311
Päli manne (Skr. manye, Pänini I, 4, 106).
Von R. Otto Franke.
In den Gött. Gel. Anz. 1891, No. 24, S. 951 spracli ich die
Ansicht aus, dass selbst in der sogenannten volkssprachlichen Lite¬
ratur Pänini's Lehren der richtigen Auffassung sprachlicher Er¬
scheinungen den oftmals einzig gangbaren Weg bahnten, ünter
den vielen Belegen, die sich für diese Behauptung erbringen liessen, wäll ich hier nur einen hervorheben, und auch diesen nicht in erster
Linie, um meine Worte zu bekräftigen, sondem um den Fall selbst
aufzuklären. — Pän. giebt 1, 4, 106 die Regel: prahdse ca manyo-
papade manyater lUtama ekavac ca = Auch ' wenn der Sinn
ein ironischer ist und die Wurzel man dabei steht,
(wird die zweite Person gebraucht, sc. vom Hauptverbum), man
tritt dann in die erste Person (die in der grammatischen
Terminologie „die letzte" heisst) und zwar des Singular. Die
Beispiele dazu heissen in der Kärikä: ehi, manye, odanam bho-
hsyasa iti, na hi bhoksyase; und ehi manye rathena yäsyasi,
na hi yäsyasi. Auch in dem Sütra Pänini's 8, 1, 46 spielt das
„ehi manye, das eine Ironie ausdrückt" noch einmal eine Rolle. —
Die KäQ. fügt zu I, 4, 106 noch die Bemerkung hinzu, dass man
statt des manye eigentlich die 2. Person und statt der 2. Person
des Hauptverbums die 1. Person erwarten würde. Das erste Bei¬
spiel hat daher offenbar folgende Bedeutung: „Komm, du sollst
Reis essen", die Worte sind aber nur ironisch gemeint. In Wirk¬
lichkeit erhält der Gefoppte nichts zu essen. Das drückt auch die
Kä^. deutlich aus. Ihr Verfasser sowohl wie Pänini meinten nun,
es läge in letzter Linie der Gedanke zn Grunde : „Komm , indem
du dir einbildest : 'Ich werde Reis essen'". Es geht uns aber weiter
nichts an, wie sich die Grammatiker die Genesis dieser Phrase ge¬
dacht haben. Wir haben als Hauptsache hervorzuheben, dass
manye elliptisch in ironisch gemeinten Sätzen vor¬
kommt. Das auffordernde ehi ist selbstverständlich nicht unlös¬
lich damit verbunden, und ebensowenig braucht das Hauptverbum
312 Franke, PäU mamn
immer auf die 2. Person beschränkt zu sein ; manye seinerseits
ist natürhch als parenthetische 1. Person zu fassen = „ich denke".
Das P. W. nun führt für den ironischen Gebrauch kein Beispiel
aus der Literatur an, ebensowenig das Skr.-Wörterbuch in kürz.
Pass. Aber das Päli bietet ein solches. Es folgen aus diesem
einzigen ümstande drei Regeln : 1) dass Pänini nicht gleich gelogen
zn haben braucht, wenn ein Punkt seiner Lehre im Sanskrit noch
nicht bestätigt ist , 2) dass wir Aufklärungen über manche seiner
Sütras auch aus anderen , sogenannten volkssprachlichen , Dialekten
holen können (wofür ich auch schon an anderem Orte Belege ge¬
geben habe) , und 3) dass auch die Präkrit - Porschung auf eine
Kenntniss Pänini's nicht verzichten darf. Tevijjasutta § 36 steht
der Satz: idha hho pana Väsettha tevijjä brähmanä äsiditvä sam-
stdanti, samsiditvä visädam vä päpunanti, sukhhataram manne
pataranti. Rhys Davids (S. B. E. XI, S. 185) übersetzt den letzten
Theil desselben, ungefähr nach derselben Methode wie die indischen
Grammatiker verkehrter Weise meinen , dass im Grunde, aber
nicht in der Praxis, zu übersetzen wäre : „and so sinking they
are arriving only at despaii', thinking the while that they are
crossing over into some happier land." Ich übersetze, wörtlicher
und zugleich der von den Grammatikern vorgeschriebenen Praxis
nach richtiger: „und so sinkend geratben sie nur in Verzweiflung
und setzen, denke ich (d. h. „fürwahr", in ironischem Sinne) in
ein glücklicheres Land hinüber." Den Brahmanen gegenüber, die
auf ihre dreifache Wissenschaft so stolz waren {tevijjä) nnd deren
Widerlegung dieses ganze Sutta gilt, ist eine derartige Ironie ausser¬
ordentlich gut am Platze. (Vgl. auch Speijer, Skr.-Synt., § 500.)
Ein anderes Beispiel, das ich notirt habe, steht Mahävagga I,
7, 2. Dort wird die Geschichte des Yasa erzählt und seine Welt¬
entsagung bekanntlich in derselben Weise motivirt wie die des
Buddha selbst. Er erwacht Nachts und sieht die ekelerregende
Gruppe der schlafenden Weiber. Atha kho Yaso . . . patibujjhitvä
addasa sakam parijanam supantam . . . hatthappattarn susänam
manne: Da sah Yasa erwachend sein Gefolge schlafend . . ., gleich¬
sam (oder fürwahr) einen mit Händen zu fassenden Kirchhof. Dieses
Beispiel ist etwas anderer Art und fällt nicht mit unter Pänini's
Regel. Natürlich kann das parenthetische manye auch noch anderen
als ironischen Sinn ausdrücken und thut es thatsächlich z. B. im
Mahäbhär. Immerhin steckt hier ein gewisser bitterer Humor in
dem Wort, der der Ironie im Wesen nahe verwandt ist.
Franke, Inf. cum Instr. im Päli. 313
Infinitivus cum Instrumentali im Päli.
Im Valähassaj&taka , das Ed. Müller seiner Päli Grammar als
Uebungsstück beigegeben und mit Uebersetzuug und Anmerkungen ver¬
sehen hat, kommt der Satz vor: amhehi paliiyiturtt vattati {S. 129)
= es ziemt uns zu fliehen. Zu den mancherlei Pehlern , die sich
Müller bei der Erklärung dieses kleinen Textes zu Schvdden kommen
lässt, gehört auch der, dass er in diesem amhehi einen (dann also
sporadisch erhaltenen) Dativ erbhckt (S. 139). Einen solchen hier
anzunehmen liegt kein Grund vor, und um das zu beweisen, muss
ich eine im Päli häufige Constructionsweise besprechen , zu deren
Erörterung ich sonst keinen Anlass genommen haben würde, da sie
sehr wahrscheinlich anderen Gelehrten ebensogut aufgefallen ist wie
mir und da zudem ein verwandter, wenn auch nicht in allen Fällen
genau entsprechender Gebrauch sich im Sanskr. findet. (Vgl. Speijer, Sanskrit - Syntax , § 387 ff.) Es ist im Päli sehr gewöhnlich, dass
das Subject eines von einem anderen Verbum abhängigen Infinitivs
in den Instrumental tritt, als ob der Infinitiv passivische
Form und Bedeutung hätte.
Ganz analog dem eben angeführten Beispiel ist z. B. der Satz
in den Ten Jät. S. 2, Z. 5 v. u. : idäni mayä attano agunam
pariyesitum vattati = Jetzt geziemt es mir, meinen Untugenden
nachzuforschen. Ebenda S. 14, Z. 2.: ajja mayä . . . payojetum
vattati = es ziemt mir, mich einzulassen mit. — Mahävagga I,
76, 4: anujänämi vyattena bhikkhunä patibalena anu-
säsitum = ich verordne , dass ein kluger tüchtiger Mönch (den
Eintretenden) belehre. Und so noch oftmals sonst in Verbindung
mit anujänämi. Z. B. ebenda II, 15, 5. Suttavibh. I, 10, 21.
Für das Sanskrit vgl. Mahäbhärata, Böhtlingk, Chrestom. S. 42, Z. 20:
na yuktarn bhavatdham anrtenopacaritum = es schickt sich
nicht, dass ich von dir belogen werde. Hier macht der dem In¬
finitiv zugefügte Nominativ des Objectes die Sachlage noch viel
verwickelter. Im Uebrigen ist der passivisch gebrauchte Infinitiv
bei qakya bekannt genug. So, ohne Instr. des Subjects, im Mahä¬
bhär. z. B. na hl sä . . . ^.akyä dra.spum. — Der Vollständigkeit
wegen muss ich aber hinzufügen , dass in der That statt des In¬
strumentals in diesen Fällen auch der Gen. (der ja den Dativ ver¬
tritt) im Päli vorkommen kann. Mahävagga II, 26, 1: anujänämi
catuvnam pätirnokkharn uddisiturn = ich erlaube vieren (d. h.
wenn vier beisammen sind), das Pätimokkba vorzutragen; oder
Mahäv. IV, 5, 2 : anujänämi ... caiunnam annamdhnarn paväreturn.
Desgleichen mit kappati, ebenda II, 30, 1: kappati nu kho amhä-
karn uposatha kätuin = schickt es sich für uns, den Uposatha-
Tag zu feiere?
Der passenden Gelegenheit wegen will ich gleich noch zwei
Beispiele von auffälligem Infinitivgebrauch ansehliessen. Mahäv. I,
78, 2: abhabbo (skr. abhavya) . . . jivitum = er ist nicht im
314 Franke, Dvandvas im Sing. masc. und fem.
Stande zu leben, wo bhavya eine Bedeutung aufweist, die im Skr.
nur von den Grammatikern und Lexikographen gelehrt wird.
Da der Dativ von Abstrakten imd Nomina actionis im Päli, wie
im Veda und Avesta (vgl. Yasna 9, 26: dräjaiabg aiwidäitls ca
= um zu erhalten die Gebote) auch als Infinitiv gebraucht werden
kann, so ist eine andere Phrase ganz analog: Mahäv. I, 78, 3:
abhabbo harüattdya = unfUhig grün zu werden. Bei alam habe
ich mir noch einen passivischen Infinitiv notirt Mahäv. I, 27, 7 :
aaddhivihariko alarn panämetum = der Kamerad ist geeignet ent¬
lassen zu werden.
Singularische Dvandva's mit dem Geschlecht des
letzten Gliedes.
In seiner Abhandlung über das interessante neuentdeckte
Min gai-Mscr. (Wiener Z. V, 103 ff.) nennt Bühler das darin vor¬
kommende Dvandva-Compositum A-andopanando ,Nanda und Upa-
nanda« ein falsches Compositum. Das regte mich an, einige Worte
über eine Erscheinung zu veröffentlichen, für die ich schon vorher
verschiedene Belege gesammelt hatte und erst noch weitere Be¬
stätigungen vor der Veröffentlichung zu sammeln fortgefahren haben
würde, wenn nicht Bühler jenes Nandopanando hervorgehoben und
als falsch bezeichnet hätte. Bei dem notorisch feinen Sprachgefühl
dieses Gelehrten ist das verwerfende Urtheil cum grano salis auf¬
zufassen. Gewiss ist ein solches Dvandva falsch nach den gramma¬
tischen Regeln, denn naeh diesen soll ein Dvandva entweder im
Dual, resp. Plural, stehen, wenn es das Geschlecht des letzten
Gliedes beibehält, oder singularische Porm haben, dann aber das
Genus des zweiten Gliedes durch das Neutrum ersetzen. Nicht
falsch aber ist jenes problematische Compositum, wenn man sich
auf den Standpunkt stellt, ohne Rücksicht auf grammatische Regeln
alle Erscheinungen in der Spi'ache für richtig zu halten, die die¬
selbe, sei es auch nur in bestimmten Gegenden, hervorzubringen
beliebt hat. Und dass die indische Sprache derartige Composita
wie das incriminirte Nandopanando thatsächlich hervorgebracht
hat, dafür scheint mir die Häufigkeit zu sprechen, mit der sie im
Päli vorkommen. Wenn man von jetzt an vielleicht mehr darauf
achten sollte, wird man sicherlich im Päli noch viel mehr finden,
als ich bisher beibringen kann , und auch in anderen Dialekten
möglicherweise wenigstens Proben davon aufspüren. Dass der
Dialekt des Mingai-Ms. ein Beispiel dafür ergeben hat, ist bei der
Mischung von Präkrit und Sanskrit, die derselbe repräsentirt (und
die ich, wie auch in vielen an4eren Fällen von Dialektmischung
für organisch, nicht füi' blos hterarisch, halte), sehr verständlich,
weil eben im ältesten Präkrit, dem Päli, diese Erscheinung gang
Franke, Dvandvas im Sing. masc. und fem. 315
und gäbe ist. Dass sie sich hier noch in einem Dialekt der Gupta-
Zeit findet, mag als einer von den vielen Belegen für die Stetigkeit
der organischen, nicht durch künstliche Improvisationen unter¬
brochenen Sprachentwickelung- in Indien Zeugniss ablegen.
Und wül man eineu Blick in die Werkstatt der Sprache selbst
werfen und hinter der auffälligen Erscheinungsform dieser Art von
Composita die logischen Prozesse erkennen, denen sie ihr Dasein
verdankt, so vrird man aucb darüber nicht in Verlegenheit sein,
wenn man die Gedanken über das Wesen der Composition billigen
sollte, die ich in den Gött. Gel. Anz. 1891, S. 963 flf. ausgesprochen
habe. Der Grundgedanke meiner Theorie war, dass die Composita
hervorgehen aus Zusammenschmelzung ursprünglich selbständiger
Satztheile. So konnte auch Nando üpanando einfach aneinander
gerückt und als ein Ganzes betrachtet werden, ohne dass weitere
formelle Aenderungen am letzten Gliede vorgenommen wurden,
(üeber das Schwinden der Casus-Endung am ersten Gliede s. a. a. 0.
S. 964). Nando Üpanando in einfacher anreihender Nebeneinander¬
stellung kann recht gut Nanda und üpananda bezeichnen, warum
soll nicht auch mit Verschmelzung Nandopanando dasselbe be¬
deuten können, ohne dass die Dual-Endung hinten antritt? Dass
aber die Neutral-Endung antreten kann, gehört in eine ganz
andere Kategorie von Erscheinungen, denn sie substantivirt erst
wieder ein durch secundäre Beziehung auf einen draussen stehenden, dazu zu denkenden Begrifi' adjectivisch gewordenes Dvandva. S. a. a. 0.
S. 969. Derartige Samähära-Dvandvas können also den geschlech¬
tigen Singular-Dvandvas nicht im Geringsten als unerreichtes Ideal
entgegengehalten werden.
Ich gehe jetzt an die Aufzählung meiner Beispiele.
Mahävagga I, 9, 1: *o . . . dhammavinayo. I, 19, 1: Idbha-
sakkäro = Gewinn und Ehre , das dazugehörige Verb ist abhi-
vaddhissati, also Singular. I, 20, 12; VI, 15, 8: iddhänubhävo
aus tddht -\- anubhäva (VI, 15, 8 und sonst mit Demonstr. eso).
V, 13, 2: Avanti-dakkhinäpatlw appaJbhikkhulco hoti — Avanti
und der Dekkhan wiesen nur wenige Mönche auf. Cullavagga V,
2, b: na angarägamukharägo kätabbo, aus angaräga + mukha-
räga, Schminken des Körpers und Schminken des Gesichts. Man
könnte vielleicht, um auf andere Weise aus der Verlegenheit zu
kommen, hier das Auftreten alter Duale (-0 = -au) erkennen
wollen. Ich halte den soeben citirten Singular des Verbs abhi-
vaddhissati und hoti entgegen. Auch der braucht, wirft man mir
möglicherweise ein, nichts zu beweisen, da Verba im Singular neben
Subjecten in der Mehrzahl vorkommen. Ich will auch dieses Ar¬
gument noch gelten lassen. Nun verweise ich aber auf Mahävagga V,
1, 26: ce pi . . ägaccheyi/a bhusa vätavutthi = wenn ein grosser
Wind und Regen kommt, bhusä ist fem. , also kann auch väta¬
vutthi nur fem., nicht neutr. sein.
Dhammapada 387: ahorattiin — Tag und Nacht, Acc. fem.
316 Franke, Instr. auf -d von a-Stämmen im Pdli.
Unter allen Umständen abgeschnitten ist der Ausweg nicht, dieses
als ein neutr. zu fassen, aber es wäre kaum ein kleineres Wagniss,
statt des dann zu erwartenden -rätra ein sonst nirgends belegtes
neutr. -rätri anzunehmen. — Auf die Aufzählung einer ßeihe von
weniger sicheren Beispielen kann ich verzichten.
FreUich kann man nun auch, wenn man ganz spitzfindig sein
wiU, alle diese Composita als Tatpurusa's auffassen, in denen das
erste GUed einen Instrum. repräsentirt = begleitet von. Wer
femer liegende Erklärungen vorzieht, mag die zunächst liegende
meinetwegen bei Seite schieben und, wie Lessing sich ausdrücken
würde, Maschinen in Bewegung setzen, um einen Strohhalm aufzu¬
heben. Ich halte diese Bildungsweise für Dvandva-Composition.
Instrumental auf -ä von a-Stämmen im Päli.
Ich habe schon einige Male an anderen SteUen Gelegenheit
genommen, meine vom Hergebrachten etwas abweichenden An¬
schauungen über die Dialektgruppirang im alten Indien darzulegen.
Das punctum saliens dabei ist die Annahme gesonderter Ab¬
trennung des späteren Päli-Volkes von den übrigen Indo-Ariern
und die Besiedelung des Indus-Thaies durch dasselbe, während das
Sanskrit-Volk in der Ganges - Niederang eine eigene Sprache nnd
Cultur entwickelte. Ich will hier nur das Gerippe meiner Beweis-
fühmng noch einmal skizziren.
1) Dass das Penjäb einstmals die Heimath der Indo - Arier
war, steht fest. 2) Es ist a priori zweifeUos, dass von da aus ein
Theil auch den Indus hinab bis an das Meer zog und das Indus-
Land bis an die Wüste colonisirte, da dieser Weg mindestens nicht
mehr Hindemisse bot als der zum Ganges, und da hier sogar der
Flusslauf die natürhche Richtung wies. 3) Ein arisches Volk, das
auf diesem Gebiete wohnte, war durch die grosse Wüste im Osten
von den ehemaligen Stammesbrüdern am Ganges getrennt und die
Sprachen beider Complexe mussten naturnothwendig im Laufe der
Jahrhunderte verschieden werden. 4) Wir haben in den brahma¬
nischeu Werken Angaben darüber, dass diese Verschiedenheit that-
sächUch bestand und den Brahmanen zum Bewusstsein kam.
5) Gewisse Erscheinungen scbliessen die Möglichkeit aus, dass
Sanskrit und PäU einem und demselben Lande angehörten. 6) Eine
ganze Reihe von Gründen spricht weiter dafür, dass das Päli in
diesen westhchen Gebieten heimisch war. 7) Das Päli war also
die Sprache der besonderen Grappe des indisch-arischen Volkes, die
vom Penjäb aus den Indus entlang nach Süden zog.
Es ergiebt sich daraus einmal, dass wir im Päli sehr wahr¬
scheinUch noch viele Aufklärungen für den Rgveda werden holen
FVanke, Instr. auf -ä von a-Stämmen im Päli. 317
können, die das Sanskrit uns nicht bietet, und dass das Päli also
von diesem Gesichtspunkt aus eine principiell erhöhte Bedeutung
gewinnt. Auf der anderen Seite müssen wir darauf gefasst sein,
im Päli hier und da noch auf bisher unbeachtete Erscheinungen zu
stossen, zu denen sich Analogien nur im Kgveda finden. Dazu ge¬
hört auch die Casus-Bildung, die ich im Folgenden zu erörtern
habe. Zunächst machte mich das häufige Vorkommen des angeb¬
lichen Ablativs hattha (von hasta) stutzig, statt dessen ich den
Instr. erwartet haben würde. Z. B. Fausb. Jät. I, 7, Z. 3 sahatthd
mäpt'tä = von eigener Hand gemacht. Ebenda S. 9, Z. 4: sa¬
hattha ledturn = mit eigener Hand zu machen. Mahäparinibb.,
Joum. Roy. As. Soc, N. S. VII, S. 63, und sonst: sahattha san-
tappesurn. Suttavibh. I, 4: sahattha santappetvä sampavdretvä.
Pätim. VI, 16 sahatthd hdretabhdni = er darf sie mit eigener
Hand tragen. Pätim. VII, 41: sahattlia .. dadeyya. Pätim. VIII, 1:
sahattha patiggahetvd Ichadeyya = mit eigener Hand in Empfang
nehmend möge er essen. Ebenso VIII, 3. Pätim. IX, 55 steht
aber hatthena: na sätnisena hatthena pdniyathälakam pati-
ggahessdmi.
Ich habe absichtlich eine grössere Anzahl Beispiele gegeben,
um zu zeigen, dass hier nicht eine sporadische Verirrung
in die Sphäre des Ablativs vorliegen kann. Diese Häufigkeit des
scheinbaren Ablativs mit instrumentaler Bedeutung gab mir zu
denken. Einen Beweis für meine schon früher vorhandenen Skrupel
giebt Bezz. Beitr. XVI, S. 35. Aufklärung brachte mir der Avesta.
Yasna 43, 4 steht z. B. tä zastä = mit der Hand, ünd hier
waren keine Bedenken möglich, denn im Avestischen ist der Instr.
auf « von O-Stämmen allseitig anerkannt. Warum sollte nun also
eine Erscheinung im Päli, die in der Form und im Sinne genau
damit übereinstimmt, nicht auch im Wesen identisch sein? Ich
achtete darum bei meiner Lectüre auf gleiche Pormen, und ich
habe genug Analogien mit zweifellos sicherer Instrumentalbedeutung
gefunden, um persönlich von der Existenz solcher Instrumentale im
Päli überzeugt zu sein und mich für berechtigt zu halten, dieselbe
zu behaupten und die Belege dafür zu veröffentlichen.
Zunächst hebe ieh zwei solche Instrumentale hervor, die von
saha abhängig sind, und die ich Bezz. Beitr. XVI, S. 28 noch nicht
verstand: Mahäpar. S. 252 (Journ. Roy. As. Soc. VIII) saha parini-
bbänä mahäbhihm'cälo ahosi = gleichzeitig mit dem Nirväna fand
ein grosses Erdbeben statt; saha parinibbänä Brahmä Sahämpati
imam gätham abhäsi. Ebenso Trenckner, Päli Mise. S. 12: saha
patisandhigahanä = bei der Empfängniss.
Mahävagga I, 17, 1: Sakko .. .abhiickantav annä kevalakappain
vanasandam obhäsetvu — Indra , das ganze Waldesdickicht m i t
herrlichem Schein erleuchtet habend. Auch hier ist der In¬
strumental ganz zweifellos. — Mahävagga 6, 14, 7: acchakanjiyä
attho hoti = klarer Reisschleim ist uöthig. artha wird mit dem
Bd. XLVI. 21
318 Franke, Instr. auf •& von a-Stämmen im Päli.
Instr. verbunden. Nun könnte man allerdings kafijiyä auch als
einen Instr. zu kanji auffassen. Das ist aber bisher nicht im Päli
belegt, und auch im Skr. heisst das entsprechende Wort känjikam
(von welchem das a a. 0. stehende kahjiya bekanntlich ebensogut
ein Aequivalent ist, wie das unmittelbar darauf folgende Itanjikam •
-iya wechselt im Päli sehr häufig mit -ikd); kdtji findet sich im
Sanskr. nur bei einem Scboliasten zum AK. im Qkdr. in der
gleichen Bedentung. — Dhammapada V. 280: dlasiyd upeto = mit
Lässigkeit begabt, d. h. lässig. Die Lässigkeit heisst älasiyam
Skr. dlasyam. Ein alasi giebt's nicht. Allerdings haben hier zwei
Handschriften älasiyam, das Childers auch (s. v. upeti) adoptirt.
— Milindap. S. 28, Z. 5 v. u. : panditavädä sallapissasi = wenn
du in der Art eines Gelehrten discutiren willst. Weniger sicher
sind die Fälle , in denen auch der Ablativ logisch erklärlich sein
würde, wenn auch nicht mit derselben Leichtigkeit wie der Instrum.
Z. B. CuUav. IV, 14, 29: davä me etam vuttam, ravä me etam
vuttam — das habe ich im Spass gesagt; uttarimanuasadhammd, passim.
Von den vielen FäUen, wo die Grammatik sowohl den Instr.
wie den Ahl. erlaubt, z. B. in Verbindung mit den Verben der
Trennung und Befreiung, femer bei Angabe des Grundes und der
Beendigung einer bestimmten Frist, mögen ebenfaUs eine Anzahl
Formen auf -d thatsächlich Instmmentale sein und hierher gehören
— das lässt sich aber nicht erweisen. In den Kreis dieser Er¬
scheinungen gehört z. B. munceyya päpakammd, Dhamm. 127,
abbhd mutto va candimä, 172; därupattassa käranä CuUav. I, 8, 2;
yad idam cakkhusamphassapaccayd uppajjati Mahäv. I, 21, 2;
yonisomanasikärä yonisosammappadkdnd anuttarä vimutti anu¬
ppattä Mahäv. I, 13, 1 = durch philosophisches Nachdenken und
durch pbUosophische rechte Uebung habe ich die höchste Erlösung
erlangt; mattdsukhapariccägä passe ce vipularn sukham = wenn
man sieht, dass ein grosses Glück zu erreichen ist durch Aufgabe
eines kleinen, Dhamm. 290; kdyassa bhedd = nach dem Zerfallen
des Leibes, passim.
Die instmmentalen oder möglicherweise instmmentalen Ad¬
verbien auf d endlich lohnt es gar nicht alle anzuführen. Sie
können erstarrtes Erbe aus der rgvedischen Vergangenheit sein, und
hier kommt es doch nur auf den lebendigen Instr. an. Es gehört
davon z. B. hierher uccä oben.
SchUesslich bleibt aber noch zu erwähnen, dass solche Instm¬
mentale auf ä auch yon femininen a-Stämmen gebildet werden.
Da derartige Pormen auch im Rgveda sich finden, bieten sie dem
Verständniss keine Schwierigkeiten und knüpfen wiederam in einem
neuen Punkte das Päli direet an die Rgveda-Sprache an. cariyd
ist fem., wie carya im Sanskr. Dhamm. 388 nun lesen wir
sama car iyä samano ti vuccati = wegen des rahigen Lebens
heisst mau Samara (dieselbe Volksetymologie, die ich aus einem
Franke, Instr. auf -ä von a-Stämmen im Päli. 319;
anderen Verae in Gött. Gel. Anz. 1891, S. 983 als Beweis für die
locale Trennung von Skr. und Päli anführte). Ebenda V. 270:
ahimsa sabbapänänarn ariyo ti pavuccati — wegen Nicht-
verletzung irgend eines Wesens heisst man Ariya. Mahävagga 1, 11,1:
assavanatä dhammassa parihdyanti = sie gehen zu Grunde in
Folge des Nichthörens der Lehre, assavanatä ist der Instr. eines
Ahstractes, nicht Ahl. einer ft;a-BUdung, weil man dann tt er¬
warten müsste. Desgleichen hegt wohl Instr. vor in apafipwchd
katam hoti, Cullav. 1,2. Die Bedeutung ist: (DasTajjaniya-Verfahren) wird vorgenommen mit Nichtbefragung (des Inculpaten). patipxicchd
ist bei Child, wie Skr. prcchä nur als fem. angegeben. — saddhä aus
Glauben, Majjh. I, S. 161. — EndHch vielleicht MiUndap. 8. 36,
Z. 5 V. u. : Yaihä mahäräja parittaJcarn senam mahati send bhafi-
jeyya, tato rdjd annamaü'ham anusdreyya anupeseyya, tdya
saddhirn parittakd senä mahatirn senam bhaüjeyya = wie
wenn, o grosser König, ein grosses Heer ein kleines Heer besiegt
hat und der König ,ruft sich dann jeden möghchen Bundesgenossen
vor das Gedäehtniss und verstärkt sein schwaches Heer" (Davids'
Uebersetzung dieser schwierigen Stelle; ich übersetze, mehr dem
Bilde entsprechend und grammatisch richtiger: „Der König Iftsst
einen Soldaten hinter dem anderen folgen und sie sich gegenseitig treiben" oder: „und sendet die einen hinter den anderen her",
anusärayati \mdi anupresayati) und besiegt dann mit diesem
kleinen Heere das grosse Heer". Davids dagegen übersetzt „and
by that means the small army might in its turn break up
the large one". Ich verkenne nicht, dass der Parallehsmus zum
vorangehenden parittakarn senam mahati send für Davids' Auf¬
fassung sprechen könnte. Anderseits aber erscheint mir dessen
Uebersetzung „by that means" für tdya saddhirn ebenfalls gewagt.
Ich mnss dem Urtheil der Leser die Entscheidung des Palles über¬
lassen').
1) Knrz vor der Correctur dieses Artikels bin ich auf eine Bemerkung FausböU's gestossen, die sich ebenfalls auf die hier behandelte Erscheinung be¬
zieht und die ich daher bier zu erwähnen mich (Tir verpflichtet halte , wenn anch des vorzüglichen dänischen Gelehrten Worte mich im Zweifel darüber lassen , ob seine Erklärung dieselbe ist wie die meine. S. B. E. X , S. XI sagt er: „the shorter Vedic plurals and the instrumental singular of nouns, as viniitifcÄayä , lakkhanä for viniA;fcAayäni , lakkhanäni, mantä, pariünä, vinayä, läbhakamyä for mantäya" etc. Zudem bezieht sich diese Notiz FausböU's lediglich auf das Erscheinen solcher Formen im Suttanipäta als auf eine be¬
sondere archaistische Eigentbümlicbkeit dieses Werkes.
21*
320
Zur Südarabischen Alterthumskande.
Von Dr. J. H. Mordtmann.
I.
Im XLIV. Bande dieser Zeitschrift S. 190 ff. und S. 200 ver¬
suchte ich ein durch Neschwän und Hamdäni uns aufbewahrtes
Musnad aus Jerün zu deuten und sprach dabei die Vermuthung
aus, dass der darin vorkommende Ausdmck ü^Lo „unser Oekonom'
aus einem echten Texte entlehnt sei und eine Transscription des
Wortes ■)T'n darstelle, welches durch die Bronzetafel No. 1 bei
Osiander als sabäisch bezeugt ist. Die Analogie zwischen dem
Musnad von Jerim und der Bronzetafel geht aber weiter, als ich
damals ahnte.
Der Text der Tafel lautet nach der Englischen Ausgabe
(PI. III No. 4):
-IK I 132 1 inriNT I D3-'-| 1
1 innaräT ] Din 2
•pizb» 1 T?2n7:ic | Ti:pn \ 3 nn I an | proi: | ■,-inT | n 4
■ia I obsisMa | i7:r!npi | 5
I npwbN I iTsniDin | n 6
13 I inaT I TO-ncä I ans 7
anna | ma | yzn \ 'pvz \ ■) 8
:inna | D-isn | nnabaa | D 9
I a-iDn72iB I la | mr7:y i 10
I minnn | Bicm | la 11
Die Lithographie bei Osiander hat Z. 6: n-'Jibi« , Z. 8f. : lanna;
im Texte selbst steht einmal (S. 161) pnia, im Commentar
(S. 167) dagegen pnnn, wozu in der Note bemerkt wird, dass
dies die Lesart von Playfair sei, während die Photographie oannn
wahrscheinlich machen soll, ohne jedoch eine Entscheidung zu er¬
möghchen.