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Ein Jahr Jubiläum der Rana Plaza Tragödie

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Rundschreiben Nr. UNI 0025 Nyon, den 17 April 2014

An alle Mitgliedsorganisationen

Ein Jahr Jubiläum der Rana Plaza Tragödie

Liebe Mitgliedsorganisationen,

Nun da sich die Rana-Plaza-Tragödie vom 24. April 2013 in Bangladesch bald zum ersten Mal jährt, sollten wir einen Moment innehalten und dieses schrecklichen Tags gedenken, an dem mehr als 1.300 Beschäftigte in der Textilindustrie ihr Leben verloren – bei der Arbeit an Kleidung, die im Westen für eine Selbstverständlichkeit angesehen wird. Die Geschehnisse von Rana Plaza zogen das Scheinwerferlicht auf die düsteren Winkel der dortigen Textilindustrie, wo überwiegend junge Frauen unter gefährlichen Bedingungen für einen Hungerlohn arbeiten. Wir bitten Euch deshalb: Schließt Euch unserem Aktionstag am Donnerstag, den 24. April 2014 an, und stellt Euch damit solidarisch an die Seite der Textilbeschäftigten in Bangladesch.

Dank der Anstrengungen, die im letzten Jahr von UNI und unserer verbündeten Branchengewerkschaft IndustriALL unternommen wurden, konnte in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die Mühsal und Not der Textilbeschäftigten in Bangladesch gesteigert werden – und das Wissen darüber, welche Rolle internationale Markenhersteller spielen und wo Profitstreben sie für die Realität in den Fabriken vor Ort, aus denen sie ihre Ware beziehen, blind macht.

Im letzten Jahr haben UNI und IndustriALL durch das Abkommen für Brand- und Gebäudeschutz für Bangladesch eine Gezeitenwende in der Art und Weise herbeigeführt, wie multinationale Unternehmen im Einzelhandelssektor sich in ihrer Lieferkette benehmen.

Ein Jahr nach der Rana-Plaza-Tragödie gewinnt das von UNI Global Union und IndustriALL ausgehandelte Bangladesch-Abkommen nach wie vor unaufhörlich an Schwung: Mittlerweile haben 160 globale Markenhersteller unterzeichnet. Das Abkommen verändert die Spielregeln für UNI und die Markenhersteller und bildet eine Blaupause für eine neue und gerechte globale Lieferkette. Es ist eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen Markenherstellern und globalen Branchengewerkschaften, wie es sie zuvor in der Geschichte noch nicht gab und deren Ziel es ist, die Textilindustrie in Bangladesch binnen fünf Jahren sicher und nachhaltig zu gestalten. Das Abkommen entstand als Konsequenz aus mehr als 1.800 vermeidbaren Todesfällen durch Brände und Fabrikeinstürze über die letzten sieben Jahre. Die Geschehnisse von Rana Plaza bildeten den tragischen Wendepunkt. Leider wissen wir, dass dies nicht die letzte Tragödie dieser Art gewesen sein wird, wenn nicht alle Akteure und Interessengruppen, inklusive der Markenhersteller und der Regierung, ihre Anstrengungen verdoppeln und die Verbesserungen umsetzen, die im Abkommen eindeutig festgelegt sind.

UNI Global Union | 8-10 Avenue Reverdil | 1260 Nyon | Switzerland

Tel: +41 22 365 2100 | Fax: +41 22 365 2121 | www.uniglobalunion.org 1/9

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Dank der konzertierten Anstrengungen von IndustriALL und UNI unter der Leitung der stellvertretenden Generalsekretärin Christy Hoffman und Alke Boessiger, der Leiterin von UNI Handel, wurden maßgebliche Erfolge erzielt, obwohl zugegebenermaßen noch viel zu tun ist. Endlich müssen multinationale Markenhersteller wie Adidas, Tesco und H&M nun ihre Verantwortung für ihre Zulieferer und ihre Lieferkette wahrnehmen. Wir haben den Markenherstellern und Einzelhändlern klar zu verstehen gegeben, dass wir nichts Geringeres akzeptieren würden als eine rechtsverbindliche Vereinbarung und dass Selbstkontrolle mit den so genannten „Eigeninspektionen“ nicht länger akzeptabel sei. Als Ergebnis haben sich die Unternehmen zu einem umfangreichen fünfjährigen Projekt mit Inspektionen, der Aufbringung von Finanzmitteln für die notwendigen Reparaturen an gefährlichen Fabriken sowie Schulungen für Management und Beschäftigte verpflichtet. All dies wäre ohne die harte Arbeit und die Lobby-Bemühungen von UNI- Mitgliedsorganisationen auf der ganzen Welt nicht möglich gewesen. Wir danken Euch dafür!

Wie sieht der aktuelle Stand der Dinge aus? Wir haben eine Verwaltungsstruktur und ein professionelles Team vor Ort im Einsatz, und Sicherheitsinspektoren führen derzeit in Bangladesch Inspektionen durch. Das Programm läuft mit voller Geschwindigkeit. De facto ergibt jede einzelne Fabrikinspektion kritische Probleme. Wir stehen vor einer beängstigenden Aufgabe, wo Fabriken komplett renoviert werden müssen und die Beschäftigten während dieser Renovierungsarbeiten Unterstützung brauchen. Wir haben die Aufgabe übernommen, in fünf kurzen Jahren die Versäumnisse von dreißig Jahren zu beheben. Bis September sollen die 1.600 Fabriken, die unter das Abkommen fallen und in denen 2 Millionen Menschen arbeiten, inspiziert sein.

In Bangladesch, und da darf man sich nichts vormachen, haben wir immer noch einen ganzen Berg an Arbeit zu bezwingen, aber mit Eurer Unterstützung machen sich UNI und IndustriALL engagiert daran, für die Beschäftigten in Bangladesch eine fairere und gerechtere Arbeitswelt sicherzustellen – von der Fabrik bis hin in die Geschäfte, und dies im Geiste unseres Aktionsplans unter dem Motto „Mit Dir“.

Wir möchten das Geschäftsgebaren in der Lieferkette ein für alle Mal verändern – und zwar im Gedenken an die Opfer von Rana Plaza und anderer ähnlicher Tragödien, die vermeidbar gewesen wären.

Wir möchten Euch dringend bitten, Euch dem Aktionstag am 24. April in Solidarität mit den Textilbeschäftigten in Bangladesch anzuschließen und uns zu helfen, die Botschaft allseits bekannt zu machen. Der Jahrestag ist ein Moment des Gedenkens und der Besinnung, aber auch ein Anlass, unsere gemeinsame Entschlossenheit noch zu verstärken. In diesem Sinne senden wir Euch ebenfalls noch eine Pressemappe inklusive einer Pressemitteilung, die Ihr anpassen könnt, außerdem Video-Interviews, Geschichten und Videomaterial aus Bangladesch, das Ihr mit Euren Netzwerken über traditionelle und soziale Medien teilen könnt.

Unten finden sich detaillierte Hintergrundinformationen über das Bangladesch-Abkommen und seine Auswirkungen.

Vielen Dank nochmals für Eure Unterstützung!

Philip Jennings,

Generalsekretär von UNI Global

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1 Was beinhaltet das Bangladesch-Abkommen und weshalb ist es so wichtig?

Das Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit ist eine bahnbrechende Vereinbarung, die UNI Global Union und IndustriALL mit Markenfirmen und Einzelhändler getroffen haben, die Kleidungsstücke in Bangladesch herstellen lassen. Seit vielen Jahren stellt man fest, dass freiwillige Audits und CSR-Programme in Kleiderfabriken den Beschäftigten in der florierenden Bekleidungsindustrie in Bangladesch keinen Schutz bieten.

Mehr als tausend Personen sind seit 1990 in den Kleiderfabriken Bangladeschs ums Leben gekommen. Die meisten wurden in Fabriken, die keine angemessenen Notausgänge besitzen, zu Tode getrampelt. Viele Fabriken führen keine Notfallübungen durch und haben keine Notausgänge, und in einigen Fällen werden solche Ausgänge sogar solange verriegelt, bis ein bestimmter Auftrag fertig gestellt ist. An zahlreichen Orten wurde Material gefunden, das wichtige Ausgänge versperrt, und in Zugangswegen und Türdurchgängen werden Chemikalien gelagert. Für Fabriken ist es gängige Praxis, die Fabriken in Gebäuden einzurichten, die nicht in erster Linie für Industriezwecke konzipiert wurden oder die schlecht gebaut sind und damit die Gefahren eines Einsturzes mit verheerenden Folgen erhöhen.

'Business as usual' ist somit keine Option in Bangladesch.

Nach mehreren Bränden im Jahr 2010 stellte IndustriALL erstmals Forderungen nach neuen Vereinbarungen mit verbindlichen Verpflichtungen. Damit wurden einige Fortschritte erzielt, doch schwand das Interesse der meisten Markenfirmen ebenso rasch wie die Aufmerksamkeit der Medien. Diese flammte wieder auf nach dem Brand in Tazreen im letzten Herbst, der 100 Todesopfer forderte. Aber auch diesmal verringerte sich das Interesse, als das Ereignis aus den Schlagzeilen verschwand. Und dann folgte der folgenschwere Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes, der in der ganzen Welt Entsetzen auslöste, und erneut wurden weltweit Forderungen nach durchgreifenden Maßnahmen zur Veränderung der Arbeitsmethoden in den Lieferketten laut.

Nach dem Einsturz des Rana Plaza kristallisierte sich die Forderung eines verbindlichen Instruments mit den Global Unions heraus. In gemeinsamen Bemühungen von Gewerkschaften in Bangladesch, Global Unions und Arbeitnehmerrechts-Organisationen wurde das Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch ausgearbeitet. Bisher konnten 160 Bekleidungsmarken für die Unterzeichnung des Abkommens gewonnen werden. Leider weigern sich die meisten US-Marken weiterhin, ein Abkommen zu unterzeichnen, an dem sich Gewerkschaften beteiligen und das sie verpflichtet, Instandstellungsarbeiten durchzuführen, und sie lehnen daher eine Mitwirkung ab.

Mit der Abkommensunterzeichnung sind Markenfirmen und Einzelhändler viele beispiellose Verpflichtungen eingegangen; die im Abkommen erwähnten Arbeitnehmerrechte existierten in Bangladesch noch nie zuvor. Nachfolgend ein Überblick über die wesentlichen Bestandteile des Abkommens:

• Strenge Brandschutz-, Elektrizitäts- und Gebäudesicherheits-Kontrollen im Rahmen des Programms, durch einen unabhängigen Sicherheitsinspektor – der nicht von einzelnen Marken beauftragt wird. Alle (regelmäßigen und zeitweiligen) Lieferanten der Unterzeichner-Markenfirmen oder Einzelhändler haben sich den Kontrollen zu unterziehen.

• Volle öffentliche Berichterstattung über die Inspektionsresultate und

Folgeberichterstattung, ob die ermittelten Gefahren angegangen, bzw. nicht angegangen wurden.

• Verpflichtung der Markenfirmen, dafür zu sorgen, dass die Fabriken über die für Reparaturen/Renovationen/Nachrüstung erforderlichen Mittel verfügen, so auch

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gegebenenfalls durch Preiserhöhungen oder durch direkte Bezahlung der erforderlichen Arbeiten.

• Unterzeichnerfirmen verpflichten sich, eine Liste ihrer Zulieferer in Bangladesch zu veröffentlichen.

• Unterzeichnerfirmen und -Einzelhändler müssen von ihren Lieferanten verlangen, dass sie Inspektionen akzeptieren und rechtzeitig alle als notwendig erachteten Reparaturen/Renovationen/Nachrüstungen vornehmen. Die Unterzeichner werden die Geschäftstätigkeit mit Lieferanten, die sich nicht an Renovationsempfehlungen oder andere Bestimmungen des Abkommens halten, einstellen.

• Ferner werden Unterzeichnerfirmen ihr Geschäftsvolumen bei konformen Fabriken während mindestens zwei Jahren aufrechterhalten, und zwar in einem nicht

geringeren Umfang als bisher.

• Die Fabriken müssen das Recht der Beschäftigten, gefährliche Arbeit abzulehnen, respektieren, so auch das Recht, den Eintritt in Fabrikgebäude oder den Verbleib im Fabriken zu verweigern, wenn sie der Meinung sind, dass sie in Gefahr sind. Damit soll sichergestellt werden, dass sich eine Tragödie, wie die des Rana Plaza, wo Arbeitnehmer zum Eintritt in ein unsicheres Gebäude gezwungen wurden, in keinem Fall wiederholt.

• Unterzeichnerfirmen müssen gewährleisten, das Arbeitnehmer in vorübergehend zu Renovationszwecken gemäß Programm stillgelegten Betrieben bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz (bis zu sechs Monaten) volle Lohnfortzahlung erhalten.

• Ein im Abkommen erwähntes Schulungsprogramm verlangt von den Fabrikbesitzern, die zu den erstrangigen Lieferanten von Marken und Einzelhändlern gehören, dass sie Gewerkschaftsvertretern regelmäßigen Zugang zu ihren Fabriken gewähren, um die Beschäftigten über ihre Rechte und über ihre Rolle in Sicherheitsfragen zu informieren.

• Marken und Einzelhandelsfirmen sorgen dafür, dass in allen vom Abkommen erfassten Betrieben Ausschüsse für Sicherheit und Gesundheitsschutz zum Einsatz kommen, in denen die Arbeitnehmervertretung mindestens 50% beträgt.

• Ein Klagemechanismus erlaubt einzelnen Beschäftigten und den Gewerkschaften, den Inspektoren Beschwerden über bestimmte Fabriken zu unterbreiten, die darauf reagieren können, indem sie den Betrieb für Inspektionen als vorrangig einstufen.

Und schließlich handelt es sich bei diesem Abkommen um ein verbindliches Instrument. Das bedeutet konkrete Verpflichtungen der Markenfirmen anstelle von wagen Versprechen und eine echte Rechenschaftspflicht der Marken und Einzelhändler gegenüber den Beschäftigten über ihre Gewerkschaften.

http://www.uniglobalunion.org/news/accountability-a-core-feature-bangladesh-accord

2 Wie weit ist die Umsetzung des Abkommens vorangekommen?

2.1 Inspektionen

Nach der Festsetzung realistischer, jedoch strenger Sicherheitsnormen beginnt die Stiftung des Abkommens mit der Einführung der ersten Fabrikinspektionen. Vorrangig ist dabei, dass die gefährlichsten Fabriken als Erstes überprüft werden (älteste Gebäude, gemeinsam genutzte Gebäude).

Das vollständige Inspektionsprogramm ist seit sechs Wochen im Gange, und das Abkommen erlangt nunmehr ein deutlicheres Bild von den typischen Sicherheitsproblemen, die zu beachten sind. Die häufigsten Erkenntnisse betreffen: Notausgänge, die nicht von der Fabrikhalle getrennt sind, an den Ausgängen installierte verschließbare Tore, fehlende integrierte automatische Alarmanlagen, Gebäude, die nicht nach Bauplan gebaut sind, so

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dass das strukturelle Widerstandsvermögen grenzwertig ist, elektrische Anlagen sind unzulänglich installiert und gewartet.

Während alle Fabriken bedeutende Probleme ausweisen, wurde eine geringe Anzahl Fabriken wegen kritischer Strukturprobleme vorübergehend geschlossen. Diese wie das Rana Plaza potenziell gefährdeten Gebäude müssen das Gewicht auf der Struktur reduzieren, bevor sie (teilweise) wieder öffnen können. In allen Fabriken werden Korrekturmaßnahmen an der Struktur notwendig sein, um sie zu sicheren Arbeitsorten zu machen.

Die Berichte über die ersten zehn Pilotinspektionen sind auf der Website zu finden. Es ist zu erwarten, dass gegen Ende des Monats immer mehr Berichte hochgeladen werden.

2.2 Rolle der Beschäftigten

Eines der entscheidenden Merkmale des Abkommens ist die zentrale Rolle der Beschäftigten. Die Gewerkschaften von Bangladesch und die Global Unions sind Vollmitglieder des Abkommens selbst und auf allen Entscheidungsebenen vertreten.

Das Abkommen enthält zudem eine nachdrückliche Formulierung, die ein volles Recht auf Verweigerung gefährlicher Arbeit gewährt. Es enthält eine klare Definition der „unsicheren Arbeit“ und sieht ein detailliertes Verfahren vor, das von Fabrikleitern und Beschäftigten einzuhalten ist. Von entscheidender Bedeutung im Kontext der Brand- und Gebäudesicherheit ist, dass der Ansatz sowohl individuelle als auch kollektive Arbeitsverweigerung zulässt.

Das Abkommen sieht zudem auch Arbeitsschutzausschüsse vor, und kürzlich wurden genaue Richtlinien ausgearbeitet, um sicherzustellen, dass diese Ausschüsse es den Beschäftigten ermöglichen, ihre Rechte zu verteidigen. Ortsgewerkschaften können dafür sorgen, dass Aktivisten/innen die Aufgaben der Ausschussmitglieder übernehmen, wenn die Gewerkschaft in der Fabrik eingetragen ist. Sind die Gewerkschaften nicht eingetragen, können sie dafür mobilisieren, dass Unterstützer im Wahlausschuss vertreten sind und dass sich von der Gewerkschaft unterstützte Kandidaten um Sitze im Ausschuss bewerben.

Das Abkommen sieht zudem die Grundsätze eines robusten Beschwerdemechanismus vor, um sicherzustellen, dass das Recht auf Verweigerung garantiert wird und der Arbeitsschutzausschuss eine funktionierende Plattform sein kann. Besondere Beachtung wird Beschwerden von Beschäftigten wegen Repressalien beigemessen, die darauf bestanden, ihre Rechte durchzusetzen.

Schließlich wurde im Rahmen des Abkommens kürzlich auch ein umfassendes Programm für Arbeitnehmerschulung entwickelt. Ziel ist es, Fabrikleiter und Beschäftigte zu befähigen, die Umsetzung der wichtigsten Bestimmungen des Abkommens in die Hand zu nehmen. Zu diesen gehören: Abhilfemaßnahmen bezüglich der Ergebnisse der Inspektionen, Betreiben von Arbeitsschutzausschüssen und, falls notwendig, Inanspruchnahme des Beschwerdemechanismus und Ausübung des Rechts auf Verweigerung unsicherer Arbeit.

Die Kerngrundsätze des Schulungsprogramms sind: aktionsbasiertes Lernen, Neuausrichtung, Integration und wechselseitiges Lernen (Peer-Learning), Dialogorientierung und Vertrauensbildung, Beteiligung an der Beschlussfassung, Gewerkschaftsbeteiligung, Transparenz und gute Qualität.

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3 Erhalten die Opfer des Einsturzes des Rana Plaza Entschädigung?

Für die Opfer geht das Leiden auch nach einem Jahr weiter. Viele, die sich an diesem schrecklichen Tag im Gebäude befanden, haben nicht überlebt. Andere erlitten entsetzliche Verletzungen, verloren Ehemänner und Ehefrauen, Kinder und Eltern, Brüder und Schwestern. Dies kann niemals entschädigt werden, doch können und sollten sie für den Einkommensverlust und die medizinischen Kosten entschädigt werden.

Das Rana-Plaza-Abkommen ist ein beispielloses koordiniertes Abkommen, das es Familien und Überlebenden der Rana-Plaza-Tragödie mittels eines einmaligen koordinierten Ansatzes im Einklang mit den IAO-Normen ermöglicht, Entschädigung zu erhalten. Das Abkommen wird gewährleisten, dass all diejenigen, die infolge des Einsturzes Verluste erlitten, Zahlungen erhalten, um den Einkommensverlust und die medizinischen Kosten zu decken.

Vertreter der Regierung, der Bekleidungsindustrie auf örtlicher und internationaler Ebene, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen traten zusammen. Zweck war es, unter der Leitung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) als neutraler Vorsitzender ein umfassendes, unabhängiges Verfahren zu erarbeiten, das den Opfern, ihren Familien und Angehörigen auf berechenbare Weise im Einklang mit den internationalen Arbeitsnormen Unterstützung leisten würde.

In diesem Rana-Plaza-Abkommen ist ein transparentes, zugängliches Forderungsverfahren festgelegt, das die Opfer, ihre Familien und Angehörigen unterstützen wird. Örtliche Organisationen und internationale Experten können den Opfern dabei helfen, ihre Forderungen zu erheben, die Höhe der Zahlungen für jeden Empfänger einzuschätzen, medizinische Beurteilungen durchzuführen und bei Bedarf für Nachbetreuung zu sorgen.

Diese Zahlungen werden über den Treuhandfonds der Rana-Plaza-Spender finanziert, der für Beiträge von Organisationen, Unternehmen oder Einzelpersonen, die die Bereitstellung finanzieller und medizinischer Unterstützung für Rana-Plaza-Familien unterstützen möchten, offen steht. Aus unseren Berechnungen geht hervor, dass mindestens 40 Millionen USD im Treuhandfonds des Abkommens erforderlich sind, um den Einkommensverlust und die medizinischen Kosten der Überlebenden und Opferfamilien der Rana-Plaza-Katastrophe gemäß dem IAO-Übereinkommen Nr. 121 in vollem Umfang zu decken. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts befanden sich lediglich 15,1 Millionen USD im Treuhandfonds.

Die Marken gliedern sich grob ausgedrückt in drei Kategorien:

Eingezahlt – kein Zielunternehmen mehr (diese Spalte ist nicht für

öffentliche Nutzung bestimmt)

Eingezahlt – müssen mehr einzahlen Nicht eingezahlt und mit Rana Plaza in Verbindung stehend

• Primark

• Gap

• VF Foundation

• N Brown Group

Anmerkung: Es wäre zu begrüßen, wenn diese Marken mehr einzahlen würden, doch werden sie nicht der Hauptfokus sein,

da entweder a) im Falle von Primark die

Einigung seit langem erfolgt war

• Bonmarché

• Asda


• C&A

• The Children's Place

• Wal-Mart

• Camaïeu

• El Corte Inglés

• Inditex

• Kik

• Loblaw

• LPP S.A.

• Mango

• Mascot

• Premier Clothing

• Adler Modemärkte

• Ascena Retail

• Auchan

• Benetton

• Carrefour

• Cato Fashions

• Grabalok

• Güldenpfenning

• JC Penney

• Kids for Fashion

• Manifaturra Corona

• Matalan

• NKD

• PWT / Texman

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oder

b) sie nicht direkt mit Rana Plaza in Verbindung standen

• Yes Zee

Siehe nachstehend Frequently Asked Questions on compensation (in Englisch)

4 Wie verbessert sich das Leben der Beschäftigten in Bangladesch?

4.1 Löhne

Infolge des internationalen Drucks gab die Regierung von Bangladesch im vergangenen Jahr eine Erhöhung des Mindestlohns von 3 000 Taka auf 5 300 Taka bekannt. Die vorgeschlagene Erhöhung stellt zwar einen Anstieg des derzeitigen Mindestlohns von 3 000 Taka (28,48 EUR) um 77% dar, doch wird sie noch immer lediglich 21% des Betrags von 259,80 EUR (25 687 Taka) ausmachen, den die Asia Floor Wage Alliance als Existenzminimum für das Land errechnet.

Darüber hinaus meldeten die Gewerkschaften, dass trotz des neuen gesetzlichen Mindestlohns nicht alle Fabriken allen Beschäftigten den erhöhten Mindestlohn zahlen.

Zugleich erhöhten sich zusammen mit dem nationalen gesetzlichen Mindestlohn mehrere sonstige tägliche Ausgaben der Beschäftigten (wie Wohnkosten).

4.2 Vereinigungsfreiheit

Die Regierung von Bangladesch liberalisierte zudem die Eintragung von Fabrikgewerkschaften. Während im vergangenen Jahr drei Fabrikgewerkschaften tatsächlich eingetragen waren, waren es im April tatsächlich 126, und weitere 83 Eintragungen waren anhängig. Einige dieser eingetragenen Fabrikgewerkschaften sehen erneutes Vertrauen und verbessern mit Erfolg die Achtung der Arbeitnehmerrechte in ihren Fabriken. Eine Handvoll von ihnen ist sogar im Begriff, einen Forderungskatalog an das Management auszuarbeiten, um Tarifverhandlungen aufzunehmen.

Dennoch ist die Gewerkschaftsarbeit in Bangladesch nach wie vor mit Problemen konfrontiert. Berichte über Gewerkschaftern/innen, die bedroht, schikaniert und geschlagen werden, sind zahlreich. Außerdem sind die Rechtsvorschriften für die Bildung einer Gewerkschaft weiterhin prohibitiv und erschweren nach wie vor eine wirksame gewerkschaftliche Organisierung.

5 Was könnt ihr tun?

5.1 Helft uns, Informationen zu sammeln:

Die Bekleidungs-Lieferketten gehören zu den undurchsichtigsten globalen Lieferketten. Wir wissen daher nicht genau, wer sich wo eindeckt. Bitte helft uns, Klarheit zu schaffen, indem ihr Markenfirmen und Einzelhändler in euren Ländern fragt, ob und wie viel sie in Bangladesch herstellen lassen. Ihr könntet eure Rechte als Gewerkschaftsvertreter, Betriebsräte oder EBR nutzen, um diese Informationen zu erhalten, und die ihr dann an uns weiterleitet.

Der UNI Global Union-Hauptsitz spielt eine führende Rolle, um weitere Unternehmen für das Abkommen zu gewinnen. Leider besitzen wir nur wenige Informationen über die Bekleidungsindustrie der einzelnen Länder. Wir gelangen daher an euch als Experten für die in eurem Land tätigen Markenfirmen und Einzelhändler.

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Seid ihr der Meinung, dass uns wichtige Akteure auf dieser Liste fehlen https://docs.google.com/spreadsheet/ccc?key=0Akfz75AHnF_SdEJ5ZmVkR3o4TUNFZHdo VXFhSXVLb1E&usp=sharing ? Besitzt ihr andere wertvolle Informationen? Bitte richtet eine entsprechende Botschaft an ben.vanpeperstraete@uniglobalunion.org.

5.2 Beitrag zu den Teilen des Abkommens über Arbeitnehmerschulung

Wie zuvor erwähnt, nahm UNI zusammen mit IndustriAll an Gesprächen über die Umsetzung der Aspekte der Arbeitnehmerbeteiligung teil. Dies führte zu Empfehlungen über die Verfahren für die Verweigerung der Arbeit, anonyme Arbeitsschutzbeschwerden, Arbeitsschutzausschüsse und Schulungsprogramme.

Darüber hinaus wird das Abkommen demnächst einen Schulungskoordinator einstellen (siehe auch http://www.bangladeshaccord.org/2013/12/job-announcement-training- coordinator/), der im Rahmen des Abkommens die Ausarbeitung von Ausbildungsmodulen für die Ausschüsse sowie andere Schulungsinitiativen beaufsichtigen wird. Wir sind der Überzeugung, dass die Mitgliedsgewerkschaften im Laufe der Jahre erhebliche Ressourcen für die Ausarbeitung von Arbeitnehmerbildungsmaterial aufgewandt haben. Wir möchten einige dieser Programme als Modelle mit den Mitarbeitern/innen des Abkommens teilen.

Wir suchen nach Schulungsmaterial, das sich befasst mit:

• der eigentlichen Funktionsweise von Arbeitsschutzausschüssen;

• der Unfalluntersuchung, und

• Betriebsinspektionen.

Zudem sehen wir uns, ungeachtet des Themas, nach Schulungen um, die effiziente Methodiken für Arbeitnehmerbildung aufzeigen. Wir sind insbesondere an Programmen interessiert, die für halbgebildete oder vollständig ungebildete Beschäftigte entwickelt wurden.

Wir bitten um Übersendung des Materials (vorzugsweise in elektronischer Form) möglichst bis Ende Mai an ben.vanpeperstraete@uniglobalunion.org. Geeignete, qualifizierte Bildungskoordinatoren können direkt ermutigt werden, ihren Lebenslauf zusammen mit einem Bewerbungsschreiben an den für Tätigkeiten in Bangladesch verantwortlichen Direktor unter rob.wayss@bangladeshaccord.com elektronisch einzureichen.

5.3 Verbreitet die Informationen an eure Mitgliedsorganisationen und Netze

Die Sensibilisierung für die Geschehnisse und dafür, was in Bangladesch nicht geschieht, ist von entscheidender Bedeutung, um Fortschritte bei der Verteidigung der Arbeitnehmerrechte zu erzielen. Ihr könnt gerne Teile dieses Schreibens kopieren, ändern, übersetzen und euren Kollegen/innen, Mitgliedsorganisationen und Medienkontakten übermitteln. UNI hat auch eine umfassende Website mit zahlreichen Informationen eingerichtet:

www.UNIBangladeshAccord.org

5.4 Setzt die Unternehmen unter Druck, das Abkommen zu unterzeichnen:

Als Gewerkschaftsorganisationen, die in bestimmten Markenfirmen und Einzelhändlern vertreten sind, und als UNI-Mitgliedsorganisationen seid ihr bestens in der Lage, Druck auf Marken auszuüben, die Bekleidung in Bangladesch herstellen lassen, um sie zur Unterzeichnung des Abkommens zu drängen. Ihr könntet Pressemitteilungen veröffentlichen, Aktionen durchführen oder diese Frage im Rahmen der Betriebsräte zur Sprache bringen – was immer eures Erachtens am besten funktioniert. Sollten auch andere Organisationen (z. B. Oxfam Australia http://www.oxfam.org.au/naughty-or-nice) oder die Kampagne für saubere Kleidung (http://www.cleanclothes.org/about/contact) Kampagnen bezüglich

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gezielter Marken durchführen, ist es entscheidend, dass ihr euch gegenseitig laufend über eure Strategien informiert.

Wenn ihr der Meinung seid, dass UNI Global Union euren Strategien zur Gewinnung von Unternehmen für das Abkommen Nachdruck verleihen kann, bitten wir euch um entsprechende Mitteilung an ben.vanpeperstraete@uniglobalunion.org.

5.5 Setzt die Unternehmen unter Druck, in den Entschädigungsfonds einzuzahlen:

Als Gewerkschaftsorganisationen, die in bestimmten Markenfirmen und Einzelhändlern vertreten sind, und als UNI-Mitgliedsorganisationen seid ihr bestens in der Lage, Druck auf Marken auszuüben, die Bekleidung in Bangladesch herstellen lassen oder, im weiteren Sinne, auf Bangladesch, um das Land anzuhalten, (mehr) zum Rana-Plaza-Abkommen beizutragen. Dies lässt sich erzielen, indem spezifische Marken um eine Zusammenkunft ersucht werden, um über die Entschädigungen zu diskutieren, auf Aktionärsversammlungen vorzubereiten und/oder Straßenaktionen zu organisieren und/oder sich diesen anzuschließen.

5.6 Spezifische Fragen

Wenn ihr der Meinung seid, dass UNI Global Union euren Strategien zur Gewinnung von Unternehmen für das Abkommen Nachdruck verleihen kann, bitten wir euch um entsprechende Mitteilung an ben.vanpeperstraete@uniglobalunion.org.

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