Professur Radiochemie Sommersemester 2008
Vorlesung:
Umweltanalytik
(Spurenanalytik)
0 Einführung
1 Umwelt als analytisches Ziel
1.1 Definition und Abgrenzung 1.2 Aktuelle Umweltprobleme
1.3 Umweltanalytik – eine Grundlage des Umweltschutzes 1.3.1 Notwendigkeit umweltorientierter Analytik
1.3.2 Messtechnische Schwerpunkte 1.3.3 Feststellung von Bezugsgrößen
1.4 Gesetzliche Einbindung der Umweltanalytik
Gliederung:
2 Schadstoffe in der Umwelt
2.1 Merkmale, Wirkungen, Bewertungen 2.2 Transfer, Transport, Transformation 2.2.1 Schadstoffkreisläufe
2.2.2 Schwermetallbilanzen 2.2.3 Abbau von Organika
3 Qualitätssicherung im spurenanalytischen Labor
3.1 Labormanagement, GLP, Zertifizierung, Akkreditierung 3.2 Arbeitsplatz Labor
3.3 Kenngrößen und Fehlerquellen in der Analytik
4 Instrumentelle umweltanalytische Verfahren
4.1 Methoden der Elementanalytik 4.1.1 Massenspektrometrie
4.1.2 Atomabsorptionsspektroskopie 4.2.Methoden der Komponentenanalytik 4.2.1 Chromatographie
4.2.2 Spektroskopie
4.3 Kopplungstechniken
4.4 Biologische, biochemische Methoden
5 Umweltanalytische Screening-Verfahren
5.1 Mobile Vor-Ort-Analytik 5.2 Teststäbchen, Testpapiere 5.3 Gasprüfröhrchen
6 Umweltanalytischer Prozess
6.1 Probennahme
6.2 Lagerung und Konservierung 6.3 Probenvorbereitung
6.4 Trenntechniken
7 Analytik von Schadstoffen
7.1 Charakteristik der Umweltkompartimente (Luft, Wasser, Boden)
7.2 Analytik von Schwermetallen und Organika in Geo- und Biosystemen 7.2.1 Bestimmung summarischer Größen
7.2.2 Einzelanalytik (Beispiele)
7.3 Spurenanalytik in Lebensmitteln
7.4 Spurenanalytik im menschlichen Körper
8 Umweltanalytische Fallbeispiele
8.1 Analytik bei chemischen Unfällen 8.2 Analytik in Deponie
8.3 Analytik bei Müllverbrennung
9 Entwicklungstendenzen des Fachgebietes
9.1 Speziation und Migration von Schadstoffen 9.2 Umweltanalytische Trends
1. I.L. Marr, M.S. Cresser, L.J. Ottendorfer Umweltanalytik, (Georg Thieme Verlag)
2. R.N. Reeve
Environmental Analysis, (John Wiley & Sons) 3. K. Wilson, K.H. Goulding
Methoden der Biochemie, (Georg Thieme Verlag) 4. H. Hein,W. Kunze
Umweltanalytik mit Spektrometrie und Chromatographie, (VCH) 5. S. Holler, C. Schäfers, J. Sonnenberg
Umweltanalytik und Ökotoxokologie, (Springer Verlag) 6. G. Schwedt
Taschenatlas der Analytik, (Georg Thieme Verlag)
Literatur:
7. G. Schwedt
Taschenatlas der Umweltchemie, (Georg Thieme Verlag) 8. C. Bliefert
Umweltchemie, (VCH) 9. G. Schwedt
Mobile Umweltanalytik, (Vogel Buchverlag) 10. L. Dunemann, J. Begerow
Kopplungstechniken zur Elementspeziesanalytik, (VCH) 11. L. Matter
Lebensmittel- und Umweltanalytik mit der Spektrometrie, (VCH) 12. J.E. Fergusson
The Heavy Elements - Chemistry, Environmental Impact and Health Effects-,
(Pergamon Press)
13. H.P. Blume
Handbuch des Bodenschutzes, (Ecomed Verlagsgesellschaft) 14. U. Förstner
Umweltschutztechnik, (Springer Verlag) 15. A. Heintz, G. Reinhardt
Chemie und Umwelt, (Vieweg Verlag) 16. H.H. Rump, B. Scholz
Untersuchung von Abfällen, Reststoffen und Altlasten, (VCH) 17. W. Fresenius, K.E. Quentin, W. Schneider
Water Analysis, (Springer Verlag) 18. W. Knoch
Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Abfallentsorgung, (VCH) 19. H.H. Rump, H. Krist
Laborhandbuch für die Untersuchung von Wasser, Abwasser und Boden, (VCH)
20. M. Otto
Analytische Chemie, (VCH)
Umwelt
Bezeichnung für die Gesamtheit aller Erscheinungen, mit denen ein Organismus in seinem artspezifischen Lebensraum in Wechselbeziehungen steht und
denen er sich in entwicklungsgeschichtlichen Zeiträumen so angepaßt hat (anpassen musste), daß ein ökologisches Gleichgewicht entstehen kann.
Zitat nach P.Borsch, H.J. Wagner, Energie und Umweltbelastung, Springer,1992
- Allgemeine Beeinflussung und Veränderung der natürlichen Umwelt durch physikalische, chemische, biologische und technische Eingriffe,
- Verunreinigungen (z.B. Staub, Mikroorganismen, Chemikalien, Strahlen) können zur Umweltverschmutzung führen, wenn sie
über die natürliche Regenerationskraft der verschmutzten Medien (z.B. Boden, Wasser, Luft) hinausgehen.
nach P.Borsch, H.J. Wagner, Energie und Umweltbelastung, Springer,1992
Umweltbelastung
Schadstoffe – Ursache der Umweltverschmutzung
Umweltverschmutzung:
der direkte und indirekte Eintrag von Substanzen oder Energie in die Umwelt durch den Menschen und die daraus resultierenden Effekte auf die Gesundheit und die Lebensressourcen
Umweltverschmutzung wechselwirkt mit den Annehmlichkeiten des Lebens oder allgemein mit dem gesetzlich genehmigten Gebrauch der Umwelt
Schadstoff:
- Stoffe, die zu Veränderungen des natürlichen Zustandes der Umwelt führen
- Stoffe, die durch Konzentrationsänderung zur Gefährdung der
Gesundheit führen
Neben den „klassischen“ Luftschadstoffen (SO
2, NO
x, O
3) gehört auch Staub (genauer Schwebstaub) zu den Luftschadstoffen.
Definition (Particulate Matter, PM):
Alle flüssigen und festen Teilchen der Außenluft, die eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verbleiben, nm bis 100 μm Durchmesser
Quellen:
Verbrennungsanlagen Industrieprozesse Schüttgutumschlag
In Ballungsgebieten Dieselruß von KFZ Reifenabrieb
Aufgewirbelter Straßenstaub
Anteile am Schwebstaub:
50% Dieselruß
25% Aufwirblung durch Verkehr 25% ferntransportierte Partikel
Belastung:
Jahresmittelwerte in D 20 – 35 μg/m3
UBA: Seit 01.01.2005: Tagesmittelwert 50μg/m3bei 35 zugelassenen Überschreitungen Jahresmittelwert 40μg/m3
Schwebstaub
Unterschiede traditioneller und moderner Umweltprobleme
nach Sieferle
- punktuelle Probleme werden zu universellen Problemen
- aus einfachen werden komplexe Wirkungen
- nicht sinnlich wahrnehmbare Probleme werden mit
wissenschaftlichen Analysenmethoden festgestellt
- aus reversiblen werden irreversible Schädigungen
Notwendigkeit umweltorientierter Analytik:
- Spezielle analytische Disziplin (Warum?)
- Methodische Entwicklungen (bis hin zur Spurenanalytik) - messtechnisches Erfassen relevanter Parameter
- Vergleichbarkeit der Werte erreichen - Vorschläge für Gesetzgebung
- Internationale Abstimmung
Beiträge zur
Beschreibung der Historie und des Zustandes der Umwelt,
einschließlich der Prognose
Umweltanalytische Aufgaben:
- einen Beitrag zur Schadstofferkennung zu leisten
- Wirkung, Verteilung und den Kreislauf von Schadstoffen zu erkennen - Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzuklären
- Umweltmonitoring zu fördern
- Grenzwerte von Schadstoffbelastungen zu definieren und dem Gesetzgeber vorzuschlagen
- Einhaltung von durch Gesetze und Verordnungen vorgegebene Grenzwerte zu kontrollieren
Grenzwert vs. Stabilitätskriterium
Umweltanalytischer Verfahrensweg
- Erkennen des Problems (z.B. saurer Regen)
- Monitoring zur Bestimmung des Ausmaßes (künstlich, natürlich) (Verfolg Anstieg – Reduzierung, Einleitung weiterer Maßnahmen) - Bestimmung der Kontrollprozedur (welches Analysenverfahren) - Überwachung, dass das Problem kontrolliert wird
- Verbesserung der Analysen- und Kontrollverfahren
- Kritischer Review der Einzelwerte, der notwendigen Statistik und der Fehler ist notwendig und dies auch hinsichtlich der natürlichen
Konzentrationsbereiche der ermittelten Umweltchemikalie - Installation von Gesetzen und Verordnungen, Vorschriften
(gesetzliche Absicherung)
Messtechnische Schwerpunkte
- Schadstoffanalytik im Spurenbereich in jedweden Umweltkompartimenten - Interdisziplinärer Ansatz
- Aussagen zu Historie, Gegenwart und Zukunft unserer Umwelt
340
1760 1800 1840 1880 1920 1960
Jahr
330 320 310 300 290 280
CO
2– G ehalt in ppm
Anstieg des CO
2-Gehaltes der Erdatmosphäre
800 v. Chr. 1750 n. Chr. 1850 1900 1950
Zeit (Jahre)
0,2
0,15
0,1
0,05 –1
Blei in Eis (µg kg )
Bleigehalt von arktischen Eis aus verschiedenen Tiefen
(= unterschiedliches Alter)
Stickstoffkreislauf
Atmosphere
Biological fixation Denitrification
Motorisierung Düngung
N in organic material
Soil Atmospheric
fixation
Industrial fixation N
2N
2O
NO, NO
2NO
3-NO
2-NH
3Messtechnische Schwerpunkte bei umweltanalytischen Aufgaben
Verteilung von Elementen /Verbindungen auf bestimmte Umweltkompartimente:
- Bestimmung von Summenparameter (Wasserhärte, Sauerstoffbedarf) - Erfassung von Gruppenparameter (TC, TOX)
- Schnelltest zur in-situ Überwachung von Schadstoffen, Durchführung von Fernmessungen
- Individuenanalytik mittels modernster analytischer Verfahren
- Ermittlung der Speziation der Elemente (chemischer Zustand in Natur)
- Untersuchung partikulärer Objekte (Staub- Aerosol, Kolloid)
(Repräsentanz der Proben, Bestimmung von Spurengehalten aus einer Matrix, Abarbeitung standardisierter Arbeitsvorschriften)
Moleküle – Kolloide - Partikel
?
Analytische Mengenbereiche
Probenmassebereich P:
Gramm Dezi- Zenti- Milli- Milligramm Nanogramm Picogramm Femtogramm Attogramm
Gehaltsbereich G:
Haupt- Neben- Spurenbestandteil Mikrospuren Nanospuren Picospuren +2 +1 0 -1 -2 -3 -4 -5 -6 -7 -8 -9 -10 -11 -12 -13 -14 -15 -16 -17 -18
Exponent p der Maßzahl 10p
Niedrige Konzentration, dargestellt in Zahl und
vergleichendem Bild
OIKOS
Ökologie Ökonomie
OIKOS – griechisch: Haus, Heim, Herd = Ort des sparsamsten Umganges mit knappen Gütern
Gesetze, Verordnungen, Richtlinien
Informationen hierzu in:
- Bundesgesetzblatt (BGBL)
- Gemeinsames Ministerialblatt (GMBL)
- Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
- Amtsblätter der verschiedenen Deutschen Länder
MAK (Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen)
- MAK:
Der MAK-Wert ist die höchstzulässige Konzentration eines Gases, Dampfes oder
Schwebstoffes in der Luft am Arbeitsplatz (maximale Arbeitsplatzkonzentration) bei die Gesundheit bei einer 8-stündigen Exposition/Tag über ein Arbeitsleben vermutlich nicht beeinträchtigt wird. Werte werden von DFG festgelegt, ca. Bisher 400 Werte, es sind Richtwerte, die auf Tierexperimenten beruhen.
MAK & MIK I
MIK (Maximale Immissionskonzentration)
- MIK:
Werte ( bisher ca. 20 luftverunreinigende Stoffe) beziehen sich allgemein auf den Schutz der Umwelt, Kommission des Verbandes der Ingenieure VDI) maximale
Immissionskonzentration, Luftverunreinigung bei der keine Schädigung eintritt (1/20 MAK), Orientierungswerte für Gesetzgeber bei der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften wie z.B. TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung von Luft)
Die TA Luft gilt ausschließlich für technisch stationär betriebenen Anlagen, IW1-Wert z.B.
arithmetischer Jahresmittelwert aller im Jahr ermittelten Einzelmessungen, die als
Halbstundenmittelwert gemessen worden sind. IW2-Wert, auch Kurzzeitjahresbelastung ist derjenige gemessene Halbstunden-Mittelwert, der nach dem Streichen von 2% der
höchsten Messwerte als höchster Wert der verbliebenen 98%
übrigbleibt. Die IW Werte dienen als Grundlage für die Berechnung von Emission großer Schadstoffe emittierender Anlagen.
-TRK:
Richtkonzentration (Konz. für kanzerogene Arbeitsstoffe, nicht an toxischen Effekten orientiert sondern an technisch machbaren Vorgehen ursprünglich Asbest-Problem, technischer Fortschritt verändert Werte!)