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Nachhaltige Entwicklung und menschenwürdige Arbeit – Die 102. Arbeitskonferenz der ILO WWWeeennndddeeepppuuunnnkkkttteee

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Industrie- und Dienstleistungspolitik

Strukturpolitik

Nr. 11 / 05.07.2013

Newsletter der Abteilung Industrie-, Dienstleistungs- und Strukturpolitik des DGB Bundesvorstands

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Nachhaltige Entwicklung und menschenwürdige Arbeit : Die 102. Arbeits- konferenz der ILO….Seite 1

Wirtschaftswachstum und Abfallvermeidung: Der Entwurf des Abfallvermei- dungsprogramms..…Seite 3

Energiewende - Meister- werk statt Stückwerk: Be- richt zu einer Fachtagung von HBS und DGB…...Seite 5

Plattform: Pressemitteilun- gen und Veranstaltungen der Abteilung IDS

………...Seite 8

Nachhaltige Entwicklung und menschenwürdige Arbeit – Die 102. Arbeitskonferenz der ILO

Vom 5. bis 20. Juni 2013 fand in Genf die 102. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (International Labour Organisa- tion – ILO) statt. Als eines von vier zentralen Themenfeldern stand in diesem Jahr erstmalig die Nachhaltige Entwicklung auf der Agenda. Das Ergebnispapier der tripartiten Verhandlungen zwischen Regierungen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern liegt nun in englischer Sprache vor. Der DGB war in der Gruppe „Nachhaltige Entwicklung“ durch Dr. Inge Lippert und Daniel Schneider vertreten.

Mit dem Thema der Nachhaltigen Entwicklung greift die ILO zwei zentrale Problemfelder auf, die zu den wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gehören: die Um- setzung ökologischer Nachhaltigkeit und die Verwirklichung einer Vision menschenwürdiger Arbeit. Sie macht damit deutlich, dass Umwelt und soziale Entwicklung nicht länger als getrennte Säulen angesehen werden dürfen. Beide Prob- lemfelder sind eng miteinander verknüpft und müssen da- her gemeinsam angegangen werden.

Nachhaltige Entwicklung

Mit der Ausrichtung auf die Nachhaltige Entwicklung tritt die ILO in die Fußstapfen wichtiger internationaler Organi- sationen wie die Organisation für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung (OECD), die Weltbank und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Diese Organisationen haben die dringende Notwendigkeit formu- liert, vom bisher verfolgten Szenario des „Business as usu- al“ abzuweichen und einen neuen globalen Entwicklungs- pfad eines „Grünen Wachstums“ einzuschlagen.

Der bisher verfolgte Entwicklungspfad „erst Wachstum, dann Umweltschutz“ ist demnach in mehrfacher Hinsicht nicht mehr tragbar. Zum einen aus ökologischen Gründen, denn die Übernutzung der natürlichen Ressourcen (Wasser, Wälder, Fischbestand), die steigende Umweltverschmut- zung und die Treibhausgasemissionen führen den Planeten an seine Grenzen.

Zum anderen aber auch wirtschaftlich. So haben Berech- nungen des Internationalen Instituts für Arbeitsfragen erge- ben, dass wesentlich höhere Treibhausgasemissionen in Zu- kunft erhebliche Kosten für die Produktionsleistung und Ge- samtproduktivität nach sich ziehen werden. Bis 2030, so die Berechnungen, wird das Produktivitätsniveau um 2,4 Prozent und bis 2050 um 7,2 Prozent unter dem heutigen Wert liegen.

Menschenwürdige Arbeit

Im Bereich der Arbeit sind die Herausforderungen nicht minder groß. So hat das Entwicklungsprogramm der Verein- ten Nationen (UNDP) festgestellt, dass heute noch 1,75 Milliarden Menschen in Armut leben und in Bezug auf Ge-

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2 sundheit, wirtschaftliche Chancen, Bildung und Lebens-

standard benachteiligt sind. 200 Millionen Menschen sind gegenwärtig arbeitslos. Gleichzeitig wird erwartet, dass in den nächsten 10 Jahren 400 Millionen junge Menschen in den globalen Arbeitsmarkt eintreten werden.

Nicht nur die Schaffung von Millionen neuer Arbeitsplätze, auch schlechte Arbeitsbedingungen und Armut trotz Er- werbstätigkeit konfrontieren die Länder mit neuen Anforde- rungen. Fast 900 Millionen Arbeitskräfte leben mit ihren Familien unterhalb der Armutsgrenze von 2 US-Dollar pro Tag. Bei genauerem Blick zeigt sich, dass ein großer Teil dieser Arbeitskräfte in Sektoren beschäftigt ist, die durch Übernutzung der natürlichen Ressourcen und Klimawandel bedroht sind, z.B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fi- scherei.

Workers’ Meeting ILO-Konferenz Foto: I. Lippert

Die Risiken der Menschen werden durch das weit verbreite- te Fehlen eines Basissozialschutzes, Krankheiten, Ernteaus- fälle, Naturkatastrophen (z.B. Überschwemmungen), unzu- reichenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und Bildung oft noch weiter verschärft. Auch mangelnder Zugang zu saube- rer Energie trägt zur sozialen Exklusion bei.

Das Ergebnispapier der ILO-Konferenz

Das Ergebnispapier der ILO-Konferenz bekennt sich vor die- sem Hintergrund zu einem integrierten Ansatz der Nachhal- tigkeit, in dem die drei Dimensionen – ökonomisch, sozial und ökologisch – gleiche Bedeutung haben und aufeinan- der bezogen werden sollen. Konkret steht dabei das Ziel im Zentrum, die Elemente aus den Bereichen Umwelt, Gesell-

schaft und menschenwürdige Arbeit zusammenzuführen und einen gerechten Übergang zu einer nachhaltigen Wirt- schaft zu schaffen.

Das erarbeitete Dokument ist aufgrund der tripartiten Ver- handlungsstruktur der ILO notwendigerweise ein Konsens- papier. Hieraus erklärt sich, warum es kaum über allgemei- ne Forderungen und Willensbekundungen hinaus geht. In der Konkretisierung der ökologischen Handlungsfelder fällt es zudem deutlich hinter das Abschlussdokument der UN- Konferenz für nachhaltige Entwicklung (Rio+20) zurück.

Wenn man bedenkt, dass das Thema der nachhaltigen Ent- wicklung in diesem Jahr erstmalig auf der Agenda der ILO stand, dürfen die Ergebnisse aber auch nicht unterbewertet werden. Positiv ist aus Sicht des DGB vor allem die starke Verankerung der Agenda „Menschenwürdiger Arbeit“, die

die Arbeitnehmerseite in den Verhandlungen mit den Arbeitgebern und Regierungen durch- setzen konnte.

Das Ergebnispapier formuliert die folgenden Leitprinzipien zum Übergang auf eine nachhal- tige Wirtschaft und Gesellschaft:

- Starker sozialer Konsens: Sozialer Dialog muss auf allen Ebenen integraler Bestand- teil der institutionellen Rahmenbedingun- gen für politische Entscheidungen und ihre Implementierung sein.

- Rechte am Arbeitsplatz: Die Politiken müs- sen die fundamentalen Prinzipien und Rechte der Arbeit respektieren, weiter entwickeln und realisieren.

- Gleichbehandlung: Die Politiken und Programme müssen die Gender-Dimension der vielfältigen Um- weltherausforderungen und -chancen berücksichti- gen.

- Positive Anreize durch kohärente Politiken: Diese müssen eine ermöglichende Umwelt für Unterneh- men, Arbeitnehmer, Investoren und Konsumenten schaffen, um den Übergang zu nachhaltiger und in- klusiver Ökonomie zu fördern.

- Fairer Übergang für alle: Die (kohärenten) Politiken müssen Rahmenbedingungen für einen fairen Über-

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3 gang schaffen, um die Entwicklung menschenwür-

diger Arbeit (inkl. sozialer Schutz-, Qualifizierungs- und Organisationsrechte) zu unterstützen.

- Kein „One-size-fits-all“: Politiken und Programme können auf die spezifischen Bedingungen der Län- der, betroffenen Sektoren und Unternehmen zuge- schnitten werden.

- Förderung internationaler Kooperationen zwischen den Ländern: Bei der Implementierung nachhaltiger Strategien bezieht sich das ILO-Papier ausdrücklich auf das Abschlussdokument der Rio+20-Konferenz (insbesondere Kapitel 6).

Ausblick

Trotz gelungenem Übereinkommen sind auch nach der 102.

Arbeitskonferenz noch viele Fragen offen. Unklar ist vor al-

lem, ob die„Grüne Wirtschaft“ die hohen Anforderungen, die die ILO an das neue Leitmodell stellt, wirklich erfüllen kann. Ob die grüne Beschäftigung tatsächlich Millionen von Menschen weltweit aus der Armut befreit, wird sich in Zu- kunft erst noch erweisen müssen. In Deutschland sind

„grüne Jobs“ jedenfalls nicht automatisch auch „gute Jobs“, wie z.B. die Entwicklung in der Solarindustrie zeigt.

Zum Weiterlesen:

Das Ergebnispapier der ILO-Konferenz „Achieving Decent Work, Green Jobs and Sustainable Development“ finden Sie hier (S. 67 ff. im Dokument).

Autorin: Dr. Inge Lippert

Wirtschaftswachstum und Abfallvermeidung – Der Entwurf des Abfallvermeidungsprogramms

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie wird der Bund zum 12. Dezember 2013 erstmalig ein Abfallver- meidungsprogramm aufstellen. In diesem Programm sollen bereits bestehende Vermeidungsmaßnahmen ermittelt und an- schließend nach ihrer Zweckmäßigkeit zur Reduzierung des Abfallaufkommens bewertet werden. Ziel ist eine Entkopplung des wirtschaftlichen Wachstums von den mit der Abfallerzeugung verbundenen Umweltauswirkungen. Ob dies durch den vorliegenden Programmentwurf umgesetzt werden kann, ist jedoch fraglich.

Steigende Abfallmengen

Die Entsorgung und Behandlung von Abfällen stellt in der heutigen Konsumgesellschaft eine wachsende Herausforde- rung dar. Obwohl die Begriffe Umweltschutz und Nachhal- tigkeit in aller Munde sind, verzeichnet das Statistische Bundesamt für Deutschland im Jahr 2011 ein Abfallauf- kommen von 386,7 Millionen Tonnen. Knapp die Hälfte dieses Abfallaufkommens sind Abfälle aus Produktion und Gewerbe, Siedlungsabfälle und bereits zuvor einmal behan- delten Abfälle (Recyclingabfälle). Dies stellt einen Anstieg des Abfallvolumens zum Vorjahr um 3,7 % dar. Um diesen Abfallbergen Herr zu werden, wurden in der Vergangenheit verschiedene Wege mit unterschiedlichen Vor- und Nachtei- len beschritten.

Schwierigkeiten bei der Abfallbehandlung

Grundlegende Möglichkeiten der Abfallbehandlung sind die Deponierung und energetische Verwertung. Nachteilig ist hierbei, dass beide Maßnahmen zu einer steigenden Belas- tung von Wasser, Böden und Luft durch die bei der Depo- nierung und Verbrennung der Abfälle entstehenden Schad- stoffe führt. Zudem kann so das Potential der noch im Ab- fall befindlichen Rohstoffe nicht genutzt werden. Viele der im Abfall enthaltenen Rohstoffe sind für eine bloße Verbrennung zu kostbar. Der energetische Gewinn durch ein Verbrennen ist zudem gegenüber den Energiekosten im Rahmen den Produktionsprozesse oftmals verschwindend gering.

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Recycling bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, den Verbrauch von Rohstoffen zu reduzieren. Allerdings handelt es sich beim klassischen Recycling überwiegend nicht um eine echte Kreislaufführung von Wertstoffen.

Vielmehr wird nur die Lebensdauer von Produkten erhöht.

Nachdem mehrere Recycling-Zyklen durchlaufen sind, fällt am Ende wieder das ausgediente Produkt als Abfall an. In diesem Fall hat man es also begrifflich nicht mit Recycling, sonder vielmehr mit Downcycling zu tun. Zudem trüben die Kosten für Sammlung, Transport und Sortierung der Abfälle die ökologische Bilanz der bisherigen Recycling-Praxis.

Neues Produktdesign gleich weniger Abfall

Da Abfälle in Bezug auf Aufbereitung und Entsorgung oft- mals problematisch sind, ist es naheliegend, als ersten Schritt Abfall gar nicht erst entstehen zu lassen.

Ein echtes Recycling erfordert allerdings ein intelligentes Produktdesign: Produkte müssen schon so entworfen wer- den, dass sie am Ende ihrer Lebensdauer einfach wieder in ihre Bestandteile zerlegt und erneut genutzt werden kön- nen. Dieses Konzept beginnt sich jedoch erst nach und nach durchzusetzen.

Ein positives Beispiel ist etwa die Produktion von Kleidung aus reiner Baumwolle, die nach ihrer Nutzungsdauer voll- ständig kompostiert werden kann. Vorherrschend sind al- lerdings leider immer noch Einmal- und Wegwerfprodukte, die zwar einfach zu produzieren, aber umso schwerer zu re- cyceln sind. Ein klassisches Beispiel ist hierbei das moderne Mobiltelefon. Sein Akku ist oftmals mit dem Gehäuse ver- klebt und daher nicht auszuwechseln. Ist der Akku er- schöpft, fällt das ganze Gerät als Abfall an, obwohl es viel- leicht ansonsten noch technisch mangelfrei funktioniert.

Abfallvermeidung als notwendige Herausforderung

Das jetzt vorgestellte Abfallvermeidungsprogramm versucht, die Idee der Abfallvermeidung als Grundgedanken der Ab- fallwirtschaft zu etablieren.

Die globalen Rohstoffressourcen wie etwa Kohle und Öl sind begrenzt. Damit steigen auch die Rohstoffpreise. Es ist also folgerichtig und auch notwendig, sich auf die Vermei- dung und effiziente Nutzung und Wiedergewinnung von

Ressourcen aus Abfällen zu konzentrieren. Nur auf diesem Wege kann eine ökologische Modernisierung der Wirt- schaft in Deutschland umgesetzt werden.

Die Idee der Abfallvermeidung ist nicht neu. Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz geht vielmehr selbst von einer fünfstufigen Abfallhierarchie („Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung, Beseitigung”) aus. Hierbei hat die Abfallvermeidung obers- te Priorität.

Vom Standpunkt eines verantwortungsbewussten und nachhaltigen Umgangs mit natürlichen Ressourcen ist es daher nur folgerichtig, Abfälle, soweit möglich, gar nicht erst entstehen zu lassen. Eine Abfallvermeidung führt dabei zu einer Reduktion des Verbrauchs an Rohstoffen und Energie sowie der Belastung der natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden und Luft.

Festlegung von Abfallvermeidungszielen

Ein Kritikpunkt am vorliegenden Programmentwurf ist die Festlegung von Abfallvermeidungszielen durch so genannte

„nicht quantifizierte Zielvorgaben“. Dies bedeutet, dass Zielvorgaben zur Abfallvermeidung nicht konkret festgelegt werden, sondern nur allgemeine Zielvorgaben der Reduzie- rung vorgegeben werden.

Dies ist bedauerlich, da Zielvorgaben mit konkreten Men- genschwellen einen größeren Anreiz zur Durchführung von Abfallvermeidungsmaßnahmen für die Beteiligten bieten. In den Bereichen, in denen nachweisbar mit der Maßnahme zur Abfallverringerung auch eine unmittelbare Verringerung der Auswirkungen auf die Umwelt einhergeht, sollte daher auch auf diese konkreten Mengenvorgaben zurückgegriffen werden.

Auswirkungen auf Beschäftigung und Gesundheits- schutz

Ein weiterer Kritikpunkt an dem vorliegenden Programm- entwurf ist die mangelnde Einbeziehung von Arbeitnehmern im Bereich der Umsetzung des Programms auf betrieblicher Ebene.

Im betrieblichen und Produktionsbereich kann mit Maß- nahmen zur Abfallvermeidung ein großer Beitrag zur Schaf-

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fung von qualifizierten Arbeitsplätzen im Abfallbereich ge- schaffen werden. Zudem bietet sich die Möglichkeit, den Gesundheits- und Arbeitsschutz der Beschäftigten im Be- trieb zu verbessern. Der Verzicht auf den Einsatz von um- welt- und gesundheitsschädlichen Produktionsstoffen führt hierbei im gleichen Maße zu einer Verringerung von Pro- duktionsabfällen wie auch zur Verbesserung des Gesund- heits- und Arbeitsschutzes der Beschäftigten.

Alle diese Aspekte sind für eine Umsetzung des Abfallver- meidungsprogramms wichtig und stellen Gründe dar, Ab- fallvermeidung als Prinzip weiter zu etablieren. Gerade hier besteht mit den unmittelbar an den Produktionsprozessen im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmern ein großes Potential, dass unbedingt genutzt wer- den sollte. Denn um vor Ort Maßnahmen der Abfallvermei- dung durchzuführen, ist die Einbeziehung der Beschäftigten aufgrund ihrer Vertrautheit mit der Materie unabdingbar.

Festlegung eines ordnungsrechtlichen Rahmens

Im Hinblick auf die Umsetzung von Maßnahmen zur Abfall- vermeidung verzichtet der vorliegende Programmentwurf leider auch weitgehend auf die Festlegung eines ordnungs- rechtlichen Rahmens und setzt auf freiwillige Maßnahmen der Produzenten. Regelungen der Produktverantwortung, die über Appelle hinausgehen, werden nicht empfohlen.

Freiwillige Selbstverpflichtungen und Vereinbarungen sind zwar ebenso wie Aufklärungskampagnen durchaus sinnvoll.

Allerdings sind dort Grenzen gesetzt, wo ein gesetzlicher Rahmen benötigt wird, um stabile wirtschaftliche Rahmen- bedingungen festzulegen und zu sichern.

Dafür ist eine aktive staatliche Umweltpolitik nötig, die für alle Unternehmen gleiche ökologische Wettbewerbsbedin- gungen sichert. Die dazu erforderlichen Instrumente und Rahmenbedingungen für mehr Umweltschutz und Beschäf- tigung müssen so gestaltet und eingesetzt werden, dass In- novation, Investition sowie zukunftsfähige Produktion und Produkte auch ökonomisch belohnt und nicht bestraft wer- den.

Fazit

Die Aufstellung des Abfallvermeidungsprogramms zur Etab- lierung des Prinzips der Abfallvermeidung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ob in der jetzigen Form jedoch ein nachhaltiger Einfluss im Rahmen der ökologischen Erneue- rung ausgeübt werden kann, ist fraglich. Es bleibt festzuhal- ten, dass für die nächsten Überarbeitungen des Programms noch ausreichend Raum für Verbesserungen besteht.

Die Stellungnahme des DGB zum Entwurf des Abfallvermei- dungsprogramms finden Sie hier.

Autor: Daniel Schneider

DGB: Energiewende soll Meisterwerk statt Stückwerk werden

Wie fällt die Bilanz der Energiewende zwei Jahre nach den Beschlüssen des Deutschen Bundestages aus und welche Wei- chenstellungen sind für die kommende Legislaturperiode notwendig? Diesen Fragen ging eine Fachtagung von Hans- Böckler-Stiftung und DGB-Bundesvorstand nach, die am 25. Juni 2013 in Berlin stattfand.

Nach Dr. Marc Schietinger von der Hans-Böckler-Stiftung begrüßte Dietmar Hexel, DGB-Vorstandsmitglied, die Teil- nehmer im Namen des DGB. In seiner Begrüßungsrede hob Hexel hervor, dass die anfängliche Aufbruchstimmung bei der Energiewende inzwischen einer Ungeduld und Frustra- tion gewichen ist. „Die Energiewende muss ein Meister-

stück werden und darf nicht nur Stückwerk bleiben“, so Dietmar Hexel. Dafür müssen die fünf zentralen Engpässe der Energiewende - Fachkräftemangel, Speicher, Investitio- nen, Netze und Akzeptanz - überwunden werden. Hexel wies erneut auf die beiden Kernziele der Energiewende hin:

Atomausstieg und Klimaschutz. Diese müssten weiter ver-

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folgt werden. Gleichzeitig muss sich der weitere Prozess am

„Sechseck der soziale Energiewende“ und den beschriebe- nen Kriterien orientieren: „Bezahlbare Energie“, „faire Kos- tenverteilung“, „Arbeitsplatzerhalt und –ausbau“, „gute Arbeit“, „Gestaltung des Strukturwandels“ und mehr „Par- tizipation und Teilhabe“ (vgl. Wendepunkte Ausgabe Nr.

5). Abschließend unterstrich Hexel, dass die Energiewende heute so nötig sei wie vor zwei Jahren und es nun darauf ankäme, die Kräfte, die in derzeitige Widerstandaktivitäten gingen, für die Energiewende zu gewinnen.

Dietmar Hexel bei seiner Begrüßungsrede

Foto: N. Wegener

Im Anschluss referierte Prof. Dr. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zu den wirtschaftlichen Chancen der Energiewende. Sie stellte zu- nächst klar, dass es sich bei der Energiewende zurzeit vor allem um eine Stromangebotswende handele. Gebäudesa- nierung und Mobilität kämen viel zu kurz. Sie verwies dar- auf, dass die Energiewende vielmehr „von hinten her ge- dacht werden“ muss. Es ginge um einen kompletten Um- bau der Energieversorgung, und nicht nur darum, die er- neuerbaren Energien einfach auf die konventionellen Ener- gien aufzusetzen.

Kemfert verwies auf neuere Berechnungen des DIW, wo- nach etwa 30 bis 38 Mrd. EUR pro Jahr in die Energiewen- de investiert werden müssen und forderte, dass in der De- batte über die Energiewende mehr über Kosten statt über Preise gesprochen werden solle. „Kosten sind das, was man verbraucht, oder auch nicht“, so Kemfert. Zum Abschluss ihres Impulsvortrages deutete sie an, welche Maßnahmen für eine kluge Energiewende benötigt werden: „Ein kluges

Marktdesign, eine Verbesserung des Emissionshandels so- wie mehr Energieeffizienz“.

Im zweiten Einführungsvortrag ging Jürgen Kerner, Vor- standsmitglied der IG Metall, auf die aktuelle politische Steuerung der Energiewende und deren negative Auswir- kungen auf die Beschäftigten ein. „Viele potentielle Gewin- ner sind aktuell Verlierer der Energiewende, wenn man die derzeitige Entwicklung beispielsweise in der Solarindustrie verfolgt. In vielen Betrieben und Branchen herrscht bei den Beschäftigten nackte Angst“, so Kerner.

Kerner fordert deshalb ein energiepolitisches Gesamtkon- zept und eine koordinierte Industriepolitik, damit die Chan- cen der Energiewende genutzt und mit guten Arbeitsplät- zen verbunden werden können. Zudem rief er zur Gelas- senheit auf, was die Kostenentwicklung anbelangt: „Die Energiewende wird es nicht zum Nulltarif geben, aber die Kosten zahlen sich aus“. Er schloss mit dem Appell an die Bundesregierung: „Handeln statt Stillstand, denn Stillstand wird über kurz oder lang Rückschritt bedeuten“.

An die beiden Vorträge knüpften zwei Podiumsdiskussionen an. In der ersten Runde diskutierten Vertreter und Vertrete- rinnen von IG BCE, ver.di, BDI, Klimaallianz und Agora Energiewende, wie sie den aktuellen Umsetzungsstand der Energiewende einschätzen und welche Maßnahmen jetzt wichtig sind. Rainer Baake, Direktor der Agora Energie- wende, stellte fest, dass aus seiner Sicht Wind und Solar zu den tragenden Säulen der Stromversorgung werden, was mehr Flexibilität im System erfordere. Er unterstrich, dass es auf eine klare Priorisierung der zu erledigenden Aufgaben durch die Bundesregierung ankäme, um die notwendigen Ausgleichsoptionen bereit zu stellen und eine bessere euro- päische Abstimmung zu organisieren.

Dr. Ralf Bartels von der IG BCE machte darauf aufmerk- sam, dass für die Zeit des Übergangs, vor allem die Braun- kohle ein „Partner der erneuerbaren Energien“ sei. Bartels unterstrich, dass es ihm darum gehe, stärker eine Diskussi- on um die „Macher der Energiewende“ zu führen und die leidige Debatte um Gewinner und Verlierer hinter sich zu lassen.

Dr. Carsten Rolle vom BDI machte deutlich, dass er große Überschneidungen mit den Gewerkschaften sieht und be-

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tonte die Verlagerungsgefahr von Industrien angesichts steigender Energiepreise. Vor allem durch ausbleibende In- vestitionen käme es zu „einer schleichenden Abwande- rung“.

Aus Sicht der Umweltverbände hob Katharina Reuter von der Klimaallianz hervor, dass die Braunkohle keine Zukunft habe und deren Nutzung nur deshalb Zuwächse verzeichne, weil „der Emissionshandel nicht funktioniert“. Zudem for- derte Reuter, dass die Energiewende sozial gestaltet wer- den solle und verwies in diesem Kontext auf eine jüngst veröffentlichte Erklärung der Klimaallianz.

Dr. Reinhard Klopfleisch von der Gewerkschaft ver.di hielt ebenfalls die Flexibilisierung von Kraftwerken und Ge- samtsystem für wichtig und machte deutlich, dass deshalb auch die Notwendigkeit bestünde „in Aus- und Weiterbil- dung von Fachkräften in der Energiewirtschaft“ zu investie- ren. Klopfleisch erläuterte zudem, dass der Börsenstrom- preis falsche Signale für EEG-Umlage und Investoren sende.

Große Einigkeit bestand bei den Diskutanten darüber, dass die neue Bundesregierung sehr zügig ein neues Strom- marktdesign auf den Weg bringen muss. Auch die Forde- rung nach einem abgestimmten Gesamtkonzept für die Energiewende wurde sehr einhellig deutlich gemacht.

Zum Abschluss kamen die Energiepolitiker der im Bundes- tag vertretenen Parteien auf das Podium und stellten sich den Fragen von Malte Kreutzfeldt, Parlamentsredakteur der taz. Einigkeit bestand in dieser Runde, dass nach der Wahl die Themen Strommarktdesign und EEG-Reform auf der Tagesordnung stehen müssten. Bei der Frage nach den konkreten Umsetzungsschritten blieben die Positionen je- doch konträr. So forderte Thomas Bareiß von der Unions- Fraktion, den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien abzuschaffen und war sich mit Horst Meierhofer (FDP) einig, dass mehr „Marktwirtschaft“ ins System gebracht werden müsse. Welche konkreten Schritte dafür notwendig seien, blieb allerdings weitestgehend offen.

Rolf Hempelmann (SPD) machte deutlich, dass mehr Pla- nungssicherheit und eine bessere Koordination in der Ener- giewende notwendig wäre und forderte in diesem Zusam- menhang ein Energieministerium. Oliver Krischer von den Grünen unterstrich die Notwendigkeit, die EEG-Ausnahme-

regelung für Industriebetriebe zu überprüfen und stärker am Kriterium der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auszu- richten. Als Beispiel nannte er Fleisch verarbeitende Betrie- be, die von den Ausnahmen profitieren, wenn sie reguläre Jobs durch Leiharbeit ersetzten. Leiharbeit wirke sich damit

„perverserweise“ vorteilhaft auf die Einhaltung der Krite- rien für die Bewilligung der Ausnahmen aus. Einigkeit be- stand bei Rolf Hempelmann und Oliver Krischer darüber, dass man nach der Bundestagswahl eine EEG-Reform bräuchte, die mehr Markt- und Systemintegration ermög- licht und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien sicherstellt.

Energiepolitiker der Bundestagsfraktionen in der Diskussion mit Malte Kreutzfeldt (taz) Foto: N. Wegener

Dorothée Menzer formulierte für die Linksfraktion die Forderung, dass bei der Diskussion um die Strompreisstei- gerungen mehr Ehrlichkeit vonnöten sei und endlich die viel stärker gestiegenen Heizkosten thematisiert werden müss- ten, wenn den einkommensschwachen Haushalten wirklich geholfen werden solle.

Welche Maßnahmen nach der Bundestagswahl tatsächlich umgesetzt werden, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Bis dahin bleibt noch viel Zeit für Diskussionen.

Mehr Planungssicherheit für Beschäftigte und Betriebe wird es deshalb frühestens nach den Koalitionsverhandlungen geben.

Autor: Frederik Moch

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Plattform

DGB-Pressemitteilung „Zwei Jahre Energiewende – die Entschlossenheit fehlt“ vom 28.06.2013: Vor zwei Jahren wurde die Energiewende beschlossen. Doch das Projekt stockt. Der DGB fordert eine Gesamtarchitektur zu schaffen und vor allem Planungssicherheit herzustellen.

Weiterlesen…

DGB-Pressemitteilung „Kommunale Verkehrsinfra- struktur: Vernunft hat in letzter Sekunde gesiegt“

vom 28.06.2013: Der DGB und seine Mitgliedsgewerk- schaften begrüßen die Einigung über die Höhe der Ent- flechtungsmittel. Nach langer Zitterpartie können die Län- der und Kommunen nun aufatmen. Die so genannten Ent-

flechtungsmittel werden vom Bund in gleicher Höhe bis 2019 weiter gezahlt. Weiterlesen

DGB-Pressemitteilung „Meisterstück statt Stück- werk nötig“ vom 26.06.2013: Anlässlich der DGB- Konferenz „Bilanz der Energiewende", die gemeinsam vom DGB-Bundesvorstand und der Hans-Böckler-Stiftung veran- staltet wurde, forderte Dietmar Hexel, DGB-Vorstandsmit- glied, eine Gesamtarchitektur der Energiewende, auf die alle Hauptakteure verpflichtet werden müssen.

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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Industrie-, Dienstleistungs- und Strukturpolitik Verantwortlich: Dietmar Hexel, Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

Referenzen

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