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Die Dok tor-Dok u

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Academic year: 2022

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ino Aschwanden und Kollege Willi Baldi haben bei mir einen Stein im Brett. Sie haben uns ein erstklassiges Fernseherlebnis verschafft. Zum An- schauen ihres Dokumentarfilms wurde ich von meiner Frau gezwungen. Zwar wehrte ich mich mit Argumenten, dass ich nun wirklich weiss, was in der Hausarztpraxis so abgeht und dass ich das, was ich 14 Stunden pro Tag im überlangen Arbeitstag täglich erlebe, nicht auch noch in der Freizeit haben möchte. Wie so oft zeigte sich bald die Weisheit mei- ner besseren Hälfte. Nachdem sie mich in den Sessel komplimentiert und mit Eingeklemmten und Bier versorgt hatte, schaltete sie auf SF 1. Wohl wissend, dass ich zu müde war, um ihr die Fernbedienung zu entwinden. Doch die traumhaft schönen Land- schaftsbilder, die raffinierte Regie, die Dialoge zogen mich sofort in den Bann. Der Fernsehreporter schaffte es, Emotionen zu transportieren, zu fesseln und das Menschliche, das unseren Beruf zu schön und so schwer macht, zu dokumentieren. Meisterhaft insze- niert, gekonnt geschnitten und sorgfältig recherchiert war der Beitrag. So fasziniert war ich, dass ich ver- gass, mein Bier zu trinken. Ich litt mit, lachte mit und es war mir am Ende klarer denn je, dass ich im richtigen Beruf bin.

Augenscheinlich wurde auch meinen Patienten klar, dass dieser Beruf wichtig ist und was wir Hausärzte und Hausärztinnen alles leisten, denn am nächsten Tag sprachen mich fast alle darauf an. «Und mit dem Notfall, das war doch damals ganz ähnlich bei unserer Grossmutter, wissen Sie noch? Wie Sie in ihrem eigenen Auto unsere Omi in die Klinik gefah- ren haben, und das Omi ihnen ständig ins Steuer griff, weil sie so durcheinander war …» Alte Helden- taten wurden wieder aufgewärmt und es hagelte Komplimente. «Das Fernsehen hätte Sie auch filmen sollen. Sie sind auch so ein Lieber, der immer kommt und Hausbesuche macht.» Das sollten die Leute einem öfter sagen – das sind die anerkennenden Worte, an denen man sich seelisch labt, wenn man trotz Grippe mit 39 °C Fieber arbeitet …

Kurz, Aschwanden ist ein Meister. Das weiss ich zwar schon seit seiner Dokumentation «Gefeiert und gefeuert – Böse Geschichten aus der Chefetage», aber

jetzt hat er es wieder unter Beweis gestellt. Und auch die Besetzung der Hauptrolle ist ihm voll geglückt.

Denn der Entlebucher Kollege hat nicht nur überzeu- gend gezeigt, wie wir Hausärzte arbeiten, nicht nur viel Sympathie geweckt, sondern mir sogar ganz konkrete Verbesserungen aufgezeigt. Ab Sendeter- min prüfe nicht mehr ich, sondern meine MPA die Sehkraft für die MFK-Kontrolle. Sie freut die neue Aufgabe, mir spart es Zeit. Wir werden jetzt endlich das Sprechzimmer entrümpeln und doch noch in neue Einbaumöbel investieren, denn wenn es sich für den 57-jährigen Baldi rechnet, dann für mich noch mehr. Ohne die Bilder der gut organisierten Praxis mit schöner Innenarchitektur hätte ich es für dekadente Geldverschwendung gehalten. Doch es kommt allen zugute, die in der Praxis arbeiten und Hilfe suchen. Das Gelenkeinrenken bei Kindern werde ich leider nicht mehr so gut lernen, wie Baldi es kann. In punkto Effizienz kann man ihm nur schon beim Zusehen viel abgucken. Leider meine Frau auch. «Schau, der macht es besser, der redet freundlich mit den Leuten, aber kurz und zackig. Dir lyret es immer, und du lässt deine Patienten endlos palavern!», nörgelt sie. Meinen Einwand, dass die Entlebucher ein schweigsames Völkchen sind, liess sie nicht gelten. Und überhaupt, er habe seine MPA besser im Griff, er sei nicht so ein autoritätsloser Softie wie ich, sondern würde die Damen zum Arbeiten bringen. Wegen dem Riesenbissen Einge- klemmten, den ich gerade im Mund hatte, konnte ich nicht lautstark protestieren. Nun, Kollege Baldi macht es wirklich sehr gut. Er ist auch unver- krampfter mit Geschenken. Freundlich nahm er die Schoggi der alten Leutchen im Heimetli an. Wenn ich abwäge, wie viel Zeit es mich kostet, Geschenke ab- zuwehren und wie man die Schenkenden kränkt, die es doch nur gut meinen, dann muss ich meine aske- tische Policy noch mal überdenken. Aber anders als Baldi kann ich es mir figürlich nicht leisten, ge- schenkte Schleckwaren zu essen. Im Gegensatz zum Luzerner Superdoc sprinte ich nämlich nach Feier- abend nicht noch mit dem Velo über Bergstrecken, sondern hocke schlaff mit Bier und Brot vor dem TV.

Was aber auch sein Gutes hat – man bekommt Filme zu sehen, an die man lange gerne zurückdenkt.

arsenicum

Die Dok tor-Dok u

454

ARS MEDICI 11 2008

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