Nr. 9 - Januar 2017
Prüfung der elektrischen Ausrüstung von Maschinen
nach VDE 0113-1 / DIN EN 60204-1 TEIL 3 / 8
Einleitung
Im zweiten Teil des Fachartikels zur Prüfung der elektrischen Ausrüstung von Maschinen wurde die Bedeutung der elektromagnetischen Verträglichkeit dieser Ausrüstung aufgezeigt.
Zudem wurden beispielhaft Störphänomene genannt, Lösungen zur Minimierung dieser Phänomene beschrieben und die Bedeutung von Schirm- und Erdungsmaßnahmen erläutert.
Abschließend sollen nun in diesem Teil des Fachartikels noch einige wichtige Installationshinweise ergänzt werden.
3.8 Elektromagnetische Verträglichkeit
Leitungen als Störquelle (siehe Emission), werden sofern sie energiereich sind und hohe Frequenzen führen, geschirmt ausgeführt. Der Schirm wird an möglichst vielen Stellen, großflächig auf das Erdpotential aufgelegt.
Handelt es sich um Leitungen, die als Störsenken (mit begrenzter Immissionsfestigkeit) Signale führen, werden diese hinsichtlich der Schirmung unterschieden. Analoge Signale (Strom, Spannung) sind ggf. anfälliger als digitale Signale. Es gibt in den Installations-
empfehlungen unterschiedliche Aussagen, ob die Schirmung dieser Leitungen einseitig oder zweiseitig aufzulegen ist. Letztlich ist dabei entscheidend, ob Potentialunterschiede
entstehen können und ob es Ausgleichströme auf dem Schirm geben kann.
Sollten Störsignale mit hohen Frequenzen auftreten, müssen kapazitive Aufladungen der Schirme durch sichere Ableitungen (niederohmige Erdverbindungen) erfolgen.
Problematisch hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit erweist sich in der Kältetechnik häufig der Frequenzumrichter. Im folgenden Bild ist der EMV – gerechte Anschluss von einem Frequenzumrichter dargestellt.
Abbildung 9 - EMV gerechte Leitungsverlegung
Die Leitungen zwischen Frequenzumrichter und Motor müssen geschirmt verlegt werden.
Der Schirm darf dabei nicht die PE-Leitung ersetzen. Empfohlen werden vieradrige Motorleitungen (drei Phasen + PE), deren Schirm beidseitig und großflächig auf das Erdpotential gelegt wird (PES). Schirmunterbrechungen z. B. bei Klemmen, Schützen, Drosseln usw. müssen niederohmig und großflächig überbrückt werden.
Quelle: BFS Kälte-Klima-Technik
Nr. 9 - Januar 2017
Die Leitung vom Frequenzumrichter sollte zudem so kurz wie möglich und mit einem Mindestabstand von 100mm zu anderen Energie- oder Steuerleitungen verlegt werden.
3.9 Chemische Einflüsse
Öle, Fette, Säuren oder Laugen können Isolierungen auflösen. Durch ätzende Dämpfe können sogar Edelstahlbauteile korrodieren. Sind solche Umgebungseinflüsse zu erwarten, ist dies mit dem Betreiber im Vorfeld abzustimmen und es sind geeignete Materialien einzusetzen.
Viele weitere Einflüsse, wie ionisierende Strahlung oder UV Strahlung etc. können die
sichere Funktion einer Maschine beeinflussen. Grundsätzlich sind diese mit dem Kunden vor dem Bau der Maschine abzustimmen und in der Planung und dem Bau der Maschine zu berücksichtigen.
4. Der Netzanschluss und die Schnittstellen
Der Netzanschluss stellt die Schnittstelle zur Gebäudeinstallation und damit in vielen Fällen auch die Schnittstelle zwischen der DIN EN 0113-1 und der VDE 0100 dar. Zwischen Hersteller und Betreiber ist im Vorfeld zu klären, welche Netzspannung, Frequenz, System nach der Art der Erdverbindung und letztendlich welcher Kurzschlussstrom an der
Einspeisestelle zu erwarten sind.
4.1 Die Netzsysteme nach der Art der Erdverbindung
Verteilungssysteme oder auch Netzsysteme genannt, werden nach IEC- Publikation 364 beschrieben. Sie sind aufgenommen, in die DEUTSCHE NORM DIN VDE 0100-300.
Charakteristische Merkmale des Verteilungssystems sind:
die Art und Anzahl der aktiven Leiter,
die Art der Erdverbindungen.
In dem am häufigsten verwendeten Wechselstromsystem werden zwei aktive Leiter verwendet und in dem Dreiphasenwechselspannungssystem werden drei bzw. vier aktive Leiter gezählt.
Somit ergeben sich nach der Anzahl der Leiter die Zweileitersysteme, die Dreileitersysteme und die Vierleitersysteme.
Nach der Art der Erdverbindung trifft die Systembeschreibung Aussagen zu dem Schutzleiter und gibt die Erdungsverhältnisse im Netz und in der Verbraucheranlage vor.
Das Netzsystem legt damit die Bedingungen fest für die Auswahl der Schutzmaßnahmen gegen gefährliche Berührungsspannungen.
Kurzzeichen nach den internationalen Netzbezeichnungen Verwendete Abkürzungen:
T: direkte Erdung des Sternpunktes am Netztransformator (T: Terre).
N: die Verbindung geerdeter Sternpunkt zum Verbraucher übernimmt der Neutralleiter (früher auch als Nulleiter bezeichnet)
I: bedeutet Isolierung des Netzes gegen Erde oder Verbindung des Sternpunktes
Nr. 9 - Januar 2017
TN- C-S-System
In einem TN-C-System sind die Funktionen des Neutralleiters und Schutzleiters in einem Leiter kombiniert. Das gilt vom Transformator bis zum letzten Verbraucheranschluss. TN-C- Systeme sind „Altanlagen“ sie haben Bestandschutz, sofern die Abschaltbedingungen und der Elektroschutz generell erfüllt sind. Der Leiterquerschnitt für den PEN- Leiter wurde mit aktueller Norm auf S ≥ 10 mm2 Cu festgelegt. Somit hat das TN-C-System in der Praxis keine Bedeutung mehr.
Häufig findet man das kombinierte TN-C-S System, bei dem im Leitungsverlauf (meist an der Hauseinspeisung) der Neutral- und Schutzleiter aufgetrennt wird.
Die Ausführung der Bereitstellung der Versorgungsspannung für Niederspannungs- abnehmer sieht üblicherweise so aus:
Abbildung 10 TN-C-S System
Merke:
Hinter der Trennstelle von Neutralleiter und Schutzleiter darf keine Verbindung zwischen N und PE wieder hergestellt werden! Das heißt, dass bei geöffneter Verbindungsklemme (am besten über eine Trennklemme) eine Isolationswiderstandsmessung zwischen N und PE einen gefordert hohen Widerstand erbringen muss.
Sollte eine Maschine an einem TN-C System angeschlossen werden, ist an der Netzanschlussklemme der PEN aufzutrennen.
TT- System
In Verteilungssystemen, die lange Leitungslängen aufweisen, kann der Neutralleiter nicht gleichzeitig Schutzleiterfunktion übernehmen. Das trifft zu in Versorgungsgebieten ohne dichte Bebauung. Es fehlen somit die Summe der zu dem Neutralleiter parallel geschalteten Erdungswiderstände durch Fundamenterder, Wasserohre, Blitzschutzerder u.ä. Bei TT- Systemen liegt die Verantwortung bei der Realisierung des Elektroschutzes „Schutz durch automatisches Abschalten“ alleine bei den Energieabnehmern.
Quelle: BFS Kälte-Klima-Technik
Nr. 9 - Januar 2017
Abbildung 11 - TT-System
IT- System
IT Systeme sind entweder völlig isoliert zur Erde ausgeführt oder es gibt eine hochohmige (mittelbare) Erdverbindung.
Mit dieser Netzausführung erreicht der Betreiber eine hohe Verfügbarkeit. Ein Einzelfehler (L RA) führt zu keiner Gefahr, weder gegenüber Personen noch Sachwerten. Ein Doppelfehler muss natürlich über die Kurzschlussstromstärke entsprechend schnell
abgeschaltet werden. Optimiert werden diese Netzsysteme mit einer Isolationsüberwachung.
Diese Überwachungseinrichtung führt zu einer mittelbaren Erdverbindung.
Abbildung 12 - Beispiel zur Spannungsversorgung über ein IT- System (Operationsräumen, Werksnetzen usw.)
Quelle: BFS Kälte-Klima-Technik Quelle: BFS Kälte-Klima-Technik
Nr. 9 - Januar 2017
4.2 Netz- Trenneinrichtungen
Grundsätzlich ist an jeder Einspeisung eine Netztrenneinrichtung vorzusehen.
Die Kontakte müssen im geöffneten Zustand eine entsprechende Trennstrecke aufweisen.
Ein Schütz kann hierfür nicht verwendet werden. Die Netztrenneinrichtung muss außerdem über eine eindeutige Schaltstellungsanzeige verfügen oder die Trennstrecke ist sichtbar ausgeführt.
Es besteht weiterhin die Forderung, dass die Maschine bei laufendem Betrieb durch eine Netztrenneinrichtung ausgeschaltet werden kann.
Diese Forderungen bieten in der Praxis verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Schaltgeräten.
a) Lasttrennschalter mit oder ohne integrierte Sicherung. Diese Schalter müssen in der Lage sein die maximalen Lastströme zu schalten.
b) Trennschalter ohne Lastschaltvermögen und Verriegelung mit einem Lastschütz, welches vor Öffnen des Trennschalters die Last abschaltet c) Leitungsschalter nach DIN EN 60947-2
d) Andere Schalter mit Trenneigenschaften nach DIN EN 60947-1
e) Stecker/Steckdose – Kombinationen dürfen nur für kleinere Maschinen angewendet werden. Bei Strömen über 30A sind ähnlich wie unter b) entsprechende Lastschaltgeräte einzusetzen, welche vor dem Trennen der Steckvorrichtung die Last ausschalten.
Achtung! Da der Neutralleiter in TT- und IT Netzen ein erhöhtes Potenzial gegenüber der Erde aufweisen kann, muss auch der Neutralleiter getrennt werden. In TN-Systemen ist die Trennung des Neutralleiters u.a. in Frankreich und Norwegen gefordert.
4.3 Die Bedien- und Anzeigeeinrichtungen
Die ergonomischen Anforderungen und Anforderungen an die Mensch-Maschinen
Schnittstelle werden in weiterführenden Normen ausführlich behandelt. (z.B. DIN EN 61310- 3) Hingewiesen wird an dieser Stelle auf die Forderung, dass Stromkreise, die nach dem Ausschalten der Maschine noch unter Spannung stehen (Fremdspannung) extra zu kennzeichnen sind.
z.B. Hinweisschild „ACHTUNG bei ausgeschaltetem Hauptschalter unter Spannung“
Nr. 9 - Januar 2017
Farbe Bedeutung Erklärung Anwendungsbeispiele
ROT Notfall Bei einer gefahrbringenden Situation oder im Notfall betätigen
NOT HALT Einleitung von NOT - Funktionen (auch für STOPP Funktion erlaubt)
GELB Anomal Bei einem anomalen Zustand betätigen
Eingriff, um einen anomalen Zustand zu unterdrücken, Eingriff um einen unterbrochenen automatischen Ablauf
wieder zu starten BLAU Zwingend bei einem Zustand betätigen, der
eine zwingende Handlung erfordert Rückstellfunktion GRÜN Normal Betätigen, um normale Zustände
einzuleiten START Funktion
WEISS
Keine spezielle Bedeutung zugeordnet
für allgemeine Einleitung von Funktionen, außer für NOT-HALT
START / EIN (bevorzugt) STOPP / AUS
GRAU START / EIN
STOPP / AUS
SCHWARZ START / EIN
STOPP / AUS ( bevorzugt ) Abbildung 13 - Farben der Befehlsgeräte
Farbe Bedeutung Erklärung Handlung durch den Bediener
ROT NOTFALL Gefahrbringender Zustand
Sofortige Handlung, um auf einen gefahrbringenden Zustand zu reagieren
(z.B. Ausschalten der Energie- versorgung der Maschine, vor dem gefahrbringenden Zustand gewarnt sein, und von der Maschine Abstand
halten ) GELB Anomal Anomaler Zustand, bevorstehender
kritischer Zustand
Überwachen und/oder Eingreifen (z.B.
durch Wiederherstellen der vorgesehenden Funktion ) BLAU Zwingend
Anzeige eines Zustandes, der Handlung durch den Bediener
erfordert Zwingende Handlung
GRÜN Normal Normaler Zustand Optional
WEISS Neutral
Andere Zustände; darf verwendet werden, wenn Zweifel über die Anwendung von ROT,GELB, GRÜN
oder BLAU bestehen
Überwachen Abbildung 14 - Farben der Signallampen