A 2516 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 50|
17. Dezember 2010NEUROCHIRURGIE
Bildgebung mit integrierter Navigation
Seit Mitte Mai 2010 verfügt die Neurochirurgie der Universitätskli- nik Würzburg über ein Bildge- bungssystem mit integrierter Navi- gation, das hochpräzise Operatio- nen an der Wirbelsäule und am zen- tralen Nervensystem ermöglicht. Es verbessert zudem die Sicherheit und die Kontrollmöglichkeiten bei der minimalinvasiven Wirbelsäu- lenchirurgie und verringert die Strahlenbelastung für Patient und Operateur.
Die Gerätekombination des US- amerikanischen Medizintechnikher - stellers Medtronic besteht aus dem
„O-Arm“, einer der Computerto- mographie ähnlichen Bildwandler- technik mit der Möglichkeit drei- dimensionaler Aufnahmen, und dem Navigationssystem „Stealth Station“ zur exakten anatomischen Lokalisation während neurochirur- gischer Eingriffe. Mittels der Neu- ronavigation markieren die Ärzte zunächst die Position der zu operie- renden Stelle. Dazu bringen sie am Patienten eine kreuzförmige Mar- kierungseinheit an, die das Naviga- tionssystem mit seiner Infrarotste- reokamera erkennt. Auch die Ope- rationsinstrumente tragen derartige Marker. Da das System die Maße der Instrumente kennt, kann es den Operateur auf den Bruchteil eines Millimeters genau leiten.
Das Bildgebungssystem ermög- licht 360°-Aufnahmen, die während der Operation über eine kreisförmi- ge Kameraschiene aufgenommen werden. Die dabei entstehenden dreidimensionalen Bilder kombi- Der „O-Arm“
im Einsatz im neurochirurgischen
Operationssaal des Universitäts - klinikums Würzburg
Foto: Universitätsklinik Würzburg
niert das Navigationssystem in Echtzeit mit den vorher beschriebe- nen Positionsdaten. „Mit dieser technischen Unterstützung aus der Vernetzung beider Systeme kann der Neurochirurg zu jedem Zeit- punkt der Operation den Verlauf des Eingriffs überprüfen und not- falls direkt korrigieren“, erläuterte Prof. Dr. med. Ralf-Ingo Ernestus, Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Würz - burger Uniklinik den Fortschritt, der durch die Kombination der bei- den Techniken erreicht wird.
Das klassische Einsatzgebiet des Systems sind Wirbelsäulenopera - tionen. Hierzu zählt hauptsächlich die Verbindung von Wirbelkörpern bei fortgeschrittenen Bandscheiben- schäden mit begleitender Instabilität.
Hinzu kommen komplexe Wirbel- säulenerkrankungen, die etwa aus Kombinationen von Fehlstellungen, Verkalkungen und Einengungen des Spinalkanals bestehen können. Dar - über hinaus soll an der Würzburger Uniklinik ein Referenzzentrum für intraoperative Bildgebung und Navi- gation entstehen. EB
FORSCHUNGSPROJEKT
Langzeitlagerung von Stammzellen
Ein Forschungsprojekt untersucht, wie die Kältekonservierung und Langzeitlagerung von Stammzellen und Blutkomponenten optimiert werden kann. Dazu sollen soge- nannte Frostschutzproteine in Bio- reaktoren hergestellt und im Einsatz als Gefrierschutzmittel für mensch- liche Zellen getestet werden.
„Zellen bestehen zu einem gro- ßen Teil aus Wasser, das sich aus- dehnt, wenn es gefriert. Die entste- henden Eiskristalle führen beim Einfrieren zur Zerstörung der Zel- len, wenn man kein Gefrierschutz- mittel verwendet“, erläutert Dr.
med. Eberhard Lampeter, Ärztli- cher Leiter der privaten Nabel- schnurblutbank Vita 34 in Leipzig, einem der Partner im Verbundpro- jekt (www.vita34.de). „Um Nabel-
schnurblut-Stammzellen haltbar zu machen, verwenden wir aktuell Dimethylsulfoxid, um die Zellen zu schützen.“ Frostschutzproteine könnten dazu eine biologische Al- ternative darstellen. Das sind Pro- teine, die etwa von frostresistenten Pflanzen, Fischen oder Insekten ausgeschüttet werden, um ein Über- leben bei Frost zu ermöglichen. Sie verhindern die Bildung der großen Eiskristalle, indem sich die Proteine an die Wassermoleküle binden.
Initiiert wurde das Projekt vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig und der Bioplanta GmbH, Leipzig. Weitere Partner sind das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflan- zenforschung in Gatersleben und das Hans-Knöll-Institut in Jena. EB