Beim Pferd zählen dazu das Selbstbeknabbern, Belecken, Kratzen, Scheuern sowie Wälzen, Baden und Schütteln (ZEITLER-FEICHT 2008a). Vor allem das Wälzen gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Pferdes, die Tiere bevorzugen dazu möglichst trockene, staubige oder sandige Untergründe (SCHÄFER 1974). Das Wälzen wird unabhängig vom Pflegezustand und von der Jahreszeit gezeigt (SCHÄFER 1991;

ZEITLER-FEICHT 2008b). Frei lebende Pferde leiten den Wälzvorgang ein, indem sie den Untergrund inspizieren und dabei mit gesenktem Kopf, nach vorne gerichteten Ohren und angehobenem Schweif mehrmals im Kreis gehen. Nach dem Niederlegen wird zunächst die eine Körperhälfte bearbeitet, einige Tiere wälzen sich dann über den Rücken auf die zweite Seite, andere richten sich zunächst auf, um sich anschließend auf die Gegenseite fallen zu lassen. Wälzen wirkt ansteckend, in der Regel legen sich nacheinander alle Gruppenmitglieder ab (SCHÄFER 1974). Die soziale Hautpflege wird innerhalb des Herdenverbandes ausgeführt und dient neben dem Putzen oder der Insektenabwehr vor allem der Kommunikation zwischen den Pferden (ZEITLER-FEICHT 2008a). Das ungehinderte Ausüben des Komfortverhaltens nimmt einen festen Platz im Tagesablauf der Pferde ein und trägt ganz entscheidend zum Wohlbefinden bei (SCHÄFER 1974; ZEITLER-FEICHT 2008a). Das arteigene Pflegeverhalten des Pferdes sollte durch die Haltungsbedingungen so wenig wie möglich eingeschränkt werden (BMELV 2009).

Besonders pferdefreundlich sind speziell angelegte Wälzplätze, die, um jederzeit nutzbar zu sein, gegebenenfalls eine Überdachung erfordern (ZEITLER-FEICHT 2008b).

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2.1.5 Sozialverhalten

In der Natur leben Pferde in der Herde, die ihnen Sicherheit bietet und die Ausbildung soziopositiver Beziehungen ermöglicht (MARTEN u. SALEWSKI 1989).

Die Stabilität in der Herde wird durch eine feste Rangordnung erreicht, die Tiere erkennen und akzeptieren sich gegenseitig, es überwiegen soziopositive Interaktionen, ernsthafte Auseinandersetzungen finden kaum statt (WERNICKE u.

DIERENDONCK 2002). Aus dem natürlicherweise jahrelangen Zusammenleben der gleichen Individuen ergibt sich, dass häufige Veränderungen einer Pferdegemeinschaft das Wohlbefinden erheblich beinträchtigen können, da jede Neustrukturierung der Gruppe zu mehr oder weniger langen und heftigen Auseinandersetzungen führt (SCHÄFER 1991). Die Haltung eines Pferdes ohne Artgenossen ist nicht verhaltensgerecht und dementsprechend nicht im Sinne des Tierschutzgesetzes (ZEITLER-FEICHT 2008b). In jedem Fall ist mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zwischen den Tieren sicherzustellen (BMELV 2009). Wird der Kontakt zu Artgenossen in der Haltung nicht berücksichtigt, so können Probleme im Umgang mit den Pferden und Verhaltensstörungen entstehen (BMELV 2009).

2.2 Haltungssysteme

2.2.1 Systematik der Haltungssysteme

Grundsätzlich werden die Einzelhaltung und die Haltung in der Gruppe unterschieden. Diese beiden Varianten sind als verschiedene Haltungssysteme konzipierbar: offene oder geschlossene Bauweise, mit oder ohne angeschlossenen Auslauf, mit oder ohne Trennung in Funktionsbereiche (BMELV 2009).

2.2.2 Einzelhaltung

In seiner ursprünglichen Lebensweise lebt das Pferd im Herdenverband mit Artgenossen. Mit Ausnahme weniger Stunden des Ruhens wird sein Tagesablauf von ständiger Futtersuche und Bewegung bestimmt (ISENBÜGEL 2002). Die Einzelaufstallung ist heute immer noch eine weit verbreitete Haltungsform (RODEWALD 1989; BACHMANN 1998b; BACHMANN u. STAUFFACHER 2002a).

Für das Wohlbefinden eines Pferdes ist der Kontakt zu Artgenossen sehr wichtig.

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Neben der Möglichkeit der Beschäftigung und Interaktionen auszuführen bedeutet die Herde Sicherheit. Ein Pferd ohne Kontakt zu Artgenossen zu halten widerspricht vom Ansatz her einigen elementaren Zielen der Pferdehaltung und ist daher als tierschutzwidrig zu bewerten (SCHNITZER 1970; ZEITLER-FEICHT u. GRAUVOGL 1992; BMELV 1995; BVET 2001; TVT 2005; BMELV 2009). Bei Einzelaufstallung ist mindestens der Hör-, Sicht- und Geruchskontakt zwischen den Tieren sicherzustellen (BMELV 1995, 2009). Mangelhafter Sozialkontakt gilt neben der Reizverarmung als prädisponierender Faktor für Verhaltensstörungen (ZEITLER-FEICHT u.

GRAUVOGL 1992). Erhebungen in der Schweiz zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Stereotypien und der Einzelaufstallung (BACHMANN u.

STAUFFACHER 2002b). In der Studie von NIEDERHÖFER (2009) wiesen junge Warmblutstuten bei der Haltung in Einzelboxen innerhalb von vier Wochen Verhaltensauffälligkeiten auf. Weiterhin führt die fehlende Möglichkeit bei der Einzelaufstallung die Rangordnung zu klären, zu ungelösten Spannungen, die in aggressivem Verhalten gegenüber Boxennachbarn ihren Ausdruck finden können (BACHMANN 1998a; ISENBÜGEL 2002). Vorteile der Einzelhaltung sind in der Sicherung von genügend Ruhe und Erholung für jedes Pferd und der ungestörten Futteraufnahme zu sehen (BACHMANN 1998b). Als optimale Ergänzung zu dieser Haltungsform ist der täglich mehrstündige Auslauf oder Weidegang mit Artgenossen zu sehen (ZEITLER-FEICHT 2008b). Das Pferd kann sein Bewegungsbedürfnis befriedigen, sein Komfort- und Sozialverhalten ausleben und ist Klima- und Umweltreizen ausgesetzt (BVET 2001).

2.2.2.1 Anbindehaltung

Bis in die Mitte der sechziger Jahre stand die Mehrzahl der Pferde im Anbindestand (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Heute ist diese Haltungsform vergleichsweise selten anzutreffen. In der Literatur werden zwei Arten der Anbindehaltung unterschieden:

der Standplatz mit Flankierbaum und die Haltung im Kastenstand. In der ersten Variante werden nebeneinanderstehende Pferde durch den Flankier- oder Lattierbaum aus Holz oder Eisenrohren getrennt (SCHÄFER 1991). Der Flankierbaum wird in der Höhe von 0,80 bis 1,00 Metern (als Richtmaß gilt die Mitte des Humerus des Pferdes) an Standsäulen befestigt oder von der Decke aus herab

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gehängt (KRESSE 1985; MARTEN u. SALEWSKI 1989). Zu beachten ist dabei, dass er sich bei festliegenden Pferden von selbst lösen bzw. vom Menschen mit einem Handgriff aushängen lässt (SCHÄFER 1991). Zum Schutz vor Schlagverletzungen durch Nachbarpferde können am Flankierbaum hängende Bohlen oder Gummimatten angebracht werden (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Im Kastenstand ist das Pferd durch feste, meist halbhohe Wände vom Nachbarpferd abgetrennt. Im vorderen Drittel oder über die gesamte Länge der Trennwände können Gitteraufsätze angebracht sein, die aggressive Interaktionen der Pferde verhindern (KRESSE 1985). Je nach Art der Trennwände wird der soziale Kontakt stark eingeschränkt. Die Untersuchungen von BUSCHMANN (2001) ergaben, dass mit zunehmender Isolation die Anzahl und das Ausmaß an negativen Interaktionen zunahmen. In den ersten Leitlinien des BUNDESMINISTERIUMS FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (1995) wird in der Variante mit Flankierbaum als Mindestbreite des Standes die Widerristhöhe gefordert, da die Pferde in der Seitenlage ihre Beine in den Platz des benachbarten Pferdes strecken können. Für die Haltung im Kastenstand wird als Mindestbreite die Widerristhöhe mit einem Zuschlag von 0,20 Metern vorgeschrieben, um dem Pferd die Seitenlage zu ermöglichen (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Das Pferd wird durch eine Anbindung am Kopfhalfter oder Halsriemen fixiert. Die Anbindung erfolgt mittels Kette, Strick oder Riemen. Um die Verletzungsgefahr durch Hineintreten mit dem Vorderbein gering zu halten, soll die Anbindung möglichst straff gehalten werden (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Dazu ist die Führung an einer senkrecht unter der Futterkrippe angeordneten Gleitschiene oder die Straffung durch ein Ballastgewicht am Ende der Anbindung erforderlich (ZEITLER-FEICHT 2008b). Die Länge der Anbindung muss ausreichend Freiraum zum Fressen und Trinken sowie ungehindertes Abliegen und Aufstehen ermöglichen (ZEITLER-FEICHT 2008b). Die Art der Anbindung war in den Untersuchungen von BUSCHMANN (2001) in 30% der Betriebe unzulänglich und beeinträchtigte insbesondere das Ruheverhalten der Pferde. Als Standlänge ist im Kastenstand mindestens die doppelte Widerristhöhe (Wh) vorgeschrieben (BMELV 1995). Nach der Untersuchung von BUSCHMANN (2001) ist diese Anforderung an die Standlänge unzureichend und muss durch die

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Länge der Anbindevorrichtung nach folgender Formel für die nutzbare Standlänge erweitert werden (Wh = Widerristhöhe): Wh x 1,49 + Anbindelänge.

Pferde, deren nutzbare Standlänge zu gering ist, legen sich signifikant weniger oft ab und zeigen signifikant mehr Verhaltensstörungen (BUSCHMANN 2001). In Anbindeställen sind die Stellplätze meist in der Form angeordnet, dass die Pferde mit dem Kopf zur Außenwand stehen. Die Heuraufe, Futterkrippe und Tränke befinden sich im Frontbereich des Platzes. Die sich daraus ergebende Einschränkung des Gesichtsfeldes führen zur Beunruhigung und verkürzten Liegezeiten (SCHÄFER 1974). Eine verbesserte Wahrnehmung der Umgebung wird durch die Anordnung eines Futterganges vor den Tierplätzen erreicht (SCHNITZER 1970; MARTEN u.

SALEWSKI 1989). Hochraufen zur Raufuttervorlage werden aufgrund der unphysiologischen Fresshaltung abgelehnt. Die Gefahr der Senkrückenbildung sowie der Reizung der Konjunktiven und der Atemwege durch herabfallende Staubpartikel werden als Nachteile angeführt (MARTEN u. SALEWSKI 1989; SCHÄFER 1991;

BMVEL 2009). Tiefraufen dagegen bergen eine hohe Verletzungsgefahr durch Hineinsteigen mit den Vorderbeinen, sind jedoch bei engem Stababstand (< 5 cm) vertretbar (MARTEN u. SALEWSKI 1989; BMELV 2009). MARTEN und SALEWSKI (1989) sehen bei sauberer Einstreu in der Bodenfütterung eine gute Art der Raufuttervorlage. Als Vorteile der Anbindehaltung werden vor allem wirtschaftliche Aspekte angeführt. Neben der Einsparung von Stallfläche und Einstreu und der leichten Entmistungsarbeit erlaubt die Anbindehaltung einen schnellen Zugriff auf das Einzeltier, das dem Besitzer in sauberem Zustand zur Verfügung steht (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Diese Haltungsform stammt aus einer Zeit, in der das Pferd als hart arbeitendes Nutztier mehrere Stunden des Tages in der Land- und Forstwirtschaft und beim Militär zum Einsatz kam (BACHMANN 1998a). Im Vergleich zu früher hat sich jedoch in den letzten Jahrzehnten sowohl die Nutzung als auch der Typ der Pferde geändert. Während ehemals der Kaltbluttyp dominierte und die Pferde täglich mehrstündig im Arbeitseinsatz waren, verbringen die heutigen Sport- und Freizeitpferde die meiste Zeit im Stall. Gemäß dieser Nutzung stehen sie auch im Allgemeinen heute „höher im Blut“, d.h. sie haben ein höheres Bewegungsbedürfnis und sind leichter erregbar (BUSCHMANN 2001). Essentielle

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Verhaltensweisen aus den Funktionskreisen Sozial-, Ruhe-, Komfort- und Erkundungsverhalten sowie insbesondere das Bewegungsverhalten werden durch die Anbindehaltung stark eingeschränkt. In den Untersuchungen von BUSCHMANN (2001) zeigten 51% der angebundenen Pferde massive Verhaltensstörungen wie Koppen, Barrenwetzen, stereotypes Lecken und Weben als Reaktion auf diese Form der Haltung. ZEITLER-FEICHT und GRAUVOGEL (1992) halten die Ständerhaltung für „hoch im Blut stehende“ Pferde wie Vollblüter, Araber und Traber und auch für Fohlen und Jungpferde für tierschutzwidrig. In den alten Leitlinien der BMELV (1995) wird die Ständerhaltung als Daueraufstallung für Pferde abgelehnt und für Fohlen und Jungpferde als tierschutzwidrig bezeichnet. Die TIERÄRZTLICHE VEREINIGUNG FÜR TIERSCHUTZ (2001) überarbeitete die Leitlinien von 1995 und brachte ein Positionspapier heraus, das die Anbindehaltung auch von erwachsenen Pferden als nicht verhaltensgerecht und tierschutzwidrig einschätzt. Auch BUSCHMANN (2001) kommt in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass diese Form der Haltung nicht mehr akzeptabel ist. Die neuen Leitlinien (BMELV 2009) bezeichnen die dauerhafte Anbindehaltung für alle Pferde als tierschutzwidrig. In Deutschland ist die Anbindehaltung heute in allen Bundesländern per Erlass verboten.

2.2.2.2 Einzelbox ohne Auslauf

In der Einzelbox ist das Pferd auf einer von Trennwänden umschlossenen, quadratischen oder rechteckigen Fläche untergebracht. Die Boxentrennwände bestehen üblicherweise in der unteren Hälfte aus einem geschlossenen Wandteil, im Oberteil aus einem Gitterelement, das die Wahrnehmung des Umfeldes und die Durchlüftung der Box ermöglicht und gleichzeitig das Pferd vor Verletzungen durch den Boxennachbarn schützt. Völlig geschlossene Trennwände sind nur in Ausnahmefällen (z.B. Quarantänebox) zu empfehlen (BMELV 2009). Das Pferd muss als Herdentier mit angeborenem Fluchtinstinkt ständig wachsam seine Umgebung beobachten können, andernfalls lebt es in einem Zustand ständiger nervlicher Angespanntheit (MARTEN u. SALEWSKI 1989). Bei der Einzelbox ohne Auslauf unterscheidet man Innen- und Außenboxen, d.h. die Box innerhalb des

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Box, die es dem Pferd ermöglicht, durch ein Fenster oder eine geteilte Tür aus dem Stall herauszuschauen. Die Flächenmaße der Box sind der Pferdegröße anzupassen und ergeben sich aus folgenden Formeln (Wh = Widerristhöhe) (BMELV 2009):

Grundfläche: ≥ (2 x Wh)² Schmalseite: ≥ 1,75 x Wh

Die Einzelbox ist trotz vieler kritischer Anmerkungen aus tierschutzrechtlicher Sicht bislang das gebräuchlichste Aufstallungssystem (PIRKELMANN 2002b).

Schätzungen zufolge werden in Deutschland heute etwa 60% der Pferde auf diese Weise gehalten (RODEWALD 1989). Haltungstechnische Vorteile für den Pferdehalter wie die Durchführung der individuellen Betreuung und Fütterung und der bequeme Zugriff auf das Tier begründen diesen Sachverhalt (PIRKELMANN 1993).

Die isolierte Haltung eines Pferdes auf eng begrenztem Raum widerspricht jedoch den elementaren Grundbedürfnissen des Pferdes nach Sozialkontakten und Bewegung (ZEITLER-FEICHT 2001b). Um diese Bedürfnisse zu erfüllen, muss dem Pferd täglich eine mehrstündige Bewegungsmöglichkeit, bevorzugt gemeinsam mit Artgenossen, angeboten werden (TVT 2005). Einen gewissen Fortschritt stellt die Einzelbox in Form der Außenbox dar. Das Pferd kann besser am Geschehen des Umfeldes teilnehmen und Kontakt zu Artgenossen aufnehmen. Diese Art der Beschäftigung führt zu ausgewogener Psyche bei verminderter Schreckhaftigkeit und Nervosität (SCHÄFER 1991). Zudem wird die Luftreinheit im Stall erheblich verbessert, wodurch das Risiko von Atemwegserkrankungen reduziert werden kann (MARTEN u. SALEWSKI 1989).

2.2.2.3 Einzelbox mit Kleinauslauf

Durch die Angliederung eines Kleinauslaufes wird die Einzelhaltung in der Außenbox optimiert. Dieser Auslauf grenzt direkt an die Box und ist permanent für das Pferd zugänglich. In den Leitlinien des BUNDESMINISTERIUMS FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (2009) wird als Mindestgröße des Auslaufes die Größe der Box angegeben. PIRKELMANN (2002) fordert allerdings eine der Box entsprechende Breite und eine Tiefe von acht bis 10 Metern.

Der Bodenbelag muss eine Nutzung bei jeder Witterung zulassen. KORRIES (2004) beschreibt bei 40% der von ihm untersuchten Betriebe Probleme durch

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unzureichende Trockenheit und Trittsicherheit des Bodens. Geeignet sind rutschfeste Plattenbeläge wie Rasengittersteine oder übersandete Verbundsteine, Sandböden sind sehr huffreundlich, aber bedürfen einem höheren Pflegeaufwand (ZEITLER- FEICHT 2008b). Diese Haltungsform kommt einer artgerechten Pferdehaltung schon sehr nahe. Dem Pferd wird der Aufenthalt im Freien mit dem Vorteil der Teilnahme an der Umgebung, guten Luftverhältnissen sowie Licht- und Klimareizen ermöglicht.

Neben der sofortigen Verfügbarkeit des Pferdes sind Rangeleien mit Artgenossen ausgeschlossen und eine individuelle Futterversorgung gewährleistet (SCHÄFER 1991). Zudem ist ein Minimum an Bewegung möglich und der Auslauf kann bei unbefestigtem Sandboden als Untergrund die Funktion eines Wälzplatzes erfüllen.

Eine Variante stellt die Mehrraum-Einzelbox mit Kleinauslauf dar, bei der der Fressbereich über den Auslauf zu erreichen ist und das Pferd somit zur vermehrten Bewegung motiviert wird (ZEITLER-FEICHT 2008b).

2.2.3 Gruppenhaltung

Die Gruppenhaltung von Pferden ist zwar die verhaltensgerechteste, aber auch anspruchsvollste Art, Pferde zu halten (TVT 2005). Sie erfordert ein hohes Maß an Sachkenntnis des Halters über das Verhalten der Pferde und die Eingliederung neuer Pferde in die Gruppe sowie eine baulich geeignete Anlage. Die Gruppenzusammensetzung entspricht keinem natürlichen Familienverband, sondern ist nach menschlicher Willkür zusammengestellt und ändert sich in einigen Betrieben häufig (ZEITLER-FEICHT 2008b). Der verfügbare Lebensraum ist begrenzt und die Verletzungsgefahr kann bei schlechtem Management und unsachgemäßer Gestaltung der Stallanlage groß sein. Vor allem rangniedere Tiere müssen nicht nur bedarfsgerecht versorgt, sondern auch stress- und verletzungsfrei gehalten werden.

Die Gruppenhaltung ist nur dann zu empfehlen, wenn diese Anforderungen erfüllt werden können. HOUPT und HOUPT (1989) konnten in einer vergleichenden Studie zeigen, dass die Haltung von Pferden in Boxen mit angeschlossenem Paddock eine Alternative zur Gruppenhaltung sein kann, vorausgesetzt die Tiere können engeren Kontakt über den Paddockzaun miteinander aufnehmen. SAMBRAUS (2008) hält gegenwärtig eine Kombination aus gemeinsamem Weidegang am Tag und der

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nächtlichen Einzelaufstallung zur individuellen Versorgung für die am meisten artgerechte Haltung.

2.2.3.1 Einraum-Laufstall

Der Einraum-Laufstall stellt die einfachste Form der Gruppenhaltung dar. Entstanden ist diese Form der Haltung in Gestüten und Zuchtbetrieben für gut aneinander gewöhnte Gruppen von Zuchtstuten oder Jungtieren, deren Herdenleben wenig durch Eingriffe des Menschen gestört wird (MARTEN u. SALEWSKI 1989;

SCHÄFER 1991). Bei dieser Aufstallungsart werden mehrere Pferde zusammen in einem großen, meist vollflächig eingestreuten Raum gehalten (ZEITLER-FEICHT 2008b). Je nach Möglichkeit der Pferde den Kopf und Hals durch eine nutzbare Öffnung nach draußen zu strecken, wird zwischen Einraum-Innenlaufstall und -Außenlaufstall unterschieden. Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten, vor allem für rangniedere Pferde, sind durch die fehlende Strukturierung der Stallfläche und das begrenzte Raumangebot kaum gegeben, so dass es vermehrt zu sozialen Auseinandersetzungen kommen kann. Um genügend Fluchtraum für unterlegene Pferde zu bieten, sollte die Stallfläche möglichst groß sein. Die von der BMELV (2009) geforderte Liegefläche von mindestens (2 x Widerristhöhe)² für jedes Pferd entspricht der Mindestgröße einer Einzelbox. Zusätzlich muss Platz für den Fressbereich eingerechnet werden. Nach ZEITLER-FEICHT et al. (2000) ist diese Größe nicht ausreichend, um allen Tieren in gleicher Weise ein Ruhen im Liegen zu ermöglichen. Sie empfehlen neben einem größeren Platzangebot Zusatzeinrichtungen wie Raumteiler oder Sichtblenden zu installieren, damit sich auch rangniedere Pferde im Liegen ausreichend erholen können. MARTEN und SALEWSKI (1989) empfehlen, den Laufstall in einen eingestreuten Lauf- und Liegebereich und einen Fressbereich mit festem Boden ohne Einstreu aufzugliedern.

Der feste Boden sorgt für die natürliche Abnutzung von unbeschlagenen Hufen und bietet den Pferden die Möglichkeit, sich nicht ständig auf der weichen Einstreu aufzuhalten. Für jedes Tier muss ein Fressplatz vorhanden sein, um eine bedarfsgerechte Versorgung und stressfreie Futteraufnahme aller Gruppenmitglieder zu gewährleisten (PIRKELMANN 2000). Die Begrenzung zum Futtertisch ist häufig durch ein Stangengitter oder Palisadenfressgitter gegeben (MARTEN 2000). Zur

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individuellen Kraftfuttergabe empfiehlt es sich, die Pferde anzubinden. Die Haltung im Einraum-Laufstall ermöglicht Sozialkontakte und etwas mehr Bewegungsmöglichkeit und stellt damit bei gut aneinander gewöhnten Pferden eine Verbesserung zur Einzelhaltung dar.

2.2.3.2 Mehrraum-Laufstall

Wesentliche Elemente der Mehrraum-Laufstallhaltung sind ein großzügiges Raumangebot und die Gliederung in Funktionsbereiche für Ruhen, Fressen, Wasserversorgung und eine als Verbindungsglied funktionierende Lauffläche (PIRKELMANN 2000). Die Gliederung in mehrere Funktionsbereiche motiviert die Pferde zur Bewegung und verteilt die Gruppe auf die verfügbare Fläche, um Auseinandersetzungen an Knotenpunkten zu vermeiden. Wie beim Einraum-Laufstall wird zwischen Innen- und Außenlaufställen differenziert. Die Liegefläche im Stall errechnet sich pro Pferd nach derselben Formel (mindestens (2 x Widerristhöhe)²) wie für den Einraum-Laufstall (BMELV 2009). Durch die Strukturierung der Liegefläche mit Hilfe von abgehängten Stangen oder durch Trennwände kann die Dauer und Häufigkeit des Ruhens in Seitenlage erhöht werden (POLLMANN 2000).

Der Fress- und Trinkbereich sollten nach Möglichkeit weit entfernt vom Liegebereich liegen, da es sich um Orte mit hoher Bewegungsaktivität handelt, die das Ruheverhalten im Liegebereich stören (MARTEN 2000). Die Raufuttervorlage erfolgt bei einheitlicher Fütterung häufig auf dem Futtertisch hinter einem Fressgitter oder in Raufen. Zur individuellen Futterzuteilung bietet der Einsatz von Fressständen eine gute Lösung. Fressstände müssen so beschaffen sein, dass sie nur einem einzigen Pferd Platz bieten und dessen ganze Körperlänge schützen, sodass es nicht von anderen Pferden verdrängt oder verletzt werden kann (ZEITLER-FEICHT 2008b).

2.2.3.3 Offenlaufstall (Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf)

Bei diesem Haltungssystem ist an den Einraum- oder Mehrraum-Laufstall, der innerhalb eines Stallgebäudes liegt, ein permanent für die Tiere zugänglicher Auslauf angeschlossen. Durch die Trennung in möglichst weit auseinanderliegende Funktionsbereiche werden die Pferde zur Bewegung angeregt. Zudem wird durch das Auseinanderziehen attraktiver Bereiche die verletzungsträchtige Konzentrationen

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von Pferden an einer Stelle vermieden (MARTEN 2000). Schmale, lang gestreckte Ausläufe erhöhen den Bewegungsanreiz (MARTEN 2000; BOCKISCH u.

KREIMEIER 2002; ZEITLER-FEICHT 2008b; BMELV 2009). Die Auslauffläche sollte für eine Kleingruppe von bis zu fünf Pferden als Basiswert 300 m² betragen (TVT 2005). Nach den Vorgaben der Leitlinien der BMELV (2009) soll eine Auslauffläche für bis zu zwei Pferde mindestens 150 m² groß sein, für jedes weitere Pferd werden zusätzlich 40 m² gefordert. Die Offenlaufstallhaltung bietet neben dem ganztägigen Weidegang von allen Aufstallungssystemen das höchste Maß an Bewegung, sozialem Kontakt und natürlichen Klimabedingungen. Durch Berücksichtigung dieser artspezifischen Ansprüche zeigen die Tiere ein ausgeglicheneres und ruhigeres Wesen (POLLMANN 2005). Bei sachgerechter Konzeption können alle Pferderassen aller Nutzungsziele auf diese Art und Weise gehalten werden (PIRKELMANN 2000).

2.3 Häufigkeit der verschiedenen Haltungssysteme

In den Erhebungen von RODEWALD (1989) waren 12% der Tiere in Anbindehaltung, 53% in Innenboxen und 31% in Außenboxen untergebracht. Der Anteil an Haltungen in Einzel- oder Gruppenboxen mit Auslauf war mit jeweils 2% der erfassten Pferde sehr niedrig. KORRIES (2003) untersuchte 60 pferdehaltende Betriebe in Niedersachsen und stellte fest, dass die Innenbox ohne Kontakt zur Außenwelt mit 63% immer noch die häufigste Haltungsform darstellt. Nur 31% der Pferde stehen in einer Außenbox, während weniger als 6% in Einzelboxen mit angeschlossenem Auslauf oder in Laufboxen untergebracht sind. In der Schweiz werden 83,5% der Pferde in Einzelboxen gehalten, wobei hier der Anteil von Boxen mit direkt angeschlossenen Ausläufen 4,5% beträgt (BACHMANN u. STAUFFACHER 2002a).

2.4 Rechtliche Normen der Pferdehaltung in Deutschland

Bis heute gibt es in Deutschland keine gesetzlich verbindliche Verordnung, die die Mindestanforderungen an die Pferdehaltung definiert. Im §2 des Tierschutzgesetzes (1998, 2. Abschnitt Tierhaltung) werden die grundlegenden Anforderungen an die tiergerechte Haltung und Betreuung beschrieben: "Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, darf die

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Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen." Genauere Angaben zur Durchführung der Forderungen des Tierschutzgesetzes finden sich in den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BMELV 1995, 2009). Sie dienen dem Tierbesitzer als Hilfe zur Planung und Durchführung seiner Pferdehaltung und können von den zuständigen Behörden zur Beurteilung der von ihnen kontrollierten Pferdehaltungen genutzt werden. Neben den Leitlinien gibt es Empfehlungen verschiedener Organisationen, die ebenfalls gutachterliche Rechtsgültigkeit besitzen. In Deutschland setzt sich die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) als Vertreter in der tierärztlichen Berufsgruppe dafür ein, Diskussionen über Tierschutz sachlich zu führen, um wissenschaftlichen Erkenntnissen in Anforderungen und Ansprüchen in Tierschutzfragen gerecht zu werden. Die Sachverständigengruppe „Pferde“ der TVT entwarf 2005 ein Positionspapier zur Ergänzung und Aktualisierung der ersten Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BMELV 1995).

Weitere Beispiele sind die Empfehlungen zur Freilandhaltung von Pferden des NIEDERSÄCHSISCHEN MINISTERIUMS FÜR ERNÄHRUNG; LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN (1999) und die Beratungsempfehlungen zur ordnungsgemäßen Pferdehaltung der LANDWIRSTSCHAFTSKAMMER HANNOVER (1999), die die in den Leitlinien enthaltenen Anforderungen konkretisieren und umfassend darstellen.

2.5 Haltungsbedingte Erkrankungen

2.5.1 Erkrankungen des Bewegungsapparates

Die Erkrankungen des Bewegungsapparates haben in den Erhebungen von BUTLER und ARMBRUSTER (1984) mit 31,9% die größte Bedeutung unter allen erfassten Abgangsursachen von Schlachtpferden. Die über einen Zeitraum von zwei Jahren in sechs Reitställen mit insgesamt 172 Pferden durchgeführte Studie von RODEWALD (1989) verzeichnete in 35% der Krankheitsfälle Lahmheiten. Die Pathogenese von Schäden am Bewegungsapparat bei Pferden ist vielfältig. In Bezug

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auf die Haltung und Nutzung der Pferde stehen zu wenig und falsche Bewegung ursächlich im Vordergrund. Unter natürlichen Lebensbedingungen wird der Schritt als Hauptgangart gezeigt, Trab und Galopp erfolgen kurzfristig beim Spiel, bei Auseinandersetzungen oder auf der Flucht (DUNCAN 1980). RODEWALD (1989) konnte in ihren Erhebungen eine signifikant positive Korrelation zwischen hohen Reitgeschwindigkeiten und dem Auftreten von Lahmheiten feststellen, Weidegang hingegen war negativ mit dem Auftreten von Lahmheiten korreliert. Bei in Einzel- oder Gruppenauslaufhaltung gehaltenen Pferden kamen keine lahmheitsbedingten Nutzungsausfälle vor. Bewegungsmangel kann zu erheblichen Störungen der Blutzirkulation, zu Elastizitätsverlust von Sehnen, Bändern und Gelenken sowie zu Störungen im Hufmechanismus führen (ZEITLER-FEICHT 2008b). Erkenntnisse der neueren Literatur weisen darauf hin, wie bedeutsam Bewegung für die Gesundheit insbesondere heranwachsender Pferde ist. WILKE (2003) untersuchte 694 Fohlen und ihre Mütter unter verschiedenen Haltungsbedingungen im Hinblick auf das Auftreten von Osteochondrose. Fohlen mit einem Defizit an Bewegung innerhalb der ersten vier Lebensmonate zeigten signifikant häufiger Osteochondrose im Fesselgelenk als Fohlen mit ausreichendem Bewegungsangebot. Neben physischen Schäden können aus Bewegungsmangel jedoch auch psychische Krankheiten entstehen, die sich in unerwünschtem Verhalten und Verhaltensstörungen äußern (MARTEN u. SALEWSKI 1989). In den Leitlinien zur Pferdehaltung wird zusätzlich zur kontrollierten Bewegung durch Arbeit und Training für alle Pferde so oft wie möglich freie Bewegung auf der Weide oder dem Auslauf gefordert (BMELV 2009).

2.5.2 Erkrankungen des Atmungsapparates

Als Fluchttier verfügt das Pferd über einen sehr leistungsfähigen Atmungsapparat.

Die Luftmenge, die bei ruhiger Ein- und Ausatmung gewechselt wird, ist mit fünf Litern pro Atemzug beim Pferd von allen Haustieren die größte. Bei schnellem Galopp steigt das Atemzugvolumen um das zwei- bis sechsfache (MARTEN u.

SALEWSKI 1989). Die einerseits belastungsfähigen Atmungsorgane des Pferdes sind andererseits sehr empfindlich gegenüber schlechten Luftbedingungen. In den Untersuchungen von BUTLER und ARMBRUSTER (1984) zu Abgangsursachen bei Schlachtpferden lagen nach den Erkrankungen des Bewegungsapparates an zweiter

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Stelle bereits die Erkrankungen der Atmungsorgane (25 %). Auch eine Studie an der Pferdeklinik der Universität Zürich ergab mit 54% eine hohe Prävalenz von Atemwegserkrankungen in der dort untersuchten Pferdepopulation (BRACHER 1991). Mit einer schlechten Luftqualität im Aufenthaltbereiches der Pferde werden verschieden ausgeprägte, infektiöse und allergische Krankheitsbilder der Atemwege in Verbindung gebracht (ZEITLER-FEICHT 2008b). Chronische Atemwegserkrankungen entstehen im Zusammenhang mit der Stallhaltung und sind bei permanent im Freien gehaltenen Pferden nahezu unbekannt (BRACHER 1991).

Der hohe Frischluftbedarf der Tiere stellt besondere Anforderungen an das Stallklima. In den Leitlinien des BUNDESMINISTERIUMS FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ (2009) wurden daher Grenzwerte festgelegt. Feuchte Stallluft ist mit Schadstoffen angereichert und begünstigt die Vermehrung von Bakterien, Schimmelpilzen und Parasiten. Zu trockene Luft führt zu vermehrter Staubbildung. Staub reizt auf mechanischem Weg die Atemwege und enthält darüber hinaus Pilzsporen, Milben aus Futtermitteln, bakterielle Endotoxine und anorganische Komponenten (BRACHER 1991). Daher wird im Stallgebäude eine Luftfeuchtigkeit von 60 - 80% gefordert (BMELV 2009).

Eine dauerhafte Luftbewegung von mindestens 0,2 m pro Sekunde sorgt für die Zufuhr von Frischluft und verhindert durch den Abtransport der schlechten Luft die Anreicherung von Schadgasen, Staub und Keimen (BMELV 2009). Durch die mikrobielle Zersetzung von Kot und Harn entstehen im Stall Schadgase, die folgende Konzentrationen nicht überschreiten dürfen: Ammoniak 10 ppm, Kohlendioxid 1000 ppm und Schwefelwasserstoff 0,2 ppm (BMELV 2009).

2.5.3 Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes

Unter natürlichen Bedingungen nimmt das Pferd seine Nahrung in kleinen Portionen über den Tag und die Nacht verteilt auf. Pferde sind in Abhängigkeit vom Futterangebot täglich 12 - 18 Stunden mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt (MEYER u. COENEN 2002). Sowohl der Verdauungsapparat als auch das Fressverhalten der Pferde ist auf die kontinuierliche Aufnahme von rohfaserreicher, energiearmer Nahrung ausgerichtet (AHLSWEDE 1991). Krankheiten des Gastrointestinaltraktes werden überwiegend durch Fehler in der Fütterung verursacht

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(MEYER u. COENEN 2002). Bei geringer Raufuttergabe führt der unregelmäßige und ungenügende Abrieb der Backenzähne zur Entstehung von Zahnspitzen, die die Maulschleimhaut verletzen und Schmerzen erzeugen (AHLSWEDE 1991; FEIGE 2002). Die Funktionsfähigkeit der Zähne ist beim Pferd eine wichtige Voraussetzung für eine normale Futterpassage und -verdauung (MEYER u. COENEN 2002).

Zahnkrankheiten sind häufig Ursache von Allgemeinstörungen wie Abmagerung, Durchfall, Kolik oder Veränderungen des Haarkleides (FEIGE 2002). Das häufige Vorkommen von Magenulzera bei Pferden wird neben ihrer Nutzung auf das Futter und die Art der Fütterung zurückgeführt (FEIGE 2002). Bei Pferden, die auf der Weide gehalten werden und nicht zur Arbeit herangezogen werden, kommen Magenulzera gar nicht vor (MURRAY 1994). Zu den häufigsten Störungen des Verdauungskanals zählen Koliken. Jährlich erkranken 10 von 100 Pferden an einer Kolik (TINKER 1997). In der statistischen Auswertung von BUTLER und ARMBRUSTER (1984) machten die Koliken mit 2,4% den drittgrößten Anteil der Abgangsursachen bei Schlachtpferden aus. Überhöhte Kraftfuttergaben, zu seltene und mengenmäßig zu geringe Raufuttergaben, hygienisch nicht einwandfreie Futtermittel, plötzliche Futterwechsel sowie der Mangel an Wasser stellen die wesentlichen Gründe dar, die zur Entstehung von Koliken beitragen können (MEYER u. COENEN 2002).

2.5.4 Verhaltensstörungen

Weltweit durchgeführte Studien der letzten Jahre belegen, dass bis zu 15% aller Pferde Verhaltensstörungen aufgrund von Unzulänglichkeiten in der Haltung und beim Umgang zeigen (ZEITLER-FEICHT 2008a). In Deutschland weisen nach ZEITLER-FEICHT (2001a) etwa 6,5% der Reitpferde die Verhaltensstörungen Koppen, Weben oder Boxenlaufen auf. Erhebungen von BACHMANN und STAUFFACHER (2002) in der Schweizer Pferdepopulation ergaben einen Anteil von 3,5% der Pferde, die diese Stereotypien zeigten. Verhaltensstörungen kommen bei wildlebenden Equiden und ausgewilderten Hauspferden hingegen nicht vor (FRASER 2007). Der Tagesablauf der Pferde unter menschlicher Obhut unterscheidet sich je nach Haltungsform und Nutzung mehr oder weniger stark von ihrem natürlichen Aktivitätsrhythmus. Das Pferd passt sich in Abhängigkeit seiner

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individuellen Veranlagung an diese Gegebenheiten an. Wenn es dem Pferd nicht mehr gelingt, durch Anpassung seines Verhaltens die Situation zu meistern, kommt es zu Verhaltensstörungen (ZEITLER-FEICHT 2008b). SAMBRAUS (1997) definiert eine Verhaltensstörung als eine im Hinblick auf Modalität, Intensität und Frequenz erhebliche und andauernde Abweichung vom Normalverhalten. Als „normal“ werden alle Verhaltensausprägungen innerhalb einer artspezifischen genetischen Bandbreite verstanden, die zum physischen und psychischen Wohlergehen eines Tieres beitragen (BACHMANN u. STAUFFACHER 2002b). Zudem ist unerwünschtes Verhalten von den Verhaltensstörungen abzugrenzen. Es ist definiert als ein Verhalten, das dem Normalverhalten des Pferdes entspricht, jedoch Probleme bei der Haltung und Nutzung bereitet (ZEITLER-FEICHT 2008a). Im Gegensatz zu unerwünschtem Verhalten, das sich in der Regel korrigieren lässt, sind viele Verhaltensstörungen residual-reaktiv, d.h., sie bleiben trotz der Optimierung der äußeren Umstände bestehen (SAMBRAUS 1997b). Haltungs- und nutzungsbedingte (reaktive) Verhaltensstörungen werden in der Ethologie bestimmten Funktionskreisen zugeordnet. Die meisten Verhaltensstörungen sind in den Funktionskreisen Futteraufnahme- und Bewegungsverhalten zu finden (SAMBRAUS 1997b). So gehört das Koppen zum Funktionskreis Futteraufnahmeverhalten, das Weben und Boxenlaufen zum Bewegungsverhalten. Die Zuordnung bezieht sich dabei ausschließlich auf die Ausführung und nicht auf die Entstehung der Verhaltensweise (ZEITLER-FEICHT 2001a). Bei der Entstehung von Verhaltensstörungen spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Jedes Individuum hat eine Vielzahl von pferdetypischen, rassetypischen bzw. individuellen Veranlagungen sowie physischen und psychischen Ansprüchen an seine Umwelt. Ob und in welchem Ausmaß diese Ansprüche erfüllt werden, äußert sich in seiner Gesundheit und in seinem Verhalten ebenso wie in seiner Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft (BACHMANN u.

STAUFFACHER 2002b). Prädisponierend wirkt eine ungenügend auf die Bedürfnisse des Pferdes abgestimmte Haltung. Zahlreiche Studien belegen, dass unzureichender Sozialkontakt, eingeschränkte Bewegung, zu wenig Raufutter sowie fehlende Umweltreize und Spielmöglichkeiten Verhaltensstörungen disponieren (ZEITLER-FEICHT 2008a). Weiterhin gibt es Hinweise für eine genetische

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Disposition. Stereotypien werden häufiger bei Warmblütern, Arabern oder Vollblütern beobachtet als bei Ponys oder schwereren, kaltblütigen Pferden (KILEY- WORTHINGTON 1993; ZEITLER-FEICHT 2008b). Das erstmalige Auftreten einer Verhaltensstörung lässt sich in vielen Fällen mit einer psychischen Belastungssituation, einem „Initialtrauma“, in Verbindung bringen. In den Erhebungen von BACHMANN und STAUFFACHER (2006) traten bei 55% der erfassten Kopper, Weber und Boxenläufer die Stereotypien vor dem vierten Lebensjahr auf. Die ersten vier Lebensjahre sind üblicherweise von entscheidenden Geschehnissen geprägt.

Die Jungtiere werden von der Mutterstute abgesetzt, die beginnende Ausbildung ist meist mit einer Haltungsumstellung verbunden. Bei nicht pferdegerechtem Umgang und entsprechender Prädisposition können diese Geschehnisse die Entwicklung einer Verhaltensstörung auslösen. POLLMANN und TSCHANZ (2006) zählen Verhaltensstörungen zu den wichtigsten Indikatoren für erhebliches Leiden, die eine gewichtige Beeinträchtigung des tierischen Wohlbefindens darstellen.

Die Verhaltensstörung Koppen tritt mit einem Anteil von bis zu 10,5% relativ häufig auf. Neben Mängeln in der Haltung und Nutzung wird die Entstehung vor allem auf Fütterungsfehler zurückgeführt. Das Koppen ist eine residual-reaktive Verhaltensstörung, die in der Regel trotz der Beseitigung der Mängel bestehen bleibt.

Die Ausübung des Koppens führt zur Ausschüttung von Endorphinen, die eine erregungsreduzierende Wirkung auf das Pferd haben. Es wird häufig im Zusammenhang mit Vorgängen gezeigt, bei denen es zu einem Erregungsanstieg beim Pferd kommt (ZEITLER-FEICHT 2008a).

2.6 Wohlbefinden beim Pferd

Im §1 des deutschen Tierschutzgesetzes (1998) heißt es, dass es „Zweck dieses Gesetzes ist, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“. Bis auf den Begriff des Schadens geht es hier um den Schutz von Empfindungen der Tiere. Schäden werden in die Beurteilung einbezogen, weil durch sie am besten Schmerzen und Leiden zu objektivieren sind. Empfindungen sind nur für das betroffene Individuum wahrnehmbar (SAMBRAUS 1997a). Wissenschaftlich fundierte Aussagen über

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Empfindungen bei Tieren können derzeit nicht gemacht werden. Durch Beobachtungen von Körperhaltungen, Bewegungen, Lautäußerungen und aus physiologischen Vorgängen kann jedoch auf Empfindungen geschlossen werden (TSCHANZ 1997). Während Schmerzen und Leiden belastende Befindlichkeiten ausdrücken, ist das Wohlbefinden als komplementärer Begriff aufzufassen (SAMBRAUS 1997a). Wohlbefinden wird als ein Zustand physischer und psychischer Harmonie des Tieres mit sich und seiner Umwelt definiert, welcher insbesondere durch Freiheit von Schmerzen und Leiden charakterisiert wird. Regelmäßige Anzeichen des Wohlbefindens sind Gesundheit und ein in jeder Beziehung normales Verhalten (LORTZ 1973). Somit können die Gesundheit und das Normalverhalten als objektivierbare Indikatoren für die Empfindungen herangezogen werden (POLLMANN u. TSCHANZ 2006). Nach dem Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskonzept von TSCHANZ (1997) sind Tiere zum Selbstaufbau und Selbsterhalt befähigt und können schädigende Einflüsse vermeiden.

Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung werden als grundlegende Funktionen des Verhaltens angesehen, welche es dem Individuum ermöglichen, sich erfolgreich mit der Umwelt und sich selbst auseinanderzusetzen. Um objektive Kriterien für die Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung zu finden, wird von einem Typus ausgegangen, das heißt von einem Erscheinungsbild, das die wesentlichen Merkmale enthält, die eine Gruppe von Tieren unter vergleichbaren Voraussetzungen besitzt. Das Konzept ermöglicht naturwissenschaftlich gesicherte Aussagen zur Qualität der körperlichen Entwicklung zu machen, geht jedoch nicht auf Befindlichkeiten ein (TSCHANZ 1997). Die Einschätzung des Befindens eines Tieres setzt eine möglichst genaue Kenntnis über sein normales Verhalten, aber auch über die physiologischen Vorgänge im Organismus voraus.

Belastungssituationen führen neben einer Verhaltensänderung zu einer Veränderung bestimmter physiologischer Parameter im Körper. Nur von wenigen Hormonen und Endorphinen weiß man, dass ihre vermehrte Ausschüttung mit angenehmen Empfindungen einhergeht. Die Mehrzahl der bekannten physiologischen Parameter betrifft belastende Befindlichkeiten (MEYER 2005). Die Reaktion des Körpers auf eine Belastungssituation ist sehr komplex und variiert individuell sehr stark. Um

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Aussagen über das Wohlbefinden eines Tieres treffen zu können, sollten daher artspezifische, individuelle Verhaltensbeobachtungen durch physiologische Messdaten quantifiziert werden (MANTEUFEL u. PUPPE 1997).

2.7 Videoaufzeichnungen zur Verhaltensbeobachtung

Im Gegensatz zur direkten Verhaltensbeobachtung ergeben sich aus der Verhaltensanalyse mittels Videoaufzeichnungen viele Vorteile. Die erfassten Daten sind reproduzierbar, dokumentierbar und damit auch beweiskräftig. Der Beobachter hat die Möglichkeit, Videoaufnahmen wiederholt oder verlangsamt wiederzugeben, um bestimmte Verhaltensweisen detailierter zu erfassen. Bei der Betrachtung einer Gruppe von Tieren kann durch mehrfaches Abspielen jedes Individuum separat analysiert werden (HOFFMANN 2008). Grundsätzlich werden zwei Aufnahmeverfahren unterschieden: die kontinuierliche Aufzeichnung (Continuous recording) und die intermittierende Aufzeichnung (Time sampling) (MARTIN u.

BATESON 2007). Das kontinuierliche Verfahren gibt das Verhalten originalgetreu wieder, die Zeitdauer jeder Verhaltensweise, der Zeitpunkt ihres Beginns und ihres Endes wird genau gemessen. Dieses Verfahren gelangt immer dann zur Anwendung, wenn die Frequenz und die Zeitdauer von Verhaltensmustern präzise erfasst werden muss oder eine Verhaltenssequenz genauer analysiert werden soll.

Limitiert wird die Anwendung der Methode durch den hohen Arbeitsaufwand (MARTIN u. BATESON 2007). Bei der intermittierenden Aufzeichnung wird der Beobachtungszeitraum in aufeinanderfolgende, kurze Zeitperioden aufgeteilt. Am Ende jeder Periode, dem sogenannten Stichprobenpunkt (Sampling point), wird notiert, ob das Verhaltensmuster gezeigt wird oder nicht. Das Verhältnis aller Stichprobenpunkte, an denen das Verhalten stattfand, zu der Gesamtzahl der Stichprobenpunkte wird als Score bezeichnet. Diese Methode ist eine Form der Informationsraffung, durch die es möglich wird, verschiedene Verhaltensmuster gleichzeitig aufzunehmen. Selten gezeigte oder diskrete Verhaltensweisen können mit der intermittierenden Aufzeichnung nicht erfasst werden (MARTIN u.

BATESON 2007).

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2.8 ALT-Pedometer zur Messung von Bewegung und Liegezeiten

Pedometer oder Schrittzähler wurden zur verbesserten Brunsterkennung bei Milchkühen entwickelt und werden hier seit etwa 20 Jahren erfolgreich eingesetzt (BREHME 2004). Mit Hilfe von Pedometern können aber auch das Aktivitäts- und Liegeverhalten der Pferde quantifiziert werden. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf das Wohlbefinden in den unterschiedlichen Haltungsformen zu. In den letzten Jahren wurden sie in verschiedenen Untersuchungen zum Bewegungsverhalten von Pferden genutzt (REHM 1981; FRENTZEN 1994; BREHME 2004; HOFFMANN 2008). Die Geräte werden an einem Vorderbein der Tiere befestigt und messen sämtliche Aktivitätsimpulse im Sinne von Bewegungen des Beines. Eine direkte Umrechnung der registrierten Bewegungen in die zurückgelegten Wegstrecken ist daher nicht möglich (FRENTZEN 1994). Es werden je nach Technik der Impulszählung elektronische und mechanische Pedometer unterschieden. Die vom Leibniz Institut für Agrartechnik (ATB, Potsdam-Bornim) und zwei Ingenieurbüros (Holz und Schleusner, Falkenhagen) entwickelten elektronischen ALT-Pedometer erfassen sämtliche Aktivitätsimpulse der Gliedmaße und die Liegezeiten mit der Unterscheidung von Bauch- und Seitenlage sowie die Umgebungstemperatur. ALT steht für die Messkriterien Aktivität, Liegen und Temperatur. Die Daten werden im frei gewählten Erfassungsintervall (zwischen einer und 240 Minuten) im internen Speicher des Pedometers als Datensatz abgelegt. Abhängig vom vorgegebenen Messintervall und von der Speicherkapazität des Pedometers (360 Datensätze bei Versuchsmodellen bzw. 1100 Datensätze bei Praxismodellen) müssen die Daten in unterschiedlichen Zeitabständen manuell oder in automatischen Zyklen ausgelesen werden. Dazu werden die Daten über ein Funkmodem an einen zentralen Computer übermittelt (BREHME 2004). Um die Eignung der Pedometer bei Pferden zu testen, wurde im Gestüt Neustadt/ Dosse ein Kurztest an vier Sportpferden durchgeführt (BREHME 2004). Die Ergebnisse ergaben eine sehr gute Eignung der Pedometer für wissenschaftliche Fragestellungen in der Pferdehaltung. Für die gezielte Erfassung der verschiedenen Gangarten ist jedoch die Abfragefrequenz des Sensors nicht ausreichend hoch (BREHME 2004). Weitere Untersuchungen an Pferden fanden im Haras Nationalgestüt (Avenches, Schweiz) statt (BREHME et al. 2006).

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Die ALT-Pedometer erwiesen sich als vorteilhaft bei der Untersuchung der unterschiedlichen täglichen Biorhythmen von Hengsten und Wallachen bei Haltung auf der Weide, in Einzelboxen und in Einzelboxen mit Kleinauslauf (BREHME et al.

2006). HOFFMANN (2008) ermittelte mit Hilfe der Pedometer das Bewegungsverhalten junger Warmblutstuten in Gruppenhaltung bei unterschiedlichem Bewegungs- und Platzangebot. Abschließend sind als Vorteile dieser Messmethode die gute Akzeptanz der Technik und die automatische und kontinuierliche Erfassung und Speicherung individueller Daten zu nennen (BREHME et al. 2006).

Bei der Erfassung der Liegezeiten differenzieren die Pedometer zwischen der Bauch- und Seitenlage. Beim Pferd ist diese Unterscheidung jedoch unzureichend sicher (mündliche Mitteilung Hoffmann, G., Leibniz Institut für Agrartechnik, Potsdam- Bornim), sodass in der vorliegenden Untersuchung nur die Gesamtliegezeit ausgewertet wurde.

2.9 Kortisolmetaboliten-Bestimmung zur Stressquantifizierung

2.9.1 Stress

Stress beschreibt einen Zustand, bei dem der Organismus durch externe oder interne Stimuli übermäßig beansprucht wird und ein breites Spektrum von interindividuellen Reaktionen hervorgerufen wird (VON BORELL 2000). Als Belastungsreize (Stressoren) kommen verschiedenste schädliche Einflüsse, unter anderem Hitze, Kälte, Infektionen, Verletzungen, in Frage. Der Organismus reagiert auf diese Stressoren über eine Kaskade von biologischen Mechanismen mit dem Ziel der Schadensvermeidung und dem Erreichen eines psychophysiologischen Gleichgewichtszustandes („Prinzip der Homöostase“ von Bernhard, 1878, (VON BORELL 2000)). Neben dem zentralen Nervensystem sind das neuroendokrine System und das Immunsystem an der Stressreaktion beteiligt, wobei die drei Systeme in vielfältiger Weise miteinander kommunizieren (VON BORELL 2000). Die beiden klassischen Stressreaktionen sind das „Fight and Flight-Syndrom“ (FFS) und das „Allgemeine Anpassungs-Syndrom“ (AAS). Bei akuter Belastung wird der Sympathikus aktiviert, der die Ausschüttung von Katecholaminen aus dem

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