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(1)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie

/«)/ I im Osmanischen Reich (Ende 16. Jahrhundert)

-t-

Von Klaus Röheboen, Gießen

1. Die Organisation der Finanzbürokratie

Die osmanische Finanzverwaltung im 16. und 17. Jahrhundert ist

deutlich in 2 Abteilungen geschieden: (1.) Beamte, die für die Steuer-

Fonds zuständig sind, die als Pfründen {hmar, zeamet, has) vergeben

werden. An ihrer Spitze steht der Defter emini. An Bedeutung treten

diese Pfründen-Vorsteher {timar defterdari) deutlich zurück' hinter

(2.) den Fiskus-Vorstehern {mal defterdari, hazine defterdari), verant¬

wortlich für das Einheben der Steuern von den Krongütern {has) und den

Regaheu^ des Sultans und für die Entlohnung der Sold-Empfänger in

Heer und Verwaltung. Nur diese Fiskus-Vorsteher sind Gegenstand

unserer Studie.

a) Fiskus-Vorsteher am Hof. Für das 15. und das frühe 16. Jahr¬

hundert ist nicht klar, wieviel Fiskus-Vorsteher {defterdär) es am Hof

gibt. Nach dem Historiker ÄlI gibt os um 930/1523—1524 nur einen

Fiskus-Vorsteher am Hof^. Schon 932/1526 erwähnt eiu anderer Chronist*

aber 2 Fiskus-Vorsteher, ab 1526 oder 946/1539 werden es 3^, von

' Vgl. für die Zweiteilimg der Finanzverwaltung : Fekete — Käldy-Nag y

754. Bei Ayn-i Ali (12aff.) sind die Pfründen der Provinz-Pfründen-Vor¬

steher nur halb so groß wic dio Pfründen der Fiskus-Vorsteher.

2 Kopfsteuer {cizye) der Christen, Bergwerke, Ölquellen, Salinen, Reis¬

felder, Fischerei, Seiden-Herstellung, Ersatz-Geld {bedel) für Fronden {avariz).

3 Kunh 116a. Ein zweiter Fiskus-Vorsteher, so heißt es dort, war in Aleppo (vom Hof dorthin versetzt ?).

^ ]VIatbak(?i 100b: Der Defterdär Mahmud ^^elebi bleibt am Hof, während der „Defterdär von Rumelien" mit dem Großvesir nach Ungarn zieht.

5 Das Jahr 1526 ist naoh Dilger 22 gegeben, der nur europäische Quellen

benutzt hat. In türkischen Quellen haben wir den ersten sicheren Hinweis

auf die Existenz von 3 Fiskus-Vorstehern am Hof in Anon. Esat 3363. Auf

fol. 23 a/b finden wir dort die Sitzordnung bei dem Boschneidungs-Fest für

die Prinzen im Jahr 946/1539. Bei dem Essen für die weltlichen Beamten

sitzen auf der hnken Seite an erster Stelle 3 Fi.skus-Vorstoher : hizane-i amire defterdari, ikinci defterdär, üfüncü defterdär. Viel weiter hinten in der Rang¬

folge sitzen bei diesem Essen: Rumiii kethüdasi, Rumiii defterdari, Anadolu kethüdasi, Anadolu defterdari. Hier werden also die Defterdars zusammen mit den Kethüdas erwähnt. Es sind also Provinz-Pfründen-Vorsteher {timar defter-

(2)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 119

995/1587 bis 1035/1625—1626 sind es 4". Die Zuständigkeit ist nach

geographischen Gesichtspunkten verteilt: (1.) der Fiskus-Vorsteher für

Rumelien (er steht später im Rang über den anderen Fiskus-Vorstehern

als Ba§defterdar'')\ (2.) der Fiskus-Vorsteher für Anatolien; (3.) der

Fiskus-Vorsteher für Istanbul^; (4.) der Fiskus-Vorsteher für die Gebiete

am West- und Nordrand des Schwarzen Meeres*.

b) Fiskus-Vorsteher in Provinzen. „Der Fiskus-Vorsteher für

Arabien und Ostvölker" {arap ve acem defterdan) in Aleppo ist der erste

Provinz-Fiskus-Vorsteher, ernannt wahrscheinlich gleich nach der Er¬

oberung Syriens (1516), spätestens aber 940/1534"'. Seine Jurisdiktion

wird im Laufe des 16. Jahrhunderts aufgeteilt. Nach einer zwischen

1606 uud 1611 verfaßten Quelle'' existieren in folgenden Provinzen in

Asien Fiskus-Vorsteher : Karaman'^, Zypern (mit einigen Bezirken auf

dem Festland), Damaskus, Tripolis (Syrien), Aleppo, Diyarbaku,

Bagdad, Erzurum. In Europa: Bosnien, Buda (mit Eger und Kauizsa),

Temeschwar. Die Provinz-Fiskus-Vorsteher haben nach dieser Quelle

z.T. beträchtliche Pfründen, bis 200000 Aktsche Jahres-Ertrag'^, und

in einem zwischen 1574 uud 1620 verfaßten Gesetzbuchs^ heißt es: ,,Alle

meine Fiskus-Vorsteher (mal defterdari), sei es am Hof oder in den

Provinzen, sind von gleichem [Rang], was Sitzordnung und Titel angeht."

2. Die Finanzkrise seit Ende des 16. Jahrhunderts

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kommen die ökonomischen

Grundlagen des Osmanischen Reiches plötzlich in Bewegung. Die Ent-

dari). Uzun<;ab§ili : Merkez, 328 Anm. 1, vorwechselt offenbar diese Provinz- Pfründon-Vorstehor mit den Hof-Fiskus-Vorstehern.

« Sbl 221; Na II 398.

' Wahrscheinlich kennen zeitgenössische Quellen den Ausdruck Ba§dejter-

dar nicht. Die Quellen vom Ende des 16. Jahrhunderts nennen aber z. B.

sohon den Iskender ^elebi so (Ba^defterdar ab 930/1524).

8 Auch genaimt: ,^ikk-i sani defterdan {Künh 20Sh, 244a; Sel 165a, 195 b —■

196 a). Erst viel später wird dieser Ausdruck für den Defterdär von Anatolien gebraucht.

* Er heißt : Tuna defterdari. Seine Jurisdiktion geht aber tatsächhch bis

nach Otschakow am Dnepr (vgl. Na II 398).

1° Die Konskription Syriens wird offenbar schon 1517 begonnen (vgl.

Hammer II 525). Für Damaskus scheint Hammers Angabe aber falsch zu

sein. Nach Anon. Bevan 1099 (4a) läßt Selim I. den Grossbey von Damaskus

Gazali fiskalisch selbständig. Anon. T. 2361 (23 b) nennt rmter 940/1534 den Defterdär von Aleppo : müharrir von Damaskus.

1' Ayn-I AlI 6a ff.

12 Nach Mehmed ArIf (17 Anm. 2) war Karaman ursprünglich beim

Defterdär von Anatolien.

13 AvN-i Ali 14ff. '* Kanunname 13.

(3)

120 Klaus Röhrborn

Wicklung der Steuern und Preise ist ein gutes Barometer für die ökono¬

mischen Verhältnisse im Reich: Erste Anzeichen für eine anormale

Entwicklung sind das rapide Steigen der Salzpreise in Bosnien seit dem

Jahr 1574'5 und ein plötzliches Sinken des Geldwertes und die Erhöhung

der Kopf-Steuer [cizye) im Jahr 1577'«.

Der Staatshaushalt kommt aus dem Gleichgewicht. Wir stützen uns

hier mehr auf Beobachtungen von einzelnen mehr oder weniger zeit¬

genössischen Autoren, weü nur ein wirkliches Budget aus unserem Zeit¬

raum veröffentlicht ist.

Nach KätIp QelebI entsprechen noch im Jahr 972/1564 die Einnahmen

des Fiskus ungefähr den Ausgaben". Das Budget des Fiskus im Finanz¬

jahr 974—5/1567—8 scheint diese Ausgeglichenheit zu bestätigen'*. Man

könnte sogar aus einer politischen Denkschrift aus der Zeit Murads III.

(1574-—1595) auf ein ausgeglichenes Budget schließen: Der Verfasser

warnt nämlich den Sultan, weiterhin Schenkungen (temlik) von Ländern

an die Vesire zu machen. Das Einkommen (varidut) [des Staates] würde

sonst bald den Ausgaben (masarif) nicht mehr genügen".

Nach den Iran-Kriegen (1576-—1588) teilt der Großvesir Sinan Pa§a

i dem Sultan in einer Eingabe (telhis) jedoch mit, daß die Einnahmen

Xdes Fiskus] nur ca. 2/3 der Ausgaben decken^". Aber auch andere Er¬

scheinungen verraten diese Tatsache : Um den Sold für die Hof-Truppen

(kapukullan) aufbringen zu können, nimmt mau Zuflucht zu einer

j Devalvation des Geldes. Der Silbergehalt der Aktsche für den Sold der

Hof-Truppen im Jahr 992/1584 ist beinahe um die Hälfte gesenkt^'.

Diese Maßnahmen haben einen Aufstand der Janitscharen zur Folge.

Auch in den Jahren 997/1589^2, 1001/159323 und 1014/16062* hören wü

von Meutereien der Hof-Truppen, weü die Aktsche für den Sold zu wenig

Sübergehalt hat oder weü der Sold nicht reicht oder verspätet kommt.

Unter dem Jahr 1000/1592 berichtet SelänIki, daß es bei jeder Aus¬

zahlung des Soldes (alle drei Monate) an die Hof-Truppen (kapukullan)

'6 Hand&ö 131 ff. 18 Had&begiö 52.

" KÄTIP ^ELEBi: Destur 127.

18 Die Einnahmen sind um 4 670 635 oder 7 502 493 Aktsche höher als die

Ausgaben (Barkan 291, 298, 304 Anm. 17). Freilioh muß gesagt werden, daß

13,9 V. H. der Einnahmen ,, unregelmäßige Einnahmen sind, die nicht jedes

Jahr anfallen". Die Ausgaben fallen aber wahrscheinlich alle regelmäßig an.

Vgl. dazu SahIllIoölu 91.

1' Hirz al-mulük 16 b.

2" Zitiert bei SAHiLLioÖLU 92.

" SAHiLLioÖLU 92. UzuN(jAR§iLi : Kapukulu I 468ff.

22 Sel 252ff.; MüneccImba^i III 561.

28 MÜNECCiMBA§i III 564; Na I 77.

2< Na I 437—438.

(4)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 121

Schwierigkeiten gibt*^ Von diesen Nöten klagt SelänIki auch unter den

folgenden Jahren immer wieder^«. Im Jahre 1015/1606—1607 scheitert

ein Feldzug, weü der Sold nur für die Janitscharen reicht. Die Hof-

Reiter {alh bölük halki) kehren unterwegs um^'. Das ist nicht der einzige

Fall dieser Art. Auch später berichten uns die Chroniken gelegentlich

Ähnliches^s.

Um den Sold der Hof-Truppon aufbringen zu können, hilft man sich

mit Krediten: Im Jahr 999/1591 leiht man sich zu diesem Zweck 70000

Goldstücke vom Vollstrecker des Testaments des gerade verstorbenen

Vorstehers der Hof-Boten {(;ahu§ba§i)'''^ . Seit dieser Zeit kommt der Fiskus

oflFenbar nur für kurze Perioden ohne Kredite aus^". Um die Mitte des

17. Jahrhunderts ist schließlich das Steueraufkommen für ein oder zwei

Jahre im voraus an die Gläubiger verpfändet^!.

Über die globalen Ursachen der ökonomischen Krise des Osmanischen

Reiches im 16. Jahrhundert (Verlagerung der Handelswege usw.) habeu

uns in jüngster Zeit N. Beldiceanu^^ und andere . Autoreu wertvolle

Aufklärung gegeben.

Hier soll das nur als Hintergrund dienen: Die Finanzkrise ist einer

der Gründe für den Macht-Gewinn der Finanzbürokratie am Ende des

16. Jahrhunderts. Die wichtigste Aufgabe des Großvesirs wüd es jetzt,

bares Geld herbeizuschafFen : Im Jahre 1001/1593 wüd Sinan Pa§a zum

dritten Mal Großvesir, weil die Truppen wegen des Soldes revoltierten.

Bei dieser Gelegenheit soll er mit Bezug auf seinen gestürzten Vorgänger gesagt haben: ,,Mit armen Vesiren ist eben nichts zu machen". Er wollte

damit sagen, kommentiert der Chronist Seläniki: ,,Ab jetzt kann keiner

mehr Großvesü werden, der nicht reioh ist, um deu Engpaß iu der Sold-

Zahlung zu überwinden"33. Leute mit Erfahrung in Finanzdingen werden

wichtiger: Als Sinan Pa§a eines Tages die Absetzung des Fiskus-Vor¬

sts Sel 324. Auch die Telhis-Tey-te aus don Jahren 997/1589 — 1000/1592, die Faboqhi (173) untersucht hat, zeigen diese Schwierigkeiten bei der Sold- Zahlung.

28 Sel 340—341 (unter 1001/1592), 159a, 165a (unter 1002/1594), 180b

(unter 1003/1594), 222b, 224a (unter 1004/1595), 273a (unter 1006/1597).

2' Na I 449.

28 Fe II 391; Na IV 24.3—244; Feridun II 304ff.

29 Sel 274.

8» Unter dem Großvesir Kara Mustafa Pa^a (amtiert 1639—1644) scheint

es ohne Kredite zu gehen. Die Chroniken berichten, daß er die Tezkeres ab¬

schafft und die Ausgaben in bar bezahlt (MüneocImba^i III 692; Na IV 57).

81 Na V 60 (für 1061/1651), 188 (für 1062/1651—52), 282 (für 1063/1653),

VI 14 (für 1065/16,54); MüneccImba^i III 703.

82 Beldiceanu 7 Off.

88 Sel 140a: ulufe muzayahasin def'e iatitaat-i maliyeai olmtyan i^imdengeri sadrni§in olamaz.

(5)

122 Klaus Röhbboen

Stehers (defterdär) für Anatohen, Burhaneddin Efendi, beantragt, erhält

er vom Sultan die Antwort: ,,Wer sich bemüht, [Steuern] ffir dcu Fiskus

einzutreiben, wird nicht abgesetzt"^«. Fähige Fiskus-Vorsteher sind eben

seit dieser Zeit unentbehrlich. Ein Großvesir muß gelegentlich auch

einen Fiskus-Vorsteher tolerieren, der ihm nicht genehm ist, wenn er

nur seine Sache gut macht^^.

3. Die Fiskus-Vorsteher und die Vesire .

a) Fiskus-Vorsteher im Staatsrat (divan). Der osmanische

Staat des 16. und 17. Jahrhunderts hat im Sultan eine monokratische

Spitze. Eiu beratendes Kollegium von Vesiren, Geistlichen (kazasJcer)

und Fiskus-Vorstehern (defterdär) steht ihm zur Seite. Die Exekutive,

im Prinzip allein beim Sultan, wird oft dem Prädidenteu dieses Rats,

dem Großvesir, überlassen, der dann eine außerordentlich starke Stellung

gegenüber den anderen Mitgliedern des Rats einnimmt. Parallel mit der

Ausweitung des Reichs und der Verwaltung erhöht sich die Zahl der

Mitglieder des Rats (divan). Die Zahl der Vesire im Divan steigt: Bis

1521 sind es mit dem Großvesir 3, seit dieser Zeit 4^*, seit spätestens

Ende 973/Aufang 1566 sind es 5»', seit spätestens 978/1570—1571 schlie߬

lich 7 Vesire^ä. Um 1042/1632—33 gibt es wahrscheinlich (eine Zeitlang)

11 Vesire im Divan^^.

Übrigens nehmen auch Großbeys (Provinz-Statthalter), die am Hof

weilen, mitunter am Divan teil. Was die Vermehrung der Vesire für die

Stellung des Großvesirs bedeutet, sagt deutlich eiu politisches Traktat

aus der Zeit Murads III. (1574—1595): ,,Die Tatsache, daß es nicht nur

1 oder 2, sondern 6 oder 7 Vesire gibt, ist nicht allein dazu da, die

Majestät der Herrschaft zu demonstrieren. Das wmde vielmehr zur

Beratung der Staatsangelegenheiten eingerichtet. Daher darf keiner

[der 6 anderen Vesire] gegen seine Meinung und aus Furcht zustimmen,

3* Sel 146b: beylülmal iahsiline sdy eden azlolmaz.

=8 NaIma (V 300—301) berichtet unter dem Jahr 1063/1653, daß der Gro߬

vesir Dervi? Pa^a gegen den damaligen Ba§defterdar Rachegofühle hegt. Da

man am Hof aber in Geldnot ist und der Ba§defterdar ein fähiger Mann, läßt

er ihn unbehelligt.

38 Vgl. Hammer III 626.

3' Anon. T. 2361 (57 a) erwähnt unter diesem Jahr 5 Vesire.

33 Anon. T. 2361 (70a) erwähnt unter diesem Jahr 7 Vesire. Unrecht hat

also Aziz EfendI (129b; verfaßt 1042/1632—33), der meint, bis zur Zeit

Murads III. (1574—1595) hätte es nur 4 Vesire gegeben. 7 Vesire erwähnt

dann auch NaIma (I 80) unter 1001/1593 usw., SelänikI (169b) unter 1002/

1593—94.

8' Aziz Efendi 130a.

(6)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 123

wenn der Großvesir in wichtigen Dingen Maßnahmen vorschlägt, die

suspekt sind und Verwirrung in den Staat bringen könnten. [Sondern]

sie sollen seine bösen Absichten heimlich oder öffentlich dem Sultan

melden"«».

Ähnliche Folgen für die Stellung des Großvesirs hat natürlich auch die

Vermehrung der Fiskus-Vorsteher, die am Divan teilnehmen: Ist es

zunächst vielleicht nur einer tuid sind es bis 1526 oder sogar bis 1539

nur 2 Fiskus-Vorsteher, so werden es seit dieser Zeit 3, von 995/1587 bis

1035/1625—1626 sind es 4*'. Damit aber nicht genug: Dio Stellung der

Fiskus-Vorsteher gegenüber dera Großvesir wird aufgewertet. Nachdem

sie ursprünglich nur über den Großvesir (oder nach vorheriger Infor¬

mation des Großvesirs) dem Sultan Bericht erstatten konnten*^, haben

sie seit dem Ende des 16. Jaluhunderts wie alle Z)imw-Mitglieder (außer

dem Ni§anct) das Rocht, dom Sultan ihre Anliogon persönlich zu unter-

brciten*^. Diese Aufwertung der Fiskus-Vorsteher wollen wir jetzt im

Detail verfolgen. Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich mit einem

anderen Beamten der Bürokratie, mit dem Schreiber {ni§anci) für die

Intitulatio (tu^ra) auf Urkunden. Darauf wird nur gelegentlich verwiesen.

b) Die Rangordnung der Staatsbeamten. Nach einer (zwischen

948/1541 und 974/1566 verfaßten) Quelle** ist die Rangordnung im

16. Jahrhundert folgende (ständige Dimw-Mitglieder gesperrt):

1. Großvesir 2. übrige Vesire 3. Großbeys

4. die 2 Hof-Kadis (kaza.sker)*^

5. Kadis von Brussa, Edirne, Istanbul und der oberste Fiskus-

Vorsteher (ba§defterdar)

6. Kadis der Provinz-Hauptstädte (taht kazilan) und dio übrigen Fiskus-

Vorsteher (defterdär) und der Intitulatio-Schreiber (ni§anct).

Er hat Vortritt vor den Fiskus-Vorstehern, wenn er älter ist als sie*«.

*" Hirz al-mulük .30a/b : . . . fi.kr-i fdsidiv ve hayal-i kdsidin hazret-ipadi§ah-i dhana ya sirran veya aleniyelen ayan ve beyan eyliyeler.

^1 Vgl. oben Anm. 3—6.

Hammeb: Staatsverfassung II 144 (Was sind die Quellen ?).

*3 Nach dem sogenannten Gesetzbuch Mehmeds II. (13), verfaßt spätestens 1620.

*^ Asafname 18ff.

^8 Die 2 Hof-Kadis sind auf Seite 18 von Asafname vergessen. Sie gehören aber an diese Stelle in der Rangfolge (vgl. Asafname 26,30,38—39).

*" Vortritt nach Anciennität war gemäß PeqevI (I 47) erst seit der Zeit des

Ni§anci Celalzado Mustafa Qelebi (im Amt 941-—964) übhch.

(7)

124 Klaus Röhrborn

Nach zahlreichen, bei Dilger*' ausgewerteten Quollen entspricht die

obige Rangordnung der Sitzordnung im Divan noch wenigstens bis

1553 und an der Tafel wenigstens bis 1574.

Die Sitzordnung im Divan, die das sogenannte Gesetzbuch Mehmeds //.**

gibt, ist etwa die oben gezeigte. Die Abfassungszeit dieses Stücks des

Gesetzbuchs ist jedoch unsicher. Die Tafel-Ordnung dieser Quelle*' aber^

die DiLGEB^" auf die Zeit von 1574 bis 1620 datiert, zeigt Änderungen,

Tafel-Ordnung im sogenannten Gesetzbuch Mehmeds II. :

1. Tisch: Großvesir und oberster Fiskus-Vorsteher (ba§defterdar)

2. Tisch: übrige Vesire, übrige Fiskus-Vorsteher {defterdär), Intitulatio.

Schreiber {ni§anci) 3. Tisch: die 2 Hof-Kadis (kazasker)

Übrigens werden auch an anderen Stelleu des Gesetz buches^' die Fiskus-

Vorsteher {defterdär) vor den Hof-Kadis (kazasker) erwähnt. Diese Tafel¬

ordnung wird bis zum Ende des 18. Jahrhunderts beibehalten. Spätestens

seit 1676 sitzt aber auch der Intitulatio-Schreiber am 1. Tisch.

In welchem Jahr die Bevorzugung der Fiskus-Vorsteher {defterdär)

erstmals erfolgt, läßt sich nicht genau sagen. Vielleicht hängt aber eine

Bemerkung SelänIkIs (für 994/1586) damit zusammen: Bei der Er¬

nennung von Üveys Pa§a zum obersten Fiskus-Vorsteher {ba§defterdar)

wird befohlen, für ihn ,, einen Stuhl bei deu Vesiren aufzustellen, wenn

er Finanzfragen vorträgt"*^. Im Jahr 1002/1594 gilt es dann schon als

Gesetz {kanun), daß der oberste Fiskus-Vorsteher (ba§defterdar) beim

Vortrag der Finanzfragen {kazaya arzi) und beim Essen {yemek) „hei den

Vesiren auf einem Stuhl sitzt"^^

c) Einkünfte der Fiskus-Vorsteher. In der Einkommens-Skala

kommen dio Fiskus-Vorsteher mit Abstand am Schluß der Divan-

Mitglieder^*. In der folgenden Aufstellung sind die Angaben des soge¬

nannten Gesetzbuchs Mehmeds II. nicht berücksichtigt, da wir sie noch

nicht deuten können. Wir nehmen die Daten über die Pensions-Bezüge

aus dem Asafnaine^^ (verfaßt zwischen 1541 und 1564), wenn nicht

anders angegeben. Das sind also normative Angaben. Bei den Dienst-

Bezügen handelt es sich aber nicht um normative Angaben. Sie stammen

aus verschiedenen Quellen.

" Dilger 114—116. Kanunname 13.

Kanunname 15. ^° Diloer 116. Kanunname 16.

82 Sel 204: . . . kazaya-i maliye okumak Idzim oldukta vüzera-i izam liuzu- runda . . . iskemle komak buyruldu.

88 Sel 165a: ... vüzera huzurunda . . . iskemle ile oturmak . . .

^ Die Einkünfte aus Sportein usw. kennen wir nicht. Sie bleiben unbe¬

rücksichtigt. Asafname 38—39.

(8)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmaniscben Reich 125

Posten Pensions-Bezüge in Aktsche

als Gehalt als Pfründe

(pro Tag) (pro Jahr)

Dienst-Bezüge in Aktsche (als Pfründe pro Jahr)

Gro߬

vesir

Keine Angaben

Veske 200

Gro߬

beys

160

Keine Angaben

120000 Aktsche;

in einera Fall von 1604 werden 301778 Aktsche verliehen^*.

80000

Sinan Pa§a ca. 2263000 Aktsche (Angabe für 1591)86, Murad Pa§a (Großvesir

1606—11) 1210950, später

1496870 Aktsche".

ca. 120000 Aktsche (belegt aus verschiedenen Jahren zwischen 1604 u. 1632)6».

Zwischen 628000 und

1200600 Aktsche je nach

Provinz (Angabe für die Zeit zwischen 1606 und 161 1)«".

Keine Angaben

170000 (Angabe für 1586)"

oder 150000 (Angabe für

1595)62.

Wie der oberste Fiskus -

Vorsteher

Hof- 150 Keine

Kadis Angaben

(kazasker)

Oberster Keine Keine

Fiskus- Angaben Angaben

Vorsteher

Fiskus- 80 60000

Vorsteher

88 MuTAFÖiEVA 252. Diese Angabo stützt sich auf Ai'chiv-Material. Auch

vom Großvesir Ibrahim Pa§a berichtet PsgEvl (I 129) für das Jahr 1529, daß

er 2 Millionen, später 3 Millionen Aktsche Pfründe hat.

8' Tapu 089, S. 4—6; Tapu 709, S. 4—8.

88 Es handelt sich um Hafiz Ahmed Pa§a, ehemals Kaymakam des Gro߬

vesirs. In Tapu 689 (S. 156—161) ist eine Liste seiner Pensions-Pfründen aus

dem Jahr 1012/1604. Von Naima (I 309, 319, 323) wissen wir, daß er damals

gerade aus dem Kerker entlassen worden war.

89 Der neuernannte Vesir Davud Pafia bekommt 1013/1604 1 207 946

Aktsche (Tapu 689, S. 36—38; vgl. Na I 391. Nach einer Liste in Tapu 709,

S. 20—23, ebenfalls von 1013/1604, bekommt Davud Pa?a 1 242 527 Aktsche).

Der Vesir (und oberste Fiskus-Vorsteher) [Etmek^izade] Ahmed Paja hat im

Jahr 1016/1607—1608 1 200 09.5 Aktsche (Tapu 709, S. 40—41; vgl. Na II

72). Der Vesir Hizir Pa?a hat'im Jahr 1014/1606 1 197 231 Aktsche (Tapu

709, S. 56—58; vgl. Na I 311). NaIma (I 408; für 1013/1604—1605) und

Aziz EeendI (130a; schreibt 1042/1632—33) sprechen generell davon, daß

die Vesire 1 200 000 Aktsehe Pfründen bekommen. Aziz EfendI meint, diese

Pfründen hätten in Wirklichkeit 4—5 Millionen gebracht, also weit mehr als

den Nennwert.

8» AvN-i AlI 5a (verfaßt zwisohen 1606 und 1611). 628 000 Aktsohe hat

demnach der Großbey von Maraj, 1 200 600 der Großbey von Erzurum.

81 Sbl 204. 82 223b. 83 oben Ende von Abschnitt 1.

(9)

126 Klaus Röhrbobn

Die Machtstellung eines Beamten hing wesentlich von den Einkünften

ab, die ihm sein Amt gewährte. Von ihren Einkünften hielten sich die

Reichsgroßen nämlich Armeen von ausgerüsteten Privat-Sklaven [abd-i

memlük): Rüstem Pa§a (Großvesir 1544—1553 und 1555—-1561) und

Ahmed Pa§a (Großvesü 1553—1555) je 400—500 Manu"*, Hadim

Süleyman Pa§a (Großvesü 1540—1544) 1000 Mann^^, Ibrahim Pasa

(Großvesü, Angabe für 1529) 3000 MannS«. Nach Aztz EfbndI«' hatten

bis zum Jahre 1574 generell der Großvesü 1000 und die anderen 3 Vesüe

je 500—600 Privat-Sklaven. Diese Sklaven, so meint Aziz EfendI,

konnten sie gegen Unruhen einsetzen, wenn es nötig war.

Die Präferenz der Finanzräte in der Tafel-Ordnung am Ende des

16. Jahrhunderts wüd sich also auch in einer Erhöhung der Einkünfte

der Fiskus-Vorsteher spiegeln. Darüber im nächsten Abschnitt.

4. Fiskus-Vorsteher mit Titular-Ämtern

Die Höherbewertung der Finanzbeamten findet auch darin ihren Aus¬

druck, daß ihnen jetzt Machtpositionen offenstehen, zu denen sie früher

keinen Zugang hatten. So können sie seit dem Ende des 16. Jahrhunderts

Großbey-Stellen als Titular-Amt bekommen :

Der erste Fall dieser Art scheint Üveys Pa§a zu sein, der Anfang 994/

Anfang 1586 zum obersten Fiskus-Vorsteher {ba§defterdar) ernannt wüd.

Er war vorher Großbey (beylerbeyi) von Damaskus uud Aleppo. Er wüd

oberster Fiskus-Vorsteher ,,mit den Titeln eines Großbeys"**. Die Ein¬

künfte eines Großbeys von Damaskus, 1000000 Aktsche, werden ihm

als Zuschlag zu den Bezügen gegeben, die er als Ba§defterdar erhält*».

Ähnlich verhält es sich wahrscheinlich auch mit anderen Finauz-

beamten, die ,,mit einer Großbey-Stelle" (beylerbeyilik ile) oberster

Fiskus-Vorsteher werden: Mahmud Efendi (abgesetzt Anfang 1007/

Anfang 1598)™, Burhan Efendi (ernannt Ende 1007/Ende 1598)",

§ems Pa§a {„defterdär am Hof" vor 1013/1604—1605)'^.

Abgesetzte Fiskus-Vorsteher werden um diese Zeit oft nicht als Fiskus-

Vorsteher, sondern als Großbeys pensioniert: Der 3. Fiskus-Vorsteher

{§tkk-i sani defterdan) erfährt von seiner Absetzung wegen der Thron¬

besteigung Mehmeds III. (1003/1594), als er gerade mit der Eintreibung

" Ko(,ü Bey 321.

Anon. T. 2361, 34 b.

Anon. Tauer II 49.

8' Aztz EfendI 129b (verfaßt 1042/1632—33).

8* Beylerbeyilik unvaniyle.

" Sel 204. Sel 285b.

" Sel 299 b. j^^^ j 397^

(10)

Die Emanzipation der Pinanzbürokratie im Osmaniscben Reich 127

von Steuer-Rückständen {bakaya) seiner Abteilung (akläm) beschäftigt

ist. Damit er seine Tätigkeit zu Endo führen kann, beantragt der Gro߬

vesir Sinan Pa§a für ihn die Pensionierung als Großbey von Karaman'^.

Es handelt sich in diesen Fällen also um reine Titular-Ämter, um

Fiskus-Vorstehern für bestimmte Aufgaben eine starke Hand zu verlei¬

hen. Im Rebi II. 1006/Ende 1597 wurde für den ehemaligen [obersten]

Fiskus-Vorsteher (defterdär) Burhan Efendi ,,ein höchster Ferman mit

den Titeln eines Großbeys (beylerbeyi) von Anatolien ausgefertigt, so

daß er als pensionierter Großbey galt"'*. Er sollte an der Heerstraße iu

Rumelien Proviant-Lager anlegen. Nach Erledigung des Auftrags ging

ihm der Titel offenbar verloren. Denn Ende 1007/Eude 1598 wurde er

,,mit dem Rang eines Großbeys von Rumelien"'^ [oberster] Fiskus-

Vorsteher (defterdär). Der absolut zeitgenössische und mit der Verwaltung

gut vertraute Chronist SelänIkI nennt diese Titular-Großbeys meist

weiterhin ,, Efendi" und nicht ,, Pascha". Das zeigt, wie er diese Ernen¬

nungen bewertet.

Später geht man noch weiter und macht die obersten Fiskus-Vorsteher

manchmal zu Vesiren: Sie bekommen ,, Pfründen im Nennwert von

1000000 Aktsche"'* zu den Pfründen (Juis) hinzu, die sie als oberste

Fiskus-Vors teher haben.

Prevezali Mustafa Pa§a wurde 1039/1630 vom Küchen-Verwalter

(matbah emini) zum [obersten] Fiskus-Vorsteher (defterdär). ,,Da er beim

Steuer-Einsammeln (talisil-i mal) und bei der Erpressung der Leute

(kahr-i rical) sehr geschickt war, gab man ihm zu seinem Amt den Vesirs-

Rang (vizaret), um seine Rechnungsführung (yed-i istifa) zu stärken"".

Vesire waren auch die obersten Fiskus-Vorsteher Etmekcizade Ahmed

Pa§a (erstmals ernannt 1007/1598—1599)'*. Abdülkerim Pa§a (abgesetzt

1034/1624—1625)'», Bekir Pa§a (abgesetzt Rebi II. 1039/Ende 1629)™,

NigdeU Mustafa Pa§a (abgesetzt Ende 1042/Mitte 1633)*' und Emir

Mustafa Pasa (zum Vesir ernannt 1061/1651)*'*. Übrigens haben auch die

Intitulatio-Schreiber (ni§anct) seit Ende des 16. Jahrhunderts häufig

Titular-Ämter, worauf hier nicht besonders eingegangen werden soll.

'8 Sel 223 b; . . . Karaman beylerbeyiliyi tarikiyle tekaüt. . . .

Sbl 272 b : ... Anadolu beylerbeyiliyi elkabiyle hükm-i §erif yaztlip beylerbeyilikten tekaüt unvaniyle olup . . .

'8 Sel 299 b: Rumiii beylerbeyiliyi tarikiyle.

'8 Aziz EfendI 130a: on kere yüz bin ak<;e yazar has. Nach dem Kontext soll das heißen, daß diese Pfründen tatsächlich mehr einbringen. Aziz Efendi

(verfaßt 1042/1632—33) wendet sich gogen die Ernennung von Fisk\is-Vor-

stebern zu Vesiren.

" Na III 45. Ein ähnliches Beispiel aus dom Jahr 1061/1651 bei Na V 98.

'8 Na II 73. '9 Na II 356. na III 8—9.

81 Na III 145. 811 Na V 98.

(11)

128 Klaus Röhrbobn

5. Fiskus-Vorsteher als Statthalter

Gemäß dem Asafname (verfaßt zwischen 948/1541 und 974/1566)**

können Fiskus-Vorsteher schon in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts

Emire werden, und zwar können sie einen Sandschak (Unter-Statthalter¬

schaft) mit 400000 Aktsche [Pfründe] bekommen: Der ehemalige

1. Fiskus-Vorsteher (asitanede defterdär) Kadizade Mehmed Bey will

929/1523 oder 930/1524 rnit dem neuen Großbey Ahmed Pa§a nach

Ägypten gehen, ,,um einer der ägyptischen Emire zu werden"*^ Auch

der Fiskus-Vorsteher Ramazanzade Mehmed ^elebi ist um die Mitte

des 16. Jahrhunderts mit einem Sandschak in Ägypten**. Diese San¬

dschaks beziehen sich in Ägypten ofFenbar nicht auf einen bestimmten

Teil des Landes. Sie sind allgemein ,,zum Schutz der Provinz"*^. Aber

auch reguläre Sandschaks sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts

in den Händen von ehemaligen Fiskus-Vorsteher : Gyula (Kroatien)**,

Brussa*', KafFa**, Igel (Kilikien)*», Kengiri (Cankiri)»" u.a.

Besonderes Interesse verdienen Fälle, in denen Provinz-Fiskus-

Vorsteher neben ihrem eigentlichen Posten eine Statthalter-Stelle (sancalc)

haben. Belege finden sich nur für Provinzen an der Peripherie des Reiches :

qäufig für Ägypten»', öfter für Diyarbakir»^, den Jemen»^ und Lahsa»*,

*2 Asafname 21. Anon. T. 2361, 7b.

M Kunh 117a ( = Pe I 44).

*8 Den Ausdruck: muhäfaza sancagi gebraucht Kunh (8a) mit Bezug auf

den Sandschak des Kadizade Mehmed in Ägypten.

8« Kunh 209a (= Ayn-I Ali 60a; Pe I 448).

»' ÄwnA. 208b ( = Pe I 448). Pe I 47. Sel 304.

Im Jahi-e 963/1556 kommt Kengiri an Hayreddln Bey, den ehemaligen

Diyar-i Arap mal defterdari (vgl. Urkunde Basbakanlik arfivi, Mühimme 2

Ferman Nr. 569).

9' Beispiele dafür gibt os schon aus der Zeit Selims II. (vgl. Sel 78, 120).

Im Jahr 980/1573 wird Ahmed Bey, bisher defterdär, nazir-i emval und

sancak beyi in Ägypten, beylerbeyi von Van [Kep 225 S. 163). Im Jahr 998/

1590 wird die Stelle des Defterdars von Ägypten mit sancak vergeben, wie sie

auch der vorige Defterdär von Ägypten hatte (Kep 252 S. 207). Weitere Bei¬

spiele vgl. Sel 168a (für 1002/1594), 200b (für 1003/1595).

92 Aus den Jahren 1001/1593, 1002/1593 und 1006/1.598 hören wir von

Ernennungen von Defterdars für Diyarbakir, die gleichzeitig den Sancak

Harput bekommen (Kep 253 S. 67; Sel 151a, 275 b).

98 Für die Zeit um 970/1562—63 wird Mahmud Bey als defterdär und

sancak beyi im Jemen erwähnt (Nahbawäli 345; Anon. T. 2361, 66a). Bei

der Ernennung eines Defterdars für den Jemen im Jahr 980/1572 will der

Ernannte die Stelle nur haben, wenn er auch einen Sancak bekommt (Kep

225 S. 97).

Im Jahr 992/1584 wird der Defterdär vonLahsa nazir-i emval [von Lahsa]

und erhält in Lahsa einen Sancak (Kep 244 S. 72). Im .Iahr 998/1590 wird die Stelle eines Defterdars von Lahsa mit Sancak vergeben, wie sie auch der vorige Defterdär hatte (Kep 252 S. 208).

(12)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 129

einmal für Bosnien»^, Eger**, Gence" und §irvan**. Die Fiskus-Vorsteher der zitierten Groß-Provinzen (eyalet) haben also in der betreffenden Groß-

Provinz gleichzeitig eine Statthalter-Stelle (sancak). Man will damit

wohl Uire Stellung gegenüber dem Großbey (beylerbeyi) stärken.

Die unmittelbare Beförderung von Fiskus-Vorstehern (defterdär) zu

Großbeys (beylerbeyi) ist in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts jedoch

nur unter ganz besonderen Umständen möglich. So wird im Jahr 955/

1544 der zweite Fiskus-Vorsteher (orta defterdär) Qerkes Iskender Gro߬

bey des neu eroberten Van. Keiner von den Emiren will die Stelle an¬

nehmen, da die Stadt kaum gegen die Perser zu halten ist»».

Nach dem sogenannten Gesetzbuch Mehmeds II. gehen Fiskus-Vorsteher

[des Hofes?] normalerweise als Großbeys in die Provinz'"". Auch das

bestätigt die schöne Entdeckung von Dilgek, der beweist, daß Teüe

dieses Gesetzbuches frühestens vom Ende des 16. Jahrhunderts stammen'"'.

Im Gesetzbuch heißt os: ,,Wenn Fiskus-Vorsteher (mal defterdarlariY^^

eine Statthalter-Stelle (sancak) annehmen, bekommen sie sie mit 450000

Aktsche [Pfründe]." Auch die Formulierung (,, annehmen", kabul etmek) dieser Stelle zeigt, daß zur Zeit der Abfassung der Quelle Fiskus-Vorsteher

sich nicht mit einfachen Statthalter-Posten (sancak) begnügen müssen.

In der Tat werden Fiskus-Vorsteher seit dem Ende des 16. Jahrhunderts

häufig unmittelbar Großbeys (beylerbeyi) :

980/1573: Ahmed Bey wird Großbey von Van, vorher Fiskus-Vorsteher

(hizane-i amire defterdan) und Fiskus-Aufseher (imztr-i emval) von Ägypten mit Statthalter-Rang (sajicaÄ:)'"^.

988/1580: Üveys Pa§a als Großbeg von Buda erwähnt, vorher zweiter

oder erster Fiskus-Vorsteher am Hof'"*.

993/1585: Okgizade Mehmed Pa§a wüd als Großbey von Zypern abge¬

setzt und wüd Großbey von Aleppo ; war ehemals oberster

Fiskus-Vorsteher (ba§defterdarY^^.

»8 Im Jahr 1006/1598 Eiuennung eines Defterdars für Bosnien mit dem

Sancak Kilis (Kep 254 S. 54).

9" In einor Notiz von 1006/1597 wird eine Person erwähnt, die ehemals defterdär von Eger und gleichzeitig sancak beyi von Fülek war (Kep 254 S. 22).

°' In einer Notiz von 1001/1593 wird erwähnt, daß der bisherige Defterdär

von Gence gleiehzeitig den Sancak Bardaa hatte (Kep 253 S. 72).

98 Im Jahr 992/1584 erhält Ferhad Bey, der defterdär von §irvan und

sancak beyi von Qubäde ist (oder war ?), den Sancak Szegedin (Kep 244 S. 83).

99 Kunh 319a; Pe I 38; Anon. T. 2361, 38a.

Sogenanntes Oesetzbuch Mehmeds II., 14.

191 Dilger 114—116.

102 Mal defterdarlari sind die Fiskus-Vorsteher, die sich mit den Einkünften

der Domänen befassen, im Gegensatz zu den Timar defterdarlari, die im Rang

viel tiefer stehen.

193 Kep 225 S. 163. Anon. T. 2361, 90b. '"^ Sel 189.

9 ZDMG 122

(13)

130 Klaus Röhrboen

1000/1591: Nuh Pa§a wkd Großhey von Zypern, vorher Fiskus-Vorsteher

{defterdär) von Aleppo'"*.

1003/1594: Tezkerecizade Mahmud Efendi wird Großbey von Tripolis

(Syrien), vorher Fiskus-Vorsteher von Ägypten'"'.

1003/1595: Potur Ismail Bey als Großbey von Bosnien abgesetzt, vorher

Fiskus-Vorsteher {defterdär) [am Hof?]'"*.

1004/1596: Emir Pa§a wird Großbey von Ägypten, vorher zweimal

oberster Fiskus-Vorsteher {ba^defterdar)^''^ .

1006/1597: Haci Ibrahim Pa§a wird Großbey von Aleppo, vorher oberster

Fiskus-Vorsteher {ba^defterdary^^ .

Man könnte diese Aufzählung noch fortsetzen.

6. Rivalität zwischen Fiskus-Vorstehern und Vesiren

Im 17. Jahrhundert läßt sich eine Rivalität zwischen den Spitzen der

Finanzbeamten-Hierarchie und den Vesiren feststellen. So spricht die

Verachtung der Veske für Finanzbeamte aus der Äußerung eines Vesirs

vom Jahre 1001/1593: Die Truppen fordern das Leben des 1. Fiskus-

Vorstehers Seyyid Emir Pa§a, also Enkel des Propheten und Pascha.

Ein Vesir fragt im versammelten Divan den Großvesü-, warum er das

Leben des 1. Fiskus-Vorstehers schütze, wo doch jüngst sogar ein Vesir

geopfert worden sei'". Das Gegenstück dazu ist das Witzwort eines

Beamten, der einige Zeit vor 1061/1651 einen Posten in der Reohnungs-

kammer {Anadolu muhasebecilik) hatte. Er bezeichnete den Divan der

Vesire als ,, Sklavenmarkt" {esir pazan), weü die Vesire sich ja aus

Palast-Sklaven rekrutierten"*.

Im 16. Jahrhundert hören wir nur einmal vou einem Konflikt zwischen

dem Großvesir und dem 1. Fiskus-Vorsteher: Im Jahre 941/1534—1535

läßt der Großvesü den Ba§deflerdar Iskender Qelebi hinrichten. Er war

mächtiger als mancher Vesir. Laut höchstem Befehl sollte der Großvesir

auf Feldzügen nichts unternehmen, ohne ihn zu fragen"*.

Seit Ende des 16. Jahrhunderts nun führt der Macht-Zuwachs der

Pinanzbeamten zu tragischen Konflikten zwischen Ba§defterdar und

Großvesir, dessen Stellung bedroht wird :

(1) Üveys Qelebi, oberster Fiskus-Vorsteher unter Murad III. (1574—

1595), hat eine unabhängige Stellung gegenüber dem Großvesir: Er

nimmt den Günsthngen des Großvesiers die guten Pfründen, tötet 986/

1578 einen der Günstlinge u.sw."*

'"8 Sel 305. Sel 200b. "» Sel 203b. '»» Sel 229b.

""Sel 247 b. '" Na I 78. "^ Na V 149.

"8 Pe I 41—42; Solakzade 487. '" Anon. T. 2361, 84 a/b.

(14)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 131

(2) Mahmud Efendi, als oberster Fiskus-Vorsteher Mitt 997/Anfang 1589

auf Forderung der Truppen (kul) hingerichtet. Der Großvesir wollte

seinen Tod und hatte die Truppen aufgohetzt"^.

(3) Etmekgizade Ahmed Pa§a, mehrfach Ba§defterdar unter Mehmed III.

(1595—1603) und Ahmed I. (1603—1617): Die meisten Großvesüe ver¬

suchten, ihn zu bezwingen und hinzurichten"*, so besonders Murad

Pasa"'.

(4) Bekir Pasa, oberster Fiskus-Vorsteher, wurde im Rebi II. 1039/ Ende

1629 hingerichtet: Der Großvesir fürchtete, der könnte ihm seine Stellung streitig machen"*.

(5) Mostari Ibrahim Pasa, im Rebi I. 1046/Mitte 1636 als 1. Fiskus-

Vorsteher hingerichtet: Der Großvesir fürchtete, er könnte ihm seine

Stelle streitig machen. Ibrahim Pa§a soll den Sultan tatsächhch um das

Großvesirat ersucht haben"*.

Von Feindschaft zwischen dem Großvesir und dem obersten Fiskus-

Vorsteher hören wü auch aus den Jahron 1061/1651 und 1066/165612".

Einer der Gründe für diese Rivalität lag vielleicht im unterschiedlichen

Bildungs-Niveau der beiden Gruppen. Nach einem politischen Traktat'*'

aus der Zeit Osmans II. (1618—1622) war die Schreibkunst auch für die

Auswahl der Palast-Knaben wichtig, die in den Privatgemächern (has

oda) des Herrschers dienton und die oft die höchsten Reichsämter be¬

kamen. Ein anderes politisches Traktat'** verfaßt unter Mmad III.

(1574—1595) fordert, daß der Großvesü ,,in der Schreibkuust bewandert"

(fenn-i kitabetde niahir) und sogar in der Lage sein soll, aus arabischen

Büchern nutzen zu ziehen. Tatsache ist aber, daß ein Großvesü wie

Kara Mustafa Pa§a (1639—1644), Reformer der Finanzen des Reichs,

nicht lesen konnte. Er selbst empfand das allerdings als Mangel'**. Auch

von Kasim Pa§a, Stellvertreter (kaymakam) des Großvesüs, berichtet

NaIma'**, daß er ein Schreiben nicht lesou konnte, das aus dem Harem

zu ihm geschickt wurde, weil ohne Punkte und mit schwierigen Aus¬

drücken. Auch die Großvesüe Murad Pa§a (ernannt 1059/1649) und

Gürci Mehmed Pa§a (ernannt 1061/1651) waren Analphabeten'*^. Viel¬

leicht resultiert gerade aus der mangelnden Bildung der Vesüe das Mi߬

trauen, das sie den Schreibern entgegenbrachten. So hatte der Gro߬

vesü Sinan Pa§a die alte Gewohnheit, zum Divan-Vorsteher Hamza Bey

(abgesetzt 998/1590) scherzhaft zu bemerken: ,,Du kannst das Fälschen

"5 Anon. T. 2361, 112a. "« Na III 157.

Na II 74—75. "* Na III 9—10.

Na III288— 289. '2» Na V 167, VI 242.

121 Kiiab-t müstetap 8 a. 122 Hirz al-mulük 26 a.

123 Na IV 58. 12« Na I 373 (unter 1012/1603).

125 Na IV 462, V 32, 218.

0'

(15)

132 Klatts Röhrborn

nicht lassen"'**. Sicher gab es Gründe für ein solches Mißtrauen. Wer im türkischen Staatsarchiv (Ba§bakanh]c Ar§ivi) gearbeitet hat, weiß, welche

Rolle gefälschte Fermane am Ende des 16. Jahrhunderts bereits spielten.

Aber Massenverhaftungen und häufige Absetzung von Schreibern und

Finanzbeamten, am Ende des 16. Jahrhunderts nicht selten, bezeichnet

SelInIkI'*' ausdrücklich als grundlos.

Der Hauptgrund für diese Rivalität ist aber in ethnischen und sozialen

Gegensätzen zu suchen. Die Finanzbeamten unterscheiden sich nach

ethnischen und sozialen Kriterien von den Vesiren. Das zeigt z.B. die

Marschordnung bei Feldzügen im 16. Jahrhundert. So lesen wir iu der

Kopie'** einer Eingabe (arz) an den Sultan von 974/1566—1567 wegen

einer Rang-Streitigkeit: ,,Es ist altes Gesotz (kanun-i kadim), daß die

Boys, die aus dem Palast (asitane-i saadet) hervorgehen, [bei Feldzügeu]

auf der rechten Seite [des Sultans] reiten (e§m,ek). Personen [von anderer

Herkunft] (tnerdümzade)^^^^ auf der linken Seite. Boys, die aus den

Fiskus-Vorstehern des Hofes (dergah-i älide hizane-i ämire defterdarli^i)

hervorgehen, reiten [trotzdem] auf der rechten Seite, weil man ihre

Dienste ehrt."

,,. Über die soziale und ethnische Herkunft der Vesire im 16. Jahrhundert

gibt es keinen Zweifel. Fast ohne Ausnahme sind es ehemalige Palast-

Sklaven, also meist Slaven oder Griechen. Nach dem Historiker AlI hat

Süleyman 1. (1520—1566) das Prinzip eingeführt, die politischen Be¬

amten (vükelä, d.h. Vesire) aus den Personen zu nehmen, die aus dem

Harem gekommen sind, und das Vesirat nicht an andere Kluge uud

Tüchtige (ukalä ve fuzald) zu geben. Er hatte zum Gesetz (kanun)

gemacht, ,,daß das Vesirat eine erlernbare Kunst sein sollte. Waren

[die Anwärter] auch noch so unverständig, durch Zuschauen [sollten] sie

lernen. So daß einer, der als Affa aus dem Harem kam, allmählich Gro߬

vesir wurde"'*». Ja, so heißt es abschließend, er konnte diese Stufe mit 30 Jahren erreichen.

Sel 271. '2' Vgl. Sel 268, 273, 292, 296b.

'28 Anon. Esat 3363, 24 a und 54 a.

128a \Yjp haben vorsichtig nach den Wörterbüchern übersetzt, die für

merdiimzade die Bedeutung ,, Mensch, Person" geben. Merdiimzade könnte

aber hier ein Terminus technicus sein für ,, Person aus dem Anhang eines

Würdenträgers". Man vergleiche dazu die Verwendung des Wortes merdüm

in den Vakanz-Registern (vgl. Kep 322 S. 40, 350; Kep 337 S. 43). Vielleicht ist aber merdiimzade mit kisizade gleichzusetzen, was ,, Person von vornobmer Herkunft" bedeutet (vgl. unten Anm. 161a).

Kunh 3a: ... vezaret heshe mütaallik sanat gibi olup ne kadar zirjehim olurlarsa göre göre ögrenirler idi bu takrip ile ki harem-i muhteremden agaliga Qikan ^ahs-i muhte§em tedricle vezir-i dzam olurdu. Vgl. auch ^wow. T. 2361, 84 a/b. Ausführliche Schilderung der Rekrutierung z. B. in Kitab-i müstetap 7bff.

(16)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 133

Die folgende Tabelle zeigt, was wir von den Personen wissen, die vom

Jahre 926/1520 (Regierungsantritt Süleymans I.) bis zum Jahre 986/1578

das Amt des 1. Fiskus-Vorstehers bekleideten'*".

Name ethnische Herkunft Soziale Herkunft

1. Ahmed Qelebi

2. Mehmed Qelcbi

3. Abdüsseläm ^elebi 4. Iskender Qelebi 5. Mustafa Qelebi 6. Ramazanzade

Yefilce Mehmed gelebi

7. Nazli Mahmud gelebi

8. Ibrahim gelebi (Pa§a) 9. erneut Nazli

Mahmud gelebi

10. Sinan gelebi (Pasa) 11. givizade Abdi

gelebi

12. Lütfi Bey 13. Hasan gelebi 14. Muytabzade

Ahmed gelebi 15. Egri Abdizäde

Mehmed gelebi

bekehrter Jude'*"''

Türke

Türke

Harems-Knabe'*"

Türke (?)

Türke

Kadi-Sohn, vorher im

diplomatischen Dienst des Krim-Chans'*"*

vorher Schreiber'*' vorher Schreiber'**

Gesetzes-Gelehrter (ulema), dann Schreiber'**

vorher Schreiber'**

aus einer GeistUchen-

Familie, Bruder des

Müfti^^^

vorher Schreiber'*'

130 Wenn nicht anders angegeben, staimuen die Daten aus Guboglu (103)

und sind also kritisch zu betrachten.

i30a Anon. T. 2361, 8 b.

130b KÄTIP ^ELEBi VI 47. KÄTIP QelebI hält ihn fälschlich für einen

Defterdär Selims I. Vgl. aber Anon. T. 2361, 10a.

131 Kunh 116 a. Von welcher Herkunft sind diese Schreiber ?

132 Kunh 116b ( = Pe I 42).

133 Pj; j 44 War nach PEgEvl nicht Ba§defterdar.

134 Kunh 116b (=Pb I 42).

135 Kunh 116a ( = Pe I 42, 49).

138 Kunh 116a ( = Pe I 42).

13' Pb I 43.

(17)

134

Name

Klaus Röhrbobn

ethnische Herkunft Soziale Herkunft

16. Baba Nakka^zade Dervi§

17. Murad Qelebi Türkei*»

Perser Sohn von Scheich

mit Grundbesitzi**

Sohn von Festungs-

18. Abulfazl Mehmed gelebi

Kurde (?)

Soldati«

vorher Kadi, aus alter Grelehrtenfamiliei*i

19. erneut Baba Nak-

ka^zade Dervig

20. Lälezar Mehmed Janitscharen-Sohni**

s.o.

gelebi

21. Üveys gelebi Türke vorher Kadi

Betrachten wir zunächst die ethnische Zugehörigkeit: Wie man sieht,

stammen eine Reihe von Inhabern des Amtes nachweisbar aus türkischen

Kreisen, die nicht für Palast-Dienst in Frage kamen. Was wir außerdem

noch an Geburtsorten von Fiskus-Vorstehern, verstreut in den Quellen,

für das Ende des 16. Jahrhunderts und deu Anfang des 17. Jahrhunderts

finden konnten, sei hier kurz erwähnt: Brussa***, Gyula (Kroatien)i**,

Galhpolis"», Tokat"«, Nigde"', Mostar"*, Yeni^ehk"».

In den 3 Fällen, in denen im 16. Jahrhundert ein Araber, Perser oder

Kmde das Amt innehat, handelt es sich sicher nicht um ehemalige Sklaven

des Palastes, sondern wohl wie im Fall von Nr. 18 um Angehörige alter

Honoratioren- oder Gelehrten-Familien. Fassen wir die soziale Herkunft

ins Auge, so sehen wir, daß die Fiskus-Vorsteher im wesentlichen Leute

aus freiem Milieu sind. Auf deu ersten Blick ist man erstaunt, daß uur

2 ehemahge JCadis (Nr. 18, 21) nachweisbar sind. Das scheint kein Zufall

zu sein. Der Historiker ÄLt polemisiert in einem unter Murad III.

(1574—1595) verfaßten politischen Traktat gegen Kadis in Fiskus-

Ämtern : Die Ernennung des Piri Pa§a vom Kadi zum Fiskus-Vorsteher

(defterdär) unter Sehm I. (1512—1520) entschuldigt ÄLt damit, daß Piri

Pa§a ein Nachkomme des Mevlana Celäleddin Karamani war. Süley¬

man I. (1520—1566) habe nicht erlaubt, daß Kadis Fiskus-Vorsteher

wmden. Nur mit Mühe, so meint ÄLt, konnte damals der Großvesir

Rüstern Pa§a einen Kadi aus seiner Verwandschaft (memup) zum Fiskus-

18« Kufih 208a ( = Pe I 446).

18» Kunh 208a ( = Pb I 43). Stammt aus Kelid el-bahr.

"» ibid. 1" Kunh 116b ( = Pb I 42).

1" ÄwnÄ 208a ( = Pb I 447). i" Pb I 448.

1" Pb I 448; Sel 69. Jsfasihat 176a.

1" Na II 367. Na III 144—145.

1*8 Na III 288. "8 Na I 125.

(18)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 135

Vorsteher machen, was er hinterher oft bereut hat. Heute aber, so heißt

es weiter, werden die Kadis durch Bestechung (irti§a) zu Fiskus-Vor¬

stehern {vml defterdär), ,, während die rechtmäßig auf chese Stelle

Kommenden ohne Amt bleiben"i6''. In jüngster Zeit sind 10 Kadis

Fiskus-Vorsteher geworden, klagt unser Autor'^'.

Als Begründung für seine Polemik führt ÄlI eigenartigerweise^^* an,

daß die Kadis (über die Fiskus-Ämter) in die Statthalter-Posten {emaret,

eyalet) kommen: ,,In einem Land, wo die Beys und Großbeys aus der

Kadi-Klasse rekrutiert werden, gehen die Angelegenheiten des Heeres

und der Untertanen schlecht". Die alten Staatsdioner ziehen sich schhe߬

lich aus Verdruß vom Dienst zurück. Das wird gefährlich, wenn es danu

güt, dem Feind entgegenzutreten, denn jene taugen nicht zum Kampf

und fliehen, heißt es abschließend im Traktat***.

Hält mau cheses politische Traktat gegen das oben oft zitierte soge¬

nannte Gesetzbuch Mehmeds II., so gewinnt man freilich zunächst den

Eindruck, die Kadis hätten immer leichten Zugang zu Fiskus-Ämtern

gehabt: ,,Es ist mein Gesetz, daß große (?) Kadis mit 300 Aktsche

[Tagesgehalt] Fiskus-Vorsteher werden [können]"*^*. Aber im Lichte

der Entdeckung von Dilger*^*, der diese Abschnitte des Gresetzbuches

auf die Zeit vou 1574—-1620 datiert, löst sich dieses Rätsel. Es handelt

sich ofFenbar um eine Sitte, die erst am Ende des 16. Jahrhunderts auf¬

kommt, wodurch Diloers These weiterhin bestätigt wird. Für das Ende

des 16. Jahrhunderts und den Beginn des 17. Jahrhunderts lassen sich

viele Beispiele für Kadis und sogar für Geistliche niederen Ranges geben,

die Fiskus-Vorsteher werden***. Die Kadis sind Türken, und die Kadi-

Laufbahn scheint auch Leuten von niederer Herkunft oflFenzustehen**''.

18" ... liyakat ve istihkakla ol payeye gelenler azilla konulup ...

Alles nach Nasihat 176 b.

182 Diese Kritik trifft ja nicht nur die Defterdars, die vorher Kadis waren, sondern alle Defterdars sind ja keine ,, Männer des Schwertes". Der Verfasser des Traktats, Äli, ist aber selbst Defterdär.

188 Nasihat 177 a.

18'' Kanunname 17, 20.

185 Dilger 114.

188 Unter Selim II. ist ein ehem. Kadi zweiter P''iskus-Vorsteher (Kunh

209a), ein anderer ist Provinz-Fiskus-Vorsteher (Pb I 448). SelänIkI (304)

erwälmt mitor 1000/1591 einen ehem. Kadi als Provinz-Fiskus-Vorsteher. Nach

NaIma (I 381) war der 1001/1592—93 ernannte Bafdefterdar vorher Kadi von

150 Aktsche Tages-Gohalt, ein weiterer Bafdefterdar (ernannt 1042/1632—33)

war vorher Softa (Na III 144), ein anderer Ba^defterdar (abgesetzt Endo

1034/1025) war vorher Hatip (Na II 355).

18' In Mevd'id (102; verfaßt 1008/1599—1600) heißt es, daß sich die Kadis,

Rechtslehrer (müderris) und Oberrichter (mevld) aus ,, armen und reichen

Türken-Söhnen" (ebna-i Etrak) rekrutieren. Die Kadis werden in dieser Quelle (133) auch als ,, Türken-Kadis" (kuzat-i Etrak) bezeichnet.

(19)

136 Klaus Röhrbobn

Wen meint aber ÄlI im oben zitierten politischen Traktat, wenn er von

den ,, rechtmäßig auf die Stelle [des Fiskus-Vorstehers] Kommenden"

spricht? Es muß sich wohl um die Schreiber und Fiskus-Beamten mit

niederem Rang handeln. Nach dem sogenannten Gesetzbuch Mehmeds //.***

(verfaßt zwischen 1574 und 1620) sollte der erste Fiskus-Vorsteher

{ba§defterdar) nur aus den Fiskus-Vorstehern {mal defterdan) rekrutiert

werden, und außerdem konnte nur der Intitulatio-Schreiber {ni§anct)

oberster Fiskus-Vorsteher werden. Früher galt das Entsprechende, d.h.

bürokratische Rekrutierung, offenbar auch für die einfachen Fiskus-

Vorsteher. PEgEvi**» berichtet in den Biographien der Ba§defterdars

Süleymans I. und Selims II. mehrfach, daß sie als Schreiber {kdtip,

ehl-i Icalem) oder als Lehrling {§akirt) in den verschiedenen Reclinungs-

kammern {defterhäne) begannen. Die Schreiber rekrutierten sich wahr¬

scheinlich teils aus Kadi-Söhnen, teils aus den Söhnen der Schreiber

selbst.

Was uns noch au Fiskus-Vorstehern vorgekommen ist, sei kurz er¬

wähnt. Für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts : ein Seyyid**", der Sohn eines persischen Handelsherrn {hacegi) aus Brussa und der eines Festungs¬

soldaten {mustahftzY^s sowie ein Vornehmer {ki§izade) aus Malatya, der

zunächst als Gefolgsmann {adem) bei einem Pascha diente, bis er unter

die ,, Herren der Feder" aufgenommen wurde****. Äuch dabei handelt es

sich um Freie.

Äber völlig homogen ist die Schicht der Fiskus-Beamten nicht. Einige

kommen auch aus unfreien Kreisen. Die in der Liste (Nr. 12, 20) Ge¬

nannten stehen nicht allein. Wir kennen noch weitere Fälle: eiu tscher¬

kessischer Sklave und ehemals Haus-Beamter {kapict ba§i) eines Vesirs***,

ein ehemaliger Palast-Beamter {qa§nigirY^^ , ein ehemaliger fa^üf***,

ein ehemahger Reiter-Söldner (sipa/w)***.

Die große Mehrzahl der Fiskus-Beamten sind aber Freie, und das

heißt in den meisten Fällen, daß sie aus türkischem Milieu stammen.

Kanunname 10.

*59 Pe I 40 ff., 446 ff.

i"» Anon. T. 2361, 50 b.

*" Alles nach Pe I 446—448.

**** So schildert SelänIkI (212b) den Werdegang des Defterdars von

Budun, Mansur ^'elebi, der 1004/1595—96 hingerichtet wurde.

Anon. T. 2361, 38a. Nach PEgEvl (I 38) orta defterdär bis zum Jahre

955/1548.

Bei SelänIkI (144b) unter 1001/1593 als Provinz-Fiskus-Vorsteher erwähnt.

*«* Bei Naima (I 148) unter 1005/1596 oder 1006/1597 als Ba§defterdar erwähnt. SelAnIkI (247 b) nennt ihn Üveys Pa§ali Ali Qavu.?. Er war demnach also ein Schützling oder Sklave des Üveys Pa?a.

*'5 Bei Naima (II 71) als Ba^defterdar um 1004/1595—96 erwähnt.

(20)

Die Emanzipation der Finanzbürokratie im Osmanischen Reich 137

Die Emanzipierung der Finanzhürokratie bedeutet also gleichzeitig

das Eindringen des Türkentums in die höchsten Machtpositionen. Das

hat Parallelen in anderen Bereichen des osmanischen Staatsapparats,

etwa im Janitscharen-Korps.

Die weitere Verfolgung unserer Frage im 17. Jahrhundert wäre sicher

interessant: Der Zustrom von Unfreien hört allmählich auf, und die

herrschende Klasse wird immer homogener. So wird das Problem im

Laufe des 17. Jahrhunderts unübersichtlich, und es wird immer schwie¬

riger, freie und unfreie, einheimische und nicht-einheimische Elemente

zu scheiden.

Abkürzungen und Bibliographie

Anon. Esat 3363

Anon. Revan 1099

Anon. T. 2361

Anon. Tauer

Asafname

Ayn-I AlI

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(21)

138 Klaus Röhrbobn

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(22)

Die Emanzipation der Finanzbüroljratie im Osmanischen Reich 139 Matrakvi

Mbhmbd ÄrIf

Mevd'id MUTAFCIBVA

MÜNECCiMBA§I Na, Naima

Nahbawäli

Nasihat

Pb, Pb^evI SAHiLLioÖLU

Sbl, SBLÄNixi

Solakzade Tapu

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zitiert, dann beziehen sie sich auf dio Teiledition Istanbul 1281h./1863.].

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(23)

Ein kurdisches Mond-Observatorium

aus neuerer Zeit

Von Jemal Nebez, Berlin, und Wolfhabd Schlosseb, Bochum*

I.

Von der sogenannten Palast-Terrasse in Persepolis ist seit langem

bekannt, daß sämtliche der weit über hundert Bauten, Mauern und Höfe

nach zwei auf einander senkrecht stehenden Achsen ausgerichtet sind,

deren längere um ca. 20» von der Nord-Süd-Richtung gegen Nord-Nord-

West geneigt ist. Lentz und Schlosseb* haben gezeigt, daß die Quer¬

achse zur Sommer-Sonuen-Wende genau auf Auf- bzw. Untergangsörter

bestimmter Himmelskörper zuläuft. Sie schließen daraus, daß beim

Bau der Anlage auf eine astronomische Orientierung Rücksicht genom¬

men wurde. Einzelheiten der Anlage selbst weisen nach ihnen auf

astronomische Beobachtungen auf der Terrasse.

Wie immer man zu diesen Schlußfolgerungen stehen mag, so kann

ich — wie im Nachtrag zu dem Bericht von Lentz uud Schlosseb

bereits kurz erwähnt* — aus meiner kurdischen Heimat eine Parallele für

urtümliche Beobachtungen von Himmelskörpern beibringen. Es handelt

sich um ein aus Steinen und Lehm errichtetes zylindrisches Türmchen

von anderthalb Met«r Höhe und etwa einem Meter Durchmesser auf der

Spitze eines Berges westlich von meiner Heimatstadt Sulaimänl*.

Die Wand dieses Turmbaus war in ihrem oberen Teil an ungefähr

sechzig Stellen — unregelmäßig, jedoch in gleicher Höhe — durchlöchert.

Der Geistliche eines mit dem Berg gleichnamigen Dorfes — ich komme

darauf sogleich zurück — pflegte dort zu Beginn des letzten und dann

* Der I. — beschreibende und geschichtliche — Teil stammt von Nebez, der II. — astronomische — von Schlosser.

2 Wolfgang Lbntz und Wolfhard Schlosser: Persepolis — ein

Beitrag zur Funktionsbestimmung. In: XVII. Deutscher Orientalistentag

Würzburg 1968. Vorträge. Teil 3. Wiesbaden 1969. (ZDMG. Suppl. 1.), S.

957—83. Vgl. jetzt noch Lentz, Schlosser und Gropp: Persepolis —

weitere Beiträge zur Funktionsbestimmung. In: ZDMG 121 (1972), S. 254—68.

8 Lentz und Schlosser (s. d. vorige Anm.) 1969, S. 982, Ziffer 8, 1.

* Zur Umschrift des Kurdischen vgl. Nebez: Kurdische Schriftsprache.

Eine Chrestomathie moderner Texte. Hamburg 1969, S. 12ff., s. noch unten

Anm. 6.

A^i i-

-l. A

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