Neues zur balkantürkischen Forschung
Von Robert Anheggee, Istanbul
Die Geschichte des Balkans in türkischer Zeit stellt sowohl einen Teil
der osmanisch-türkischen Studien als auch der nationalen Geschichts¬
schreibung der Balkanvölker dar. Dementsprechend ist auch die Lite¬
ratur über dieses Gebiet aufgespalten, und nur in wenigen Fällen sieht
sich ein Forscher in die glückliche Lage versetzt, die Veröffentlichungen
beider Arbeitskreise überblicken und benutzen zu können. Dies war der
Fall bei H. W. Duda, dem es durch seinen mehrjährigen Aufenthalt in
Sofia möglich war, die bulgarischen und jugoslawischen Arbeiten über
die Zeit der türkischen Herrschaft einzusehen; gleichzeitig bot sich ihm
auch die Gelegenheit, seine Keimtnisse durch Reisen an Ort und Stelle
zu vertiefen. Diesen Umständen verdanken wir seine Balkantürkischen
Studien (Wien, Rudolf M. Rohrer, 1949, 8°, 144 Seiten, XII Tafeln,
12 Seiten Faksimile, 11 Abb., Österreichische Akademie der Wissen¬
schaften, Phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte, 226. Band, 1. Abhandlung).
Im Vorwort spricht Duda die Hoffnung aus, daß ,,die gebotenen
Studien ... Anregungen für weitere und vertiefte Forschungen geben".
Diese Anregung aufnehmend, habe ich versucht, die Forschung auf diesem
Gebiet weiterzuführen und spreche nun meinerseits die Hoffnung aus,
daß weitere Untersuchungen unsere diesbezüglichen Kenntnisse ver¬
tiefen und vervollständigen mögen. — Um möglichste Einheitlichkeit zu
gewährleisten, habe ich mich in Aufbau, Transkription usw. den Studien
DüDAs — unter Ausschaltung seines dritten Aufsatzes^ — möglichst eng
angeschlossen.
Üsküb. Im ersten Aufsatz seiner Balkantürkischen Studien (= Bk.St.)
beschäftigt sich Duda mit Üsküb im 17. Jahrhundert. Nach einer Über¬
sicht über die Geschichte dieser Stadt bis zu ihrer Verheerung durch die
Truppen des Generals Piccolomini im Jahre 1689 folgt die knappe Be¬
schreibung, die sich in KätIb CelebIs Kosmographie findet, in der
HAMMERschen Übersetzung. Das Kernstück dieses Aufsatzes bildet die
wohl kommentierte deutsche Wiedergabe der ausführlichen Schilderung
von Üsküb, die wir EwlIjä Celebi, dem berühmten osmanischen Rei¬
senden des 17. Jahrhunderts, verdanken. Die nächsten Seiten bringen
eine kurze Übersicht über Namhafte Männer in und aus Üsküb. An-
1 Nämhch Schafsteuer und Schaflieferungen Bulgariens zur osmanischen
Zeit, S. 90ff.
Neues zur balkantürkischen Forschung 71
schließend folgt eine interessante Beschreibung und Besprechung einer
Reihe islamischer Bauten in Üsküb, ebenfalls gut dokumentiert, mit
Plänen und Aufrissen, die Duda dem Architekten M. Cakelja in Skolpje
verdankt und sechzehn den Text belebende Photographien. Diesen Teil
wird man ganz besonders zu schätzen wissen, werm man bedenkt, daß
dem Verfasser für seine Studien und Aufnahmen insgesamt nur zwei¬
einhalb Tage zur Verfügung standen.
Jede Verdeutschung eines Textes von EwlIjä CelebI bereitet dem
Übersetzer unerwartete Schwierigkeiten, da sein Türkisch öfters eigen¬
willig und nicht immer klar ist. Duda seinerseits hat es vorgezogen, statt
einer die Schwierigkeiten der Vorlage widerspiegelnden Übersetzung
einen lesbaren Text zu geben. In diesem Falle wohl mit Recht ; denn ihm
war ja nur die unzuverlässige Stambuler Ausgabe zur Hand (vgl. Bk.St.,
19, Anm. 4), so daß eine Diskussion der sprachlichen Besonderheiten
sinnlos gewesen wäre. Zudem bietet der Druck ohnehin eine ,, stilistisch
verbesserte" Redaktion gegenüber den Handschriften, die meist einen
unausgearbeiteten, skizzenhaften Text zeigen. Dies läßt sich deutlich
erkennen, wenn man die Stelle über Üsküb mit den Handschriften ver¬
gleicht. Ich habe dazu die beiden Hss. Bagdad Kö§kü Ktb. Nr. 301 und
307 (Topkapi Sarayi Müzesi, Istanbul) benutzt, die, soweit ich nach
diesen Seiten urteilen kann, nicht unmittelbar voneinander abhängig
sind, aber gegenüber dem Druck, mit wenigen Ausnahmen, überein¬
stimmen. Hingegen steht die nur gelegentlich herangezogene Hs. Pertev
Pa§a (MUlet Ktb.) Nr. 460 der Stambuler Ausgabe nahe.
Wie zahlreiche Untertitel beweisen, hatte EwiJJÄ CelebI die Absicht,
die Beschreibung von Üsküb weiter auszugestalten, ist aber — immer
nach den beiden Hss. — nicht mehr dazu gekommen. Diese Untertitel
sind in den Druck ebensowenig aufgenommen wie die Stellen, an denen
im Text bei der Aufzählung von Gebäuden u. dgl. zwar Raum für die
Zahl ausgespart, diese aber nicht eingefügt ist. Eine Aufführung aller,
insbesondere der sprachlichen Varianten hätte eine neue Übersetzung
der ganzen Beschreibung bedeutet. In der folgenden Zusammenstellung
habe ich daher Abweichungen gegenüber dem Druck nur dann wieder¬
gegeben, wenn sie mir inhaltlich von Bedeutung schienen; diese sind
durch Kursivschrift hervorgehoben. Um einen möglichst genauen Ver¬
gleich zu ermöglichen, schließt sich meine Übersetzung in ihrer Aus¬
drucksweise eng an Duda an, obschon ich in verschiedenen Fällen seiner
Wiedergabe nicht folgen kann. Dies gUt besonders für die Ausdrücke
häkim und emin, für die Duda ,, Funktionär" und „Präfekt" setzt. Funk¬
tionär ist deshalb nicht am Platze, weil ja nicht nur ein häkim sondern
alle anderen Amtsträger auch Funktionäre waren, während mir Präfekt
im Sinne eines emin nicht bekannt ist, ohne daß ich freilich voll befriedi-
72 Robebt Anhegoeb
gende Gegenvorschläge machen könnte. Am richtigsten scheint es mir
vorderhand, solche türkischen Termini, die sich öfters wiederholen, direkt
in die Übersetzung aufzunehmen und sie dafür an geeigneter Stelle genau
zu erklären, wie es Duda ja auch in einer Reihe von Fällen getan hat^.
1. Balkantürkische Studien, S. 19: ,,Die Festung Üsküb". Hss.
Nr. 301, f. 214a, b und 307, f. 169a: Ewlijä führt den Namen Üsküb auf
Verballhornung von Üst küh (= oberes Tongefäß) zurück, wozu er eine der
für seine Darstellungsweise so kennzeichnenden Geschichten erzählt, und
skizziert dann kurz die Schicksale der Stadt bis zur Eroberung durch Sultan
Bäjezid I. Dann erst folgt der Passus von der Festung Üsküb.
2. Bk. St. 20, Z. 7—10. Hss. 301, f. 214b; 307 f. 169a, b: [Der Sangaq]
erbringt ... 18 bis 20^ Beutel. Die Amtsdomänen {häss) des Paschas von
Seiten des Padischahs erbringen 230000 {Hs. 307: 23000)^ aqöe. Inseiner Provinz {livä) gibt es 15* zi'ämet- und 255 tlmär-Lehen. Deren gebelü, einer
auf je 3000 aqce, und die Pascha-Truppen machen insgesamt 5000 Mann
aus.
3. Bk. St. 21, Z. 3—8. Hss. 301, f. 214b; 307, f. 169b: „Es ist eine mit
dem Titel Mewlänä ausgezeichnete Beamtenstelle^ von einem aqöe we¬
niger als 500 aqSe. Denn es ist ein hohes Amt 20 Rüml-Beutel^ ....
In der Stadt unterstehen ihm an zwei Stellen Gerichte ; mit dem Großen Ge¬
richt sind es drei Gerichte. Mit dem ihm zugeteilten nä'ib sind es fünf
nä'ib'".
4. Bk. St. 21, Z. 12—18. Hss. 301, f. 214b; 307, f. 169b: „Ein Funk¬
tionär ist auch der Festungskommandant-Aga, der über 300 Mann Sol¬
daten, Festungsgruppen, Freiwillige {göniillü) und 'azab^ verfügt. Diese
1 In einem Brief kritisierte Professor H. Duda die Übersetzung des Aus¬
druckes häkim mit ,, Aufseher" in einer Anmerkung meiner Beiträge zur Ge¬
schichte des Berghaus im Osmanisehen Reiche, I, Rumelien, Istanbul 1943,
Bd. I, S. 27, Anm. 13. Dieser Einwand ist, wie sich aus dem oben im Text
Gesagten ergibt, im Prinzip berechtigt (s. auch w. u. S. 73 Anm. 1).
2 Pertev Pa§a fol. 116a: 18000.
' In der Hs. Pertev Pa$a a. a. O. keine Zahl angegeben, Raum dafür aber
ausgespart. ^ ,,15" fehlt Pertev Pa§a a. a. O.
' Nämlich das Qädl-Amt in Üsküb.
« Im Jahre 1660 zu 40000 aqöe gerechnet. Vgl. M. Helen (Belin), Türkiye iktisadi Tarihi hakkinda tetkikler, Istanbul 1931, S. 58 und Ismail Hakki UzTnsrgAB^iLi, Osmanli devletinin merkez ve bahriye te§kilati. T. T. K. yaym- larmdan, seri VIII, No. 16, Ankara 1948, S. 353f.
' Genau : Mit seinem als Marktrichter fungierenden Richterstellvertreter
(ajaq näHbi: wörtlich zu Fuß-Richterstellvertreter) sind es fünf Richt-
stellvertreter-Ämter (nijähet). Vgl. Hammer GOR IX, S. lf. Im 17. Jahr¬
hundert dürfte ein ajaq nä'ihi eine ähnliche Funktion ausgeübt haben.
* Leichte Fußtruppen, auch als Festungsbesatzung verwendet. Vgl. Islam
Ansiklopedisi II, S. 81—83, Fuat Köprülü und IsmaIl Hakki Uzun-
gAR?lLi: Azab.
Neues zwo balkantürkischen Forschimg 78
erhalten jedes Jahr ihre bestimmten Gebühmisse, [nämlich] ihren Sold von
dem Präfekten (emin) der Silberhütte von Kratovo. Ein anderer Funk¬
tionär ist noch der Aufseher von Üsküb (Üsküb näziri), der abgesehen von
Kratovo an vielen Orten die Silber- und Eisenbergwerke verwaltet^".
5. Bk. St. 21, Z. 1 V. u. zwischen ,, fördert" und ,,Ein weiterer".
Hss. 301, f. 214b; 307, f. 169b: „Ein Funktionär (häkim) ist auch der
Stadtmeister (Sehir kethudäsy), der für alle AngelegenJieiten verantwortlich
ist. Ein Funktionär (häkim) ist noch der Baumeister-Aga (mi'mär aga), der
für Reparatur und Wiederherstellung van Festung und Moscheen, Gebets¬
häusern und hän [Karawanserei u. dgl.], Bädern und Ausspeisungshäusem (Hmäret) verantwortlich ist. Ein Funktionär (häkim) ist der Marktvogt-Aga (muhtesib aga); er macht die ärarischen Zahlungen (miri mal).''
6. Bk. St. 22, Z. 5 nach „erschweren". Hss. 301, f. 214b; 307, f. 169b:
,,An dieser Stelle ist [die Aufzählung] aller Funktionäre (häkimän) von
Üsküb beendet."
7. Bk. St. 24, Mitte. Hss. 301, f. 215b; 307, f. 170a: „Sie [die Jahjä
Pascha-Moschee] besitzt eine Himmelskuppel (-cU^ XS) und ein hohes
Minarett, so daß ihrer Kuppel vielleicht die Kuppel der Hagia Sophia in
Istanbul gleicht und zu ihrem Minarett aber, wenn es auch nur einen Um¬
gang (Serife) hat, vielleicht das Minarett der Moschee Melik Gäzi in Niksar
ein Gegenstück ist, in solchem Grade ist es eine vollkommene Stätte des
Rufes zum Gebet. Ja der Baumeister hat, um die Ausübung seiner Kunst
zu zeigen ... ein Wasserbecken^ erbaut." Es folgen in der Handschrift
statt des Nebensatzes ,,so .... verblüfft" bei Duda einige Zeilen zum
Preise des Bassins. Anschließend: „Dies ist der Datumsvers der Qarlozäde-
Moschee^ gegenüber der großen Brücke über den Vardar: !; i^jl ctl-u*
•cüja-lJl i^jl. Es ergibt sich die Zahl 955 (beg. 11. Februar 1548).
1 In dem o. S. 72 Anm. 1 erwähnten Briefe machte 'mich Herr Professor
Dr. Duda dankenswerterweise ferner noch darauf aufmerksam, daß die in
meinem Berghau gegebene Übersetzung dieses Satzes nur schwer mit dem
Satz in der Stambuler Ausgabe vereinbar sei. In der Tat ergab sich derm
auoh, daß ich für die Übersetzung der betreffenden Stelle Notizen aus einer,
während des Krieges weggeräumten EwLijÄ-Hs. verwendet, es aber über¬
sehen hatte, dies zu vermerken. Dieser Satz lautet in meiner Ubersetzung
(Bergbau I, 27, Anm. 13) folgendermaßen: ,,Ein Aufseher (hakim) ist noch
der Münzaufseher (sikke naziri), der die Verfügung hat über die Silber- und
Eisenminen mit Ausnahme von Kratovo". Ich brachte auf Grund der Auf¬
führung eines Münzaufsehers im Druck diese Stelle mit dem Minenaufsichts-
amt in Verbindung, das im 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts in
Üsküb amtierte (Berghau I, S. 27).
^ Haud wird von Düda a. a. O. als Springbrunnen übersetzt, bedeutet
aber Bassin, Wasserbehälter, Teich usw. mit oder ohne Springbrunnen.
' Die Lesung Qarlozäde bei Duda a. a. O., die wohl auf lokaler Tradition beruhen dürfte, fällt auf. Man würde eher Qarlu- oder Qarlyzäde erwarten.
74 Robeet Anheggee
8. Bh. St. 25, Z. 2 u. 14. Hss. 301, f. 215b ; 307, f. 170a: Die Qarlozäde-
Medrese und die Baba Loqmän-Medrese. „Das Loqmän-i hekim-[Kloster^
ist eine größere Kloster\stätte\ (äsitäne), und dm Kloster des Baba Meddäl}, ist berühmt.^"
9. Bk.St. 25, Anm. 4. Auch die beiden Hss. (301, f. 216a; 307, f.
170b), sowie die Hs. Pertev Pa§a f. 167b, haben J^J^yJU wie der Druck.
10. Bk. St. 26, Z. 11—19. Hss. 301, f. 216a; 307, f. 170b: „Erstens ist
das [Gästejhaus {häne) des Jahjä Pascha umsonst; das Gästehaus [täh-
häne) des Qoga Mustafä Pascha, das Karawanserei des Qarlozäde, das
Gästehaus (täbhäne) des 'Isä Bej, das Gästehaus (täbhäne) des Ishäq Bej:
dies sind kostenlose Gästehäuser (müsäfirhäne)." Zum Datumsvers a.a. 0.:
Abgesehen von kleineren Abweichungen zwischen der Fassung im Druck
und der in den Handschriften, lautet die letzte Zeile, die die Jahres¬
zahl enthält, in beiden Hss. : l^cj a-.-if- 0 ^, woraus sich 993 statt 999,
also 6 Jahre weniger ergibt. — ,,... Dreizehn Ledigenhäuser gibt es,
aber diese Gebäude sind nicht mit Blei gedeckt. ... der Färber und
Filzstoffhersteller ('abagy; auch Filzstoffverarbeiter oder -handler)."
11. Bk.St.27, Z. 10, vor „über". Hss. 301, f. 216b; 307, f. 171a:
„Insgesamt gibt es ... Stück gemauerte Brücken. Von allen ..." Die
Ziffer ist nicht eingefügt.
12. Bk.St.27 „Dichter". Hss. 301, f. 216b; 307, f. 171a: Die Hss.
haben hier 15 Untertitel, von denen nur der 7., die Dichter betreffend,
ausgeführt ist. Von den Varianten seien nur folgende verzeichnet: Erzi
Celebi .... man nennt [ihn] Qoga Hasanzäde^.
13. Bk. St. 28, vor „Die Kirchen". Hss. 301, f. 217a; 307, 172b: Zum
Wallfahrtsort des Baba Loqmän haben die Hss. noch eine Legende, die
dem Druck fehlt : Wenn die Fische im Brunnen blutend herumschwömmen,
so zeige dies an, daß irgendwo eine Schlacht geschlagen, eine Festung ge¬
nommen oder die mohammedanischen Soldaten besiegt würden. An¬
schließend stellt EwlIjä CelebI fest, daß dieser Wallfahrtsort seinen
Namen nicht vom berühmten Hekim Loqmän, der nie bis hierher gelangt
sei, sondern von einem Häkim Loqmän habe.
14. Bk.St.28, Z. 15 und 9 v.u. Hss. 301, f. 217a; 307, f. 171b:
serbische, lateinische (latin) und^ jüdische Gebetshäuser ... Weil
vgl. weiter imten imd auch Tavyib GÖKBiLOiN, XV. — XVI. Asirlarda
Edirne ve Pa^a Livasi Vakijlar — Mülkler—Mukataalar, Istanbul 1952, Re¬
gister s. v. Karh.
1 „und" bis „berühmt" fehlt in Hs. 301.
^ Von den drei von EwlIjä erwähnten Dichtern: Häki, ErzI Öelebi und
Qoga Hasanzäde konnte ich nur Häki nachweisen, vgl. w. u. S. 78. Nach
Hs. 307 und Hs. Pertev Pa^a fol. 168a ist Qoga Hasanzäde mit Erz! eins;
in Hs. 301 steht: „Qoga Hasan".
^ In der Hs. Pertev Pasa fol. 168b. fehlt „und".
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Neues ziu- balkantürkischen Forschung 75
es aber in dieser Stadt viele Lateiner gibt, halten diese ihre Übeln Zere¬
monien in den bulgarischen und serbischen Kirchen ab^". Vor „Lobens¬
wertes" bringen die Hss. noch eine kurze Darstellung Üskübs vom Ge¬
sichtspunkt der Wissenschaft des Astrolab und der Astrologie aus.
15. Bk.St.29, Z. 12. Hss. 301, f. 217a; 307, f. 171b: „... und die
Pfirsiche sind köstlich, aber es müssen fleischige Pfirsiche sein^".
16. Bk. St. 31, Z. 3 V. u. Hss. 301, f. 217b; 307, f. 172a: „El-Maulä 'Äätq Celebi".
17. Bk. St. 37. Chronogramme. Hss. 301, f. 218a; 307, f. 172b: Den
Datumsversen zum Hinschied des Wälihi Celebi^ ist das Jahr 1009 bei¬
gefügt. Das bedeutet, daß das erste Chronogramm in der Fassung, wie
wir sie sowohl im Druck als auch in den beiden Handschriften finden,
fehlerhaft oder die Zahl verschrieben ist.
18. Bk. St. 38, Z. 6—11. Hss. 301, f. 218a; 307, f. 172b: „[Säfi'zäde
wurde] begraben; auf seinem Grabstein steht das Datum 990 (beg. 26. Ja¬
nuar 1582) ... Der Wallfahrtsort Qurbän baba* ... und im großen
Friedhof auf einem Hügel der Wallfahrtsort des Gäzi baba und im Markt der
Wallfahrtsort des Baba Meddäh. ... der Wallfahrtsort Deli Bej (Hs. 301
aber Veli Bej)."
Daß Üsküb während des 15.—17. Jahrhunderts keine verschlafene
Provinzstadt war, zeigt schon der Bericht von EwiiJÄ CelebI, die Reihe
eindrucksvoller Bauten sowie die bedeutenden Mäimer, deren Leben
irgendwie mit Üsküb verbunden war. Um das Bild abzurunden, ergänzt
Düda in dem Unterabschnitt Namhafte Männer in und aus Üsküb
(S. 38ff ) die Zahl der von EwijjÄ erwähnten Persönlichkeiten durch
weitere zehn Namen, denen folgende zugefügt werden köimen: Aus
Üsküb stammt Mahmüd b. Qädi-i Manyas, der in der Zeit von Mu¬
räd II. lebte und Verfasser verschiedener Werke ist ('OM II 15)^. Eine
1 Aus den freilich etwas unklaren Angaben in den Handschriften ergibt
sich, daß die Lateiner (= Katholiken) zumindest ein Gotteshaus in Üsküb
hatten. Das ist auch höchst wahrsoheinlioh, da zur Zeit von Ewlijä ein
,, Oberbischof" (nadbiskup) namens Andrija Bogdani in Üsküb residiert, vgl.
M. Premeon, Katoliöki Nadbiskupi u Skoplju (Glasnik Skopskog naucnog
drustva, Bd. I, 1926, S. 328—334), S. 328, vgl. a. JovanovIö s. 39 (s. u.
S. 80 Anm. 1).
^ Et Seftälüsü (im Gegensatz zu jarma seftälü), engl, clingstone peach.
' transkribiert Duda als Wälähl. Der Name dieses Mystikers kann
jedoch nach dem a. a. O. Anm. 2 abgedruckten Chronogramm nicht Wälähl
lauten; denn das Versmaß verlangt für die zweite Silbe dieses Wortes eine
Kürze. Es wird also nioht Wälähi sondem Wälihi zu lesen sein, zu wälih
,, außer sich sein vor Liebe, Trauer usw.".
* Dagegen hat die Hs. Pertev Pa^a fol. 169 b Qopan baba wie der Druck.
* 'OM = Bursaly Mehmed TähIr, 'Osmänly Mü'ellifleri, Istanbul
1333—1344.
76 Robert Anheoger •
interessante Persönlichkeit muß der nach seiner Abkunft Hekim
'Arab genannte Arzt gewesen sein, der bei dem großen Förderer von
Üsküb, 'Isä b. Ishäq Bej in besonderer Gunst stand (SN 239^). Als Qädi
waltete seines Amtes in Üsküb Qara Hasan, der Vater des weiter
unten erwähnten Dichters 'Üdri ('ħIQ Celebi fol. 216 a)^, weitere An¬
gaben fehlen über ihn ebenso wie über den Qädi Bedreddin, bei dem
Za'ifi (s. u.) studierte. Dagegen gab es unter den müderris an den Me¬
dresen von Üsküb mehrere, die Tasköpeüzäde und seine Nachfolger der
Erwähnung würdig fanden. Nach den in den Saqä'iq gemachten Angaben
ist CS möglich, daß die Üsküb medresesi zu den ersten Lehrstätten ge¬
hörten, wohin die jungen müderris nach Beendigung ihrer Ausbildung
berufen wurden*. Welche Medrese gemeint ist, wenn von der Üsküb
medresesi gesprochen wird, ist nicht auszumachen, vieUeicht die von
Sultan Muräd II. gestiftete Medrese, die zwar nicht genannt wird, oder
die erwähnten Medresen des Ishäq und des 'Isä Bej, vielleicht auch ist es
eine Sammelbezeichnung, so wie der Ausdruck Iznik medresesi ver¬
wendet wurde, ohne daß man dabei unterschieden hätte, ob es sich um
die Orhaniye oder die Sülejmänije medresesi handelte*. Als erster mü¬
derris ist hier Sugä'eddin Iljäs anzuführen, der nicht weniger ala
vierzig Jahre in Üsküb tätig war und aUgemein Üsküb Seihi genannt
wurde. Seih deshalb, weil er dem tasaummf ergeben, auch in seiner Klei¬
dung der Tracht der Süfis folgte (SN 125). Mu'idzäde wurde gleich
nach Beendigung seiner Studien nach Üsküb berufen, wo er auch starb
(Sn 332). Auch für Pir Ahmed Celebi, genannt Lejszäde {Ishäqije
medresesi) ebenso wie für Zirekzäde Pascha Celebi (ohne Nennung
der Medrese) war Üsküb die erste Stufe ihrer Laufbahn (SN 405 f.). In
der Ishäqije medresesi wirkte auch der 926 (beg. 23. Dezember 1519) ver¬
storbene J 1ä-J1 ^\ *Ae jk", dessen eigentlicher Name nicht bekannt
ist (SN 421). Ihre Tätigkeit als müderris begannen ferner in dieser
Stadt Muhjiddin Mehmed, genannt Mi'märzäde (t 934/beg.
27. September 1527) und ein anderer Muhjiddin, vom ersten als Qar-
1 Sn = TAäKÖPRÜzÄDE, es-Saqä'ig en-Nu'mänijje, Istanbul 1269.
2 'ÄSiq Öelebi tezkiresi. Hs. Ist. Üniv. ktb. T. Y. Nr. 2406. Zu den Hss.
dieser Sammlung von Dichter-Biographien vgl. meinen in der nächsten Num¬
mer der Ural-Altaisohen Jahrbüchern erscheinenden Beitrag: Türkisclie
Handschriften und Drucke I.
' Vgl. z. B. Sn 445 ifJJjlj»jX. .. . cAjCI ejjjl Jir jj> ojIc dli|^ f-J^\,
Diese Stelle kann aber auch nur eine Floskel darstellen, mit der die Auf¬
zählung der von Muhjiddin durchlaufenen Medresen eingeleitet wird.
* Vgl. den Artikel Iznik in Islam Ansiklopedisi, Heft 54, Istanbul 1952, S. 1256ff., dem das Redaktionskomitee eine von mir noch nicht veröffent¬
lichte Untersuchung über die Stadt Iznik in türkischer Zeit zugrunde
gelegt hat.
Neues zur balkantürkischen Forschung 77
täszäde unterschieden (f 935/beg. 15. September 1528) (ÖN 461, 464 f.).
Weiter wirkten hier: Sinäneddln Jüsuf (f 936/beg. 5. Oktober 1529)
an der Isljäq Pascha medresesi, Küöük Hayreddln (| 945/beg. 30. Mai
1538) und Qarasili Hüsämeddin Hasan Öelebi, der 957 (beg.
30. Mai 1538) starb (SN 465, 503, 477). Bei dem von Duda {Bk. St. 40)
angeführten Seihi Lutf ulläh öelebi hätte noch auf TS (747)^ ver¬
wesen werden körmen; danach erfolgte dessen Versetzung nach Üsküb
im Jahre 997 (beg. 20. November 1588) unter Erweiterung seines Ge-
richtssprengels um das zu Kratovo gehörige Kumanovo. Wann er da¬
gegen an Stelle von Häfi zzäde (vgl. TS 339) nach Filibe berufen wurde,
ist nicht vermerkt.^ Besondere Erwähnung verdient Pir Mehmed
(TS 551f.), weil einäugig auch Jeköesm genannt, dem das/eiim-Amt
in Üsküb übertragen wurde und der dort nach langjähriger Tätigkeit, die
ihm den Beinamen Üsküb müftisi eintrug, 1020 (beg. 16. März 1611)
starb. Unter den außerhalb Istanbuls wirkenden müfti's war Pir Mehmed
einer der angesehensten. Mehmed Tähir Buesaly nermt ihn als Ver¬
fasser eines Buches über die osmanischen Gesetze {qänün), sUüll
betitelt, und fügt hinzu, daß seine Ulyl j>. J J.'LII Cru* genannte
/eilt«-Sammlung das Datum 1026 (beg. 9. Januar 1617) trage ('OM II 61).
Entweder ist also der Todestag bei 'Atä'i zu früh angegeben, oder Bue¬
saly Mehmed TähIe lag eine aus diesem Jahre datierende Abschrift der
/eiwä-Sammlung vor. Eine Handschrift der fetwä von Pir Mehmed vom
Jahre 1041 (beg. 30. Juli 1631) liegt in der Aya Sofya-Bibliothek unter
der Nummer 1562. Er war aber nicht nur als guter Rechtsgelehrter be¬
kannt, auch seine geistreichen Einfälle und Aussprüche {nükte) werden
hervorgehoben; einige davon verwertete 'Atä'I in seinem, den Titel
Asti" tragenden mesnewi. Die Frage seines Nachfolgers als müfii
ist nicht ganz klar, TS 551 f. wird als solcher ein gewisser Ahmed
Efendi genannt, während nach TS 673 Ebü Bekr Ende 1020 (1612) für
kürzere Frist das/eiwä-Amt in Üsküb bekleidete. Obder hier zu nicht fest¬
stellbarer Zeit als qädi eingesetzte Mahmüd, genannt Derzizäde(fl026/
1617, vgl. TS 595), einer von denen war, die sich mit Weisi (vgl. Bk.
St. 32 Anm. 2) in diesem Amt ablösten, muß offen bleiben, hingegen
wissen wir, daß Mustafä, genaimt Rodosizäde, 1030 (beg. 26. No¬
vember 1620) anstelle von Weis! als qädi hierher kam, aber bald wieder
durch seinen Vorgänger ersetzt wurde (SN 665). Aus Üsküb stammt der
1 T§ = 'Atä'i, Zeß-i äaqä'iq, Istanbul 1268.
" Duda erwähnt a. a. O. 39 auch MoUa Üskubl Mu?tafä unter Hinweis-auf
TS 290. Dort wird als sein Nachfolger ein Hüsäm aus Izmir genannt. Nach
TS 392 handelt es sich dabei um Hüsämeddln aus Seyhlü (Germian), nach
450 aber um einen Hüsämeddln aiis Mentele, d. h., daß 'Atä'i die Lebens¬
daten dieser beiden gleichnamigen Mollas durcheinandergebracht hat.
78 BOBEBT AKHEOOEB
dementsprechend Üsküblü genannte Mehmed Efendi, der hier auch
seine Ausbildung genoß und Ende 1040 (Juli 1631) starb^. Auch Mus¬
tafa b. Zihnl, 'ulemä, Dichter und Verfasser eines 1030 (beg. 26. No¬
vember 1620) abgeschlossenen grammatischen Werkes yt kommt
aus Üsküb. Als Heeresrichter (J^ ^L»i) sehen wir ferner den aus der
Nähe von Üsküb stammenden und 1033 (beg. 25. Oktober 1623) ver¬
storbenen Seih 'ömer hier tätig, der sich später den süfi's anschloß,
worauf die Bezeichnung Seih hinweist (TS 759). Mit Üsküb verbunden
sind auch Alaibejzäde Mehmed, der Seih des Halvetije-Oidens, der
hier im Jahre 1040 (beg. 10. August 1630) verschied und sein Sohn
Mehmed Emin (f 1091/beg. 2. Februar 1680), der unter dem Namen
Emin dichtete und auch als Mekkl bekannt geworden ist (*0M III,
141 f.), auf den auch Dttda {Bk. St. 40) zu sprechen gekommen ist^. Nur
nebenbei braucht auf Wahdeti 'Otmän (t 1135/beg. 12. Oktober 1722)
hingewiesen zu werden, der zwar in Üsküb zur Welt kam, aber durch
seine engen Beziehungen zu Edirne dieser Stadt zugerechnet wird
('OM I, 182).
Üsküb ist ferner die Heimat mehrerer Dichter, von denen einige im
Text erwähnt sind. Darunter ist auch Ishäq al - Üsk ubi, von dem hätte
gesagt werden können, daß er in seinem Behr-engiz-i muhbühän i viläjet-i
Üskub die Schönen seiner Heimat in 105 Versen beschrieben hat. (Ent¬
halten z. B. in der Sammelhs. Nuruosmaniye Ktb., Istanbul, Nr. 4968,
fol. 158a — 161a). Was freilich Mitäll betrifft, so hat er nur insofern
etwas mit Üsküb zu tun, als er das Chronogramm zur Ernennung des
berühmten Weisl Efendi (vgl. Bk. St. 33ff.) zum Richter dieser Stadt
verfaßt hat (vgl. Bk. St. 34). Es karm sich bei ihm wohl nur um Hasan
Celebi, genaimt Mitäli, handeln, der 1016 oder 1017 (beg. 28. April 1607
bzw. 17. April 1608) gestorben ist. Er wird wie in den 'Osmunly Mü'ellif¬
leri des Bursaly Mehmed Tähir (Istanbul 1333—44) II, 416 so auch
in den einschlägigen Dichter-TezJfcire's genaimt. S äfi'zäde , dessen Grab
als Wallfahrtsort bei EwlIjä CelebI genannt wird (vgl. Bk. St. 38),
dichtete unter dem mahlas Wesim, vgl. Tezkire-i Sälim (Kitabhäne-i
Iqdäm) Istanbul 1315. Zu Häki (a.a. 0.27) ist nachzutragen, daß sein
eigentlicher Name Jüsuf Efendi lautete und daß er in der Zeit von Sultan
Bäjezid II. lebte, vgl. u. a. Tezkire-i Sehi (Istanbul 1325) 105 und
Tezkire-i Latifi (Istanbul 1314) 144. Aus Üsküb und Umgebung stammen
noch weitere Dichter, von denen folgende kurz aufgezählt seien: 'Atä'i
Üskubl (Sehi 112, Latifi 246, 'IsiQ CelebI, Hs. Üniv. ktb. T. Y.
1 Vgl. HadäHq al-haqä'iq fi tekmllet aS-Saqä'iq, Hs. 1st. Üniversite ktb.
T. Y.Nr. 81, s. 6f.
2 Auf der gleichen Seite spricht Duda von Alty Parmaq, wobei er «-lU,^
als öaqraq^yzäde liest; wäre öyqryqgyzäde nicht richtiger?
Neues zur balkantürkischen Forschung 79
Nr. 2408, f. 222a, vgl. S. N. Eegun, Türk ^airleri, Istanbul o. J. S.538);
Dürri (Latifi 153, vgl. Türk §airleri 1190f.); Feridi (Sehi 99, Latifi
264, 'ÄSIQ Celebi 243a); Hamdi ('Äsiq Celebi 94b), ein Sohn des
Erziehers von Ishäq Celebi (s. o.), geriet in christliche Gefangenschaft,
seine diesbezüglichen Geschichten werden an Länge mit dem Fereg bäd
eS-Sidde^ verglichen; Hevesi (Sehi 103, Latifi 369), Zeitgenosse von
Ishäq Celebi und Übersetzer von Tausendundeine Nacht ins Türkische^ ;
La'li ('ÄSIQ Celebi 133b); Mlri-i Rüml (Latifi 322); Mu'idi (Sehi
133, Latifi 313); Näml (SehI 113, 'äsiq Celebi 161a), in Üsküb als
Benli Memi bekannt gewesen; Nijäzl ('Äsiq Celebi 182a), der nach
,,rumelischer Art" dichtete; Rijäzi (Latifi 173f., 'ÄsiQ Celebi 300b),
namens Mehmed, nach rumelischer Sitte Memi Säh genannt, eine eigen¬
artige Persönlichkeit, dessen offene Ausdrucksweise ihm den Vorwurf
des Unglaubens eintrug; Seidi Celebi ('ÄsiQ CelebI 204b), Stifter
von mesgid's in Üsküb, bekannt durch seine Liebschaften; bei dieser Ge¬
legenheit führt 'Äsiq CelebI die Namen einiger berühmter mal),büb in
Istanbul an; Sihri (SehI 117); Süzi-i Naqibendi (Latifi 194), der
ein die Taten von Mihaloglu 'All in Bosnien verherrlichendes Gedicht
verfaßte; Sipähi Mehmed Bej, der sich seinem Stande gemäß als
Dichter Tigl nannte und 1027 (1618) in Istanbul sein Leben beschloß
(Tezkire-i Rijäzi, Üniv. ktb. T. Y. Nr. 4098, 130b), 'ÜdrI (Latifi 241,
'ÄSIQ CelebI 216a); Wusüll (RiJÄzi 151b); Zärl-i Üskubi (Latifi
175). Auch der in Kratovo gebürtige Za'ifl aus der Familie der Ewranoz
darf hier angeführt werden. Üsküb, wo Za'Ifi bei dem Qädi Bedreddin
(s. o.) studierte, scheint auf ihn einen bleibenden Eindruck gemacht zu
haben. Denn in seiner, persönliche Erlebnisse verwertenden Prosa¬
erzählung 'ISqi vü MäSüq (verfaßt um 1550) bildet neben Istanbul Üsküb
mit seinen Gärten, Herrensitzen (qonaq) und dem Wardar den Hinter¬
grund, vor dem sich das Geschehen abspielt*. — Schließlich köimen noch
einige aus Üsküb stammende hattät (Schönschreiber) wie der H^ägezäde
genaimten Däwud* Sälih b. Ahmed und sein Bruder Mustafä^ er¬
wähnt werden.
1 Das Fere§ ba'd es-sidde war wegen seiner Länge bekannt, vgl. den noch
nicht in Druck erschienenen Vortrag von A. Tietze über dieses Werk, ge¬
halten am Internationalen Orientalistenkongreß in Istanbul, Sept. 1951.
" Vgl. A. Tietze, 'Aziz Ejendis Muhayyelat, Oriens 1/2 S. 310, Anm. 105.
' Vgl. R. Anheggee, 16. asir §airlerinden Za'iß (1st. Ün. Edebiyat Fak.
Türk Dih ve Edebiyati Dergisi, 1950, IV, 133—166), S. 143 Anm. 3.
* Mustafä 'Ali, Menäqib-i Hünerverän, Istanbul 1926, S. 26 und Müsta-
QiMZÄDE Süleymän Sa'deddin, Tuhfe-i Hattätm, Istanbul 1928, S. 201.
' Tuhje S. 228f., 524. Als Schreiber der Tezkire-i Latifi, Hs. Üniversite
ktb. Istanbul, T. Y. 2627 nennt sich eüi Smän b. Iskender al-Üskubi. — Aus
Üsküb stammen ferner nooh Hofhandwerker, vgl. z. B. M. Gev:, _ -
ibn Battüta, Istanbul 1932, S. 366,369.
80 Robert Aühegger
Der letzte Abschnitt dieses Aufsatzes Die islamischen Bauten von
Üsküb ist geeignet, in hohem Maße das Interesse sowohl der Historiker
als auch der Kunstgeschichtler zu erwecken und läßt bedauern, daß
Duda nicht die Gelegenheit hatte, länger in Üsküb zu verweilen. Unter
den Moscheen, von denen es gegen 1925 noch über 30 gab^, steht die
Sultän Muräd II. öämiH an erster Stelle. Bei EwrJjÄ CelebI heißt sie
Hunkär-Moschee, was Duda zu der Bemerkung veranlaßt (Bk. St. 41
Anm. 2), diese Bezeichnung sei vielleicht darauf zurückzuführen, daß
die örtliche Tradition zu EwlIyäs Zeiten diese Moschee als Gedächtnis¬
bau für Muräd I. hingestellt habe. Doch ist das Wort hunkär in Zu¬
sammenhang mit Moscheen keineswegs nur mit Muräd I. verbunden, so
spricht EwlIjä in dem von Fätih eroberten Elbasan von der Hunkär-
Moschee (VIII 719), und die Moschee der Ohrizäde wird so genannt,
nachdem Bäjezid II. ein Minarett (VII 738) gestiftet hat; Hunkär-
Moschee ist also in solchen Fällen als ,, Herrscher-Moschee" aufzufassen.
Als Bauwerk bietet die Muräd ÖämiH in ihrer heutigen Form das BUd
einer mittelgroßen, nichtüberkuppelten Stützenhallenmoschee^.
Bei der Alaga-Moschee von 1438 fällt auf, daß die beiden Seiten¬
räume mit Helmdächern gedeckt sind, der für den _|_-Plan bezeichnende,
hinausragende rückwärtige Raum aber mit einem Walmdach, was in
dieser Zeit bei Moscheen dieses Planschemas wohl nur selten der Fall ist^.
Bei der Ishäq-Pascha-Moschee, wie sie auch genaimt wird, ist weiter
bemerkenswert, daß von der Gesamtlänge des eigentlichen Gebetsraumes
von 10,90 m, 6,70 m auf den überkuppelten Mittelraum, 1,30 m auf den
Querbogen zwischen beiden Räumen und nur 2,90 m auf den rückwärtigen
Raum fallen. Die 'Isä Bej-Moschee hingegen ist ein typisches Bei¬
spiel einer mittelgroßen und sorgfältig gebauten _L-Moschee. Während
unter den Zentralkuppelmoscheen auf Duda die Qoga Mustafä
1 P. C. JovANOViö, Znamenitosti u Skoplju in Skoplje i Juina Srbija,
Beograd 1925, S. 33—47, wo sich — wenn auch ohne Belegstehen — An¬
gaben über osmanische Bauten in Üsküb mit verschiedenen Abbildungen
finden, die obige Angabe S. 39. Das Werk von Gl. Elezovi(5 über diese
Stadt ist mir leider unzugänglich geblieben.
' Nach der heutigen Ausführung ist es unwahrscheinlich, daß diese Moschee
früher üborkuppelt war, sie kann aber einen vollständigen Umbau erfahren
haben, wie es von anderen, früher überkuppelten Stützenhallenmosoheen
bekannt ist, vgl. die diesbezüglichen Angaben in meinem Aufsatz Beiträge
zur frühosmanischen Architektur in der im Druck befindlichen Festschrift für Zeki Velidi Togan.
^ Ein Beispiel für eine _L -Moschee, deren Seitentrakte flach gedeckt sind,
ist die Isma'il Bej-Moschee in Kastamoni vom Jahre 1454, erbaut vom
letzten Herrscher des Hanses öandaroglu und deutlich unter dem Einfluß
osmanischer Architektur stehend. Im Gegensatz zur Alaga-Moschee ist hier
der rückwärtige Raum überkuppelt.
Neues zvu balkantürkischen Forschung 81
Pascha-Moschee (1492)i Eindruck gemacht hat (Bk. St. 53), hebt
EwiIjä Celebi die Jahjä Pascha-Moschee mit ihrer heute nicht
mehr vorhandenen Kuppel, ihrem hochstrebenden Minarett und ihrem
Wasserbecken hervor (s. o. S. 73). Wie er die Kuppel mit der der Hagia
Sophia vergleicht, so das Minarett mit dem der Melik 6äzI-Moschee in
Niksar^. In der Tat macht derm auch EwlIjä Celebi bei der Beschrei¬
bung dieser Stadt folgende Bemerkung: „Aber sie [diese Moschee] hat
ein so ebenmäßiges, vollkommenes und elegantes Minarett, daß es, wie
man sagt, in der Welt kein Gegenstück dazu gibt". Doch stellt er ihm
selber noch das Minarett der Ulu Gämi' in Simav und das der J_>5 jjl
(Özquly)-Moschee in Berat zur Seite*. Nach dem von EwlIjä CelebI
überlieferten Chronogramm ist die Jahjä Pascha-Moschee entweder
1502 oder wohl richtiger 1503 errichtet worden (Bk. St. 54 Anm. 1),
jedenfalls vor 912/1506, denn in einer Waqfijje vom 15. August 1506 zu
dem von ihm in der Nähe des Kadirga limam (Istanbul) gestifteten
mu'allimhäTie (Lehrerheim) ist schon die Rede von einem dort befind¬
lichen Doppelbad, dessen Einkünfte für Moschee und 'Imäret in Üsküb
bestimmt sind*. Danach kann es sich bei der von Jovanovio (S. 40f.) er¬
wähnten Stiftungsurkunde von 1518 (924) nur um eine Abschrift oder
vielleicht auch Erweiterung der ursprünglichen Waqfijje, etwa durch
Jahjä's Sohn Bali handeln^. Die Qarlo- oder besser Qarluzäde-
Moschee stammt, was zu Bk. St. 45 nachzutragen ist, aus der Mitte des
1 Zu den Stiftungen von Mustafä Pascha ist GokIbloIn, 515ff., zu ver¬
gleichen, danach ergibt sich u. a., daß Sul^änzade Haniun Hatun in Üsküb
am Brückenkopf eine zäwije (eine Art Kloster, auch Wohltätigkeitsanstalt)
und die 'Ä'ise genannte Tochter von Mehmed II. eine kleine Moschee
(mesgid) errichtet hat (a. a. O. 331). In welcher Beziehung Sinän Pascha, in
dessen Stiftungsurkunde von 1001 (beg. 8. Oktober 1592) Üsküb genannt
wird (vgl. Zeil-i Ibn Battüta, S. 118), zu dieser Stadt steht, ist noch genauer zu prüfen.
2 Sejähatnäme, Bd. IX, Istanbul 1935, S. 44. Wie A. Gabriel Monuments
turcs d'Anatolie II, (Paris 1934), S. 121 f., berichtet, heißt diese verschiedent¬
lich reparierte und umgebaute Stützenhallenmoschee im Volk immer noch
Melik Gäzl Cäini'i. Sie sei aber der Tradition nach gegen 540 (beg. 24. Juni 1145) von ,, Tshenepnizade Hasan Bey" erbaut worden. Dagegen finden wir
in einer Liste von Baustiftungen als Erbauer eines nicht angegebenen Ge¬
bäudes ün Jahre 560 (beg. 12. Januar 1160) in Niltsar B. 'Ali, al-Melik
Danismend Gäzl, vgl. Zeil-i Ibn Battüta, Istanbul 1350/1932, S. 187. Sollte es sich hier nioht um die, wie Ewlijä belegt, von altersher von der Bevölke¬
rung Melek &äzI-Moschee genannte Moschee handeln ?
'Ewlijä Celebi Sejähatnämesi, 2. Bd. (Istanbul 1314) S. 195; 8. Bd.
anbul 1928) S. 693; 9. Bd. (Istanbul 1935) S. 44.
* Vgl. GOkbIlgIn a. a. O. S. 456—458; hier auch eüüge Angaben über die
zu dieser Stiftung gehörenden Dörfer usw.
^ GÖKBILGIN a. a. O. S. 457 Anm. 728.
0 ZDMG 103/1
82 Robert Ahheggeb
16. Jahrhunderts, macht aber, soweit ein Urteil auf Grund einer Photo¬
graphie überhaupt erlaubt ist^, mit ihrem gefälligen Kästel-Ziegelwerk
einen altertümlichen Eindruck. Wegen ihres Minaretts hieß diese Mo¬
schee auch Burmaly (Minare) Gämi'(i), d. h. ,,gewundene(sMinaret)"
Moschee ; an ihrer StcUe steht heute das Offizierskasino von Skoplje^.
Zu denMedresen bei Duda kami noch die Baba Loqmän-Medrese
hinzugefügt werden. An unentgeltlichen Gästehäusern zählen die Hss.
deren sechs auf ; ihre Erbauer : Ishäq Bej , 'Isä Bej, QogaMustafä
Pascha, Jahjä Pascha und Qarluzäde sind gleichzeitig durch ihre
Moscheen bekannt.
Was den Uhrturm betrifft {Bk. St. S. 60 f), so findet sich sein Lob in
einer weiteren, von Duda nicht benutzten QueUe, dem Menäzir al-'evä-
lim genannten geographischen Werke des Mehmed 'Äsiq*. Dieser weilte
1002 (beg. 17. September 1593) drei Monate in Üsküb, schreibt also auf
Grund von Augenschein. Die SteUe, am Anfang und am Ende leicht ge¬
kürzt, lautet so: ,, Üsküb ist eine große Stadt. Es finden sich zahlreiche
Moscheen, in denen das Freitagsgebet gesprochen wird, bevölkerte
Märkte und ein gedeckter Bazar {bezazzistän). Der obere Teil des Flusses
Wardar fließt mitten durch die Stadt Üsküb. Das Wasser von Üsküb
kommt aus Flüssen und Kanälen. Zur Erfreuung gibt es in Üsküb rein¬
liche Stätten und liebliche Spaziergänge. Üsküb besitzt eine bewehrte
Festung; sie wird bewacht. In Üsküb findet sich unter den Baulichkeiten
der Ungläubigen ein als Glockenturm (Sanlyq) bekanntes Minarett. Auf
der Spitze dieses Minaretts ist ein Zeitkünder, daß er unter den Zeit-
kündern, die [ja] den höchsten Ruhm der fränkischen und deutschen
Kunstfertigkeit darstehen, der größte ist. Zu jeder Tag- und Nacht¬
stunde zählt er die Stunden und verkündet die Zeit. Der Klang seines
Schlages dringt in alle Richtungen über Üsküb hinaus und wird bis
gegen zwei Meilen gehört. Die Uhr hat Hüter und Wächter, welche sie
beschützen"*.
Von diesem Text ist im wesentlichen die Beschreibung Üskübs von
Häggi Halifa in seinem öihännumä abhängig, wie ein Vergleich mit der
Bk. St. S. 18 abgedruckten Verdeutschung Hammers zeigt^. Anderseits
1 Foto 25 des Bilder von Skoplje enthaltenden Albums, 1st. Üniversite
ktb. Albümler Nr. 90436 aus der Zeit von Sultan 'Abdülhämid II.
2 Jovanoviö 42, 46.
3 Vgl. Babinger, GOW, Leipzig 1927, S. 138f., Nr. 115; zum Uhrturm
vgl. JoVANOVlÖ 40.
^ Hs. Nuruosmaniye ktb. (Istanbul) Nr. 3426, fol. 294a; Ahmed III ktb.
(Topkapi sarayi müzesi Istanbul) Nr. 1578, fol. 299a, b. Unbedeutende
Varianten wurden hier nicht berücksichtigt.
s Der Hs. Veliüddin (Bay. Umumiye) Nr. 2336, Bl. 79b ist eine Lagekarte
des Gebietes Kal-Kadelen-Üsküb beigegeben. Die Schilderung von Üsküb
Neues ziu* balkantürkischen Forschimg 83
geht der kleine Abschnitt im 1725 vollendeten Kitäb üd-düvel ü misbär
ül-milel des EsiEi^ auf KLätIb Celebi zurück. Die Stelle lautet: „Die
Stadt Üsküb, westlich von Köstendil; der Oberlauf des Vardar (JlJjljl)
erhält (sein Wasser) aus den Bergen von Kalkandelen und fließt durch
diese Stadt. In der Tat gibt es hier prächtige Spaziergänge, das Klima
ist angenehm ; Männer und Frauen sind sehr schön und liebenswert ; von
hier stammen viele des Lesens und Schreibens kundige Gelehrte und
kenntnisreiche Leute. Diese Stadt wird als das Bräutchen Rumeliens
betrachtet. Lobenswertes und Schönes gibt es viel, aber weil eine aus¬
führliche Aufzählung sehr lang würde, wurde hier gekürzt."
Das Mausoleum {türbe) des Gäzi oder auch Qädi Baba {Bk. St. 61),
ebenfalls im Druck nicht erwähnt, steht auf einem Hügel, wo der große
Friedhof war (s. o. S. 75). EwiJjÄ Celebi spricht sowohl von dieser türbe
als auch von der des durch seine Sammlung von Dichterbiographien
weitberühmten und als Richter der Stadt verstorbenen 'ÄsiqCelcbi,
die in der Nähe des Klosters Loqmän Hekim gelegen war. Daher ist es
wahrscheinlich, daß sich Bursaly Tähir und Sälih 'Äsim irren, wenn
sie das Mausoleum des Qädi bzw. Gäzl Baba mit der des 'Äsiq Celebi
gleichsetzen {Bk. St. 61). Zur Zeit von Ewlijä CelebI scheint der be¬
rühmteste Wallfahrtsort der des Baba Loqmän gewesen zu sein, der
mitten in der Stadt gelegen war. Welche Bedeutung ihm zugelegt wurde,
erkennen wir aus den von EwilJÄ CelebI überlieferten Legenden, von
denen eine vom Herausgeber des Stambuler Druckes nicht aufgenommen
worden ist. Dagegen findet sich bei EwiJJÄ CelebI kein Hinweis darauf,
daß Üsküb eines der Gräber von Emir Sultän enthalte^.
findet sich etwas gekürzt in der Fassung von Ebübbkr b. Behräm ad-Di-
MiäQi, Hs. Nuruosmaniye Nr. 2996 fol. 299a. Vgl. Babinger, OOW, S.
195ff., Nr. 173, und S. 225ff., Nr. 197, sowie die dort zitierte Literatur, femer
Franz Taeschner, Das Hauptwerk der geographischen Literatur der Osmanen,
Kätib Celebi's öihännumä. Imago Mundi, 1935, S. 44ff. wo weitere Verweise.
1 Hs. Hekimoglu Ah Paja (Süleymaniye Ktb.) Nr. 804, foL 14 b. VgL
Babinger, GOW, S. 265, Nr. 233: Hasan gen. Eslri. Nach dem Titelblatt der
Hs. lautet sein vollständiger Name: Esirl Hasan b. eS-Seih Hüsein 'an
Kethudäjän-i ogaq-i gebegijän. Abhängig vom öihännumä ist ferner das Öi-
hännumä-i Avrupa, verfasst 1136 (beg. 1. X. 1723) von Sejhi Mehmed
(vgl. Babinger, GOW, S. 267 f., Nr. 236), Hs. Hamidiye (Murad Molla Ktb.)
Nr. 932, Bl. 33 b wie auch die geographische Hs. Nuruosmaniye Nr. 3003,
Bl. 39a, geschrieben von 'All B. Mehmed im Jahre 1199 (bog. 14 XI. 1784).
Danach betrage die Entfernung zwischen Istanbul und Üsküb, einem Ge¬
richtssprengel von 300 aqce, 368 Meilen {mil), wie auch im Risäle- i mesämet
des Mustafä b. 'Aü, verfaßt 931 (beg. 29. X, 1524), (Nuraosmaniye Nr. 2991
Bl. 36a) angegeben.
^ Vgl. M. CavId Baysun, Emir SultanHn hayati ve §dhsiyeti, Tarih Der¬
gisi I/l, Istanbul 1949, S. 77—94, S. 81, Anm. 12.
G«
84 BoBEBT Anhegoeb
Ein Überblick über die bedeutendsten Gebäude in Üsküb zeigt, daß
sie fast durchweg aus dem 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
stammen. Stellen wir nun die Moscheen, Medresen usw. nach Erbauern
zusammen, so erkennen wir, daß das bauliche Gesicht Üskübs bis rund
1490 in erster Linie durch die Gebäude bestimmt -wurde, die die Familie
der Ishäq und 'Isä Bej stiftete. Zu den bei EwilJÄ und von Duda ge¬
nannten Werken ist noch hinzuzufügen, daß in der Stiftungsurkunde des
'Isä Bej ein Kloster und ein großer Bruimen erwähnt werden-"-. Auch die
1469 errichtete Moschee des Kebir Mehmed Celebi (Bk. St. 58) ist
hier zu nennen, da dieser der Sohn von 'Isä Bej war. Dazu gehörte noch
ein Hmäret^. Ebenso hat die Enkelin des 'Isä Bej und Tochter Sägir
Mehmed Efendis ein Kloster und eine Moschee gestiftet. Dieses Kloster
heißt heute Isma'il Haqqi Tekkesi* nach dem von Duda (40f ) be¬
handelten SchriftsteUer, Gelehrten und Angehörigen des Ordens Gil-
wetlje (gest. 1724). Bis zu einem ge-wissen Grad dürfen -wir auch eine der
frühesten, wenn nicht vieUeicht die früheste Moschee hier einreihen:
die Meddäh-Moschee, die der Eroberer von Üsküb, Pascha Jigit Bej,
erbauen ließ. Denn in der Bauinschrift der Alaga-Moschee bezeichnet
sich Ishäq Bej als Sohn des Pascha Jigit Bej, während er sonst in den alt¬
osmanischen Chroniken als dessen Schützling gilt (Bk. St. 44). Bezeich¬
nend ist, daß die Aquädukte, die aus byzantinischer Zeit stammen
sollen, von EwlIjä CelebI dem 'Isä Bej zugeschrieben werden*.
Obwohl diese Familie christlichen Ursprungs ist, grenzen sich ihre An¬
gehörigen deutlich von den späteren dewSirme-'Paschas ab. Deren Auf¬
kommen bedeutete das Ende des politischen Einflusses der alten Adels-
geschlcchter. Hier in Üsküb läßt sich das unmittelbar von den Bauten
ablesen. Denn mit der Qoga Mustafä Pascha-Moschee von 1492 beginnen
Werke der neuen Oberschicht das Stadtbild von Üsküb zu verändern.
Neben Iznik ist somit Üsküb ein weiteres Beispiel einer osmanischen
Stadt, deren bauliches Gepräge von einer Adelsfamilie entscheidend be¬
einflußt worden ist^.
Der zweite Aufsatz (S. 63—89) beschäftigt sich mit der Moschee und
Medrese des Serif Halil Pascha in Schumen. Der Verfasser prüft zunächst
1 Gl. Elezoviö, Turski Spomenici u Skoplju (Schluß), Glasnik Skopskog
Nauinog DruStva, I, 1926, S. 397—474; S. 435f.
2 A. a. O. S. 463; vgl. auch Gökbiloin a. a. O. S. 333 f.
' A. a. O. S. 468, 472. In den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts war
nach JovANoviö 42, wo auch eine Aufnahme des Afewfewt-Klosters, in
Üsküb am bekanntesten die Tekke des Äw/ä'?-Ordens.
' Zur Wasserleitung vgl. Jovanoviö 38.
^ Vgl. dazu Anhegoeb, Zur Stellung einiger Städte innerlialb der osmani¬
schen Baugeschichte vor Sinan, in der Festschrijt für Fuad Köprülü, Istanbul,
im Druck, S. 6ff., insbes. S. llff. — Auch die Stadt Ple-vne, über die mu
jedoch noch nicht genug Unterlagen vorliegen, ist wohl hier zu nennen.
Neues zvu- balkantürkischen Forschung 85
die Frage, wann Schumen in türkische Hände gefallen sei und kommt
dabei zu folgendem Ergebnis: „Es ist nicht ausgeschlossen, daß zwei
Züge, ein früherer und ein späterer, dieser dann der entscheidende von
1393, nach Ostbulgarien stattgefunden haben, bei denen immer der wich¬
tige Straßenknotenpunkt Schumen in Mitleidenschaft gezogen worden
ist." (S. 67.) Duda skizizert dann kurz die weiteren Schicksale der Stadt
und kommt so auf die Serif Halil Pascha-Moschee zu sprechen. Durch sie
und die mit ihr verbundene geistliche Schule (medrese) ist Schumen von
der Mitte des 18. Jahrhunderts an bis zum heutigen Tag kultureller
Mittelpunkt der Türken Nordwestbulgariens. Die Moschee selber ist ein
eindrucksvolles Beispiel einer späten hoch-osmanischen Zentralkuppel¬
moschee. Einige Abbildungen sowie eine knappe, aber das Wesentliche
herausarbeitende Beschreibung im Text, die freilich das Fehlen wenig¬
stens einer Planskizze nicht ganz ersetzen körmen, vermitteln uns ein
Bild dieses Baukomplexes. Im Guide ä travers la Bulgarie^ wird diese im
Volksmund infolge ihrer gedrungenen Silhouette tombul (d. h. rundlich,
prall) genannte Moschee als die größte Moschee Bulgariens bezeichnet
(vgl. Bk. St., S. 69) und hinzugefügt, es sei ihr noch „un stade turc formö
de gros blocs de picrre (pour la lutte) avec emplacement pour le jury et
les priores" beigefügt. Die Verbindimg einer offenen Gebctsstätte (na¬
mäzgäh) mit einer Sportstätte ist verschiedentlich belegt: das älteste
Beispiel stellt der mit dem Oqmeidäny (Bogensportstätte) verbundene
namäzgäh in Gelibolu von 810 (beg. 8. Juni 1407) dar^; aus späterer Zeit
stammt der namäzgäh auf dem auf Sultan Mehmed II. zurückgehenden
Oqmeidäny in Stambul, der 1034 (beg. 14. Oktober 1624) von Gürgi
Mehmed Pascha errichtet worden ist.*
Der Besprechung der Moschee folgt die Lebensbeschreibung Serif
Halil Paschas. Von der auf Tafel XI, Abb. 1, abgebildeten Bauinschrift
ist S. 113f. eine Umschrift und S. 72f eine Übersetzung gegeben. Das die
Bauinschrift bildende Gedicht mit Datumsvers stammt von Ni'met, ge¬
schrieben hat sie Ibrähim Nämiq im Jahre 1157 (beg. 15. Februar 1745;
vgl. dazu Bk. St. 73, Anm. 4). Hier übersetzt Duda den Ausdruck
Kethudä-i sadr-i 'äli mit ,,Der Verwalter hohen Ranges" und bemerkt
1 Andb^; Protitch, Guide ä travers la Bulgarie, Sofia 1923, S. 30.
^ Vgl. vorderhand Fevzi Kurtoglu, Gelibolu ve yöresi tarihi, Istanbul 1938,
Photographie zwischen Seite 48 und 49. Über osmanische Baudenkmäler und
Inschriften in Gelibolu auf Grund eines zweieinhalbtägigen Aufenthaltes
handelt ein Artikel von Anhegger unter Mitwirkung von Mualla Eyüb-
oglu, der demnächst erscheinen wird.
' Inschrift wiedergegeben bei Mehmed Rä'if, Mir'ät-i Istanbid, Istanbul 1314, S. 545. Vgl. über die nawiÖÄg'äÄ den am Orientalistenkongreß 1951 über
dieses Thema von R. Anhegger gehaltenen, aber noch nicht in Druck er¬
schienenen Vortrag.
86 Robert Anhegger
dazu (S. 72, Anm. 4), man könne auch übersetzen: ,,Der Verwalter des
Großwezirates". In der Tat ist letztere Übersetzung richtig, wie sich
eindeutig aus dem Text der Stiftungsurkunde ergibt: Sadr-i a'zam ket-
fiudälygy mansab-i Serlfi ile müäerref (a. a. 0. 72, Anm. 2), was von
Düda zutreffend als ,,er ist Kethudä des Großwezirs" interpretiert wird.
Der oben erwähnte Ni'met wird Bk. St. 73, Anm. 2, als unbekannt er¬
klärt. Es scheint mir aber ziemlich sicher, daß es sich dabei um nie¬
manden anderen als den Dichter Ni'met aus Istanbul handeln kaim, ge¬
boren 1112 (beg. 18. Junil700),gestorben 1185 oder 1186 (beg. 16. April 1771
bzw. 4. April 1772). Er war besonders durch seine Chronogramme be¬
karmt, vgl. Tezkire-i Fatin, Steindruck 1st. 1271, S. 416f. und Qämüs
al-a'läm, Bd. 6l;Istanbul'l316/1898) S. 4593. Daß Serif HalÜ Pascha die
Inschrift für seine Moschee in Schumen von Ibrähim Nämiq schreiben
ließ, ist bemerkenswert; denn Ibrähim Nämiq war, was zu Düda, S. 73,
nachzutragen ist, einer der bedeutendsten Schönschreiber seiner Zeit.^
Das Interesse Serif Halil Paschas für die Schönschreibekunst zeigt sich
auch in folgender Bestimmung seiner Stiftungsurkunde : ein Kalligraph
soU angestellt werden, zweimal in der Woche in der der Moschee an¬
gegliederten Bibliothek die Pertigkeit des Schönschreibens (fenn-i hatt)^
unterrichten und dafür eine tägliche Entschädigung von 10 aqöe er¬
halten (JSÄ;. St. 82).
Von der im gefälligen ta'liq geschriebenen Stiftungsurkunde gibt uns
Düda eine ausführliche und kommentierte Inhaltszusammenfassung
(S. 74—88) und im Anhang II (S. 115—126) ihr Faksimile. Ein lebhafter
Stil, in Form von Rede, Gegenrede und persönlicher Aussage des Stifters
zeichnet diese waqfijje besonders aus. Dies kommt in der Besprechung
von BoMBACCi* deutlicher zum Ausdruck als in der Zusammenfassung
von Duda (S. 76f ). An verschiedenen Stellen ist aber die Ausdrucks¬
weise eher unklar, z. B. in folgendem Passus (S. 120, Abb. 7 b) : Ma^mije-i Istanbulda At meidäny qurbinde Fadli paSa seräjy ittisälynda defterkäne-i
'amire qalemine muhsüs mahall ile häri^ bäbynda fi sebil-alläh te'älä
mügeddeden binä ve inSä eyledügüm ceSmelere gäri mä,-i lezizün Köprülü
vaqfyna verilegek beher Sehr jüz jigirmi aqöe muqäta'asy edä
1 Vgl. z. B. MüSTAQiMZÄDE Süleimän Sa'düddin ErBNDi, Tuhfet-i
Hattätln, Istanbul 1928, S. 49.
^ Aus IbrahIm Nämiqs Feder stammt übrigens auch die Abschrift einer
die Grundlagen der Schönschreibekunst darlegenden Schrift, betitelt:
Risäle-i Qavaid-i hatt, Hs. Ali Emiri (Millet ktb.) Tarih, Nr. 804, Abschrift vom Rebl' I 1140 "(November 1727).
' In Rivista degli studi Orientali, vol. XXV, S. 127—131, S. 129, Nr. 7.
Auf S. 128—130 macht Alessio Bombacci eüiige beachtenswerte philo¬
logische Bemerkungen zu der Interpretation der waqfijje durch H. Duda.
Neues zur balkantürkischen Forschung 87
ve teslim olduqdan sonra ... Der türkische Text ist offensichthch nicht
ganz in Ordnung (bes. mahall ile härig bohynda), so daß eine genaue Über¬
setzung unmöglich scheint. Düda gibt diese Stelle folgendermaßen
wieder: „Für den öffentlichen Brunnen, den der Stifter am Außentor
des Defterhäne (Finanzamtes) und auf dem diesem gehörenden Boden
neben dem Seraj des Fadli Pascha in der Nähe des At meidäny in Istanbul
errichtet hat. Nachdem für jeden Monat eine Muqäta'a von 120 aqce aus¬
gezahlt worden ist ..." (S.80). Düda hat in seiner Zusammenfassung
die von mir als Köprülü waqfy gelesene Stelle ausgelassen, obschon in
diesem Falle unverständlich bleibt, welcher Stiftung diese 120 aq6e, die
ja nichts anders als der Wasserzins sind, gezahlt werden. In der Tat gibt
es eine nach ihrem Erbauer genaimte Köprülü-Leitung^. Für die histo¬
rische Topographie von Stambul ist dieser Passus von gewisser Be¬
deutung. Aus ihm und den folgenden hier nicht abgedruckten Sätzen er¬
fahren wir, daß es sich bei diesem Stiftungsobjekt um einen größeren
Brunnen mit mehreren Ausflüssen (musluq) außerhalb und innerhalb
handelte, für dessen Instandhaltung durch besondere Bestimmungen
Vorsorge getragen werden sollte. Ob aus der Erwähnung eines sebili, von
dem in diesem Zusammenhang die Rede ist, geschlossen werden kann
oder muß, daß diese Brunnenanlage gleichzeitig ein sebil war^, sei dahin¬
gestellt. Jedenfalls ist heute ein Serif Halil Pascha-Brunnen nicht mehr
vorhanden. Gleichzeitig zeigt dieser Vermerk, daß in der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts das Defterhäne (bzw. Ämter davon) am At meidäny
(heute Platz von Sultan Ahmed) gelegen war und an den Komplex des
Fadli Pascha Serais, des früheren Ibrähim Pascha Serais, angrenzte. Die
genaue Lage dieses, ein größeres Gelände bedeckenden Serais ist um¬
stritten und nach wie vor ungeklärt*. Wenn die vorliegende Stiftungs¬
urkunde in dieser Beziehung auch nicht unmittelbar weiterhilft, so ver¬
danken wir ihr doch zusätzliche Auskunft über den Bereich Fadli
Pascha Serai — ^Defterhäne — ^At meidäny, die bisher nicht bekannt war.
1 Vgl. K. O. Dalmann, Der Valensaquädukt in Konstantinopel (Istanbuler
Forschungen Bd. 3) Bamberg 1933, S. 16; für ihre Route s. auch: Saadi
N. NiBVAN, Istanbul sularl, Istanbul 1946, S. 163f.
' Duda scheint dieser Meinung zu sein, denn er spricht von dieser Anlage, S. 74 als ,, einem Sebil, einem öffentlichen Brunnen". Übrigens ist die Über¬
setzung von sebU mit ,, öffentlichem Brunnen" nicht genau. Das Besondere eines seMls ist bekanntlich, daß ein im Brunnenhaus Befindlicher Wasser und bei feierlichen Gelegenheiten mitunter auch Sorbet usw. ausschenkte.
' Vgl. dazu folgende nur mit Vorsicht zu verwertende Arbeiten : Sedat
^etInta?, Saray ve Kervansaraylarimiz arasmda Ibrahim Pa§a Sarayi,
Istanbul 1939; Zabif Obgun, Ibrahim Pa§a Sarayi, Istanbul 1939; Ibra¬
him: Hakki Konyali, Istanbul Saraylari. Atmeydani Sarayi, Istanbul 1943,
sowie Ebemya QelbbI Kömüroüyan, Istanbul Tarihi, XVII. asirda
Istanbul, hrg. von Hrand D. Andreasyan, Istanbul 1952, S. 5 und 106f.
88 Robert Anhegger
Der Terminus muqäta'a im Sinne einer festen Zahlung wie in oben
zitierter Stelle kommt sonst in der Stiftimgsurkunde nicht mehr vor und
konnte daher von Duda in seiner Definition der Ausdrücke muqätäa
und mälikäne übergangen werden. S. 77, Anm. 3 und 4, aber lesen wir
u. a. : ,,Die Muqäta'a ist der abgeschätzte Stcuerertrag eines staatlichen
Grundbesitzes, der gegen einen festen Zins in Pacht gegeben wird",
wobei auf Hammer, Staatsverfassung I, S. 333, und Ö. L. Barkan, Mäli-
käne-divänt sistemi (Türk Hukuk ve Iktisat Tarihi Mecmuas. 2, 1932/39,
S. 123 u. 126 f.) verwiesen wird. Weiter heißt es zur Mälikäne: „Die In¬
haber dieser Erbpacht hatten ein sehr weitgehendes Verfügungsrecht
über sie." Anschließend wird, immer in Hinblick auf den Terminus mäli¬
käne in vorliegender Stiftungsurkunde, das Wesen dieses Systems auf
Grund des Artikels von Barkan kurz dargelegt. Der von Duda hier ver¬
tretenen Auffassung kann ich mich aber nicht anschließen. Das mälikäne-
diwäniSystem, wie es von Barkan in seiner wichtigen, wenn auch un¬
übersichtlichen Untersuchung dargelegt ivird, bezieht sich ausschließlich
auf ostanatolische Gebiete und hat mit der mäZiÄ;äwe-Institution, wie sie
hier zur Diskussion steht, nur den Namen gemeinsam. Die mälikäne ist
ein Sonderfall der muqäta'a. Der Ausdruck muqäta'a selber ist mehr¬
deutig. In Hinblick auf die Einanzverwaltung kann sie definiert werden
als ,,eine Zusammenfassung bestimmter fiskalischer Forderungen auf
finanzielle oder auch Naturalleistungen verschiedenen rechtlichen und
wirtschaftlichen Ursprungs und Charakters (vsäe Steuern, Handels¬
monopole und staatliche Unternehmen) zu verwaltungsmäßigen Ein¬
heiten, wobei die Erhebung der geschilderten Leistungen teils durch
Intendanten (emin) häufiger aber durch Verpachtung ... erfolgte."^ Da
im Laufe der Zeit die Verpachtung sozusagen zur Norm wird, bedeutet
muqäta'a im Sprachgebrauch nur noch ,, Pacht". Mälikäne ist der Sonder¬
fall der lebenslänglichen Pacht. Im Laufe des 16. und des 17. Jahrhunderts
drang bekanntlich das muqäta'a-System immer weiter vor, bis es prak¬
tisch alleinherrschend wurde. Die Umwandlung in mälikäne erfolgte
einerseits infolge des steigenden Geldbedarfs des Staates, andererseits in
der irrigen Annahme, die Bevölkerung würde auf diese Weise weniger
ausgebeutet werden. In Wirklichkeit verstärkte die mälikäne nur die
durch das Überhandnehmen des mMg-äto'a-Pachtsystems eingetretene
Entwicklung zur Entstehung einer neuen Schicht von Großpächtern und
Großgrundbesitzern, sowie zur Überführung weiter Ländereien in
Privatbesitz in Form von ebenfalls ciftlik genannten Latifundien mit
typischen Dorfformen. Ein Teil davon eignete sich mit der materiellen
auch politische Macht an. Diese neufeudalen Geschlechter als provin-
1 Zitiert nach meinen Beiträgen zum Bergbau I, Istanbul 1943, S. 21f. : Das Mukata'a - System .
Neues zur balkantürkisohen Forschung 89
zielle Machthaber {a'jän, derebeji) sind uns aus der Geschichte des Os¬
manischen Reiches, bes. im 18. Jahrhundert, zur Genüge bekannt. Zum
Teil spielen sie heute noch im gesellschaftlichen und politischen Leben
der Türkei eine Rolle. Ein anderer Teil der Pächter begnügte sich, auf
dem Wege über muqäta'a und mälikäne für sich und ihre Familien Reich¬
tümer zu erwerben und deren Besitz möglichst zu sichern.^ Ein lehr¬
reiches Beispiel dafür bietet uns eben die Stiftungsurkunde des Serif
Halil Pascha, was Duda von seiner falschen Auffassung des muqäta'a-
mälikäne-Systems aus notwendig entgehen mußte. Es ergibt sich daraus
folgendes :
1. Die muqäta'a und mälikäne als Einkommensquelle: „Für
die Stiftung werden zunächst anderthalb Viertel der muqäta'a des Dorfes
Qara Gür und Umgebung bestimmt, das in der Nähije Warna liegt.
Diesen Anteil an der muqäta'a hatte der Stifter vordem als mälikäne be¬
sessen." Dieser Anteil Mdrd zum Eigentum {mülk) des Stifters bestimmt.
Ferner wird durch Randvermerk ,, beurkundet, daß auch noch die rest¬
lichen zweieinhalb Viertel der muqäta'a von Qara Gür der Stiftung zu¬
geschlagen werden." Auch dieses war früher mälikäne und wird nun
durch großherrlichen Befehl dem Stifter als Eigentum überlassen^.
{Bk. 8t. 77—79.)
2. Grundbesitz und öiftlik: Gestiftet wurde ferner „ein innerhalb
der Grenzen des Neudorfes in der qadä Warna gelegenes Gut {öiftlik),
enthaltend innerhalb der bekaimten Grenzen einen gemauerten
Turm {bir bäb kärgir qule) und oben drei Zimmer und ein Dampfbad und
einen Vorratsraum und unten ein Zimmer und zwei große Magazine und
1 Dieses Problem ist als solches noch nioht systematisch behandelt. Vgl.
vorderhand R. Busch-Zantner, Agrarverfassung, Gesellschaft und Siedlung
in Südosteuropa, Leipzig 1938. Reichliche Literaturangaben aber mit zu ge¬
ringen Kenntnissen osmanischer Verhältnisse, etc. — Kumulation von Pach¬
tungen und Folgen davon in einer Gegend, s. M. E. M. Cousinery, Voyage
dans la Macddoine, Paris 1831, II, 141ff. Vgl. a. I, S. 127. Beispiele von
Pachtungen, die jahrzehntelang in der Hand einer Familie blieben: die
Minen von Sidrekapsa im 18. Jh. 70 Jahre von den Öavuszäde, das Silber¬
bergwerk von Gümüshane von oa. 1760 an 80 Jahre von einer ungenannten
FamUie gepachtet, vgl. meinen Bergbau I, S. 128 und 185. Für die Ent¬
stehung einflußreicher Geschlechter wird die abgeschlossene, aber noch nicht
gedruckte Arbeit von ^Jagatay Ulu(JAY, Saruhan^da Efkiyahk ve Halk
hareketleri, XVIII. asir, wertvolles Material bringen. (1. Bd., XVII. asir,
Istanbul 1944). Eine detaillierte Abrechnung mehrerer solcher öiftliks in
Thesallien, die Resld Pascha gehörten, aus dem Jahre 1849/50 in französi¬
scher Sprache, mit der ich mich beschäftige, ist im Besitz von Prof. Ca vin Baysun.
' Selbstverständlich verzichtete der Staat nioht ganz auf seine Rechte;
die jährliche Summe von 50041 aqöe, die bisher der Pächter zu zahlen hatte,
mußte nun von der Stiftung getragen werden.
90 Robebt Anheggee
ein Stück Garten und ein Sciiaciitbrunnen {bi'r) und Hof und außerhalb
davon xmten ein Zimmer, Stall, Scheune und eine Mühle mit einem
Mahlgang und Hof sowie dem übrigen Zubehör und die bekannten Ge¬
räte" (S. 119, fol. 6b). 1
Wir haben hier eine Art Inventar eines kleineren Gutsbetriebes vor
uns: Der für diese Güter bezeichnende turmartige Bau, Sitz des Ver¬
walters oder Pächters, mit Hof und Garten, die notwendigen Wirtschafts¬
räume: Stall und Scheune sowie Mühle. Die armseligen Hütten der zu
Kolonen herabgesunkenen Bauern werden nicht besonders aufgezählt,
sondern verstehen sich zweifellos im Ausdruck ,, übriger Zubehör"^.
Schließlich könnte die Bezeichnung ,, neues Dorf" {qarje-i gedide) darauf
hinweisen, daß es seine Existenz der Entstehimg von Gutsbetrieben ver¬
dankt.
3. Verankerung der Interessen in einer bestimmten Gegend,
in unserem Fall im Raum Schumen-Warna: Der Großvater des Stifters,
Sa'bän Bej, baute in Schumen eine Moschee, an deren Stelle die Serif
Halil Pascha-Moschee errichtet wurde. Vom Vater 'All Aga trägt ein
Gebetshaus in Madara, östlich von Schumen, auf dem Wege nach Warna
gelegen, den Namen; vom Stifter wurde es, wie die waqfijje zeigt, er¬
weitert und in eine Freitagsmoschee umgewandelt (a. a. 0. 85 und
S. 122f., fol. IIa, b). Sowohl das gestiftete Gut wie auch die zum Zwecke
der Stiftung in Eigentum umgewandelte muqäta'a liegen bei Warna.
Daraus ergibt sich mit Sicherheit, daß die Familie Serif Halil Paschas
seit mindestens drei Generationen in dieser Gegend ansässig, begütert
und durch starke materielle Interessen mit ihr verbunden war.
4. Sicherung für die Familie: Mit der Errichtung einer Familien¬
stiftung, wie sie schon seit den frühesten Zeiten des Osmanischen Reiches
1 Duda faßt diese hier wörthch übersetzte Stelle so zusammen (S. 79):
„Ein weiteres Stiftungsobjekt ist ein Gutsgebäude ... in der Qadä Varna,
innerhalb des Dorfes Jeni köy. Es hat einen Turm aus Ziegeln, oben drei
Zimmer mit Dampf baderaum {hammäm) sowie einen Vorratsraum unten ein
Zimmer und zwei große Magazine, dann einen Garten, eine Wasserstelle und
einen Hof; hierzu gehört noch ein Bau, der ein Untergeschoß mit einem
Zimmer, Stall und Scheune umfaßt, sowie eine Mühle mit einem Mahlgang,
Hof und Zubehör." Bombacci (a. a. O. 129, Nr. 4) kritisiert die Übersetzung
des Ausdrucks bir göz degirmen und sieht unter Hinweis auf Redhouse und
Deny (S. 1082) darin ein Zählungswort wie bäb. Dennoch scheint mir der
Ausdruck von Duda richtiger. Daß göz als Mahlgang verwendet wurde, zeigt
eindeutig folgende Stelle aus der Stiftungsurkunde der 'Ä'ise Hatun (Ele¬
zoviö 472), wo es heißt alty göz bir bäb mülk äsijäby".
' Vgl. S. 42. Eine Abbildung solcher qule's, wie sie sich auch in AnatoUen,
z. B. in der Gegend von Aydm finden, vor dem Titelblatt von L. Hbnzey,
Excursion dans la Thessalie Turque en 1858, Paris 1927, eine weitere, eine
qule aus der Umgebung von Skoplje zeigend, bei Jovanoviö, S. 42 f.
Neues zur balkantürkisohen Forschung 91
bekannt sind, ist selbstverständlich der Zweck verbunden, Eigentum und
Vermögen vor Beschlagnahme durch den Staat und Zersplitterung als
Folge der Erbvorschriften des islamischen Rechtes zu sichern. Folge¬
richtig wird angeordnet, die gestiftete Summe von 20000 quruS^ in
Grundstücken anzulegen und das Amt des Stiftungsverwalters (müte¬
welli) in der eigenen Familie fortdauern zu lassen. Ebenso sollen die Über¬
schüsse der Stiftung an die Nachkommen verteilt werden^. Sollte die
eigene Linie aussterben, so tritt an ihre Stelle die seines Neffen, Öauszäde
es-Sejjid Mehmed Aga, der in der Stiftungsurkunde zum Stellvertreter
des wMfeweZß-Stifters ernannt wird, um in Schumen und Madara die
Interessen der Stiftung zu wahren (Bk. St. 86f , S. 123f , fol. llbff ).
Diese Stiftungsurkunde gewährt also einen bezeichnenden Einblick
in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit.
Korrekturnote zu S. 78, Zeile 19 „Ishäq al Üskribi":
Duda, S. 39, gibt, den SN folgend, als Sterbedatum 943 an. Doch ist
das Todesjahr strittig, vgl. Babinger, GOW, S. 53, Nr. 34, und Türkce
Yazma Divanlar Katalogu, Istanbul 1947, Band I, S. III, Nr. 45. Richtig
dürfte 944 sein. Zu Ishäq vgl. nun auch Ismet Parmaksizoqlu, Üskühlü
ishak Celebi ve Selimnamesi, Tarih Dergisi III, 5/6, Istanbul 1953,
S. 123—134.
1 Vgl. dazu die Bemerkung von Bombacci (a. a. O. 129, Nr. 5).
2 Vgl. dazu Bombacci (a. a. O. 129, Nr. 6).
> Zur mittelmongolischen Kasuslehre Eine syntaktische Untersuchung
Von Nikolaus Poppe, Seattle
Das mongolische Sprachmaterial der in Bukhara entdeckten arabisch-
persisch-cagataitürkisch-mongolischen Zamaxsari-Handschrift habe ich
in lautgeschichtlicher und morphologischer Hinsicht ziemlich ausführlich
bearbeitet^. Die syntaktischen Eigentümlichkeiten des mongolischen
Sprachschatzes blieben jedoch nicht nur unberücksichtigt, sondern in der
Einleitung zu meinem Buch (auf S. 5) bemerkte ich, daß bei der Be¬
urteilung der syntaktischen Besonderheiten die größte Vorsicht geboten
sei. Was mich dazu veranlaßte, war die seltsame Wortfolge in den
Sätzen, die mir unnatürlich und unmongolisch schien.
Seit jene Zeilen geschrieben wurden, vervollständigte sich unsere
Kenntnis des Mittelmongolischen, und vieles, was damals zweifelhaft
oder unwahrscheinhch schien, erwies sich später im Lichte neuerer For¬
schungen als durchaus regelmäßig.
Im vorliegenden Aufsatz möchte ich nun die Semantik und den Ge¬
brauch der Kasusformen behandeln. Dieses Thema scheint mir lohnend,
nicht nur weil es keine syntaktischen Arbeiten über das Mittelmongo¬
lische gibt, sondern weil der Kasuslehre überhaupt in mongolistischen
Arbeiten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.
Nominativ
1. Der Nominativ ist der Subjektkasus und antwortet auf die Frage
„wer ?" oder ,,was ?". Es ist zwecklos die zahlreichen Beispiele hier an¬
zuführen, die nichts Neues bieten. Es soll daher nur der Sondergebrauch
des Nominativs als logisches Subjekt bei einem verbalen Attribut be¬
handelt werden.
In solchen Fällen wie „das Wasser, das das Pferd trinkt" wird das
Wort „Pferd" gewöhnlich im Genitiv gebraucht, also etwa „das zu trin¬
kende Wasser des Pferdes". Statt der Genitivform wird aber häufig auch
der Nominativ gebraucht. Solche FäUe sind die hier folgenden:
1 In H. H. nenne, MoHro.nbCKHH cjiCBapt MyKaflAHiwar aJi-AAa6, MocKea-
JleHHHipaA, 1938, S. 13—87; den öagataitürkischen Sprachschatz in dem Auf¬
satz Eine viersprachige Zamaxäari-Handschrift, ZDMG 101, S. 301—332.