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Haftung der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft

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LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 21.12.2018 – 8 O 4235/18 Titel:

Haftung der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft Normenkette:

HGB § 160, § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4, § 174 Leitsatz:

Selbst bei analoger Anwendung des § 160 HGB auf eine Haftsummenherabsetzung beginnt die Fünfjahresfrist nicht vor Eintragung der Haftsummenherabsetzung im Handelsregister. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Kommanditistenhaftung, Ausscheiden eines Kommanditisten, Ausschüttungen, Insolvenzforderungen, Haftsumme, Haftsummenherabsetzung, Eintragung

Fundstelle:

BeckRS 2018, 51453  

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2017 zu bezahlen.

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.100,51 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2018 zu zahlen.

1. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

1. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand 1

Die Parteien streiten um Ansprüche der Gläubiger einer Kommanditgesellschaft gegen den Beklagten als deren Kommanditisten, die der Kläger als Insolvenzverwalter der Gesellschaft gemäß § 171 HGB geltend machen will.

2

Mit Beschluss vom 11.11.2016 (Aktenzeichen: 8 IN 215/16) eröffnete das Amtsgericht Reinbek das

Insolvenzverfahren über das Vermögen der (Insolvenzschuldnerin). Der Kläger ist deren Insolvenzverwalter.

Gegenstand des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin war der Erwerb und Betrieb eines

Containerschiffs mit dem Namen .... Der Beklagte war Kommanditist der Insolvenzschuldnerin mit einer ursprünglichen Einlageverpflichtung und im Handelsregister eingetragener Haftsumme in Höhe von

100.000,00 EUR, die er auch leistete (Anlage K 2). In den Jahren 2006 und 2007 wurden Ausschüttungen in Höhen von jeweils 9 % des seinerzeit bestehenden Kommanditkapitals an die Kommanditisten

vorgenommen. In diesem Zusammenhang erhielt der Beklagte für das Jahr 2006 9.000,00 EUR und für das Jahr 2007 ebenfalls 9.000,00 EUR, mithin zweimal 9 % der Summe seiner ursprünglichen Einlage,

insgesamt also 18.000,00 Euro (Anlage K 4). Die Insolvenztabelle nach § 175 InsO wies mit Stand 19.02.2018 angemeldete Forderungen von insgesamt 4 Gläubigern über eine Gesamtsumme von 14.556.078,71 EUR aus. Die Forderungen der ... GmbH über 239,80 EUR und der ... über 490,75 EUR wurden vom Kläger als Insolvenzverwalter festgestellt, die Forderung der ... über 1.115.473,00 EUR bestritten und die Forderung der ... GmbH über 13.439.875,16 EUR für den Ausfall festgestellt.

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3

Im Zeitraum Ende 2012/Anfang 2013 wurde von den Gesellschaftern der Insolvenzschuldnerin aufgrund von längerfristigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein Fortführungskonzept unter (im einzelnen unklarer) Beteiligung von oder Abstimmung mit den finanzierenden Banken beschlossen, das unter anderem vorsah, die Haftsumme der Gesellschafter auf 10 % der ursprünglichen Haftsumme herabzusetzen (Anlage B2).

Nach entsprechender gesellschaftsinterner Beschlussfassung wurde die Herabsetzung der Haftsumme des Beklagten unter dem 16.07.2013 im Handelsregister eingetragen.

4

Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 09.10.2017 zur Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen aus den Jahren 2006 und 2007 unter Fristsetzung bis zum 30.10.2017 auf (Anlage K 7). Dies ließ der Beklagte mit Schreiben vom 02.11.2017 zurückweisen (Anlage K 8). Eine weitere

Zahlungsaufforderung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.12.2017 mit Zahlungsfrist bis 05.01.2018 (Anlage K 9), mit dem auch vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.100,51 EUR aus einem Gegenstandswert von 18.000,00 EUR geltend gemacht wurden, führte ebenfalls nicht zur Zahlung durch den Beklagten.

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Der Kläger trägt vor:

6

Der Beklagte hafte den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin aus § 171 Abs. 1 HGB i.V.m. § 172 Abs. 4 HGB, da ihm in Höhe von 18.000,00 EUR seine Einlage zurückgewährt worden sei i.S.v. § 172 Abs. 4 HGB.

Gegenüber den Gläubigern gelte sie somit als nicht erbracht. Die Insolvenzschuldnerin habe fortlaufend nur Verluste erwirtschaftet und die erfolgten Ausschüttungen seien eine Rückgewähr der Kommanditeinlage, da sie zu Zeitpunkten erfolgten seien, in denen das Kapitalkonto des Beklagten bereits unter dem Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert gewesen sei (Anlage K3). Zugleich genüge die freie Masse nicht, um sämtliche Verbindlichkeiten zu befriedigen. Bei Verfahrenseröffnung habe der Kläger als Insolvenzverwalter lediglich über freie Masse in Höhe von etwa 5 Millionen Euro verfügt (Anlage K 6). Wenn der Beklagte geltend mache, die Ausschüttungen seien - jedenfalls aus seiner Sicht - durch Gewinne gedeckt gewesen, müsse er hierzu konkret vortragen und Beweis anbieten. Die Haftsummenherabsetzung brauche die Gläubiger wegen § 174 HGB nicht zu interessieren, da es sich bei allen zur Tabelle angemeldeten Forderungen, jedenfalls aber bei der Forderung der GmbH (insofern unstreitig) um Altverbindlichkeiten handele, die bereits vor der Haftsummenherabsetzung begründet wurden. Sofern man überhaupt von einer

§ 160 HGB analog entspringenden Nachhaftungsfrist von 5 Jahren ausgehen wolle, beginne diese

jedenfalls frühestens mit der Eintragung der Haftsummenherabsetzung des Beklagten ins Handelsregister.

Auf eine frühere Kenntnis der Verabredung der Haftsummenherabsetzung könne nicht abgestellt werden, ebenso wenig auf den entsprechenden Gesellschaftsbeschluss. Alles andere wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter. Jedenfalls lege der Beklagte eine Kenntnis der Gläubigerinnen von der Haftsummenherabsetzung nicht substantiiert dar. Für die Anwendung des § 172 Abs. 5 HGB sei schon mangels Vorliegen einer unrichtigen Bilanz kein Raum. Der Kläger - der hier ja im Interesse der Gläubiger tätig werde - müsse sich auch nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten lassen, weil es möglicherweise zu vorwerfbarem Verhalten seitens der Insolvenzschuldnerin gegenüber dem Beklagten im Vorfeld von dessen Beteiligung gekommen sei. Der Beklagte schulde dem Kläger auch den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten aus einem Gegenstandswert von 18.000,00 EUR.

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Der Kläger beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 18.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2017 zu zahlen

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.100,51 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2018 zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt:

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Die Klage wird abgewiesen.

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Der Beklagte trägt vor:

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Die Klage sei schon im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO mangels hinreichender Konkretisierung unzulässig. Der gegenüber einem Kommanditisten aus § 171 Abs. 1 HGB bestehende Anspruch stelle regelmäßig nur einen Bruchteil der Gesamtgläubigerforderung dar, sodass die einzelnen

Gläubigerforderungen bei der Anmeldung nach Entstehungszeitpunkt und Schuldgrund substantiiert darzulegen seien, was der Kläger verabsäume. Zudem seien sämtliche Ansprüche aus § 171 Abs. 1 HGB gegenüber dem Beklagten wegen Ablaufs einer 5-jährigen Nachhaftungsfrist gemäß § 160 HGB analog bei Klageerhebung ausgeschlossen. Die Haftsummenherabsetzung wirke aus Sicht der Gläubiger wie das teilweise Ausscheiden eines Kommanditisten, weshalb § 160 HGB analog auch darauf Anwendung zu finden habe. Danach hafte der Kommanditist für die bis dahin begründeten Verbindlichkeiten der

Gesellschaft in Höhe der ursprünglichen Einlage nur, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach der Eintragung fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB bezeichneten Art festgestellt oder eine behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt würden. Wenn allerdings die Gläubiger positive Kenntnis hätten, beginne die Frist unabhängig von der Eintragung schon vorher. Genau das sei vorliegend der Fall gewesen. Das maßgebliche Fortführungskonzept, auf dem letztlich die

Haftsummenherabsetzung basiere, sei nicht nur mit Kenntnis der Gläubiger, sondern unter Hinzuziehung und in Abstimmung insbesondere mit dem finanzierenden Bankenkonsortium beschlossen worden (Beweis:

Anlagen B 2 bis B 4, Zeuge, Zeuge). Spätestens im Dezember 2012 hätten die Gläubiger darum positiv gewusst, dass die Haftsummenherabsetzung beschlossen worden war (Beweis: wie vor). Gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 Satz 1 HGB analog sei der Beklagte somit ab dem 14.11.2017 von seiner Haftung für Altverbindlichkeiten befreit, die Nachhaftungsfrist zum Zeitpunkt der Klagezustellung abgelaufen

gewewesen, sodass die Klage abzuweisen sei. Rein vorsorglich sei zu bestreiten, dass die

Insolvenzschuldnerin keine Gewinne erzielt und von Beginn an ausschließlich Verluste eingefahren habe.

Es sei zu erwarten, dass der Kläger insofern ein entsprechendes Testat von Steuerberatern oder

Wirtschaftsprüfern hereinreiche, die sich sowohl für Handels- als auch die Steuerbilanzen zuständig sowie verantwortlich erklärten. Außerdem fehlten Angaben vom derzeitigen Massebestand. Die Eröffnungsbilanz liege bereits mehr als ein Jahr zurück und sei wohl überholt. Dem Kläger sei jedoch nicht nachvollziehbar, inwiefern die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könnten. Höchst vorsorglich scheitere eine Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten an § 172 Abs.

5 GHB. Den seitens der Insolvenzschuldnerin regelmäßig verfassten Schreiben habe der Beklagte entnehmen dürfen, dass die Ausschüttung aus einem positiven Betriebsergebnis erfolgten. Ferner widerspreche es dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung und Treu und Glauben, wenn der Kläger hier versuche, die streitgegenständlichen Ansprüche gegen den Beklagten durchzusetzen. Der Beitritt zur nunmehr insolventen Publikumgesellschaft sei unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erfolgt. Der Beklagte als argloser Verbraucher sei getäuscht worden. Er sei, so wie andere arglose Verbraucher auch, mit dem Versprechen von steuerfreien Gewinnausschüttungen und einer gesicherten Altersvorsorge geködert worden. Das vermeintlich sichere Anlagesystem habe sich aber als ausschließlich nachteilig erwiesen.

Schlussendlich sei es für den Kläger nicht notwendig gewesen, einen Anwalt zur außergerichtlichen Forderungsgeltendmachung einzuschalten, da er selbst fachkundig sei.

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Das Gericht hat am 30.10.2018 mündlich zur Sache verhandelt. Beweis wurde nicht erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 30.10.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe 12

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

A. Zulässigkeit 13

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Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Nürnberg-Fürth resultiert aus §§ 71, 23 GVG in Verbindung mit §§ 12, 13 ZPO.

14

Der Kläger ist in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter ... für deren Gläubiger prozessführungsbefugt. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet (hier: seit dem 11.11.2016, Anlage K1), so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

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Die Klage ist insbesondere nicht wegen eines nicht hinreichend bestimmten Klageantrags unzulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO. Die von der Beklagtenseite zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.10.2006 (Aktenzeichen II ZR 193/05) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Weder handelt es sich vorliegend um eine (verdeckte) Teilklage, noch muss näher nach Entstehung und Höhe der

Forderungen differenziert werden. Als Kommanditist haftet der Beklagte gemäß §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB nur begrenzt bis zur Höhe seiner Einlage und soweit die Einlage nicht geleistet worden ist bzw. als nicht geleistet gilt. Die hieraus resultierende Höhe der Haftsumme ist auf die Höhe der erhaltenen

Auszahlungen (2 × 9.000,00 EUR = 18.000,00 EUR) begrenzt, insofern wird der Beklagte voll in Anspruch genommen. Es liegt darum gerade keine Teilklage vor (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 20.2.2018, Az.: II ZR 272/16).

B. Begründetheit 16

Die Klage ist auch überwiegend begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus §§ 171, 172 HGB ein Anspruch über 18.000,00 EUR nebst Zinsen zu. Keinen Anspruch hat der Kläger indes auf die Begleichung ihm entstandener vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

1.) Anspruch auf Zahlung von 18.000,00 EUR 17

Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft gemäß § 171 Abs. 1 HGB bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt. Gemäß § 172 Abs. 4 S. 1 HGB gilt die Einlage eines Kommanditisten, soweit sie zurückbezahlt wird, den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt gemäß S. 2, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird.

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Der Beklagte ist Kommanditist der insolventen Gesellschaft. Der Kläger ist deren Insolvenzverwalter.

a) Berechtigte Forderungen von Gläubigern gegenüber der Gesellschaft 19

Es bestehen berechtigte Forderungen gegenüber der Gesellschaft, die die Haftsumme des Beklagten erreichen (sogar weit übersteigen) und die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können. Zur substanziierten Darlegung einer Forderung gegen den Kommanditisten nach den §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB ist es ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter die Insolvenztabelle mit festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können. Die mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO folgende Rechtskraftwirkung der widerspruchslos erfolgten Feststellung von Forderungen zur

Insolvenztabelle nimmt gem. §§ 129 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB auch dem Kommanditisten die der

Gesellschaft abgesprochenen Einwendungen gegen die Gläubigerforderungen (BGH, Urteil vom 20.2.2018, Az.: II ZR 272/16). Aus der seitens des Klägers vorgelegten Insolvenztabelle ergibt sich alleine die besagte Forderung der ... GmbH über 13.439.875,16 EUR. Diese wurde seitens des Klägers für den Ausfall festgestellt. Einwendungen hiergegen sind dem Beklagten folglich abgeschnitten.

20

(5)

Diese Forderungen können auch nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Sofern der Beklagte einwendet, der aktuelle Massebestand sei unklar, auf die Eröffnungsbilanz (Anlage K6) könne nicht zurückgegriffen werden, ist dieser Vortrag nicht substanziiert genug, um den Vortrag der Klagepartei hinlänglich zu bestreiten. Der Beklagte ist darlegungs- und beweisbelastet, wenn er geltend macht, seine Inanspruchnahme werde zur Gläubigerbefriedigung nicht benötigt (BGH a.a.O.; Urteil vom 11.121989, Az.:

II ZR 78/89). Konkreten und prüfbaren Vortrag dazu, woraus sich die mangelnde Notwendigkeit seiner Inanspruchnahme ergeben soll, hat der Beklagte aber gerade nicht angebracht.

b) Einlagenrückgewähr an den Beklagten 21

Der Beklagte hat seine ursprüngliche Einlage von 100.000,00 EUR in Höhe von 18.000,00 EUR im Sinne des § 172 Abs. 4 HGB zurückgewährt erhalten und haftet den Gläubigern der Gesellschaft daher in dieser Höhe unmittelbar. Es handelte sich hierbei um nicht durch Gewinne gedeckte Auszahlungen von

Liquiditätsüberschüssen, die von der Gesellschaft an die Kommanditisten (so auch an den Beklagten) ausgezahlt wurden, als die Kapitalkonten der Kommanditisten schon unter den Betrag der jeweiligen Hafteinlage herabgemindert waren. Sofern der Beklagte geltend gemacht hat, es sei zu bestreiten, dass die Gesellschaft von Anfang an keine Gewinne gemacht und ausschließlich Verluste erzielt habe und die Jahresabschlüsse „in Frage stellt“, darüber hinaus behauptet, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass das Kommanditkapital zur Zeit der Auszahlungen an den Kläger schon unter den Betrag der Hafteinlage abgesunken war, stellt auch dies keinen hinreichend substanziierten Vortrag dar. Der Kläger hat unter Vorlage der Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für die streitgegenständlichen Jahre (Anlage K3) substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass tatsächlich von Anfang an nie Gewinne durch die Gesellschaft gemacht wurden und dass bereits im Beitrittsjahr des Beklagten das Kapitalkonto unter den Betrag der Haftsumme herabgesetzt war. Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB nicht vorliegen, ist indes der Beklagte (BGH, Urteil vom 22.03.2011, Az.: II ZR 271/08).

c) Kein Auschluss gemäß § 172 Abs. 5 HGB 22

Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht an § 172 Abs. 5 HGB. Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er gemäß vorzitierter Norm in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet. Es ist nicht ausreichend, wenn sich der Kommanditist - so wie der Beklagte hier - insofern auf periodische „Schreiben“ der Gesellschaft beruft (noch dazu, ohne sie überhaupt vorzulegen).

d) Kein Ausschluss gemäß § 160 HGB analog 23

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die fünfjährige Nachhaftungsfrist des § 160 HGB analog bei Klageerhebung bereits abgelaufen war.

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Gemäß § 169 Abs. 1 HGB, der gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch für die Kommanditgesellschaft Anwendung findet, haftet ein aus der Gesellschaft (dort: offene Handelsgesellschaft) ausscheidender Gesellschafter für die bis dahin begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn sie vor Ablauf von 5 Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche

Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird.

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Auf die vorstehende Norm kann sich der Kläger für den vorliegenden Rechtsstreit nicht mit Erfolg berufen.

Sofern man überhaupt eine Analogie zu § 160 HGB für den Fall der Haftsummenherabsetzung anerkennen mag (was bisweilen so vertreten wird), und darüber hinausgehend die Norm so lesen will, dass die Frist spätestens mit dem Ende des Eintragungstages und jedenfalls mit positiver Kenntnis von der

Haftsummenherabsetzung zu laufen beginnt, so ändert dies nichts daran, dass dieser Zeitpunkt in keinem

(6)

Fall vor Eintragung in das Handelsregister erreicht sein kann. Denn es wäre verfehlt, positive Kenntnis von etwas ausreichen zu lassen, das rechtlich nicht voll existent ist. Im Gegensatz zur offenen

Handelsgesellschaft, in deren Kontext § 160 HGB steht, kennt das Recht der Kommanditgesellschaft mit § 174 HGB eine Sonderregelung, die schon für das rechtliche „Existent werden“, also die Wirksamkeit einer Haftsummenherabsetzung im Außenverhältnis, konstitutiv darauf abstellt, dass diese in das Handelsregister eingetragen wird. Denn gemäß § 174 HGB ist eine Herabsetzung der Einlage eines Kommanditisten, solange sie nicht in das Handelsregister des Gerichts, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, eingetragen ist, den Gläubigern gegenüber unwirksam; Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung begründet waren, brauchen die Herabsetzung (gar) nicht gegen sich geltend zu machen. Aus dem klaren Wortlaut der Norm folgt, dass eine Haftsummenherabsetzung Dritten gegenüber überhaupt erst in dem Moment rechtlich existent und wirksam wird, wenn sie ins Handelsregister eingetragen ist. Auf einen möglicherweise davor liegenden, gesellschaftsinternen Beschlussfassungsakt kommt gerade es nicht an, und auf diesen kann es demzufolge auch nicht für die Frage nach der positiven Kenntnis ankommen.

„Kennen“ kann ein Gläubiger eine ihm gegenüber rechtlich wirksame Haftsummenherabsetzung demzufolge frühestens ab ihrer Eintragung. Darüber hinaus spricht die vorzitierte Norm klar aus, dass selbst dann, wenn eine Haftsummenherabsetzung wirksam wird, Gläubiger von Altverbindlichkeiten diese überhaupt nicht gegen sich gelten lassen müssen (§ 174 Hs. 2 HGB). Das Gericht hält es für unvertretbar, eine derart klare, den Gläubigerschutz bezweckende Norm im Wege einer Analogie umgehen oder aushöhlen zu wollen - es lässt sich insofern schon gar keine „planwidrige“ Regelungslücke begründen Dass es sich vorliegend jedenfalls bei der Forderung der ... natürlich um eine Altverbindlichkeit im Normsinne handelt, ist und war stets unstreitig. Insofern hilft § 160 HGB dem Beklagten nicht weiter. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb man den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft in den Genuss der zusätzlichen

Haftungserleichterung des § 160 HGB bringen sollte, nachdem er (im Gegensatz zum Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft) ohnehin nicht grundsätzlich mit seinem gesamten Privatvermögen für Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet, sondern seine Haftung grundsätzlich auf die Einlage beschränkt ist.

Auf die Vernehmung der beklagtenseits angebotenen Zeugen kommt es somit nicht an.

e) Kein Einwand der Treuwidrigkeit gemäß § 242 BGB 26

Es gibt entgegen der Ansicht des Beklagten auch keinen Grund, hier von einer Treuwidrigkeit der

Anspruchsgeltendmachung durch den Kläger gegenüber dem Beklagten auszugehen. Selbst wenn die von der Beklagtenseite vorgelegten Schreiben der Gesellschaft (Anlagen B2 ff.) in ihrem Inhalt den

Gläubigerinnen vollumfänglich bekannt und mit ihrer Kenntnis oder Billigung aufgesetzt und an die

Kommanditisten versandt worden wären, würde sich aus diesen Schreiben gerade nicht ergeben, dass die Gläubigerinnen damit einverstanden waren, den Beginn der Nachhaftung von 5 Jahren auf einen

Kenntniszeitpunkt gegenüber einem Eintragungszeitpunkt vorzuverlegen. Dort heiß es etwa in Anlage B 2 auf Seite 5: „Für bereits vor Kapitalherabsetzung und Reduzierung der Haftsumme bestehende

Altverbindlichkeiten der Gesellschaft haften die Gesellschafter auch nach der Reduzierung der Haftsumme grundsätzlich in Höhe der erhaltenen Liquitätauszahlungen, aber nur für einen Zeitraum von 5 Jahren (sogenannte Nachhaftung).“ Im Folgenden heißt es wieder: „(...) ist der Nachhaftungszeitraum für

Altverbindlichkeiten aufgrund von in der Vergangenheit erhaltenen Auszeichnungen auf 5 Jahre begrenzt.“

Hier ist mit keinem Wort eine gewollte oder bewusste Festlegung des Beginns der 5-Jahres-Frist auf einen Kenntniszeitpunkt herauszulesen, an dem sich die Gläubiger festhalten lassen müssten. Wenn darüber hinaus, wie der Beklagte meint, es zu Verfehlungen seitens der Gesellschaft ihm gegenüber gekommen sein sollte, ist dies ebenso wenig Angelegenheit der Gläubigerinnen.

27

Hinsichtlich der zurückgewährten Einlagen erweist sich das Klagebegehren somit als vollumfänglich begründet. Der korrespondierende Zinsanspruch resultiert aus §§ 286, 288 BGB.

2.) Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten 28

Der Kläger hat ebenfalls Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Begleichung seiner Kosten der

vorgerichtlichen Rechtsverfolgung als Verzugsschaden. Die aus Anlage K7 ersichtliche Zahlungsfrist war bei Tätigwerden der Klägervertreter bereits abgelaufen (§§ 286, 288 BGB). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Schädiger all diejenigen Rechtsanwaltskosten zu

(7)

ersetzen hat, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 05.12.2017, Az.: VI ZR 24/17 m. zahlr. Nachw.). Dies wird

grundsätzlich zu bejahen sein, wenn nicht ausnahmsweise der Fall sachlich wie rechtlich einfach gelagert ist oder aus Sicht des Anspruchstellers von vorneherein zweifelsfrei klar ist, dass sein Anspruchsgegner leisten werde (BGH, Urteil vom 06.10.2010, Az.: VIII ZR 271/09). Der vorliegende Fall ist in keiner Hinsicht einfach gelagert, wie schon die lebhafte rechtliche Auseinandersetzung in den Schriftsätzen der Parteien belegt. Der Kläger ist zwar Fachanwalt für Insolvenzrecht. Das Insolvenzrecht bildet im vorliegenden Verfahren allerdings lediglich den „Aufhänger“ der Auseinandersetzung, die im Kern gesellschaftsrechtlicher Natur ist. Es kann nicht einfach unterstellt werden, dass der Kläger aufgrund seiner Kenntnisse im

Insolvenzrecht automatisch auch so vertiefte Kenntnisse im Gesellschaftsrecht besitzt, dass sich die Sache aus seiner Sacht als so einfach gelagert darstellen musste, dass er sich hierzu nicht mehr gesondert beraten und vertreten lassen durfte. Eine derartige Ansicht wäre nach Meinung des Gerichts aber auch schon aus Gründen der Waffengleichheit falsch. Denn nach einem ersten Anschreiben durch den Kläger persönlich an den Beklagten (Anlage K7) bestellten sich für den Beklagten sogleich dessen

Prozessbevollmächtigte und forderten diesen zur Substantiierung seines Rückforderungsanspruchs unter

„Fristsetzung“ bis zum 30.1.2017 auf. Das der Kläger sodann seinerseits (fach-)anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, kann ihm schwerlich vorgeworfen werden. Auch hier resultiert der korrespondierende Zinsanspruch aus §§ 286, 288 BGB.

29

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 ZPO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 2 ZPO.

Verkündet am 21.12.2018

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