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Archiv "Kindergesundheit: Armut macht Kinder krank" (17.12.2010)

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A 2484 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 50

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17. Dezember 2010

KINDERGESUNDHEIT

Armut macht Kinder krank

Kein warmes Mittagessen, keine neuen Kleider, kaum Chancen in der Schule:

Armut schadet Kindern und macht sie krank. Auf dem 16. Kongress „Armut und Gesundheit“ diskutierten Experten, wie ihnen geholfen werden kann.

D

er Einfluss von Armut auf die Gesundheit macht sich schon bei der Geburt bemerkbar. Sind die Eltern arm und haben einen niedri- gen Bildungsstand, wiegt das Kind im Durchschnitt weniger, als wenn es wohlhabende Eltern hätte.

Das niedrigere Geburtsgewicht ist nur der Anfang einer langen Reihe von Ungleichheiten. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen: In reichen wie in armen Gesellschaf- ten sind Unterschichtkinder schlechter ernährt, verletzen sich öfter, haben häufiger In- fekte und stärker Karies als ihre Altersgenossen aus Fa- milien mit mehr Geld.

In Deutschland sind 16 Prozent der Kinder von Ar- mut betroffen. Das geht aus dem UNICEF-Bericht „Zur Lage der Kinder in Deutschland 2010“ hervor. Auf dem Kongress

„Armut und Gesundheit“, der An- fang Dezember in Berlin stattfand, wurde darüber diskutiert, wie die Gesundheit armer Kinder zu schüt- zen und zu fördern sei. „Es braucht ein Gesamtkonzept, das Aktivitäten auf Bundes-, Landes- und kommu- naler Ebene bündelt“, forderte Prof.

Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Nur dann sei eine übergreifende Versorgung möglich und könnten Kinder aller Schichten gesund aufwachsen.

Prof. Dr. Raimund Geene von der Hochschule Magdeburg-Sten- dal präsentierte ein funktionieren- des Beispiel für sinnvolle Koopera- tion beim Kinderschutz: das „Netz- werk Frühe Förderung“ der nord- rhein-westfälischen Stadt Dorma- gen. Seit 1996 bemüht sich die Kom- mune, Kindesmisshandlung und Kin- desvernachlässigung zu vermeiden.

Ein neueres Modul des Familien-

netzwerks ist das Babybegrüßungs- paket „Willkommen im Leben“. Es dient auch dazu, Eltern, die durch Armut, Trennung oder andere Um- stände in schwierige Lebensver- hältnisse geraten sind, offensiv über Hilfen zu informieren. So gehört zum Paket ein „Elternbegleitbuch“, das über die neue Lebenssituation informiert. Darüber hinaus sind bei- spielsweise Informationen über Be- treuungsplätze für Kinder und Hil-

fen für ausländische Familien, aber auch Gutscheine für städtische Ein- richtungen enthalten. „Viele Pro- bleme entstehen, weil sich Eltern alleingelassen fühlen und über ihrer Situation verzweifeln“, sagte Ge- ene. Dies solle durch die Angebote des Netzwerks verhindert werden.

Beraten lassen können sich Eltern in Familienzentren und Elternschu- len, finanziell werden sie etwa durch einen Familienpass unter- stützt, mit dem Kultur-, Freizeit- und Familienangebote günstiger besucht werden können, und entlas- tet werden sie etwa durch einen ga- rantierten Betreuungsplatz.

Den Schutz von Kindern vor Vernachlässigung und Misshand- lung zu verbessern, ist die Aufgabe des 2007 gegründeten Nationalen Zentrums Frühe Hilfen. Während des Kongresses stellten Mitarbeiter des Netzwerks die Ergebnisse ihres Forschungsprojekts „Aus Fehlern lernen – Qualitätsmanagement im Kinderschutz“ vor. Im Rahmen die-

ses Projekts wurden Kinderschutz- maßnahmen von 42 Kommunen ge- prüft. Ziel war es, die „Abläufe zwischen Jugendämtern, Gesund- heitsdiensten, freien Trägern, Klini- ken, Familiengerichten, Polizei und anderen Akteuren auf ihre Effekte hin zu analysieren“, erläuterte Prof.

Dr. Thomas Rauschenbach, Direk- tor des Deutschen Jugendinstituts.

Um die Qualität der Kinder- schutzmaßnahmen zu verbessern,

müsse daran gearbeitet wer- den, die föderalen Strukturen aufzubrechen. So sei es wich- tig, Fälle und Probleme auch über die Grenzen von Kom- munen hinaus bekanntzuma- chen. Dann könne man auch aus den Erfahrungen an de - rer Kommunen lernen. Rau- schenbach regte als ein Er- gebnis der Auswertung an, dass Ju- gendämter verstärkt Fortbildungen für Ärzte, Polizisten und Lehrer an- bieten sollten. Kommunen müssten zudem ein systematisches Rück- melde- und Beschwerdemanage- ment im Kinderschutz entwickeln.

Als großes Problem gilt im Kin- derschutz, dass die Fallzahlen stei- gen, der Bereich jedoch unter Per- sonalmangel leidet. Für hilfreiche Projekte braucht man jedoch Geld.

Das ist nach der Finanzkrise knapp, und so stehen viele sinnvolle Initia- tiven vor dem Ende. Dadurch hal- ten Erfolge aber auch nicht an.

Ein Beispiel dafür ist das Pro jekt

„Soziale Stadt“, das die Arbeit von Quartiersmanagern in sozial schwierigen Stadtvierteln unter- stützt: Sprachförderung, Jugendar- beit, Gewaltprävention, Stadtteil- mütter. Statt bundesweit 95 Millio- nen Euro wie im Jahr 2010 stehen 2011 nur noch knapp 30 Millionen Euro dafür zur Verfügung. ■

Rasmus Cloes Das Begrüßungs-

paket „Willkom- men im Leben“

dient dazu, Eltern, die in schwierige Lebensverhältnisse geraten sind, über Hilfen zu informieren.

Foto: Stadt Dormagen

P O L I T I K

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