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Bedeutung von „gepaarten Immunrezeptoren“ bei der Immunantwort

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Forschung für das Leben 47

Forschungsberichte

Labor für Tumorimmunologie

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Einleitung

Krebs ist nach Erkrankungen des Herzkreis- laufsystems die zweithäufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Die Ge- fährlichkeit der Krebserkrankung ist bedingt durch das unkontrollierte, invasive Wachstum der Tumorzellen, insbesondere aber durch die Fähigkeit zur Metastasenbildung in Kombina- tion mit einer fehlenden oder unzureichenden Reaktion der körpereigenen Abwehr. Obwohl Tumorzellen weniger immunogen als Patho- gene sind (es ist schwer für das Immunsystem, die geringen Unterschiede zwischen gesundem Gewebe und Tumorgewebe zu erkennen), hat eine überwältigende Zahl von experimentellen und klinischen Befunden gezeigt, dass das Im- munsystem eindeutig in der Lage ist, Tumor- zellen zu erkennen und abzutöten. Als beson- ders immunogen haben sich im Menschen Me- lanome und Nierentumoren erwiesen.

Allerdings gelingt es den Tumorzellen häufig, durch Tarnung oder durch Manipulation des Immunsystems der Immunabwehr zu entkommen und Tumoren zu bilden. Auch beobachtet man oft eine Schwächung des Immunsystems des Patienten durch die fortgeschrittene Tumorerkrankung.

Die Tumorimmunologie hat sich zur Aufgabe gemacht, die körpereigenen Abwehrmechanis- men zu erforschen und neue Wege zu finden, die Zellen des Immunsystems oder Tumorzel- len gezielt therapeutisch zu beeinflussen, um Krebserkrankungen zu bekämpfen. Aufgrund der immer besseren technischen Möglichkeiten und dem damit verbundenen enormen Wissens- zuwachs wurde in den letzten Jahren eine Reihe von neuen Immuntherapien erarbeitet und in der Klinik getestet. Hierzu gehören Therapien mit Zytokinen (körpereigene Botenstoffe zur gezielten Beeinflussung von Immunzellen oder Tumorzellen), Tumor- vakzinen (Impfstoffe zur spezifischen Stimulation der Immunabwehr), adoptive Zelltherapien (Immunzellen des Patienten werden außerhalb des Körpers stimuliert, vermehrt und reinfundiert), sowie Antikörper- therapien (Hemmung oder Zerstörung von Tu- morzellen durch selektive Bindung von Anti- körpern). Einen neuen Aspekt der Tumorimmunologie stellt die immun- therapeutische Wirkung von Photodynamischer Therapie (PDT) dar. Sie erlaubt die Tötung von Tumorzellen mit Hilfe von Photosensibili- satoren nach Lichtbestrahlung bei gleich- zeitiger Stimulation einer Tumorimmun- antwort.

Das aufgrund von wissenschaftlichen Untersu- chungen der letzten Jahre entwickelte Konzept der Tumorstammzelle wird auch Einfluss auf die Entwicklung von Tumorimmuntherapien nehmen. Die für den Fortbestand und Metasta- sierung verantwortlichen Tumorstammzellen machen nur einen sehr geringen Bruchteil der Tumormasse aus. Sie zeigen in vielen Fällen eine ausgeprägte Unempfindlichkeit gegenüber Chemo- und Strahlentherapie und werden daher für das Wiederauftreten des Tumors nach zunächst erfolgreich erscheinender Therapie verantwortlich gemacht.

Die Erfahrungen mit auftretenden Resistenzen bei neuen Wirkstoffen (niedermolekulare Kina- seinhibitoren, sog. small molecule drugs), die gezielt aufgrund der Kenntnis molekularer Vorgänge bei der Krebsentstehung entwickelt wurden, zeigen, dass Krebs wahrscheinlich nur erfolgreich mit Kombinationstherapien be- kämpft werden kann. Daher wird auch der Im- muntherapie ein wichtiger Stellenwert zukom- men, da die Resistenzmechanismen für immun- therapeutische und Small-molecule-drug- Therapieansätzen sehr verschieden sein dürften und so eine Kreuzresistenz von Tumoren ver- mieden werden kann.

Die Forschungsaktivitäten im Labor für Tu- morimmunologie (LTI) betreffen hauptsächlich urologische Tumoren, insbesondere Nieren- und Prostatatumoren. Für die Entwicklung und Verbesserung der Immuntherapie solider Tumoren forschen wir auf folgenden Gebieten:

• Identifizierung und Evaluierung von antige- nen Zielstrukturen

Ziel: Herstellung von polyvalenten Tumor- vakzinen für die adjuvante Tumortherapie

• Identifizierung von Immune-escape-Strate- gien in Tumoren

Ziel: Verständnis der Tumortoleranz des Immunsystems; neue therapeutische An- sätze

• Evaluierung von neuen Immuntherapien im Tiermodell (z. B. Stimulation von Anti-Tu- morimmunreaktionen durch PDT)

Ziel: Grundlage für klinische Versuche

• Immunphänotypisierung von Immun- und Chemotherapie-resistenten Tumorzellen (Tumorstammzellen?)

Ziel: Therapeutische Adressierung von Tu- morstammzellen

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Forschung für das Leben 49

• Identifizierung, rekombinante Herstellung und Expression von Tumor-erkennenden Rezeptoren zytotoxischer T-Zellen (TCR) - Designer-T-Zellen

Ziel: Umgehung von Toleranz und Suppres- sionsphänomenen durch Überexpression der TCR in T-Zellen von Patienten

• Entwicklung, Optimierung und Testung von Tumorvakzinen (gentechnisch modifizierte allogene Tumorzellvakzine; mit Tumoranti- genen beladene dendritische Zellen (DC) als Tumorvakzine; Erhöhung der Immuno- genität von Tumorantigenen)

Ziel: Klinische Testung und Therapieopti- mierung

• Weiterentwicklung von standardisierten Methoden zum immune monitoring

Ziel: Überprüfung der Wirksamkeit und Vergleich von Immuntherapien

Im LIFE-Zentrum haben wir die einmalige Möglichkeit, interdisziplinäre Forschung zu betreiben. Neben der Nähe zu den Kliniken, die eine patientennahe Forschung stimuliert, eröffnet das Know-How des Laser- Forschungslabors (LFL) und des LTI neuartige Versuchsansätze. Dies wird besonders deutlich in einem von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projekt zur Stimulation von Anti- Tumorreaktionen des Immunsystems durch Photodynamische Therapie.

In weiteren regionalen Kooperationen mit der Abteilung für Klinische Pharmakologie und Immuntherapie, der Medizinischen Klinik Innenstadt (Prof. Stefan Endres; Dr. Carole Bourquin) und der Chirurgischen Klinik (Prof.

Rudolph Hatz, PD Dr. Hauke Winter, Dr.

Natasja van den Engel) werden neue immuntherapeutische Ansätze mit CpG-Oligo- nukleotidadjuvantien und neuartigen Tumor- zellvakzinen an einem von uns entwickelten Spontantumormodell erprobt.

In den vergangenen Jahren haben wir eine neuartige Methode zur Gewinnung von Anti- körpern mittels genetischer Immunisierung bei uns etabliert, die zu einer Antikörper-Plattform

ausgebaut werden soll. Diese Methode erlaubt die rasche Generierung von vielseitig verwend- baren monoklonalen Antikörpern. Ein proof of principle mit einem externen Partner (PD Dr.

Frank Kolligs und Dr. Andreas Herbst, Med.

II) ist bereits erfolgreich abgeschlossen worden.

Mit der Chirurgischen Klinik (Prof. Christo- pher Heeschen) und dem Institut für Chirurgi- sche Forschung (Prof. Georg Enders) haben wir eine Zusammenarbeit zur (Immun-)Therapie von Tumorstammzellen begonnen.

Im Rahmen einer zwischen dem Institut für Molekulare Immunologie (IMI) der GSF (Prof.

Dolores Schendel) und der Urologischen Klinik des Klinikums der Universität München (Prof.

Christian Stief), vereinbarten Klinischen Kooperationsgruppe „Immuntherapien bei urologischen Tumoren“ (Leiterin Dr. Heike Pohla) wurde im Berichtszeitraum eine Pati- entenstudie zur Erprobung einer genetisch mo- difizierten Nierenzellkarzinom-Vakzine er- folgreich abgeschlossen. Im Mittelpunkt der weiteren gemeinsamen Forschungsarbeiten ste- hen Designer-T-Zellen und dendritische Zellen, eine Immunzellpopulation, die wichtig für die optimale Stimulierung des körpereigenen Ab- wehrsystems für den Kampf gegen Tumor- zellen ist.

In Zusammenarbeit mit der Urologischen Kli- nik der TU München (Prof. Rudolf Hartung) und dem Institut für Experimentelle Onkologie und Therapieforschung (Prof. Bernd Gänsba- cher; Dr. Thomas Brill) wurde eine klinische Phase-I/II-Studie zur Erprobung einer genmodifizierten Tumorzellvakzine für die Therapie des hormonrefraktären Prostatakarzi- noms ebenfalls abgeschlossen. Die Hinweise auf eine Verlangsamung der Tumorprogression bei einzelnen Patienten haben sich bei dem größeren Patientenkollektiv bestätigt. Durch die gewonnene Erfahrung mit dem immune monitoring dieser Studien und dem Zulassungsprozedere wurden wichtige Grund- lagen für nachfolgende Studien geschaffen.

Prof. Dr. rer. nat. W. Zimmermann Leiter des Labors für Tumorimmunologie

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Bedeutung von „gepaarten Immunrezeptoren“ bei der Immunantwort

Einführung: Die Funktion von Leukozyten wird durch positive und negative Signale, die durch Zelloberflächenmoleküle übermittelt werden, gesteuert. Die Zugänglichkeit von Genomdatenbanken und so genannten EST- Datenbanken (expressed sequence tag) hat es ermöglicht, relativ einfach neue Mitglieder von Genfamilien und neue Spleißvarianten von Proteinen, zu identifizieren. Eine der überraschendsten Ergebnisse der durchge- führten Datenbankanalysen war die Entdeckung von Genen, die für nahverwandte Immunrezeptoren mit entgegengesetzter Funktion kodieren. Diese so genannten

„gepaarten Immunrezeptoren“ haben extrem ähnliche extrazelluläre Domänen, wodurch sie meist mit den gleichen Liganden interagieren.

Sie verfügen jedoch über entgegengesetzte Sig- nalmotive im zytoplasmatischen Bereich oder verbinden sich intrazellulär mit Adaptorprote- inen, die über entgegengesetzte Signalmotive verfügen. Bisher bekannte „gepaarte Immun- rezeptoren“ gehören zwei Molekülfamilien an, der Immunglobulinsuperfamilie (IgSF) und der C-Typ-Lektin-Familie. Zu diesen Rezeptorpaa- ren oder Rezeptorfamilien gehören die killer cell Ig-like receptors (KIR) und die leukocyte Ig-like receptors (LILR) der Primaten, sowie die paired Ig-like receptors (PIR), die myeloid- associated Ig-like receptors (MAIR) und die Ly49-Familie der Nager, sowie die CD94/NKG2-Familie, die sowohl in Primaten und Nagern vorkommt. Die funktionelle Rele- vanz der gepaarten inhibitorischen und aktivie- renden Immunrezeptoren ist bisher kaum ver- standen. Es liegt jedoch nahe, eine Funktion bei der Feinabstimmung der Immunantwort zu vermuten. Einen wichtigen Hinweis auf die Entstehung der Immunrezeptorpaare lieferte die Entdeckung eines aktivierenden Moleküls innerhalb der Ly49-Familie in der Maus. Die bisher bekannten Mitglieder der Ly49-Familie sind inhibitorische Immunrezeptoren, die von natürlichen Killerzellen exprimiert werden und über die Erkennung von MHC-I-Molekülen eine Attacke gegen gesunde Zellen verhindern.

Das murine Cytomegalievirus (MCMV) kodiert für ein MHC-ähnliches Protein (m157).

Dieses viruseigene Protein bindet an die inhibitorischen Ly49-Rezeptoren und verhindert dadurch die Elimination virusinfi- zierter Zellen in MCMV-empfindlichen Mäu- sen. In MCMV-resistenten Mäusen wird ein zum Ly49 sehr nahe verwandter aktivierender Rezeptor (Ly49H) von NK-Zellen exprimiert, der an das m157-Protein bindet, was zu einer Aktivierung der NK-Zellen und dadurch zu

einem Schutz gegenüber dem MCMV führt.

Aufgrund der hohen Homologie der beiden Rezeptoren wird vermutet, dass der aktivie- rende Rezeptor, als Reaktion auf den starken Selektionsdruck, der durch das Pathogen aus- geübt wurde, ausgehend vom inhibierenden Rezeptor entstanden ist. Dieser Mechanismus könnte für das Vorkommen vieler der

„gepaarten Immunrezeptoren“ verantwortlich sein, obwohl dies bisher für keinen weiteren Rezeptor gezeigt werden konnte. Angata und Mitarbeiter haben kürzlich gepaarte Rezeptoren innerhalb der Siglec Familie beschrieben.

Siglecs sind Lektine, die zu der IgSF gehören und Zuckerreste binden, die Sialinsäure enthalten. Das Siglec-Rezeptorpaar ist durch Genkonversion entstanden, eine Pathogen induzierte Entstehung wurde deshalb bezweifelt. Wäre der Grund für die Entstehung des aktivierenden Rezeptors der selektive Druck eines Pathogens, das an den inhibieren- den Rezeptors bindet, so sollte die Genkonver- sion vom inhibierenden Rezeptor zum aktivie- renden Rezeptor statt gefunden haben, dies war jedoch nicht der Fall. Um die Gründe für die Entstehung von „gepaarten Immunrezeptoren“

besser verstehen zu können haben wir die Evolution der CEA-Genfamilie untersucht. Die CEA-Genfamilie ist Mitglied der IgSF und zeichnet sich durch eine einzigartige spezies- spezifische Evolution aus. Das CEACAM1, eines der Urgene der CEA Genfamilie, hat durch extensive Genduplikation die Zusam- mensetzung und den Umfang der CEA-Genfa- milie bestimmt. CEACAM1 ist ein inhibieren- der Immunrezeptor, der von unterschiedlichen Leukozyten exprimiert wird. Sowohl im Men- schen als auch in der Maus konnten Pathogene identifiziert werden, die an CEACAM1 binden.

Die CEA-Genfamilie und besonders die von CEACAM1 abstammenden Mitglieder sind daher interessante Kandidaten für die Suche nach Pathogen-induzierten „gepaarten Immun- rezeptoren“.

Ergebnisse: Innerhalb der CEA-Familie der Nager gibt es keine Oberflächenrezeptoren, die über aktivierende Signalmotive oder über Adaptorprotein-bindende transmembran Do- mänen verfügen. In der humanen CEA-Familie kennen wir dagegen zwei Rezeptoren (CEACAM3 und CEACAM4), die über so genannte ITAMs (immunoreceptor tyrosin- based activation motif) verfügen. Vor allem das CEACAM3 verfügt über eine extrazelluläre IgV-ähnliche N-Domäne, die der entsprech- enden Domäne des CEACAM1 sehr ähnlich

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Immunologische Grundlagen 51

ist. In der Tat wurde gezeigt, dass Neisserien, die an CEACAM1 binden, auch mit CEACAM3 interagieren, dabei aber entgegen- gesetzte Signale auslösen, was im Fall der CEACAM3-Bindung zur Aufnahme und Zerstörung der Bakterien führt. Da beide Moleküle von Granulozyten exprimiert werden, erfüllen sie formal die Kriterien von „gepaarten Immunrezeptoren“. Ob sich beide Rezeptoren auch zelluläre Liganden teilen ist nicht bekannt. Durch die Fortschritte der unter- schiedlichen Genomprojekte hat man heute die Möglichkeit, die Struktur von Genfamilien in weiteren Spezies zu analysieren. Das Genom des Hundes ist neben dem des Menschen und der Maus nahezu vollständig sequenziert. Wir haben deshalb die CEA-Genfamilie des Hundes, im Hinblick auf das Vorkommen von

„gepaarten Immunrezeptoren“, analysiert und nach Hinweisen gesucht, die für eine pathogen- getriebene Evolution dieser Rezeptoren sprechen. Außer 6 Spleißvarianten von CEACAM1 konnten wir Produkte von weiteren 5 Genen identifizieren und klonieren (Abb. 1). Von vier dieser Gene gibt es mindestens eine Spleißvariante die über ein ITAM im zytoplasmatischen Anteil verfügt.

Auch das CEACAM24 besaß vermutlich bei seiner Entstehung ein ITAM, das aber durch eine Punktmutation in der Spleißdonorstelle eines Exons, das für die zytoplasmatische Domäne kodiert, verloren ging. Eines dieser Moleküle (CEACAM28) verfügt über eine N- Domäne, die sich von der N-Domäne von CEACAM1 nur in zwei Aminosäuren unterscheidet. Beide Aminosäuren liegen außerhalb, des für die homophile Interaktion von CEACAM1 zuständigen Bereichs. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass CEACAM1 und CEACAM28 mit den gleichen Liganden, sowie auf heterotypische Weise, miteinander interagieren. Da sie aufgrund ihrer unterschiedlichen zytoplasmatischen Motive entgegengesetzte Signale transduzieren, handelt es sie bei diesen beiden Molekülen um typische „gepaarte Immunrezeptoren“.

Durch weitergehende Sequenzanalysen konnten wir zeigen, dass die Übereinstimmung der N-Domänen von CEACAM1 und CEACAM28 durch eine kürzlich statt- gefundene Genkonversion, wie sie in Abb. 2 dargestellt ist, hervorgerufen wurde. Die Richtung der Genkonversion, das heißt das Ersetzen des für die ursprünglichen N-Domäne des CEACAM28-kodierenden Genbereichs durch den korrespondierenden Bereich des CEACAM1, gibt einen entscheidenden Hinweis auf den möglichen Selektionsdruck, der zu diesem Ereignis geführt hat.

A2 B N

SS

A1

SS

SS N N N

CEACAM23 4L

CEACAM24

1L CEACAM25

1L 1S

ASS N

CEACAM28 3L

2L1

A2SS N A1SS

A N

SS

2L2 CEACAM30

A2 B N

SS

A1

SS

SS

A2 B N

SS

A1

SS

SS A2SS

N A2SS N

CEACAM1 4L 4S

2L 2S

1L 1S

N N

A2 B N

SS

A1

SS

SS N N N

CEACAM23 4L

CEACAM24

1L CEACAM25

1L 1S

ASSSS N

CEACAM28 3L

2L1

A2SS N A1SS

A N

SS SS

2L2 CEACAM30

A2 B N

SS

A1

SS

SS

A2 B N

SS

A1

SS

SS A2SS

N A2SS N

CEACAM1 4L 4S

2L 2S

1L 1S

N N

Abb. 1: Domänenorganisation der CEACAM1-verwandten Proteine des Hundes. Die Domänenorganisation wurde basierend auf Genomdatenbanken vorhergesagt und durch RT-PCR, Klonierung und Sequenzierung bestätigt. Die Anzahl der Ig-ähnlichen Domänen und das Vorhandensein einer langen (L) oder kurzen (S) zytoplasmatischen Domäne ist über der grafischen Darstellung der Proteine angegeben. Signalkonsensmotive sind als schwarze (ITIM), weiße (ITSM) und als graue (ITAM) Punkte dargestellt.

(6)

CEACAM1 CEACAM28

N A1 B A2

N A1

A2 98%

92%

85%

L L 100%

5‘FR984 L64 Int I810 N360Int II114

A

B

CEACAM1 CEACAM28

N A1 B A2

N A1

A2 98%

92%

85%

L L 100%

5‘FR984 L64 Int I810 N360Int II114

A

B

Abb. 2: Von der Genomkonversion betroffene Regionen von CEACAM1 und CEACAM28. Die 2332 bp große Region von CEACAM1, die etwa 1 kb der 5’-flankierenden Region (5’-FR), das Leader-Exon (L), das erste Intron (INT I), das N-Domänenexon (N) und einen Teil des zweiten Intron (INT II) umfasst, weist eine extrem hohe Ähnlichkeit (99%) mit dem entsprechenden Bereich in CEACAM28 auf. Dies deutet auf eine kürzlich stattgefundene Genkonversion hin. Demgegenüber weisen die homologen Bereiche stromauf und stromab nur eine Ähnlichkeit von 80% bzw. 92% auf (A). Den selben Schluss lässt der Vergleich des Leader, der N- und der A-Domänen auf Aminosäureebene zu (B).

Wie bereits angeführt, würde man von einem aktivierenden Rezeptor, der von einem Wirt als Maßnahme gegen eine Pathogenattacke ent- wickelt wurde, fordern, dass sich dieser dem inhibierenden Rezeptor, der vom Pathogen als zelluläre „Eintrittspforte“ verwendet wird, an- gleicht. Dadurch könnte der inhibierende Rezeptor weiter seine physiologische Funktion ausüben. Würde die Genkonversion dazu führen, dass der inhibierende Rezeptor sich dem aktivierenden angleicht, würde der inhi- bierende Rezeptor, zumindest zeitweise, seine natürliche Funktion verlieren. Fasst man also die hier gemachten Beobachtungen zusammen, kann man schließen, dass die dominierende physiologische Funktion von CEACAM1 aus- geübt wird. Und das ursprüngliche CEACAM28, zugunsten einer verbesserten Pathogenabwehr seine Funktion aufgegeben hat.

Hinweise über die Art des Pathogens, das im Hund möglicherweise das CEACAM1 als zellulären Rezeptor verwendet, lieferten die durchgeführten Expressionsanalysen. Wie in Abb. 3 gezeigt, werden beide Rezeptoren von peripheren Blut-T-Zellen koexprimiert.

C28-3 C30-2 GAPDH C1-4 Tcells

Tcells(IL-2) PBMC-Tcell

PBMC

-Tcell (IL-2) Tcells(PHA)

Tcells(aCD3)

C1-2 C1-1 C28-3 C30-2 GAPDH GAPDH C1-4 Tcells

Tcells(IL-2) PBMC-Tcell

PBMC

-Tcell (IL-2) Tcells(PHA)

Tcells(aCD3)

C1-2 C1-1

Abb. 3: Entgegengesetzte Expression der „gepaarten Immunrezeptoren“ CEACAM1 und CEACAM28 in stimulierten T-Zellen. RNA wurde von aufgereinigten Lymphozytenpopulationen isoliert und mittels RT-PCR analysiert. Die CEACAM1-cDNA (C1*) ist in IL-2- stimulierten T-Zellen erhöht, während die CEACAM28-cDNA (C28*) erniedrigt ist. *Die Zahl nach dem Bindestrich gibt die Anzahl der Ig-Domänen in den gefundenen Spleißvarianten an.

Die natürliche Funktion von T-Zellen ist die Bekämpfung von intrazellulären Pathogenen (z. B. Viren). Dabei erkennen T-Zellen virus- infizierte Zellen entweder, über MHC-I-präsen- tierte, virusspezifischen Peptide mittels des T-Zellrezeptors oder über Interaktionen von T- Zell-eigenen koregulatorischen Oberflächen- molekülen mit vom Virus in der infizierten Zelle induzierten Oberflächenmolekülen.

Handelt es sich um ein virusinduziertes Oberflächenprotein, das als Ligand von CEACAM1 fungiert, so würde dies ohne Koexpression von CEACAM28 in der T-Zelle dazu führen, dass über CEACAM1 ein inhibitorisches Signal in die T-Zelle transferiert wird, wenn sie eine virusinfizierte Zelle attackiert. Daraus würde unweigerlich in einer reduzierten Anti-Virus Immunantwort resul- tieren. Wie leicht einzusehen ist, würde die simultane Expression von CEACAM28 das CEACAM1 vermittelte inhibierende Signal aufheben oder sogar ins Gegenteil verwandeln.

Wir denken daher, dass wir ein weiteres Immunrezeptorpaar gefunden haben, das Pathogen-induziert ist. Durch Kooperation mit einer englischen sowie einer amerikanischen Arbeitsgruppe versuchen wir nun, das an CEACAM1/CEACAM28-bindende Pathogen zu identifizieren.

R. Kammerer, T. Popp, S. Härtle 1, B.B. Singer 2, W. Zimmermann

Koop.: 1 Institut für Tierphysiologie, Universität München;

2 Institut für Anatomie, Universitätsklinikum Essen.

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Immune-escape-Mechanismen 53

Funktionelle Inaktivierung Tumor-infiltrierender natürlicher Killer- zellen beim Nierenzellkarzinom

Einführung: Tumorinfiltrierende natürliche Killerzellen (NK-TIL): NK-Zellen sind granu- läre Lymphozyten, die als Teil des angeborenen Immunsystems vor allem bei der Abwehr von Virus-infizierten Zellen eine bedeutende Rolle spielen. NK-Zellen sollten aber auch für die Erkennung von Tumorzellen entscheidend sein, da sie vor allem für die Eliminierung körpereigener Zellen zuständig sind und für ihre Aktivierung keine fremden oder neu exprimierten Antigene brauchen. Dies sind Eigenschaften von Tumorzellen, die es anderen Zellen des Immunsystems meist unmöglich machen, diese Zellen als entartet zu erkennen. Die NK-Zellen befinden sich in der Regel in einem Ruhezustand oder einem inaktivierten Zustand, um gesunde Körperzel- len vor einem Angriff dieser Lymphozyten zu schützen. Die Regulation der Aktivierung oder Inhibierung von NK-Zellen beruht auf einer fein austarierten Balance: Nicht infizierte oder nicht entartete Zellen besitzen vorwiegend Liganden für inhibitorische Rezeptoren (IR) der NK-Zellen und bewirken somit deren Ab- schaltung; infizierte Zellen oder Tumorzellen haben in den meisten Fällen dagegen eine verminderte Anzahl an Liganden für IR, so dass die NK-Zellen nicht ausreichend inhibiert werden. Auf diese Weise kommen Signale über aktivierende Rezeptoren (AR) zum Tragen und führen zu einer Eliminierung der Zielzellen.

Liganden für IR sind vor allem Moleküle des sog. Haupthistokompatibilitätskomplexes (major histocompatibility complex, MHC), die von allen kernhaltigen Zellen des Körpers exprimiert werden (Abb. 1).

Akt.

Ligand MHC

+ -

IR AR

Abb. 1: Regulation der Aktivierung oder Inhibierung einer NK-Zelle durch aktivierende Liganden oder MHC-Mole- küle einer Zielzelle. AR: aktivierender Rezeptor, IR:

inhibierender Rezeptor.

Somit ist jede Körperzelle mit normaler (aus- reichender) Expression von MHC-Molekülen vor einem Angriff von NK-Zellen geschützt.

Tumorzellen zeichnen sich dagegen in den meisten Fällen durch eine Reduktion der MHC-

Moleküle auf der Zelloberfläche aus, um anderen Zellen des Immunsystems (T-Zellen, B-Zellen) zu entkommen, welche die MHC- Moleküle für die Erkennung und als aktivieren- des Signal benutzen. Das Immunsystem tritt diesem T-/BZell-escape-Mechanismus von Tumoren mit den NK-Zellen entgegen: NK- Zellen erkennen diese Reduktion der MHC- Moleküle und die so entarteten Zellen. Bisher ist allerdings nicht geklärt, warum NK-Zellen trotz dieser guten Voraussetzungen in der Regel nicht in der Lage sind, Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten.

Im Labor für Tumorimmunologie wird seit längerer Zeit untersucht, warum NK-Zellen das Wachstum des Nierenzellkarzinoms (RCC) trotz alledem nicht verhindern. Wir konnten erstmals anhand einer spezifischen immuno- logischen Färbung von Tumorgewebe zeigen, dass alle Tumoren NK-Zellen enthalten und einige Tumoren sogar von einer sehr großen Zahl an NK-Zellen infiltriert werden. Um diese Zellen näher untersuchen zu können, wurden Lymphozyten schonend aus frisch entnom- menen RCC-Tumorgeweben isoliert und ex vivo einer phänotypischen und funktionellen Analyse unterzogen.

Ergebnisse: Die Untersuchungen zeigten, dass die NK-TIL im RCC-Gewebe in einem inaktiven Zustand vorliegen. Direkt aus dem Gewebe isolierte NK-TIL zeigten nur sehr geringe zytotoxische Aktivität gegenüber Tumorzellen. Erst eine Kurzzeitkultivierung mit Interleukin-2 (IL-2) konnte zu einer deutlichen Eliminierung der Tumorzellen führen.

Nicht alle Tumoren enthielten jedoch NK- Zellpopulationen, die über IL-2 zu einer deut- lichen Lyse aktiviert werden konnten. Es ließen sich zwei verschiedene Tumortypen unter- scheiden: Tumoren mit einem hohen Prozent- satz an NK-Zellen (> 20%, high-NK-TIL), die sich als aktivierbar erwiesen, und Tumoren mit einem niedrigeren Prozentsatz an NK-Zellen (< 20%, low-NK-TIL), die sich nicht durch Kurzzeitstimulation aktivieren ließen (Abb. 2).

Weitere Analysen zeigten überraschende Unterschiede in der CD16-Expression zwischen beiden von uns definierten Tumorgruppen: high-NK-TIL waren haupt- sächlich CD16high und zeigten daher einen für zytotoxische NK-Zellen charakteristischen Phänotyp. Low-NK-TIL waren dagegen vorwiegend CD16neg/dim und zeigten somit den

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Phänotyp der geringer zytotoxisch wirkenden NK-Zellen (Tab. 1, Abb. 3).

% spezifische Lyse

Abb. 2:Zytotoxische Aktivität von NK-PBMC im Ver- gleich zu high-NK-TIL und low-NK-TIL.

* Zytotoxizität gegen die HLA-negative Erythroleukämie- Zelllinie K562 mit einem Effektor-zu-Zielzell-Verhältnis von 20:1 oder 40:1.

NK-Zell-Anreicherung zu 60-95%.

Drei Proben der high-NK-TIL wurden nicht angereichert und enthielten zwischen 35% und 42% NK-Zellen (Schleypen et al. Clin. Canc. Res. 2006).

43.5 ( 24.8 – 68.9 )**

12.2 ( 5.9 – 17.9 ) low-NK- 14

TIL

89.8 ( 82.0 – 96.9 )**

35.4 ( 22.0 – 62.1 ) high-NK- 7

TIL

59.3 ( 24.8 – 96.9 ) 22

NK-TIL

89.5 ( 72.4 – 98.7 ) 12.7 ( 2.0 –26.0 )

13 NK-PBMC §

% CD16+(range)

% NK (range) N*

Tab. 1: Expression von CD16 auf NK-TIL.

* Zahl der untersuchten Spender.

Prozentsatz CD3-CD56+-NK-Zellen.

Prozentsatz CD16+-Zellen innerhalb der CD3-CD56+- NK-Zellen.

§ NK-Zellen im peripheren Blut von RCC-Patienten.

Tumor-infiltrierende Lymphozyten wurden direkt aus dem Gewebe isoliert und analysiert.

** Der p-Wert zwischen beiden Gruppen an NK-TIL-Zellen war < 0,0001 (Wilcoxon Test)

(Schleypen et al. Clin. Canc. Res. 2006).

Die Bedeutung der CD16-Expression bei NK- vermittelter Eliminierung von Tumorzellen ist noch unklar. Auch für die NK-PBMC wird kontrovers diskutiert, ob die CD16neg/dim-Popu- lation eine eigene funktionelle Subpopulation ist oder, ob es sich um terminal differenzierte NK-Zellen handelt.

Ferner zeigte sich, dass NK-TIL ein zu NK- Zellen der Peripherie unterschiedliches Expres- sionsmuster an inhibitorischen Rezeptoren auf- weisen, die eventuell für die Inaktivierung der NK-Zellen im Tumor verantwortlich sein könn- ten.

Abb. 3: Korrelation zwischen der Häufigkeit von NK- Zellen in TIL und der CD16high-Subpopulation im Ver- gleich zu NK in PBMC

(Schleypen et al. Clin. Canc. Res. 2006).

Ein weiterer phänotypischer Unterschied zwi- schen beiden Tumortypen zeigte sich in der Expression der zytotoxischen Effektormoleküle Perforin, Granzym A und Granzym B (Zytoto- xine), die an der Kontaktstelle zwischen NK- Zelle und Zielzelle sezerniert sowie von der Zielzelle aufgenommen werden und den Tod der Zielzelle über die Aktivierung von Caspasen verursachen. Intrazelluläre Fluores- zenz-Färbungen konnten zeigen, dass annähernd alle high-NK-TIL ähnlich wie die NK-PBMC die drei Zytotoxine exprimierten, wogegen sich ein sehr viel geringerer Prozentsatz an low-NK-TIL positiv für diese Effektormoleküle zeigte. Auch diese Beobachtung korrelierte mit dem funktionellen Status der jeweiligen NK-Zellen beider Tumortypen.

Fazit: Obgleich es derzeit unbekannt ist, warum einige RCC-Tumoren mehr NK-TIL aufweisen, könnte die Beobachtung, dass die Anzahl der NK-TIL mit einer charakteristischen Funktion assoziiert ist, zukünftig als prädiktiver Marker dienen. Für einige solide Tumoren korreliert die Präsenz von NK-TIL mit einem besseren Überleben.

Zumindest in der Untersuchung unseres kleinen Patientenkollektives konnten interessanter- weise in der Gruppe mit den funktionellen NK- TIL keine Patienten mit Fernmetastasen gefunden werden.

J.S. Schleypen, N. Baur 1, K. Rohrmann 2, R. Kammerer, C.S. Falk 1, E. Nössner 1, D.J. Schendel 1, H. Pohla Koop.: 1 Institut für Molekulare Immunologie, GSF;

2 Urologische Klinik, Klinikum der Universität München.

Förderung: Strategiefond III der Helmholtz-Gemeinschaft;

KKG „Immuntherapien bei urologischen Tumoren“

(GSF/BMBF); Deutsche Krebshilfe, SFB571.

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Immune-escape-Mechanismen 55

Die Rolle der Chemokine in soliden Tumoren

Einführung: Obwohl häufig eine starke lymphozytäre Infiltration solider Tumoren stattfindet, führt dies nicht zu einer effektiven Kontrolle der Tumorprogression. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Akkumulation von immunkompetenten Zellen im Tumor tat- sächlich, wie meist angenommen, ein Zeichen einer stattfindenden immunologischen Anti- tumorreaktion darstellt oder ob der Infiltration des Tumorgewebes durch immunkompetente Zellen andere Mechanismen zugrunde liegen.

Deshalb wollten wir klären, ob die Tumorzellen selbst, entweder in aktiver (Sekretion von Chemoattraktoren) oder passiver (Sekretion von Migrationsinhibitoren) Form an der Leukozytenanreicherung im Tumor beteiligt sind.

Ergebnisse: Wir fanden, dass sich sowohl kolorektale Karzinomzellen als auch Nieren- zellkarzinomzellen aktiv an der Rekrutierung des Immuninfiltrates durch Sekretion von Chemokinen beteiligen. Unter diesen Chemo- kinen befanden sich auch solche, die durch Interaktion mit dem selektiv auf aktivierten T- und NK-Zellen exprimierten Chemokinrezeptor CXCR3 ihre Wirkung entfalten (Abb 1).

Die Sekretion dieser Chemokine wird durch die Stimulation der Tumorzellen mit pro- inflammatorischen Zytokinen noch beträchtlich gesteigert, was funktionell zu einer verstärkten Rekrutierung von aktivierten T-Zellen führt.

Daraus muss man folgern, dass sich maligne Zellen verschiedener Tumorentitäten, scheinbar paradoxerweise, aktiv an der immunologischen Antitumorantwort beteiligen. Man sollte aber berücksichtigen, dass eine entzündliche Reaktion im Tumor auch vorteilhaft für den Tumor sein kann, da in entzündeten Geweben die Neoangiogenese verstärkt und Proteasen vermehrt freigesetzt werden, was die Metastasierung der Tumoren erleichtern kann.

Auf der anderen Seite kann sich der Tumor vor den negativen Folgen der Immunreaktion durch so genannte Immune-escape-Mechanismen schützen. Am effektivsten sind solche, die durch das von aktivierten Lymphozyten freigesetzte IFNγ angeschaltet werden, da dadurch der Tumor die erhöhte Aktivität des Immunsystems erkennen und zeitgleich neutralisieren kann. In dem wir zeigen konnten, dass Nierenzellkarzinomzellen als Reaktion auf eine Attacke von zytotoxischen Zellen, CEACAM1 exprimieren, gelang es uns solch einen Immune-escape-Mechanismus zu identifizieren. Das von Tumorzellen

A

B

C

T

T T

A

B

C

T

T T

Abb. 1: Immunhistologischer Nachweis von CXCL10 (A) und CXCR3 (B, C) in kolorektalen Karzinomen (CRC).

Die immunhistologischen Untersuchungen zeigen, dass das Chemokin CXCR3 in einigen CRC konstitutiv von den Tumorzellen (T) exprimiert wird (A). Einige positive, dunkelgefärbte Areale sind mit weißen Pfeilen hervorgehoben. Ebenso konnten in den meisten Tumoren eine große Anzahl von CXCR3-positiven Lymphozyten nachgewiesen werden (B, C). Während sich die infiltrierenden T-Zellen bei Tumor T31 (B) gleichmäßig verteilt innerhalb der Tumorzellnester befinden, sind die infiltrierenden CXCR3-positiven T-Zellen im Tumor T77 (C) vorwiegend im Tumorstroma lokalisiert. Tumor- bereiche mit einer starken Infiltration mit CXCR3- positiven T-Zellen sind durch schwarze Pfeile markiert.

exprimierte CEACAM1 kann über eine homophile Interaktion mit CEACAM1 auf aktivierten T- bzw. NK-Zellen deren zyto- toxischen Aktivität inhibieren. Findet keine akute Immunreaktion mehr statt, kann die

(10)

Tumorzelle die CEACAM1-Expression wieder einstellen. Wir sind beim CRC auch der Frage nachgegangen, wie sich das Chemokinmilieu des Primärtumors von dem des korrespon- dierenden Normalgewebes bzw. der Metastasen unterscheidet. Die Analyse von 58 Microarray- Datensätzen (15 Primärtumoren, 14 Metas- tasen, 29 Normalgewebe) ergab zwar ein vergleichbares Chemokinmuster in diesen drei Geweben, allerdings waren auch interessante Unterschiede zu finden. So waren die IFNγ- induzierbaren Chemokine in den Primär- tumoren regelmäßig überexprimiert, während einige auf aktivierte T-Zellen und/oder reife dendritische Zellen chemotaktisch wirkende CC-Chemokine in den malignen Geweben herunterreguliert waren. Weitere Analysen von Microarray-Datensätzen in öffentlichen Daten- banken ergaben, dass unterschiedliche Tumor- entitäten, charakteristische Chemokinmuster aufweisen (Abb. 2).

0 500 1000

Prostata Blase Brust Kolon Magen Niere Leber Ovar Pankreas Lunge

CCL20 CXCL8 CX3CL1 CXCL12 CXCL3

1000 2000 Relative Expression

Tumorentit

Abb. 2: Vergleich der Chemokinexpression in verschiedenen Tumorentitäten. Dargestellt sind die Mittelwerte und die Standardabweichungen der relativen Expression der Chemokine. Den Daten lagen Expressionsprofile von 175 humanen Tumoren zugrunde, die unter http://source.stanford.edu (carcinoma classifi- cation) zugänglich sind.

Anhand dieser Chemokinmuster ließen sich drei verschiedene Tumorgruppen benennen.

Bei dieser Einteilung spielt die Expression eines „Leitchemokins“ die entscheidende Rolle. Wie in Abb. 2 ersichtlich ist, zeichnen sich das kolorektale Karzinom, das Lungenadenokarzinom, das Blasenkarzinom sowie das Magenkarzinom durch die starke Expression von CCL20 aus (CCL20-Gruppe).

Demgegenüber exprimieren das Nierenzell- karzinom, das Prostatakarzinom, das Brust- drüsenkarzinom sowie das Ovarialkarzinom große Mengen an CX3CL1 (CX3CL1-Gruppe).

Die dritte Gruppe, zu der das Leberkarzinom und das Pankreaskarzinom gehören, ist durch die nahezu gleich starke Expression von CCL20 und CX3CL1 gekennzeichnet.

Ob sich solche typischen Chemokinmuster in der Zusammensetzung des Tumorinfiltrates widerspiegeln, haben wir am Beispiel des Nierenzellkarzinoms untersucht. Dabei ergab sich, dass die Expression der Chemokine CX3CL1 bzw. CXCL12 mit der Infiltration von CD16+- bzw. CD16--NK-Zellen im Nieren- zellkarzinom korreliert. Der für das Chemokin CX3CL1 spezifische Rezeptor CX3CR1 wird von CD16+, nicht jedoch von CD16--NK- Zellen exprimiert. Da die CD16+-NK-Zellen nach IL-2-Stimulation eine stärkere zytotoxische Aktivität aufwiesen als die CD16- -NK-Zellen, vermuten wir, dass Patienten mit einem hohen CD16+-NK-Zellanteil im Tumor stärker von einer IL-2-basierenden Immun- therapie profitieren, als Patienten mit einem geringen CD16+-NK-Zellanteil. Dies könnte in einer klinischen Anwendung münden, bei der die recht einfach, mittels quantitativer RT- PCR, zu bestimmende Expression dieser Chemokine im Primärtumor als Kriterium für die Anwendung einer häufig nebenwirkungs- reichen IL-2-basierten Immuntherapie verwendet werden könnte.

R. Kammerer, M. Földi 1, A. Hennig, T. Popp, H. Pohla, K.M. Skubitz 2, W. Zimmermann

Koop.: 1 Frauenklinik, Universität Freiburg; 2 Hematology, Oncology and Transplantation, University of Minnesota.

Förderung: Deutsche Krebshilfe (70-2729).

(11)

Immune-escape-Mechanismen 57

Indolamin-2,3-dioxygenase-Expression in Tumorendothelzellen korreliert bei Nierenzellkarzinompatienten mit einer besseren Prognose

Nur ein begrenzter Anteil von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (RCC) pro- fitiert von der sehr kostenintensiven und mit er- heblichen Nebenwirkungen vergesellschafteten Zytokinimmuntherapie. Es wäre daher wün- schenswert, mit Hilfe geeigneter prognostischer Marker aus dem Kollektiv von Patienten die- jenigen herauszufinden, die auf eine solche Immuntherapie ansprechen. Da das RCC zu den wenigen immunogenen Tumoren gehört, deren Wachstum nur bei einem Teil der RCC- Patienten durch unspezifische Immuntherapien mit Zytokinen vermindert werden kann, liegt es nahe, dass Immune-escape-Mechanismen bei dieser Tumorart von Bedeutung sind.

Indolamin-2,3-dioxygenase (IDO), ein Schlüs- selenzym für den Tryptophanabbau, scheint maßgeblich dafür verantwortlich zu sein, dass Schwangere keine Abstoßungsreaktionen gegen den Fötus entwickeln. Der sich ent- wickelnde Embryo besitzt mit der Expression von IDO ein Mittel, um eine Immunsup- pression bei der Mutter zu erwirken und so ge- zielt die zur normalen Entwicklung notwendige Toleranz selbst zu induzieren. Diesen Mecha- nismus macht sich der Tumor zu Nutzen: Die Hemmung von Tumor-infiltrierenden T-Zellen durch lokale Depletierung der essentiellen Aminosäure Tryptophan oder durch toxische Tryptophanabbauprodukte, wie Kynurenin, er- möglicht den normalerweise durch das Immun- system eliminierten Tumoren das weitere Wachstum. Viele menschliche Tumoren expri- mieren IDO, so auch das RCC. Aufgrund der außergewöhnlichen Empfindlichkeit von T- Zellen gegenüber Tryptophanmangel kann die Aktivität dieser Zellen auch durch Expression von IDO in Immunsystem-regulierenden Zel- len, wie dendritischen Zellen, gesteuert werden. In einem Mausmodell konnte gezeigt werden, dass Tumorzellen durch konstitutive IDO-Expression der Kontrolle durch das Immunsystem entkommen können. In einer Reihe aktueller Publikationen konnte tatsächlich gezeigt werden, dass, zumindest für bestimmte Tumoren (Ovarialkarzinom, Kolonkarzinom), eine Korrelation zwischen der IDO-Expression in Tumoren und einem ungünstigen Krankheitsverlauf besteht.

In diesem Projekt haben wir deshalb eine grö- ßere Anzahl von klarzelligen RCC-Geweben (jeweils 60 Primärtumoren und Metastasen) sowie „Normalgewebe“ von 30 Tumor-tragen-

den Nieren auf IDO-Expression mit Hilfe von quantitativer RT-PCR und exemplarisch einige davon mit IDO-spezifischen Antikörpern ver- gleichend untersucht und mit dem Überleben der Patienten korreliert. Auf diese Weise sollte geklärt werden, ob die Expression von IDO im RCC zum Unterlaufen der Tumorbekämpfung durch das Immunsystem führen kann.

Abb. 1: IDO-Expressionsanalyse mittels quantitativer RT- PCR von Nierennormalgeweben, RCC-Primärtumoren und RCC-Metastasen (Einzelauftragung nach Organlokalisation im rechten Teil der Abb.). Die relative IDO-cDNA-Menge wurde anhand des -Aktin-cDNA-Gehalts normalisiert. Für einen Teil der Patienten ist nur sehr wenig IDO-mRNA im Tumorgewebe nachweisbar ( 10 AU).

Im Vergleich zum Nierennormalgewebe, in dem in der Regel IDO-mRNA nicht nachweis- bar war, enthielten die RCC-Tumoren sehr va- riable in rund 2/3 der Fälle erhöht IDO-mRNA- Mengen. Es zeigte sich kein deutlicher Unter- schied der IDO-Expression in Abhängigkeit von der Organlokalisation der Metastasen. Eine Ausnahme bilden möglicherweise IDO-nega- tive Knochen-, Gehirn- und Brust-Metastasen, die allerdings nur in einer kleinen Zahl unter- sucht wurden (Abb. 1). Bei einer kleinen Sub- gruppe von Patienten konnte sowohl der Pri- märtumor als auch eine davon abstammende Metastase untersucht werden. Interessanter- weise korrelierte die Expression in beiden Ge- weben (R2 = 0,71), was dafür spricht, dass IDO-Expression eine stabile Eigenschaft des Tumors darstellt.

Kaplan-Meier-Analysen ergaben, dass wider Erwarten Patienten mit erhöhtem IDO-mRNA- Gehalt in ihrem Tumor tendenziell länger leben (Primärtumor: p = 0,13; Metastasen: p = 0,15).

(12)

IDO A

CEACAM1 b

C

b

CD34 B

b

Abb. 2: Tumorendothelzellen sind für die Expression von IDO im RCC verantwortlich. Zur Lokalisation von IDO- exprimierenden Zellen in RCC wurden die RCC-Schnitte mit einem IDO-spezifischer monoklonaler Maus-Antikör- per (mAk) (A), einem Endothelzell-spezifischen anti- CD34-mAK (B) oder einen Maus-anti-CEACAM1-mAK (C) immunhistologisch gefärbt. Man beachte die differentielle Färbung der Kapillargefäße (alle sichtbar durch anti-CD34-Markierung) durch den anti-IDO-mAk, der in begrenzten Arealen (links der Bindegewebssepte) kleine (Pfeile) und oft auch große Gefäße (gefüllte Pfeilspitzen) markiert. CEACAM1, das bevorzugt in kleinen unreifen, neu gebildeten, nicht jedoch in großen Tumorgefäßen (offene Pfeilspitzen) exprimiert wird.

b: Bindegewebssepte.

Immunhistologische Färbungen ergaben, dass IDO fast ausschließlich in Endothelzellen der Tumorgefäße, vernachlässigbar wenig in infil- trierenden CD45+-Leukozyten detektierbar ist.

Die Identität dieser Strukturen konnte durch den etablierten Endothelzellmarker CD34 bzw.

Leukozytenmarker CD45 (nicht gezeigt) bestä- tigt werden. Allerdings war meist nur ein klei- ner Teil aller Endothelzellen IDO-positiv. Es gab oft große Tumorareale, in denen alle Gefäßendothelien IDO-negativ waren (Abb. 2).

Bei den IDO-positiven Kapillaren dürfte es

sich meist um neu gebildete Blutgefäße handeln, da sie fast immer auch CEACAM1, einen Marker für Neoangiogenese in Tumoren, exprimierten (Abb. 2). Der Mechanismus der möglicherweise auf das RCC beschränkten IDO-Expression in Tumorendothelzellen ist unklar. Möglicherweise ist Interferon- (IFN- ), ein TH1-Immunreaktionen- anzeigendes Zytokin, an der Induktion des IDO-Gens beteiligt. Wir konnten nämlich zei- gen, dass in vitro IFN- in der Lage ist, in primären menschlichen mikrovaskulären En- dothelzellen der Haut (HDMEC) IDO-mRNA und IDO-Protein zu induzieren (Abb. 3).

B A

+ IFN - IFN

0 1000 2000

INDO-cDNA-Gehalt [AU](normalisiert)

- IFN + IFN

Abb. 3: IDO-mRNA und -Protein kann durch IFN- in HDMEC induziert werden. HDMEC wurden für 2,5 Tage mit oder ohne 80 ng/ml IFN- kultiviert. Der IDO-mRNA- Gehalt der Zellen wurde mittels quantitativer RT-PCR bestimmt und mittels ihres -Aktin-cDNA-Gehalts normalisiert (A). IDO-Protein wurde in sedimentierten HDMEC (Zytospin) immunhistologisch wie in Abb. 2 nachgewiesen (B).

Aufgrund dieser Befunde spekulieren wir, dass IDO in Tumorendothelzellen den Zutritt der essentiellen Aminosäure Tryptophan in den Tumor reduzieren und so, zumindest regional, das Tumorwachstum behindern könnte. Diese Hypothese kann nun an Tiermodellen überprüft werden. Falls sich diese Hypothese verifizieren lässt, soll in Zukunft untersucht werden, ob sich die Expression von IDO in Tumoren- dothelzellen selektiv steigern oder auch in an- deren Tumorentitäten induzieren lässt. Dies könnte zu neuartigen Therapieansätzen in der Onkologie führen.

R. Riesenberg, O. Spring, M. Castro, T. Popp, S. Neckermann, A. Buchner, R. Kammerer,C. Weiler 1, O. Takikawa 4,R.A. Hatz 3,C. Stief 2, W. Zimmermann Koop.: 1 Institut für Pathologie, 2 Urologische Klink,

3 Chirurgische Klinik, Klinikum der Universität München;

4 National Center for Geriatrics and Gerontology, Gengo, Japan.

Förderung: Förderprogramm Promotionsstudium “Mole- kulare Medizin” der Universität München (02/2004);

Deutsche Krebshilfe (106141).

(13)

Antigene Zielstrukturen 59

Identifizierung antigener Zielstrukturen auf RCC-26 und primären RCC-Zellen

In den letzten Jahren wurden mehrere neue Technologien wie subtraktive Hybridisierung, Microarray-Analysen, Screening von Expres- sionsbanken mit Antikörpern und Proteom- analysen beschrieben, die einen Vergleich des Expressionsprofils zwischen Tumorgewebe und Normalgewebe erlauben. Mit diesen neuen Technologien können umfangreiche Datensätze gewonnen werden. Davon ausgehend wurden zahlreiche Gene beschrieben, die ein unter- schiedliches Expressionsprofil im Tumorge- webe gegenüber Normalgewebe aufweisen. Mit Hilfe von Computer-Algorithmen können für diese differentiell exprimierten Gene auch Epitope vorhergesagt werden, die an MHC- Moleküle binden können. Mühsam wird es dann, mit Hilfe geeigneter funktioneller Nach- weissysteme die biologische und klinische Relevanz dieser Epitope abzuklären. Dennoch wurden mit diesen neuen Verfahren einige sehr interessante Kandidaten für das Nierenzellkar- zinom gefunden. Antigene mit potentieller Relevanz sind das Her2/neu-Antigen, das Wilms' Tumorsuppressor-Antigen WT1 und insbesondere CA-IX/G250. Sie enthalten jeweils antigene Epitope, die über HLA -A2 präsentierten werden und von T-Zellen erkannt werden können.

RCC-26

Säure-Elution der Peptide rp-HPLC / Sequenzierung

HPLC HPLC

„in in silicosilico“

Datenbanken Peptid-Nonamere

NKC-26 Vakzine

Microarrays Microarrays

cDNA qRT-PCR

Abb. 1: Strategien zur Identifizierung Tumor-assoziierter Antigene (TAA) beim RCC. Mittels quantitativer real time-RT-PCR wird abschließend die Expression der Genkandidaten in Geweben und etablierten Zelllinien von Tumor (z. B. RCC-26 Vakzine) und Normalniere (z. B.

NKC-26) überprüft.

Mittels dieser Datenbankenanalysen sowie eines biochemischen Ansatzes über reverse phase HPLC-Analyse von MHC-eluierten Pep- tiden aus der RCC-Linie RCC-26 konnten mehrere Peptide identifiziert werden, die auf

primärem RCC-Gewebe, auf RCC-26 sowie auf den Vakzinezelllinien RCC-26/CD80/IL-2 und RCC-26/CD80/IL-7, nicht jedoch auf Normalnierengewebe exprimiert werden (Kooperation Dr. Bernhard Frankenberger, Dr.

Elfriede Nössner, GSF; Dr. Stefan Stevanovic, Tübingen; Abb. 1-3). Abb. 2 zeigt beispielhaft die Genexpressionsanalyse des Antigens EGFR (epidermal growth factor receptor).

1 1.9 2

419

105 719

0 200 400 600 800

NKC-I NKC-II NKC-III RCC-I RCC-II RCC-III

Abb. 2: Quantitative Real-time-RT-PCR von EGFR in verschiedenen primären RCC-Geweben und den jeweiligen Normalnierengeweben (NKC) (die Zahlen bedeuten n-fache Überexpression). Unten ist zum Vergleich die elektrophoretische Auftrennung der PCR-Amplifikate im Agarosegel gezeigt.

CA-IX ILGF-BP3

Cyclin D1 MET

ADFP Survivin

PRAME

RCC26 IL2/B7 - +++ +++ +++ ++ ++++ - +++

RCC26 IL7/B7 - ++++ +++ +++ ++ ++++ + +++

ELA C

RGS 5 OFA

MMP 7 VEGF

VIM + - ++ - ++

+ - ++ - +

Tab. 1: Expressionsanalyse einiger Genkandidaten in den RCC-26–Vakzine-Zelllinien mittels quantitativer Real- time-RT-PCR.

In Tab. 1 sind einige unserer in RCC überexprimierten Antigenkandidaten und ihr Expressionsprofil in den RCC-26-Vakzine- Zelllinien gelistet. Insgesamt haben wir bis jetzt 32 verschiedene Antigene identifizieren können. Für diese haben wir 78 Peptid-Epitope mit HLA-A2-Bindungsmotiv für das Immun- monitoring unserer klinischen Phase-I-Studie ausgewählt und von R. Frank (Helmholtz- Zentrum für Infektionsforschung, Abteilung für Chemische Biologie, Braunschweig) syntheti- sieren lassen.

H. Pohla, B. Stadlbauer, A. Buchner, B. Frankenberger 1, E. Nössner 1, A. Slusarski 1, S. Stevanovic 2, D.J. Schen- del 1

Koop.: 1 Institut für Molekulare Immunologie, GSF;

2 Institut für Immunologie, Eberhard-Karls-Universität Tü- bingen.

Förderung: KKG „Immuntherapien bei urologischen Tumoren“ (GSF/BMBF).

(14)

Identifizierung von Prognosefaktoren und antigenen Zielstrukturen an Laser-mikrodissezierten Nierenzellkarzinom-Metastasen mittels Transkriptomanalysen

Das Nierenzellkarzinom führt in Deutschland zu etwa 12.000 Neuerkrankungen jährlich.

Etwa ein Drittel der Patienten haben zum Dia- gnosezeitpunkt bereits Metastasen, ein weiteres Drittel entwickelt sie im weiteren Verlauf. Für das metastasierte Nierenzellkarzinom existieren bei weitgehender Strahlen- und Chemo- resistenz als systemische Therapieoptionen eine kostenintensive und nebenwirkungsreiche unspezifische Immuntherapie auf der Basis von Zytokinen (meist Interleukin-2 und Interferon- alpha) mit Ansprechraten von maximal ca. 30%

sowie die neuen Kinaseinhibitoren, die anti- angiogenetisch und antiproliferativ wirken, jedoch meist nur zu einer vorübergehenden Stabilisierung der Erkrankung führen.

Abgesehen von der TNMG-Klassifikation gibt es keine tumorbezogenen prognostischen Parameter, so dass eine präzise Abschätzung des Progressionsrisikos und somit ein individuell angepasstes therapeutisches Vor- gehen kaum möglich sind.

Mit bisher üblichen methodischen Ansätzen wie RT-PCR, Western Blot und Immunhisto- chemie gelang es nicht, Zielstrukturen auf den Tumorzellen für eine spezifische Therapie oder neue Prognosefaktoren zu definieren, was nicht zuletzt an der sehr großen Zahl von Kandidatenmolekülen liegt. Seit einigen Jahren ist die Microarray-Technologie verfügbar, die eine simultane Überprüfung sehr vieler, im Ide- alfall aller in Frage kommenden Moleküle ermöglicht. Gerade im Bereich der Nukleinsäu- ren-Diagnostik ist inzwischen ein sehr hoher methodischer Standard erreicht; die aktuell ver- fügbare Generation von Oligonukleotid-Arrays (GeneChip® Human Genome U133 Plus 2.0, Affymetrix) erlaubt die Beurteilung der Expression von ca. 47.000 Sequenzen auf mRNA-Ebene, was annähernd einem genom- weiten Screening entspricht. Die Anwendung dieser Technologie erlaubt erstmals eine effektive, globale Suche nach prognostisch relevanten und als Therapie-Target geeigneten Molekülen in Tumoren. Die Haupt- fragestellungen lauten:

• Gibt es potentielle Zielstrukturen für eine spezifische Immuntherapie?

• Finden sich prognostisch relevante Gen- expressionsmuster?

• Sind (Immun-)Therapieresponder identifi- zierbar?

Zum Nierenzellkarzinom existieren erst wenige publizierte Daten, die meist auf sehr kleinen Serien von untersuchten Gewebeproben beru- hen und mit weniger komplexen Microarrays (cDNA-Arrays oder früheren Versionen von Oligonukleotid-Arrays) erhoben wurden. In der Regel wurde Primärtumorgewebe analysiert, Metastasen nur vereinzelt. Stets wurde die RNA aus „makroskopischen“ Gewebestücken isoliert, so dass die Stromaanteile des Tumors zwangsläufig für einen Teil der gemessenen Genexpression verantwortlich sind und damit einen Bias verursachen. Seit kurzem verfügbare Protokolle zur linearen RNA- Amplifikation erlauben zusammen mit der Technologie der Laser-Mikrodissektion Transkriptom-Analysen an sehr präzise defi- niertem Material, da gezielt vitale Tumorareale berührungsfrei isoliert und der RNA-Extraktion zugeführt werden, nicht aber Bindegewebs- brücken, große Gefäße, Nekrosen oder andere nicht relevante Zonen der Gewebeprobe. Dies minimiert die Verzerrung der Expressionsdaten durch Nicht-Tumorzellen.

Die Gewebeproben werden so rasch wie mög- lich nach Entnahme aus dem Tumor- bzw.

Metastasen-Präparat durch den Pathologen in flüssigem Stickstoff schockgefroren. Von den Proben werden Serienschnitte im Kryostat her- gestellt und das Gewebe mittels Übersichtsfär- bung inspiziert. Schnitte der Dicke 16 µm wer- den auf spezielle Polyethylenfolie-Objektträger aufgezogen, dann fixiert und gefärbt.

Bei der Mikrodissektion (Gerät: P.A.L.M. Mic- roBeam; Prinzip: Abb. 1) werden Tumorzell- areale mitsamt der Trägerfolie durch den fokussierten N2-Laser erst umschnitten und so von der Umgebung abgetrennt. Dann wird das isolierte Areal durch einen einzelnen Laserim- puls in den direkt darüber positionierten Deckel eines speziellen Reaktionsgefäßes katapultiert und bleibt dort haften. Sind alle interessanten Gewebeareale auf diese Weise in den Deckel transferiert, wird das Gewebe lysiert und die RNA extrahiert. Alternativ sind auch weitere Downstream-Analysen möglich, beispielsweise auf Protein-Ebene. In einem Proof-of- principle-Kooperationsprojekt konnte die erfolgreiche Analyse differentiell exprimierter Proteine an mikrodisseziertem Nierentumor- gewebe demonstriert werden (J. Proteome Res. 2005).

(15)

Antigene Zielstrukturen 61

Abb. 1: Prinzip der Laser-Mikrodissektion: Die relevanten Gewebeareale auf dem Objektträger werden zunächst mit dem Laser von der Umgebung isoliert und danach (auf der Trägerfolie) berührungsfrei in das Auffanggefäß transfe- riert (Grafik mit freundlicher Genehmigung von P.A.L.M.

Microlaser Technologies AG, Bernried).

Die RNA wird nach der Extraktion mittels Kapillarelektrophorese (Agilent 2100 Bio- analyzer mit RNA 6000 Pico LabChip-Kit) auf Integrität überprüft (Abb. 2). Intakte Proben werden mit zwei Zyklen reverser Transkription und linearer In-vitro-Transkription amplifiziert und dann auf das Microarray hybridisiert. Dort ist jedes Transkript durch je 11 Perfect-match- und 11 Mismatch-Areale (Quadrate mit 11 µm Kantenlänge) repräsentiert. Durch Laser- Fluoreszenzmessung dieser Areale erhält man zu jeder Gewebeprobe einen Rohdatensatz für ca. 47.000 Gene (inkl. Varianten; jeweils 22 Messwerte).

Abb. 2: Beispiel für intakte RNA (4 ng/µl) aus einer mikrodissezierten Nierenzellkarzinom-Metastase (Kapillar- elektrophorese). Die ribosomale 18S- und 28S-RNA bildet klare Peaks, keine Degradation; diese Probe ist zur weiteren Analyse geeignet.

Aus den Rohdaten wird nach Normierung der Arrays mit einem aufwändigen Algorithmus für jedes Gen in jeder Gewebeprobe ein

Expressionswert bestimmt. Diese Datensätze werden für alle folgenden Analysen verwendet.

Dabei kommen komplexe Verfahren aus derzeit sechs verschiedenen für Expressions- daten spezialisierten Softwarepaketen zum Einsatz.

Zwischen Metastasen in verschiedenen Organen gibt es keine typischen Unterschiede im Expressionsprofil (Abb. 3). Dagegen zeigen Metastasen meist deutliche Ähnlichkeit zum zugehörigen Primärtumor (Analyse von 10 korrespondierenden Probenpaaren).

Abb. 3: Nierenzellkarzinom-Metastasen in verschiedenen Organen (Farbcode) unterscheiden sich nicht im Expressionsprofil. Die 3D-Darstellung der ersten drei principal components zeigt keine Gruppierung der Proben.

Derzeit werden funktionelle Analysen der Expressionsdaten durchgeführt, die erstmals gemeinsame Veränderungen in Signal- transduktions- und Stoffwechselwegen der Tumorzellen in den Metastasen aufzeigen. Dies kann einen Ansatzpunkt darstellen zur Entwicklung neuer, zielgerichteter Therapie- verfahren.

Von 28 Patienten mit klarzelligen Nierenzell- karzinom-Metastasen liegen Follow-up-Daten vor. Mit dem neuartigen Verfahren der semi- supervised principal components analysis (mit leave-one-out-cross validation (LOOCV) und Permutationstest; Bair E and Tibshirani RJ 2004) konnte eine Signatur aus 3 Genen bestimmt werden, die unabhängig von der TNMG-Klassifikation der Patienten eine signifikante Unterscheidung zwischen zwei Prognosegruppen ermöglicht (Abb. 4). Der nächste Schritt ist jetzt die Validierung dieser Gensignatur an weiteren Patienten mittels RT-PCR, um eine zuverlässige prognostische Stratifizierung und damit ein individuell optimales therapeutisches Vorgehen zu ermöglichen.

(16)

0 20 40 60 80 100 120 Zeit [Monate]

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Überlebenswahrscheinlichkeit

low risk, n=14

high risk, n=14 p<0,05

Abb. 4: Eine Signatur aus drei Genen im Metastasen- gewebe detektiert bei 28 Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom zwei Gruppen mit signifikant unter- schiedlicher Prognose.

Ein weiterer Ansatz dieses Projekts ist die Identifizierung potentieller Targets für eine

immunologische Therapie zur gezielten Eliminierung der Nierentumor-Metastasen.

Dazu werden die Microarray-Daten aufwändig nach verschiedenen Kriterien gefiltert und mit Expressionsdatenbanken abgeglichen. Solche Gene, die als potentielle Therapietargets geeignet erscheinen (z. B. regelmäßige Expression in den Metastasen, keine Expression in normalem Körpergewebe) wer- den in der Folge mit weiteren Methoden (RT- PCR, Immunhistochemie u. a.) evaluiert.

A. Buchner, M. Castro, A. Hennig, G. Assmann 1, W. Zimmermann

Koop.: 1 Institut für Pathologie, Klinikum der Universität München; Institut für Neuropathologie, Universität München; Münchner Leukämie-Labor (MLL) GmbH.

Förderung: Deutsche Krebshilfe (106141); Förder- programm für Forschung und Lehre (FöFoLe) der Universität München (343).

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